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INTERVIEW: PHILIPP GONON, PROFESSOR Magazin der EB Zürich Kantonale Berufsschule für Weiterbildung Nr. 7 Oktober 2005 – Dezember 2005 THEMA: LERNEN NACH MASS e EB KURS Mit 8 Seiten Journi-Journal

EB Kurs - Magazin der EB Zürich Herbst 2005

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Lernen nach Mass

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INTERVIEW: PHILIPP GONON, PROFESSOR

Magazin der EB ZürichKantonale Berufsschule für WeiterbildungNr. 7Oktober 2005–Dezember 2005

THEMA: LERNEN NACH MASS

e

EBKURS Mit 8 Seiten

Journi-Journal

DAS «JAHR DER ERÖFFNUNG» IM BIZEIm BiZE finden zur Eröffnung folgende spannende Veranstaltungen statt:

Open House26. November 2005

Feier der Sprachkulturen 3. Dezember 2005

Spannungsfeld Bildung4. Februar 2006

Literaturfest11. März 2006

Schöne virtuelle Welt1. April 2006

Der flexible Mensch: Ein Festival der Biografien13. Mai 2006

Ständig auf eigenen Füssen20. Mai 2006

EB AUF KURS2

BIZE-BISTRO: HAUTE CUISINE?Brainfood. Knackige Salate, gut gefüllte Sandwiches, ein feiner Gemüsegratin, zum Abschluss ein kräftigerEspresso. Das Bistro auf dem Dach des BiZE verspricht viel und hält einiges.Über die beeindruckende Aussicht aus dem neuen Bistro im BiZE ist schonviel Lobendes geschrieben worden. Aber von der Aussicht allein hat nochniemand gegessen. Die Gäste, meist Denkarbeiterinnen und Denkarbei-ter, erwarten auch gesunde Gerichte zu moderaten Preisen. Wird dasBistro den Ansprüchen gerecht?

TEST-ESSEN. Die griechische Reispfanne für Fr. 8.80 ist pikant ange-richtet, Feta-Würfel und geschnetzeltes Gemüse geben dem Gerichteinen abgerundeten Geschmack. Der Salat dazu ist knackig, die Sauce(französisch) dürfte noch etwas eigenständiger sein. Das Schweins-schnitzel mit Kräuterbutter für Fr. 10.50 ist gut durchgebraten, dieNudelbeilage grosszügig bemessen, nur das Rotkraut ist leicht verkocht.

START-PROBLEME. Mit der Startwoche war Christel Gerber, Betriebs-leiterin, nicht zufrieden: «Dreimal Poulet auf dem Menuplan, damitbin ich nicht einverstanden», sagt sie. Auch die angelieferten Fertig-Salate hätten zu lange in der Sauce gelegen. Dafür macht sie die üblichenAnfangsschwierigkeiten verantwortlich: «Wir mussten uns zuerst mitden Maschinen und der neuen Küche vertraut machen.»

HOHE KÜCHE. Inzwischen haben selber zusammenstellbare Menüsdie fixen Gerichte abgelöst, und einige Salate werden frisch zubereitet.Gegen den kleinen Hunger zwischendurch gibt's die üblichen Snacks,unter dem Gebäck zum Kaffee stechen die selbst gemachten Früchte-Wähen hervor. Fazit: Nicht gerade Haute-Cuisine, aber allemal hoheKochkunst, die hier hoch über den Dächern des Seefelds geboten wird.

Wie finden Sie Angebot, Preise, Öffnungszeiten im BiZE-Bistro? Schrei-ben Sie uns Ihre Meinung an: [email protected]

Zufriedene Bistro-Gäste begutachten das Angebot des Zürcher Frauenvereins

VORMERKEN!

INHALTEDITORIAL 3

5 LernberatungAm richtigen Ort nachfragen.

6 Ein Massatelier fürs LernenWo jedes Lernbedürfnis seinen Platz findet.

22 Freude am SchreibenWie gute Texte entstehen.

24 Digitale MusikTonspuren auf dem Computer.

26 BildungsmanagementPhillipp Gonon im Gespräch.

29 Kunst am Bau«PingPong» im BiZE.

13 Beilage Journi-JournalAngehende Journalistinnen undJournalisten schreiben über Facetten des Lernens.

STANDARDS

02 EB auf Kurs

03 Editorial

04 Bemerkenswert

21 Tipps und Tricks

30 Kultur: Lesen, hören, sehen

31 Comic

Die ideale LernumgebungWir sind umgezogen. Erfolgreich und hoffnungsvoll. Täglich schreite ich überdas «PingPong»-Spiel des Zürcher Künstlers Jogannes Gees (siehe Titelbildund Artikel S. 29). Seine Leuchtbuchstaben begleiten mich ins Innere desrundum erneuerten Gebäudes: Dieses Haus verströmt Licht und Luft, Gross-zügigkeit und Ruhe (selbst bei offenen Fenstern!). Und es beinhaltet dieperfekte Infrastruktur für modernes Lernen: Ideal eingerichtete Kursräumeetwa oder das neue Lernfoyer mit seinem Angebot für selbst gesteuertes, mass-geschneidertes Lernen (siehe Artikel S. 6)Das neue Bildungszentrum im Seefeld setzt neue Massstäbe in der Weiter-bildung! Für uns und vor allem für Sie. Wir bedanken uns bei allen, die diesmöglich gemacht haben.Auf bald im BiZE! Serge Schwarzenbach, Herausgeber

PS Vom Lernen handelt auch die spannende Beilage in der Mitte dieser Aus-gabe, die Lernende der EB Zürich gestaltet haben (ab Seite 13).

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5 beraten

22 schreiben

26 managen

IMPRESSUM • EB KURS NR. 7 / OKTOBER BIS DEZEMBER 2005 • MAGAZIN DER EB ZÜRICH • KANTONALE BERUFSSCHULE FÜR WEITERBILDUNG ZÜRICH • FELDEGGSTRASSE 11 . 8090 ZÜRICH • TELEFON 0842 843 844 • FAX 01 267 80 31 • INTERNET WWW.EB-ZUERICH.CH • E-MAIL [email protected] • AUFLAGE 33 000 • HERAUSGEBER (FÜR DIE GESCHÄFTSLEITUNG:) SERGE SCHWAR-ZENBACH • REDAKTION CHRISTIAN KAISER, FRITZ KELLER • GESTALTUNG ATELIER VERSAL, PETER SCHUPPISSER TSCHIRREN, ZÜRICH • TEXTE ANJA EIGENMANN, ESTHER GÜDEL, CHRISTIANKAISER, FRITZ KELLER, MARLISE LEINAUER, EMMY RYE, CHARLOTTE SPINDLER • FOTOS CLAUDIA BRUCKNER, RETO SCHLATTER, NADJA TRATSCHIN • ILLUSTRATIONEN EVA KLÄUI, ALEXMACARTNEY • DRUCK GENOSSENSCHAFT ROPRESS ZÜRICH •

BEMERKENSWERT4

GESEHEN, GEHÖRT

REBELLIONLEHREN AUS GESCHICHTE. Emil Zopfi, Schriftstellerund Kursleiter an der EB Zürich, hat ein neues Buchveröffentlicht: Im historischen Roman «Schrot und Eis»erzählt er, wie am 6. September 1839 einige tausendReligiös-Konservative aus der Zürcher Landschaft dieStadt stürmen. Es kommt zum Kampf, Zürichs liberal-radikale Regierung stürzt, für wenige Jahre kommen dieKonservativen an die Macht. Entstanden ist eine spannen-de Geschichte mit einigen überraschenden Parallelen zuaktuellen politisch-gesellschaftlichen Auseinanderset-zungen. «Schrot und Eis – Als Zürichs Landvolk gegen dieRegierung putschte», 270 Seiten, 38 Franken.

FUNKTIONHAUSMEISTER AUS BERUFUNG. Seit 33 Jahren wirktBruno Menti als Hausmeister im Schulhaus an der Feld-eggstrasse 11. Dabei hat er manchen Wechsel erlebt, dientedoch das Gebäude immer wieder verschiedenen Nutze-rinnen und Nutzern. Nun sorgt Menti zusammen mitzehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür, dassEB Zürich und KME unter optimalen Arbeitsbedingun-gen funktionieren können. Wo Probleme mit den Räu-men auftauchen, findet Bruno Menti stets eine Lösungund setzt dabei seinen schlagfertigen Humor ein. Auchwenn die Pensionierung langsam näher rückt, bis imFebruar 2007 bleibt er Hausmeister mit Leib und Seele.

IMPROVISATIONJAZZERIN AUS ZÜRICH. Jetzt ist er fertig, der neueDokumentarfilm von Gitta Gsell. Die Regisseurin undKursleiterin im Bereich Video an der EB Zürich zeigtStationen aus dem Schaffen der Musikerin Irene Schwei-zer. Die Pianistin und zeitweilige Schlagzeugerin gehörtzu den Pionierinnen der freien improvisierten Musik inEuropa. Doch nicht nur die Musik steht im Zentrumdes Films, Gsell interessiert sich auch für den Menschenhinter der «First Lady des Jazz», zeigt sie privat zwischenTerminen im Ausland oder während Proben. Musikali-sche Höhenflüge wechseln ab mit der alltäglichenBeziehungspflege und Momenten der Einsamkeit.

PRODUKTIONGESCHENK AUS STAHL. Marcel Krämer, Geschäftsfüh-rer der Firma Blechtech AG in Rümlang und Teilnehmerdes Kurses «SVEB-Zertifikat für Berufsbilder/innen»,gestaltete eine Lerneinheit zur Produktion von Pfannen-untersätzen. Eine Frage lautete, wie lange eine Maschinebraucht, um einen Untersatz aus einem Stück rostfreienStahl zu schneiden. Krämer liess sie nicht nur theoretisch,sondern auch praktisch beantworten: In seiner Firmaproduzierte er verstellbare Pfannenuntersätze mit demLogo der EB Zürich. Als Dank für das gute Arbeitsklimaim Kurs schenkte Krämer der Kursleitung und allen Teil-nehmenden ein Exemplar. Produktionszeit: 30 Sekunden.

PORTRÄT 5

regionalen Arbeitsvermittlungszentrum RAV konn-ten sie mir nicht helfen. Sie schickten mich weiter voneiner Beratungsstelle zur anderen, alles ohne Erfolg.Zuletzt suchte ich im Internet und stiess auf dieWeiterbildungsberatung bei der EB, wo ich spontananrief. Mir war klar: Dies würde mein letzter Ver-such sein!

Die Beraterin, Regula Brunner, nahm sichwährend zwei Sitzungen Zeit für mich. Sie machteeine exakte Bestandesaufnahme meiner Fähigkeitenund Interessen und zeigte mir, in welche Richtungich gehen könnte. Sehr gerne hätte ich Architekturstudiert, doch Regula Brunner riet mir davon ab, weildie Ausbildung mit sieben Jahren viel zu lange dau-ern würde. Aufgrund meiner kaufmännischen Praxisund der guten Sprachkenntnisse kristallisierte sichbald einmal heraus, dass der Besuch einer Handels-schule für mich am meisten Sinn machen würde. Sotat ich in den folgenden Wochen nichts anderes, alsdieAngebote verschiedener Handelsschulen im RaumZürich zu prüfen.

Seit kurzem arbeite ich nun als gut bezahlte Sach-bearbeiterin und drücke immer samstags die Schul-bank. Sobald ich mein Diplom in der Tasche habe,suche ich mir einen Traumjob – wer weiss, vielleichtwieder auf einem Reisebüro.»

«Ich bin mit einem Schweizer verheiratet undwohne seit neun Jahren in Zürich.Während den erstendrei Jahren belegte ich an der EB Deutsch für Fremd-sprachige. Das half mir, mich relativ schnell zu inte-grieren. Zwischendurch zogen wir für ein Jahr nachGenf, wo ich zusätzlich Französisch lernte.

