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Das Selbstbestimmungsrecht der Völker als Grundsatz des Völkerrechts. (Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Heft 14) by KARL DOEHRING Review by: O. Kimminich Archiv des Völkerrechts, 16. Bd., 4. H. (1975), pp. 472-475 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40797664 . Accessed: 12/06/2014 17:36 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.109 on Thu, 12 Jun 2014 17:36:11 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker als Grundsatz des Völkerrechts. (Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Heft 14)by KARL DOEHRING

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Das Selbstbestimmungsrecht der Völker als Grundsatz des Völkerrechts. (Berichte derDeutschen Gesellschaft für Völkerrecht Heft 14) by KARL DOEHRINGReview by: O. KimminichArchiv des Völkerrechts, 16. Bd., 4. H. (1975), pp. 472-475Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40797664 .

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472 Besprechungen

erstrebt: die Kampfhandlungen zu be- grenzen und die Leiden des Krieges zu mildern« (S. 37).

Von diesem Ausgangspunkt her ent- wickelt der Verfasser nach einem kurzen historischen Abriß der Geschichte des humanitären Völkerrechts den Normbe- stand dieses Rechtsbereichs und entfaltet die Problematik der Anwendung des humanitären Völkerrechts in den heute immer zahlreicher werdenden, mit Waf- fengewalt ausgetragenen innergesell- schafllichen Konflikten, im Bürgerkrieg und im Guerillakrieg. Der zweite Teil der Studie ist der Darstellung der Tä- tigkeit der Staaten, internationaler Or- ganisationen, anderer Völkerrechtssub- jekte sowie nichtstaatlicher internatio- naler Organisationen gewidmet.

Von besonderer Bedeutung sind die Überlegungen des Verfassers zur »Not- wendigkeit und Möglichkeit einer neuen dogmatischen Fundierung des humanitä- ren Völkerrechts« (S. 27 ff.). Nicht nur kann die systematische Verortung dieses Rechtsgebietes im Kriegsrecht angesichts des Kriegsverbotes nicht mehr befriedi- gen, sondern sie engt auch die Weiter- entwicklung und Ausdehnung des hu- manitären Völkerrechts auf andere Si- tuationen unangemessen ein, in denen der Schutz des Individuums Aufgabe der Staaten und internationaler Orga- nisationen staatlicher und nichtstaatli- cher Art ist (Naturkatastrophen, Hun- gersnöte). Der Verfasser verweist zu Recht darauf, daß das moderne Völker- recht sich über ein auf der Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Gesell- schaftsordnungen beruhendes Staaten- verkehrsrecht hinaus zu einem Völker- recht der Zusammenarbeit entwickelt. In einem solchen »Recht der Koopera- tion« fände nach Ansicht des Verfas- sers das humanitäre Völkerrecht, dem auch der völkerrechtliche Menschen- rechtsschutz zuzurechnen ist, eine auch den Bewußtseinsstand der Weltgesell- schaft entsprechende systematische Fun- dierung. Wenn auch eine solche Neu- fundierung des humanitären Völker- rechts und eine dementsprechende Fort-

bildung noch auf Schwierigkeiten sto- ßen wird, so ist nach Ansicht des Ver- fassers - und auch darin ist ihm zuzu- stimmen - schon viel gewonnen, »wenn die bestehenden positivrechtlichen Re- gelungen auf der Grundlage jenes neuen Prinzips interpretiert werden« (S.72).

Im zweiten Teil beanspruchen die Darlegungen zum Problem der Rechts- stellung nichtstaatlicher internationaler Organisationen im Bereich humanitärer Aktionen besonderes Interesse. Mit Recht wird hier die unbefriedigende Rechtslage bezüglich der Verträge von solchen Organisationen kritisiert. Die Sympathie des Verfassers für den Vor- schlag des sowjetischen Völkerrechtlers Morozow, durch eine internationale Konvention den nichtstaatlichen inter- nationalen Organisationen partielle Völkerrechtssubjektivität einzuräumen und damit den Weg für ein einheitli- ches internationales humanitäres Recht freizumachen, ist verständlich, aber auch die Skepsis ist berechtigt, »daß die Aus- arbeitung einer solchen Konvention nur von wenigen Staatenvertretern als vor- dringlich empfunden wird« (S. 132).

Insgesamt ist diese Studie über das humanitäre Völkerrecht weit mehr als eine informative Darstellung der posi- tiv-rechtlichen Regelungen dieses Be- reichs. Der Verfasser vermag es auf engem Raum ein plastisches Bild von den Aufgaben des modernen Völker- rechts einerseits und den entsprechenden Lösungen und Lösungsversuchen ande- rerseits zu geben, wobei in wohltuender Weise die Normativität des Völker- rechts und der zu regelnde soziale Sach- verhalt abgewogen berücksichtigt wer- den. Ein Buch, das Theoretiker wie Praktiker immer wieder mit Gewinn zu Rate ziehen werden.

