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 E N  T F E S S E L  T ANARCHIS  T BLACK CROSS INFO  von ABC Berlin und ABC Orkan

Entfesselt - 09-01

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  EN TFESSEL TANARCHIS T BLACK CROSS INFO

  von ABC Berlin und ABC Orkan

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Anarchist Black Cross Berlin und Anarchist Black Cross Orkan sindanarchistische Zusammenschlüsse von Individuen, welche sich seit einigen Jahrenzusammengefunden haben und von einem gemeinsamen Hass gegen diesekapitalistische Gesellschaft und deren Formen des Wegsperrens geprägt sind.Unser Schwerpunkt liegt primär in der Unterstützung anarchistischer und sozialerGefangener, tendenziell von allen Gefangenen die sich gegen diese Gesellschaftder Ausbeutung und Vereinzelung wehren und ihren Kampf mit emanzipatorischenInhalten füllen.Allerdings wollen wir weder eine reine „Gefangenen-Unterstützungs“-Gruppe sein,noch eine die sich nur mit politischen Gefangenen beschäftigt, weil wir generell alleKnäste, Abschiebeknäste und jegliche Zwangsanstalten ablehnen: sie sind keineLösung für soziale Konflikte, welche aus der aktuellen Organisierung der Gesellschaftentstehen. Auf Grund dessen ist es uns wichtig Antiknastarbeit zu machen, um zuverdeutlichen, wieso Zwangsanstalten besser Baulücken sein sollten.Durch die Herausgabe eines monatlichen kleinen Heftes (das „Entfesselt“), in Formvon Flyern und Broschüren, die Organisierung von Aktionen wie Kundgebungenund Demos vor Knästen, von Infoveranstaltungen zum Thema Knastkritik undüber Gefangene usw., versuchen wir in der Szene und im Rest der Gesellschaftbestimmte Diskussionen zu provozieren oder weiter zu führen. Wir versuchen auch

Antirepressionsarbeit in einen Kontext zu setzen indem es darum geht, dass es nichtnur wenn ein §129a gegen uns angewendet wird es wichtig ist Antirepressionsarbeitzu machen, sondern das dies immer in Verbindung mit der Infragestellung desgesamten Knastsystems gesetzt werden muss.Die Abschaffung aller Zwangsanstalten sehen wir nur möglich innerhalb einesProzesses, welcher die gesamten aktuellen Zustände umwirft.

Für eine Gesellschaft ohne Knäste!

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Das Entfesselt ist ein zwei-monatlich erscheinendes Antiknast-Info der AnarchistBlack Cross Gruppen ABC Berlin und ABC Orkan. Sie soll über internationalenPrisonersupport und Antiknastkampf informieren sowie dem Aufbau einerAntiknastkultur dienen.Sollte das Entfesselt bei euch nicht ausliegen, schreibt uns (die Adressen findet ihrauf der letzten Seite) und wir schicken euch so viele Exemplare wie ihr braucht. Wirfreuen uns natürlich über Selbstkopierer! Wir können euch Kopiervorlagen schicken,die Entfesselt ist aber auch digital als pdf-Datei auf der Homepages des ABC Berlin alsDownload erhältlich.

Einzelabos in Knäste sind natürlich möglich.

Freiheit für alle Gefangenen! Für den Anarchismus!

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Eigentumsvorbehalt: Diese Druckschrift ist solange Eigentum des Absenders, bis siedem/der Gefangenen persönlich ausgehändigt worden ist. „Zur-Habe-Nahme“ ist keinepersönliche Aushändigung im Sinne dieses Vorbehaltes. Wird die Druckschrift dem/derGefangenen nicht ausgehändigt, ist sie dem Absender/der Absenderin mit dem Grundder Nichtaushändigung zurückzusenden.

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V.i.S.d.P.: Aus. Bruch, Weg zur Freiheit 1a, Prisontown

Vorwort 4

Verhaftungen in Frankreich - Selber Terror! 6

Frankreich - kein Waffenstillstand für den 11. November 8

Die Revolte verbreiten! 11

Welcher ist der Preis den wir alle dafür bezahlen? 12

Update zum Hungerstreik der Lebenslänglich Inhaftierten Italiens 14

Texte von Thomas Meyer-Falk 16

Kommuniqué des Gefangenen Amadeu Casellas Ramon, Dezember 08 17

Köln: Solidemo für die griechischen Gefangenen 18

Marco Camenisch im Hungerstreik 19

 „Rückkehr des Widerstands“ von John Bowden 20

 „Solidarität ohne Vorurteile“ von John Bowden 23

Ronnie Easterbrook im Sterben – Solidarität! 25

Brief von Peppe 27

Der Tag, an dem drei gesuchte griechische Anarchist_innen sich der Polizeigestellt haben

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Über Jean-Marc Rouillan 31

Gefangenenliste 32

Aktionstag - Freiheit für Natalja! Freiheit für alle Gefangenen! 36

Wie eine Träne im Meer 37

Kurzinfos 38

Silvester zum Knast-Demos 40

Chile - Verhaftung des Genossen Pablo Morales Fuhremann 41

Stellungnahme von Pablo Morales Fuhremann 42

Solidarität mit dem Öko-Anarchisten Jonatan 42

Freiheit für Mustafa Atalay in der Kirche gefordert! 43

Zwei Sprachen sind gefährlich 44

Internetlinks 45

Entstaatlichung des Strafvollzugs 46

Termine 48

3

Inhalt 

ABC OrkanInfoladen

Hansastrasse 4824118 Kiel

[email protected]

ABC Berlinc/o M99 - 1. Stock

Manteuffelstrasse 9910997 Berlin

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Kontaktadressen 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Eine kleine Zwischenbilanz...

Zu aller erst möchten wir euch ein paar Gedankenüber das Entfesselt mitteilen: Wir sind ziemlich zu-frieden unsere Zeit kontinuierlich in dieses Projektzu investieren, zusammen mit anderen GenossIn-nen. Für uns ist es nicht immer einfach diese Re-gelmäßigkeit zu gewährleisten, werden uns aberdarum bemühen, weil wir es für wichtig halten. DasEntfesselt ist von einem kleinen A4-Blatt zu einerZeitung mit 50 oder mehr Seiten geworden. Und wi rsind froh darüber, dass diese Seiten nicht nur Re-pressionsberichte enthalten, sondern auch unserekollektiven oder individuellen Antworten dagegen.Wir verteilen das Entfesselt immer kostenlos, dennGeld sollte keine Beschränkung sein Zugang zu Ge-geninformationen zu haben. Wir freuen uns aberselbstverständlich auf jegliche Art von Spenden,denn Geld wird immer für viele Sachen gebraucht.