In Peru habe ich ursprünglich Werbefachfrau stu-diert, doch diese Ausbildung ist in der Schweiz nichtanerkannt. Deshalb nahm ich eine Stelle in einemReisebüro an, wo mir meine Sprachkenntnisse sehrzugute kamen. Da gefiel es mir eigentlich gut. Dochnach dem Anschlag vom 11. September 2001 in NewYork bekamen wir in der Abteilung Kreuzfahrtenplötzlich sehr viel zu tun, weil die Leute nicht mehrfliegen wollten. Ich musste immer mehr arbeiten undmehr Verantwortung übernehmen, ohne dafür abermehr Lohn zu erhalten. Ich hätte kein Schweizer Dip-lom und könne noch zu wenig Deutsch, sagte meindamaliger Arbeitgeber. Da wurde es mir zu viel, undso kündigte ich vor einem Jahr. Gleich danach belegteich an der EB einen zweimonatigen Intensivkurs fürDeutsch und lernte anschliessend an der University ofMiami in Florida während vier Monaten Englisch.

Nun wollte ich unbedingt ein schweizerischesDiplom erwerben, wusste aber nicht wie. Deshalbsuchte ich eine gute Berufsberatungsstelle. Beim

STANDORTBESTIMMUNG HATMICH WEITERGEBRACHTFast schon verzweifelt. Für Yalenka Lichtensteiger war die Weiter-bildungsberatung an der EB Zürich ein Glücksfall. Sie wollte sich beruf-lich verändern, wusste aber nicht genau, wie. Von Emmi Rye

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Weiterbildungsberaterin Regula Brunner imGespräch mit Yalenka Lichtensteiger aus Peru.

LERNFORMEN6

Neue Schale, neuer Kern: Im Bildungs-zentrum für Erwachsene BiZE im Riesbachhat die EB Zürich ihr Angebot neugeordnet und erweitert. Das Konzept, dasmassgeschneidertes Lernen ermöglicht,dürfte in der Schweiz einzigartig sein.Didaktikexperten erwarten mit Spannungdie ersten Erfahrungen. Von Anja Eigenmann

MASSGESCHNEIDERTES In zwölf Monaten Bauzeit wurden rund 22 Mil-

lionen verbaut, 430 Fenster ausgewechselt, 5500 Qua-dratmeter Bodenbeläge und Schallschutzplatten ver-legt. Nun ist das neue Bildungszentrum für Erwach-sene BiZE von den neuen Besitzern in Beschlaggenommen worden, neues Wissen wird aufgebaut,Fertigkeiten angeeignet. Die EB Zürich wählt bei derWissensvermittlung spezielle Wege: Neben den tra-ditionellen Unterrichtskursen und -Lehrgängen willsie künftig stark das selbst gesteuerte Lernen fördernund stellt dafür die geeignete Infrastruktur zur Ver-fügung. Jeder Lerntyp soll mit einem massgeschnei-derten Angebot auf seine Rechnung kommen, jedesWeiterbildungsanliegen wird ernst genommen. Be-merkenswert: Firmen und staatliche Institutionen,können ihre Mitarbeitenden durch die EB Zürichschulen lassen. Sie können ein Anliegen formulierenund sich Vorschläge für Weiterbildungsveranstaltun-gen unterbreiten lassen.

DIE EB ZÜRICH FLIEGT AUS. Für André Schläfli, Di-rektor des Schweizerischen Verbandes für Weiterbil-dung, entspricht die EB Zürich damit einem klarenBedürfnis: «Viele KMUs wissen nicht, wohin sie ihre

Individuelle Lernberatung schon am Empfang.

LERNFORMEN 7

LERNEN

Moderne Computer-Arbeitsplätze zum Selberlernen.

Angestellten zur Weiterbildung schicken sollen. Esbraucht neue Angebote oder Kooperationen. Bei denoffenen Seminaren, welche traditionell im Markt an-geboten wurden, stellen wir einen Rückgang fest.»

Auf Wunsch gehen EB-Zürich-Trainer auch aus-wärts zu KMUs und Institutionen. EB-Zürich-Lehr-personal ist dabei, eigens für Vereine Unterrichtsmo-dule zu entwickeln.Weiterhin bietet die EB Zürich dietraditionellen Kurse und Lehrgänge in den BereichenDeutsch, Fremdsprachen, Informatik, Didaktik undBildungsmanagement sowie Persönlichkeit und Ma-nagement an.Von Einzelpersonen wird diese Form fürden Erwerb von Grundlagen nach wie vor geschätzt.

WISSEN ALS ERLEBNIS-TOUR. «Das Niveau der Wei-terbildungsangebote in der Schweiz ist im inter-nationalen Vergleich sehr hoch stehend. Dank dergrossen Konkurrenz sind wir an der Spitze», erklärtAndré Schläfli. «Schlechter sieht es bei der Förderungder Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben, Rech-nen aus. Dafür ist man in der Schweiz noch zu wenigsensibilisiert.» Mit Alphabetisierungskursen decktdie EB Zürich auch diesen Bereich ab und kann einigeErfolge vorweisen.

An der EB Zürich sind durch jahrzehntelangeTätigkeit in der Erwachsenenbildung vielfältige Er-fahrungen zusammengekommen, die meisten Leh-renden kommen aus der Praxis. Damit ist einewichtige Voraussetzung für lebensechten Unterrichtgegeben. Neue Erkenntnisse aus der Hirnforschungzeigen, dass der Lerneffekt umso grösser ist, je pra-xisorientierter der Unterricht ist und je mehr dieLernenden die Theorie mit Erlebnissen verknüpfenkönnen.«Eigentlich weiss man schon lange,dass beimFrontalunterricht Lernende am wenigsten profitie-ren. Dennoch ist er noch immer sehr verbreitet», stelltAndré Schläfli fest. Auch Agnes Weber, Fachfrau fürselbst gesteuertes Lernen, weiss aus Erfahrung: «DerGraben zwischen Theorie und Praxis ist noch immersehr gross.» Dabei gibt es schon länger Modelle mitgutem Lerneffekt: André Schläfli erwähnt die Har-vard-Methode, bei der die Lernenden ein konkretesProblem aus der Praxis lösen müssen, das exemplari-sche Lernen, Planspiele.

KENNTNISSE HER, ABER DALLI! Mit ihrem flexibi-lisierten, individualisierten Angebot reagiert dieEB Zürich auf Kundenwünsche. Regula Brunner von

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der Weiterbildungsberatung erklärt: «Vermehrt mel-den sich Leute, die etwas ganz Spezifisches suchen.Jemand arbeitet beispielsweise an einem Projekt undsollte dafür eine Präsentation zusammenstellen. Eineandere Person hat einen neuen Job und muss wissen,wie Excel-Grafiken erstellt werden. Oder jemand sollin kürzester Zeit Grundkenntnisse einer Fremdspra-che erwerben, weil er eine Reisegruppe ins Auslandbegleiten wird. Für diese Kunden ist ein Kurs, der inzwei Monaten beginnt und zwölf Wochen dauert,nicht geeignet. Sie brauchen schnelle, flexible An-gebote.» Solche Leute müssen am ehesten für sichallein Wissen erwerben, «selbst gesteuert lernen», wieder Begriff in der Didaktik heisst. Darunter wird ver-standen, dass eine Person ein eigenes Interesse, eineigenes Lernanliegen verfolgt. Dadurch ist sie zwarmotiviert, aber es ist dennoch nicht einfach für sie,Erfolge zu verzeichnen.

LERNEN AN DER LANGEN LEINE. Wo anfangen? Wievorgehen? Wie am effizientesten lernen? Agnes Weber

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weiss aus Erfahrung: «Es braucht geeignete Werk-zeuge und Strategien, klare Ziele und Nachweise,damit Ziele erreicht werden können. Und in der Regelbraucht es eine Begleitung. Jemand, der einen unter-stützt und sagt, wo man steht.» Lerngruppen seieneine geeignete Form dafür, lautet ihre Überzeugung.«Die Mitglieder können einander Feedback geben,einander stärken, miteinander diskutieren.» Selbstgesteuertes Lernen sei auch sinnvoll im Zusammen-hang mit einem Kurs, der besucht wird: «Wer selbstgesteuert lernt, muss auch reflektieren. Zum Beispielmuss er oder sie die eigenen Lernfortschritte erken-nen, aber auch die Dinge, die noch fehlen», so AgnesWeber. Andreas Meier, der an der Projektierung desLernfoyers (siehe Box) beteiligt war,wünscht sich,dasssich im Bildungszentrum im Riesbach Lerngruppenfinden, zum Beispiel mit Hilfe des schwarzen Brettes:«Es ist unsere Vision, dass sich Leute selbständig zu-sammentun und gemeinsam lernen.» Esther Schreier,Kursleiterin an der EB Zürich, denkt, dass das funk-tionieren wird: «Nach meiner Erfahrung finden sich

Lernen in Kleingruppen im Lernfoyer.

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des selbst gesteuerten Lernens zu wenig kräftig: «Inder Schweiz wird viel geschrieben, aber wenig ge-macht in diese Richtung. Hierzulande bildet mansich immer noch zum grössten Teil traditionell imRahmen von Kursen an Institutionen weiter», kon-statiert er.

BIBLIOTHEK ALS BILDUNGSBORN. In Deutschlanddagegen haben sich schon seit einiger Zeit Biblio-theken als Orte des selbst gesteuerten Lernens her-vorgetan. In ihrem Umfeld sind einige Projekte ent-standen, die zum Ziel haben, eigenständige Formendes Lernens zu fördern. Ein Beispiel ist das Selbst-lernzentrum Offenbach. Des Weitern hilft die Stadt-bücherei Stuttgart Lernwilligen, Wissensquellen zuerschliessen, Netzwerke mit Gleichgesinnten aufzu-bauen und Lernarrangements zu inszenieren.

Auch an der EB Zürich besteht die Vision, denLernenden mehr und mehr Eigenverantwortung fürihren Wissenserwerb zu übergeben. Zu diesem Zweckwurde im BiZE das Lernfoyer geschaffen, ein Raum,

Leute zur Zusammenarbeit,wenn ihnen ein Raum zurVerfügung steht.»

FRISCHE BRISE AUS KOPENHAGEN. Selbst gesteuer-tes Lernen ist in Didaktikkreisen als besondere Formschon länger ins Blickfeld gerutscht. An den Univer-sitäten beispielsweise ist es gang und gäbe, weil dieBetreuungskapazitäten von Professoren oft zu kleinsind.Es laufen nun aber allgemeine Bestrebungen,dasWissen, das im Selbststudium erworben wurde, offi-ziell anzuerkennen. Analog zur Bologna-Reform derHochschulen gibt es den «Kopenhagener Prozess»,mit welchem der Bund künftig generell Bildungsleis-tungen und Kompetenzen anrechnen will. Mit Hilfedes «Kopenhagener Prozesses» können verschiedeneAbschlüsse, Zertifikate und Diplome einem Niveauzugeordnet werden.Dieses System erlaubt,einen offi-ziell anerkannten Abschluss einer Ausbildung zuerreichen, ohne den üblichen Bildungsweg wie bei-spielsweise eine Lehre absolviert zu haben. Für AndréSchläfli sind aber die Massnahmen zur Unterstützung

LERNFORMEN

Konzentration dank Ruhe und inspiriender Umgebung.

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in dem sich alle, die sich weiterbilden möchte, indi-viduell holen können, was sie an Unterstützung brau-chen: Links aus Online-Linksammlungen, verschie-dene Medien aus der Präsenzbibliothek der EBthekund der Mediothek der Kantonalen Maturitätsschulefür Erwachsene KME, Hilfe bei der Benützung derInfrastruktur, kürzere und längere Beratungen zuspezifischen Themen, Lernateliers, während derer dieTeilnehmenden an den eigenen Projekten arbeitenund sich wenn nötig Hilfe beim Lernbegleiter oder der-begleiterin holen können, Weiterbildungsberatun-gen, Lern- und Schreibcoaching. Und das Entwick-lungsteam des Lernfoyers hofft, dass sich auchArbeitsgruppen zusammenfinden, in denen sich dieZugehörigen aus den beiden Teilen des BiZE, derKME und der EB Zürich, mischen.

«Mir ist in der Schweiz kein Angebot bekannt,das mit dem Lernfoyer vergleichbar ist», sagt AndréSchläfli. «Ich finde es gut, dass die EB Zürich so etwasauf die Beine stellt. Nun können Erfahrungen damitgesammelt werden.Ich bin gespannt darauf.» Ähnlichsieht es Regula Brunner: «Wir müssen erst nochspüren, was die Leute brauchen, und dann vielleichtAnpassungen vornehmen. An sich hoffen wir, dasssich die Weiterbildungsberatung, das Kursangebotund die Lernateliers gut ergänzen werden.»

