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A. Lutz, M. Ryser, Dr.Vollenweider AG, Zürich Luzerner Baukolloquium – Geotechnik, 4. März 2005 Die Bedeutung korrekter Annahmen und Berechnungen ist mit der neuen Norm SIA 267 (2003) gestiegen. Vergleichsrechnungen an der Stützwand Täntenholz Anita Lutz, Co-Autor Matthias Ryser Dr. Vollenweider AG, 8048 Zürich ZUSAMMENFASSUNG: Die Stützmauer Täntenholz der Umfahrung Birmensdorf wurde 1995 mit den zu dieser Zeit gültigen Normen (SIA Merkblatt 2009 und E SIA V 191) projektiert und bemessen. Im Auftrag des Tiefbauamtes des Kantons Zürich wurde sie im Rahmen einer Probeanwendung der Norm SIA 267 nachgerechnet. Die Vergleichsrechnung zeigte, dass mit der Norm SIA 267 günstigere Resultate erreicht werden, als mit den früheren Vorgaben. Die erforderliche Ankerkraft nimmt auf Bemessungsniveau um 9 bis 15% ab. Die Bemessungsweret für die Biegemomente der Stützwand sind 11 bis 12% kleiner. Bei der Querkraft beträgt der Unterschied 11 bis 27%. Daraus ergibt sich, dass die Bedeutung korrekter Annahme, und korrekter Berechnungen zunimmt. Der Vorspanngrad der Stützmauer wird kleiner werden als bisher. Damit ist künftig tendenziell mit grösseren Wandverformungen zu rechnen. 1. AUSGANGSLAGE Die Stützwand Täntenholz ist 1997 erstellt worden. Das Tiefbauamt des Kantons Zürich hat die Stützmauer freundlicherweise für eine Probeanwendung der in Vernehmlassung stehenden Norm SIA 267 Geotechnik freigegeben. Der vorliegende Bericht enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Grundlagen und Ergebnisse der Probe- anwendung. 2. BAUWERK Die Stützwand Täntenholz sichert die südliche Bö- schung des Voreinschnitts vor dem Ostportal des Aeschertunnels (Westumfahrung Birmensdorf N20.1.4). Der Baugrund besteht aus Sanden, Kiessanden und Moränen. Die Stützwand ist 140 m lang und 10 bis 13 m hoch. Sie ist als aufgelöste Bohrpfahlwand konzipiert und wird mit zwei auf Longarinen angeordneten Ankerlagen gestützt. Die Verankerung besteht aus 175 umfassend korrosionsgeschützten Litzenankern vom Typ AVT mit Festsetzkräften P 0 von 380 bis 545 kN. Die Bohrpfähle mit Durchmessern von 900 resp. 1000 mm sind 18 bis 23 m lang und in einem konstanten Abstand von 3 m angeordnet. Die Ausfachung zwischen den Bohrpfählen besteht aus bewehrtem Spritzbeton einer Stärke von 20 cm. 3. ANNAHMEN FÜR DIE BERECHNUNG 3.1 Geometrie und Berechnungsmodell Für die Nachrechnung der Tragsicherheit werden zwei Querschnitte untersucht, wobei die Berechnung an einem ebenen Modell erfolgt (Anhang 1). km 23.260 "repräsentativer Querschnitt" - sichtbare Wandhöhe ca. 11 m - Terrain hangseitig horizontal - kein Hangwasser km 23.180 "extremer Querschnitt" - sichtbare Wandhöhe ca. 13 m - Terrain hangseitig ansteigend - Baugrundschichten mit Hangwasser

Die Bedeutung korrekter Annahmen und Berechnungen ist mit der … Luzerner... · 2020. 9. 10. · Caquot-Kérisel angegeben, da der Ansatz von Coulomb vor allem bei hohen Reibungswinkeln

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    Die Bedeutung korrekter Annahmen und Berechnungen ist mit der neuen Norm SIA 267 (2003) gestiegen. Vergleichsrechnungen an der Stützwand Täntenholz Anita Lutz, Co-Autor Matthias Ryser Dr. Vollenweider AG, 8048 Zürich ZUSAMMENFASSUNG: Die Stützmauer Täntenholz der Umfahrung Birmensdorf wurde 1995 mit den zu dieser Zeit gültigen Normen (SIA Merkblatt 2009 und E SIA V 191) projektiert und bemessen. Im Auftrag des Tiefbauamtes des Kantons Zürich wurde sie im Rahmen einer Probeanwendung der Norm SIA 267 nachgerechnet. Die Vergleichsrechnung zeigte, dass mit der Norm SIA 267 günstigere Resultate erreicht werden, als mit den früheren Vorgaben. Die erforderliche Ankerkraft nimmt auf Bemessungsniveau um 9 bis 15% ab. Die Bemessungsweret für die Biegemomente der Stützwand sind 11 bis 12% kleiner. Bei der Querkraft beträgt der Unterschied 11 bis 27%. Daraus ergibt sich, dass die Bedeutung korrekter Annahme, und korrekter Berechnungen zunimmt. Der Vorspanngrad der Stützmauer wird kleiner werden als bisher. Damit ist künftig tendenziell mit grösseren Wandverformungen zu rechnen.

    1. AUSGANGSLAGE Die Stützwand Täntenholz ist 1997 erstellt worden. Das Tiefbauamt des Kantons Zürich hat die Stützmauer freundlicherweise für eine Probeanwendung der in Vernehmlassung stehenden Norm SIA 267 Geotechnik freigegeben. Der vorliegende Bericht enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Grundlagen und Ergebnisse der Probe-anwendung. 2. BAUWERK Die Stützwand Täntenholz sichert die südliche Bö-schung des Voreinschnitts vor dem Ostportal des Aeschertunnels (Westumfahrung Birmensdorf N20.1.4). Der Baugrund besteht aus Sanden, Kiessanden und Moränen. Die Stützwand ist 140 m lang und 10 bis 13 m hoch. Sie ist als aufgelöste Bohrpfahlwand konzipiert und wird mit zwei auf Longarinen angeordneten Ankerlagen gestützt. Die Verankerung besteht aus 175 umfassend korrosionsgeschützten Litzenankern vom Typ AVT mit

    Festsetzkräften P0 von 380 bis 545 kN. Die Bohrpfähle mit Durchmessern von 900 resp. 1000 mm sind 18 bis 23 m lang und in einem konstanten Abstand von 3 m angeordnet. Die Ausfachung zwischen den Bohrpfählen besteht aus bewehrtem Spritzbeton einer Stärke von 20 cm. 3. ANNAHMEN FÜR DIE BERECHNUNG 3.1 Geometrie und Berechnungsmodell Für die Nachrechnung der Tragsicherheit werden zwei Querschnitte untersucht, wobei die Berechnung an einem ebenen Modell erfolgt (Anhang 1). km 23.260 "repräsentativer Querschnitt" - sichtbare Wandhöhe ca. 11 m - Terrain hangseitig horizontal - kein Hangwasser km 23.180 "extremer Querschnitt"

    - sichtbare Wandhöhe ca. 13 m - Terrain hangseitig ansteigend - Baugrundschichten mit Hangwasser

