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Derivate - Futures und Forwards Seminar aus Finanz- und Versicherungmathematik Mona Seirlehner 26. Februar 2012

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Derivate - Futures und ForwardsSeminar aus Finanz- und Versicherungmathematik

Mona Seirlehner

26. Februar 2012

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Inhaltsverzeichnis

1 Derivate 31.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.1.1 Arten von Derivaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2 Verwendung von Derivaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.2.1 Hedging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.2.2 Arbitrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.2.3 Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2 Futures 92.1 Spezifikation eines Futures-Kontrakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.2 Margins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.3 Unterschiede zwischen Forwards und Futures . . . . . . . . . . . . . . . . 112.4 Absicherungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.4.1 Grunde fur und gegen Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.4.2 Basisrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.4.3 Cross Hedging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.4.4 Absicherung eines Aktienportfolios . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2.5 Bestimmung von Forward- und Futures-Preisen . . . . . . . . . . . . . . 162.5.1 Forward Preis fur Investitionsguter . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.5.2 Forwards auf Rohstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182.5.3 Wert eines Forward-Kontraktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.5.4 Zusammenhang von Forward- und Futures-Kursen . . . . . . . . . 21

3 Bilanzierung von Derivaten 23

Literaturverzeichnis 26

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1 Derivate

1.1 Definition

Derivate sind Finanzinstrumente, deren Wert von kunftigen Kursen oder Preisen an-derer Handelsguter, Vermogensgegenstanden oder von marktbezogenen Referenzgroßen(Zinssatze, Indices) abhangt. Der Begriff Derivat lasst sich allerdings nicht genau ab-grenzen. Eine mogliche Definition ist die folgende nach IAS 39.9 1.Nach IAS 39.9 gelten Finanzinstrumente als Derivate, wenn alle drei der folgendenBedingungen erfullt sind:

• Der Wert des betreffenden Finanzinstruments schwankt in Abhangigkeit von einemoder mehreren Basiswert(en).

• Das betreffende Finanzinstrument erfordert im Vergleich zu anderen Vertragsfor-men keine oder nur eine geringe Anfangsinvestition.

• Das Finanzinstrument wird in der Zukunft abgewickelt bzw. erfullt werden.

Als Basiswert (underlying) eines Derivats kommen z.B. Zinssatze, Wertpapiere,Wechselkurse, Bonitatsrankings, Kreditindizes oder nichtfinanzielle Variablen infrage.

Die weltweit großte Terminborse (nach Handelsvolumen)ist die Chicago MercantileExchange (CME), die großte europaische die European Exchange (Eurex). Weiteregroße Terminborsen sind die sudkoreanische Korea Exchange (KRX), die NYSE Euro-next (entstanden aus der Fusion der europaischen Euronext und der New York StockExchange) und die Chicago Board Options Exchange (CBOE).Derivate sind keine Erfindung des letzten Jahrhunderts. Die ersten Termingeschafte aufOliven wurden bereits 500 v. Chr. durchgefuhrt. Im 17. Jahrhundert wurden dann inHolland erstmals Derivate in großem Ausmaß auf Tulpen verkauft. Zu diesem Zeitpunktwaren Tulpenzwiebel wertvoller als Gold oder Edelsteine (diese Zeit wird auch als Tul-penmanie bezeichnet). Das fuhrte dazu, dass die Tulpenpreise 1637 in exorbitante Hohenschossen, was die Anleger dazu bewegte, zu verkaufen. Die Preise brachen daraufhin zu-sammen. Dies fuhrte zu einer schweren Wirtschaftskrise (erste Spekulationsblase derGeschichte). 2

Der Handel mit Derivaten hat sich in den letzten Jahren schneller als bei allen anderenFinanzinstrumenten entwickelt: im Janner 2002 wurde mit 65 Millionen Kontrakten

1International Accounting Standards2http://www.4finance.ch/literatur/derivatgeschichte.pdf

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1 Derivate

an der Eurex gehandelt; im Janner 2012 wurden taglich durchschnittlich 8,2 MillionenKontrakte (gesamt im Janner 2012 174,1 Millionen Kontrakte) gehandelt 3.

1.1.1 Arten von Derivaten

Derivate konnen in folgende Kategorien unterteilt werden: 4

• Swaps: Bilaterale Vereinbarung uber Tausch von Zahlungsstromen

• Termingeschafte: Eine fur beide Vertragspartner bindende Verpflichtung zur Lie-ferung bzw. Abnahme einer bestimmten Menge eines Gegenstandes in vereinbarterQualitat zu einem festgesetzten Zeitpunkt zu einem bei Vertragsabschluss festge-setzten Preis. 5.Wesentliches Merkmal eines Termingeschaftes ist, dass Vertragsabschluss und Preis-festlegung einerseits sowie Lieferung und Bezahlung andererseits zeitlich nicht zu-sammenfallen.

Termingeschafte lassen sich wiederum folgendermaßen auf zwei Arten unterteilen (sie-he auch Abbildung 1.1):

• Standardisiert:werden an Terminborsen gehandelt(Futures bzw. Optionen)

• Nicht standardisiert:außerborslich, OTC-Geschafte (overthe counter) (Forward bzw. OTC-Optionen)

• Mit Wahlrecht (unbedingt):Beide Vertragsparteien mussen beiFalligkeit die Vertragspflicht erfullen

• Ohne Wahlrecht (bedingt):Eine der beiden Vertragsparteien ent-scheidet, ob das Tauschgeschaft aus-gefuhrt wird.

Abbildung 1.1: Unterteilung von Termingeschaften

3 [EUREX] Monatsstatistiken Janner 2002 und Janner 20124 [JM] S. 471f.5Geyer Ch., Uttner V.: Praxishandbuch Borsentermingeschafte, 2007, S.18

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1 Derivate

Forward 6

Bei einem Forward-Kontrakt handelt es sich um eine Vereinbarung, ein Gut zu einembestimmten zukunftigen Zeitpunkt zu einem festgesetzten Preis zu kaufen bzw. zu ver-kaufen (Gegenstuck dazu ist das Kassageschaft, bei dem das Gut sofort zum jetzigenKurs verkauft bzw. gekauft wird). Forwards werden außerborslich gehandelt, großteilszwischen Finanzinstituten.Eine der beiden Vertragsparteien verpflichtet sich das Underlying zu einem festgesetz-ten Zeitpunkt zum festgelegten Preis zu kaufen (Long-Position), die andere Parteiverpflichtet sich dazu, dass Gut zu den festgelegten Bedingungen zu verkaufen (Short-Position).Forward-Kontrakte werden unter anderem haufig zur Absicherung gegen Wahrungsrisi-ken verwendet.Beispiel: Man weiß, dass man in einem halben Jahr eine Million USD zahlen muss,und mochte sich gegen mogliche Wechselkursschwankungen absichern, indem man sichzum Kauf von einer Million USD in sechs Monaten zu einem festgesetzen Preis ver-pflichtet (Long-Position in dem Forward-Kontrakt).

Auszahlung eines Forward-VertragesAuszahlung bei Long-Position zum Zeitpunkt T wobei ST den Spotkurs zum ZeitpunktT bezeichnet und K den bei Vertragsabschluss festgesetzten Preis:

ST −K

Auszahlung bei Short-Position:K − ST

Bei Forward-Kontrakten kann es also sowohl zu einer positiven als auch zu einer negati-ven Auszahlung kommen. Weiters ist die Auszahlung am Ende auch der Gesamtgewinnbzw. -verlust, da der Abschluss eines solchen Termingeschaftes nichts kostet.