SELBER LERNEN À LA KIWI. Schweizweit mag dasLernfoyer eine Neuheit sein. Weltweit betrachtet istdas nicht der Fall: Beispielsweise die «LanguagesInternational»-Sprachschule in Auckland, Neusee-land, hat Anfang 2003 das «Learning Centre» einge-führt. Wie im Lernfoyer stehen den StudierendenComputer zur Verfügung sowie Lehrpersonal fürHilfestellungen. Insgesamt umfasst es 120 Arbeits-plätze, 52 davon an Computern. Bis zu sechs Lehrerkümmern sich um die Studierenden. Das Lernen imCentre ist fester Bestandteil des Lehrplanes, und alleStudierenden müssen mindestens drei Stunden

Lernprogramme und Linksammlungen stehen zur Verfügung.

DAS LERNFOYER DER EB ZÜRICHDas Zentrum des selbst gesteuerten Lernensim Bildungszentrum für Erwachsene imRiesbach ist das Lernfoyer. Betritt man dasSchulhaus von der Tramstation Feldeggstrass-se über den heimlichen Haupteingang imGartengeschoss, wird man automatisch dorthingeleitet. Erste Anlaufstelle dort ist

DIE EMPFANGSTHEKE. Dort formuliert mansein Lern-Anliegen, kann sich über das An-gebot informieren, Kurse, Lernateliers oderBeratungen buchen, Computerplätze reser-vieren und Notebooks ausleihen.

DAS KOSTENLOSE GRUNDANGEBOT desLernfoyers für Kundinnen und Kunden um-fasst die Benützung der Präsenzbibliothekmit Lernprogrammen, Nachschlagewerkenund Büchern, der Lese-Ecke mit Zeitungenund Zeitschriften, der Computer-Infrastruk-tur mit festen Arbeitsplätzen und Notebooks.Auf der Website http://lernfoyer.eb-zuerich.ch finden sich auch umfangreicheund stets aktualisierte Linksammlungen.Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter bietenOrientierungshilfen bei Fragen rund um dasLernen im Lernfoyer an. In Veranstaltungenreferieren interne und externe Fachleute zuaktuellen Themen. Nicht-Kundinnen undNicht-Kunden der EB Zürich können für 100Franken Drei-Monats-Abonnemente für dieBenützung des Lernfoyers lösen.

LERNFORMEN 11

pro Woche dort arbeiten. Zusätzlich hält das Lehr-personal Beratungssitzungen ab für die Englisch-lernenden.

Nach Auskunft von Sally Logan,der Managerin desLearning Centres, sind die Erfahrungen mit diesemselbst gesteuerten Lernen in Kombination mit festenLektionen sehr gut: «Die Studierenden haben imLearning Centre Gelegenheit, auf ihre individuellenLernbedürfnisse zu fokussieren. Die Lehrer hingegenfinden es gut, dass sie den Schülern spezifisch helfenkönnen; dadurch lernen diese effizienter», erklärt sie.Sally Logan beobachtet, dass das Learning Centre fürgewisse Leute anfangs ungewohnt ist, sie brauchenzuerst viel Unterstützung, bis sie damit zurecht-kommen.

SCHON IN DER COMPUTER-BRONZEZEIT… Die EBZürich hat auch bereits reiche Erfahrung mit derUnterstützung von selbständig Lernenden, denn esexistiert ein Vorläufer des Lernfoyers: Bereits in denAchtzigerjahren bot die EB Zürich den LerntreffInformatik an. Entstanden war er, weil die EB Wolf-bach, wie die EB Zürich damals noch hiess, Compu-terkurse anbot. Zu dieser Zeit hatte noch fast keinerder Kursbesucher ein solches Gerät zuhause. Die Ideewar, einen Raum zu schaffen, in dem Computerfer-tigkeiten geübt werden können. Mehr und mehrentstanden ergänzende Beratungsangebote in denBereichen Schreiben, Desktop-Publishing, Web-Pub-lishing und Video, in denen die Beratenden spezifischAuskunft geben konnten. Der Lerntreff und die Bera-tungsangebote waren also die Vorläufer der heutigenLernateliers (siehe Box).

STÄNDIGE WISSENS-UPDATES. Esther Schreier, seitzehn Jahren Betreuerin im Lerntreff für die BereichePC-Anwendungen und Webprogrammierung, denkt,dass die themenspezifische Lernateliers im Zusam-menhang mit Kursen gut funktionieren werden.

Blended Learning auf dem neusten Stand.

Kostenpflichtige Angebote im Lernfoyer sind:

KURZBERATUNGEN. An der Empfangsthekeoder per E-Mail kann man einen Fragebogenfür Kurzberatung ausfüllen, ein kurzfristigerTermin mit einem Lernbegleiter wird ver-einbart. Kurzberatungen dauern eine halbeStunde und kosten einheitlich 30 Franken.

SPEZIALBERATUNGEN. Wenn eine Kurz-beratung nicht ausreicht, kann man an derEmpfangstheke oder auch direkt bei derBeraterin einen Termin für eine Spezial-beratung vereinbaren. Die Beratung dauertmindestens eine Stunde und kostet je nachThema zwischen 60 und 120 Franken proStunde.

LERNATELIERS. Im Beisein einer Fachpersonarbeitet man selbständig an eigenen Pro-jekten oder vertieft Stoff aus Kursen.Lernateliers gibt es unter anderem zu denThemen Video, Animation und Softwareent-wicklung. Ein Einstieg ist jederzeit möglich.Kostenpunkt: für 3 Monate 200 Franken.

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Die Leseecke mit Präsenzbibliothek lädt zum Verweilen ein.

«Eine grosse Herausforderung für jeden Erwachse-nenbildner ist, dass die Teilnehmenden eines Kursessehr verschiedene Niveaus und Erfahrungshorizontemitbringen», erklärt sie. In den Ateliers können Aus-bildner besser auf die individuellen Anliegen derTeilnehmenden eingehen. Ein Kursteilnehmer, derkrank war, kann das nachholen, was er verpasst hat.Schreier: «Nach meiner Erfahrung kommen in Ate-liers Teilnehmende von Kursen, oder sie kommennach dem Kurs, um eigene Projekte zu verfolgen.Dabei haben sie konkrete Fragen und wollen konkreteAntworten. Sie finden es toll, dass spezifisch auf sieeingegangen werden kann.» Die Ateliers sind gemässSchreier für die Lernbegleitenden recht anspruchs-voll: «Es gibt viele sehr versierte Leute in den Ateliers,die Instruktoren müssen immer auf dem allerneustenStand sein.»

Noch einen grossen Vorteil des Lernfoyers siehtEsther Schreier: «Wenn jemand sich für einen Kursangemeldet hat und dieser kommt wegen zu wenigTeilnehmenden nicht zustande, ist er frustriert. Mitdem Lernfoyer hat die EB Zürich nun die Möglichkeit,anstelle des Kurses eine individuelle Lösung für Inte-ressierte anzubieten.»

SOZIALES LERNEN VIA CYBERSPACE. Zusätzlich zuden physischen hat die EB Zürich auf einer Online-Lernplattform virtuelle Räume für die Vernetzungvon Lernenden vorgesehen. Während Bildungsinsti-tutionen mit E-Learning-Projekten weltweit erken-nen mussten, dass diese in Reinkultur schlecht funk-tionieren und extrem kostenaufwändig sind, kommtman mehr und mehr dazu, Online-Lernplattformenals unterstützende Elemente zu benützen. «BlendedLearning» wird die Kombination von Präsenzveran-staltungen mit Online-Lernphasen genannt. An derEB Zürich wurden Pilotversuche gemacht, im kom-menden Wintersemester werden die ersten regulärenKurse laufen, darunter ein Flash-Aufbau-, zwei Web-

Publishing-Kurse sowie solche für Lehrende. So baldwie möglich sollen weitere Kurse im Bereich Deutschund Fremdsprachen angeboten werden. MiriamFischer, Projektleiterin des Blended Learnings: «Zielist, die Lernenden über die Plattform zum selbstgesteuerten Lernen anzuleiten. Alle sollen in ihremeigenen Tempo arbeiten können.» Es wurde erkannt,dass Lernen auch ein sozialer und kooperativerProzess ist; über die Plattform können die Lernendensich austauschen und interagieren. Sie umfasst ver-schiedene E-Learning-Elemente wie themenbezoge-ne Foren,Chats,Datenablagen,Glossare und Wiki,einInstrument, mit welchem alle Beteiligten am selbenText arbeiten und ihn kommentieren können.

LERNEN GEHT AUCH DURCH DEN MAGEN. AgnesWeber weist auf einen wichtigen Faktor hin, welcherdas Lernen allgemein fördert: «Die Studierendenmüssen sich gut aufgehoben fühlen in ihrer Umge-bung.» Dafür ist im Bildungszentrum im Riesbachgesorgt: «Unser Grundsatz lautet: Wir empfangenGäste», sagt Christa Sieber, Mitglied der Geschäftslei-tung der EB Zürich. So stehen in allen LernräumenTrinkwasser und Becher zur Verfügung, denn werHirnarbeit leistet,soll viel trinken.Man darf aber auchseinen Cappuccino aus dem Bistro mitbringen undsein Sandwich neben den Computer legen. Und um-gekehrt kann man sein Notebook in die Cafeteria mit-nehmen: Im ganzen Haus hat man kabellosen Zugangins Computernetzwerk. «Das Notebook soll beimLehren und Lernen zum Alltagsgegenstand werden»,erklärt Andreas Meier, Mitentwickler des Lernfoyers.«Am liebsten wäre es uns, wenn unsere Kundinnenund Kunden mit der Zeit mit ihren eigenen Gerätenkommen würden.» So wird das Notebook zum Sym-bol: Die Verantwortung für das Lernen liegt in deneigenen Händen.

Journi-Journalzum Thema«Lernen»Recherchiert, redigiert, fotografiert

und lektoriert von den Teilehmerinnen

und Teilnehmern des Lehrgangs

«Journalismus für Quereinsteigende»

Um erfolgreich zu sein, braucht es mehr als einen hohen

IQ. Nur wer auch über ein hohes Mass an Kreativität,

Emotionalität und Motivation verfügt, erbringt ausser-

gewöhnliche Leistungen.

Hochbegabung istkeine Erfolgsgarantie

Als hoch begabt gilt, wer über einen IQ von 130 und mehr verfügt. Mit dieserDefinition lässt sich zwar einigermassen verlässlich das Potenzial einer Per-son ermitteln, meistens fehlt aber die ganzheitliche und umfassende Bedeu-tung. Dass der IQ allein nicht das Mass aller Dinge ist, bestätigt Andrea Beer-li von der Schulleitung der LIP-Schule (Lernen ist persönlich) in Zürich. Auf dieFrage, ob Hochbegabung ein Garant für beruflichen Erfolg sei, antwortet sieklar mit nein. Auch wenn es darüber keine wissenschaftlichen Studien gebe,sei erfahrungsgemäss beruflich erfolgreich, wer zusätzlich über eine hoheverbale und soziale Intelligenz verfüge.

Ganzheitliche Hochbegabung. Persönlichkeiten zu fördern, die in sämtli-chen Bereichen unserer Gesellschaft Verantwortung übernehmen können undwollen, hat sich die Schweizerische Studienstiftung zum Ziel gemacht. «Stu-denten, die als Mitglied aufgenommen werden, brauchen neben einem Noten-durchschnitt von 5,3 auch soziale Motivation, Begeisterungsvermögen, Ver-antwortungsbewusstsein gegenüber anderen und die Bereitschaft, der Gesell-schaft etwas zurückzugeben», führt die stellvertretende GeschäftsleiterinCarole Klopfenstein aus. Personen mit Hochbegabung, welche in einem aus-gewogenen sozialen und kulturellen Umfeld aufwachsen, seien in der Regelspäter erfolgreicher als solche, die nur auf schulische Leistungen ausgerich-tet würden, sagt Klopfenstein.