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    3.2 Baugrund und Bodenkennwerte Der Baugrund besteht im Bereich des Anschnittes laut geotechnischem Bericht aus einem "wirren Durch-einander" von Sanden, Kiessanden und Moränen. Ein Schichtverlauf der verschiedenen Lockergesteinstypen lässt sich nicht konstruieren. Bodenkennwerte: Für die bodenmechanischen Berechnungen werden die folgenden charakteristischen Bodenkennwerte gewählt: Raumlast ek = 22 kN/m3 Reibungswinkel ’k = 32 ° Kohäsion c’k = 0 Diese Werte wurden bereits für die ursprüngliche Bemessung gewählt und erscheinen uns auch aus heutiger Sicht vernünftig. Aufgrund der geotechnischen Gegebenheiten haben wir im vorliegenden Fall für alle Untersuchungen die selben Werte angenommen. Grundwasser: Entgegen der geologischen Prognose ist beim Aushub im westlichen Teil der Stützwand (Querschnitt 23.180) Hangwasser angetroffen worden. Hinter der Ausfachung der Wand wurde darauf eine Drainage eingebaut. Solange die Drainage hinter der Ausfachung funk-tioniert, wirkt kein eigentlichen Wasserdruck auf die Wand. Durch den Strömungsdruck des Hangwassers wird aber der Erddruck erhöht. Der Einfluss des Strö-mungsdrucks wird in der Berechnung näherungsweise durch eine horizontale Ersatzkraft berücksichtigt, wel-che 40% eines fiktiven hydrostatischen Wasserdrucks im Bereich der wasserführenden Schichten entspricht. Der gewählte Ansatz führt zu einer Erhöhung des gesamten Wanddrucks gegenüber dem reinen Erddruck von rund 15% (charakteristische Werte) bzw. 12% (Bemessungswerte). Der Ansatz des vollen Wasser-drucks, mit Berücksichtigung der günstigen Wirkung des Auftriebs auf den Erddruck, würde zu einer Erhö-hung des Drucks von 28% (charakteristische Werte)

    bzw. 18% (Bemessungswerte) führen. Mit dem gewähl-ten Ansatz ist also ein voller Wasserdruck rechnerisch zu rund zwei Dritteln abgedeckt. 3.3 Erddruck / Erdwiderstand Für die Berechnung der charakteristischen Werte des Erddrucks bzw. des Erdwiderstands gelten die folgen-den Annahmen Erddruck: - aktiver Erddruck nach Coulomb - charakteristischer Wandreibungswinkel ak = +2/3 ’k - Erddruckverteilung im Endzustand rechteckig Erdwiderstand: - passiver Erddruck nach Coulomb - charakteristischer Wandreibungswinkel pk = -1/3 ’k - Berechnung wie für durchgehende Wand - Böschung unterhalb der Berme vereinfachend als un-

    endlich lang betrachtet Die Annahmen zur Erddruckberechnung gelten für die ursprüngliche Bemessung und für die Bemessung mit der neuen Norm SIA 267 "Geotechnik". Bemerkung: Im Anhang der neuen Norm SIA 261 werden für den passiven Erddruck die Beiwerte nach Caquot-Kérisel angegeben, da der Ansatz von Coulomb vor allem bei hohen Reibungswinkeln und grosser Wandreibung zu optimistische Werte liefert. Für den vorliegenden Fall und mit dem vorsichtig gewählten Wandreibungswinkel von pk = - 1/3 'k sind die Ergeb-nisse der beiden Ansätze aber praktisch identisch 3.4 Tragwiderstand der Bauteile Anker: Bei den eingebauten Ankern handelt es sich um Litzen-anker vom Typ AVT mit 4 bzw. 5 Litzen à 100 mm2 (Versuchsanker mit 6 Litzen) mit umfassendem Korro-sionsschutz nach E SIA V 191 (1995). Weitere Angaben siehe Tabelle 1.

    Querschnitt lfr 1) lv Rk 2) P0 P0,h [m] [m] [°] [kN/m] [kN/m] [kN/m]

    23.260 obere Longarine 12.0 6.0 27 444 266 237

    untere Longarine 12.0 6.0 24 444 266 243

    Total 888 532 480

    23.180 obere Longarine 16.5 6.0 25 597 358 324

    untere Longarine 15.5 7.5 26 817 490 440

    Total 1'414 848 764

    Tabelle 1: Angaben zu den eingebauten Ankern 1) Ankerlänge 0.5 m kürzer als in Ankerlisten (Abstand Ankerkopf – Achse Pfahlwand) 2) Minimum von Rik bzw. Rak

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    Die Ermittlung des Tragwiderstandes der Verankerung ändert sich bei Anwendung der neuen Norm SIA 267 – mit Ausnahme gewisser Bezeichnungen – gegenüber E SIA V 191 nicht. Für den Bemessungswert des Trag-widerstands gilt: - Im Nachweis der Tragsicherheit der Stützwand (GZ

    Typ 2 nach SIA 267)

    Rh,d = Rk cos / M Rh,d Bemessungswert des Tragwiderstands (horiz.) Rk charakteristischer Tragwiderstand (kleinerer Wert von Ri,k und Ra,k) Ankerneigung zur Horizontalen M Widerstandsbeiwert M = 1.35 Schnitt 23.260 Rh,d = (444 cos27° 444 cos24°/ 1.35 = 593 kN/m Schnitt 23.180 Rh,d = (597 cos25° 817 cos26°/ 1.35 = 945 kN/m

    - Im Nachweis der Sicherheit gegen Geländebruch (GZ

    Typ 3 nach SIA 267)

    Rd = A P0 Bezeichnungen nach SIA 267 P0 Festsetzkraft A Ankerkraftbeiwert wird projektspezifisch festgelegt (i.d.R. gilt 0.80 A 1.10)

    Bohrpfähle Die Bohrpfähle der Stützwand sind in einem konstanten Abstand von 3.0 m angeordnet. In der Tabelle 2 sind die Abmessungen und die Bewehrung der Pfähle für die beiden betrachteten Schnitte zusammengestellt. Die Pfähle bestehen aus einem Beton B 35/25 nach Norm SIA 162 (1989/93), was nach der neuen SIA 262 "Betonbau" einem Beton C 20/25 entspricht. Für die Berechnungen nach SIA 162 und E SIA V 192 wurde bisher von charakteristischen Werten der Baustoffeigen-schaften ausgegangen. Nach SIA 262 werden für die Baustoffeigenschaften neu Bemessungswerte verwen-det.

    Bisher (SIA 162) Beton B 35/25 fc = 16.0 N/mm2 Betonstahl S500 fy = 460 N/mm2 Neu (SIA 267) Beton C 20/25 fcd = 13.5 N/mm2 Betonstahl B500 fsd = 435 N/mm2 Für die Berechnung des inneren Tragwiderstands der Pfähle gilt: Bisher (E SIA V 192) Ri,d = Ri,k / Ri Ri,k Tragwiderstand nach SIA 162 Ri Widerstandsbeiwert Ri = 1.30 Neu (SIA 267) Ri,d = i Rmat,d Rmat,d Bemessungswert Tragwiderstand nach SIA 262 i Umrechnungsfaktor i = 0.80 Bemerkung: Der Widerstandsbeiwert R beträgt nach Norm SIA 162 (1989/93) "Betonbauten" R = 1.20. Die Norm E SIA V 192 (1996) "Pfähle" verlangt für Betonpfähle einen wesentlich höheren Widerstandsbei-wert von Ri = 1.80. Da zum Zeitpunkt der Projektierung der Stützwand Täntenholz E SIA V 192 erst als Entwurf vorlag, haben wir damals einen Widerstandsbeiwert von Ri = 1.30 gewählt. Aufgrund der Resultate der Ausführungs-kontrollen (Betonprüfung an Würfeln und Bohrkernen, Durchschallung) scheint uns dieser Wert auch heute noch vertretbar. In der Tabelle 3 sind die Bemessungswerte des inneren Tragwiderstands pro Meter Wand zusammengefasst. Der Schubwiderstand wurde mit einem von J. Schwartz publizierten Ansatz ermittelt [J. Schwartz, "Stress Field Design of Reinforced Concrete Members with Circular Cross Sections", Structural Engineering International, Vol. 1/2002]. Dieser Ansatz ergibt leicht günstigere Lösungen als die Nährerungsberechnung mit einem dem Pfahlquerschnitt eingeschriebenen Quadrat.