Futures

Ein Futures-Kontrakt ist ebenfalls eine Vereinbarung ein bestimmtes Gut zu einem be-stimmten zukunftigen Zeitpunkt zu einem festgelegten Preis zu kaufen bzw. zu verkaufen.Allerdings werden Futures im Gegensatz zu Forward-Kontrakten an einer Borse gehan-delt. Deren einheitliche Merkmale werden von der Borse festgelegt. Im Gegensatz zumForward-Kontrakt ist es bei einem Future moglich, dass sich die beiden Vertragsparteiennicht kennen, deshalb stellt die Borse einen Mechanismus bereit, der die Erfullung desKontraktes beiderseits garantiert.Preise von Futures-Kontrakten werden regelmaßig veroffentlicht und angepasst (hier be-stimmen Angebot und Nachfrage den Preis).

6 [JH] S. 26ff.

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1 Derivate

Option

Optionen konnen sowohl an der Borse als auch außerborslich (OTC) gehandelt werden.Man unterscheidet zwischen Call-Option (gibt dem Besitzer das Recht das Underlyingan oder bis zu einem gewissen Zeitpunkt zu einem festgesetzten Kurs zu kaufen) undPut-Option (gibt dem Besitzer das Recht das Underlying an oder bis zu einem gewis-sen Zeitpunkt zu einem festgesetzten Kurs zu verkaufen).Amerikanische Optionen konnen bis zum festgelegten Zeitpunkt ausgeubt werden, wahrendeuropaische Optionen nur zu diesem Zeitpunkt ausgeubt werden konnen.Optionen geben dem Inhaber das Recht (nicht die Pflicht) etwas zu kaufen bzw. zuverkaufen, er muss dieses Recht allerdings nicht ausuben. Dies unterscheidet sie vonForward- und Futures-Kontrakten, bei welchen es kein Wahlrecht gibt. Der Erwerb ei-ner Option verursacht Kosten, allerdings kann es bei Optionen im Gegensatz zu Futuresund Forwards nicht zu einer negativen Auszahlung kommen.Fur die Auszahlung CT einer europaischen Call-Option gilt

CT = (ST −K)+,

wobei x+ definiert ist als max(0, x).Fur die Auszahlung PT einer eurpaischen Put-Option gilt

PT = (K − ST )+.

Weiters konnen Derivate nach Art des zugrunde liegenden Basiswertes unterschiedenwerden:

• Zinsbezogen:Zinsswaps, Zinsoptionen, Forward Rate Agreement, Caps, Floors, . . .

• Wahrungsbezogen:Devisenfutures, Devisenoptionen, Cross Currency Swaps, . . .

• Aktien- bzw. Indexbezogen:Aktienfutures, Indexfutures, Aktienoptionen, Indexoptionen, Aktienswaps, Indexswaps

• sonstige Geschafte:Rohstofftermingeschaft, Kredit Derivate (Credit Default Swap bzw. Options), Wet-terderivate, . . .

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1 Derivate

1.2 Verwendung von Derivaten

Auf den Derivatemarkten kann man die Handler in drei große Kategorien einteilen:

Absicherer (oder Hedger) benutzen Futures, Forwards und Optionen, um das Risiko,dass sich aus einer moglichen zukunftigen Veranderung einer Marktvariable ergibt,auszugleichen.

Arbitrageure nehmen ausgleichende Positionen in zwei oder mehreren Papieren ein, umeinen Gewinn zu erreichen.

Spekulanten benutzen Derivate um auf die Entwicklung einer Marktvariable zu wetten.

1.2.1 Hedging

Bei der Absicherung kommt es zu grundlegenden Unterschieden zwischen dem Gebrauchvon Forwards und dem von Optionen.Forward-Kontrakte sollen das Risko neutralisieren, indem der Preis, den man fur dasbetreffende Gut bezahlt bzw. erhalt, festgesetzt wird (hier kann es durch die Absiche-rung auch zu einem schlechteren Ergebnis als ohne Absicherung kommen).Bei der Verwendung von Optionskontrakten kann man sich vor ungunstigen Kursent-wicklungen schutzen, wahrend man von gunstigen Entwicklungen profitieren kann (al-lerdings verlangen Optionskontrakte im Gegensatz zu Forwards die Zahlung der Opti-onspramie im Voraus).

1.2.2 Arbitrage

Arbitrage zielt auf die Realisierung eines risikolosen Gewinnes durch die gleichzeiti-ge Ausubung von Transaktionen auf mehreren Markten. Arbitrage ist beispielsweisemoglich, wenn der Futures-Kurs nicht mehr im Einklang mit dem Spotkurs ist.Beispiel:eine Aktie wird an zwei Borsen (an unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichenWahrungen) gehandelt, Arbitrage ist moglich, wenn der Preis an den beiden Borsen nichtmit dem aktuellen Wechselkurs zusammenpasst:Preis bei Borse A: 200 A; Preis bei Borse B: 100 B; Wechselkurs: 1A = 2, 03 B;Arbitrageur kauft 100 Aktien in A und verkauft sie in B: Gewinn= 100·[(2, 03·100)−200],also insgesamt 300 ASolche Arbitragemoglichkeiten konnen nicht lange genutzt werden, da Arbitrageure, diein A Aktien kaufen, den Kurs in A in die Hohe treiben, wahrend der Kurs dazu analog inB fallt, was insgesamt zu einer Angleichung der beiden Preise passend zum Wechselkursfuhrt. Also fuhrt schon die Existenz von Arbitrageuren in der Praxis dazu, dass es nursehr kleine Arbitragemoglichkeiten gibt.

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1 Derivate

1.2.3 Spekulation

Wahrend Absicherer sich gegen ungunstige Kursentwicklungen schutzen wollen, mochtenSpekulanten eine bestimmte Position am Markt einnehmen. Sie setzen auf steigendenKurs bzw. fallenden Kurs.Dabei nutzen sie die vergleichsweise geringen Anschaffungskosten und die Hebel-wirkung (Leverage) von Derivaten. Bei Futures sind potentielle Verluste und potentielleGewinne sehr groß, bei Optionen ist der Verlust auf die Optionskosten beschrankt, un-abhangig davon wie schlecht die Kursentwicklungen fur einen sind.Beispiel:Momentaner Aktienkurs: 20 $; Kaufoption zum Ausubungspreis 22,5 $ kostet 1 $;Gewinnunterschiede beim Kauf von 100 Aktien oder 2000 Kaufoptionen: Abbildung1.2

Abbildung 1.2: Hebelwirkung von Optionen

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2 Futures 1

Wie bereits in Kapitel 1.1.1 auf Seite 5 erwahnt wurde, werden von Borsen gewisseStandards fur Futures festgelegt, die garantieren sollen, dass die Kontrakte beiderseitserfullt werden.

2.1 Spezifikation eines Futures-Kontrakts

UnderlyingBei dem zugrunde liegenden Basiswert kann es sich um Finanzguter oder aber auchum Rohstoffe handeln. Wahrend Finanzguter im Allgemeinen eindeutig definiert sind,konnen speziell bei Rohstoffen Qualitatsunterschiede auftreten. Deshalb ist es notig, dassdie jeweilige Borse Qualitatsstandards festlegt. Es kann vorkommen, dass fur ein Pro-dukt mehrere Qualitatsstufen definiert werden, dann hangt der Futures-Preis von dergewahlten Qualitatsstufe ab.