Talent und Intelligenz. Der Frage, welche Grundlagen zum Erfolg führen,gingen Experten im Rahmen eines Nationalfondsprojektes nach und fandenÜberraschendes heraus. Wenn auch Bildung der wichtigste Faktor für eineerfolgreiche berufliche Karriere, ein entsprechendes Ansehen in der Öffent-lichkeit und einen überdurchschnittlichen Lohn ist, so kommt doch der Intel-ligenz ein massgeblicher Stellenwert zu. Denn obwohl sich Tausende auf Fuss-ball- und Tennisplätzen abmühen, erreichen sie nie die Fertigkeiten einesZinedine Zidane oder eines Roger Federers. Und genauso schaffen viele denerhofften Karrieresprung nicht, auch wenn sie noch so viele Kurse und Semi-narien besuchen.

Es brauch also das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, damit Intelli-genz am Ende auch in Erfolg mündet. Erst wer über ein hohes Potenzial kom-biniert mit Motivation und Kreativität verfügt, ist in der Lage, Überdurch-schnittliches zu leisten. Der Genetiker und Historiker Volkmar Weiss formu-liert es so: «Wir dürfen nicht vergessen, dass Intelligenz nur ein Aspekt derPersönlichkeit ist. Kreativität, Emotionalität und Motivation sind Grössen, dievon der Intelligenz unabhängig sind, aber in der menschlichen Gesellschaftebenso wichtig.» Text Gabi Vonlanthen

Die eigeneErfahrungweitergeben

Von Len MichelSilvia Herdeg und Adri-

an Tuchschmid leiten ander EB Zürich seit JahrenDeutschkurse für Erwach-sene, die kaum oder nichtlesen und schreiben kön-nen. Jetzt haben sie ihreErfahrungen für andereKursleitende im Werkbuch«Lesen und Schreiben fürErwachsene» veröffent-licht. Ihr Konzept basiertauf der Pädagogik des Bra-silianers Paulo Freire, wel-che sagt, dass Lernen inder Erfahrungswelt derLernenden ansetzen muss.Nur logisch, dass die Kurs-teilnehmenden den Inhaltdes neuen Lehrbuches mit-geprägt haben.

Die finanzielle Unter-stützung durch den LionsClub Bruderholz und denZürcher Verein «Lesen undSchreiben für Erwachse-ne» erlaubte eine grosszü-gige Gestaltung mit Illus-trationen von Magi Wechs-ler. Von der Buchidee biszum Druck verstrichen dreiJahre. Silvia Herdeg: «Ter-minstress und Motivations-einbrüche verlangten vielDurchhaltewillen. Wirhaben uns aber gegenseitiggut unterstützt und ange-regt. Super war auch dieZusammenarbeit mit Verle-ger, Gestalterin und Illus-tratorin.»

Es war allerdings nichteinfach, einen Verleger zufinden. Im Zytglogge-Ver-lag hat das Buch jetzt einenPlatz gefunden, wo dasThema Sonderpädagogikbereits vor dreissig Jahrengrossen Erfolg hatte: JürgJegges populärer Titel«Dummheit ist lernbar» isteben in der 27. Auflage ge-druckt worden. Dem sorg-fältig gemachten Buch vonSilvia Herdeg und ThomasTuchschmid ist ein ähnli-cher Erfolg zu wünschen.

Silvia Herdeg / Thomas Tuchschmid; Lesen und Schreiben für Erwachsene, Zytglogge-Verlag 2004

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E D I TO R I A L

Diese Ausgabe des Journi-Journalswidmet sich verschiedenen Facetten des

Lernens. Recherchiert und geschrieben haben

dafür die Teilnehmenden des Lehrgangs

«Journalismus für Quereinsteigende» der

EB Zürich. Sie gingen den Fragen nach, ob

und wie Lernen abhängig ist von Alter, Kultur

und Geschlecht, was Intelligenz ist und ob

der moderne Schulhausbau besseres Lernen

fördert.

Das Resultat ist lesenswert. Man kann dabei

etwas lernen und erfährt, was ein hoher

Intelligenztest (IQ) aussagt, wie ein Blinden-

hund lernt und was das Besondere an einer

Autofahrschule für Seniorinnen und Senioren

ist. Dass die angehenden Journalistinnen und

Journalisten dabei selbst viel gelernt haben,

ist ein willkommener Nebeneffekt.

Ein estnisches Sprichwort sagt: «Der Mensch

wird um ein Jahr älter, um zwei klüger.» In

hoffnungsvoller Erwartung auf die Erfüllung

solcher Weisheit, viel Spass beim Lesen.

Christina Pollina

Lesen und Schreibenfür Erwachsene 14

Begabung und Erfolg 14

Eine Koranschule in Schlieren 16

Bewegliche Räume 16

Hunde in Ausbildung 17

Pensionierte als Lernhilfen 17

Geistige Fitness im Alter 18

Fahrberatung für Senioren 18

Rollenprägung und Laufbahnplanung 19

Lernverhalten und Geschlecht 19

Chinesisch in Liechtenstein 20

Lehrgangsfenster 20

IMPRESSUMDiese Beilage wurde von den Teilnehmerinnen und Teil-nehmern des Lehrgangs Journa-lismus für Quereinsteigende (3. Semester) erarbeitet.

BETEILIGTE JOURNALISTINNEN UNDJOURNALISTENCatherine Allisson, BernadetteBrunhart, Esther Güdel, RegulaHollenstein, Cornelia Lauten-schütz, Emmi Rye, Ueli Meier, LenMichel, Christina Pollina, RalphSchnyder, Nadja Tratschin, GabiVonlanthen

BILDREDAKTIONChristina Pollina, Nadja Tratschin

LEHRGANGSLEITUNGBarbara Kopp

KONZEPT + GESTALTUNGPeter Schuppisser,Atelier Versal, Zürich

Inhalt

15

Das neue Schulhaus «Im Birch» in Zürich-Oerlikon zeigt,

wie Architektur das Lernen unterstützt. Neue Lernformen

erfordern flexible Räume, die vielfältig genutzt werden

können.

Lernen in beweglichen Räumen

Vom Treppenhaus sieht man durch die Glaswände und Türen quer durchsGebäude auf die Baustelle nebenan. Ähnlich verhält es sich mit den Schul-zimmern. Hier sitzt eine kleine Gruppe von Teenagern an einem Tisch, hinterden Vorhängen sieht es ähnlich aus wie in einer traditionellen Schulstube. Abernach dem Passieren von zwei Glastüren ist nicht klar, ob man schon im Schul-zimmer steht oder immer noch im Gang.

Neue Lernformen. Die Abkehr vom Frontalunterricht zur Arbeit in Grup-pen erfordert eine feinere räumliche Unterteilung als beim klassischen Schul-zimmer. Im Oberstufentrakt sind deshalb immer drei Klassenzimmer zu einerräumlichen Einheit, Cluster genannt, zusammengefasst. Die Grösse der Schul-zimmer lässt sich mit Stellwänden, Rollkorpussen und Tischen flexibel ge-stalten.

Die Orientierung im Schulgebäude wird damit nicht einfacher. Jeder Raumhat zwei Türen, so dass man sehr rasch in einer Endlosschlaufe durchs Türen-kabinett irrt.

Architekt Peter Märkli aus Zürich gewann 1999 den Wettbewerb zur Erstel-lung der neusten und grössten Schulanlage im Kanton Zürich. «Ursprünglichwar ein klassisches Konzept vorgesehen», erklärt Christoph Ansorge, Archi-tekt und Projektleiter. «In der Überarbeitungsrunde zeigte sich aber, dass dieWettbewerbskommission ein flexibleres Raumkonzept wünschte. So wurdendie Klassenzimmer der Oberstufe nach skandinavischem Vorbild clusterför-mig angeordnet.»

Neue Erfahrungen. Das Cluster-Konzept wurde im Unterstufentrakt nichtumgesetzt. Hier werden die Schüler aus pädagogischen Gründen in den her-kömmlichen Schulbänken unterrichtet. «Im Nachhinein gesehen war dies viel-leicht ein Fehler», meint Christoph Ansorge, «denn die Rückmeldung der Ober-stufenlehrkräfte ist enorm positiv.»

Noch wirken die Räume etwas kahl und verlassen. Vereinzelt kleben Zeich-nungen an den farblos lackierten Sichtbetonwänden. Der pädagogische Erfolgkann nicht garantiert werden. Die Architektur schafft nur Räume. Füllen müs-sen sie diejenigen, die sich in ihnen bewegen. In diesem Falle: Schülerinnenund Lehrer, Lehrerinnen und Schüler.

Text Ralph Schnyder

Von Cornelia LautenschützVon der Öffentlichkeit

nahezu unbemerkt lernenislamische Kinder in ihrerFreizeit ihre Kultur verste-hen. In unauffälligen Büro-gebäuden finden sich isla-mische Zentren verschie-denster Nationalitäten.Meistens sind sie in einenreligiösen und einen profa-nen Bereich gegliedert, indem der Unterricht statt-findet. Ob Türken, Albaneroder Bosnier, überall wer-den Kinder und Jugendli-che von einem Imam in denKoran eingeführt. Die hei-ligen Verse werden aufHocharabisch rezitiert. Fürdie Auslegung des Textesverwendet man die jewei-lige Landessprache. Wich-tiger Inhalt des Unterrichtssind Rituale und Bräuche,damit der Nachwuchs mitder Herkunftskultur ver-traut wird. Im bosnischenZentrum in Schlieren spieltnebst der Religion auch derlandeskundliche Unterrichteine wichtige Rolle. DieKinder lernen Geschichteund Geografie ihres Lan-des. Nicht alle Kinderbeherrschen ihre Mutter-sprache gleich gut,weshalb Imam Sakib Hali-lovic öfters aufs Deutschezurückgreift. Zweisprachi-ge Lehrmittel wären hoch-willkommen, sind aber einfinanzielles Problem. ImUnterricht mit Erwachse-nen wird häufig die Fragediskutiert, wie weit sichislamische Vorschriften mitdem schweizerischenArbeitsalltag kombinierenlassen. Halilovic lacht:«Mir geht es nicht darum,irgendeine abstrakte Glau-bensidee zu vermitteln.Wer im Büro nicht betenkann, macht eben abendsdie dreifache Portion.»

Unterricht in fremdenKulturen

16

Links ein schweres Motorrad, das auf dem Trottoir steht, rechts ein Lie-ferwagen schräg auf den Trottoirrand parkiert. Für alle, die zu Fuss unterwegssind, bleibt nur wenig Raum. Zielstrebig steuert Pirol, ein achteinhalbjährigerFührhund, eingespannt im Führgeschirr, auf den Engpass zu, hält für einenAugenblick inne und führt gekonnt hindurch. Was aussieht, als sei es für denHund ein Kinderspiel, ist das Resultat von zeitintensivem Training. Bis derFührhund so weit ist, dass er konzentriert und zuverlässig arbeitet, vergehenin der Regel gut zwei Jahre.

Lernen im Alltag. Mit etwa zehn Wochen zeigt sich in einem Test, ob auseinem Welpen einst ein Führhund wird. Ist er geeignet, so übernimmt eineausgewählte Patenfamilie während eineinhalb Jahren die Sozialisierung desHundes. Dabei lernt er alle Facetten des Alltags kennen – der Umgang mit Men-schen, öffentlichen Verkehrsmitteln, anderen Tieren, Kindern und Baustel-lenlärm. Nichts und niemand soll den zukünftigen Führhund aus dem Konzeptbringen können, denn dies würde Hund und Besitzer in Gefahr bringen.

Die effektive Ausbildung zum Führhund findet in einer von vier SchweizerFührhundeschulen statt. In sechs bis acht Monaten lernt der Hund auf spiele-rische Weise und durch unzähliges Wiederholen etwa 30 Hörzeichen. «DieseZahl kann beliebig erweitert werden», so Christine Baroni-Pretsch, Leiterinder Führhundschule Brenels. Auch die blinde Yvonn Scherrer, die ihren Lab-rador Pirol seit sechs Jahren hat, bestätigt dies; Pirol beherrscht mittlerweilegegen 100 Hörzeichen. «Wir sind viermal umgezogen», lacht Yvonn Scherrerund krault den Führhund hinterm Ohr, «er musste einiges lernen.»

Alles auf Italienisch. Die Hörzeichen lernt der Hund allesamt auf Ita-lienisch. Christine Baroni-Pretsch erklärt die Philosophie hinter der exklu-siven Schweizer Lernmethode: «Erstens kann der Führhund nicht von Pas-santen abgelenkt werden, zweitens eignet sich das Italienisch hervorragend,weil es eine Sprache mit vielen Vokalen ist, und drittens lernt auch die Be-sitzerin oder der Besitzer des Hundes die Begriffe bewusst.»