Selbstverständlich, wenn ihr Geld habt, am bes-ten solltet ihr es den Gefangenen direkt schicken,was ihr alleine ohne unsere „Vermittlung” machenkönnt. Ihr könnt es aber auch an uns schicken undwie leiten es weiter oder ihr fragt nach, wo geradeGeld am dringendsten gebraucht wird.Wir wissen, dass das Interesse vieler Menschen undGefangener an der Entfesselt gestiegen ist, so auchseitens der Knastleitungen und anderer Behörden.Das Entfesselt ist ein ungemütliches Instrument,weil sie Gefangene vielleicht zu Gedanken bringt,die gegen dieses System und seine Knäste versto-ßen. Dementsprechend leiden einige Gefangenendarunter indem die Knastleitungen ihnen das Ent-fesselt nicht zukommen lassen. Sie haben Angst,dass sich gefährliche Gedanken in den Knästenbreit machen würden, die dann zu bestimmten Si-tuationen führen könnten.

Wir sind in den meisten Fällen leider nicht in derLage gegen ein solches Vorgehen zu handeln. Wirwerden das Entfesselt weiter reinschicken, wir wer-den weiter versuchen, den Apparat zu nerven undGefangene und andere zur Gedanken zu animieren,die gegen die gegenwärtige Situation verstoßen.Meldet euch bei uns, wenn ihr die Entfesselt nichtbekommt, verteilt sie an andere Mitgefangene undlasst euch von dem Knastapparat nicht unterkrie-gen!

...und ein paar Worte als Vorwort...

2009 - Wieder ein neues Jahr. Wieder eine Nummerder Entfesselt. Wieder neue Kämpfe, die überalldie kapitalistische Welt und seine Kerker bewegen.

Und darüber können wir uns nur freuen und hoffen,dass der Trend so weiter geht. “Merry crisis andhappy new fear”, um es mit den Worten unserergriechischen GenossInnen ausdrücken oder auch,dass wir diese Krise weder bezahlen noch aufhal-ten wollen, sondern sie zuspitzen sollten, um neueWege zu eröffnen...2008 hat einen großen Aufstieg der selbstorgani-sierten Kämpfe vieler Gefangener in Europa ge-sehen: die Hungerstreiks in Deutschland, Grie-chenland und jetzt gerade in Italien – obwohl mitverschiedenen Reaktionen konfrontiert – haben dieBereitschaft vieler gezeigt, die nicht bloß weiter inden Kerkern des System sprachlos vor sich hin ve-getieren, sondern sich auf ihre Art und Weise zurWehr setzen wollen.In Griechenland lässt sich von einer sehr hohen Be-teiligung unter den Gefangenen sprechen, wir re-

Vorwort 

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den von über 8000 Inhaftierten (es gab verschie-dene Formen der Beteiligung - einige haben einenkompletten Hungerstreik gemacht, andere nur dasEssen des Knastes verneint, andere haben sich denMund zugenäht...) bei einer Knastbevölkerung vom13.000 Menschen. Auf der anderen Seite der Mau-ern haben AnarchistInnen und andere solidarischeMenschen ihre flammende Unterstützung auf dieStraße getragen und damit die Stimme der Gefan-genen jenseits jeglicher Berichterstattung der of-fizielle Medien Ausdruck fand und die Proteste derUnsichtbaren sichtbar gemacht wurden: dafür brau-chen wir weder von PolitikerInnen, noch von der of-fiziellen Presse etwas erbetteln! Teilerfolge wurdenerreicht, bevor der Hungerstreik erstmal beendetwurde, was aber nicht heißt, dass der Kampf zuEnde ist, sondern eher pausiert, um weitere Strate-gien und Aktionen zu entwickeln.Wir werden Ende März, mit Beendigung des itali-enischen Hungerstreiks – er endet am 16. März,eine aktualisierte Version unserer Broschüre überden Hungerstreik herausgeben (die erste Versionist auf unserer Website zu finden und in verschiede-

nen Infoläden), wobei auch Texte über den Hunger-streik in Deutschland im letzten August und den inGriechenland ihren Platz haben werden, um einenbesseren Überblick über diese Kämpfe, ihre Unter-schiede und Gemeinsamkeiten, zu geben.

Was wir als sehr positiv beobachten ist, das sich dieAntiknasthaltung und auch Aktionen langsam auchhier breiter machen: ein Beispiel davon ist der An-stieg der Zahl der jährlichen „Silvester zum Knast-Demonstration“, die dieses Jahre in verschiedenenStädten stattfanden.

In Griechenland starb ein anarchistischer Genos-se durch die Schüsse der Polizei – auch wenn dieSchergen behaupten, dass es ein Unfall war – eswar Mord. Daraufhin brach die Revolte aus: tausen-de von wütenden Menschen, AnarchistInnen, Mig-rantInnen und weite Teile der Bevölkerung zeigenihre Antwort auf Polizei und Staat, indem sie ihrenZorn auf die Straße tragen, direkte Aktionen ausü-ben und sich selbstorganisieren. Jeden Tag laufendirekte Aktionen, Besetzungen, Essensverteilun-gen, Proteste auf verschiedenste Formen, welchedie Regierung unter Druck setzen: der Tod von Ale-xandros war nur der Auslöser einer Unzufrieden-heit, die schon seit längerer Zeit da ist aufgrund derwirtschaftlichen Situation Griechenlands.Viele Menschen wurden festgenommen, vor allemviele MigrantInnen, die sich an den Plünderungenund militanten Auseinandersetzungen mit den Poli-zeikräften beteiligten. Viele von ihnen befinden sichnoch immer in den Knästen und werden mit hoherWahrscheinlichkeit abgeschoben werden. Sobaldwir Adressen und weitere Infos aus Griechenlandbekommen, werden wir sie hier verbreiten, um eineangemessene Unterstützung auch in Deutschlandfür die Revoltierenden zu gewährleisten. Wir ver-stehen unseren GenossInnen in Griechenland wennsie uns mitteilen, dass es gerade nicht wirklich vielZeit gibt, um Texte in anderen Sprachen zu verfas-sen, weil ihre Leben sich gerade an anderen Ortenals vor dem Rechner abspielen...

In Deutschland gab auch neulich zwei Ereignisse,welche das Verhalten der Polizei deutlich machen,auch für diejenigen hier, die ihre Augen nicht auf-machen wollen: der Freispruch der Verantwortli-chen am Tod von Oury Jalloh in Dessau und die Er-schießung eines „Kleinkriminellen” in Brandenburgin der Silvesternacht. Eine kurze Einschätzung vonunserer Seite findet ihr in einem Beitrag in dieserAusgabe. Fraglich bleibt, wieso sich hier die Empö-rung nicht ausbreitet...