    Abmessungen / Geometrie 23.260 23.180

    Pfahllänge 1) [m] 18.00 22.60

    Pfahldurchmesser [mm] 900 1000

    Längsbewehrung 12 30 8 30 + 8 34

    Spiralbewehrung 12 / s = 150 mm 14 / s = 150 mm 14 / s = 100 mm 2)

    Überdeckung [mm] 71 98

    Tabelle 2: Angaben zu den Bohrpfählen

    1) UK Kopfriegel bis UK Pfahl 2) im Bereich der unteren Longarine

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    Tragwiderstand Pfähle 23.260 23.180

    (Bemessungswerte pro m Wand) bisher 1) neu 2) bisher 1) neu 2)

    mRd 3) [kNm/m] 289 281 463 455

    mRd,red 4) [kNm/m] 206 202 277 268

    vRd [kN/m] 148 146 319 5) 313 5)

    Tabelle 3: Bemessungswerte des inneren Tragwiderstands pro m’ Pfahlwand

    1) nach SIA 162 / E SIA V 192 mit Ri = 1.30 2) nach Entwurf SIA 262 / SIA 267 3) gleichzeitig mit vd = 0 4) gleichzeitig mit vd = vRd 5) Spirale mit Ganghöhe s = 100 mm (für s = 150 mm: 213 kN/m bzw. 209 kN/m)

    Im vorliegenden Fall sind die Bemessungswerte des inneren Tragwiderstands bei der ursprünglichen Bemes-sung und bei der Bemessung nach den neuen Normen SIA 262 und SIA 267 praktisch gleich. Beim Ansatz des nach der heute gültigen E SIA V 192 eigentlich gefor-derten Widerstandsbeiwerts von Ri = 1.80 – statt des von uns eingesetzten Wertes von Ri = 1.30 – wäre der Bemessungswert des inneren Tragwiderstands aber rund 28% kleiner als die oben aufgeführten Werte. Bemerkung: Die neue Norm SIA 267 lässt in Verbin-dung mit SIA 262 bei Betonpfählen eine wesentlich höhere Ausnützung des inneren Tragwiderstands zu als E SIA V 192 (1996). Falls für den inneren Tragwiderstand eines Bohrpfahls praktisch nur die Festigkeit des Betons (B 35/25 bzw. C 25/30) massgebend wird (z. B. für den Druckwiderstand bei kleinem Bewehrungsgehalt), ergibt sich theoretisch folgendes Verhältnis zwischen den Bemessungswerten nach der neuen Norm SIA 267 und der bisher gültigen E SIA V 192: Ri,d (SIA 267) / Ri,d (E SIA V 192) = (0.80 13.5 N/mm2) / (16 N/mm2 / 1.80) = 10.8 / 8.89 = 1.22 Falls für den inneren Tragwiderstand nur die Festigkeit der Bewehrung (S 500) massgebend wird (z. B. für den Schubwiderstand mit Bügelversagen als massgebendem Kriterium), ergibt sich theoretisch folgendes Verhältnis: Ri,d (SIA 267) / Ri,d (E SIA V 192) = (0.80 435 N/mm2) / (460 N/mm2 / 1.80) = 348 / 256 = 1.36 4. TRAGSICHERHEITSNACHWEIS NACH SIA

    MERKBLATT 2009 4.1 Annahmen Die allgemeinen Annahmen für die Berechnung sind im Abschnitt 3 beschrieben. Im Folgenden werden die spezifisch für das Bemessungskonzept nach Merkblatt SIA 2009 gültigen Annahmen zusammengestellt.

    Nachweis Tragsicherheit Stützwand Für den Nachweis der Tragsicherheit und der Stabilität der Stützwand gelten die folgenden Lastfaktoren und Widerstandsbeiwerte: Einwirkungen:

    aktiver Erddruck infolge Eigenlast Ea = 1.50 aktiver Erdruck infolge Auflast Ea = 1.50 Strömungsdruck w = 1.00

    Erdwiderstand passiver Erddruck Ep = 1.50

    Ankerkraft Rd = Rk / R R = 1.35 Bohrpfähle Rd = Rk / R R = 1.30 Ein zweiter, nach Merkblatt SIA 2009 ebenfalls zu un-tersuchender Lastfall mit Strömungsdruck als Leitein-wirkung (w = 1.20) und Erddruck als Begleiteinwir-kung ( = 1.30) wird im vorliegenden Fall nicht mass-gebend. Der Lastfaktor für den aktiven Erddruck wird nur oberhalb des Belastungsnullpunkts berücksichtigt. Bemerkung: Im Merkblatt SIA 2009 wird nicht explizit festgelegt, ob bei im Boden eingebundenen Stütz-bauwerken der Lastfaktor für den aktiven Erddruck auf der gesamten Wandhöhe, nur oberhalb des Belastungs-nullpunktes oder sogar nur oberhalb der Aushubkote eingeführt werden soll. Die Anker werden bei der Berechnung der Stützwand als Widerstände (feste Auflager) betrachtet. Nachweis Geländebruch Für den Nachweis der Sicherheit gegen Geländebruch gelten die folgenden Lastfaktoren und Teilsicherheits-beiwerte: Einwirkungen:

    Strömungsdruck w = 1.00 Auflast = 1.00 Ankerkraft (Rd = A P0) A = 0.90

    Teilsicherheitsbeiwerte Baugrund: Raumlast: = 1.00 Reibungswinkel: tan = 1.20

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    Die Ankerkraft wird mit dem Bemessungswert Rd = A P0 als äussere Einwirkung auf den betrachteten Bruch-körper eingeführt. Die Wahl von A beruht auf den fol-genden zwei Überlegungen. Einerseits ist aufgrund der Relaxation des Spannstahls und der Baugrundverfor-mungen (Kriechen) langfristig mit einem Abfall der Ankerkraft von etwa 20% zu rechnen. Andererseits werden die Anker bei einem Böschungsbruch gedehnt, wodurch die Ankerkraft zunimmt. Da die Anker die potentiellen Gleitflächen in einem relativ steilen Winkel schneiden, wird die Verlängerung der Anker und damit die Zunahme der Ankerkraft bis zum Eintreten des Bruchs aber relativ bescheiden sein. Daher scheint uns ein Wert von A = 0.90 angemessen. 4.2 Beanspruchungen und Nachweise Wir betrachten nur den kritischen Zustand beim Bau des Trasses der N20. Die Resultate der Berechnungen für den Schnitt 23.180 sind im Anhang 2 graphisch dargestellt. Ohne den Einfluss des Hangwassers ergeben sich die folgenden Beanspruchungen der Stützwand (Bemessungswerte): Schnitt 23.260 Ankerkraft Ah,d = 580 kN/m < Rh,d = 593 kN/m Bohrpfähle md = 238 kNm/m < mRd = 289 kNm/m vd = 124 kN/m < vRd = 148 kN/m Schnitt 23.180 Ankerkraft Ah,d = 940 kN/m < Rh,d = 945 kN/m Bohrpfähle md = 430 kNm/m < mRd = 463 kNm/m vd = 240 kN/m < vRd = 319 kN/m In den Bereichen ohne Hangwasser werden somit die Anforderungen an die Tragsicherheit nach Merkblatt SIA 2009 bzw. nach den Vorgaben der ursprünglichen Bemessung erfüllt. Bei Berücksichtigung des Hangwassers nach Abschnitt 3.2 und Ansatz der normalen Lastfaktoren und Wider-standsbeiwerte gemäss Abschnitt 4.1 ergeben sich die folgenden Resultate (Bemessungswerte): Schnitt 23.180 Ankerkraft Ah,d = 1150 kN/m > Rh,d = 945 kN/m Bohrpfähle md = 516 kNm/m > mRd = 463 kNm/m vd = 360 kN/m > vRd = 319 kN/m Im Bereich mit Hangwasser - welches erst bei der Ausführung bei Schnitt 23.180 angetroffen wurde - werden somit die Anforderungen an die Tragsicherheit nach Merkblatt SIA 2009 bzw. nach den Vorgaben bei der ursprünglichen Bemessung nicht eingehalten. Der Tragwiderstand der Anker wird um etwa 22% überschritten, der Tragwiderstand der Bohrpfähle um etwa 12% (Bemessungsniveau).

    Gegenüber dem Fall ohne Hangwasser resultieren rund 22% grössere Ankerkräfte. Die Biegemomente nehmen um ca. 20% zu, die Querkräfte sogar um bis zu 50%. Damit der Nachweis der Tragsicherheit auch in den Bereichen mit Hangwasser erfüllt werden kann, müsste für den aktiven Erddruck ein reduzierter Lastbeiwert von ungefähr Ea = 1.25 statt 1.50 eingeführt werden (zusammen mit W = 1.00 für den Strömungsdruck). Die Anforderungen an die Sicherheit gegen Gelände-bruch werden auch für den Fall mit Hangwasser einge-halten. Anhang 2.3 enthält als Beispiel die Stabilitätsbe-rechnung (Blockgleitmethode) für den Schnitt 23.180. 4.3 Beurteilung der Tragsicherheit Die Stützwand wurde aufgrund der geologischen Unterlagen ohne Berücksichtigung von Hangwasser projektiert. In den Bereichen ohne Hangwasser entspricht die Tragsicherheit den ursprünglichen, auch aus heutiger Sicht vernünftigen Anforderungen. In den Bereichen mit Hangwasser ist die Tragsicherheit hingegen kleiner, als ursprünglich verlangt. Aus unserer Sicht sind aber in den Bereichen mit Hangwasser zur Zeit aus den folgenden Gründen keine Massnahmen zur Erhöhung der Tragsicherheit erforderlich: - Die rechnerische Tragsicherheit der Stützwand ent-

    spricht zwar nicht den ursprünglichen Anforderungen, liegt aber deutlich über 1.0.