Solange Pirol bei der Arbeit ist, interessiert ihn nicht mal das Eichhörnchen,das über den Weg springt. Erst wenn ihm auf das Hörzeichen «Libera!» dasGeschirr abgenommen wird, verwandelt sich der Hund mit dem seidigschwarzen Fell und den treuen Augen in ein verspieltes Tier, das über denRasen tollt. Yvonn Scherrer hält es für sehr wichtig, dass ihr Hund genügendZeit zum Spielen hat, «nur ein ausgeglichener Hund ist ein verlässlicherFührhund». Text Regula Hollenstein

Labradore sind sehr lernfähig und eignen sich deshalb

bestens als Führhunde von Blinden und Sehbehinderten.

In der Ausbildung eignet sich das Tier einen Grundstock

an, auf dem ein Hundeleben lang aufgebaut werden kann.

Scheuklappenerwünscht

Von Cornelia Lautenschütz

Elf Buben und sechzehnMädchen sitzen in denSchulbänken, die Klassen-lehrerin kann sich nichtimmer auf alle gleichzeitigkonzentrieren. Die Rentne-rin Valérie Wild wandertvon einer Zweiergruppe zurnächsten, hört zu, wie dieKinder einander die Textevorlesen. Unterrichts-sprache ist vom ersten Tagan Hochdeutsch, nur mitder Klassenhilfe Wild spre-chen die Kinder Dialekt.

Solche grundsätzlichenpädagogischen Entscheidewerden ausschliesslich vonder Lehrerin oder demLehrer gefällt. Natürlichdarf die Rentnerin auchIdeen einbringen. Sie liestMundartgeschichten vor,zum Beispiel übers Metzgen oder die Schul-stube von früher. So lernendie Kinder Dialektaus-drücke kennen und erfah-ren einiges von «damals». Valérie Wild ist als Frei-willige am Projekt «Senio-rinnen und Senioren inSchule, Hort und Kinder-garten» beteiligt, das vomSchul- und Sportdepar-tement der Stadt Zürichsowie von der Pro Senec-tute Kanton Zürich betreutwird. Das Modell, in derStadt Zürich offiziellAnfang März 2003 einge-führt, stösst in vielen Zür-cher Gemeinden auf wach-sendes Interesse.

«Bei diesem Projektstehen die Lebenserfah-rungen im Zentrum, nichtdie pädagogischen Fach-kenntnisse», sagt ValérieWild. Aber nicht nur dieKinder profitieren von denÄlteren. Auch Valérie Wildlernt dazu: Früher hätteman viel mehr Wert aufGenauigkeit gelegt und dieKinder in diese Richtunggetrimmt, heute werde diePhantasie stark gefördert.

Dialog zwischen Altund Jung

17

Lebenslanges Lernen hält Geist, Körper und Seele fit. Silvia

Vogt hatte mit 58 Jahren plötzlich Lust, Englisch zu lernen.

Sie suchte sich ein entsprechendes Angebot und wurde

fündig. Die gemachten Lernerfahrungen beflügeln sie.

Wer nicht rastet,rostet nicht

Dass Lernen im Alter zumindest stimulierend wirkt, bestätigt die 58-jäh-rige Silvia Vogt. Sie ist überzeugt, dass sie keineswegs mehr Mühe beim Lernenhat als vor zwanzig Jahren. «Allerdings habe ich mein Leben lang gelernt. Wernicht rastet, rostet auch nicht.» Geärgert hat sich die gelernte Arztgehilfin beiihrem Australientrip vor einem Jahr, dass sie sich nicht mit den Leutenunterhalten konnte. Sie entschloss sich, endlich Englisch zu lernen, surfte imInternet und wurde fündig.

Englisch in England. Heuer im Mai reiste sie nach Eastbourne an der Süd-küste Englands zu einem dreiwöchigen Sprachaufenthalt für Seniorinnen undSenioren. «Was tu ich mir nur an?», ging es ihr noch am Flughafen durch denKopf. Doch kaum in der Gruppe der über fünfzigjährigen Lernwilligen, dieÄlteste immerhin schon achtzig, waren die Zweifel verflogen.

Und warum ein Kurs für Seniorinnen? Konventionelle Sprachkurse besu-chen eher Leute, die eine Sprache berufsbezogen lernen wollen oder müssen.Jeder hat einen anderen Hintergrund. «In diesem Kurs», so Vogt, «hatten alledas gleiche Ziel: Sie wollten über Gott und die Welt sprechen können, auf Eng-lisch.»

Erfolgserlebnis im Team. Die Unterrichtsmethoden für über Fünfzigjährigeunterscheiden sich nicht von jenen für andere Erwachsene. Allenfalls könnenInhalt und Programm den spezifischen Interessen einer bestimmten Alters-gruppe angepasst werden. In England habe vor allem positiv auf den Unter-richt ausgewirkt, dass nicht Jung und Alt zusammen gewesen wären. Davonist Silvia Vogt überzeugt. «Teamgeist und Hilfsbereitschaft waren bei uns ein-fach da. Es kam das Gefühl auf, sich schon lange zu kennen. Dabei hatten wiruns doch alle erst getroffen.»

Und was hat es gebracht? Sie sei mutiger geworden, traue sich eher, drauf-los zu reden. Natürlich verfliege einiges rasch wieder. Bleibend sei aber dasErfolgserlebnis, das zu weiteren Lernschritten verleite. So habe sie sich schonfür einen weiteren Kurs im September angemeldet. Und vor allem: «Es bleibtnicht beim ‹einmal werde ich dann…›. Ich will es jetzt wissen!»

Text Bernadette Brunhard

Von Regula Hollenstein«Achtung, Senioren am

Steuer!» oder «Sollen Altenoch Auto fahren?» SolcheSchlagzeilen erhitzen dieGemüter. Laut Statistik istdas Unfallrisiko bei Senio-ren, gemessen an dengefahrenen Kilometern,höher als bei der mittlerenAltersgruppe, aber deutlichtiefer als bei den Jungen.Nun reagiert der Schweize-rische Fahrlehrer-Verbandund bietet eine Fahrbera-tung für Senioren undSeniorinnen an. «In derRegel werden die Leutedurch den Hausarzt zu unsgeschickt, wenn sie einphysisches oder psychi-sches Problem haben», soToni Kalberer von der SFV-Geschäftsleitung.Muss Auto fahren im Alterneu gelernt werden?«Nein, aber wir könnenTipps geben, wie man mitweniger Beweglichkeittrotzdem gut fährt», sagtToni Kalberer.

In der Fahrberatungwird mit dem eigenen Autoein Parcours abgefahren,der den Fahrgewohnheitender Senioren entspricht.«Keine schwierigeStrecke», versichert ToniKalberer, der selber Fahr-berater ausbildet. «Wirmöchten, dass die Leute solange wie möglich amVerkehr teilnehmen», fügter hinzu. Der Parcours ist deshalb spezifisch aufdie zu testenden Personenzugeschnitten. Stellt sichheraus, dass jemand nichtmehr Auto fahren sollte,wird dies der Person auchnahe gelegt. Doch; könnennicht alle Altersgruppennoch dazulernen im Stras-senverkehr? «Ja»,bestätigt der Fachmann,«künftig sollen alle Auto-fahrenden regelmässiggetestet werden.»

Lernen ohne Ende

18

Es gibt Unterschiede im Verhalten von Frauen und Männern im Unterricht.«Männern fällt es tendenziell leichter, vor die Klasse zu treten und sich zuäussern», weiss Madeleine Marti, Germanistin und Kursleiterin an der EB.Frauen dagegen seien diejenigen, die für ein konstruktives Gesprächsklimasorgten und Rückfragen stellten. Esther Baur, Psychologin und Modullehr-gangsleiterin «Eidg. Diplom Ausbildungsleiter/in», ergänzt: «Frauen sind pra-xisorientiert. Sie wollen aber auch wissen, auf welcher Theorie eine Anwen-dung basiert. Ihr Interesse gilt vernetztem Wissen. Männer fragen weniger.Wenn, dann formulieren sie ein Gegenbeispiel oder einen Widerspruch.»

Rollenprägung oder Biologie? Warum sich Frauen und Männer andersverhalten, erklären zwei Theorien. Die eine spekuliert, dass alles biologischfestgelegt ist. Frauen könnten besser vernetzt denken, da die Übergänge vomDenken zum Fühlen fliessender seien. Die linke und die rechte Gehirnhälftekooperieren, bis ein gutes Ergebnis erzielt würde, eine Entscheidung bei-spielsweise. Bei Männern seien die beiden Gehirnhälften weniger verbunden,Denken und Fühlen demnach stärker voneinander getrennt. Dies begünstige,so die amerikanische Wissenschaftlerin Laura Allen, Gradlinigkeit undschnelle Entscheidungen. Die andere Theorie stützt sich auf die Tatsache, dassmännliche und weibliche Babys unterschiedlich behandelt würden.

Madeleine Marti und Esther Baur gehen in ihrer Arbeit besonders auf diesozial geprägten Unterschieden ein. «Die aktuelle Hirnforschung kann heutenoch keine allgemein gültigen Aussagen machen. Man weiss erst, was mannicht weiss», sagt Madeleine Marti. Esther Baur meint: «Weil die Geschlech-ter andere soziale Hintergründe erleben, entwickeln sich andere Verhaltens-weisen, Vorlieben und Haltungen. In der Neurobiologie hat man erforscht, dassFrauen und Männer auf Grund solcher Rollenausprägungen andere Lern-muster haben.»

Optimale Lernbedingungen. Die beiden Kursleiterinnen wollen Frauenermutigen, neue Verhaltensweisen zu erproben, z.B. ihre Kompetenzen klardarzustellen. Männer hingegen sensibilisieren sie auf den positiven Einflussvon Kooperation und vernetztem Wissen. Sie geben Männern und Frauen ganzbewusst den gleichen Raum. «Wir setzen bei den Stärken von beidenGeschlechtern an und versuchen die Defizite aufzufüllen», sagt Esther Baur.

So können Männer von Frauen lernen, ein partnerschaftliches Verhältnisaufzubauen, und Frauen von Männern, etwas auszuprobieren.

Text Catherine Allison

Wie verhalten sich Männer und Frauen in Lern-

situationen? Worin liegen die geschlechterspezifischen

Unterschiede? Wer gendergerecht unterrichten will,

braucht Antworten auf diese Fragen.

Mutige Frauen,sanfte Männer

Von Ueli MeierUnterschiedliche Lern-

verhalten und unterschied-liche Vorstellungen vonLaufbahnplanung beein-flussen die Rollen der Ge-schlechter. Männer planenihre Karriere zielorientiert,Frauen wegorientiert.

Die Basler Laufbahnpla-nerin Pat Schnyder erklärt:«Meist planen Männer ihreKarriere mit der Firma, inder sie angestellt sind. Sie belegen auch öfter be-triebsinterne Weiterbildun-gen.» Ganz anders erlebtPat Schnyder Frauen: «Oftverheimlichen sie an ihrerArbeitsstelle Weiterbildun-gen. Frauen planen ihreKarrieren in kleinen Schrit-ten. Sie mögen keine Lehr-gänge, die mehrere Jahredauern. Der Neunmonats-rhythmus einer Schwan-gerschaft beeinflusst auchihre Laufbahnplanung.Weiterbildungen mit modu-larem Aufbau kommenihnen entgegen.»

Gilt das auch für dasVerhalten von jungenFrauen? Schnyder ernüch-tert: «Zwar planen jungeFrauen ihr Leben selbstbe-wusst. Später, mit festemPartner und dem Wunschnach Kinder, rücken dieBerufswünsche aber wie-der in den Hintergrund.»

Auf den Männern lastethingegen oft die Rolle desGeldverdieners. Der Win-terthurer LaufbahnberaterPeter Glauser erklärt:«Karriereschritte, die miteiner Lohneinbusse ver-bunden sind, schreckenMänner ab. Dazu kommt:Die schlechte Konjunkturbremst die Risikofreudig-keit in der Laufbahnpla-nung.»

Sowohl bei Frauen undMännern verstecken sich inden Hinterköpfen immernoch alte Wertvorstellun-gen. Laufbahnplanungkann dazu dienen, diese zuerkennen, neue Ziele an-zuvisieren und neue Wegezu begehen.