Prof. Dr. J. D e 1 b r ü c k , Göttingen

KARL DOEHRING: Das Selbst- bestimmungsrecht der Völ- ker als Grundsatz des Völ- kerrechts. (Berichte der Deut-

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Besprechungen 473

sehen Gesellschaft für Völkerrecht Heft 14) Karlsruhe: C. F. Müller 1974. 107 S. Es scheint, als sei mit der Formulie-

rung des Titels dieses Referats auf der 13. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht in Heidelberg am zz./i}. 6. 1973 bereits ein Ergebnis vor- weggenommen: das Selbstbestimmungs- recht der Völker ist kein Recht, sondern nur ein Grundsatz, wie es im englischen Text der Satzung der Vereinten Natio- nen ausdrücklich heißt. Aber Doehring hat dies nicht als Einengung seiner Re- ferentenfreiheit verstanden. Er unter- sucht zunächst die bisherigen Grundla- gen des Selbstbestimmungsrechts und kommt zu dem Ergebnis, daß das völ- kerrechtliche Gewohnheitsrecht zwar das Selbstbestimmungsrecht erzeugt zu ha- ben scheint, daß aber über die Frage der Abgrenzbarkeit von Inhalt und Rechts- inhaber keine abschließende Aussage ge- macht worden ist. Nur der »evidente Fall« könnte »faßbar« sein (S. 15). Dann wendet er sich der für ihn offenbar in- teressanteren Frage zu, inwieweit das Selbstbestimmungsrecht durch bilaterale und multilaterale Verträge für die Ver- tragspartner rechtsverbindlich gemacht worden ist. Die Untersuchung beschränkt sich dabei auf die Satzung der Verein- ten Nationen, da die anderen multila- teralen Verträge hierauf Bezug nehmen und dann insoweit an der Auslegung der Satzung teilnehmen. Doehring kommt zu dem Ergebnis, daß die Ver- wendung der Begriffe Selbstbestimmung und Selbstbestimmungsrecht in zweisei- tigen und mehrseitigen Verträgen den Schluß zuläßt, mit ihr solle im Zweifel eine rechtliche Verpflichtung zum Aus- druck gebracht werden. Der Ausdruck »Grundsatz«, den die UNO-Satzung in diesem Zusammenhang verwendet, steht dem nicht entgegen, sondern unter- streicht es sogar. Das gleiche gilt für die Erwähnung des Selbstbestimmungs- rechts in den Menschenrechtspakten.

Schwierigkeiten bereitet die Beant- wortung der Frage, wer Inhaber eines Selbstbestimmungsrechts sein kann. Das Staatsvolk ist zwar Träger, »aber doch

nicht typischer Träger des Selbstbestim- mungsrechts« (S. 22). In diesem Zusam- menhang geht Doehring auch auf den Begriff der Nation ein und läßt hier- bei die Auffassung anklingen, daß die- ser Begriff keinen Rechtsinhalt hat, es sei denn im Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungsrecht. Man kann nur hoffen, daß sich diese Erkenntnis - auch wenn sie für manchen Illusionisten bit- ter sein mag - allgemein durchsetzt.

Die Problematik der Volksgruppe wird von Doehring nur kurz gestreift. Sicher ist es so, daß nur der Wille eines »people«, eine Gruppe zu bilden, nicht ausreicht, um einen möglichen Träger des Selbstbestimmungsrechts erkennen zu lassen. Andererseits ist es in der Praxis nicht so schwer, die Umrisse einer Volks- gruppe als Träger des Selbstbestim- mungsrechts zu erkennen. Wenn sich hier in der Vergangenheit Schwierigkeiten gezeigt haben, so beruhte dies nur allzu häufig auf dem mangelnden Mut zur historischen Wahrheit oder auf dem Übermut eines durch die Gunst der Stunde zum majorisierenden Staatsvolk gewordenen Volkes in einem Nationa- litätenstaat.

Auch den Unterschied zwischen Grup- penrecht und Individualrecht konnte Doehring nur skizzieren. Es ist ihm darin zuzustimmen, daß Individualrecht und Gruppenrecht keine Gegensätze sind, weil die Ausübung von Gruppen- rechten durch einzelne, ja schon das Bekenntnis des einzelnen zu einer be- stimmten Gruppe, ein Individualrecht ist. Die Formulierung, daß das Indi- viduum am Selbstbestimmungsrecht »partizipiert« und daß das letztere dann insoweit zum Individualrecht wird (S. 25), ist treffend. Schwieriger sind die Beziehungen zwischen Selbstbestim- mungsrecht und Menschenrechten zu um- reißen; denn es läßt sich nicht leugnen, daß diese Rechte sich gegenseitig wider- sprechen können und daher »getrennt nach ihren eigenen Merkmalen beurteilt werden müssen« (S. 26). Offen bekennt Doehringy er halte es für einen Fehler, daß das Selbstbestimmungsrecht in die Menschenrechtspakte eingefügt worden

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sei. Man hätte dem Selbstbestimmungs- recht eher eine eigene Konvention wid- men sollen.