    - Die Anforderungen an die Sicherheit gegen Gelände-bruch werden eingehalten.

    - Der gewählte Ansatz für die Berücksichtigung des Hangwassers ist eher konservativ (siehe Abschn. 4.2).

    - Die Stützwand wird regelmässig überwacht (Veranke-rung und Deformationen).

    - Die Stützwand zeigt gemäss 1. Hauptinspektion keine Anzeichen ungenügender Tragsicherheit.

    - Nimmt die Wirkung der eingebauten Drainage mit der Zeit ab, so kann die Sicherheit mit Drainagebohrun-gen relativ einfach erhöht werden.

    - Eine Verstärkung der Wand mit zusätzlichen Ankern ist jederzeit möglich.

    Hinweis: Bei der Bemessung mit der neuen Norm SIA 267 ergeben sich rechnerisch etwas günstigere Resu-ltate (siehe Abschnitt 5). Der Tragwiderstand der Anker wird noch um rund 10% überschritten (Bemessungs-niveau), die Beanspruchungen der Pfähle sind hingegen in Ordnung.

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    5. PROBEANWENDUNG SIA 267 GEOTECHNIK 5.1 Grundlagen der Projektierung Für den Bereich Geotechnik sind neben der SIA 267 vor allem die folgenden Normen wichtig: - SIA 260 "Grundlagen der Projektierung von

    Tragwerken" - SIA 261 "Einwirkungen auf Tragwerke" - SIA 262 "Betonbau" Gefährdungsbilder In der Tabelle 4 sind die Gefährdungsbilder für die Stützwand Täntenholz zusammengestellt. Bemessungssituationen und Lastfälle Die Norm SIA 260 unterscheidet zwischen andauernden, vorübergehenden und aussergewöhn-lichen Bemessungssituationen. Bauzustände können nach Norm SIA 260 grundsätzlich als andauernde oder als vorübergehende Bemessungs-

    situationen betrachtet werden. Den Bau des Trassees der N20 haben wir als andauernde Bemessungssituation behandelt, da dieser Zustand eher lange dauert und dabei an der eigentlichen Stützwand keine Änderungen vorgenommen werden. Die verschiedenen Bauzustände der eigentlichen Stützwand betrachten wir hingegen als vorübergehende Bemessungssituationen. Diese haben wir in der vorliegenden Probeanwendung aber nicht untersucht. In der Tabelle 5 sind die andauernden Bemessungssituationen für die Stützwand Täntenholz zusammengestellt. 5.2 Bemessungskonzept Nachweis der Tragsicherheit nach GZ Typ 2 Für den Nachweis der Tragsicherheit nach GZ Typ 2 (Tragwiderstand des Tragwerks) gilt das folgende Bemessungskriterium: Ed Rd Ed Bemessungswert der Auswirkung Rd Bemessungswert des Tragwiderstands

    Gefährdungs-bild

    Leitgefahr Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit

    Baugrund Versagen der Wand / Geländebruch infol-ge von Einwirkungen aus dem Baugrund

    - Bemessung

    Hangwasser Versagen der Wand / Geländebruch infolge von Wasser- bzw. Strömungsdruck

    - Bemessung - Drainage (mit Überwachung)

    Erdbeben Versagen der Wand / Geländebruch infolge von Erdbebenkräften

    - Bemessung

    Tragwiderstand Anker

    Versagen der Anker infolge von übermässiger Beanspruchung bzw. ungenügender äusserer Tragfähigkeit

    - Bemessung der Anker - Ankerversuche und Spannproben - Anordnen von Reservestandorten - Überwachung der Ankerkraft

    Tragwiderstand Pfähle

    Ungenügender Tragwiderstand der Bohr-pfähle infolge von Ausführungsmängeln

    - Pfahlprüfungen (Durchschallen) - Betonprüfungen

    Ausfall eines Ankers

    Progressiver Einsturz der Wand beim Ausfall eines Ankers

    - Anordnung der Anker auf Longarinen - Bemessung

    Longarine Versagen der Longarine bei extremer Kraftzunahme der Anker

    - Bemessung

    Dauerhaftigkeit Anker

    Versagen der Anker infolge von Korrosion des Stahlzugglieds

    - Anker mit umfassenden Korrosionsschutz - Prüfung elektr. Widerstand - Anordnen von Reservestandorten - Einbetonieren der Ankerköpfe - Überwachung von Ankerkraft und elektr. Widerstand

    Dauerhaftigkeit Betonbauteile

    Versagen von Betonbauteilen infolge von Bewehrungskorrosion oder Schädigung des Betons

    - Überdeckung: 40 mm 70 mm (Pfähle)

    - Beton frostbeständig

    Brand Schädigung / Versagen von Bauteilen durch Brand

    - Keine Massnahmen. Akzeptiertes Risiko

    Tankwagen-unfall

    Schädigung von Bauteilen durch aggressive Chemikalien

    - Keine Massnahmen. Akzeptiertes Risiko

    Tabelle 4: Gefährdungsbilder für die Stützwand Täntenholz

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    Bemessungssituationen andauernd

    Einwirkungen Lastfall Leiteinwirkung 1) Begleiteinwirkungen

    Endzustand (Betrieb N20)

    - Eigenlasten - Erddruck - Strömungsdruck - Auflast

    für Tragsicherheit nicht massgebend, „Bau Trassee N20“ kritischer

    Bau Trasse N20 2) - Eigenlasten - Erddruck - Strömungsdruck - Auflast

    Erddruck 4) Erddruck (GZ 2) bzw. Eigenlast Boden (GZ 3)

    - Auflast

    Hangwasser 5) Strömungsdruck - Erddruck / Eigenlast Boden - Auflast

    Longarine 3) - Ankerkraft Anker maximale Ankerkraft

    aussergewöhnlich

    Erdbeben - Erdbebenkräfte - Eigenlasten - Erddruck - Strömungsdruck - Auflast

    Erdbeben Erdbebenkräfte - Erddruck / Eigenlast Boden - Strömungsdruck - Auflast

    Ankerausfall - Ankerkraft Umlagerung der Ankerkraft

    Tabelle 5: andauernde und aussergewöhnliche Bemessungssituationen für die Stützwand Täntenholz 1) In Bemessungssituationen ohne veränderliche Einwirkungen wird eine ständige Einwirkung zur

    Leiteinwirkung 2) für die Bemessung der Anker und Pfähle 4) nur für Querschnitte mit Hangwasser 3) nur für die Bemessung der Longarine 5) nur für Querschnitte ohne Hangwasser

    Für die Ermittlung des Bemessungswertes einer Auswir-kung gilt bei andauernden und vorübergehenden Bemes-sungssituationen: Ed = E {FFrep, Xd, ad}

    - Der Bemessungswert der Auswirkungen wird mit den Bemessungswerten der Einwirkungen (Fd = FFrep) ermittelt

    - Sind die Auswirkungen von den Eigenschaften des betrachteten Systems abhängig, so sind für die Baustoff- bzw. Baugrundeigenschaften und für die geometrischen Grössen des Systems die Bemessungswerte einzusetzen (Xd bzw. ad)

    Die Lastbeiwerte für Einwirkungen aus dem Baugrund sind unabhängig davon, ob es sich um ständige oder veränderliche Einwirkungen handelt. Für den Bemes-sungswert des Erddrucks spielt es zum Beispiel keine Rolle, ob dieser durch das Eigengewicht des Bodens oder durch eine veränderliche Nutzlast erzeugt wird Für im Boden eingebundene Stützwände sind beim Nachweis nach GZ Typ 2 die Bemessungswerte der

    Erd- und Wasserdrücke im Allgemeinen gemäss Tabelle 6 anzunehmen. Für aussergewöhnliche Bemessungssituationen wird normalerweise direkt der Bemessungswert der ausserge-wöhnlichen Einwirkung festgelegt. Der Lastbeiwert für die Begleiteinwirkungen beträgt in diesem Fall 1.0. Bemerkung: Wie aus der Tabelle 6 hervorgeht, wird für die Bemessung der Stützwand in der Regel der Erddruck nur oberhalb der Aushubkote mit einem Lastbeiwert erhöht. Bei normalen Verhältnissen wird unterhalb der Aushubkote der Erdwiderstand nämlich rasch so gross, dass eine allfällige Erhöhung des Erddrucks auf der aktiven Seite nur noch einen unwesentlichen Einfluss auf die Bemessung hat. Falls in speziellen Fällen der Erddruck auf der aktiven Seite relativ gross, bzw. der Erdwiderstand relativ klein ist, z. B. bei hohen Böschungen am Wandfuss, so ist die Erhöhung des ungünstigen Erddrucks bis auf die Höhe des Belastungsnullpunktes vorzunehmen. Bei der Stützwand Täntenholz liegt dieser Fall vor.