Von neuen Repressionsfälle gibt es auch wieder vielzu berichten, denn wenn es zu Widerstand und An-griffen gegen den Staat kommt, bleibt Repressioneine normale Folge davon, wobei die Frage bleibt,wie mensch damit umgeht.Wir sind nie VertreterInnen entweder von „Opfer-kampagnen” oder „Unschuldskampagnen” und derAufteilungen zwischen „gut und böse” gewesen. Niewürden wir auch nur daran denken, das es eineAntwort auf Repression wäre sich mit PolitikerInnenund der Presse zusammenzusetzen, um die Ereig-nisse zu skandalisieren und die sogenannte „Öffent-

lichkeit” zu beeinflussen. Das es in Deutschland oftan einer vernünftigen Kritik fehlt, was den Bezugzur offiziellen Presse angeht, ist uns bewusst: des-halb freuen wir uns darüber Diskussionen in dieseRichtung anzustoßen.Wir bleiben weiter bei unserer Überzeugung, dassSolidarität selbstorganisiert auf der Straße, auf ver-schiedenste Art und Weise, durch die Wege und dieMedien (die es dringend nötig haben gestärkt zuwerden...), die wir uns selbst geschafft haben, aus-geübt werden sollte. Und das Ganze jenseits von jeglichem Aufschrei nach einer Skandalisierung derRepression, anstelle mit dem Gedanken im Hinter-kopf, dass die Repression immer da sein wird, so-lange unser Widerstand zunimmt und wir das Sys-tem nicht umgekippt haben werden.Die ganze Zeit zu schreien, der Staat und die Polizeiseien so böse, bringt uns nicht weiter: die könnenaußerdem nicht anders sein, als wie sie sind. Des-halb gehören sie abgeschafft. Dementsprechendwerdet ihr in dieser Ausgabe der Entfesselt ein paarTexte finden, die die Verhaftungen einige GenossIn-nen in Frankreich im letzten November thematisie-ren und dabei Strategien und den Sinn bestimmterDiskurse in Frage stellen und kritisieren: denn Kri-tik macht uns stärker...

Als letztes wollten wir uns bei allen Gefangenen fürdie Sätze, die am Ende des Vorwortes des letztenEntfesselt geschrieben wurden, entschuldigen: esist nicht so cool, hierein zuschreiben, das wir unsauf die Sonne freuen, wenn für viele Menschen sol-che Freuden aufgrund ihrer Einsperrung nicht mög-lich sind. Dabei möchten wir uns bei der/dem an-onymen KritikerIn aus Wien für seinen/ihren Brief bedanken (schon wäre es aber auch gewesen eineAntwortdresse zu haben).

Für revolutionäre Solidarität undein kämpferisches 2009!

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Dies ist die überarbeitete und aktualisierte Versi-on eines Textes von uns, welcher im stressfaktor (monatliches Heft mit Terminen von selbstorgani-sierten Veranstaltungen in Berlin) vom Januar 2009erschienen ist.

Am 11. November 2008 führte die französische Po-lizei eine der größten Razzien der letzten Jahre inFrankreich durch. Dabei durchsuchte sie mehrereGebäude und Wohnungen in Paris, Rouen, Limoges,Metz und Tarnac.Zehn Personen wurden verhaftet, eine Person - dieMutter einer Beschuldigten - wurde nach drei Tagenohne Anzeige wieder freigelassen. Die übrigen neunwerden inzwischen beschuldigt Mitglieder einer ter-roristischen Vereinigung zu sein, fünf von ihnenwird zusätzlich „gemeinschaftliche Sachbeschädi-gung mit terroristischem Ziel“ vorgeworfen.Die Ermittler_innen beziehen sich hierbei auf Sa-botageaktionen mit Hakenkrallen auf das Hoch-geschwindigkeitszugnetz der SNCF im Vorfeld desCastortransportes im November 2008. Wie derPresse zu entnehmen war gab es in Frankreich undDeutschland koordinierte Sabotageaktionen gegenden Castortransport und die Bahn aufgrund ihrertragenden Rolle als Transport(netz)anbieterin, wozunun auch eine gemeinsame Erklärung aufgetauchtist.Angesichts des massiven öffentlichen Drucks muss-ten vier der Beschuldigten aus Mangel an Bewei-sen jedoch „freigelassen“ werden und befinden sichseitdem unter richterlicher Aufsicht. Am 3. Dezem-ber folgten ihnen zumindest drei weitere Beschul-digte nach einer Verhandlung vor dem Appellati-onsgericht. Somit befinden sich noch zwei Leute imKnast. Einer davon, Julien, wird als „Anführer einerterroristischen Zelle“ bezeichnet - ihm drohen somitbis zu 20 Jahre Haft, den anderen bis zu 10 Jahre.Hinweise auf die verdächtige Gruppe wurden vomFBI gegeben, nachdem zwei der Genoss_innen dieAufmerksamkeit der dortigen Behörde auf sich zo-gen als sie sich in Amerika an politischen Protestenbeteiligten. Dem folgte eine umfangreiche Überwa-

chung ab Frühling letzten Jahres. Wir fragen unsdiesbezüglich nur nebenbei, wieso den Ermittlungs-behörden, nachdem sie so viel an uns herumge-forscht haben, noch nicht klar ist, dass Anarchist_innen keiner/keinem Chef_in folgen?

Die Verhaftungen sind Teil einer großen Kampagne,die in Frankreich gegen die sog. „Anarcho-Autono-men” seit mindestens einem Jahr stattfindet: An-fang 2008 wurden mehrere Genoss_innen aufgrundlächerlicher Vorwürfe eingeknastet und es gab ei-nen großen Aufschrei seitens des repressiven Appa-rats um die gefährlichen „Anarcho-Autonomen” alsneue terroristische Gefahr aus dem „Inneren“ zudiffamieren und dies neben dem immer präsenten „islamistischen Terrorismus”. Somit soll auch diesesneue Konstrukt die Anwendung weiterer repressiverGesetze rechtfertigen. Wir möchten hier auch daran

erinnern, dass Bruno, der sich damals unter stren-ger richterlicher Aufsicht befand, seit mehreren Mo-naten auf der Flucht ist. (Seine Briefe wie auch Bei-träge über die Repressionswelle in Frankreich findetihr in älteren Ausgaben der Entfesselt.)

Dort wie auch hier in Deutschland werden Leute, diees als notwendig erachten, sich gegen die alltägli-chen Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzen und dieUmstände hierfür anzugreifen auf verschiedene Artund Weise als Terrorist_innen diskreditiert, um dieimmer abgestumpftere öffentliche Meinung zu be-einflussen und uns alle als Gefahr für die gesamteBevölkerung darzustellen.

Uns ist die Dringlichkeit dabei klar, Gegenöffent-lichkeit hierfür schaffen zu müssen um den staat-lichen/manipulativen Diskurs zu kippen. Denn wieschon oft gesagt: Die wahren Terrorist_innen sitzenin Justizgebäuden, Polizeiwachen, Regierungen undähnlichen Einrichtungen.

