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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN ao.Univ.-Prof. Dr. Siegfried Fina Der Schutz von Computerprogrammen (Software) im österreichischen Urheberrecht Gliederung: A. Einleitung B. Schutzgegenstand 1. Der Begriff des Computerprogramms 2.. Der Werkcharakter von Computerprogrammen C. Die Urheberschaft am Computerprogramm D. Begünstigte des Urheberrechtsschutzes bei Computerprogrammen E. Urheberpersönlichkeitsrechtliche Regelungen für Computerprogramme F. Die Verwertungsrechte am Computerprogramm 1. Allgemeines 2. Das Vervielfältigungsrecht 3. Das Verbreitungsrecht G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme H. Freie Werknutzungen am Computerprogramm 1. Der Umfang der freien Werknutzung am Computerprogramm 2. Keine Vervielfältigung zum eigenen und privaten Gebrauch 3. Bestimmungsgemäße Benutzung durch den zur Benutzung Berechtigten 4. Sicherungskopien 5. Beobachten, Untersuchen und Testen 6. Dekompilierung a) Allgemeines b) Dekompilierungsvoraussetzungen c) Verwendungs- und Weitergabebeschränkungen I. Schutz technischer Programmschutzmechanismen J. Schutzdauer 1

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

ao.Univ.-Prof. Dr. Siegfried Fina

Der Schutz von Computerprogrammen (Software) im österreichischen Urheberrecht

Gliederung:

A. Einleitung B. Schutzgegenstand

1. Der Begriff des Computerprogramms 2.. Der Werkcharakter von Computerprogrammen

C. Die Urheberschaft am Computerprogramm D. Begünstigte des Urheberrechtsschutzes bei Computerprogrammen E. Urheberpersönlichkeitsrechtliche Regelungen für Computerprogramme F. Die Verwertungsrechte am Computerprogramm

1. Allgemeines 2. Das Vervielfältigungsrecht 3. Das Verbreitungsrecht

G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme H. Freie Werknutzungen am Computerprogramm

1. Der Umfang der freien Werknutzung am Computerprogramm 2. Keine Vervielfältigung zum eigenen und privaten Gebrauch 3. Bestimmungsgemäße Benutzung durch den zur Benutzung Berechtigten 4. Sicherungskopien 5. Beobachten, Untersuchen und Testen 6. Dekompilierung

a) Allgemeines b) Dekompilierungsvoraussetzungen c) Verwendungs- und Weitergabebeschränkungen

I. Schutz technischer Programmschutzmechanismen J. Schutzdauer

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

A. Einleitung

Im Jahre 1991 harmonisierte die Europäische (Wirtschafts-)Gemeinschaft mit der

Software-Richtlinie1) den Schutz von Computerprogrammen (Software) auf der

Grundlage des Urheberrechts2). Die SoftwareRL wurde in Österreich mit der UrhG-Nov

19933) umgesetzt4). Die im Zuge der Umsetzung erlassenen urheberrechtlichen

Sonderregelungen für Software, die §§ 40a-40e, wurden im UrhG5) im neu eingefügten

Abschnitt VIa („Sondervorschriften für Computerprogramme“) zusammengefasst6). Die

§§ 40a-40e UrhG sind am 1.3.1993 in Kraft getreten. Sofern die §§ 40a-40e UrhG keine

Sondervorschriften enthalten, gelten auch für den urheberrechtlichen Schutz von

Computerprogrammen die allgemeinen Regeln des UrhG für Werke der Literatur7).

1) Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von

Computerprogrammen, ABl L 122 v 17.5.1991, 42 idF ABl L 290 v 24.11.1993, 9. Für diese Richtlinie existiert keine amtliche Kurzbezeichnung. Bedauerlicherweise hat sich bislang auch in der Lehre und Praxis keine einheitliche Kurzbezeichnung durchgesetzt. Neben der Bezeichnung „Software-Richtlinie“ (SoftwareRL), die in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, findet man im Schrifttum beispielsweise auch die Bezeichnungen „Computerprogramm-Richtlinie“ und „Computer-Richtlinie“.

2) Die Europäische Gemeinschaft sah im Urheberrecht die geeignetste Form für den Schutz von Computerprogrammen. Nach Art 9 Abs 1 SoftwareRL bleibt neben dem urheberrechtlichen Schutz ergänzend aber auch der Schutz von Computerprogrammen auf einer anderen Rechtsgrundlage, wie etwa dem Patentrecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht, Vertragsrecht, dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen oder dem Halbleiterschutz, zulässig. Besonders umstritten ist allerdings die patentrechtliche Schutzfähigkeit von Software (s dazu auch den aktuellen Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, KOM(2002) 92 endg, ABl C 151 E v 25.6.2002, 129).

3) Urheberrechtsgesetz-Novelle 1993, BGBl 1993/93. 4) Zu den Anpassungserfordernissen des österreichischen Urheberrechts an die SoftwareRL s zB

Blocher/Walter, Anpassungserfordernisse des österreichischen Rechts im Hinblick auf die Richtlinie des Rats vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (91/250/EWG), in Koppensteiner (Hrsg), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht [Blocher/Walter in Koppensteiner, Wirtschaftsprivatrecht] 423 ff und Blocher/Walter, Softwareschutz nach der EG-Richtlinie und nach österreichischem Urheberrecht, EDV und Recht, Bd 1 (1992) [Blocher/Walter, Softwareschutz] 1 ff. Siehe weiters auch die Zusammenstellung der Gesetzgebungsakte zur Umsetzung der SoftwareRL in den anderen Mitgliedstaaten der EU und Vertragsstaaten des EWR in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 10 Rz 6 SoftwareRL.

5) Bundesgesetz über das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Kunst und über verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz), BGBl 1936/111, zuletzt geändert durch BGBl I 2003/32.

6) Mit der Zusammenfassung der urheberrechtlichen Sonderregelungen für Computerprogramme in einem eigenen Abschnitt des UrhG soll auch sichergestellt werden, dass es zu keinen Rückwirkungen dieser Sondervorschriften auf andere Werkarten kommt (s Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 2 Rz 43 SoftwareRL und in diesem Sinne auch die ErlRV UrhG-Nov 1993, abgedruckt bei Dittrich, Österreichisches und internationales Urheberrecht, 3. Aufl. (1998) [Dittrich, Urheberrecht3] 175).

7) Zur Qualifizierung von Software als Werke der Literatur s im einzelnen unten B.2. Der Werkcharakter von Computerprogrammen.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Dieser Beitrag konzentriert sich auf eine überblicksartige Darstellung der in Österreich

für den Schutz von Computerprogrammen geltenden maßgeblichen urheberrechtlichen

Bestimmungen, insbesondere der urheberrechtlichen Sondervorschriften für

Computerprogramme. Entsprechend der Ausrichtung des vorliegenden Bandes auf das

Urheberrecht im digitalen Umfeld wird auf den Schutz von Computerprogrammen nach

Maßgabe anderer Rechtsgrundlagen, wie etwa dem Patentrecht, Markenrecht,

Wettbewerbsrecht, Vertragsrecht, dem Schutz von Gebrauchsmustern, dem Schutz von

Geschäftsgeheimnissen und dem Halbleiterschutz, nicht eingegangen.

B. Schutzgegenstand

1. Der Begriff des Computerprogramms

Gegenstand der urheberrechtlichen Sondervorschriften der §§ 40a ff UrhG sind

„Computerprogramme“. Das UrhG enthält allerdings keine Legaldefinition, was unter

einem „Computerprogramm“ zu verstehen ist. Ein derart offenes Begriffsverständnis

erscheint im Hinblick auf die rasche Entwicklung der Informationstechnologie

zweckmäßig. Aufgrund dieses technologieneutralen Ansatzes besteht nämlich nicht die

Gefahr, dass Computerprogramme, die auf neuen informationstechnologischen

Entwicklungen basieren, von einer möglicherweise zu engen Legaldefinition und damit

letztlich vom Urheberrechtsschutz nicht erfasst sind8).

Im Lichte dieses computertechnologieneutralen Ansatzes des UrhG wird daher wohl

jede Summe von Befehlen (Anweisungen) als Computerprogramm zu verstehen sein,

die darauf gerichtet sind, Computer jeder Art zur Erfüllung bestimmter Funktionen

(Aufgaben) zu veranlassen9). Auch ErwG 7 SoftwareRL stellt klar, dass für die Zwecke

8) Dieser Ansatz liegt auch der SoftwareRL zugrunde (s in diesem Sinne bereits die Begründung im

Teil 2 Punkt 1.1. des SoftwareRL-Vorschlags der Europäischen Kommission v 15.1.1989 (KOM(88) 816 endg), ABl C 91 v 12.4.1989, 4 (im folgenden SoftwareRL-Vorschlag); s ferner auch die Begründung des Gemeinsamen Standpunkts des Rates v 13.12.1990, Punkt 2, GRUR Int 1991, 548). Das Europäische Parlament hatte hingegen die Aufnahme einer Definition des Computerprogramms in die SoftwareRL gefordert. Danach sollte unter einem Computerprogramm jede Abfolge von Befehlen zu verstehen sein, die direkt oder indirekt in einem Computerprogramm verwendet werden, um eine Funktion zu realisieren oder ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, und zwar unabhängig von seiner Ausdrucksform (s Abänderungsvorschlag 2 der Stellungnahme des Europäischen Parlaments v 11.7.1990, ABl C 231 v 17.9.1990, 78).

9) So Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 20 SoftwareRL zum Begriff des Computerprogramms iSd SoftwareRL. Zum Begriff des Computerprogramms s ausführlich auch Ertl/Wolf, Die Software im österreichischen Zivilrecht (1991) [Ertl/Wolf, Software] 11 ff; Marly,

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des Urheberrechtsschutzes der Begriff Computerprogramm „Programme in jeder Form“

umfassen soll. Im gegebenen Zusammenhang ist der mit dem Computerprogramm

verfolgte Zweck unbeachtlich, ebenso die verwendeten Mittel und

Programmiersprachen, die Code- und Ausdrucksform sowie die (technische)

Ausgestaltung der Computer; bedeutungslos ist auch, ob das Computerprogramm in

selbständiger Form vorliegt oder ein fest integrierter Bestandteil des Computers ist10).

Nach § 40a Abs 2 UrhG umfasst der Begriff Computerprogramm auch das

Entwurfsmaterial zur Entwicklung des Computerprogramms, sodass dieses ebenfalls

nach den Sondervorschriften der §§ 40a ff UrhG urheberrechtlich geschützt ist11). ErwG

7 SoftwareRL erhellt, dass dieses Entwicklungsmaterial allerdings nur dann diesen

Urheberrechtsschutz genießt, wenn die Art der vorbereitenden Arbeit die spätere

Entstehung eines Computerprogramms zuläßt. Als Entwicklungsmaterial im Sinne des §

40a Abs 2 UrhG sind folglich lediglich jene unmittelbaren Vorstufen eines

Computerprogramms zu verstehen, die im Hinblick auf dessen konkrete Ausgestaltung

geschaffen werden12) (zB Datenflussdiagramm, Beschreibung der Schrittfolgen,

umstritten Pflichtenheft13)). Sonstige „nicht konkrete“ Entwurfsmaterialien für

Computerprogramme können jedoch bei Vorliegen der entsprechenden

Voraussetzungen nach den allgemeinen Regeln des UrhG für Werke der Literatur und

der bildenden Künste urheberrechtlich geschützt sein; die Sondervorschriften des UrhG

für Computerprogramme sind in diesem Fall jedoch nicht anwendbar.

Urheberrechtsschutz für Computersoftware in der Europäischen Union – Abschied vom überkommenen Urheberrechtsverständnis (1995) [Marly, Computersoftware] 107 ff; Moritz/Tybusseck, Computersoftware, Rechtsschutz und Vertragsgestaltung – Eine flächenübergreifende Darstellung nach deutschem und EG-Recht, 2. Aufl (1992) [Moritz/Tybusseck, Computersoftware2] Rz 2-98.

10) Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 20 SoftwareRL. Siehe auch ErwG 7 SoftwareRL sowie die Begründung des SoftwareRL-Vorschlags Teil 2 Punkt 1.1.

11) § 40a Abs 2 UrhG entspricht Art 1 Abs 1 Satz 2 SoftwareRL. 12) So Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 22 SoftwareRL zum Begriff des

Entwurfsmaterials in der SoftwareRL. Da § 40a Abs 2 UrhG den Begriff des Entwicklungsmaterials nicht näher präzisiert, wird dieser Begriff richtlinienkonform im Sinne der SoftwareRL zu verstehen sein.