Als Inhalte des Selbstbestimmungs- rechts nennt Doehring das Recht auf freie Wahl der Regierungsform, die freie Verfügung über Naturschätze, das Recht auf Sezession aus einem bestimmten Staatsverband und eine Reihe weiterer Fälle der »Aktualisierung des Selbstbe- stimmungsrechts«, wobei vor allem die Annexion eines bestehenden Staates ge- gen den Willen eines verfaßten Staats- volkes und die Aufzwingung einer Ver- fassung genannt werden. Aber auch die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine formal- vertragliche Vereinbarung gegen das Selbstbestimmungsrecht verstoßen kann und der Vertrag aus diesem Grunde in seiner Bestandskraft zweifelhaft ist oder wird, kommt in diesem Zusammenhang zur Sprache.

Damit nähert sich Doehring dem Kul- minationspunkt seiner Ausführungen : der Deutschlandfrage. Sie ist »beson- ders geeignet zu zeigen, inwieweit das Selbstbestimmungsrecht zu Rechtsargu- menten heute verwendet werden kann« (S. 39). Der Verfasser ist grundsätzlich skeptisch, insbesondere was die Rechts- lage Berlins anbetrifft, der er einen kur- zen Exkurs (S. 44-46) widmet, aber er betont doch mehrfach, daß das Selbst- bestimmungsrecht nach der gegenwär- tigen Lage noch nicht als erloschen be- trachtet werden kann. Unzulässig ist al- lerdings seit Inkrafttreten des Grund- vertrags die Forderung nach der Abhal- tung freier Wahlen in ganz Deutsch- land. Jede künftige Wiedervereinigungs- politik wird berücksichtigen müssen, daß die Bundesrepublik Deutschland durch den Grundvertrag völkerrechtlich ver- pflichtet worden ist, die »DDR« als gleichberechtigten völkerrechtlichen Part- ner zu behandeln. Eine Majorisierung der Bevölkerung der »DDR« darf es nicht geben.

In der Diskussion wurden zum Teil andere Akzente gesetzt. Scheuner be- zeichnete das Selbstbestimmungsrecht als »ein Prinzip der Legitimierung von Ver-

änderungen im Völkerrecht«, das er we- niger durch die Aufnahme in die UNO- Satzung als vielmehr durch die nachfol- gende Übung und Rechtsüberzeugung in das allgemeine Völkerrecht eingefügt sieht (S. 57). Gerade als völkerrechtli- ches Prinzip für die Legitimierung von Veränderungen habe es für die Deutsch- landfrage nach wie vor eine große Be- deutung, da es nicht nur die Abtren- nung, sondern auch die Vereinigung er- laube (S. 61). Ein besonderes Selbstbe- stimmungsrecht für Berlin lehnte er ab, da »Städte und Orte so besonderer Art, wie sie Berlin oder Hongkong darstel- len . . . völkerrechtlich im Allgemeinin- terresse fixierte Situationen (sind), in denen von einem Selbstbestimmungsrecht angesichts der eingreifenden Allgemein- interessen kaum mehr die Rede sein kann« (S. 61).

Die Möglichkeit der Ableitung eines Rechts auf die Wiedervereinigung Deutschlands aus dem allgemeinen völ- kerrechtlichen Selbstbestimmungsrecht wurde in der Diskussion bezweifelt. Al- lenfalls könne ein Anspruch auf Duldung durch Dritte aus dem Selbstbestimmungs- recht abgeleitet werden (so Khol, S. 65). Neben Khol äußerte auch Delbrück Zweifel am Rechtscharakter des Selbst- bestimmungsgrundsatzes. Miehsler ver- suchte demgegenüber, die Positionen des Referenten und der beiden vorgenannten Diskussionsteilnehmer miteinander zu vereinbaren, indem er den Begriff »Selbstbestimmungsrecht der Völker« in der Satzung der Vereinten Nationen »als inhaltlich und formal unbestimmten Be- griff« kennzeichnete (S. 83). Die ganze Diskussion, die durch das zündende Re- ferat (das auch in gedruckter Form über- aus gut lesbar ist) zu äußerster Lebhaf- tigkeit angespornt wurde, kann hier nicht wiedergegeben werden. Sie zeigte das große Interesse sowohl an den rechts- dogmatischen Problemen des Selbstbe- stimmungsrechts als auch an den prakti- schen Problemen, insbesondere an der Deutschlandfrage. Man wird Doehring darin zustimmen müssen, daß das Selbst- bestimmungsrecht dem deutschen Volk immer noch eine Rechtsposition gewährt,

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aber diese Reditsposition infolge der jüngsten Entwicklungen auf eine Mini- malposition zusammengeschrumpft ist, über deren Umfang sich niemand täu- schen sollte.