Es handelt sich keines Falls um die gesamte Be-völkerung, die von Widerstandsaktionen getroffenwird, sondern diejenigen, die diese kapitalistischeGesellschaft vorantreiben und die Infrastruktur, diesie dafür geschaffen haben.

Presse und Polizei sprechen von engen Verbindun-gen zwischen Französ_innen und anderen Genoss_innen in Europa, vor allem in Deutschland. Was dieBehörden als die Entdeckung des Feuers darstel-len, sehen wir als ewigen Bestandteil autonomerund anarchistischer Bewegung. Es ist kein Geheim-nis, dass wir keine Grenzen anerkennen und un-sere Freundschaften, Affinitäten und Lieben keinenstaatlichen Grenzen unterziehen, denn schon vordem sog. Globalisierungsprozess wussten wir, dassunsere Bewegung eine internationale/antinationaleist und dabei unser Kampf gegen das System dergleiche ist. Freundschaften und Affinitäten zu krimi-nalisieren wurde schon vor Jahren in Italien durchdas Konstrukt des „mediterranen Dreiecks” (Italien,Spanien und Griechenland) erprobt. In Italien und

Spanien gab es schwere Schläge gegen die dortigeanarchistische Bewegung, die immer noch andau-ern. Ein solches Konstrukt wird nun auch in andereLänder exportiert: Frankreich und Deutschland alsnächste Kandidat_innen?Deshalb fordern wir alle auf, auch dementsprechendzu handeln um unsere uneingeschränkte Solidari-tät mit den französischen Genoss_innen zu zeigen.

Verhaftungen in Frankreich - Selber Terror! Genauso für all jene, die sich gegen Staat und Kapitaltagtäglich zur Wehr setzen. Und damit meinen wirnicht nur die, die von dem letzten Repressions-schlag betroffen wurden, sondern alle. Denn, wieauch in dem Text aus „Cette Semaine“ beschrie-ben wurde (in dieser Entfesselt zu finden), sind wirnicht glücklich darüber, dass die Kampagne ihreAufmerksamkeit nur den „Tarnac 9” schenkt: dennandere Genoss_innen und Rebell_innen werdenvon ähnlichen Maßnahmen stark getroffen, bei denStellungnahmen der Soligruppen aber fast komplettignoriert.Wir dürfen sie nicht vergessen, wenn wir jetzt un-sere Solidarität organisieren.Wir dürfen auch nicht wirklich vergessen, dass wirals Anarchist_innen manchmal etwas konsequentersein sollten: mensch kann nicht erst das Medien-spektakel beschimpfen, um dann mit ihnen zu koo-perieren, wenn mensch sie „braucht”....Wir möchten auch keine „netten” Bilder von unsverkaufen, um die Öffentlichkeit zu berühren, dasswir doch nur „normale” Menschen seien und da-durch der Risiko eingehen, eine Distanzierung von

denjenigen, die an diesem Diskurs nicht teilnehmenwollen, zu schaffen.Selbstverständlich sind wir „normal” in dem Sinne,dass wir wie jede Person, die etwas Salz und Wutim Kopf hat, unserer Unzufriedenheit mit dem Sys-tem Ausdruck verleihen. Diese „Normalität” wirdaber mehr und mehr als „abnormal” beschrieben.Wir dürfen uns nicht auf das Niveau derjenigen, diewir bekämpfen, herablassen. Wir sind Arbeiter_in-nen, Student_innen, Subversive, Unzufriedene,Kriminelle, Arbeitslose, Ausgebeutete, Bäuer_in-nen, Aufständische und vieles mehr. Wir passen auf keinen Fall in die Kategorien rein, die uns Medien

und Staat aufdrücken wollen.Und wir dürfen uns von ihrer Taktik der Spaltungund staatlicher Repression nicht einschüchtern las-sen: sich zur Wehr setzen gegen den alltäglichenMist braucht in unseren Augen keine Rechtferti-gung. Außerdem ist uns egal, ob unsere Genoss_in-nen (und allen anderen) „unschuldig“ oder „schul-dig“ sind, denn wenn die ersten unsere Solidaritätbrauchen und verdienen, dann die zweiten um somehr!

Hier gibt es mehr Infos rund um die Verhaftungenin Frankreich:

www.tarnac9.noblogs.org (deutsch)www.tarnac9.wordpress.com (englisch)www.abc-berlin.net

Schreibt Julien und Yldun, die im Knast sitzen,schafft Momente der Solidarität für alle.....

Yildune Levy N° 369 772Maison d’arret des femmes

6, avenue des PeupliersF-91700 Fleury Mérogis

France

 Julien Coupat N° d‘écrou 29017342 rue de la santé

75014 ParisFrance

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

sen werden soll. Andere aus Villiers-le-Bel entgegendiesen „Unschuldigen“ schuldig weil sie versuchenaußerhalb der Lohnarbeit zu Überleben werden täg-lich mit der Anschuldigung „kriminelle Vereinigung“konfrontiert. A priori, stellen sich die einen nichtden anderen entgegen. Außer wenn mensch die Ka-tegorien der Macht zu ihrer/seinen eigenen macht.Macht die das einzige ist, was kategorisiert was ter-roristisch ist und was nicht.Außer wenn mensch die Trennung zwischen „politi-schen“ und „sozialen“ Gefangenen bestätigt.Außer wenn mensch mit Absicht vergisst - schonwenn mensch sich die Namen der meisten Unter-stützer_innen anguckt („für die Tarnac 9“), dassandere schon früher gefallen sind und andere viel-leicht nachkommen werden.Außer wenn mensch bereit ist, im Namen der „Un-schuld“ die „Schuldigen“ (obwohl „die Beweise“ unddie „innere Überzeugung“ der Hoheit juristischerBegrifflichkeitsdeutung unterliegen - ob wir damiteinverstanden sind oder nicht), die täglich erwischtwerden, aufzuopfern.Außer wenn wir irgendwelchen Nutzen daraus zie-

hen, wenn wir den Herrschenden helfen und de fac-to eine Trennungslinie zwischen die „guten“ und die „bösen“ ziehen: zwischen denjenigen, die sich lust-voll zum Hauptgebäude einer Zeitung begeben, umüber ihr Leben zu berichten und oft auch über dasder anderen, und die, die vorm Mikrofon schwei-gen, zwischen denjenigen, die sich als beruflicheIntellektuelle vom Staat bezahlen lassen und den- jenigen, die mit jeglicher Form von Spezialisierungbrechen wollen. Zwischen denjenigen, die ihre Mei-nungen in Plena mit gewählten Politiker_innen tei-len und denjenigen, die Parteisitze angreifen. Umes kurz zu halten, zwischen denjenigen, die mit derMacht reden und denjenigen, die definitiv unbeug-sam sind. Verrückte, die trotzig die Macht angreifenanstatt sie zu reproduzieren (mit ihren Kategorien,ihren Rollen und Hierarchien) - eine Reproduktionkann nur mit ihrer Verstärkung enden.Aber lasst uns zu den Fakten zurückkommen. Be-deutet gegen die Demokratie zu sein und für einefreie Selbstorganisierung zwischen Individuen, ge-gen jegliches repräsentative System vielleicht auch „Terrorist_in“ zu sein?