Weg oder Ziel?

19

Von Bernadette Brunhart«Ziel der Erwachsenen-

bildung wäre, einen Beitragzur geistigen Entfaltungdes Einzelnen und zu ver-mehrter Anteilnahme derBevölkerung an Zeitpro-blemen zu leisten.» So sahes der Abgeordnete JosefBiedermann vor 25 Jahren,als die gesetzlichen Grund-lagen der Erwachsenen-bildung in Liechtenstein imLandtag debattiert wurden.Im Haus Stein-Egerta inSchaan wurde kurz daraufein Bildungs- und Tagungs-ort eröffnet. Das Haus liegtin Waldnähe und ist um-geben von einem Hof mitGarten und einem Park.Weit genug vom Alltag ent-fernt, ist es ein Ort derRuhe und der Konzentra-tion.

Lebenslanges Lernenist heute für das Leitungs-team das oberste Ziel derErwachsenenbildungStein-Egerta. Und ihreArbeit soll einen aktuellenBezug haben: «Das Kurs-angebot orientiert sich anden Bedürfnissen der Ler-nenden, der Öffentlichkeitund den Erfordernissen derZeit.»

6216 Kursteilnehmendezählte die öffentlichrecht-liche Stiftung im 25. Jubi-läumsjahr. 676 Kurse inden Bereichen Sprachen,Computer, Freizeit undErwachsenenbildung wur-den angeboten. 175 Grup-pen mit 3427 Teilnehmen-den nutzten die Seminar-räume. BeeindruckendeZahlen, zieht man in Rech-nung, dass Liechtensteinlediglich 34 294 Einwohnerzählt.

Die für Herbst angebo-tenen 500 Kurse stehenunter dem Motto «erwach-sen – erleben – bilden». Ihr Spektrum reicht vonGesundheit über Nähen,Französisch, Chinesisch,Kunst, Literatur, Musik bishin zu Geschichte undWirtschaft.

Chinesisch im Land desFürsten

20

Seit Frühjahr 2004 besuchen wir den Lehrgang

«Journalismus für Quereinsteigende» an der EB Zürich

unter der Leitung von Barbara Kopp.

Wo wir am Anfang standen und was wir heute können.

Auf der Zielgeraden

Wir sind 12 Frauen und Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten:Vom Schreiner bis zur Sachbearbeiterin, von der Hausfrau bis zum Architek-ten. Und doch haben wir ein und dasselbe Ziel – wir wollen uns vermehrt demSchreiben widmen. Mehr noch, wir wünschen uns, mit Schreiben Geld zu ver-dienen. Alle haben «ein Bein» im Journalismus – sei dies bei einer Hauszei-tung, einem Regionalblatt oder einer Gewerkschaftszeitung. Am ersten Kurs-tag wird schnell klar: Wir besuchen den Lehrgang, weil wir hoffen, in Zukunfteffizienter und professioneller zu recherchieren und schreiben.

Anspruchsvoll. Das Kursprogramm ist sehr dicht, jeden Montagnachmit-tag verbringen wir vier Stunden an der EB Zürich. Barbara Kopp oder weiterehinzugezogene Fachpersonen bauen Montag für Montag unser Wissen undKönnen rund ums Schreiben auf. Wir unterscheiden Bericht von Nachricht,verfassen beide Textsorten, mit der Zeit werden die Aufgaben immer kniffli-ger: Wir porträtieren einen Menschen, lernen, wie wichtig (und schwierig) Titelund Lead sind, schreiben eine Kolumne, feilen an Sprache und Stil und gestal-ten in einem zweitägigen Semesterprojekt eine Aktionszeitung. Bei der Akti-onszeitung wird uns bewusst, was es heisst, im Team zu schreiben: Gemein-sam suchen wir Fotos, legen das Layout fest, redigieren, korrigieren und strei-ten auch mal, ob eine Formulierung auf diese oder jene Weise schöner klingt.

Theorie und Praxis. Nebst praktischen Tipps bekommen wir auch eineMenge theoretisches Wissen vermittelt. Wir lernen, wie wir unseren Schreib-fluss in Gang bringen können. Zwei Redaktionsbesuche zeigen uns einen Aus-schnitt aus dem Journalistenalltag. Wir haben eine Ahnung, was auf uns zu-kommt, wenn wir als Freie unser Brot verdienen wollen. Nicht nur das Schrei-ben, auch die Vermarktung eines Textes will gelernt sein. Nun stehen wir mittenim dritten Semester, vor uns die Schlussarbeit, eine mehrseitige Reportage.Die Themen stehen fest – und könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch wirhaben alle ein und dasselbe Ziel: Das Finale soll möglichst bravourös werden.

Text Regula Hollenstein und Cornelia Lautenschütz

TIPPS UND TRICKS 21

RICHTIG LERNENLerntypen. Menschen lernen verschieden: durch die Augen, überdas Gehör oder über aktives Handeln. Welcher Lerntyp sind Sie?

Konfuzius sagt: «Sage es mir, und ich vergesse es; zeige es mir, und ich erinnere mich;lass es mich tun, und ich behalte es.» Demnach war Konfuzius eher der handlungs-orientierte oder kinästhetische Lerntyp. Doch was für Konfuzius gilt, stimmt längstnicht für alle; folgende Lerntypen werden unterschieden:

1. Visuelle Lerntypen (Sehen)Sie lesen gerne, schauen bevorzugt Bilder, Illustrationen oder Grafiken an, um Sach-verhalte zu verstehen. Visuell Lernende gestalten sich gerne eine schöne Lernum-gebung, brauchen Ruhe und Ordnung und arbeiten gerne mit schriftlichen Unter-lagen. Diese Lerntypen erinnern sich besonders an das, was sie selbst gelesen undgesehen haben.

2. Auditive Lerntypen (Hören)Sie lernen am besten, wenn sie den Lernstoff hören können, z.B. auf Kassetten-programmen, indem sie sich die Texte selbst laut vorlesen oder anderen zuhören.Auditive Lerntypen lernen gerne im kommunikativen Austausch mit anderen.Speziell ausgesuchte Hintergrundmusik kann das Lernen stimulieren, unwillkom-mene Geräusche aber lenken ab.

3. Kinästhetische Lerntypen (Handeln)Sie lernen am leichtesten, wenn sie selbst etwas ausführen können, zum Beispieldurch Ausprobieren, Rollenspiele und Gruppenaktivitäten. Sie prägen sich denLernstoff am besten ein, wenn sie beim Lernen aktiv und in Bewegung sein können.Solche Menschen lernen gut durch Unterstreichen und Malen.

Keiner der drei Typen kommt in Reinform vor, vielmehr sind Mischtypen dieRegel. Dennoch lässt sich das vorherrschende Lernmuster mittels eines Tests ein-fach ermitteln. Beispiele: http://www.lernsee.de/serviceberatung/lerntypentestoder www.berufliche-weiterbildung-hh.de (oben rechts «Lerntypentest» auswäh-len). Wer weiss, zu welchem Lerntyp er gehört, kann seine Lernmethoden entspre-chend anpassen und verfeinern.

Die Lernpsychologie kennt jedoch noch weitere Modelle und Unterscheidungen.Der amerikanische Psychologe David Kolb etwa teilt Lernende je nachdem ein, wiesie Erfahrungen zu neuen Erkenntnissen verknüpfen. Kolb unterscheidet zwischenAkkommodierern, Divergierern, Konvergierern und Assimilierern (vgl. http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at).

Kurse aus demBereichPersönlichkeit undManagement

Wie lerne ich ambestenKonkreteExperimente undÜbungen zeigen, wiemassgeschneidertgelernt werden kann.

Kritisch lesen undbesser verstehenAnhand von ausge-wählten Texten wirdder produktiveUmgang mit Sach-texten trainiert.

Weitere Infos undAnmeldung unterwww.eb-zuerich.ch

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PERSÖNLICH22

Beate Rothmaier, in Süddeutschland aufgewach-sen, ist frei erwerbende Texterin und arbeitet fürWerbe- und Kommunikationsagenturen. Sie hat inMünchen und Tübingen Germanistik, Romanistik,Kommunikations- und Theaterwissenschaften stu-diert, unterrichtete zwischendurch Deutsch an einemLycée im elsässischen Colmar und jobbte während derStudienzeit in Verlagen und am Theater, unter ande-rem am Schauspielhaus Zürich. Hierher gekommensei sie aber wegen der Liebe, sagt sie. Das war Anfangder Neunziger. Seither lebt sie hier und findet sichnach 13 Jahren in Zürich schon ziemlich verschwei-zert, wie sie lachend anmerkt. Ihr Hochdeutsch miteinem charmanten kleinen süddeutschen Akzent hatsie beibehalten; mit den Kindern hat sie eine eigeneMischform von Mundart und Schriftsprache gefun-den. Schweizerdeutsch zu sprechen, das erforderejedes Mal eine Übersetzungsleistung, sie lässt dasbleiben.

DER FINDELBUBE CASPAR. Insgesamt sechs Jahre,wenn auch mit Unterbrüchen,hat Beate Rothmaier anihrem Erstlingsroman gearbeitet, der diesen Sommererschienen ist. Auf die Geschichte des jungen CasparSchwartz, der Ende des 18. Jahrhunderts in Württem-

«DIE FREUDE AM SCHREIBEN WEITERGEBEN»Mitte August ist ihr erster Romanerschienen: Beate Rothmaier zeichnetdarin die Geschichte des FindelkindsCaspar nach. An der EB führt die Autorinund Texterin eine Schreibwerkstatt. Von Charlotte Spindler

Übers Schreiben reden? Beate Rothmaier istzurückhaltend: Viel Handwerkliches gehöre dazu,Disziplin auch. Morgens rasch an den Schreibtisch,wenn die Kinder aus dem Haus sind, und den Haus-halt erst mal vergessen. Die Abende dann gehörenganz der siebenjährigen Anna und dem elfjährigenDavid, die beide mittags nicht nach Hause kommen.«Ich bin ein Morgenmensch», sagt Beate Rothmaier,«wenn die Kinder abends im Bett sind, setze ich michnicht mehr so gern an die Arbeit, denn anderntags ste-hen wir alle wieder um halb sieben auf.» Die kreativenHöhenflüge irgendwann zwischen Mitternacht undmorgens um vier Uhr leisten sich allein erziehendeerwerbstätige Mütter wohl nur selten.

PERSÖNLICH 23

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berg von seinen Eltern ausgesetzt wird, mit sechs Jah-ren als Verdingkind zu einem Bauern kommt, gerneaber Porzellanmaler wie sein Vater werden möchte, istdie Autorin zufällig gestossen. «Das Bild dieses Jun-gen hat mich nimmer los gelassen», erzählt sie. Siebegann zu recherchieren, fand Briefe und amtlicheDokumente über den Findelbuben, und wollte ge-nauer wissen, was hinter dieser Lebensgeschichtestand und was das überhaupt für eine Zeit war, indie das Kind Caspar geboren wurde. «Was hat man da-mals gegessen, was für Kleider getragen, wie war dasWegnetz? Mit solchen Fragen habe ich mich intensivauseinander gesetzt und zeitgenössische Quellenstudiert, gleichzeitig aber wollte ich entschieden kei-nen historischen Roman schreiben und versuchte,einen zeitgemässen sprachlichen Umgang mit derGeschichte Caspars zu finden.» Unterstützend warein vom Literaturhaus München ausgeschriebenesSeminar für Autorinnen und Autoren, die mit histo-rischen Stoffen arbeiten: über zwei Jahre hinweg trafsich die Gruppe von Schreibenden aus Deutschlandund der Schweiz zu Austausch und Reflexion.

Caspars Schicksal nimmt eine Wendung, die his-torisch nicht belegt ist. «Für mich war sein Lebenbestimmt durch die Suche nach einem eigenen Weg indie Gesellschaft», meint die Autorin; sie hat sichvon der Figur des Jungen mittragen lassen und dieGeschichte so weiter geschrieben, wie sie hätte seinkönnen. Mehr will sie nicht verraten.