KontraktgroßeDie Kontraktgroße legt fest, welche Menge des Underlying geliefert werden muss. Siesoll nicht zu hoch sein, da dann Anleger, die sich gegen kleine Risiken absichern wol-len, an dieser Borse nicht handeln konnen bzw. wollen. Andererseits sollte sie auchnicht zu klein sein, da dies zu hohen Kosten fur die Anleger fuhrt, da jeder gehandelteKontrakt Kosten verursacht. Die Kontraktgroße hangt von dem jeweiligen Underlyingab (Landwirtschafts-Futures haben kleinere Kontraktgroßen als beispielsweise Finanz-Futures).

LieferortAuch der Lieferort wird von der Borse festgelegt, insbesondere fur Rohstoffe mit hohenLieferkosten ist das wichtig.

LiefermonatDer Liefermonat legt einen Futures-Kontrakt fest, es wird auch festgelegt, wann genaudie Lieferung zu erfolgen hat, meistens ist der gesamte Monat Lieferzeitraum.

PreisangabeDie Borse legt den Preis fur den Futures-Kontrakt fest und veroffentlicht ihn. Wie genauer festgelegt wird, hangt von der jeweiligen Borse und dem Underlying ab.

1 [JH] S. 48ff.

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2 Futures

Preis- und PositionsgrenzenDie Borse legt fur viele Kontrakte Grenzen fur die taglichen Preisschwankungen fest.Falls das Preislimit erreicht wird, wird der Handel fur diesen Tag ausgesetzt. Die Borsehat in einigen Fallen auch Moglichkeiten die Grenzen zu andern. Die Preislimits sollengroße Preisschwankungen infolge von Spekulationen verhindern. Sie sind allerdings um-stritten, da sie zu kunstlichen Hindernissen fur den Handel werden konnen.Positionsgrenzen legen die maximale Anzahl an Kontrakten fest, die ein Spekulant einge-hen kann. Sie sollen unerwunschten Einfluss von Spekulanten auf den Markt verhindern.

Obwohl von jeder Borse, an der Futures gehandelt werden, genaue Details zur Lieferungdes Underlying festgelegt werden, kommt es meistens gar nicht zur Lieferung. Der Groß-teil der Handler schließt seine Position vor dem festgelegten Liefertermin.Das Schließen einer Position bedeutet, dass man den zum ursprunglichen Geschaftentgegengesetzten Handel tatigt (bei Kauf eines Futures-Kontrakts ist das der Verkaufeines Futures-Kontrakts mit gleichem Underlying und selbem Liefermonat).

2.2 Margins

Jeder Futures-Kontrakt bringt das Risiko mit sich, dass eine der beiden Parteien ausdem Vertrag aussteigen mochte oder am Ende der Laufzeit nicht bezahlen kann. Daherwurden sogenannte Margin-Konten (Einschusskonten) eingefuhrt.Der Anleger muss bei Abschließen eines Futures-Kontrakts Kapital auf dem Margin-Konto anlegen. Diese Ersteinzahlung bezeichnet man als initial margin. Am Endejeden Borsentages wird das Margin-Konto angepasst und weist Gewinn bzw. Verlustdes jeweiligen Anlegers aus (Marking to Market, Bewertung zu Marktpreisen). DerAnleger kann jenen Betrag auf seinem Margin-Konto, der uber der initial margin liegt,abheben. Falls der Betrag auf dem Konto unter den Mindestsaldo (Maintenance Mar-gin) fallt, erhalt der Anleger eine Nachschussforderung (Margin Call). Die MaintenanceMargin betragt meistens ungefahr 75% der Initial Margin. Das tagliche Anpassen desMargin-Kontos fuhrt dazu, dass Futures nicht am Ende ihrer Falligkeit glattgestellt wer-den, sondern jeden Tag.Durch die Kapitalhinterlegung auf dem Margin-Konto entstehen den Anlegern keineKosten, da von den meisten Brokern Zinsen auf Marktniveau gezahlt werden.Die Borse legt Mindesthohen fur Initial Margin und Maintenance Margin fest, Brokerkonnen jedoch hohere Betrage von ihren Kunden verlangen. Die Hohe der Margins hangtvon der Variabilitat der Kurse des Underlying ab (hohere Variabilitat fuhrt zu hoherenMargins). Weiters haben Kunden, die Futures zum Zweck der Absicherung verwenden,niedrigere Margins als beispielsweise Spekulanten, da bei Kunden, die Futures zur Ab-sicherung besitzen, das Ausfallsrisiko als geringer eingestuft wird.

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2 Futures

2.3 Unterschiede zwischen Forwards und Futures

Sowohl Forward- als auch Futures-Vertrage verpflichten die Parteien zur Lieferung/Bezahlungeines bestimmten Gutes zu einem festgelegten zukunftigen Zeitpunkt zum festgesetztenPreis. Zwischen diesen beiden Vertragen gibt es allerdings auch entscheidende Unter-schiede:

Futures

• Handel an der Borse

• Standardisiert

• tagliche Abrechnung

• meistens Schließen des Vertrages vorFalligkeit

• quasi kein Kreditrisiko

Forwards

• privater Vertrag

• Nicht standardisiert

• Abrechnung bei Vertragsende

• meistens Lieferung oder bare Endab-rechnung

• geringes Kreditrisiko

2.4 Absicherungsstrategien

Unternehmen, die Futures zur Absicherung eines Risikos erwerben, versuchen dieses Ri-siko bestmoglich auszugleichen. Dazu unterscheidet man zwischen:

Short Hedge (Verkaufsabsicherung)Short Hedge wird dann verwendet, wenn der Anleger weiß, dass er in der Zukunft einAsset, das er bereits besitzt, verkaufen wird und er sich gegen Preisschwankungen (nachunten) absichern will. Der Anleger nimmt die Short-Position in einem Futures-Vertragein.Beispiel: Ein Unternehmen weiß, dass es 10.000 $ gewinnt, wenn der Rohstoffpreisum 1 Cent steigt und 10.000 $ verliert, wenn der Preis um 1 Cent sinkt. Zur Absi-cherung nimmt das Unternehmen die Short Position in einem Futures-Vertrag ein, derzum gegenteiligen Ergebnis fuhrt (Verlust, wenn Preis steigt und Gewinn, wenn Preissinkt). Falls nun der Rohstoffkurs sinkt, gleicht der Gewinn aus dem Futures-Kontraktden Verlust aus dem Unternehmensgeschaft aus. Wenn hingegen der Kurs steigt, wirdder Gewinn aus dem Unternehmensgeschaft durch den Verlust aus dem Futures-Geschaftneutralisiert.

Long Hedge (Kaufabsicherung)Hier wird vom Anleger, der in Zukunft ein Asset kaufen will, die Long-Position in einemFutures-Kontrakt eingenommen. Ein Long-Hedge bietet sich an, wenn ein Unternehmenweiß, dass es eine bestimmte Ware zu einem bestimmten zukunftigen Zeitpunkt kaufenwird, und deren Preis bereits jetzt verlasslich fixieren will. Weiters kann ein Long Hedgesinnvoll sein, wenn der aktuelle Spotkurs uber dem Futures-Kurs liegt und die Lagerung

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2 Futures

des Assets, das erst in der Zukunft benotigt wird, Kosten verursacht (insbesonders beiRohstoffen).