Prof. Dr. O. K i m m i n i c h, Regensburg

LOUISE W. HOLBORN: Refugees - A Problem of our Time. 2 Bände. Metuchen, NJ.: The Scarecrow Press 1975. 1525 S.

Obwohl das Buch einen Untertitel trägt, der es als Bericht über die Arbeit des UN-Hochkommissars für Flücht- linge im Zeitraum von 1951-1972 aus- weist, ist es mehr als ein solcher Ar- beitsbericht. Es vermittelt ein Gesamt- bild dessen, was schon seit einiger Zeit als »internationales Flüchtlingsrecht« bezeichnet wird. Freilich hat die Tätig- keit des UN-Hochkommissars für Flücht- linge und seiner Mitarbeiter und Re- präsentanten wesentlich zur Schaffung des internationalen Flüchtlingsrechts bei- getragen, so daß jeder Tätigkeitsbericht dieser auf vielfältige Weise mit der UN- Vollversammlung und dem Wirtschafts- und Sozialrat verbundenen »non-politi- cal agency« in die Problematik jenes aktuellen und in stetigem Wandel be- findlichen Rechtsgebiets hineinführt. Es ist das besondere Verdienst der Autorin, die durch ihre zahlreichen Werke zum Flüchtlingsrecht - darunter insbesondere das Standardwerk über die Internatio- nal Refugee Organisation -, aber auch zu anderen völkerrechtlichen Problemen (wie das Werk über die Kriegs- und Friedensziele der Vereinten Nationen, zwei Bände 1943 und 1948) bekannt ist, drei verschiedene Betrachtungsweisen so koordiniert zu haben, daß ein einheit- liches, gut lesbares Werk entstanden ist, das in gleicher Weise als Studienbuch wie als Nachschlagewerk verwendet werden kann.

Die drei Betrachtungsweisen - 1. eine chronologische Beschreibung der Welt- flüchtlingsprobleme und ihrer Lösung seit dem Ersten Weltkrieg; 2. ein Bericht über die Tätigkeit des UN-Hochkom-

missars für Flüchtlinge; 3. eine Darstel- lung des internationalen Flüchtlings- rechts - sind miteinander verschmolzen und tauchen nicht in der Gliederung des Werkes auf. Allenfalls kommt dort ein wenig die chronologische Reihenfolge zum Ausdruck; denn naturgemäß be- ginnt die Darstellung mit den Bemü- hungen des Völkerbundes und den Vor- läufern des Amtes des UN-Hochkom- missars für Flüchtlinge in der UNO- Ära. Dann folgt der Aufbau jenes Am- tes in den Jahren 1949/53; schließlich werden die Flüchtlingsprobleme der ein- zelnen Regionen untersucht: Europa, Asien, Naher und Mittlerer Osten, Af- rika. In dieser Reihenfolge haben sich in der Nachkriegszeit die Schwerpunkte des globalen Flüchtlingsproblems ver- schoben. Zwischen die Darstellung der regionalen Flüchtlingsprobleme schiebt die Autorin mit Recht die Analyse der großen völkerrechtlichen Instrumente, die zur Lösung dieser Probleme ge- schaffen wurden und stellt sie jeweils in den globalen Bezugsrahmen.

Das wichtigste dieser Instrumente ist noch immer die Genfer Flüchtlingskon- vention vom 28. Juli 195 1. Ursprüng- lich zur Lösung des europäischen Flücht- lingsproblems gedacht, das die Verein- ten Nationen am Ende des Zweiten Weltkriegs vorfanden, entwickelte sich die Konvention von 195 1 zur dauern- den Grundlage für die Herausbildung des globalen internationalen Flüchtlings- rechts. Dazu mußte freilich zunächst die restriktive Flüchtlingsdefinition in Art. 1 der Konvention fallen, die hinsichtlich des die Flucht - und damit den Rechts- status - begründenden Ereignisses eine doppelte Beschränkung enthielt: einmal eine zeitliche (Ereignisse vor dem 1. 1. 195 1), zum anderen eine räumliche (Er- eignisse in Europa), die allerdings durch die Ausschöpfung einer Faktultativklau- sel überwunden werden konnte. So se- gensreich jene Fakultativklausel war, führte sie doch zu einer unbequemen - und gelegentlich für den einzelnen Flüchtling höchst gefährlichen - Spal- tung des internationalen Flüchtlings-

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