    Einwirkung Bemessungswerte

    Ungünstig wirkender Erddruck aus Eigenlasten, Auflasten und Nutzlasten oberhalb der Aushubkote (siehe Bemerkung)

    ed = G ek G = 1.35

    Ungünstig wirkender Erddruck aus Eigenlasten, Auflasten und Nutzlasten unterhalb der Aushubkote (siehe Bemerkung)

    ed = ek (G = 1.0)

    Passiver Erddruck (Erdwiderstand) als günstig wirkende Einwirkung Fd = RE,d ed = (1/M) ek

    M = 1.40

    Ungünstig wirkender Wasserdruck (Resultierende des Wasserdrucks beidseitig der Wand) bzw. Strömungsdruck

    wd = G wk G = 1.20

    Tabelle 6: Bemessungswerte der Erd- und Wasserdrücke

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    Die Anker werden im für den GZ Typ 2 betrachteten System als Widerstand (d. h. konkret als feste Auflager für der Stützwand) eingeführt. Die Ermittlung des Tragwiderstands Rd für die Anker und Pfähle ist im Abschnitt 3 des vorliegenden Berichts beschrieben. Nachweis GZ Typ 3 Für den Nachweis der Tragsicherheit nach GZ Typ 3 (Tragwiderstand des Baugrunds, Geländebruch) gilt das folgende Bemessungskriterium Ed Rd + Rd Ed Bemessungswert der Scherkräfte im Baugrund Rd Bemessungswert der Scherwiderstände im

    Baugrund Rd Bemessungswert der Scherwiderstände im

    Baugrund Für die Ermittlung des Bemessungswertes der Scherkräfte im Baugrund gilt: Ed = E {FFrep, Xd, ad}

    - Die Scherkräfte im Baugrund werden mit den Bemessungswerten der Einwirkungen (Fd = FFrep) ermittelt.

    - Die Ermittlung der Scherkräfte im Baugrund erfolgt mit den Bemessungswerten der Baugrundeigenschaften (Xd) und der geometrischen Grössen (ad).

    Die für die Stützwand Täntenholz massgebenden Last-beiwerte F betragen für den GZ Typ 3: Eigengewicht Boden: G = 1.00 Erddruck: G = 1.00 Strömungsdruck: G = 1.00 Auflast (ständig) G = 1.00 Für die Ermittlung des Bemessungswertes der Scher-widerstände im Baugrund gilt: Rd = (1/R) R {FR,d, Xd, ad}

    - Scherwiderstände im Baugrund, welche durch eine äussere Einwirkung auf den betrachteten Bruchkörper erzeugt werden, werden mit dem Bemessungswert dieser Einwirkung (FR,d) ermittelt.

    - Die Ermittlung der Schwerwiderstände im Baugrund erfolgt mit Bemessungswerten der Baugrundeigenschaften (Xd) und der geometrischen Grössen (ad).

    Der Partialfaktor für den Tragwiderstand ist nach Norm SIA 267 mit einem Wert von 1.0 bis 1.2 anzunehmen. Für die Berechnung der Stützwand Täntenholz haben wir R = 1.0 gewählt. Bemerkung: Bei den üblichen Verfahren zur Berechnung der Standsicherheit handelt es sich um kinematische Methoden, welche an sich Ergebnisse auf der unsicheren Seite liefern. Im Normalfall sollte daher etwa ein Wert von R = 1.10 gewählt werden. Da wir im vorliegenden Fall für die Bemessung aber geometrisch

    von einer extremen Situation ausgehen (Bau Trasse N20 mit Graben für Leitungen) und die Wand in diesem Zustand regelmässig überwacht wird, erachten wir einen Wert von R = 1.00 als ausreichend. Nach Norm SIA 267 gelten – ausser bei Rückrechnun-gen und der Anwendung der Beobachtungmethode - die folgenden Partialfaktoren m zur Ermittlung der Bemes-sungswerte der Baugrundeigenschaften. Raumlast Boden: e = 1.00 Reibung : = 1.20 Kohäsion (drainiert): c = 1.50 Für die Ermittlung der durch Widerstandselemente er-zeugten Baugrundwiderstände gilt nach SIA 267 allgemein: Rd = (1/M) � Rk Rk charakteristischer Wert des Tragwiderstands M Widerstandsbeiwert Umrechnungsfaktor Für die Anker und Pfähle der Stützwand Täntenholz ist die Ermittlung von Rd im Abschnitt 3 beschrieben. Nachweis der Gebrauchstauglichkeit Beim Nachweis der Gebrauchstauglichkeit sind für Stützbauwerke gemäss Norm SIA 267 die folgenden Grenzzustände zu untersuchen: - Erreichen der Gebrauchsgrenzen bezüglich Setzun-

    gen, Verschiebungen und Verformungen des Bau-werks

    - Erreichen weiterer Gebrauchsgrenzen gemäss Nut-zungsvereinbarungen

    Auf einen rechnerischen Nachweis der Gebrauchs-tauglichkeit darf verzichtet werden, wenn aufgrund von Erfahrungswerten das Einhalten der Gebrauchsgrenzen belegt werden kann. Im Fall der Stützwand Täntenholz wurde die zulässige Verschiebung Richtung N20 auf 5 cm festgelegt. Die Erfahrung zeigt, dass dieses Kriterium mit einer veran-kerten Pfahlwand normalerweise eingehalten werden kann. Da sich zudem oberhalb der Stützwand keine Bauwerke befinden, welche durch Wandverschiebungen beschädigt werden könnten, ist ein rechnerischer Nach-weis der Gebrauchstauglichkeit in diesem Fall nicht erforderlich. Bemerkung: Dies hat sich auch durch die Resultate der Überwachung der Stützwand bestätigt (gemessene Verschiebungen von ca. 5 bis 25 mm) 5.3 Bemessungssituation Bau Trassee N20 Von den ständigen Bemessungssituationen wird die Bemessungssituation "Bau Trasse N20" für den Nachweis der Tragsicherheit massgebend.

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    Beschreibung - Stützwand fertig erstellt - Aushub für Trasse N20 inkl. Graben für Entwässe-

    rungsleitung - Terrain gemäss Schnitten (Anhang 1) - Auflast oberhalb Stützwand: g0k = 10 kN/m2 - Schnitt 23.260: kein Hangwasser - Schnitt 23.180: Hangwasser Einwirkungen - Eigengewicht Boden (für GZ Typ 3) - Erddruck (für GZ Typ 2) - Strömungsdruck - Auflast - Ankerkraft (für GZ Typ 3) Die Resultate der Berechnungen sind im Anhang 3.1 bis 3.5 graphisch dargestellt (Erddruckverteilung, Biegemo-mente und Querkräfte, Stabilitätsberechnungen). Die Stabilitätsberechnung für den Schnitt 23.180 befindet sich im Anhang 2.3. Lastfall Erddruck (kein Hangwasser) Im Folgenden sind die Ergebnisse für den Lastfall Erddruck (kein Hangwasser) zusammengestellt. Für den Schnitt 23.180, wo beim Bau Hangwasser angetroffen wurde, ist dieser Lastfall natürlich nicht massgebend, die Ergebnisse der Berechnungen sind trotzdem aufgeführt. Der Nachweis nach GZ Typ 2 für den Tragwiderstand der Stützwand und der Anker ergibt die folgenden Resultate. Schnitt 23.260 Ankerkraft Ah,d = 510 kN/m < Rh,d = 593 kN/m Bohrpfähle md = 212 kNm/m < mRd = 281 kNm/m vd = 110 kN/m < vRd = 146 kN/m Schnitt 23.180 Ankerkraft Ah,d = 800 kN/m < Rh,d = 945 kN/m Bohrpfähle md = 377 kNm/m < mRd = 455 kNm/m vd = 175 kN/m < vRd = 313 kN/m Der Nachweis der Tragsicherheit der Stützwand nach GZ Typ 2 ist erfüllt. Der Nachweis für die globale Standsicherheit (GZ Typ 3) unterscheidet sich nicht von der bisherigen Berechnung nach SIA 2009 und ist ebenfalls in Ordnung. Lastfall Hangwasser Der Lastfall Hangwasser wird nur für den Schnitt 23.180 untersucht. Der Nachweis nach GZ Typ 2 ergibt die folgenden Resultate. Schnitt 23.180 Ankerkraft Ah,d = 1050 kN/m > Rh,d = 945 kN/m Bohrpfähle md = 456 kNm/m mRd = 455 kNm/m vd = 310 kN/m vRd = 313 kN/m