13) Bejahend Lehmann in Lehmann/Tapper, A Handbook of European Software Law, Part II (1995) Germany 7; verneinend Blocher/Walter in Koppensteiner, Wirtschaftsprivatrecht 489 f und Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 22 SoftwareRL, da das Pflichtenheft gewöhnlich nur die Aufgabenstellung eines Computerprogramms umreißt und die zu erfüllenden Aufgaben in Verbindung mit der Systemumgebung und den erforderlichen Schnittstellen erörtert oder allgemeine Untersuchungen zur Problemlösung enthält.

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Vom Begriff des Computerprogramms nicht erfasst ist auch die Benutzerdokumentation

für Computerprogramme (Bedienungsanleitungen, Online-Hilfetexte etc). Die

Benutzerdokumentation unterliegt folglich ebenfalls nicht den Sonderregeln des UrhG

für Computerprogramme. Sie ist nach den allgemeinen Regeln des UrhG für Werke der

Literatur und bildenden Künste urheberrechtlich geschützt14).

Nicht erfasst vom Begriff des Computerprogramms sind weiters auch in ein

Computerprogramm integrierte Werke (Texte, Grafiken, Lichtbilder etc), die beim

Laufenlassen und Anzeigen eines Programms wahrnehmbar werden. Diese integrierten

Werke sind selbständige Werke, die lediglich in die Software eingebettet, nicht aber

Teil des Computerprogramms sind15). Als solche sind sie nach den allgemeinen Regeln

des UrhG als Werke der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste oder der

Filmkunst (§ 1 UrhG) urheberrechtlich geschützt16). Die Sondervorschriften des UrhG

für Computerprogramme sind in diesem Fall ebenfalls nicht anwendbar.

Strittig ist, ob die Benutzeroberfläche, also die Schnittstelle zwischen dem Anwender

und dem Computer für die Bedienung des Computerprogramms, insbesondere die

Darstellung und Organisation der Informationsein- und -ausgabe, wie etwa

Bildschirmmasken, Icons und Menüs, vom Begriff des Computerprogramms

umschlossen ist. ME differenziert Walter richtigerweise in dieser Frage17): Das äußere

Erscheinungsbild der Benutzeroberfläche ist nach den allgemeinen Regeln des UrhG

urheberrechtlich geschützt18). Hingegen gelten für die Struktur und Organisation der

Benutzeroberfläche und die damit zusammenhängende Steuerung durch die Software,

14) Siehe hiezu auch Blocher/Walter in Koppensteiner, Wirtschaftsprivatrecht 491; Ertl/Wolf, Software

24 ff; Moritz/Tybusseck, Computersoftware2 Rz 145; Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 25 SoftwareRL. Das Europäische Parlament hatte im Zuge des Rechtsetzungsverfahrens der SoftwareRL vorgeschlagen, auch die Benutzerdokumentation den urheberrechtlichen Sonderregeln für Computerprogramme zu unterwerfen; dieser Vorschlag blieb jedoch unberücksichtigt.

15) Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 23 SoftwareRL. 16) Siehe hiezu auch Blocher, Der Schutz von Software im Urheberrecht (1989) 71; Moritz/Tybusseck,

Computersoftware2 Rz 307 ff; Raubenheimer, Softwareschutz nach dem neuen Urheberrecht, CR 1994, 70; Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 23 SoftwareRL.

17) Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 24 SoftwareRL; s ferner auch Raubenheimer, CR 1994, 70 f.

18) AA Marly, Computersoftware 141 ff. Eine andere Ansicht vertritt auch das OLG Karlsruhe in Deutschland, wonach die Gestaltung von Bildschirmmasken nach den Sondervorschriften für Computerprogramme urheberrechtlich geschützt ist (OLG Karlsruhe 13.6.1994 – Bildschirmmasken – GRUR 1994, 726).

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soweit sie Teil des operativen Programms sind, die Sondervorschriften für

Computerprogramme.

2. Der Werkcharakter von Computerprogrammen

Gemäß § 40a Abs 1 UrhG sind Computerprogramme Werke im Sinne des UrhG, wenn

sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind.

Computerprogramme sind somit – bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen – „Werke“.

Gem § 2 Z 1 UrhG zählen sie zu den Werken der Literatur19), und zwar zu den

Sprachwerken20). Die Bedeutung der ausdrücklichen Qualifizierung von Software als

Werke im Sinne des UrhG in § 40a Abs 1 UrhG liegt vor allem aber darin, dass mit

dieser Bestimmung sichergestellt werden soll, dass auch Computerprogramme als

Ganzes und in ihren Teilen urheberrechtlichen Schutz nach den Vorschriften des UrhG

im Sinne des § 1 Abs 2 UrhG genießen. Ein derartiger Schutz kommt nach § 1 Abs 2

UrhG nämlich nur „Werken“ zu.

Computerprogramme sind nach § 40a Abs 1 UrhG allerdings nur dann Werke im Sinne

des UrhG und daher nur dann urheberrechtlich geschützt, „wenn sie das Ergebnis der

eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind“21). Art 1 Abs 3 Satz 2 SoftwareRL

stellt zudem klar, dass zur Bestimmung der Schutzfähigkeit von Computerprogrammen

keine anderen (weiteren) Kriterien herangezogen werden dürfen. Insbesondere dürfen

qualitative oder ästhetische Vorzüge eines Computerprogramms nicht als Kriterium

19) Dies entspricht Art 1 Abs 1 Satz 1 SoftwareRL, wonach die Mitgliedstaaten Computerprogramme

urheberrechtlich als literarische Werke im Sinne der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst zu schützen haben. Mit der ausdrücklichen Qualifizierung von Computerprogrammen als Werke der Literatur im Sinne der Berner Übereinkunft soll vor allem auch sichergestellt werden, dass der Inländerbehandlungsgrundsatz der internationalen Konventionen auf Computerprogramme anzuwenden ist (Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 5 SoftwareRL).

20) Nach den ErlRV UrhG-Nov 1993 (abgedruckt bei Dittrich, Urheberrecht3 75 f) handelt es sich bei dieser Bestimmung nur um eine Klarstellung, da nach herrschender Auffassung Computerprogramme schon vor der UrhG-Nov 1993 – unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 1 UrhG – als Werke der Literatur, nämlich als Sprachwerke, geschützt waren. Zur Frage, ob Software ein literarisches Werk im Sinne des Urheberrechts ist, s auch Vock, ÖBl 1996, 72 ff. Überlegungen, Computerprogramme nicht den Sprachwerken gleichzustellen, sondern als eine eigene Werkart in den Katalog literarischer Werke (§ 2 UrhG) – in Ergänzung zu den Sprachwerken ieS, Bühnenwerken und Werken wissenschaftlicher oder belehrender Art – aufzunehmen, wurden im Rahmen der UrhG-Nov 1993 nicht berücksichtigt (s hierzu auch den Vorschlag von Blocher/Walter, Softwareschutz 67).

21) Dies entspricht Art 1 Abs 3 Satz 1 SoftwareRL.

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herangezogen werden22). Auch auf ein Mindestmaß an Kreativität oder

Eigentümlichkeit darf nicht abgestellt werden, weshalb auch einfache

Computerprogramme urheberrechtlich geschützt sind23).

Für den urheberrechtlichen Schutz eines Computerprogramms ist folglich keine

besondere Werkhöhe erforderlich. Es reicht eine reduzierte Originalität des

Computerprogramms aus. Diese ist grundsätzlich24) schon dann gegeben, wenn das

Computerprogramm nicht kopiert und daher die eigene geistige Schöpfung seines

Urhebers ist25).

Lediglich völlig alltägliche Computerprogramme sind nach hM urheberrechtlich nicht

geschützt26) und daher keine Werke im Sinne des UrhG. Völlig alltäglich (banal) ist ein

Computerprogramm dann, wenn dessen Schöpfung weder eines Aufwands an Mühen

und Kosten noch einer ins Gewicht fallenden geistigen Leistung bedarf27). Die Grenze

zwischen nicht geschützten alltäglichen (banalen) Computerprogrammen und

geschützten einfachen Computerprogrammen ist jedoch nicht leicht zu ziehen und läßt

einen gewissen Wertungsspielraum offen. Der Begriff der Alltäglichkeit darf jedenfalls

nicht dazu missbraucht werden, um auf diesem Wege bestimmte Qualitäts- oder

Gestaltungskriterien für den urheberrechtlichen Schutz von Computerprogrammen

einzuführen28).

C. Die Urheberschaft am Computerprogramm

Der Frage der Urheberheberschaft am Computerprogramm kommt eine besondere

Bedeutung zu. Sämtliche Verwertungsrechte29) am Computerprogramm sind nämlich

grundsätzlich ausschließlich dem Urheber des Computerprogramms vorbehalten (s

allgemein § 14 Abs 1 UrhG).

22) ErwG 8 SoftwareRL. 23) Siehe Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 13 SoftwareRL. Siehe weiters auch

unten die urheberrechtlich relevante Unterscheidung zwischen einfachen und alltäglichen (banalen) Computerprogrammen.

24) Ausgenommen sind lediglich alltägliche (banale) Computerprogramme. 25) Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 13 SoftwareRL. 26) Siehe zB Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 13 SoftwareRL und Marly,

Computersoftware 120 ff. 27) Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 13 SoftwareRL. 28) Siehe hierzu auch Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 13 SoftwareRL. 29) Siehe dazu näher unten F. Die Verwertungsrechte am Computerprogramm.

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§ 10 Abs 1 UrhG normiert, dass Urheber eines Werkes derjenige ist, der es geschaffen

hat (Schöpferprinzip)30). Dies gilt auch für Computerprogramme31). Wegen dieses

Schöpferprinzips können nur physische Personen Urheber von Computerprogrammen

sein. Ein originärer Erwerb von Urheberrechten an Computerprogrammen durch

juristische Personen ist ausgeschlossen32). Auch ein Auftraggeber und der Dienstgeber

können wegen des Schöpferprinzips das Urheberrecht an den vom Beauftragten bzw.

vom Dienstnehmer geschaffenen Computerprogramm nicht originär erwerben33).

Hinsichtlich der Dienstnehmer wird zudem in § 40b Satz 2 iVm § 19 UrhG

ausdrücklich festgehalten, dass dem Dienstnehmer das Recht auf Inanspruchnahme der

Urheberschaft am Computerprogramm verbleibt34).

An Computerprogrammen, die von mehreren Personen gemeinsam geschaffen werden,

besteht Miturheberschaft aller beteiligten Personen, sofern das Computerprogramm als

Ergebnis ihres Schaffens eine untrennbare Einheit bildet (siehe für Werke allgemein § 30) Hingewiesen sei im gegebenen Zusammenhang, dass gem § 10 Abs 2 UrhG der Begriff „Urheber“

im UrhG außer dem Schöpfer des Werkes auch die Personen umfasst, auf die das Urheberrecht nach seinem Tode übergegangen ist, wenn sich nicht aus dem Verweis auf die Bestimmung des § 10 Abs 1 UrhG das Gegenteil ergibt. Hinsichtlich der Vermutung der Urheberschaft sowie den anonymen und pseudonymen Werken vgl §§ 12 f UrhG, die mangels Sondervorschriften auch für Computerprogramme gelten; s dazu auch Blocher/Walter in Koppensteiner, Wirtschaftsprivatrecht 503 f; Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 2 Rz 8 f SoftwareRL.

31) Vgl dazu auch Art 2 Abs 1 Satz 1 SoftwareRL. 32) Siehe allgemein OGH 18.2.1992 – Wienerwald I – SZ 65/19; OGH 7.4.1992 – Bundesheer-

Formblatt – SZ 65/51; OGH 23.2.1993 – Programmzeitschrift – MR 1993, 72; OGH 16.11.1993 – Österr Bautagesbericht – MR 1995, 62. Nach Art 2 Abs 1 SoftwareRL steht es den Mitgliedstaaten aber frei, auch eine Urheberschaft juristischer Personen an Computerprogrammen zuzulassen. Österreich hat von dieser Möglichkeit bislang keinen Gebrauch gemacht. Hingewiesen sei im gegebenen Zusammenhang, dass das österreichische Urheberrecht jedoch vor 1936 sehr wohl auch die Urheberschaft juristischer Personen kannte (vgl §§ 13 und 40 UrhG 1920). Gemäß Art 2 Abs 1 SoftwareRL können die Mitgliedstaaten weiters auch sog Kollektivwerke vorsehen. Als Urheber des Computerprogramms gilt in diesem Fall nicht der tatsächliche Schöpfer des Computerprogramms, sondern die Person, die nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats als Schöpfer anzusehen ist. Das kann beispielsweise jene natürliche oder juristische Person sein, die die Schaffung des Computerprogramms veranlasst hat und das Computerprogramm unter ihren Namen veröffentlicht. Die einzelnen Beiträge der tatsächlichen Schöpfer gehen hierbei im Gesamtwerk auf, wobei den einzelnen tatsächlichen Schöpfern kein gesondertes Urheberrecht am Gesamtwerk zusteht. Österreich hat von der Möglichkeit der Einführung von Kollektivwerken ebenfalls keinen Gebrauch gemacht. Der Herausgeber bzw Verleger benötigt in Österreich daher entsprechende Werknutzungsrechte oder Werknutzungsbewilligungen (s dazu näher unten G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme).