Das geheimnisvolle Findelkind wird Beate Roth-maier noch eine Weile begleiten: Lesereisen werdenfolgen, und in diesem Bücherherbst wird das beiNagel & Kimche verlegte Erstlingswerk nicht unbe-

achtet bleiben. Aber dann? An den nächsten grossenStoff will sie sich vorerst nicht machen, obwohl Ideenvorhanden sind. «Ich muss mich erst vom letztenhalben Jahr etwas erholen; von der letzten FassungAnfang Februar bis zur Drucklegung ging alles un-geheuer schnell.» Vorerst wird sie sich den Erzählun-gen zuwenden, von denen sie einige bereits publizierthat. Auch an Erzählwettbewerben nimmt sie regel-mässig teil.

SPIELERISCHER UMGANG MIT SPRACHE. Im Herbstbeginnt auch ihre neue Schreibwerkstatt an derEB Zürich, ein Kurs, der sich an Schreibende richtet,die ihre ersten Schritte in literarischen Texten wagen.Darüber hinaus bietet sie mit der Erzählwerkstatt einNachfolgeprojekt früherer Schreib- und Textsemi-nare an. «Im Gegensatz zu den USA, wo CreativeWriting überall an den Hochschulen gelehrt wird,sind im deutschen Sprachraum Ausbildungen fürSchreibende erst seit kurzem entstanden», erklärtBeate Rothmaier; sie führt dies auf ein Literaturver-ständnis zurück, das am Geniegedanken eines Goethehängen geblieben ist und den handwerklichen Aspektdes Schreibens bislang vernachlässigt hat. Sie selberhat vom Kursangebot an der ETH Zürich und der EBprofitiert und sich im Übrigen learning by doing wei-ter gebildet. Kreativitätstechniken, den spielerischenUmgang mit der Sprache, Tricks für das Überwindenvon Schreibhemmungen – das gibt sie ihren Kurs-teilnehmerinnen und -teilnehmern gerne mit: «Ichmöchte ihnen die Freude am Schreiben vermitteln.»

Beate Rothmaier, Caspar, Nagel & Kimche, Zürich 2005, Fr. 32.50

Beate Rothmaier vermittelt in Erzählwerkstätten Handwerkszeug.

ORIENTIERUNG24

OHREN AUF. Die Bedeutung des Tones und seinerFeinheiten vermittelt Nicolò Paganini im Kurs «Ton-spuren für Einsteiger» an der EB Zürich. Die Kurs-teilnehmerinnen und Kursteilnehmer lernen, ihreOhren zu brauchen und suchen nach dem idealenTon für ihre Bilder. «Ich mache das fürs Stöckli»,sagt Kursteilnehmerin Priska Heuberger. Die Waren-kundelehrerin für angehende Musik-Fachangestelltesorgt vor, denn sie wird in zwei Jahren pensioniert.Dann hat sie mehr Zeit für ihre Leidenschaft: dasFilmen. «Ich drehe Dokumentarfilme über Familieund Ferien.» Im Kurs «Tonspuren» vertont sie zumersten Mal ihre Bilder professionell. Sie hat den Filmeiner Reise nach Venedig mitgebracht. Man siehtGondeln, Kanäle, den Dogenpalast. In Gedanken fügtsie die Bilder schon beim Drehen mit der Musikzusammen. Denn sie verfügt von Berufes wegen übergrosse Musikkenntnisse. Für den Venedig-Film wirdes Musik von Albinoni und Vivaldi sein. Die Kunstbesteht darin, die Musik harmonisch mit dem Bild zukombinieren, sodass ein Fortissimo die Fahrt aufeinem stillen Kanal nicht stört.

G-DUR ODER E-MOLL. Jeweils am Samstagmorgentreffen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer imKurs «Tonspuren». Nicolò Paganini erläutert Tech-niken, gibt Tipps und erklärt Programmfunktionen,

Johnny Depp, alias Jack Sparrow, segelt mit sei-nem Schiff «Black Pearl» dem Horizont entgegen.Ohne musikalische Untermalung wirkt der Aus-schnitt aus dem Film «Fluch der Karibik» nicht. Esscheint schlicht eine Szene zu sein, wie ein herunter-gekommener Mann sein heruntergekommenes Schiffsteuert. Die Filmproduzenten in Hollywood wissen,dass der Ton zum Bild die Emotionen verstärkt.Sie in-vestieren einen grossen Teil ihrer Gelder in denSoundtrack. So interpretieren die Zuschauer im Kino,dass Kapitän Jack Sparrow erhaben auf der stolzen«Black Pearl» der Sonne entgegengleitet. Meeresrau-schen, Möwengekreisch und Musik, die von seinemTriumph, dem Sieg über Geoffrey Rush, alias Bar-bossa, zeugt, begleiten ihn.

DER GUTETONTon trifft Bild. Erst der Soundtrack macht den Film zum Erlebnis, erst dieOriginaltöne machen aus dem Vortrageine Show. Nicolò Paganini zeigt im Kurs «Tonspuren», wie. Von Esther Güdel

ORIENTIERUNG 25

die mancher Laie erst nach langer Nutzung des Pro-grammes oder gar nie findet. Wie klingt ein Raum,und wo wird das Mikrofon ideal platziert? Wie wirdein Loop, eine unendliche Tonschleife produziert undwie wird am Computer abgemischt? Kursleiter NicolòPaganini schwärmt von den technischen Möglich-keiten, den Ton zu verändern: «Filterfreunde freuteuch!» Mit die Programm «Soundtrack» können fastunzählige Filtereffekte eingebaut werden. Am Com-puter Sound zu gestalten gleicht dem Kochen einesEintopfes. Zutat um Zutat wird beigemengt, jede ein-zelne verändert das Ganze, und erst am Schluss weissman, wie es wirklich schmeckt. Der Anwender be-stimmt, ob sein Ton echoen, hallen oder nach Bolly-wood klingen soll. Dudelsack, Sitar oder E-Gitarregefällig? Das Ganze in G-Dur oder e-moll? Aber andersals beim Kochen können störende Zugaben im Klang-eintopf per Mausklick entfernt werden.

LUST AUF MEHR. Viele der Teilnehmerinnen und Teil-nehmer bearbeiten eigene Tonprojekte und habenspezielle Fragen. Eine Künstlerin will ihre dreidi-mensionalen Filme am Computer vertonen.Ein ande-rer Teilnehmer seinen Kurzfilm. Viele, auch PriskaHeuberger, haben bereits Kurse zu Drehbuch, Film-sprache und Montage besucht. «Es ist ein Ratten-schwanz», sagt sie, «man will immer mehr können.»

Und je besser die Kenntnisse werden, desto mehr wirdin Hard- und Software investiert.

HÖREN STATT LESEN. «Ich habe für meinen Romankeinen Verleger gefunden», erzählt Bernhard Sutter,«jetzt mache ich eben ein Hörbuch daraus.» Auf derGrundlage seines 500-seitigen Romanes über eineGeigerin hat Bernhard Sutter das Drehbuch geschrie-ben. Jetzt befasst er sich mit der Vertonung. EineSchauspielerin wird den Text lesen, begleitet vonMusik. Der freischaffende Journalist mit Radio-Er-fahrung sieht auch beruflich Möglichkeiten, das neueWissen zu nutzen. Er erinnert sich: «In meiner Zeitbeim Radio war ein ganzes Technikstudio nötig, umText und Ton zusammenzubringen.» Heute könnteer mit Notebook, Minidisc-Player und ein wenigMusik ein Radio-Feature zusammenstellen und dasErgebnis per E-Mail an die Radiostation schicken.

Nach der Pause ist es ruhig im Kursraum. ZehnMenschen setzen sich konzentriert mit Tönen undMusik auseinander. Kopfhörer übergestülpt starrensie auf die Monitore.Im zweiten Teil des Kursmorgensarbeiten sie selbständig weiter. Jemand klatscht dreiMal nacheinander in die Hände und nimmt es auf.Eine Frau schliesst ein Keyboard an ihren Rechner an.Dann gleiten ihre Finger über die schwarz-weissenTasten. Lautlos. Ein Bild ohne Ton.

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inSoundtracks und Hörbücher entstehen heute am Laptop.

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Management erzeugt Innovation und Wachstum – auch in der Weiter-bildung, sagt Phillipp Gonon. Der Professor für Berufsbildung ortetsowohl bei Betrieben als auch bei SchulenNachholbedarf. Interview: Christian Kaiser und Marlise Leinauer

EB Kurs: Herr Gonon, Sie referierten vor kurzemüber die Notwendigkeit, Bildung zu managen.Weshalb muss Bildung gemanagt werden? Wird nicht schon zu viel gemanagt, jetzt auch nochBildung?Phillipp Gonon: Das Thema Management ist im Bil-dungsbereich relativ neu. Bis in die 90er Jahre wurdeManagement als etwas angesehen, das mit Bildungnicht vereinbar ist. Management wird ja häufig mitEffizienz gleichgesetzt. Die traditionelle Pädagogikgeht jedoch davon aus, dass alles, was effizient ist,den Bildungsauftrag gefährdet, weil Bildung Zeitbraucht, Spielräume, Freiheiten und keine engen Ziel-setzungen.

Management behindert aus dieser Sicht also eher die Bildung.Ich halte diese traditionelle Skepsis gegenüber demManagement für überängstlich und falsch. Denn esgibt auch in der Pädagogik Effizienzüberlegungen.

BETRIEBE ZU BILDUNGSTRANSFORMIEREN

INTERVIEW 27

schaft selbst organisieren, sondern sie können so auchdie Bildungsaktivitäten passgenauer auf ihre Bedürf-nisse ausrichten.

Worin besteht der Nutzen, wenn sie die Weiter-bildung professionell managen?Der Hauptnutzen besteht darin, dass sich Unterneh-men klar darüber werden, wo sie investieren, in wel-chem Bereich sie ihre Leute qualifizieren wollen, wel-che Weiterbildung sie für ihre betriebliche Strategiebenötigen. Bildung bringt auch Kultur in einen Betrieb,erzeugt Visionen, fördert die Kommunikationskultur,legitimiert die eigenen Aktivitäten. Man trägt etwaszum Wohlfühlen der Arbeitnehmerschaft bei. Auch dassind Gründe, weshalb Unternehmen motiviert sind,sich Bildung zu leisten.

Längst nicht alle Firmen leisten sich diesen Luxus.Wir haben eine Untersuchung bei KMUs durchgeführtund festgestellt, dass Betriebe die Frage der Weiter-bildung strategischer angehen, als man allgemein an-nimmt. Viele entscheiden sich dafür, aber es gibt an-dere, die bewusst darauf verzichten, weil sie es sichnicht leisten können oder weil ihnen die Zeit oder dasKnow-how fehlen. Einige versuchen jedoch, das feh-lende Know-how gezielt von aussen zu holen oder mitexternen Bildungsanbietern zu kooperieren. Das halteich für ein viel versprechendes Modell. Es gibt alsodurchaus Betriebe die sagen: Es lohnt sich nicht, dasswir selbst Bildung betreiben, uns fehlt die Infrastruk-tur, Bildungsinstitute können besser bilden als wir, wirmüssen das outsourcen.

Stimmt das? Sind Berufsschulen, Fachhochschulenoder Universitäten besser geeignet, berufliche Bil-dung zu vermitteln als Unternehmen?Die Disziplinen der Berufspädagogik und der betrieb-lichen Weiterbildung haben ein so genanntes Lern-ortkonzept entwickelt. Lernen passiert nicht nur inder Schule: Es müsste darum das Ziel der beruflichenBildung sein, Arbeitsplätze und Betriebe lernhaltigerzu gestalten. Fragestellungen wie «Wo ist Lernen sinn-voll und gehaltvoll?», «Wo kann man das Publikumabholen?» führen zur Forderung, dass man Betriebe inBildungsstätten transformieren muss. Einen Arbeits-platz lernhaltiger zu gestalten, würde beispielsweisebedeuten, interaktive Lernprogramme an einer CNC-Maschine einzubauen oder Übungsmöglichkeiten mitVorgesetzten und Kollegen zur Verfügung zu stellen,statt die Leute in externe Kurse zu schicken.