    Der Tragwiderstand der Verankerung wird um rund 10% überschritten (Bemessungsniveau). Der Nachweis für den Tragwiderstand der Pfähle wird gerade noch erfüllt. Gegenüber dem Fall ohne Hangwasser resultieren um rund 31% grössere Ankerkräfte. Der Nachweis für die globale Standsicherheit (GZ Typ 3) unterscheidet sich nicht von der bisherigen Berechnung (vergleiche Abschnitt 5 bzw. Anhang 2). Die Anforderungen an die Standsicherheit sind auch für den Fall mit Hangwasser erfüllt. Ansatz für den aktiven Erddruck Im Nachweis nach GZ Typ 2 wird der Erddruck generell nur oberhalb der Aushubkote mit einem Lastbeiwert von F = 1.35 erhöht. Für den ungünstig wirkenden Erddruck unterhalb der Aushubkote gilt in der Regel F = 1.00. Diese Regelung ist in der praktischen Anwendung sehr einfach. In speziellen Fällen, wenn nämlich der Erdwiderstand gegenüber dem Erddruck auf der aktiven Seite relativ klein ist, kann dieser Ansatz aber zu einer zu optimi-stischen Bemessung führen. Bei der Stützwand Tänten-holz liegt wegen der relativ steilen Böschung am Wand-fuss dieser Fall vor. Die Norm SIA 267 schreibt deshalb vor, dass in solchen Fällen der Erddruck nicht nur oberhalb der Aushubkote, sondern oberhalb des Belastungsnullpunkts (ea,k = ep,d) erhöht werden muss. In den Diagrammen im Anhang 3 sind jeweils die Resultate mit beiden Ansätzen eingetragen. Im Schnitt 23.260 (ohne Hangwasser) ergibt sich bei einer Erhöhung des Erddrucks oberhalb des Belastungsnullpunkts gesamthaft eine rund 4% höhere Ankerkraft, wobei sich die Kraftzunahme praktisch auf die untere Ankerlage beschränkt. Die Beanspruchungen der Wand ändern sich nur unwesentlich. Im Schnitt 23.180 (mit Hangwasser) ergibt sich gesamthaft eine rund 5% höhere Ankerkraft. Die Beanspruchungen der Wand nehmen aber um etwa 20% (Biegemoment) bzw. 13% (Querkraft) zu. 5.4 Bemessung der Longarine / Ausfall eines Ankers Mit der Bemessung soll ein Versagen der Longarine verhindert werden, auch wenn die Anker über das planmässige Mass hinaus - im Extremfall bis zum Bruch - beansprucht werden. Damit soll die Möglichkeit zu Kraftumlagerungen im System sichergestellt werden. Die Longarine wird mit maximal 3 Ankern à 5 Litzen (Ppk = Ri,k = 910 kN) pro Feld belastet. In der Norm SIA 267 wird für die Bemessung von Tragwerksteilen, welche durch die Anker als ungünstige Einwirkung

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    belastet werden, folgender Bemessungswert der Anker-kraft festgelegt: Fd = 1.10 Ri,k Fd = 1.10 910 kN 1000 kN Infolge der Wirkung als Durchlaufträger darf für das untersuchte Feld der Longarine bei den Auflagern (Pfähle) eine volle Einspannung vorausgesetzt werden. Damit ergeben sich die folgenden Bemessungswerte der Auswirkungen (graphische Darstellung im Anhang 3.6). Biegemoment: Md+ = 560 kNm Md- = 970 kNm Querkraft: Vd = 500 kN Für die Ermittlung des Tragwiderstands gilt die neue SIA 262 "Betonbau". Es gelten die folgenden Bemessungswerte der Baustoffeigenschaften: - Beton C 20/25 (B 35/25 SIA 162): fcd = 13.5 N/mm2 - Betonstahl S 500 fsd = 435 N/mm2 Erforderliche Bewehrung Biegung Längsbewehrung: As Md / (z fsd) z 0.9 d 0.9 900 800 mm Md+ = 560 kNm As 560 / (800 435) = 1610 mm2 Md- = 970 kNm As 970 / (800 435) = 2790 mm2 Querkraft Bügelbewehrung: As Vd s / (z fsd cot) s = 180 mm z = 800 mm = 45° Vd = 500 kN Asw500180 / (800435) = 260 mm2 Längsbewehrung As Vd cot / fsd = 1150 mm2 Aufhängung Ankerkräfte As Fd / fsd = 1000/435 = 2300 mm2 Nachweise Längsbewehrung 6 30 mm hinten und vorne As+ = As- = 4240 mm2 As,erf+ = 1610 + 575 = 2185 mm2 4240 mm2 As,erf- = 2790 + 575 = 3360 mm2 4240 mm2 Bügelbewehrung Querkraft Bügel 14 mm vierschnittig As = 616 mm2 As,erf = 240 mm2 616 mm2

    Aufhängung Ankerkraft Je 4 Bügel 14 mm vierschnittig pro Anker As=2460mm2 As,erf = 2300 mm2 2460 mm2 Die Longarine erfüllt die Anforderungen an die Tragsicherheit. Bemerkung: Die Longarine wurde ursprünglich mit einem tieferen Bemessungswert der Ankerkraft (Pd = 1.5 P0 = 825 kN) bemessen. Da für die Bewehrung mit der Norm SIA 262 höhere Spannungen zugelassen werden,

    ist die Tragsicherheit aber auch bei der Bemessung mit Pd = 1000 kN nach den neuen Normen erfüllt Ausfall eines Ankers Durch obigen Nachweis ist sichergestellt, dass die Longarine nicht versagt, auch wenn sämtliche Anker bis zum Bruch belastet werden. Eine grössere Belastung der Longarine durch die Anker ist nicht möglich. Damit ist – bei duktilem Verhalten - automatisch sichergestellt, dass die Longarine beim Ausfall eines Ankers die Kraft dieses Ankers auf die Nachbaranker verteilen kann. Unter der Annahme, dass sich beim Ausfall eines Ankers die Kraft etwa gleichmässig auf die 5 Nachbaranker verteilt, ist in diesen Ankern ungefähr mit der folgenden vorhandenen Kraft zu rechnen. P 6/5 P0 = 6/5 0.6 Ppk = 0.72 Ppk Die vorhandene Ankerkraft sollte während der gesamten Nutzungsdauer den Wert von 0.7 Ppk nicht überschrei-ten. Da es sich beim Ausfall eines Ankers um eine aussergewöhnliche Bemessungssituation handelt, und da die Kraftzunahme der Nachbaranker und die damit verbundenen Verschiebungen durch die Überwachung der Wand festgestellt werden können, kann die gering-fügige Überschreitung dieses Wertes akzeptiert werden. 5.5 Bemessungssituation Erdbeben Die Stützwand liegt gemäss SIA 160 in der Gefähr-dungszone 1 und wurde im Sicherheitsplan von 1995 als Bauwerk der Klasse III bezeichnet. SIA 160 verlangt bei dieser Kombination von Gefährdungszone und Bau-werksklasse für Stützmauern keinen rechnerischen Nachweis der Erdbebensicherheit. Die Stützwand Täntenholz ist deshalb nicht auf Erdbeben bemessen worden. Die neue Norm SIA 261 "Einwirkungen auf Tragwerke" verlangt grundsätzlich für alle Bauwerksklassen einen rechnerischen Nachweis der Tragsicherheit bei Erdbe-ben. In der Norm SIA 267 wird diese Anforderung für geotechnische Bauwerke hingegen auf die folgenden Kombinationen von Erdbebenzone und Bauwerksklasse eingeschränkt: - Zone 1: Bauwerksklasse III - Zone 2: Bauwerksklasse II und III - Zone 3: Bauwerksklasse I, II und III In der Norm SIA 261 wird die Bauwerksklasse III mit den folgenden Merkmalen beschrieben: - Bauwerke mit einer lebenswichtigen Infrastruk-

    turfunktion - Bauwerke mit erheblicher Gefährdung der Umwelt Als Beispiel werden Stützmauern und Böschungen im Bereich von Verkehrswegen mit grosser Bedeutung für die Zugänglichkeit ausgewählter Bauwerke oder eines