33) Siehe allgemein OGH 18.2.1992 – Wienerwald I – SZ 65/19 = ecolex 1992, 346 = EvBl 1992/92 = GRURInt 1992, 838 = MR 1992, 117 = ÖBl 1992, 184; OGH 7.4.1992 – Bundesheer-Formblatt – SZ 65/51 = GRURInt 1993, 565 = MR 1992, 199 = ÖBl 1992, 81 = WBl 1992, 340.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

11 Abs 1 UrhG). Eine untrennbare Einheit wird dann vorliegen, wenn die von den

einzelnen Miturhebern geschaffenen Werkteile des Computerprogramms nicht sinnvoll

selbständig bestehen und verwertet werden können35). Ansonsten besteht lediglich eine

Werkverbindung (siehe allgemein § 11 Abs 3 UrhG), nämlich eine Verbindung

selbständiger Werke, die im Regelfall gemeinsam verwertet werden sollen36). Die

Abgrenzung der Miturheberschaft von der Werkverbindung kann bei

Computerprogrammen in der Praxis allerdings mitunter schwierig sein. Keine

Miturheberschaft am Computerprogramm kommt jedenfalls jenen Personen zu, die

später Up-dates von Computerprogrammen erstellen. In diesem Fall gelten die

allgemeinen urheberrechtlichen Vorschriften für Bearbeitungen37).

Den Miturhebern steht das Urheberrecht am Computerprogramm gemeinschaftlich zu

(siehe allgemein § 11 Abs 1 UrhG)38). Eine Änderung bzw die Verwertung des

Computerprogramms bedarf der Zustimmung aller Miturheber (siehe allgemein § 11

Abs 2 Satz 2 UrhG). Stimmt allerdings ein Miturheber ohne hinreichenden Grund nicht

zu, so kann er gemäß § 11 Abs 2 Satz 3 UrhG von jedem anderen Miturheber auf

Erteilung der Zustimmung geklagt werden. Jeder Miturheber ist weiters gemäß § 11

Abs 2 Satz 1 UrhG berechtigt, auch alleine Verletzungen des Urheberrechts gerichtlich

zu verfolgen. Aber auch jene Computerprogramme, in denen verschiedene Werke

verbunden wurden (Werkverbindungen), bedürfen hinsichtlich ihrer Verwertung der

Zustimmung aller beteiligten Urheber39).

34) Eine andere Regelung sieht § 40b UrhG hingegen für die Urheberpersönlichkeitsrechte der §§ 20

und 21 Abs 1 UrhG vor; s dazu näher unten E. Urheberpersönlichkeitsrechtliche Regelungen für Computerprogramme.

35) Siehe Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 2 Rz 15 SoftwareRL. Vgl dazu auch § 8 Abs 1 des deutschen UrhG, der darauf abstellt, ob die einzelnen Beiträge gesondert verwertet werden können.

36) In den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft bestehen allgemein allerdings unterschiedliche Auffassungen, wann von einer Miturheberschaft bzw von einer Werkverbindung auszugehen ist (s dazu näher etwa Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 1 Rz 26 ff SchutzdauerRL).

37) Siehe dazu insb auch § 5 UrhG. 38) So auch Art 2 Abs 2 SoftwareRL. Siehe dazu auch Blocher/Walter in Koppensteiner,

Wirtschaftsprivatrecht 510 f. 39) Siehe Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 2 Rz 19 SoftwareRL.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

D. Begünstigte des Urheberrechtsschutzes bei Computerprogrammen

Der Begünstigtenkreis des urheberrechtlichen Schutzes von Computerprogrammen

bestimmt sich nach den §§ 94-96 UrhG. Diese Vorschriften gelten für Werke der

Literatur und Kunst (siehe Überschrift vor § 94 UrhG) und somit auch für

Computerprogramme, die ja gem § 2 Z 1 UrhG zu den Werken der Literatur zählen40).

Nach § 94 UrhG ist ein Computerprogramm dann urheberrechtlich geschützt, wenn der

Urheber oder ein Miturheber österreichischer Staatsbürger ist, und zwar ohne Rücksicht

darauf, ob und wo das Computerprogramm erschienen ist41). Nach dem Wortlaut des §

94 UrhG scheinen nur österreichische Staatsbürger begünstigt zu sein. Im Lichte des Art

12 EG, dem allgemeinen gemeinschaftlichen Diskriminierungsverbot aus Gründen der

Staatsangehörigkeit, sind aber auch alle Staatsangehörigen der anderen EG-Staaten von

der Regelung des § 94 UrhG begünstigt42)43).

Weiters sind in Österreich generell alle Computerprogramme urheberrechtlich

geschützt, die in Österreich erschienen sind (siehe allgemein § 95 UrhG). Ein

Computerprogramm ist dann erschienen, sobald es mit Einwilligung des Berechtigten

der Öffentlichkeit dadurch zugänglich gemacht worden ist, dass Werkstücke in

genügender Anzahl feilgehalten oder in Verkehr gebracht worden sind (siehe allgemein

§ 9 Abs 1 UrhG). Im Ausland erschienene Computerprogramme von Ausländern zählen

jedenfalls nur dann zu den in Österreich erschienenen Werken, wenn sie in Österreich

und im Ausland gleichzeitig, dh innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen, erschienen

sind (siehe allgemein § 9 Abs 2 UrhG). Da § 95 UrhG lediglich auf das Erscheinen des

40) Vgl auch Art 3 SoftwareRL, wonach der Kreis der Schutzberechtigten nach dem für Werke der

Literatur geltenden innerstaatlichen Urheberrecht zu beurteilen ist. Betreffend die Zuordnung der Computerprogramme zu den Werken der Literatur s auch oben B.1. Der Begriff des Computerprogramms.

41) Siehe dazu allgemein auch Dittrich, Staatsbürgerschaft und Urheberrechtsschutz, ÖBl 1970, 116. 42) Die SoftwareRL wurde auf der Grundlage des Art 95 EG (ex-Art 100a EGV) erlassen. Der

Urheberrechtsschutz für Computerprogramme fällt somit in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags. Folglich ist auch Art 12 EG anzuwenden (so im Ergebnis für den Urheberrechtsschutz allgemein auch Dillenz, Praxiskommentar zum österreichischen Urheberrecht und Verwertungsgesellschaftenrecht (1999) [Dillenz, Urheberrecht] 252). Vgl ferner dazu allgemein auch Dittrich, Ist die Phil-Collins-Entscheidung in Österreich auf Grund des EWR-Abkommens von unmittelbarer Bedeutung?, RfR 1994, 1; Kaltner, Zum EuGH-Urteil „Phil Collins“, ecolex 1994, 33; Walter, Das Diskriminierungsverbot nach dem EWR-Abkommen und das österreichische Urheber- und Leistungsschutzrecht, MR 1994, 101 und 152.

43) Hingewiesen sei im gegebenen Zusammenhang auch, dass aufgrund der internationalen Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1955/55, Flüchtlinge aus Mitgliedstaaten mit ständigem Wohnsitz in Österreich ebenfalls den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Werkes in Österreich abstellt, sind im Anwendungsbereich dieser Bestimmung alle

Urheber von Computerprogrammen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft

begünstigt.

Sonstige im Ausland erschienene Computerprogramme, die von ausländischen

Urhebern geschaffen wurden und die nicht nach den §§ 94 oder 95 UrhG geschützt sind,

genießen in Österreich nur nach Maßgabe von Staatsverträgen oder unter der

Voraussetzung der Gegenseitigkeit Urheberrechtsschutz (siehe allgemein § 96 Abs 1

UrhG)44). Gegenseitigkeit iSd § 96 Abs 1 UrhG liegt dann vor, wenn

Computerprogramme österreichischer Urheber auch in dem Staat, dem der ausländische

Urheber angehört, in annähernd gleicher Weise geschützt sind, jedenfalls aber in

demselben Ausmaß wie die Computerprogramme der Angehörigen dieses Staates45).

Von besonderer praktischer Bedeutung ist allerdings der Urheberrechtsschutz nach

Maßgabe von Staatsverträgen. Wegen der immer zahlreicheren internationalen

Abkommen im Bereich des Urheberrechts, wovon viele nahezu universelle Geltung

erlangt haben, ist heute der Urheberrechtsschutz aufgrund von Staatsverträgen der

Normalfall für ausländische Urheber46). Art 5 Abs 1 der Berner Übereinkunft47)

normiert den zentralen Grundsatz der Inländerbehandlung für Werke der Literatur und

Kunst; als Werke der Literatur sind von dieser Bestimmung auch Computerprogramme

erfasst (vgl § 2 Z 1 UrhG)48). Inländerbehandlung bedeutet nach Art 5 Abs 1 der Berner

44) Siehe dazu allgemein auch OGH 5.11.1991 – Le Corbusier-Liege – ÖBl 1991, 272 = MR 1992, 27 =

ZfRV 1992, 234 = GRURInt 1993, 176. 45) Nach § 96 Abs 1 UrhG ist der Bundesminister für Justiz ermächtigt, diese Gegenseitigkeit im

Hinblick auf die in einem anderen Staat bestehende Rechtslage festzustellen und kundzumachen. Derartige Kundmachungen des Justizministers haben allerdings nur deklaratorischen Charakter (Dillenz, Urheberrecht 254).

46) Dillenz, Urheberrecht 255. 47) Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, Pariser Fassung, BGBl

1982/319. Der Berner Übereinkunft gehören heute über 120 Mitgliedstaaten an (siehe im einzelnen die Zusammenstellung der Mitgliedstaaten in Dittrich, Urheberrecht3 667 f). Hinsichtlich des Verhältnisses der Berner Übereinkunft zum Welturheberrechtsabkommen (WURA), Pariser Fassung, BGBl 1982/293, sei hingewiesen, dass letzteres gem der Zusatzerklärung zu Art XVII WURA nicht auf Werke anwendbar ist, die ihren Ursprung in einem Verbandsland der Berner Übereinkunft haben (zum Begriff des Verbandslandes s unten FN 49). Zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs des WURA von der Berner Übereinkunft s auch OGH 29.6.1982 – Otello – SZ 55/93 = EvBl 1982, 197 = GRURInt 1983, 118 = ÖBl 1983, 28; OGH 10.7.1984 – „Mart Stam“-Stuhl I – GRURInt 1985, 684 = ÖBl 1985, 24; OGH 5.11.1991 – Le Corbusier-Liege – ÖBl 1991, 272 = MR 1992, 27 = ZfRV 1992, 234 = GRURInt 1993, 176.

48) Art 2 Abs 1 der Berner Übereinkunft führt zwar Computerprogramme nicht ausdrücklich als „Werke der Literatur und Kunst“ an, nach hM sind sie dennoch vom Geltungsbereich der Berner

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Übereinkunft, dass ein Urheber für die von ihm geschaffenen Werke in allen

Verbandsländern49) den Urheberrechtsschutz genießt, den die jeweiligen einschlägigen

Gesetze den inländischen Urhebern gewähren50). Voraussetzung für die

Inländerbehandlung ist lediglich, dass der Urheber Staatsangehöriger eines

Verbandslandes ist bzw, falls er keinem Verbandsland angehört, seinen gewöhnlichen

Aufenthalt in einem Verbandsland hat (Art 3 Abs 1 lit a und Abs 2 der Berner

Übereinkunft). Damit sind in Österreich in den Grenzen der Berner Übereinkunft auch

jene Computerprogramme ausländischer Urheber geschützt, die im Ausland erschienen

sind.

E. Urheberpersönlichkeitsrechtliche Regelungen für Computerprogramme

Grundsätzlich gelten auch für die Urheber von Computerprogrammen die allgemeinen

urheberpersönlichkeitsrechtlichen Regelungen der §§ 19-21 UrhG51). So hat der

Schöpfer des Computerprogramms etwa das Recht, die Urheberschaft am

Computerprogramm in Anspruch zu nehmen (siehe allgemein § 19 UrhG)52). Er kann

sich jederzeit als Urheber des Computerprogramms deklarieren. Dies gilt gemäß § 40b

Satz 2 iVm § 19 UrhG ausdrücklich auch für Dienstnehmer, auch wenn diese das

Computerprogramm in Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten geschaffen haben.

Dieses Recht ist gemäß § 19 Abs 2 UrhG unverzichtbar. Eine allfällige

Verzichtsvereinbarung wäre gemäß § 879 ABGB nichtig.