2.4.1 Grunde fur und gegen Absicherung

Obwohl es zahlreiche Grunde fur Absicherung (Schutz vor Preisschwankungen, Ande-rungen von Zinssatzen oder Wechselkursen, etc.) gibt, werden viele Risiken in der Praxisnicht abgesichert. Auch fur die Nichtabsicherung sprechen einige Argumente:

KonkurrentenWenn es in einer Branche nicht ublich ist, sich abzusichern, kann es sein, dass es fur dasUnternehmen nicht von Vorteil ist, dass es sich anders als seine Mitbewerber verhalt.Der Konkurrenzdruck innerhalb dieses Wirtschaftszweiges kann dazu fuhren, dass sichdie Preise der Produkte wie die Rohstoffpreise, Wechselkurse, Zinssatze verhalten. Dasfuhrt dazu, dass bei Nichtabsicherung (NA) die Gewinnspanne konstant bleibt, mit Ab-sicherung (A) hingegen schwankt sie (Beispiel in Tabelle 2.1):

Rohstoffpreis Produktpreis Gewinnspanne (NA) Gewinnspanne (A)Steigt Steigt Konstant SteigtSinkt Sinkt Konstant Sinkt

Tabelle 2.1: Beispiel

Vor einer Absicherung gegen Preisschwankungen ist es sinnvoll, die allgemeine Situa-tion und auch die Auswirkungen von etwaigen Kursanderungen auf die Ertragslage desUnternehmens zu betrachten.

Schlechteres UnternehmensergebnisEine Absicherung durch Futures kann auch dazu fuhren, dass sich der Unternehmensge-winn im Vergleich zur Nichtabsicherung verringert. Wie im Beispiel unter Short-Hedgebehandelt, kommt es bei einer eigentlich positiven Kursentwicklung fur das Unternehmen(steigender Rohstoffpreis) zu einer Neutralisierung des Gewinnes durch die Verpflichtun-gen aus dem Futures-Kontrakt.

2.4.2 Basisrisiko

Bei den bisherigen Absicherungen waren sowohl der genaue Zeitpunkt bekannt, wanndas Asset verkauft/gekauft werden sollte, weiters war es moglich durch einen Futures-Kontrakt, das gesamte Risiko, welches vom Preis des Produktes an diesem Tag ausgeht,auszugleichen. In der Praxis ist dies nicht so einfach mogliche, da:

• Das Asset, das man absichern will, nicht dem Underlying aus dem Futures-Kontraktentspricht.

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2 Futures

• Der genaue Zeitpunkt, wann gekauft bzw. verkauft wird, nicht bekannt ist.

• Die Absicherung kann erfordern, dass der Futures-Vertrag weit vor dem Lauf-zeitende geschlossen wird.

Diese Probleme fuhren zur Einfuhrung des sogenannen Basisrisikos.Die Basis einer Absicherung ist definiert als

Basis = Spotkurs des abzusichernden Assets − Futures-Kurs des verwendetenKontraktes

Wenn das abzusichernde Asset dem Underlying aus dem Futures-Vertrag entspricht, solldie Basis bei Falligkeit des Futures null sein.Spotkurs und Futureskurs andern sich wahrend der Laufzeit nicht notwendigerweise umden selben Betrag, das fuhrt zu einer Veranderung der Basis.

Notation:Si . . . Spotkurs zum Zeitpunkt tiFi . . . Futures-Kurs zum Zeitpunkt tibi . . . Basispreis zum Zeitpunkt ti

Wir nehmen an, dass die Absicherung bei t1 beginnt und bei t2 endet. Es gilt

b1 = S1 − F1 und b2 = S2 − F2

Angenommen ein Unternehmen weiß, dass es die Ware zum Zeitpunkt t2 verkaufenwird. Es geht daher zum Zeitpunkt t1 einen Futures-Kontrakt in Short-Position ein.Der tatsachlich erzielte Ertrag aus dem Verkauf der Ware ist S2, der Gewinn aus demFutures-Vertrag ist F1 − F2. Gesamt ergibt sich:

S2 + F1 − F2 = F1 + b2

F1 ist zum Zeitpunkt t1 bekannt, b2 ist noch nicht bekannt. Das Absicherungsrisikobesteht in der mit b2 verbundenen Unsicherheit und wird als Basisrisiko bezeichnet.Wenn ein Unternehmen andererseits weiß, dass es die Ware zum Zeitpunkt t2 kaufenwird, wird es zum Zeitpunkt t1 einen Futures-Kontrakt in Long-Position abschließen.Der insgesamt tatsachlich gezahlte Preis inklusive Absicherung betragt dann

S2 + F1 − F2 = F1 + b2,

wobei F1 − F2 der Verlust aus der Absicherung ist. Auch hier stellt b2 das Basisrisikodar.Das Basisrisiko kann sowohl zu einer Verschlechterung als auch zu einer Verbesserungdes Ergebnisses beitragen: Beim Short-Hedge verbessert sich die Lage fur den Absichererbei großer Basis, wahrend sie sich bei kleiner Basis verschlechtert. Fur einen Absichererin Long-Position gilt das Gegenteil.

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2 Futures

Wenn das Asset, das fur das Unternehmen ein Verlustrisiko mit sich bringt, verschiedenvom Underlying des zur Absicherung verwendeten Futures-Kontrakts ist, ist das Basis-risiko großer. Sei S∗

2 der Preis des Underlying zum Zeitpunkt t2. Durch die Absicherungstellt das Unternehmen sicher, dass der zu zahlende bzw. zu erhaltende Preis fur dasAsset S2 + F1 − F2 betragt. Dies kann man als

F1 + (S∗2 − F2) + (S2 − S∗

2)

schreiben. (S∗2−F2)+(S2−S∗

2) stellt die Basis dar, wobei (S∗2−F2) die Basis ware, wenn

S∗2 = S2 (also abzusicherndes Asset = Underlying aus Futures-Vertrag), und (S2 − S∗

2)die Basis ist, die durch den Unterschied der beiden Guter entsteht.

Die Wahl eines Futures-Kontrakts hangt insgesamt von dem Asset, das dem Vertragzugrunde liegt, und dem Liefermonat ab. Der Preis des Asset im Futures-Kontrakt sollmoglichst eng mit dem abzusichernden Gut korrelieren. Die Falligkeit des Futures wirdmeistens einen Monat nach eigentlichem Lieferdatum gewahlt, da die Futures-Kurseim Liefermonat stark schwanken konnen und der Absicherer das Underlying annehmenmusste (normalerweise wird der Vertrag glattgestellt und das Unternehmen kauft dieWare von seinem Standardlieferanten).

2.4.3 Cross Hedging

Eine Absicherung bezeichnet man als Cross Hedge, wenn das abzusichernde Asset nichtmit dem Underlying aus dem Futures-Kontrakt ubereinstimmt. Dies kann vorkommen,wenn es fur das abzusichernde Asset keine Futures-Kontrakte gibt.Hier ist es wichtig, den passenden Absicherungsquotienten (Verhaltnis der Hohe der inden Futures-Vertragen eingenommenen Positionen zur Hohe des ursprunglichen Expo-sures), diesen Quotienten bezeichnet man als Hedge Ratio. Wenn das Underlying demabzusichernden Asset entspricht, ist als Hedge Ratio 1 zu wahlen. Falls es sich im Futures-Kontrakt um ein anderes Asset als das ursprungliche handelt, wird die Hedge Ratio sogewahlt, dass die Varianz der abgesicherten Position minimal wird.