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    Gebietes nach einem Erdbeben genannt. Nach unserer Auffassung trifft diese Beschreibung für die Stützwand Täntenholz nicht zu. Die Autobahn N20 ist zwar ein wichtiger Verkehrsweg, parallel dazu gibt es aber ein dichtes Netz von Kantonsstrassen, so dass eine vorüber-gehende Sperrung der N20 nach einem schweren Erd-beben aus unserer Sicht in Kauf genommen werden kann. Die Stützwand wäre demnach eher als Bauwerk der Klasse II einzustufen, auf einen Nachweis der Trag-sicherheit könnte verzichtet werden Als Beispiel haben wir jedoch am Querschnitt 23.260 die Einwirkungen und die Beanspruchungen der Stütz-wand für die Bemessungssituation Erdbeben ermittelt (siehe Anhang 3.7). Dazu sind wir von den folgenden Annahmen ausgegangen: - Erdbebenzone 1 nach SIA 261 Bodenbeschleunigung agd = 0,6 m/s

    - Bauwerksklasse III nach SIA 261 Bedeutungsfaktor f = 1.40

    - Seismischer Verhaltensbeiwert (nach SIA 267 Tab. 2) qa = 1.0

    - Erdbebeneinwirkung auf Stützbauwerke für Bemes-sung nach dem Ersatzkraftverfahren (nach SIA 267) Ad,h = Gk f agd / (g qa) = Gk 1.4 0.6 / (g 1.0) = 0.086 Gk Ad,v = 0.7 Ad,h = 0.060 Gk

    Bemerkung: Aus heutiger Sicht gehen wir davon aus, dass die Norm bezüglich Erdbeben noch fehlerhaft ist. Einerseits fehlt der Bodenfaktor S von ca. 1.40 (nach SIA 261 Tab. 25) in der Gleichung. Andrerseits müsste der Faktor qa für verankerte (verschiebliche) Stütz-wände eher 1.5 bis 2 betragen. Unter Berücksichtigung beider Faktoren werden die Ersatzlasten kleiner. Zusätzlich steht zur Diskussion, welche Ankerkräfte in der Bemessungssituation Erdbeben eingesetzt werden dürfen. Die Berechnung erfolgt mit dem Ersatzkraftverfahren. Zur Ermittlung des Erddruck haben wir die Erddruck-beiwerte nach der Methode von Mononobe-Okabe verwendet, in welchen die horizontalen und vertikalen Ersatzkräfte direkt berücksichtigt werden. Es ergeben sich die folgenden Erddruckbeiwerte (in Klammern Erddruckbeiwerte für den Fall ohne Erdbe-ben): = 0° Kah = 0.29 (0.26) Kph = 4.03 (4.60) = -26.5° Kph = 0.87 (1.36) Der Lastbeiwert für den aktiven Erddruck beträgt 1.00. Der zusätzliche Erddruck infolge Erdbeben (d. h. die Differenz zwischen dem aktiven Erddruck für den Fall ohne Erdbeben und für den Fall mit Erdbeben) wird gleichmässig auf die gesamte Wandhöhe verteilt. Anschliessend wird der Erddruck oberhalb der Berme rechteckförmig umgelagert.

    Für den passiven Erddruck gilt auch in der ausserge-wöhnlichen Bemessungssituation Erdbeben M = 1.40. Die Resultate der Berechnung sind im Anhang 3.7 zusammengestellt. Die Summe der Ankerkräfte überschreitet den Tragwiderstand der Verankerung nicht. Allerdings konzentriert sich die rechnerische Ankerkraft stark auf die untere Ankerlage. In diesem Bereich wird das Biegemoment sehr gross und überschreitet den Bemessungswert des Tragwiderstands der Pfähle. Der Bemessungswert des aktiven Erddrucks ist kleiner als im Fall ohne Erdbeben, da der Lastbeiwert von 1.35 wegfällt. Das ungünstigere Ergebnis ist daher darauf zurückzuführen, dass der mit der Methode von Mononobe-Okabe ermittelte Erddruckbeiwert für den passiven Erddruck bei der vorhandenen Böschungs-neigung von -26.5° gegenüber dem Fall ohne Erdbeben überproportional abnimmt. Bei horizontalem Terrain am Wandfuss würde die Bemessungssituation Erdbeben vermutlich nicht kritisch werden. Bemerkung: Mit einer derart steilen Böschung am Wandfuss wie im vorliegenden Fall befindet man sich am Rand des Gültigkeitsbereiches der verwendeten Berechnungsmethode – für eine genauere Beurteilung der Erdbebensicherheit wären deshalb weitere Untersuchungen nötig. Der Einfachheit halber haben wir die Bemessungs-situation Erdbeben mit der gleichen Geometrie unter-sucht wie die anderen Bemessungssituationen (maxi-maler Aushub beim Bau Trasse N20). Da die Eintre-tenswahrscheinlichkeit eines starken Erdbebens sehr klein ist, dürfte man an sich aber vom günstigeren Zustand bei fertig gebauter N20 ausgehen. 5.6 Vergleich mit der bisherigen Bemessung Vorbemerkung: Bisher war die Bemessung von geotechnischen Bauwerken nur in Teilbereichen geregelt; die Handhabung in der Praxis ist daher teilweise recht unterschiedlich. Der folgende Vergleich bezieht sich auf die "bisherige" Bemessung, wie sie im Abschnitt 4 des vorliegenden Berichts beschrieben ist. Änderungen im Berechnungsvorgang / Bemessungskonzept Für verankerte Stützwände sind die Unterschiede im eigentlichen Berechnungsablauf gegenüber der bisheri-gen Bemessung mit Merkblatt SIA 2009 relativ klein. Die wichtigsten Neuerungen in der Berechnung und Bemessung sind im Folgenden zusammengefasst. - Lastbeiwerte für den Nachweis der Tragsicherheit der

    Stützwand (GZ Typ 2)

    Die Lastbeiwerte für ständige Einwirkungen haben unabhängig vom betrachteten Lastfall einen kon-

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    stanten Wert. Eigengewicht und andere ständige Lasten (z. B. Auflasten) werden gleich behandelt

    Für Einwirkungen aus dem Baugrund gelten die gleichen Lastbeiwerte, unabhängig davon, ob es sich im konkreten Fall um ständige oder veränderliche Einwirkungen handelt

    Neue Lastbeiwerte: Eigenlasten G,Q = 1.35 (bisher 1.30) Auflasten G,Q = 1.35 (bisher 1.50 / 1.30) Erddruck G,Q = 1.35 (bisher 1.50 / 1.30) Wasserdruck G,Q = 1.20 (bisher 1.20 / 1.00 Der Ansatz des Lastbeiwerts für den Erddruck erfolgt in der Regel nur oberhalb der Aushubkote (allenfalls oberhalb des Belastungsnullpunkts).

    - Der Widerstandsbeiwert für den horizontalen Erdwi-derstand (Bodenauflager) beträgt neu nur noch M = 1.40 statt 1.50 wie bisher.

    - Die Lastbeiwerte für den Nachweis der

    Geländebruchsicherheit (GZ Typ 3) sind klar defi-niert. Für ständige Einwirkungen und für Einwirkun-gen aus dem Baugrund beträgt der Lastbeiwert 1.0.

    - Der Bemessungswert der Ankerkraft als ungünstige

    Einwirkung (z. B. für die Bemessung der Longarine) wird mit Pd = 1.10 Ri,k festgelegt.