Übereinkunft erfasst (s dazu auch Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 3 Rz 4 und 8 SoftwareRL). Die Aufzählung des Art 2 Abs 1 ist nämlich nur demonstrativer Natur (arg „wie“ in Art 2 Abs 1). Die ausdrückliche Aufnahme der Computerprogramme in den Werkkatalog der Berner Übereinkunft in Art 10 Abs 1 TRIPS-Abkommen (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, BGBl 1995/1) und in Art 4 WCT (WIPO Copyright Treaty) hat diese Diskussion zunehmend in den Hintergrund gedrängt.

49) Die Mitgliedstaaten der Berner Übereinkunft werden als Verbandsländer bezeichnet, da sie gem Art 1 der Berner Übereinkunft einen Verband zum Schutz der Rechte der Urheber an ihren Werken der Literatur und Kunst bilden.

50) Der OGH hielt zu dieser Bestimmung fest, dass die einem Verbandsland angehörigen Urheber die gleichen Rechte wie inländische Urheber in Österreich haben (OGH 12.3.1996 – Happy Birthday II – MR 1996, 111 = ÖBl 1996, 251 = ZfRV 1996, 193).

51) Die SoftwareRL selbst enthält keine urheberpersönlichkeitsrechtlichen Regelungen. 52) Nach dem Tod des Urhebers steht gemäß § 19 Abs 1 Satz 2 UrhG den Personen, auf die das

Urheberrecht übergegangen ist, das Recht zu, die Urheberschaft des Schöpfers des Werkes zu wahren.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Ferner steht dem Urheber eines Computerprogramms das Recht auf

Urheberbezeichnung zu (siehe allgemein § 20 UrhG). Es ist das Recht des Urhebers,

sein Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen oder es anonym zu

veröffentlichen (§ 20 Abs 1 UrhG). Falls der Urheber das von ihm geschaffene

Computerprogramm mit einer Urheberbezeichnung versieht, so hat er die Wahl, seinen

eigenen Namen oder ein Pseudonym zu verwenden53) (arg. „mit welcher“ in § 20 Abs 1

UrhG). Das Recht auf Namensnennung ist jedenfalls verzichtbar54) (arg. „ob“ in § 20

Abs 1 UrhG). Wenn sich der Urheber des Computerprogramms zur Frage der

Urheberbezeichnung nicht geäußert hat, so wird im Zweifel wohl eine Verpflichtung zur

Urheberbezeichnung anzunehmen sein55). Bei Computerprogrammen, die von

Dienstnehmern in Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten geschaffen wurden, übt

hingegen gemäß § 40b Satz 2 iVm § 20 UrhG ausschließlich der Dienstgeber das Recht

auf Urheberbezeichnung aus, sofern zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer

nichts anderes vereinbart wurde56). Der Dienstnehmer ist somit grundsätzlich nicht

berechtigt, das Computerprogramm mit seiner Urheberbezeichnung zu versehen. Der

Dienstgeber entscheidet alleine, ob das Computerprogramm mit einer Bezeichnung bzw

mit welcher Bezeichnung es zu versehen ist.

Dem Urheber eines Computerprogramms steht weiters auch das Recht auf Werkschutz

zu (siehe allgemein § 21 UrhG). Es ist das Recht des Urhebers zu bestimmen, in

welcher Form sein Werk der Öffentlichkeit entgegentritt57). Ohne Zustimmung des

Urhebers dürfen daher am Computerprogramm selbst, an dessem Titel oder an der

Urheberbezeichnung keine Kürzungen, Zusätze oder andere Änderungen vorgenommen

werden (Schutz der Werkintegrität, Änderungsverbot)58), es sei denn, dass das Gesetz

Änderungen zulässt (siehe allgemein § 21 Abs 1 UrhG). Zulässig sind gem § 21 Abs 1 53) Siehe allgemein Dillenz, Urheberrecht 70 f. 54) Siehe Dillenz, Urheberrecht 72. 55) Siehe dazu allgemein Dillenz, Urheberrecht 72. 56) Nach den ErlRV UrhG-Nov 1993 (Dittrich, Urheberrecht3 176) erfordere der Zweck des § 40b

UrhG, nämlich dem Dienstgeber die wirtschaftliche Verwertung der in seinem Unternehmen geschaffenen Computerprogramme zu ermöglichen, auch, dass die Urheberpersönlichkeitsrechte der §§ 20 und 21 Abs 1 UrhG grundsätzlich dem Dienstgeber zugewiesen werden. Walter bezweifelt allerdings, ob es rechtspolitisch notwendig ist, auch das Recht auf Urheberbezeichnung dem Dienstgeber zuzuweisen (vgl Walter, Europäisches Urheberrecht Art 2 Rz 32 SoftwareRL; ferner Blocher/Walter, Softwareschutz 71 FN 18).

57) Dillenz, Urheberrecht 73.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

UrhG insbesondere Änderungen, die der Urheber dem zur Benutzung des Werkes

Berechtigten „nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen

nicht untersagen kann“, so zum Beispiel „Änderungen, die durch die Art oder den

Zweck der erlaubten Werknutzung gefordert werden“59). Das Änderungsverbot des § 21

Abs 1 UrhG ist insbesondere auch für die Bearbeitung von Computerprogrammen

einschließlich der Schaffung von Up-dates bedeutsam. Das Änderungsverbot gilt

außerdem gem § 57 Abs 1 iVm § 21 UrhG auch bei freien Werknutzungen60). Bei

Computerprogrammen, die von Dienstnehmern in Erfüllung ihrer dienstlichen

Obliegenheiten geschaffen werden, steht die Ausübung der mit dem Änderungsverbot

verbundenen Rechte gem § 40b iVm § 21 Abs 1 UrhG allerdings ausschließlich dem

Dienstgeber zu, sofern zwischen dem Dienstgeber und den betreffenden Dienstnehmern

nichts anderes vereinbart wurde61).

F. Die Verwertungsrechte am Computerprogramm

1. Allgemeines

Die Verwertungsrechte für Werke sind allgemein in den §§ 14-18a UrhG geregelt.

Mangels Sondervorschriften gelten diese Bestimmungen auch für Computerprogramme.

Die wirtschaftlich bedeutsamsten Verwertungsrechte sind bei Computerprogrammen

zweifellos das Vervielfältigungsrecht (§ 15 UrhG) und das Verbreitungsrecht (§ 16

UrhG), auf die sich die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren. Weiters sind aber

auch das Senderecht (§ 17 UrhG), das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§

18 UrhG) sowie das Zurverfügungstellungsrecht (§ 18a UrhG)62) mögliche

Verwertungsrechte für Computerprogramme63). Grundsätzlich sind sämtliche

Verwertungsrechte am Computerprogramm ausschließlich dem Urheber des 58) Jede Werkänderung beeinträchtige nämlich die Schöpferpersönlichkeit; s Dillenz, Urheberrecht 73. 59) Zu diesen branchenüblichen Änderungen s allgemein auch Dillenz, Urheberrecht 74. 60) Zu den freien Werknutzungen bei Computerprogrammen vgl im einzelnen unten H. Freie

Werknutzungen am Computerprogramm. 61) Siehe dazu auch oben FN 56. 62) Das Zurverfügungstellungsrecht wurde erst mit der UrhG-Nov 2003 in Umsetzung der Richtlinie

2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl L 167 v 22.6.2001, 10 (Info-UrhRL) – vgl insb Art 3 Abs 1 und ErwG 23 – als selbständiges Verwertungsrecht (s ErlRV UrhG-Nov 2003 zu § 18a UrhG) in das UrhG eingefügt.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Computerprogramms64) vorbehalten (siehe § 14 Abs 1 UrhG). Die Verwertungsrechte

werden daher auch als Ausschließlichkeitsrechte bezeichnet. Jeder Dritte bedarf zur

Vornahme von Verwertungshandlungen grundsätzlich65) der Zustimmung des

Urhebers66).

2. Das Vervielfältigungsrecht

Gemäß § 15 Abs 1 UrhG hat der Urheber das ausschließliche Recht, das

Computerprogramm zu vervielfältigen67)68), und zwar unabhängig davon, in welchem

Verfahren und in welcher Menge die Vervielfältigung vorgenommen wird69). Mit der

UrhG-Nov 2003 wurde zudem in § 15 Abs 1 UrhG ausdrücklich klargestellt, dass dieses

ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Urhebers sowohl die vorübergehende als

auch die dauerhafte Vervielfältigung erfasst70). Ob das Computerprogramm ganz oder

nur ein Teil dessen vervielfältigt wird, ist bedeutungslos (siehe § 1 Abs 2 UrhG)71), es

sei denn, der aus einem Computerprogramm übernommene Teil ist „alltäglich“72) und

daher urheberrechtlich nicht schutzfähig73). Dritte bedürfen zur Vornahme von

Vervielfältigungshandlungen daher grundsätzlich der Zustimmung des Urhebers.

63) Siehe dazu auch Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 4 Rz 44 SoftwareRL. 64) Wer als Urheber eines Computerprogramms gilt, s oben C. Die Urheberschaft am

Computerprogramm. 65) Nur ausnahmsweise sind freie Werknutzungen am Computerprogramm zulässig; s dazu ausführlich

unten H. Freie Werknutzungen am Computerprogramm. 66) Siehe dazu aber auch G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für

Computerprogramme. 67) Unter Vervielfältigung im urheberrechtlichen Sinn wird allgemein die Herstellung von körperlichen

Festlegungen verstanden, die geeignet sind, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise (wiederholt) unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen (Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 4 Rz 7 SoftwareRL mwN).

68) Siehe dazu auch Dittrich, Computer-Programme und Vervielfältigungsrecht, ecolex 1992, 339 ff; ferner Dittrich, Unkörperliche Verbreitung? – Eine Kritik der „APA-Entscheidung“, ecolex 1996, 367 ff; Walter, Zur urheberrechtlichen Einordnung der digitalen Werkvermittlung – Anmerkung zur OGH-Entscheidung „APA-Bildfunknetz“, MR 1995, 125 ff. Zum Vervielfältigungsrecht allgemein s zB Dillenz, Urheberrecht 52 ff; Frotz, Zum Vervielfältigungsrecht des Urhebers und zu den konventionskonformen nationalen Beschränkungen – Ein Beitrag zur Fortentwicklung des UrhG, in FS 50 Jahre UrhG (1986) 119 ff; Walter, Werkverwertung in körperlicher Form – Vervielfältigung und Verbreitung des Werks, MR 1990, 112 ff, 162 ff und 203 ff.

69) So auch Art 4 lit a SoftwareRL und Art 9 Abs 1 Berner Übereinkunft. 70) So ausdrücklich auch Art 4 lit a SoftwareRL und Art 2 Info-UrhRL. 71) Dies entspricht Art 4 lit a SoftwareRL; vgl in diesem Sinne auch Art 2 Info-UrhRL. 72) Zum Begriff des alltäglichen (banalen) Computerprogramms s näher oben B.2. Der Werkcharakter

von Computerprogrammen. 73) Vgl Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 4 Rz 8 SoftwareRL.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Die in der Praxis wirtschaftlich bedeutsamste Vervielfältigungshandlung ist sicherlich

die Herstellung von Kopien eines Computerprogramms durch dessen Überspielen auf

andere Datenträger wie CD-ROMs, Disketten oder Festplatten74). In diesem Sinne ist

daher auch das Download von Software aus dem Internet eine

Vervielfältigungshandlung und daher grundsätzlich seitens des Urhebers der Software

zustimmungsbedürftig. Aber selbst bei der bloßen (bestimmungsgemäßen) Benutzung

eines Computerprogramms, also beim einfachen Laufenlassen eines

Computerprogramms (Programmlauf), kommt es in technischer Hinsicht

notwendigerweise zu Vervielfältigungsvorgängen75). § 15 Abs 1 UrhG ist im gegebenen

Zusammenhang richtlinienkonform im Lichte des Art 4 lit a Satz 2 SoftwareRL zu

sehen, in dem ausdrücklich festgehalten wurde, dass auch derartige

Vervielfältigungsvorgänge der Zustimmung des Urhebers76) bedürfen77). Mit dieser

Regelung wird sichergestellt, dass niemand ohne Zustimmung des Urhebers irgendein

Computerprogramm benutzen kann78), unabhängig davon, wie das Computerprogramm

in die Hände des Anwenders gelangt ist. Die zur Benutzung des Computerprogramms

erforderliche Zustimmung – und damit die Zustimmung zu den mit dem Programmlauf

verbundenen notwendigen Vervielfältigungsvorgängen – wird dem Anwender des

Computerprogramms im Regelfall mit dem Softwareüberlassungsvertrag

(Werknutzungsbewilligung)79) ausdrücklich oder konkludent erteilt80).

74) Aber auch die Anfertigung von Kopien des Programmablauf- oder Datenflussplans eines

Computerprogramms ist beispielsweise eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigungshandlung (s dazu auch oben B.1. Der Begriff des Computerprogramms).