Ist das nicht Wunschdenken? Berufspädagogenmöchten Weiterbildung in den Unternehmenansiedeln, während manche Firmen die Bildungauslagern oder ganz darauf verzichten.Wie passt das zusammen?Die Frage, ob Bildung im Betrieb passieren soll, lässtsich nicht generell beantworten. Man sieht in derSchweizer Wirtschaft eben alles. In unserer Untersu-chung haben wir festgestellt, dass Betriebe mit gros-sen Ressourcen mehr Weiterbildung betreiben alssolche mit kleinen Ressourcen. Der wichtigste Faktordabei ist die Grösse des Umsatzes. Es gibt aber durch-

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STÄTTEN

Didaktik und Methodik etwa richten sich ebenfallsan Effizienz aus. Management und Bildung sind alsonur scheinbar Widersprüche. Es ist faszinierend zusehen, dass Organisationen durch Management Inno-vationen erzeugen und wachsen können. Wenn heute Schulbetriebe stärker marktwirtschaft-lichen Gesetzen ausgesetzt werden, ist es zwingendnötig, dass auch sie sich Managementperspektivenaneignen.

Bleiben wir bei den Unternehmen, welche ja die Managementgesetze bereits verinnerlicht haben.Weshalb müssen sie sich für die Ausbildung ihrerMitarbeitenden engagieren?Sie müssen überhaupt nicht, aber es hat sich gezeigt,dass Unternehmen im Zuge von Wissens- und Infor-mationsgesellschaft sowie technologischem Wandelselbst zur Einsicht gelangen, dass sie sich um dieWeiterbildung kümmern müssen. Nicht nur ist es fürsie kostengünstiger, wenn sie die Bildung ihrer Beleg-

INTERVIEW28

aus kleinste Informatikbetriebe, die sich sehr aktivin der Weiterbildung ihres Personals engagieren. Denn auch das Qualifikationsniveau spielt eine Rolle;Betriebe, die Akademiker oder höher qualifizierte Ar-beitskräfte beschäftigen, sind eher bereit, Weiter-bildung zu fördern.

Es tut sich also eine Weiterbildungs-Schere zwischenden Grossbetrieben und den KMUs auf?Nein, die Schere besteht vielmehr zwischen grossen,mittleren und kleinen Betrieben auf der einen und denKleinstbetrieben auf der anderen Seite. 88 Prozentder Schweizer Unternehmen sind Kleinstbetriebe von1 bis 9 Arbeitnehmenden. Hier gibt es wenig Weiter-bildungsangebote. Die Schere öffnet sich also zwi-schen den Mitarbeitenden bei solchen Kleinstbetrie-ben und dem Rest.

Fehlt den Kleinfirmen das Bewusstsein, dass sie am Ausbildungsstand ihrer Mitarbeitenden arbeitenmüssten?Das war eben eines der überraschenden Resultateunserer Untersuchung: Die Unternehmen sind sichsehr wohl bewusst, dass sie mehr in die Bildung inves-tieren müssten. Es fehlt ihnen aber oft an Geld undZeit. Das Schlagwort vom «lebenslangen Lernen» wirdja heute fast zum Sozialzwang. Ein Betrieb, der be-hauptet, unsere Leute haben gar keine Weiterbildungnötig, ist in einem solchen Umfeld als Arbeitgeberwenig glaubwürdig und attraktiv. Dementsprechendsind Stellen beispielsweise im Gastgewerbe, wo kaumjemand Weiterbildungsmöglichkeiten erwartet, auchweniger gesucht.

Investitionsentscheide werden heute aufgrundharter Kalkulationen gefällt.Stellt da die mangelnde Messbarkeit des Weiter-bildungserfolgs eine Hürde dar?Das ist so. Das sind die spannenden Fragen im Bil-dungsmanagement. Welche Bildung hat sich für wenwie gelohnt? Es gibt bisher kein überzeugendes Con-

Ein ausgewiesener Berufsbildungsforscher. Prof. Dr. Phi-lipp Gonon, 50, ist seit April 2004 Professor für Berufsbildungan der Universität Zürich. Von 1998 bis 2004 lehrte er an derUniversität Trier als Professor für berufliche, betrieblicheWeiterbildung. Seine Arbeitsschwerpunkte sind beruflicheWeiterbildung, international vergleichende Bildungsfor-schung, Theorie und Geschichte der Berufsbildung. Im Juli er-schien seine aktuelle Studie zur Weiterbildungssituation inSchweizer KMUs: Philipp Gonon/Hans-Peter Hotz/Markus Weil und AndréSchläfli: KMU und die Rolle der Weiterbildung. Eine empiri-sche Studie zu Kooperationen und Strategien in der Schweiz.Bern: h.e.p. Verlag 2005

trolling. Möglich sind aber grobe Abschätzungenwie die Erhebung der Mitarbeiterzufriedenheit. Auchmittelfristige Werte wie Betriebstreue oder Motiva-tion liefern Hinweise. Aber kurzfristige Renditeüber-prüfungen sind in der Tat schwer zu bewerkstelligen.

Kann das dazu führen, dass Firmen lieber in Maschi-nen investieren als ins Personal, weil dort die Ren-dite einfacher berechenbar ist?Ja. Hier kommt auch das Schweizer Berufsbildungs-system zum Tragen. Man überlässt es den Angestell-ten, sich auf eigene Initiative bei ihrem Berufsverbandweiterzubilden. Auch das ist ein Weiterbildungs-konzept.

Die Teilnahmequoten in der beruflichen Weiter-bildung waren in den letzten Jahren ja sogar leichtrückläufig. Wie erklären Sie das?Für mich ist die plausibelste Ursache die wirtschaft-liche Stagnation der letzten Jahre. Qualifizierte Ar-beitskräfte waren relativ günstig zu haben. Das sindnatürlich Faktoren, die Firmen eher bremsen, selbstWeiterbildung zu betreiben oder zu finanzieren. Ichbetrachte das als konjunkturelles Phänomen.Leiden unter diesen Sparanstrengungen nicht beson-ders diejenigen, welche Weiterbildung am nötigstenhätten?Das ist eine der zentralen Fragen in der Weiterbildung:Wie bringt man weniger gut Ausgebildete dazu, anWeiterbildung teilzunehmen? Wie schafft man dienötigen Anreize? Skandinavische Länder zum Beispielhaben das besser im Griff. In der Schweiz ist die Teil-nahmequote international gesehen nur Mittelmass.Hier könnte die öffentliche Hand mehr leisten, mehrniederschwellige Angebote zur Verfügung stellen. ImMoment gehen die Bestrebungen leider jedoch eher indie andere Richtung: Man will die öffentlichen Bil-dungsangebote Marktpreisen aussetzen und nur ren-table Kurse anbieten.

Welche Anreizsysteme gäbe es, um die Unter-nehmen vermehrt zur Weiterbildung zu bewegen? Steuererleichterungen für Firmen, die sich in derWeiterbildung engagieren, wären sicher ein wirksamesInstrument. In unserer Umfrage wurden solche Steu-ervorteile als Fördermittel von den Unternehmenbegrüsst. Auf Seiten der Mitarbeitenden könntenverbesserte steuerliche Abzugsmöglichkeiten oderstaatliche Bildungsgutscheine die Weiterbildungs-quote erhöhen und den Abstand zu den skandinavi-schen Ländern verringern.In der Praxis weichen die Bildungsbedürfnisse derMitarbeitenden manchmal erheblich von den Bil-dungszielen des Managements ab. Wer soll be-stimmen, welche Kompetenzen erworben werden?In einem traditionell geführten hierarchischen Unter-nehmen wissen selbstverständlich immer die Oberenam besten, was die Untergebenen brauchen (lacht).Nein, im Ernst, zu erwerbende Kompetenzen und Fer-tigkeiten sollten natürlich Gegenstand gemeinsamerVerhandlungen sein. Ein gutes Management zeichnetsich ja dadurch aus, dass es auch Anliegen Ernst nimmt,die nicht gerade in ihrem primären Fokus liegen.

WEITER GEHTS 29

WORT-PINGPONG AUS LICHTERN

Kunst am Bau. Eine preis-gekrönte Lichtinstallationbegrüsst die Besucherin-nen und Besucher des BiZE und reagiert sogarauf sie.

Für die künstlerische Gestaltung der zwei Eingangsbereichedes neuen BiZE veranstaltete das Hochbauamt des KantonsZürich einen Wettbewerb. Als Sieger ging der Zürcher KünstlerJohannes Gees hervor, dessen Projekt «PingPong» nun realisiertworden ist. Die interaktive Licht- und Rauminstallation lässt diebeiden Eingänge direkt miteinander kommunizieren und sorgtgleichzeitig für Orientierung in der nicht leicht entzifferbarenStruktur der Korridore, Pausenräume und Treppenhäuser.In unmittelbarer Nähe der Eingänge sind zwei LED-Panels in denBoden eingelassen. Auf jedem der beiden Panels leuchten Worteoder Wortteile, die elektronische Impulse in Form von Leucht-würmchen auf LED-Schienen ins Gebäude hineinschicken.Auslöser für die Wanderung der Buchstaben ist die Bewegung derPersonen im Gebäude.Jedes Durchschreiten der Eingänge löst – erfasst durchLichtschranken – eine Veränderung auf dem entsprechendenPanel aus. Ist an den Eingängen keine Bewegung zu verzeichnen,so folgen Entstehung und Auflösung der Wörter einem eigenenRhythmus. Die entstehenden Wörter seien hier nicht verraten.Wer ein bisschen Geduld hat, kann sie sich selbst «abholen».

Bild: Reto Schlatter

KULTUR30

LESEN, HÖREN, SEHEN

LESENMISCHA. Ein Pinguin als Haustier. Sehr ungewöhnlich.Nicht so in Kiew. Viktor, der Journalist, wohnt und lebtmit Mischa, dem Pinguin, zusammen. Mischa begleitetuns durch das ganze Buch. Mal versetzt er Fischer inErstaunen, mal watschelt er durch die Strassen von Kiew.Oder er leidet unter Herzproblemen. Oder er geniesstein eiskaltes Bad in der Badewanne seiner Wohnung.Und ist trotzdem nur eine Nebenfigur. Die eigentlicheHauptfigur ist Viktor, der Nekrologe über berühmteLeute von Kiew schreibt, die gar noch nicht gestorbensind. Und natürlich die Mafia. Ein spannender Roman biszum Schluss, der dank Pinguin immer menschlich bleibt.

Ursula KindlerBereichsleiterin Programm

Andrej KurkowPicknick auf dem Eis2000

HÖRENEINHORN. «Hört von den sieben Vaganten, die IhrGlück in der Hölle fanden, behangen mit Fetzen undSchellen, die so laut wie Hunde bellen.» Mit diesen Wor-ten eröffnet das «Letzte Einhorn», Sänger der deutschenBand «In Extremo», ein Mittelalterrock-Gewitter dermitreissenden Art. Noch immer ist das Werk «Verehrtund angespien» ein Meisterstück mit uralten Texten undeinem Instrumentenmix aus Gitarre, Bass, Schlagzeugund Dudelsack, Flöte, Harfe. Prägend sind mehr harte alssanfte Töne, mehr rauer als lieblicher Text. Lieder wie«Herr Mannelig», «Spielmannsfluch» und «Werd ich amGalgen hochgezogen» machen nach dem ersten HörenLust auf mehr.

Maurice CodureyKursleiter Marketing undWerbung In Extremo

Verehrt und angespien1999

SEHENRAMÓN. «Mar adentro» beruht auf der Biografie desSpaniers Ramón S. Durch einen fatalen Sprung ins Meerwird der junge Mann zum Tetraplegiker und ist seitdiesem Unfall ans Bett gefesselt. 28 Jahre lang kämpft erfür einen selbst bestimmten Tod. Der Film zeigt auf, wiekontrovers das Thema Sterbehilfe ist und liefert einigeDenkanstösse, ohne je moralisch zu wirken. Schon baldnachdem man Ramón im Film kennen lernt, glaubt manzu verstehen, warum er sterben will. Doch berührt durchseine liebenswürdige und humorvolle Art, gerät dasPublikum mehrmals ins Schwanken, und mit der Zeit fälltes einem schwer, diesen Mann in den Tod gehen zulassen.

Martina WürmliKursleiterin Informatik

Alejandro AmenábarMar adentro2004

Kursleitende und Mitarbeitende der EB Zürich geben

Tipps zu interessanten Büchern, CDs und Videos.

WEITERBILDUNG 31

www.eb-zuerich.ch [email protected]

EB ZürichKantonale Berufsschule für WeiterbildungBildungszentrum für Erwachsene BiZERiesbachstrasse 118090 ZürichTelefon 0842 843 844

Weiterbildung – wie ich sie will

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Mit 8 Seiten

Journi-Journal