    - Die Berechnung des Tragwiderstands von Stahlbeton-

    Bauteilen erfolgt neu mit Bemessungswerten der Bau-stoffeigenschaften, statt wie bisher mit charakteristi-schen Werten und anschliessender Reduktion mit einem Widerstandsbeiwert.

    - Die Berechnung des inneren Tragwiderstands von Pfählen erfolgt neu unabhängig vom Pfahltyp mit einer einheitlichen Reduktion des Tragwiderstands (i = 0.80) gegenüber dem Widerstand des reinen Pfahlbaustoffs.

    Da die Lastbeiwerte für die ständigen Einwirkungen und für die Einwirkungen aus dem Baugrund unabhängig vom untersuchten Lastfall konstant sind, genügt für den Nachweis der Tragsicherheit einer Stützwand praktisch immer die Betrachtung eines einzigen Lastfalls pro Bemessungssituation Der Nachweis der Geländebruchsicherheit unterscheidet sich praktisch nicht vom Nachweis gemäss SIA 2009. Die Ermittlung des Tragwiderstands von vorgespannten Ankern ist identisch mit dem Vorgehen nach der bisher gültigen E SIA V 191. Die Ermittlung des inneren Tragwiderstands von Pfählen wurde gegenüber E SIA V 192 vereinfacht. Vergleich der Resultate Die Resultate der bisherigen Bemessung (siehe Abschnitt 5) für die Bemessungssituation "Bau Trasse N20" werden mit der neuen Bemessung nach SIA 267 verglichen (Diagramme im Anhang 4). Da in der Ermittlung der Auswirkungen und in der Ermittlung des Tragwiderstands Änderungen vorgenom-men wurden, müsste eigentlich die jeweilige Ausnuz-zung des Tragwiderstands (Ed/Rd) verglichen werden. Im konkreten Fall sind die Tragwiderstände aber für beide Bemessungskonzepte praktisch identisch (siehe Abschnitt 4.4), so dass ein direkter Vergleich der Aus-wirkungen (Beanspruchungen) genügt.

    Vergleich der Bemessung nach SIA 267 und der bisherigen Bemessung

    Auswirkungen Ed

    neu (SIA 267)

    bisher (SIA 2009)

    Ed [%]

    Anker Ah,d [kN/m] Schnitt 23.260 510 580 - 12%

    Schnitt 23.180 (ohne Hangwasser)

    800 940 - 15%

    Schnitt 23.180 (mit Hangwasser)

    1050 1150 - 9%

    Pfähle md [kNm/m] Schnitt 23.260 212 238 - 11%

    Schnitt 23.180 (ohne Hangwasser)

    377 430 - 11%

    Schnitt 23.180 (mit Hangwasser)

    456 516 - 12%

    Pfähle vd [kN/m] Schnitt 23.260 110 124 - 11%

    Schnitt 23.180 (ohne Hangwasser)

    175 240 - 27%

    Schnitt 23.180 (mit Hangwasser)

    310 360 - 14%

    Tabelle 7: Vergleich der Resultate

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    Der Bemessungswert der Ankerkraft (Summe der zwei Ankerlagen) ist im vorliegenden Beispiel bei der Bemessung nach SIA 267 etwa 9% bis 15% kleiner als bei der bisherigen Bemessung. Der Unterschied ist beim Fall mit Hangwasser am kleinsten. Die Bemessungswerte der Biegemomente in der Stütz-wand sind bei der neuen Bemessung 11% bis 12% klei-ner als bei der ursprünglichen Bemessung. Bei der Querkraft beträgt der Unterschied 11% bis maximal 27%. Bei der Stabilitätsberechnung ergeben sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen der neuen und der bisherigen Bemessung. Schlussfolgerung Die Bemessung mit der neuen Norm SIA 267 führt beim Nachweis der Tragsicherheit (GZ Typ 2) für verankerte Stützwände in der Regel zu günstigeren Resultaten. Im vorliegenden Fall betragen die Unter-schiede in der erforderlichen Ankerkraft rund 10 bis 15%. 6. KOMMENTAR In der praktischen Durchführung der Berechnung und Bemessung hat sich aber an sich nicht sehr viel geändert. Die Änderungen in den Ergebnissen der Bemessung haben jedoch aus unserer Sicht wichtige Konsequenzen a) Allgemein Für die Festlegung der erforderlichen Ankerkraft wird bei Stützwänden in der Regel die Bemessung nach GZ Typ 2 massgebend. Die Bemessung mit der neuen Norm SIA 267 ergibt dabei in den meisten Fällen eine kleinere Ankerkraft als bisher. Damit ist auch die vorhandene

    Tragsicherheit klar kleiner als bisher. Dies ist grund-sätzlich vertretbar, die folgenden Punkte sind aber zu beachten: - Die Bedeutung korrekter Annahmen nimmt zu - Die Bedeutung von korrekten Berechnungen nimmt

    ebenfalls zu. - Es sind deutlich weniger Unsicherheiten (wie z. B.

    ungeplante Auflasten, grössere Aushubkoten, Hang-wasser etc.) abgedeckt. Diese müssen – wie in der neuen Norm SIA 267 z. B. für Aushubkoten gefordert - in der Bemessung konsequent beachtet werden.

    - Die Tragsicherheit nimmt bei Berechnungen ohne die Berücksichtigung von Wasserdrücken besonders stark ab. Die Berücksichtigung eines allfälligen (Hang-) Wasserdruckes wird damit für eine sichere Bemessung noch wichtiger als bisher

    - Vorspanngrad der Stützwände wird mit der neuen Bemessung im Normalfall kleiner werden als bisher. Damit ist künftig tendenziell mit grösseren Wandverformungen zu rechnen. Der Nachweis der Gebrauchstauglichkeit wird dadurch wichtiger.

    b) Stützwand Täntenholz Wäre die Stützwand Täntenholz nach SIA 267 (ohne Hangwasser) bemessen worden, wäre die heutige Situ-ation erheblich heikler! Bei der bisherigen Bemessung liegen die erforderlichen Ankerkräfte (Bemessungs-werte) für den Fall mit Hangwasser etwa 22% über den Kräften für den Fall ohne Hangwasser, bei der Bemes-sung nach SIA 267 beträgt die Zunahme der Anker-kräfte rund 31%. Im weiteren zeigt das Beispiel deutlich, dass Stütz-wände mit Böschungen am Fuss relativ heikle Bau-werke sind. Weil der Erdwiderstand mit der Tiefe nur langsam zunimmt, reagieren solche Wände auch bei "komfortabler" Einbindetiefe empfindlich auf zusätz-liche Lasten

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    Anhang 1.1 Untersuchter Querschnitt km 23.260

    Anhang 1.2 Untersuchter Querschnitt km 23.180

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    Anhang 2.1 Bemessung nach SIA Merkblatt 2009, km 23.180 Resultierende Druckfigur

    Anhang 2.2 Bemessung nach SIA Merkblatt 2009, km 23.180 Beanspruchungen

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    Anhang 2.3 Bemessung nach SIA Merkblatt 2009, km 23.180 Gesamtstabilität

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    Anhang 3.1 Bemessung nach Norm SIA 267, km 23.260 Resultierende Druckfigur

    Anhang 3.2 Bemessung nach Norm SIA 267, km 23.260 Beanspruchung

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    Anhang 3.3 Bemessung nach Norm SIA 267, km 23.260 Gesamtstabilität

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    Anhang 3.4 Bemessung nach Norm SIA 267, km 23.180 Resultierende Druckfigur

    Anhang 3.5 Bemessung nach Norm SIA 267, km 23.180 Beanspruchung

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    Anhang 3.6 Bemessung nach Norm SIA 267 Bemessung der Longarine Anhang 3.7 Bemessung nach Norm SIA 267, km 23.260 Bemessungssituation Erdbeben

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    Anhang 4.1 Vergleich der Bemessung nach SIA 267 mit der Bemessung nach Merkblatt 2009, km 23.260 Resultierende Druckfiguren

    Anhang 4.2 Vergleich der Bemessung nach SIA 267 mit der Bemessung nach Merkblatt 2009, km 23.260 Beanspruchungen

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    Anhang 4.3 Vergleich der Bemessung nach SIA 267 mit der Bemessung nach Merkblatt 2009, km 23.180 Resultierende Druckfiguren

    Anhang 4.4 Vergleich der Bemessung nach SIA 267 mit der Bemessung nach Merkblatt 2009, km 23.180 Beanspruchungen