δS . . . Anderung des Spotkurses S wahrend des Zeitraumes, der der Dauer der Absi-cherung enstprichtδF . . . Anderung des Futures-Kurses F wahrend des Zeitraumes, der der Dauer der Ab-sicherung enstprichtσS . . . Standardabweichung von δSσF . . . Standardabweichung von δFρ . . . Korrelationskoeffizient von δS und δFh∗ . . . Hedge Ratio, die die Varianz der Position des Absicherers minimiert (Minimum-Varianz-Hedge Ratio)

Es gilt:

h∗ = ρσSσF

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2 Futures

Beweis:Man erwarte einen Verkauf von NA Einheiten eines Assets zum Zeitpunkt t2. Daherschließt man zum Zeitpunkt t1 einen Futures-Kontrakt in Short-Position auf NF einesgleichartigen Assets. Die Hedge Ratio h betragt h = NF

NA. Fur den Gesamtbetrag Y , der

(inklusive Absicherung) fur das Asset erwirtschaftet wird, gilt:

Y = S2NA − (F2 − F1)NF

bzw.Y = S1NA + (S2 − S1)NA − (F2 − F1)NF (2.1)

Mit h = NF

NAfolgt fur Gleichung (2.1)

Y = S1NA +NA(∆S − h∆F ) (2.2)

mit ∆S = S2 − S1 und ∆F = F2 − F1.S1 und NA sind zum Zeitpunkt t1 bekannt, daher wird die Varianz von Y in Gleichung(2.2) minimal, wenn die Varianz von (∆S − h∆F ) minimal wird. Fur die Varianz v von(∆S − h∆F ) gilt:

v = σ2S + h2σ2

F − 2hρσSσF

Ableiten nach h ergibt:dv

dh= 2hσ2

F − 2ρσSσF

Durch Nullsetzen der Ableitung und Auflosen nach h erhalt man jenen Wert h∗, der dieVarianz minimiert

h∗ = ρσSσF.

Die optimale Anzahl N∗ an Futures Vertragen ergibt sich durch

N∗ =h∗QA

QF

,

wobei QA die Große der abzusichernden Postionen und QF die Große eines Futures-Kontrakts (jeweils in Einheiten) bezeichnen.N∗ kann auch in Abhangigkeit vom Wert der abzusichernden Postion VA bzw. Futures-Wert VF (= Futures-Kurs · QF ) bestimmt werden. Dann gilt:

N∗ =h∗VAVF

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2 Futures

2.4.4 Absicherung eines Aktienportfolios

Bei der Absicherung eines Aktienportfolios ist es notig, die ideale Anzahl an Futures-Kontrakten zu finden.Notation:P . . . Aktueller Wert des PortfoliosF . . . Aktueller Wert eines Futures KontraktsFalls das abzusichernde Portfolio jenem Portfolio, das dem Index zugrunde liegt, ent-spricht, ist eine Hedge Ratio von 1, 0 sinnvoll, also

N∗ =P

F.

Bei Unterschieden der Portfolios betrachtet man den Parameter Beta β (Parameter ausdem Capital Asset Pricing Model). β gibt an, wie sich das Aktienportfolio im Vergleichzum Markt verhalt: fur β = 1 schwankt die Aktie wie der Markt, bei β > 1 sind dieRenditen aus dem Portfolio hoher als jene aus dem Markt, bei β < 1 sind sie kleiner.Ein Portfolio mit hoherem β reagiert also starker auf Marktbewegungen, daher sind auchmehr Kontrakte zur Absicherung notwendig.

N∗ = βP

F

2.5 Bestimmung von Forward- und Futures-Preisen

Fur die Ermittlung der Preise von Forward- und Futures-Vertragen ist es notwendig, zwi-schen Investitions- und Konsumgutern zu unterscheiden. Investitionsguter werden vonden meisten Investoren nur zu Anlagezwecken gehalten (Beispiele: Aktien, Gold, Silber).Konsumguter werden fur den Verbrauch gehalten und nicht zu Anlagezwecken genutzt(Beispiele: Kupfer, Ol). Bei der Bestimmung von Preisen von Investitionsgutern kannman gewisse Arbitrage-Argumente nutzen, wahrend das bei Konsumgutern nicht moglichist. Manche der bei der Preisherleitung verwendeten Arbitragestrategien benutzen soge-nannte Leerverkaufe (Shorting). Als Shorting bezeichnet man den Verkauf von Assets,die man nicht besitzt.

AnnahmenFolgende Annahmen an den Markt werden getroffen:

• Dem Marktteilnehmer entstehen beim Handel keine Transaktionskosten.

• Die Marktteilnehmer unterliegen fur alle Handelsgewinne demselben Steuer-satz.

• Die Marktteilnehmer konnen Kapital zu demselben risikolosen Zinssatz aufneh-men und verleihen.

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2 Futures

• Die Marktteilnehmer nutzen Arbitragemoglichkeiten aus, sobald solche auf-treten.

Weiters verwenden wir folgende Notation:T . . . Zeit bis zum Liefertermin in einem Forward- oder Futures-Kontrakt (in Jahren)S0 . . . aktueller Kurs das dem Forward- oder Futures-Kontrakt zugrunde liegenden As-setsF0 . . . aktueller Forward- oder Futures-Kursr . . . risikolose Spot Rate p.a. (stetige Verzinsung) einer zum Liefertermin falligen Anlage

Als n-Jahres-Spot-Rate (oder n-Jahres-Zerobond-Zinssatz) wird jener Zinssatz bezeich-net, den man mit einer Anlage erwirtschaftet, die heute beginnt und n Jahre dauert.Das Kapital und der Zins werden am Ende der n Jahre ausbezahlt.Der risikolose Zinssatz r ist jener Zinssatz, zu dem Kapital aufgenommen oder angelegtwerden kann, wenn kein Kreditrisiko besteht. In der Regel sind das die LIBOR-Zinssatze.

Fur die Preisbestimmung unterscheiden wir vorerst in folgende Kategorien:

• Investitionsgut ohne Ertrage

• Investitionsgut mit bekanntem Ertrag

• Investitionsgut mit bekannter Rendite

2.5.1 Forward Preis fur Investitionsguter

Investitionsgut ohne Ertrage

Der Kauf eines Assets kostet S0 und bringt zum Zeitpunkt T (bei Abschluss einesForward-Vertrages in Short-Position) F0. Deshalb muss S0 gleich dem Barwert von F0

sein, also S0 = F0 · e−rT . Fur den Future-Preis F0 eines solchen Investitionsguts giltfolglich:

F0 = S0 · erT . (2.3)

Der Futures-Preis entspricht also dem aktuellen Spotkurs (aufgezinst bis zum ZeitpunktT ).Falls F0 > S0 · erT gilt, konnten Arbitrageure das Asset kaufen und Forward-Kontrakteauf das Asset verkaufen.Wenn F0 < S0 · erT konnen sie das Asset leerverkaufen und einen Futures-Kontrakt aufden Kauf abschließen. Somit folgt, dass Gleichung (2.3) der einzige arbitragefreie Preisvon F0 ist.