Die Sabotage zu verteidigen, genauso wie alle an-deren Instrumente des Kampfes, ohne Hierarchien jeglicher Art - bedeutet das „Terrorist_in“ zu sein?Konsequent für die totale Zersörung von Staat undKapital zu kämpfen, also Anarchist_innen zu sein,bedeutet „Terrorist_innen“ zu sein?

Böse Absichten zu haben, sie zu unterstützen und dar-über zu schreiben, bedeutet „Terrorist_innen“ zu sein?Während der Kämpfe Mittäter_innen zu entde-cken, mit ihnen Affinitäten zu entwickeln bedeu-tet an sich eine „kriminelle Vereinigung“ zu sein?Wenn das der Fall ist, dann drei mal „ja“. Wir über-nehmen lauthals die Verantwortung für unsere Lei-denschaft für Freiheit und die Folgen, die sich darausergeben. Die selbe Leidenschaft, die viele Unbekann-te bewegt. Leute, die weit entfernt von den media-len Sirenen täglich gegen die Herrschaft kämpfen.In dieser Welt, die auf Ausbeutung, Umweltzerstö-

rung, Krieg und Miseren basiert, ist es sicherlichnicht als kriminell zu bewerten untätig zu bleiben,wartend auf den Moment, in dem alles untergehtoder zynischerweise die Momente zu zählen unddabei zu hoffen, dass jede_r für sich zurecht-kommt, vereinzelt jede_r in ihrem/seinen kleinenKäfig. Die Demokratie, das System zur mehr oderweniger autoritären Führung des Kapitalismus istnicht das schlimmste System. Bis jetzt hat dieDemokratie vor allem Beweise für ihre Pleite er-bracht: Die Welt, die sie dominiert bleibt eine Weltder Unterwerfung und Entbehrungen. Es handeltsich um ein System, das vorgibt an der Verwal-tung von Desastern mitbeteiligt sein zu können undzwar an seiner Selbstaufhebung, dabei die Gesell-schaft anstachelnd sich in Klassen aufzuteilen, dieszu verdecken - indem die Widersprüche durch diepermanente Befriedung - absorbiert werden. Auf die selbe Art und Weise ist der Staat eben nichtdas neutrale Instrument, das den Markt reguliert.Er ist vielmehr einer seiner Verbündeten wie zuZeiten der „Finanzkrise“ wieder deutlich wird, womassive Geldspritzen die Banken und Unterneh-

men retten sollen während sich die Umstände derAusbeutung verschlimmern und das Durchhaltenbis zum Ende des Monats immer schwieriger wird.Ja, wir wollen den Staat abschaffen, ihn nicht er-obern, denn er ist wie seine Knäste, seine Bullenund seine Gerichte, die bloß seine Spiegelbildersind, eine der Säulen der tödlichen Welt. Was denKapitalismus angeht, der vor allem ein sozialesGefüge ohne Herz und Gefühl ist, liegt es an unsallen ihn in seinen täglichen Erscheinungen zu be-kämpfen In der sog. „globalisierten“ Ökonomie, dieauf permanente Zirkulation basiert, hat der Waren-fluss (menschlicher wie auch nicht-menschlicher)an großer Bedeutung gewonnen. Es ist deshalbnormal, dass das Blockieren dieses Flusses wieder

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Dieser Artikel erschien in der letzten Cette Semaine(Dezember 08, anarchistische Zeitung aus Frank-reich). Er wirft einen kritischen Blick auf die Ereig-nisse vom letzten November - besonders anhand von Begriffen wie Solidarität, Repression und sozi-alen Kämpfen wie auch ihrer Verbindungen unter-einander. Was uns als Anarchist_innen besonders am Herzenliegt ist Kritik/Selbstkritik und ein solidarischer Um-gang damit. Dementsprechend publizieren wir hier diesen kritischen Blick um Diskussionen anzuregen, Austausch zu ermöglichen und solidarische Ausein-andersetzungen zu entwickeln die uns alle hoffent-lich in unserem Kampf gegen die Gegenwart voran-bringen können. Trotzdem sind wir ziemlich sicher,dass viele Leute die in diesem Text ausgedrücktenPositionen als „unmöglich“ oder „unsolidarisch“ an-sehen werden. Uns geht es aber genau darum auchhier in Deutschland zu zeigen, dass Wege der Soli-daritätsarbeit vielfältig sind und dass z.B. der gro-ße Aufschrei nach Unterstützung von Medien oder Politiker_innen, wenn jemand einfährt, für uns gar keine vernünftige Möglichkeit als Anarchist_innendarstellt. Denn unsere Solidarität drückt sich auf der Straße aus, wo Leute kämpfen und direkte Ak-tionen stattfinden. ABC Berlin

  „Wir dürfen nicht vergessen, dass es eine Frage vonLeben oder Tod ist, die sich für sie stellt: Falls siedie Maschinen nicht stoppen , werden sie einer Nie-derlage begegnen. Den Brunnen ihrer Hoffnungen,-die Sabotage- schöpfend besitzen sie große Mög-lichkeiten hin zum Erfolg zu kommen, hierbei jedochwerden sie auf die bürgerliche Empörung und de-ren beleidigende Schimpfworte stoßen. Abgesehenvom Interesse am Spiel, ist es verständlich, dasssie solchen Situationen mit leichtem Herz entgegen

gehen und dass die Angst vor Verunglimpfungenseitens der Kapitalisten und ihrer Knechte sie nichtdazu bringt auf ihre Siegesmöglichkeit, die einfalls-reiches und mutiges Handeln ist, zu verzichten.“ Emile Pouget, Sabotage, 1911

Alle oder fast alle kennen nun die Ereignisse. Am8.11. haben einige gut platzierte Hakenkrallen dieOberleitungen der Bahn an vier verschiedenenPunkten beschädigt, dadurch wurde Chaos produ-ziert und 160 TGV-Züge aufgehalten.Am 11.11. verhaftete die Polizei unter heftigemBlitzgewitter der Medien zehn vermeintlich Schul-dige in verschiedenen Städten und Dörfern. Nachdem 96 stündigen Verhör werden neun der „Mit-gliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mit ter-roristischer Zielsetzung“ beschuldigt und fünf davoneingeknastet, drei von ihnen zusätzlich aufgrund „gemeinschaftlicher Sachbeschädigung“. Seit dem2.12. sitzen noch zwei im Knast von denen einer als „Chef“ der sog. Vereinigung beschuldigt wird.Die Anwesenheit der Journalist_innen am Morgender Durchsuchungen, die die folgenden Tage fürdie Denunziation und Verleumdungen gegen diesog. „Anarcho-Autonomen“ in den Massenmedi-en verantwortlich sind, zeigen nochmal wie sie einBestandteil des Dispositiv „Antiterrorismus“ sind.Gierig nach Sensationen, mit Personalisierungenspielend und Meldungen, die besser im Müll gelan-det wären, sorgen sie für die erfolgreiche Manifes-tierung der Operation, die von der Innenministerinangesetzt wurde. Die Erfahrung der vergangenenKämpfe sind auf keinen Fall zu leugnen: solcheAasgeier sind Feinde, die im Dienste der Herrschaftstehen.