75) Vgl dazu auch Lehmann, Der neue Europäische Rechtsschutz von Computerprogrammen, NJW 1991, 2114 ff; Röttinger, Finden beim Lauf eines Computerprogramms Vervielfältigungsvorgänge im Sinne des Urheberrechts statt? – Einige Gedanken zum urheberrechtlichen Vervielfältigungsbegriff nach österreichischem und deutschem Recht, in FS 50 Jahre UrhG (1986) 203 ff; Röttinger, Finden beim Lauf eines Computerprogramms Vervielfältigungsvorgänge im Sinne des Urheberrechts statt?, iur 1987, 267 ff.

76) Art 4 lit a SoftwareRL erfasst nicht nur den Urheber, sondern auch allfällige sonstige Rechtsinhaber (s dazu auch unten G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme).

77) Zur strittigen Rechtslage vor Umsetzung der SoftwareRL s ausführlich Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 4 Rz 10 ff SoftwareRL.

78) In diesem Sinne auch OLG Celle 2.9.1994 – Streitwert bei unbefugter Softwarenutzung – CR 1995, 16 ff.

79) Zur Werknutzungsbewilligung s im einzelnen unten G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme.

80) Vgl dazu aber auch § 40d Abs 2 UrhG, der unter gewissen Voraussetzungen ein Recht auf freie Werknutzung in Zusammenhang mit der bestimmungsgemäßen Benutzung eines

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

3. Das Verbreitungsrecht

Neben dem Vervielfältigungsrecht genießt der Urheber eines Computerprogramms gem

§ 16 Abs 1 UrhG auch das ausschließliche Recht, Werkstücke des Computerprogramms

öffentlich zu verbreiten (Verbreitungsrecht)81). Ohne seine Zustimmung dürfen

Werkstücke des Computerprogramms weder feilgehalten noch auf eine andere Art, die

das Computerprogramm der Öffentlichkeit zugänglich macht, in Verkehr gebracht

werden (siehe § 16 Abs 1 UrhG). Die Verbreitung eines Computerprogramms erfolgt

häufig durch Verkauf, aber auch die Verbreitung beispielsweise in Form des Tausches,

der Vermietung, des Verleasens oder der Schenkung ist vom Verbreitungsrecht erfasst.

§ 16 UrhG normiert in seinem Abs 3 allerdings auch eine bedeutsame Beschränkung

des Verbreitungsrechts. Nach dieser Bestimmung ist das Verbreitungsrecht erschöpft,

sobald ein Werkstück mit Einwilligung des Berechtigten durch Übertragung des

Eigentums in einem EG-Mitgliedstaat oder EWR-Vertragsstaat in Verkehr gebracht

worden ist. Das Verbreitungsrecht an einer Softwarekopie ist somit mit dem Erstverkauf

dieser Softwarekopie im EWR verbraucht, vorausgesetzt dass dieser Erstverkauf durch

einen hiezu Berechtigten erfolgt. Der Erstkäufer kann daher in weiterer Folge die

gekaufte Softwarekopie genehmigungsfrei weiterverbreiten. Die Erschöpfung des

Verbreitungsrechts erstreckt sich räumlich nur auf das Gebiet des EWR und gilt nur für

jene Softwareüberlassungsverträge, die zu einer Übertragung des Eigentums an der

Softwarekopie führen. Bei vermieteten Softwarekopien tritt beispielsweise keine

Erschöpfung des Verbreitungsrechts ein. Die Wirkung dieses Erschöpfungsprinzips des

§ 16 Abs 3 UrhG tritt zwingend ein und ist folglich vertraglich nicht abdingbar82).

Strittig ist, ob sich das Verbreitungsrecht auf die Verbreitung physischer

Werkexemplare von Computerprogrammen, zum Beispiel in Form von Disketten oder

sonstigen Datenträgern, beschränkt (arg „Werkstücke“ in § 16 Abs 1 UrhG)83).

Computerprogramms vorsieht; s dazu im einzelnen H.3. Bestimmungsgemäße Benutzung durch den zur Benutzung Berechtigten.

81) Dies entspricht Art 4 lit c SoftwareRL. 82) Zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts s ausführlich Blocher in Walter, Europäisches

Urheberrecht Art 4 Rz 27 ff SoftwareRL. 83) Bejahend zB Dillenz, Urheberrecht 54 f; verneinend zB Blocher in Walter, Europäisches

Urheberrecht Art 4 Rz 25 SoftwareRL.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Bejahendenfalls bedürfte lediglich die Verbreitung von Computerprogrammen in Form

von körperlichen Festlegungen (Disketten, CD-ROMs etc) der Zustimmung des

Urhebers, nicht jedoch die Online-Übertragung eines Computerprogramms. § 16 Abs 1

UrhG wird im gegebenen Zusammenhang im Lichte des Art 4 lit c SoftwareRL

auszulegen sein. Nach letzterer Bestimmung ist „jede Form der öffentlichen

Verbreitung“ von Computerprogrammen zustimmungsbedürftig. Folglich wird wohl

auch die Verbreitung von Computerprogrammen im Wege der Online-Übertragung

zustimmungsbedürftig sein. Es wäre anderenfalls auch nicht einzusehen, warum die

SoftwareRL bezwecken sollte, den Urheber eines Computerprogramms gerade bei

Online-Übertragungen nicht zu schützen.

G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für

Computerprogramme

Sämtliche Verwertungsrechte am Computerprogramm sind ausschließlich dem Urheber

des Computerprogramms vorbehalten (siehe § 14 Abs 1 UrhG). Jeder Dritte bedarf

daher zur Vornahme von Verwertungshandlungen grundsätzlich84) der Zustimmung des

Urhebers. Der Urheber des Computerprogramms kann allerdings anderen Personen

mittels einer Werknutzungsbewilligung die Nutzung einzelner oder aller

Verwertungsarten85) am Computerprogramm, die ihm gemäß den §§ 14-18a UrhG

vorbehalten sind, gestatten (siehe § 24 Abs 1 Satz 1 UrhG). Zudem hat der Urheber des

Computerprogramms die Möglichkeit, einer anderen Person ein ausschließliches

Werknutzungsrecht am Computerprogramm einzuräumen (siehe § 24 Abs 1 Satz 2

UrhG). Die Ausschließlichkeit des Werknutzungsrechts bewirkt, dass sich selbst der

Urheber gleich einem Dritten der Nutzung des Computerprogramms zu enthalten hat

(siehe § 26 Satz 2 UrhG)86). Die Reichweite des Werknutzungsrechts, also auf welche

Art, mit welchen Mitteln und innerhalb welcher örtlichen und zeitlichen Grenzen ein

84) Zu den Ausnahmen der freien Werknutzung s unten H. Freie Werknutzungen am

Computerprogramm. 85) Zu den Verwertungsarten s im einzelnen oben F. Die Verwertungsrechte am Computerprogramm. 86) Von der Ausschließlichkeit des Werknutzungsrechts nicht berührt ist nach § 26 Satz 2 UrhG das

Recht des Urhebers, Verletzungen des Urheberrechts gerichtlich zu verfolgen. Gemäß § 24 Abs 2 UrhG bleibt auch eine Werknutzungsbewilligung, die vor Einräumung oder Übertragung eines Werknutzungsrechts erteilt worden ist, gegenüber dem Werknutzungsberechtigten wirksam, wenn mit dem Inhaber der Werknutzungsbewilligung nichts anderes vereinbart ist.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Computerprogramm von einem Werknutzungsberechtigten verwertet werden darf,

richtet sich nach dem Vertrag, den der Werknutzungsberechtigte mit dem Urheber des

Computerprogramms geschlossen hat (siehe § 26 Satz 1 UrhG).

Gem § 24 Abs 1 Satz 2 UrhG entscheidet somit der Urheber, ob und in welchem

Umfang er einem Dritten ein Werknutzungsrecht am Computerprogramm gewähren

möchte. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang aber auch die

Sondervorschrift des § 40b Satz 1 UrhG. Nach dieser Bestimmung steht dem

Dienstgeber am Computerprogramm ein unbeschränktes Werknutzungsrecht zu, wenn

das Computerprogramm von einem Dienstnehmer in Erfüllung seiner dienstlichen

Obliegenheiten geschaffen wurde und mit dem Urheber nichts anderes vereinbart

wurde87). Diese Regelung soll dem Arbeitgeber die wirtschaftliche Verwertung der in

seinem Unternehmen geschaffenen Computerprogramme ermöglichen88).

Eine weitere Sondervorschrift enthält § 40c UrhG für die Übertragung von

Werknutzungsrechten an Computerprogrammen. Nach dieser Bestimmung können

Werknutzungsrechte an Computerprogrammen auch ohne Einwilligung des Urhebers

auf einen anderen übertragen werden, sofern mit dem Urheber des Computerprogramms

nichts anderes vereinbart worden ist.

Gem § 40c letzter Satz UrhG gilt § 29 UrhG allerdings nicht für Werknutzungsrechte an

Computerprogrammen. § 29 Abs 1 UrhG sieht nämlich die Möglichkeit vor, dass der

Urheber eines Werkes das Vertragsverhältnis, soweit es das Werknutzungsrecht betrifft,

vorzeitig auflösen kann, wenn von einem Werknutzungsrecht ein dem Zwecke seiner

Bestellung entsprechender Gebrauch überhaupt nicht oder nur in so unzureichendem

Maße gemacht wird, dass wichtige Interessen des Urhebers beeinträchtigt werden, und

dem Urheber daran kein Verschulden trifft. Dem Urheber eines Computerprogramms

steht gem § 40c letzter Satz UrhG dieses Rechts der vorzeitigen Vertragsauflösung nicht

zu.

H. Freie Werknutzungen am Computerprogramm

1. Der Umfang der freien Werknutzung am Computerprogramm

87) Dies entspricht Art 2 Abs 3 SoftwareRL. 88) ErlRV UrhG-Nov 1993, abgedruckt in Dittrich, Urheberrecht3, 176.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Die Verwertungsrechte am Computerprogramm sind grundsätzlich ausschließlich dem

Urheber bzw einem allfälligen sonstigen Rechtsinhaber vorbehalten89). Diese

Ausschließlichkeitsrechte des Rechtsinhabers sind allerdings nicht schrankenlos.

Ausnahmsweise sind am Computerprogramm auch freie Werknutzungen zulässig. Freie

Werknutzung bedeutet, dass bestimmte Nutzungen des Computerprogramms auch ohne

vorherige Zustimmung des Rechtsinhabers zulässig sind.

In welchem genauen Umfang freie Werknutzungen am Computerprogramm zulässig

sind, ist bislang allerdings noch nicht völlig geklärt. Nach Auffassung der Europäischen

Kommission sind in den Art 5 und 6 SoftwareRL sämtliche freie Werknutzungen, die

im Hinblick auf Computerprogramme zulässig sind, abschließend geregelt90). Weitere

Ausnahmen (von den Ausschließlichkeitsrechten des Rechtsinhabers) in Form von

freien Werknutzungen wären demnach nicht richtlinienkonform. Andererseits hält die

SoftwareRL in ErwG 28 mit einer „etwas kryptische[n] Formulierung“91) aber auch fest,

dass die SoftwareRL „nicht die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in

Übereinstimmung mit der Berner Übereinkunft vorgesehenen Ausnahmeregelungen für

Punkte [berührt], die nicht von der Richtlinie erfasst werden“. Dieser ErwG 28

SoftwareRL eröffne nach Walter den EU-Mitgliedstaaten auch einen gewissen

Spielraum für die Regelung der freien Werknutzung am Computerprogramm92). Nach

Ansicht von Walter bestehe zwar für jene Fälle der freien Werknutzung, die in den Art 5

und 6 SoftwareRL geregelt sind, kein Umsetzungsspielraum93), sehr wohl bestehe aber

im Sinne von ErwG 28 SoftwareRL ein Umsetzungsspielraum für alle anderen Fälle der

freien Werknutzung, die nicht in Art 5 und 6 SoftwareRL geregelt sind94). Diese

Auffassung wird im Ergebnis auch in den ErlRV UrhG-Nov 1993 vertreten95). Die

Regelungen der freien Werknutzung der Art 5 und 6 SoftwareRL wurden mit den §§

89) Siehe dazu ausführlich oben F. Die Verwertungsrechte am Computerprogramm und G.

Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme. 90) Vgl die Begründung zum geänderten SoftwareRL-Vorschlag der Kommission v 18.10.1990,

KOM(90) 509 endg, ABl C 320 v 20.12.1990, 22. 91) So Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 40 SoftwareRL. 92) Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 40 SoftwareRL. 93) Insoferne sei die Regelung der Art 5 und 6 SoftwareRL betreffend die freie Werknutzung am

Computerprogramm abschließend. Die freie Werknutzung dürfe in diesen Fällen nicht über das in den Art 5 und 6 SoftwareRL vorgesehene Ausmaß hinausgehen.

94) Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 40 SoftwareRL. 95) Siehe Dittrich, Urheberrecht3 178.