Investitionsgut mit bekanntem Ertrag

Der Kauf eines Assets kostet S0 und bringt zum Zeitpunkt T (bei Abschluss einesForward-Vertrages in Short-Position) F0. Weiters erhalt man einen Ertrag mit Barwert

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2 Futures

I. Der Barwert des Zuflusses insgesamt betragt I + F0 · e−rT , der des Abflusses betragtS0. Also gilt fur den Futures-Preis F0 dieses Investitionsgutes

F0 = (S0 − I) · erT . (2.4)

Investitionsgut mit bekannter Rendite

Der Kauf des Assets kostet S0, dafur erhalt man zu Laufzeitende T einen Betrag vonF0 · eqT , da der Wert des Assets um die (stetig verzinste) Rate von q anwachst. UmArbitragemoglichkeiten zu verhindern, muss der Barwert der Zahlungsstrome am Endeden Ausgaben zu Beginn entsprechen, also der Wert des Futures-Kontraktes gleich nullsein. Es muss gelten: S0 = (F0 · eqT ) · e−rT . Fur den Futures-Preis gilt also:

F0 = S0 · e(r−q)T (2.5)

Beispiel: Fowards auf Fremdwahrungen, Aktienindizes, . . .

2.5.2 Forwards auf Rohstoffe

Lagererhaltungskosten

Gold und Silber sind Beispiele fur Investitionguter, die Lagerkosten verursachen. DieLagerhaltungkosten konnen als negatives Einkommen betrachtet werden.Dann gilt fur einen Forward-Preis auf ein Investitionsgut mit bekannten Lager-kosten mit Barwert U (vgl. (2.3) und (2.4)):

F0 = (S0 + U) · erT (2.6)

Aquivalent dazu ergibt sich aus (2.5) der Foward-Preis, falls die Lagererhaltungskostenproportional zum Kurs des Rohstoffes sind (Lagerkosten werden als negative Renditebetrachtet)

F0 = S0 · e(r+u)T

u bezeichnet die Lagerkosten p.a. als Anteil des Spotkurses (abzuglich aller auf das Asseterzielten Renditen).

Konsum-Rohstoffe

Rohstoffe, die Konsumguter darstellen, erzielen im Allgemeinen kein Einkommen, konnenaber hohe Lagerkosten aufweisen. Fur die Forward Preisbestimmung betrachten wir wie-der Arbitragestrategien (vgl. Herleitung von (2.3)).Falls anstelle von Gleichung (2.6)

F0 > (S0 + U) · erT (2.7)

gilt, ist es moglich mit folgender Strategie risikolos Gewinn zu erzielen:

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2 Futures

1. Aufnahme eines Betrages S0+U zum risikolosen Zinssatz r sowie Kauf einer Einheitder Ware und Bezahlung der Lagerhaltungskosten

2. Einnahme der Short-Position in einem Forward-Kontrakt auf eine Einheit der Ware

Diese Strategie fuhrt zur Falligkeit T zu einem Profit von F0 − (S0 + U) · erT . Das Vor-gehen von Arbitrageuren wird allerdings dazu fuhren, dass F0 fallt und S0 steigt. Daherkann Gleichung (2.7) nicht uber einen langeren Zeitraum gelten.

Falls hingegenF0 < (S0 + U) · erT (2.8)

gilt, gibt es folgende Arbitragemoglichkeit:

1. Rohstoff verkaufen, Lagerkosten dadurch einsparen und den Erlos zum risikolosenZinssatz anlegen

2. Long-Position in einem Forward-Kontrakt einnehmen

Diese Strategie fuhrt zu einem risikolosen Gewinn in der Hohe von (S0+U) ·erT −F0. Daes sich bei dem Rohstoff allerdings um ein Konsumgut handelt, ist es fur Unternehmenmeistens nicht moglich, diesen zu verkaufen, da sie planen, den Rohstoff zu verwenden(Beispiel: Raffinerie und Erdol). Daraus folgt, dass fur ein Konsumgut Gleichung (2.8)gelten kann.Fur den Forward-Preis eines Konsumguts kann daher nur festgestellt werden, dass

F0 ≤ (S0 + U) · erT (2.9)

gelten muss.

Convenience Yield und Cost of Carry

Der Besitz eines Rohstoffes kann fur den Besitzer nutzvoll sein, wahrend der Besitz einesForward-Kontrakts auf den Kauf keinen Nutzen aufweist, daher gilt in (2.9) keine Gleich-heit. Diesen Nutzen aus der Lagerhaltung bezeichnet man als Convenience Yield. Furdie Convenience Yield y gilt bei fixen Lagerkosten U :

F0 · eyT = (S0 + U) · erT

bzw. falls die Lagerkosten ein konstanter Anteil u des Spotkurses sind:

F0 · eyT = S0 · e(r+u)T

F0 = S0 · e(r+u−y)T

Die Convenience Yield gibt an, um wieviel die linke Seite in (2.9) kleiner als die rechteist. Fur Investitionsguter ist die Convience Yield gleich null (d.h. kein Vorteil von Besitzdes Assets gegenuber dem Besitz eines Futures auf das Asset), da hier in (2.9) Gleichheit

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2 Futures

gilt.Die Convenience Yield gibt die Markterwartung uber die zukunftige Verfugbarkeit desRohstoffs an: je wahrscheinlicher Engpasse in der Zunkunft auftreten, desto hoher istdie Convenience Yield.

Die sogenannte Cost of Carry c (Nettofinanzierungskosten) beinhaltet die Lagerhal-tungskosten und die Zinsen zur Finanzierung.Fur den Preis eines Forwards auf ein Investitionsgut gilt

F0 = S0 · ecT

und fur den Preis eines Forwards auf ein Konsumgut, wobei y die Convenience Yieldbezeichnet

F0 = S0 · e(c−y)T .

2.5.3 Wert eines Forward-Kontraktes

Zum Zeitpunkt des Abschlusses ist der Wert gleich null. Wahrend der Laufzeit kann derWert dann sowohl positv als auch negativ werden. Der Vertrag wird jeden Tag bewertet(Marking to Market) und mit dem Preis eines Forward-Kontraktes (mit gleicher Fallig-keit) verglichen.

Dazu fuhren wir folgende Notation ein:f . . . Wert der Longposition eines Forward-Kontraktes zum jetzigen ZeitpunktK . . . Lieferpreis des abgeschlossenen Forward-Kontraktes (konstant wahrend der Lauf-zeit)

Fur einen Forward-Kontrakt (auf Investitions- und auch auf Konsumguter) in Long-Position gilt allgemein:

f = (F0 −K) · e−rT (2.10)

Uberlegung: Man vergleicht zwei Futures-Kontrakte (in Long-Position) mit LieferpreisF0 bzw. Lieferpreis K. Ansonsten sind die Vertrage ident. Die Differenz der Auszahlungzum Zeitpunkt T betragt F0 −K. Zum heutigen Zeitpunkt entspricht das der Differenz(F0−K) ·e−rT . Also ist der Kontrakt mit Lieferpreis F0 um (F0−K) ·e−rT weniger wertals der Kontrakt mit Lieferpreis K. Der Wert des Kontrakts mit Lieferpreis F0 wird erstin diesem Moment abgeschlossen und hat folglich Wert 0. Daher hat der Kontrakt mitLieferpreis K den Wert 0+(F0−K)·e−rT und die Gultigkeit von (2.10) ist nachgewiesen.