Auch wenn es ein paar Naive oder Dumme gibt, diedenken, dass die Medien irgendwelchen Einfluss auf die „öffentliche Meinung“, per Definition imaginärund deshalb nach belieben formbar, haben könnten,ist mensch nicht überrascht von der beschränktenDenkweise wonach wir nur wenn wir mit dem Feindkollaborieren ihm auch schaden können. Währendder aktuellen Phase der institutionellen Lüge, beo-bachten wir den progressiven Aufbau der Figur von „guten“ und „bösen“ Terrorist_innen. Die ersten, dienstbaren Protagonist_innen, Ange-

hörige von ländlichen Gemeinschaften und guteStudent_innen, schaffen einen Altar gegen alleanderen, die nicht dem richtigen Bild entsprechenoder sich ganz einfach weigern eine weiße Weste zuzeigen, sobald die Macht sie dazu auffordert. Weit entfernt von den öffentlichkeitswirksamen An-klagen durch gewählte Politiker_innen, Interviewsund Gerede über die Existenz oder nicht Existenzvon „Beweisen“, vergammeln einige andere Ge-noss_innen (aufgrund von DNA-Spuren) wegen desvermeintlichen Versuchs ein Polizeiauto anzuzündenschon seit mehreren Monaten im Knast, auch sie be-schuldigt den „Anarcho-Autonomen“ anzugehören.Andere, einige davon illegalisierte Migrant_innen,wurden eingesperrt, weil sie beschuldigt werdenden Abschiebeknast in Vincennes angezündet zuhaben, was anhand von Videomaterial nachgewie-

Frankreich - kein Waffenstillstand  für den 11. November 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

konnten doch wenigstens zur Grundsteinlegungüberall aufgetaucht ist und die Kämpfe der letztenJahre wenn sie auch keine harten Schläge erzie-len neuer Machtbeziehungen gedient haben. (vonder CPE bis zum Bahnarbeiter_innenstreik Februar2008 in Frankreich, aber auch der Bahn in Deutsch-land 2007 oder in Val di Susa in Italien 2005).Solche antikapitalistische Kritik, die sich über diedirekte Aktion ausdrückt und die von sehr vielenIntellektuellen als unnütz, überholt oder kriminellverurteilt wird, wurde von vielen Ausgebeuteten inihren Kämpfen erprobt. Das Blockieren der TGVs(durch Beschädigung der Oberleitungen oder Brandder Kabel wie im November 2008) - diese zerstöre-rischen Maschinen, die auch dafür verantwortlich,dass sich der Warenfluss beschleunigt - war keinZufall sondern Frucht der gemeinsamen Erfahrun-gen der letzten sozialen Kämpfe.

Ohne zu behaupten, dass Sabotage keine vielseitigePraxis wäre, hat sie ihren Ursprung doch immer imHerzen der Ausbeutung selbst - sei es um der/demChef_in Zeit zu stehlen oder um Sachschaden ge-

gen die Dinge anzurichten, die uns jeden Tag mehrunterdrücken.Wovor die Macht Angst hat ist nicht die Art, die denGewerkschaften zuzuordnen ist, Demonstrationenin Zeiten der Untätigkeit abzuhalten sondern diffu-se und anonyme Handlungen zu propagieren, die

sich in den permanenten sozialen Krieg einschrei-ben ohne jegliche Art der Trennung. Und genau inden Momenten, in denen der Druck gegen die Dis-sident_innen der wirtschaftlichen Demokratie auf-steigt sieht die Macht keine anderen Auswege alsihre Vergangenheit, Ideen oder einfach ihre Wider-sprüche zu negieren. Solch permanente Erpressungabzulehnen, wird auch zu einer Frage der Integrität- eine der wenigen Sachen, die uns der Staat nichtwegnehmen kann.Wer auch immer die Urheber_innen der Sabota-ge des vergangenen Novembers sein mögen - wirdrücken unsere Solidarität mit ihren Handlungen aus. Auf die gleiche Art und Weise wollen wir nichteinfach Unterstützung gegen die Repression, dievorgibt eine „unsichtbare Zelle“ zerschlagen zuhaben, anbieten, die sowieso nur außerhalb undrelativ dazu steht, was sie denn nun sein mögenoder mensch denkt sie wären es tatsächlich. Son-dern eine Solidarität gegen den Staat und all seineKnechte. Eine Solidarität, die wie die Revolte nichtexklusiv sein kann sondern sich an all diejenigenrichtet, die für die Freiheit kämpfen. Wenn die Un-

schuldigen unsere Solidarität verdienen, dann dieSchuldigen noch mehr! Anarchist_innen trotz allem

Die Revolte verbreiten! Wir wünschen uns, dass eine Debatte über den Auf-stand in Griechenland auch hier geführt werden wird - natürlich jenseits jeglicher Versuche von Parteien,sog. Intellektuellen oder Reformist_innen die Revol-te zu führen und sich zu vereinnahmen. Das bes-te Beispiel für eine solche Vereinnahmung ist eineVeranstaltung im Junge Welt Haus in Berlin mit Be-teiligung der KKE, die griechische kommunistischePartei, denn diese Partei ist eine der größten Feindedieser Revolte und der dortigen selbstorganisiertenBewegung – wird hier jedoch eingeladen um dar-über zu sprechen. Wir dürfen unsere Freude über die Ereignisse in Griechenland nicht verheimlichensondern müssen sie offensiv öffentlich ausdrücken.Wir hoffen, dass viel mehr Leute das Wort ergreifenwerden oder auf andere Art und Weise ihrer Solida-rität Ausdruck verleihen werden.