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40d und 40e UrhG in das österreichische Urheberrecht umgesetzt96). Darüber hinaus

seien aber nach den ErlRV UrhG-Nov 1993 auch alle sonstigen freien

Werknutzungsarten des UrhG für Werke der Literatur97), die in den §§ 40d und 40e

UrhG nicht geregelt sind, ebenfalls mit der SoftwareRL vereinbar, da es sich bei ihnen

im Sinne des ErwG 28 SoftwareRL um Ausnahmeregelungen in Fragen handle, die

nicht von der SoftwareRL erfasst sind98).

Einige dieser sonstigen freien Werknutzungsarten des UrhG für Werke der Literatur

kommen allerdings ihrer Art nach ohnedies nicht für Computerprogramme in Frage99).

Dies sind die Bestimmungen über Reden (§ 43 UrhG), Zeitungsaufsätze (§ 44 UrhG),

zur Vertonung bestimmte oder vertonte Texte (§§ 47 und 48 UrhG) und den

öffentlichen Vortrag von Sprachwerken (§ 50 UrhG). Hingegen können die allgemeinen

Bestimmungen des UrhG über freie Werknutzungen im Interesse der Rechtspflege und

der Verwaltung (§ 41 UrhG), die Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 42c UrhG),

die Schulbuchfreiheit (§ 45 UrhG) und über Zitate (§ 46 UrhG) auch

Computerprogramme betreffen100). In den ErlRV UrhG-Nov 1993101) wurde zudem zur

Schulbuchfreiheit102) klargestellt, dass § 45 UrhG nur dazu berechtige,

Computerprogramme unter bestimmten Voraussetzungen in bestimmten

Sammlungen103) zu vervielfältigen und diese Vervielfältigungsstücke zu verbreiten104).

§ 45 UrhG berechtige jedoch keineswegs dazu, Computerprogramme im Unterricht am

Computer (also durch Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des 96) Zu den §§ 40d und 40e UrhG s im einzelnen die nachfolgenden Ausführungen in den Kapiteln 2.-6. 97) Siehe dazu auch oben B.2. Der Werkcharakter von Computerprogrammen. 98) Nach den ErlRV UrhG-Nov 1993 bestehe nämlich innerstaatlich keine Notwendigkeit,

Computerprogramme in dieser Beziehung anders zu behandeln als andere Werke der Literatur. Vgl dazu auch Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 48 SoftwareRL.

99) So ErlRV UrhG-Nov 1993, abgedruckt in Dittrich, Urheberrecht3 177 f. 100) ErlRV UrhG-Nov 1993, abgedruckt in Dittrich, Urheberrecht3 178. 101) Abgedruckt in Dittrich, Urheberrecht3 178. 102) Zur Schulbuchfreiheit allgemein s zB Dillenz, Urheberrecht 143 f. 103) Hierbei handelt es sich gem § 45 Abs 1 UrhG um Sammlungen, die Werke mehrerer Urheber

enthalten und ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.

104) Gem § 45 Abs 1 UrhG ist dieses Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht allerdings nur in einem Umfang gestattet, der für Zwecke des Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauchs gerechtfertigt ist (s dazu auch FN 103), sofern damit keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden. Mit der UrhG-Nov 2003 wurde dieses Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht um das Recht der öffentlichen Zurverfügungstellung ergänzt. Dem Urheber steht in diesem Zusammenhang jedoch gem § 45 Abs 3

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Computerprogramms) zu vervielfältigen. Dies stellen die ErlRV UrhG-Nov 1993105)

auch zu den Bestimmungen über freie Werknutzungen im Interesse der Rechtspflege

und der Verwaltung (§ 41 UrhG) klar. § 41 UrhG berechtige nach seinem

Normzweck106) die mit der Rechtspflege und Verwaltung befassten Einrichtungen nicht,

die zum Betrieb ihrer Rechenanlagen verwendeten Computerprogramme frei zu nutzen.

2. Keine Vervielfältigung zum eigenen und privaten Gebrauch

§ 40d Abs 1 UrhG schränkt die freie Werknutzung von Computerprogrammen nicht

unerheblich dadurch ein, dass die in der Praxis wohl wichtigste freie Werknutzung,

nämlich die genehmigungsfreie Vervielfältigung von Werken zum eigenen und privaten

Gebrauch (§ 42 UrhG), für Computerprogramme ausgeschlossen ist. Das Kopieren von

Computerprogrammen zum eigenen und privaten Gebrauch ist folglich unzulässig.

Das Recht der Vervielfältigung von Werken zum eigenen und privaten Gebrauch

musste vom österreichischen Gesetzgeber deswegen für Computerprogramme

ausgeschlossen werden, da Art 5 und 6 SoftwareRL abschließend regeln, welche freien

Werknutzungen an Computerprogrammen zulässig sind. Ein Recht zur Vervielfältigung

von Computerprogrammen zum eigenen und privaten Gebrauch ist in Art 5 und 6

SoftwareRL aber nicht vorgesehen107).

3. Bestimmungsgemäße Benutzung durch den zur Benutzung Berechtigten

Computerprogramme dürfen gem § 40d Abs 2 UrhG genehmigungsfrei vervielfältigt

und bearbeitet werden, „soweit dies für ihre bestimmungsgemäße Benutzung durch den

zur Benutzung Berechtigten notwendig ist“108). Mangels einer derartigen Bestimmung

könnte ansonsten selbst der berechtigte Nutzer eines Computerprogramms dieses gar

nicht benützen, da die Benutzung eines Computerprogramms technisch gesehen

UrhG ein Anspruch auf angemessene Vergütung zu, der allerdings nur von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden kann.

105) Abgedruckt in Dittrich, Urheberrecht3 178. 106) Gem § 41 UrhG können Werke für Zwecke der öffentlichen Sicherheit oder zur Sicherstellung des

ordnungsgemäßen Ablaufs von Verwaltungsverfahren, parlamentarischen Verfahren oder Gerichtsverfahren frei genutzt werden.

107) Vgl dazu auch Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 47 SoftwareRL. 108) Mit § 40d Abs 2 UrhG wurde Art 5 Abs 1 SoftwareRL umgesetzt.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

regelmäßig mit Vervielfältigungsvorgängen verbunden ist, die seitens des Urhebers109)

– aufgrund dessen Ausschließlichkeitsrechts – zustimmungsbedürftig wären110). Das

Erschöpfungsprinzip111), das an den Verkauf eines Vervielfältigungsstücks anknüpft,

erstreckt sich nämlich nur auf das Recht der Weiterverbreitung des

Vervielfältigungsstücks durch den Käufer, nicht jedoch auf dessen Vervielfältigung, die

weiterhin dem Urheber vorbehalten bleibt. Der Käufer könnte somit das erworbene

Computerprogramm zwar ohne Genehmigung des Urhebers weiterverkaufen, nicht aber

selbst benutzen112). § 40d Abs 2 UrhG korrigiert dieses nicht wünschenswerte Ergebnis,

indem für die bestimmungsgemäße Benutzung eines Computerprogramms eine freie

Werknutzung – für den zur Benutzung des Computerprogramms Berechtigten –

vorgesehen wird, sofern mit der bestimmungsgemäßen Benutzung Vervielfältigungs-

und Bearbeitungsvorgänge verbunden sind113).

Die freie Werknutzung gem § 40d Abs 2 UrhG ist somit in dreierlei Hinsicht

determiniert: Sie gilt erstens nur für Vervielfältigungen und Bearbeitungen. Die übrigen

Verwertungsrechte bleiben unberührt114). Zweitens steht das Vervielfältigungs- und

Bearbeitungsrecht nur demjenigen zu, der zur Benutzung des Computerprogramms

berechtigt ist. Drittens besteht dieses Vervielfältigungs- und Bearbeitungsrecht nur

insoweit, als dies für die bestimmungsgemäße Benutzung eines Computerprogramms

notwendig ist.

Zur Benutzung eines Computerprogramms berechtigt ist jeder, der ohne

Urheberrechtsverletzung, also ohne Verletzung der Ausschließlichkeitsrechte des

Urhebers, Inhaber eines Vervielfältigungsstücks eines Computerprogramms geworden

109) Siehe dazu auch G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme. 110) In der jüngeren Lehre wird daher zunehmend auch die Gleichsetzung von rein technischen

Kopiervorgängen mit Vervielfältigungen im urheberrechtlichen Sinn kritisiert, vgl Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 8 SoftwareRL.

111) Zum Erschöpfungsprinzip s im einzelnen oben F.3. Das Verbreitungsrecht. 112) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 7 SoftwareRL; Meijboom, The EC

Directive on Software Copyright Protection, in Jongen/Meijboom (Hrsg), Copyright Software Protection in the EC (1993) 12.

113) Im Ergebnis führt dies bei Computerprogrammen de facto zu einer Ausdehnung des Erschöpfungsprinzips auf jene Teilbereiche des Vervielfältigungs- und Bearbeitungsrechts, die mit der bestimmungsgemäßen Benutzung eines Computerprogramms verbunden sind; s dazu näher Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 8 SoftwareRL.

114) Das Partizipationsinteresse des Urhebers wäre ansonsten, so Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 9 SoftwareRL, zu massiv beeinträchtigt worden.

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ist115). Die Ausschließlichkeitsrechte des Urhebers sind dann nicht verletzt, wenn die

betreffende Person mit Zustimmung des Urhebers bzw nach Erschöpfung des

Verbreitungsrechts Inhaber der Softwarekopie wurde116). Die Berechtigung zur

Benutzung eines Computerprogramms kann einer Person insbesondere im Rahmen

eines Kauf-, Lizenz-, Miet- oder Leihvertrags für das entsprechende

Computerprogramm erteilt werden. Mit der Einschränkung der freien Werknutzung des

§ 40d Abs 2 UrhG auf den „zur Benutzung Berechtigten“ soll jedenfalls sichergestellt

werden, dass nicht nur die Herstellung, sondern auch die Verwendung von Raubkopien

eines Computerprogramms untersagt ist117).

Der zur Benutzung Berechtigte kann allerdings nur jene Vervielfältigungs- und

Bearbeitungshandlungen ohne Zustimmung des Urhebers ausüben, die gem § 40d Abs 2

UrhG für die „bestimmungsgemäße Benutzung“ des Computerprogramms notwendig

sind118). Der Umfang der bestimmungsgemäßen Benutzung eines Computerprogramms

kann gem § 40d Abs 4 UrhG auch durch Vereinbarung festgelegt werden. Die Parteien

eines Softwareüberlassungsvertrags haben somit nach § 40d Abs 4 UrhG die

Möglichkeit, sich subjektiv auf den genauen Umfang der bestimmungsgemäßen

Benutzung eines Computerprogramms zu einigen119). Besteht keine derartige

Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, dann kann der zur Benutzung des

Computerprogramms Berechtigte jene Vervielfältigungs- und Bearbeitungshandlungen

ohne Zustimmung des Urhebers am Computerprogramm ausüben, die objektiv für die

„bestimmungsgemäße Benutzung“ des Computerprogramms iSd § 40d Abs 2 UrhG

115) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 42 SoftwareRL. 116) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 42 SoftwareRL. 117) Vgl Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 10 SoftwareRL. 118) Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf § 41a UrhG, der mit der UrhG-Nov 2003 in das

UrhG eingefügt wurde. Nach dieser Bestimmung ist eine vorübergehende Vervielfältigung zulässig, also genehmigungsfrei, wenn sie kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt: a) wenn sie flüchtig oder begleitend ist, b) wenn sie ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens ist, c) wenn ihr alleiniger Zweck die Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung ist und d) wenn sie keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hat.

119) Vgl in diesem Sinne auch die ErlRV UrhG-Nov 1993, abgedruckt in Dittrich, Urheberrecht3 178, wonach die Ermittlung des Umfangs der bestimmungsgemäßen Benutzung nicht auf die objektiven Eigenschaften eines Computerprogramms beschränkt ist. Insbesondere sind auch Beschränkungen, die auf die Höhe des für die Benutzung des Computerprogramms zu leistenden Entgelts maßgeblich sind, wie etwa die Anzahl der Rechenanlagen, auf denen das Computerprogramm eingesetzt werden darf, zulässig. Bei Unklarheiten ist daher stets der von den Parteien subjektiv verfolgte Vertragszweck zu ermitteln.

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notwendig sind120). Diese objektive „bestimmungsgemäße Benutzung“ definiere sich

nach Blocher insbesondere über die technischen Merkmale des betreffenden

Computerprogramms und die Verkehrsauffassung121). Umstritten ist, ob die Nutzung

einer Softwarekopie durch mehrere Softwareanwender bei Fehlen einer expliziten

Vereinbarung hierüber eine bestimmungsgemäße Benutzung im objektiven Sinne

darstellt122). Weiters sieht § 40d Abs 2 UrhG ausdrücklich vor, dass die

bestimmungsgemäße Benutzung eines Computerprogramms durch den zur Benutzung

Berechtigten auch das Recht der „Anpassung“123) des Computerprogramms „an dessen

Bedürfnisse“ mitumfasst.