Analoge Uberlegungen fuhren zum Wert eines Forward-Kontraktes in Short Position,der

f = (K − F0) · e−rT

betragt.

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2 Futures

Fur die Forward-Kontrakte auf Investitionsguter uber den Kauf (Long-Position) giltdaher, da F0 bekannt ist:

Investitionsgut ohne Ertrag:Mit (2.3) und (2.10) folgt, wobei S0 der aktuelle Spotkurs ist:

f = S0 −Ke−rT (2.11)

Investitionsgut mit bekannten Ertragen:Mit (2.4) und (2.10) folgt:

f = S0 − I −Ke−rT (2.12)

Investitionsgut mit bekannter Rendite:Mit (2.5) und (2.10) folgt:

f = S0 · e−qT −Ke−rT (2.13)

2.5.4 Zusammenhang von Forward- und Futures-Kursen

Unter der Annahme, das der risikolose Zinssatz konstant ist, kann man zeigen, dassFutures- und Forward-Kurs ubereinstimmen.Beweis: Wir betrachten einen Futures-Kontrakt, der fur n Tage gilt. Fi bezeichne denKurs des Futures am Ende des i-ten Tages (0 < i < n). δ bezeichne den konstantenrisikolosen Zinssatz pro Tag. Wir verfolgen folgende Strategie:

1. Einnahme der Long-Position in Hohe von eδ in einem Futures-Kontrakt am Endevon Tag 0.

2. Erweiterung der Long-Position auf e2δ am Ende von Tag 1.

3. Erweiterung der Long-Position auf e3δ am Ende von Tag 2.

4. . . .

→ Zusammenfassung und Auswirkung der Strategie in Tabelle 2.2Der (moglicherweise auch negative) Ertrag aus der Position am Tag i betragt also (Fi−Fi−1) · eiδ. Die risikolose Aufzinsung bis zum Tag n ergibt [(Fi−Fi−1) · eiδ] · e(n−1)δ, also(Fi − Fi−1) · enδ.Am Ende des n-ten Tag betragt der Wert der Strategie

n∑i=1

(Fi−Fi−1) · enδ = [(Fn−Fn−1 + (Fn−1−Fn−2) + . . .+ (F1−F0)] · enδ = (Fn−F0) · enδ.

Fn entspricht genau dem Spotkurs ST zu Laufzeitende. Also betragt der Schlusswert derAnlagestrategie (ST − F0) · enδ.Die Kombination einer Anlage von F0 in eine risikolose Anleihe und dieser Anlagestra-tegie ergibt

F0 · enδ + (ST − F0) · enδ = ST · enδ

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2 Futures

Tabelle 2.2: Strategie

Tag 0 1 . . . i . . . n

Futures-Kurs F0 F1 . . . Fi . . . Fn

Futures-Postion eδ e2δ . . . e(i+1)δ . . . 0

Gewinn/Verlust 0 (F1 − F0) · eδ . . . (Fi − Fi−1) · eiδ . . . (Fn − Fn−1) · enδ

Gewinn/Verlust 0 (F1 − F0) · enδ . . . (Fi − Fi−1) · enδ . . . (Fn − Fn−1) · enδ

aufgezinst bis zu n

zum Zeitpunkt T . Die beschriebenen Long-Positionen im Futures-Kontrakt benotigenkeine zusatzlichen Investitionen, also ergibt die Anlage von F0 einen Betrag ST · enδ zumZeitpunkt T .Nun betrachten wir einen Forward-Kontrakt, dessen Kurs am 0-ten Tag G0 ist. DieInvestition von G0 in eine risikolose Anleihe und die Einnahme der Long-Position in enδ

Forward-Kontrakten garantiert den Betrag ST · enδ. Es erbringen zwei unterschiedlicheAnlagestrategien den selben Betrag mit Anfangskosten F0 bzw. G0. Daraus folgt, dass(ohne Arbitragemoglichkeiten)

F0 = G0

gelten muss, also Futures- und Forward-Kurs ubereinstimmen mussen.Anmerkung: Der Beweis kann erweitert werden, dass die Kurse auch ubereinstimmen,wenn die Anderung des Zinssatzes r eine bekannte Funktion der Zeit r(t) ist. In derPraxis allerdings andern sich die Zinssatze unvorhergesehen und Futures- und Forward-Kurs stimmen nicht mehr uberein.Man kann folgende Uberlegungen zum Zusammenhang zwischen Forward- und Futures-Kontrakt treffen. Falls der Kurs S des Underlying stark positiv mit den Zinssatzen kor-reliert, kommt es bei steigenden Kursen bei einem Futures-Kontrakt in Long-Positionzu sofortigem Gewinn (tagliche Abrechnung/Marking to Market), der zu uberdurch-schnittlichem Zinssatz angelegt wird. Falls der Kurs fallt, kommt es zu einem soforti-gen Verlust, der zu einem unterdurchschnittlichen Zinssatz finanziert wird.Bei einemForward ist man nicht von diesen Zinsschwankungen betroffen. Daraus folgt, dass derFutures-Kurs uber dem Forward-Kurs liegt. Bei stark negativer Korrelation liegt derFutures-Kurs unter dem Forward-Kurs. Allerdings sind die theoretischen Unterschiedezwischen Futures- und Forward-Kursen bei Vertragen mit einer Laufzeit von nur weni-gen Monaten vernachlassigbar. In der Praxis treten auch in theoretischen Modellen nichterfasste Faktoren auf, wie Steuern, Transaktionskosten, Behandlung von Margins, nied-rigere Ausfallwahrscheinlichkeit von Futures. Es ist sinnvoll anzunehmen, dass Forward-und Futures-Kurs ubereinstimmen, und fur beide das Symbol F0 zu verwenden.

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3 Bilanzierung von Derivaten 1

Bilanzierung nach IFRS

Die International Financial Reporting Standards wurden zum Zwecke der leich-teren internationalen Vergleichbarkeit von Unternehmen festgelegt. Diese Standards sindnach Anerkennung der Europaischen Kommission seit 1. Janner 2005 verpflichtend furkapitalmarktorientierte Unternehmen. D.h. Unternehmen, deren Wertpapiere zum Han-del in einem geregelten Markt zugelassen sind, mussen ihren Konzernabschluss nachIFRS erstellen. Allerdings mussen die Unternehmen in Osterreich zusatzlich Einzelab-schlusse nach UGB (Unternehmensgesetzbuch) erstellen.