ABC Berlin

Am Samstag, den 6. Dezember erreichte uns dieNachricht, dass die griechischen Bullen einen 16jäh-rigen Genossen erschossen haben.Sofort brach in Griechenland der Aufstand los: vorallem in Athen, aber auch in allen anderen griechi-schen Städten gingen und gehen immer noch Men-schen auf die Straße, um die einzige Antwort auf einsolches Ereignisse geben zu können und zwar dieder direkten Aktion.

Ganz anders als oftmals in Deutschland, wo auchTeile der Antifa, der autonomen Bewegung nach demsogenannten Rechtsstaat rufen, um ihre angeblichenRechte zu verteidigen und deshalb die Lösungendieser Konflikte im Gerichtssaal und dem Knast su-chen, wenn es um Polizeigewalt oder ähnliches geht,haben die griechischen GenossInnen erkannt, dassmensch den Staat nicht nach Gerechtigkeit fragt unddadurch ihm die Reaktion überlässt, sondern diesedirekte Reaktion muss von uns allen kommen.Gerechtigkeit wird nicht in den Gerichtssälen gemachtund noch weniger in den Knästen. Den GenossInnenin Griechenland geht es nicht um eine rechtliche Be-

strafung eines Bullen, sondern um die Ausbreitungeiner Revolte, die gerade im ganzen Land tobt.

Das ist die Antwort, welche die Freunde und Freun-dinnen von Alexandros gewählt haben, um ihrenZorn zu verdeutlichen: die Antwort auf die gesell-schaftlichen Konflikte müssen nicht dem Staat über-lassen werden, sondern wir müssen diese in unsereeigenen Hände nehmen!

Und das machen die Leute dort, sowie in vielen ande-ren Ländern wo gerade solidarische Aktionen statt-finden: von Berlin, nach Rom, Madrid oder Kopen-hagen, viele gehen auf die Straße, nicht nur gegenPolizeigewalt, sondern gegen das ganze System.

Wochenlang hat es in ganz Griechenland geknallt. Esgab nicht nur direkte Aktionen gegen staatliche undkapitalistische Einrichtungen, es hat sich auch die

Idee der Selbstorganisation innerhalb der Bevölke-rung verbreitet. Die Revolte hat gezeigt, dass nichtnur ein paar Anarchist_innen mit den Umständenunzufrieden sind und das auch deutlich ausdrücken.Dieses Gefühl ist weit verbreitet und viele haben denGlauben an eine kapitalistische Demokratie und Ord-nung endlich verloren.

Die Hauptfrage jedoch bleibt, wie wir hier wie auchdort die Verhältnisse kippen können.Es geht nicht um demokratische Rechte, es gehtnicht um einen besseren Weg der Ausbeutung: esgeht um Kapitalismus, Staat und die, die diesen vo-rantreiben.

Die einzige Antwort, hier wie in Griechenland, kannnur der Weg der Selbs torganisierung, Solidarität undder direkten Aktion sein.Wir dürfen bei dem Ganzen nicht vergessen, dassdie staatlichen Behörden tagtäglich Morde ausüben:

in den Knästen, in den Abschiebeknästen, an denArbeitsplätzen und auf der Straße.Morde, welche von uns meistens wieder schnell ver-gessen werden oder wir sie gar nicht erst mitbekom-men.Ein Beispiel davon ist Oury Jalloh. Er verbrannte2005 von der Polizei gefesselt in seiner Zelle in Des-sau. Am 8. Dezeber wurden die verantwortlichen Po-lizisten freigesprochen. Verwundert hat es uns nicht,denn wir erwarten gar nicht, dass der Staat sich sel-ber verurteilt.

Wir werfen aber die Frage auf, wieso es damals wieheute in Deutschland zu keinen “griechischen Ver-hältnissen” gekommen ist, um eine vernünftige Ant-wort auf diesen Mord zu geben, denn Mörder in denReihen der Polizei gibt es überall, oder? Dies wurdeneulich nochmal durch den Mord an einem „Krimi-nellen“ in Brandenburg deutlich, der wegen kleinerDelikte per Haftbefehl gesucht wurde und ein paarMonate abzusitzen hatte. Von Bullen gejagt, wurdeer schließlich erschossen.Auch diese Nachricht des täglich vorherrschendenElends hat nicht viele Reaktionen innerhalb einerschlafenden Gesellschaft ausgelöst. Vielmehr kam

es auch noch zu dümmsten Diskussionen, ob derErschossene vielleicht nicht ein Vergewaltiger undMörder gewesen sei.

Um revolutionär zu sein, reicht es nicht sich mit Riot-Videos aus anderen Ländern vollzustopfen, sondernist es notwendig zu handeln, dort wo mensch geradeist. Dass die Umstände hier natürlich anders sind,wissen wir auch. Aber das kann nicht mehr eine Ent-schuldigung sein, denn wenn unser Zorn so groß ist,muss er auch endgültig entladen werden.

Lasst uns die Solidarität mit den griechischen Re-voltierenden auch hier gegen Staat und Kapital aus-breiten und dabei nicht vergessen, das Bullen überallMörder sind, egal ob in Deutschland oder in Grie-chenland!

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Unsere Meinung zu der Repressiongegen TierrechtlerInnen in Österreich:

Diesem Text gehen viele Diskussionen und Zwei-fel voraus, denn es ist für uns keine leichte Sachein der Wiener Szene mit Kritik aufzutauchen. Nichtnur zu diesem Thema.Es sind nämlich Dinge/Ereignisse aufgetreten mitdenen auch wir nichtgerechnet haben. Lange waren die Überlegungenund das Niedergeschriebene zu diesem Thema klarund fertig. Wenn wir uns recht erinnern, ist dies einweiterer Anlauf zu dieser Auseinandersetzung.Warum sie jetzt erscheint wird in den folgendenZeilen erläutert bzw. erklärt.Diese Einleitung ist auch wichtig, weil die Verhaf-tungen bzw. Hausdurchsuchungen und nachher dieGefangenschaft von AktivistInnen der BAT (Basis-

gruppe für Tierrechte) uns sehr getroffen hatte.Wir wollten sie sofort draußen sehen, mit uns, nichthinter einem Panzerglas, sondern mit uns auf denStraßen.Die Betroffenen sind seit l ängerem wieder draußen.Wie alles passiert ist wollen wir trotzdem nicht zumx-sten mal wiederholen. Es gibt einige Internet-seiten und Folder die alles chronologisch gut zu-sammengefasst haben. Außerdem sprengt es jenenRahmen welchen wir dem Thema schenken bzw.widmen wollen.

Unsere Unzufriedenheiten, nicht nur unsere, son-dern die von mehreren AnarchistInnen in Wien, fo-kussiert auf die Solidaritätsarbeit für und mit denGefangenen, die Gefangenen selber und darüberhinaus auch den Umgang mit der ganzen Solidari-tätsarbeit.