Gem § 40d Abs 4 UrhG kann der zur Benutzung des Computerprogramms Berechtigte

nicht auf die Rechte, die ihm durch § 40d Abs 2 UrhG im Hinblick auf die freie

Werknutzung am Computerprogramm gewährt werden, wirksam verzichten. Insoferne

ist die Vertragsautonomie der Parteien eingeschränkt. Eine allfällige

Verzichtsvereinbarung wäre gemäß § 879 ABGB nichtig. Zwar ist ein Verzicht auf die

durch § 40d Abs 2 UrhG gewährten Rechte nicht zulässig, sehr wohl zulässig sind

jedoch gem § 40d Abs 4 UrhG – wie oben bereits erwähnt – Vereinbarungen über den

Umfang der „bestimmungsgemäßen Benutzung“ des Computerprogramms iSd § 40d

Abs 2 UrhG.

120) Vgl in diesem Sinne auch Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 23 f SoftwareRL,

für Art 5 Abs 1 SoftwareRL; vgl weiters dazu auch Vinje, Softwarelizenzen im Lichte von Art 85 des EWG-Vertrages, CR 1993, 404.

121) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 24 SoftwareRL. 122) Bejahend Jaburek, Das Neue Software Urheberrecht – Praxis-Ratgeber für EDV-Anwender,

Entwickler und Händler (1993) 45 f, der erst ab „einer größeren Anzahl von Nutzern (100?)“ eine unzulässige öffentliche Aufführung annimmt; verneinend Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht, Art 5 Rz 25 SoftwareRL, der dies nur dann für zulässig erachtet, wenn die Softwarekopie ausdrücklich etwa als „Netzwerkversion“ oder „Serverlizenz“ bezeichnet ist, weil das Urheberrecht die Tendenz habe, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben sowie diesen angemessen an der Verwertung seines Werks zu beteiligen.

123) Art 5 Abs 1 SoftwareRL verwendet im gegebenen Zusammenhang allerdings nicht den Begriff „Anpassung“, sondern den Ausdruck „Fehlerberichtigung“. Hierzu halten die ErlRV UrhG-Nov 1993, abgedruckt in Dittrich, Urheberrecht3 178, fest, dass im UrhG statt des von der deutschen Fassung der SoftwareRL verwendeten Ausdrucks „Fehlerberichtigung“ in Anlehnung an die englische Fassung („adaptation“) der dem Zweck der Bestimmung besser gerecht werdende Ausdruck „Anpassung“ verwendet wird. Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 5 Rz 49 SoftwareRL, hält insoweit die Umsetzung der SoftwareRL allerdings nicht für richtlinienkonform. Er kritisiert, dass die englische Fassung der SoftwareRL nicht – wie in den ErlRV UrhG-Nov 1993 erwähnt – den Begriff „adaptation“ verwendet, sondern den engeren Ausdruck „error correction“, der mit dem Terminus „Fehlerberichtigung“ in der deutschen Fassung der SoftwareRL korrespondiere.

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4. Sicherungskopien

Genehmigungsfrei ist weiters nach § 40d Abs 3 Z 1 UrhG auch die Herstellung von

Vervielfältigungsstücken eines Computerprogramms für Sicherungszwecke

(Sicherungskopien)124). Diese freie Werknutzung steht gem § 40d Abs 3 Z 1 UrhG

allerdings nur der zur Benutzung des Computerprogramms berechtigten Person zu125)

und ist lediglich insoweit zulässig, als dies „für die Benutzung des Computerprogramms

notwendig“ ist.

Die Formulierung „für die Benutzung des Computerprogramms notwendig“126) in § 40d

Abs 3 Z 1 UrhG erscheint im Hinblick auf den mit dieser Bestimmung verfolgten

Zweck jedoch missglückt, weil für die eigentliche Benutzung eines

Computerprogramms eine Sicherungskopie nicht notwendig ist. Mit dieser

Formulierung sollte offenbar zum Ausdruck gebracht werden, dass Sicherungskopien

zulässig sind, wenn sie zur Gewährleistung der fortgesetzten Benutzbarkeit eines

Computerprogramms notwendig sind127). Mit einer Sicherungskopie ist nämlich

gewährleistet, dass der berechtigte Softwareanwender auch im Falle der Beschädigung

oder Zerstörung des Computerprogramms dieses – durch Rückgriff auf die

Sicherungskopie – weiterhin benutzen kann. Diesem Regelungszweck entsprechend

wird daher die Herstellung von Sicherungskopien lediglich dann notwendig und damit

zulässig sein, wenn die gelieferte Softwarekopie von Beschädigung und Zerstörung

bedroht ist und keine Sicherungskopie mitgeliefert wurde bzw nicht auf andere Weise

unverzüglich Ersatz beschafft werden kann128). Mit dem Erfordernis der

„Notwendigkeit“ einer Sicherungskopie soll die Gefahr der missbräuchlichen

Weitergabe von Sicherungskopien an Personen, die nicht zur Benutzung des

Computerprogramms berechtigt sind, eingedämmt werden.

124) Diese Bestimmung setzt Art 5 Abs 2 SoftwareRL um. 125) Wer zur Benutzung eines Computerprogramms berechtigt ist, s oben H.3. Bestimmungsgemäße

Benutzung durch den zur Benutzung Berechtigten. 126) Diese Formulierung des österreichischen Gesetzgebers entspricht sinngemäß jener des Art 5 Abs 2

SoftwareRL. 127) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 5 Rz 30 SoftwareRL. 128) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 5 Rz 30 SoftwareRL.

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FINA URHEBERRECHTSSCHUTZ VON COMPUTERPROGRAMMEN

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 40d Abs 3 Z 1 UrhG ist grundsätzlich auch

die Herstellung von mehreren Sicherungskopien zulässig. Nach dieser Bestimmung

muss dies allerdings „für die Benutzung des Computerprogramms notwendig“ sein. Die

Beweispflicht für die Notwendigkeit obliegt dem Softwareanwender.

Gem § 40d Abs 4 UrhG kann die zur Benutzung des Computerprogramms berechtigte

Person nicht auf das Recht zur Herstellung von Sicherungskopien verzichten. Eine

allfällige Verzichtsvereinbarung wäre auch in diesem Fall gem § 879 ABGB nichtig.

5. Beobachten, Untersuchen und Testen

Ferner darf die zur Benutzung eines Computerprogramms berechtigte Person gem § 40d

Abs 3 Z 2 UrhG auch ohne Zustimmung des Urhebers129) das Funktionieren des

Computerprogramms beobachten, untersuchen und testen, um die einem

Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn sie

dies durch Handlungen zum Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des

Computerprogramms tut, zu denen sie berechtigt ist. Gem § 40d Abs 4 UrhG kann die

zur Benutzung eines Computerprogramms berechtigte Person nicht auf die Rechte, die

ihr durch § 40d Abs 3 UrhG gewährt werden, verzichten. Eine Verzichtsvereinbarung

wäre gem § 879 ABGB nichtig.

6. Dekompilierung

a) Allgemeines

Da nach dem Konzept des UrhG grundsätzlich jede Vervielfältigung und Bearbeitung

eines Computerprogramms der Genehmigung durch den Urheber130) bedarf, ist auch die

Dekompilierung131) grundsätzlich zustimmungsbedürftig. § 40e UrhG132) sieht jedoch

unter gewissen Voraussetzungen ein eingeschränktes Recht auf Dekompilierung vor,

129) Siehe dazu auch G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme. 130) Siehe dazu auch G. Werknutzungsrechte und Werknutzungsbewilligungen für Computerprogramme. 131) Unter Dekompilierung, die auch als Reverse Engineering bezeichnet wird, wird allgemein jene

Tätigkeit verstanden, die ein zu einem früheren Zeitpunkt von einem Compiler generiertes, ablauffähiges Programm wieder in den Quellcode übersetzt (Irlbeck, Computer-Lexikon3 696). Zum technischen und wirtschaftlichen Hintergrund sowie zu den Möglichkeiten, Grenzen und Einsatzbereichen der Dekompilierung s ausführlich Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 7 ff SoftwareRL.

132) § 40e UrhG setzt Art 6 Abs 1 und 2 und Art 9 Abs 1 letzter Satz SoftwareRL um.

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das ohne Zustimmung des Urhebers am Computerprogramm ausgeübt werden kann133).

Die Dekompilierung ist insoferne eine weitere freie Werknutzungsart für

Computerprogramme. Gem § 40e Abs 3 UrhG kann auf das Recht der Dekompilierung

nicht wirksam verzichtet werden134). Eine Verzichtsvereinbarung wäre gem § 879

ABGB nichtig.

b) Dekompilierungsvoraussetzungen

§ 40e Abs 1 UrhG erlaubt nicht alle Dekompilierungshandlungen. Lediglich die

Vervielfältigung135) des Codes eines Computerprogramms und die Übersetzung seiner

Codeform sind nicht zustimmungsbedürftig136). Die Bearbeitung, das Arrangement und

andere Umarbeitungen eines Computerprogramms beispielsweise sind auch beim

Dekompilieren grundsätzlich genehmigungspflichtig. Diese Einschränkung der

zulässigen Dekompilierungshandlungen findet ihren Grund vornehmlich darin, dass für

die Gewinnung der Schnittstellen-Informationen eines Computerprogramms

grundsätzlich nur Vervielfältigungen und Übersetzungen notwendig sind. Nach Blocher

ist diese Einschränkung des § 40e Abs 1 UrhG auf Vervielfältigungen und

Übersetzungen jedoch nicht absolut zu verstehen, sondern „elastisch“ zu

interpretieren137). Es sei darauf abzustellen, welche Dekompilierungshandlungen für die

Schnittstellen-Informationsgewinnung unerlässlich sind; auch eine zu diesem Zweck

vorgenommene Umgestaltung und Umgruppierung von Code-Teilen etc kann daher

erlaubt sein138).

Gem § 40e Abs 1 UrhG darf die Dekompilierung allerdings nur dann genehmigungsfrei

durchgeführt werden, wenn folgende vier Voraussetzungen erfüllt sind:

133) Dies entspreche nach ErwG 21 SoftwareRL „anständigen Gepflogenheiten“. 134) Dies entspricht den Vorgaben des Art 9 Abs 1 letzter Satz SoftwareRL. 135) In Zusammenhang mit der Vervielfältigung des Codes sind allerdings alle

Vervielfältigungshandlungen zulässig, insb das Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen und Speichern (s Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 20 SoftwareRL).

136) Da § 40e Abs 1 UrhG begrifflich an die Vervielfältigung des „Codes“ bzw an die Übersetzung der „Codeform“ – und nicht an die Vervielfältigung und Übersetzung des „Computerprogramms“ – anknüpft, ist das Entwurfsmaterial eines Computerprogramms (s dazu auch oben B.1. Der Begriff des Computerprogramms) vom Dekompilierungsrecht des § 40e Abs 1 UrhG nicht miterfasst.

137) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 20 SoftwareRL. 138) Blocher stellt daher im Ergebnis bei der Beurteilung der Zulässigkeit von

Dekompilierungshandlungen auf den Normzweck des § 40e Abs 1 UrhG ab.

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Erstens müssen die Dekompilierungshandlungen gem § 40e Abs 1 Z 1 UrhG

unerlässlich sein, um die erforderlichen Informationen zur Herstellung der

Interoperabilität eines unabhängig geschaffenen Computerprogramms mit anderen

Computerprogrammen zu erhalten. Der Begriff „unerlässlich“ in § 40e Abs 1 Z 1 UrhG

indiziert, dass die Dekompilierung nur als letztes Mittel erlaubt ist, also nur dann, wenn

andere Mittel zur Beschaffung der erforderlichen Informationen nicht zur Verfügung

stehen oder nicht angemessen sind139). Damit wird ein absoluter und objektiver Maßstab

für die Beurteilung der Zulässigkeit der Dekompilierung festgelegt140). Im Zuge der

Dekompilierung dürfen weiters gem § 40e Abs 1 Z 1 UrhG nur solche Informationen

gewonnen werden, die für die Herstellung der Interoperabilität zwischen

Computerprogrammen unerlässlich sind. ErwG 11 SoftwareRL erhellt in diesem

Zusammenhang, dass es sich hierbei um die Gewinnung von Informationen über

Schnittstellen handelt, also um jene Teile eines Computerprogramms, die eine

Verbindung und Interaktion zwischen den Elementen von Software und Hardware

ermöglichen. Diese funktionale Verbindung und Interaktion wird gem ErwG 12

SoftwareRL allgemein als „Interoperabilität“ bezeichnet. Diese „Interoperabilität“ kann

daher nach ErwG 12 SoftwareRL als die Fähigkeit zum Austausch von Informationen

und zur wechselseitigen Verwendung der ausgetauschten Informationen definiert

werden. Es ist allerdings umstritten, ob die Dekompilierung auch für die Herstellung der

Interoperabilität von Software mit Hardware zulässig ist141), da sich § 40e Abs 1 Z 1

UrhG ausdrücklich nur auf die Herstellung der Interoperabilität von

Computerprogrammen „mit anderen Programmen“ bezieht, jedoch ErwG 11

SoftwareRL in Zusammenhang mit den Schnittstellen von der Verbindung und

Interaktion zwischen den Elementen von Software und Hardware spricht und ErwG 22

SoftwareRL fordert, dass die Verbindung aller Elemente eines Computersystems, auch 139) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 22 SoftwareRL; Lehmann, Die Europäische

Richtlinie über den Schutz von Computerprogrammen, GRUR Int 1991, 327; so auch Punkt 4.7. der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament vom 18.1.1991 betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates SEK(91) 87 endg, abgedruckt in GRUR Int 1991, 549.

140) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 22 SoftwareRL; Czarnota/Hart, Legal Protection of Computer Programs in Europa: A Guide to the EC Directive (1991) [Czarnota/Hart, Computer Programs] 77.

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solcher verschiedener Hersteller, ermöglicht werden soll, sodass sie zusammenwirken

können.

Zweitens dürfen Dekompilierungshandlungen gem § 40e Abs 1 Z 2 UrhG lediglich von

einer zur Verwendung des Vervielfältigungsstücks eines Computerprogramms

berechtigten Person142) oder in deren Namen von einer hiezu ermächtigten Person143)

vorgenommen werden144).

Drittens dürfen gem § 40e Abs 1 Z 3 UrhG die Informationen, die für die Herstellung

der Interoperabilität notwendig sind, den zur Dekompilierung berechtigten Personen

noch nicht ohne weiteres zugänglich gemacht worden sein145). Die Dekompilierung

eines Computerprogramms ist somit ausgeschlossen, wenn die Schnittenstellen-

Informationen des Computerprogramms zur Verfügung gestellt werden146). In diesem

Zusammenhang ist es bedeutungslos, wer die Schnittstellen-Informationen zugänglich

macht und wie sie zugänglich gemacht werden147). Strittig ist, ob die benötigten

Schnittstellen-Informationen „ohne weiteres zugänglich“148) sind, wenn sie der

Softwarehersteller gegen Entgelt anbietet149). Strittig ist auch, ob ein

141) Bejahend Marly, Computersoftware 322 ff; Lehmann, NJW 1991, 2112 FN 61. Verneinend Blocher

in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 46 SoftwareRL; Moritz, EC Competition Law Aspects and Software Licensing Agreements – A German Perspective, IIC 1994, 379.

142) Wer zur Verwendung eines Computerprogramms berechtigt ist, s im einzelnen oben 3. Bestimmungsgemäße Benutzung durch den zur Benutzung Berechtigten.

143) Dies setzt voraus, dass die zur Verwendung des Computerprogramms berechtigte Person die Zustimmung zur Dekompilierung erteilt und die Dekompilierung im Zusammenhang mit einer von dieser Person bzw für diese Person zu entwickelnden Software erfolgt (s Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 26 SoftwareRL).

144) Diese Dekompilierungsvoraussetzung kann in der Praxis dann zu besonderen Härten führen, wenn beispielsweise ein kleiner Softwarehersteller die volle Lizenzgebühr für eine teure Spezial-Software, die er nur zum Zwecke der Dekompilierung, also für die Ermittlung der Schnittstellen-Informationen für seine eigenen Software-Produkte, benötigt, entrichten muss, um zur Verwendung dieser Spezial-Software und damit zur Dekompilierung „berechtigt“ zu sein.

145) ErwG 26 SoftwareRL stellt aber auch klar, dass die SoftwareRL die Anwendbarkeit der Wettbewerbsregeln nach den Art 81 f EG unberührt lässt, wenn ein marktbeherrschender Anbieter den Zugang zu Informationen verweigert, die für die Interoperabilität notwendig sind.

146) Dies soll Softwarehersteller motivieren, die notwendigen Schnittstellen-Informationen offen zu legen bzw bei den Schnittstellen sich an allgemein anerkannte Standards zu halten. Damit soll die Entwicklung von offenen Standards und offenen Systemen gefördert werden.

147) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 27 SoftwareRL. 148) So Art 6 Abs 1 lit b SoftwareRL und § 40e Abs 1 Z 3 UrhG. 149) Bejahend Czarnota/Hart, Computer Programs 80; Pearson/Miller/Turtel, Commercial Implications

of The European Software Copyright Directive, The Computer Lawyer 8/11 (1991) 13. Verneinend Lehmann, Die Europäische Richtlinie über den Schutz von Computerprogrammen, in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen2 (1993) [Lehmann in Lehmann,

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Softwareentwickler zuerst beim Rechtsinhaber des Computerprogramms um

Zugänglichmachung der notwendigen Schnittstellen-Informationen ansuchen muss150).

Viertens müssen die Dekompilierungshandlungen gem § 40e Abs 1 Z 4 UrhG auf jene

Teile des Computerprogramms beschränkt werden, die zur Herstellung der

Interoperabilität notwendig sind. Sofern nicht feststellbar ist, wo die benötigten

Schnittstellen-Informationen im Computerprogramm verborgen sind151), darf zunächst –

im Zuge der Suche nach diesen Schnittstellen-Informationen – das gesamte

Computerprogramm dekompiliert werden, soweit dies notwendig ist152). Sobald jedoch

feststeht, in welchen Teilen des Computerprogramms sich die gesuchten Schnittstellen-

Informationen befinden, haben sich alle weiteren Dekompilierungshandlungen auf diese

Programm-Teile zu beschränken.

c) Verwendungs- und Weitergabebeschränkungen

Während § 40e Abs 1 UrhG die Voraussetzungen normiert, unter denen eine

Dekompilierung erfolgen darf, sieht § 40e Abs 2 UrhG Beschränkungen für die

Verwendung der bei der Dekompilierung gewonnenen Informationen vor. Von den

Verwendungsbeschränkungen des § 40e Abs 2 UrhG ausgenommen sind allerdings jene

„Informationen“, die zu den Ideen und Grundsätzen zählen, da diese allgemein nicht

urheberrechtlich schutzfähig sind153). Der Begriffsumfang des inhaltlich weiten

Ausdrucks „Informationen“ in § 40e Abs 2 UrhG ist somit teleologisch zu reduzieren.

Rechtsschutz von Computerprogrammen2] 20 ff Rz 21. Vgl weiters dazu auch Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 28 SoftwareRL.

150) Bejahend Schulte, Der Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes – Ausgewählte Auslegungsfragen der EG-Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, CR 1992, 650; so wohl auch Czarnota/Hart, Computer Programs 80. Verneinend Vinje, Die EG-Richtlinie zum Schutz von Computerprogrammen und die Frage der Interoperabilität, GRUR Int 1992, 257; Haberstumpf, Der urheberrechtliche Schutz von Computerprogrammen, in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen2 (1993) 163 f Rz 174. Vgl weiters dazu auch Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 28 und FN 419 und 420 SoftwareRL.

151) Vgl dazu auch Czarnota/Hart, Computer Programs 80; Ehrlich, Comment: Fair Use or Foul Play? The EC Directive on the Legal Protection of Computer Programs and Its Impact on Reverse Engineering, Pace Law Review 1994, 1012; Johnson-Laird, Reverse Engineering of Software: Separating Legal Mythology From Actual Technology, Software Law Journal 1992, 345; Lehmann in Lehmann, Rechtsschutz von Computerprogrammen2 20 ff; Marly, Computersoftware 319.

152) Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 29 SoftwareRL. 153) So auch Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 32 SoftwareRL.

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Gem § 40e Abs 2 Z 1 UrhG dürfen die im Zuge der Dekompilierung gewonnenen

Informationen nur für die Herstellung der Interoperabilität eines unabhängig

geschaffenen Computerprogramms verwendet werden. § 40e Abs 2 Z 2 UrhG normiert

zudem ein Informationsweitergabeverbot. Nach dieser Bestimmung dürfen die

dekompilierten Informationen nämlich nur dann an Dritte weitergegeben werden, wenn

dies für die Interoperabilität des unabhängig geschaffenen Computerprogramms

notwendig ist154). Weiters dürfen die dekompilierten Informationen gem § 40e Abs 2 Z

3 UrhG nicht für die Entwicklung, Vervielfältigung oder Verbreitung eines

Computerprogramms mit „im wesentlichen ähnlicher Ausdrucksform“ verwendet

werden. Insoweit ist die Verwendung von dekompilierten Informationen für die

Herstellung eines Konkurrenz-Computerprogramms unzulässig. Sehr wohl dürfen diese

Informationen hingegen für Konkurrenz-Computerprogramme mit gleicher oder im

Wesentlichen ähnlicher „Funktion“ verwendet werden155). Abschließend hält § 40e Abs

2 Z 3 UrhG allgemein fest, dass die dekompilierten Informationen nicht für andere, das

Urheberrecht verletzende Handlungen verwendet werden dürfen.

I. Schutz technischer Programmschutzmechanismen

Die UrhG-Nov 2003 fügte mit § 90b auch eine Bestimmung zum Schutz von

technischen Mechanismen, die dem Schutz von Computerprogrammen dienen, in das

UrhG ein156). Nach dieser Bestimmung kann der Inhaber eines – auf dem UrhG

gegründeten – Ausschließlichkeitsrechts an einem Computerprogramm, der sich

technischer Maßnahmen zum Schutz des Computerprogramms bedient, auf

Unterlassung und Beseitigung des rechtswidrigen Zustands klagen, wenn Mittel in

Verkehr gebracht oder zu Erwerbszwecken besessen werden, die allein dazu bestimmt

154) Vgl dazu auch Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 40 ff SoftwareRL;

Czarnota/Hart, Computer Programs 81; Marly, Computersoftware 320. 155) Siehe Blocher in Walter, Europäisches Urheberrecht Art 6 Rz 43 SoftwareRL; Vinje, GRUR Int

1992, 258. 156) Mit § 90b UrhG wird Art 7 Abs 1 lit c SoftwareRL umgesetzt. Die UrhG-Nov 1993 hatte diese

Bestimmung der SoftwareRL ausschließlich durch die Einfügung eines entsprechenden Straftatbestandes in § 91 Abs 1a UrhG umgesetzt (s ErlRV UrhG-Nov 2003). Mit der UrhG-Nov 2003 wurde § 91 Abs 1a UrhG aufgehoben und der entsprechende Straftatbestand in § 91 Abs 1 UrhG eingefügt.

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sind, die unerlaubte Beseitigung oder Umgehung dieser technischen Mechanismen zu

erleichtern157).

J. Schutzdauer

Computerprogramme sind zeitlich nicht unbegrenzt urheberrechtlich geschützt. Gem §

60 UrhG endet die urheberrechtliche Schutzdauer für Werke der Literatur, zu denen ja

auch die Computerprogramme zählen (§ 2 Z 1 UrhG), siebzig Jahre nach dem Tode des

Urhebers bzw des letztlebenden Miturhebers158). Dies entspricht Art 1

SchutzfristenRL159). Bei der Berechnung der Schutzfrist ist gem § 64 UrhG das

Kalenderjahr, in dem die für den Beginn der Frist maßgebliche Tatsache eingetreten ist,

nicht mitzuzählen. Aufgrund der raschen technologischen Entwicklung haben diese

Schutzfristen allerdings für Computerprogramme keine große praktische Bedeutung, da

ein Computerprogramm in der Regel schon nach wenigen Jahren überholt ist. Für jede

Up-date-Version eines Computerprogramms beginnt die Schutzfrist von neuem zu

laufen.

157) Hingewiesen sei im gegebenen Zusammenhang, dass im Kontext der Regelung des § 90b UrhG

auch die §§ 81, 82 Abs 2-6, 85, 87 Abs 1 und 2, 87a Abs 1, 88 Abs 2, 89 und 90 UrhG entsprechend gelten.

158) Diese Regelung wurde in Österreich mit der UrhG-Nov 1972, BGBl 1972/492, eingeführt. 159) Richtlinie 93/98/EWG des Rates vom 29.10.1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des

Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte, ABl L 290 v 24.11.1993, 9. Hingewiesen sei im gegebenen Zusammenhang auch, dass ursprünglich Art 8 Abs 1 SoftwareRL eine kürzere Schutzdauer für Computerprogramme festsetzte, die die Lebenszeit des Urhebers sowie 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers bzw des letzten lebenden Miturhebers umfasste. Art 8 Abs 2 SoftwareRL erlaubte den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft jedoch die Beibehaltung einer allfälligen höheren Schutzdauer. Art 8 SoftwareRL wurde durch die SchutzfristenRL aufgehoben.

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