Anforderungen an einen IFRS-JahresabschlussDer Jahresabschluss soll den Abschlussadressaten (laut IFRS-Framework sind das Inves-toren, Arbeitnehmer, Kreditgeber, Lieferanten, Kunden, Regierungen, Steuer- und Auf-sichtsbehorden) entscheidungsrelevante Informationen vermitteln und muss dieVermogens- und Ertragslage und die Cash Flows den tatsachlichen Verhaltnissen ent-sprechend darstellen.Ein Grundsatz der Rechnungslegung nach IFRS ist das true and fair view - Prinzip.Die Vermogens- und Ertragslage sowie die Cash Flows mussen tatsachengetreu dar-gestellt werden. Weitere Grundsatze sind unter Anderem: Anschaffungskostenprinzip(Bewertung zum Zeitwert (=fair value) in Ausnahmefallen), Going concern principle(von der Unternehmensfortfuhrung ist grundsatzlich auszugehen), Unterstandibility, Re-levance, Reliability (Informationen mussen zuverlassig, glaubwurdig und neutral sein),Substance over form (nicht die rechtliche Form, sondern wirtschaftliche Betrachtungswei-se ist ausschlaggebend), Prudence (Vorsichtsprinzip), Completeness and Comparability(Vollstandigkeit und Vergleichbarkeit), . . .

Financial Assets

Als Finanzinstrumente (financial instruments) gelten Vertrage, die gleichzeitig bei einemUnternehmen zu einem finanziellen Vermogenswert (financial asset) und bei dem ande-ren zu einer finanziellen Schuld (financial liability) oder einem Eigenkapitalinstrumentfuhren. Die wichtigsten finanziellen Vermogenswerte sind: flussige Mittel, Eigenkapital-instrumente anderer Unternehmen (Aktien) und vertragliche Rechte flussige Mittel zuerhalten (Bankeinlagen, Forderungen aus Lieferungen, . . . ). Weiters zahlen dazu Ter-minkaufvertrage (Futures und Forwards) und Kauf- und Verkaufsoptionen.

1Grunberger D.: IFRS 2010. Lexis Nexis, Wien 2009.

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3 Bilanzierung von Derivaten

Finanzielle Vermogenswerte werden in folgende Gruppen eingeteilt, die jeweils unter-schiedlich bewertet werden und unterschiedlich Gewinne realisieren:

financial assets at fair value through profit or loss (Vermogenswerte zum Fair Valuemit unmittelbarer Gewinnauswirkung) sind Finanzierungsinstrumente, die fur denZweck der schnellen Weiterveraußerung angeschafft wurden.

available for sale assets sind finanzielle Vermogenswerte, die keiner anderen Katego-rie zugeordnet wurden. Sie werden auch zum Fair Value, allerdings erfolgsneutralbilanziert.

held to maturity investments sind finanzielle Vermogenswerte mit festen oder bestimm-baren Zahlungen, die bis zur Endfalligkeit gehalten werden.

loans and receivables sind finanzielle Vermogenswerte mit festen oder bestimmbarenZahlungen, die nicht an einem aktiven Markt gehandelt werden und nicht zurWeiterveraußerung erworben wurden.

Finanzielle Vermogenswerte der letzen beiden Kategorien werden nicht zum Fair Value,sondern nach dem Anschaffungskostenprinzip bilanziert.In die Kategorie at fair value through profit or loss fallen alle Finanzinstrumente desHandelsbestandes, dazu zahlen auch alle Derivate mit Ausnahme von jenen, die alsSicherungsgeschafte designiert wurden.

Derivate 2

Derivate sind keine klassischen Vermogenswerte, sondern schwebende Geschafte. Sie wei-sen zum Zeitpunkt ihrer Eroffnung nur sehr geringen Wert auf. Es konnen allerdingswahrend der Laufzeit erhebliche Forderungen oder Schulden entstehen. Derivate konnenentweder als selbststandige Geschafte zur Spekulation bzw. zur Vereinnahmung von Risi-kopramien oder als Sicherungsgeschafte zur Absicherung bestehender Risiken verwendetwerden. Zum Hedging werden Derivate verwendet, deren Wert sich entgegengesetzt zueinem bestehenden Risiko entwickelt. Dies kann dann nach IFRS erfolgsneutral abgebil-det werden (hedge accounting). Die Bedingungen fur hedge accounting sind allerdingssehr restriktiv, daher werden teilweise Derivate als selbststandige Geschafte bilanziert,obwohl sie wirtschaftlich eine Sicherheitswirkung darstellen.Die Definition eines Derivates nach IFRS wurde bereits unter 1.1 auf Seite 3 erwahnt.Darunter fallen klassische Termingeschafte (Futures und Forwards), Zinstermingeschafte(Caps, Floors, . . . ), bedingte Termingeschafte (Kauf- und Verkaufsoptionen), . . . . Nichtdazu zahlen Termingeschafte uber den Ankauf/Verkauf nichtfinanzieller Vermogenswer-te, wenn sie physisch erfullt werden sollen (d.h. wenn Glattstellen/Differenzausgleich ex-plizit ausgenommen wurden). Derivate sind auch von Versicherungsvertragen abzugren-zen. Nicht als Termingeschafte gelten auch regular way contracts. Das sind Kaufvertrage,die innerhalb der vorgegebenen Wertstellungsfrist eines Finanzmarkts zu erfullen sind.

2PricewaterhouseCoopers: IFRS fur Banken. Fachverlag Moderne Wirtschaft, Frankfurt am Main 2008.

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3 Bilanzierung von Derivaten

Derivate gelten grundsatzlich als Finanzinstrumente des Handelsbestands. Die Eroffnungwird mit Fair Value verbucht und Transaktionskosten sind unmittelbar aufwandswirk-sam.Finanzinstrumente konnen entweder derivativer oder nicht-derivativer (originarer) Na-tur sein. Wenn ein Finanzinstrument beide Merkmale enthalt, spricht man von einemstrukturierten Produkt (hybrides Produkt). Es besteht aus einem Basisvertrag (hostcontract) und einem eingebetteten Derivat (embedded derivative). Um eine IFRS kon-forme Bilanzierung zu erreichen (Derivate nach Fair Value, originarer Basisvertrag nachfortgefuhrten Anschaffungskosten), kommt es unter gewissen Voraussetzungen zu einergetrennten Bilanzierung des Basisvertrages und des eingebetteten Derivates. Falls dieVoraussetzungen allerdings nicht erfullt sind, besteht Trennungsverbot.Folgende Voraussetzungen mussen kumulativ erfullt sein, um ein Derivat vom Basisver-trag zu trennen:

• Die wirtschaftlichen Merkmale und Risiken des eingebetteten Derivates weisenkeine enge Verbindung zu den wirtschaftlichen Merkmalen und Risiken des Basis-vertrages auf.Merkmale/Risiken eines Finanzinstrumentes gelten als eng verbunden, falls beideauf dem gleichen Risikofaktor (z.B. Zinsrisiko) basieren.

• Bei isolierter Betrachtung wurde das eingebettete Derivat die Kriterien eines De-rivats (Definition in Kapitel 1.1) erfullen.

• Das strukturierte Finanzinstrument wird nicht bereits insgesamt ergebniswirksamzum Fair Value bewertet.

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Literaturverzeichnis

[DG] David Grunberger: IFRS 2010. Ein systematischer PraxisleitfadenWien: LexisNexis,2009.

[JH] John C. Hull: Optionen, Futures und andere DerivateMunchen: Pearson Studium, 2009.

[IR] Alexander Knott: Vorlesungsunterlagen (TU Wien - 2011S) zu Interna-tionale Rechnungslegung

[PWC] PricewaterhouseCoopers: IFRS fur BankenFrankfurt am Main: Fachverlag Moderne Wirtschaft, 2008.

[JM] Josef Metzler: Unternehmerische FinanzierungsinstrumenteWien: Linde Verlag, 2010.

[EUREX] Website der European Exchange www.eurexchange.com

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