Uns ist bewusst wie die Lage in Wien zur ThematikRepression und vor allem zur Anti-Knast Agitationist. Bis vor kurzer Zeit, konnte sie fast gleich Nullgestellt werden. Der einzige Diskurs in Wien ge-gen eine Form von Gefängnisse läuft zum ThemaSchubhaft-Abschaffung und seine Wichtigkeit wol-

len wir nicht mindern, aber dennoch ist uns dieserDiskurs zu kurz gegriffen.

Ab dem Moment der Inhaftierung der Tierrecht-lerInnen änderte sich die Situation drastisch. DasInteresse erstreckte sich vorher eher auf einer in-ternationalen Ebene. Die Realität innerhalb öster-reichischer Gefängnissen wird ignoriert. Ob mit derEntlassung der TierrechtlerInnen das Interesse zuAnti-Knast Arbeit bleiben wird, können wir nichtprognostizieren. Wir können nur sagen, dass es füruns nach wie vor ein wichtiger Aspekt und Kampf sein wird.Außer bei einzelnen Individuen hat dieses Thema ja nie Interesse erweckt. Dass es jetzt auf einmales zu einem wichtigen Thema geworden ist, kommtuns zu rasch/unreflektiert. Aber dies ist ein anderesKapitel.

Oben erwähnen wir die BAT ganz bewusst alleineund nicht den VGT, denn uns sind die Leute vomVGT komplett egal. Zwar wollen wir die Freiheit füralle Gefangenen, egal aus welchen Gründen sie sit-zen, aber wir rennen ihnen allen eben nicht nach.

Die Unzufriedenheiten an der Solidaritätsarbeit,welche uns übrigens überhaupt nicht ansprach, dieVerzweiflung in einer Sackgasse zu sein und immerwieder gegen dieselbe Mauer zu rennen, erlebtenwir als Ohnmacht.Wir konnten uns nicht selber helfen, jedoch ist unsklar, dass trotz der Entlassung der Gefangenen,eine Debatte und eine Diskussion vor uns steht.Vielleicht empfinden es nicht alle so.

Um das ganze nicht im luftleeren Raum stehen zulassen, obwohl es uns schon auch sehr wundert,dass wir nach so vielen Monaten die ersten sind,

möchten wir nun kurz auf einige Punkte eingehen.Wir versuchen so klar wie möglich zu bleiben, umuns nicht in einzelnen Details zu verhängen, möch-ten wir die Analyse und Kritik zum vergangenenJahr kurz zusammenfassen.Die Soliarbeit (und da reden wir jetzt nicht von So-lifesten, zu denen kommen wir später kurz) hat sichsehr schnell als sehr hierarchisch strukturiert he-rauskristallisiert. An der Spitze war eine Gruppe,die mehr oder weniger den Ton angegeben hat; diedie Richtlinien gezeigt hat, außerhalb gab es wenig.Der Diskurs war Pragmatismus, wie sich schnell he-rausstellte, egal wie; das fing schon in der erstenWoche mit einer Pressekonferenz mit der GrünenPartei an und mündete in der Wahlkampagne mitderselben Grünen Partei und des Kandidierens vonSabine Koch für Nationalratswahl 2008.Diejenigen die behaupten, dass so eine Praxis alsAnarchistinnen tragbar ist, haben sich gut mit ihrenWidersprüchen arrangiert, denn wo es keine Konse-quenz gibt, gibt es keine Widersprüche.Wie ansonsten sollen wir das alles verstehen undeinordnen? Das hört sich zynisch an, aber wir sindratlos, da die fehlenden Positionen und Stellung-nahmen zwar auch eine Aussage sind, aber in Anbe-

tracht des Geschwätzes hinter vorgehaltener Handdoch auch vielleicht Potential hätten. Sie würdenwenigstens mehr Klarheit über dieses Spektakelverschaffen.

Die Zusammenarbeit mit der Grünen Partei, mitMenschen aus Linken Gruppen die nichts Weiteresals ihren Opportunismus ausnutzen und die Gele-genheit nützen um zu profitieren. Denn uns ist eswichtig, dass sich Menschen mit Gefangenen soli-darisieren, aber nicht mit politischen Organisatio-nen die glauben, dass sie mit diesem Thema die ei-genen Reihen füllen können, weil es „populär“ und „aktuell“ ist.

Unsere Enttäuschung galt den Menschen die die So-liarbeit machten bzw. noch machen, weil wir sie alsAutonome bzw. AnarchistInnen zu kennen glaub-

Welcher ist der Preis den wir alle dafür zahlen? ten. Seit dem erkennen wir sie nicht mehr. Dassel-be gilt einigen Gefangenen, wir erwarten von ihnennoch eine offizielle Stellungnahme. Wir verstehennicht warum Aufgrund von Pragmatismus bzw. wiees so oft genannt wird „Realpolitischen Interessen“,revolutionäre Theorien und Praxen über Bord ge-worfen werden und die Grüne Partei zu Verbünde-ten gemacht wird.

Unser einziger gesunder Bezug zu den Grünen istder Angriff gegen sie als ein Teil des Kapitals, desSystems, der Macht, der Unterdrückung. Wir wür-den nicht mehr nerven und uns als zufrieden geben,wenn endlich Positionen bezogen werden würde.Das ganze Geflüster hinter den Kulissen geht unsauf die Nerven. Sollen bitte Schwarz auf Weiß dieGefangenen sagen, dass sie die Zusammenarbeitmit der Grünen Partei super fanden. Von SabineKoch wissen wir es wenigsten schon, sonst verste-hen wir nicht warum sie für die Grünen ansonstenbei den letzten Wahlen in den Wiener Listen derGrünen kandidierte. Denn bevor dies nicht passiert,sehen wir nicht ein, warum wir solche Ex-Gefan-

gene unterstützen sollen bzw. irgendetwas für siemachen sollen.Dies sollen die Menschen aus der Antirepressi-ongruppe auch bitte tun. Soll die Debatte anfan-gen, endlich sollen die Fetzen fliegen, weil einfachwarten bis die Geschichte gegessen ist, liegt nichtin unserem Interesse.

Ironischerweiße, als die TierrechtlerInnen verhaftetwurden, haben alle möglichen von Gruppen sich mitihnen unbegrenzt solidarisiert. Wir haben damalsnichts geschrieben, keine Stellungnahme genom-men. Es gab nicht dass Bedürfnis, den Raum, dieEnergie dafür. Es wäre auch für die Szene komplettfehl am Platz gewesen. Denn es gab andere Priori-täten als sich mit dem eigenen Handeln auseinanderzusetzen. Darüber hinaus gab es Überraschungendie uns zu einer Ohnmacht führten. Dass wir jetzt

wieder auftauchen hat klare Gründe. Wir nehmendas Geschehene nicht als einen Nebensatz wahr,sondern als ein Scheitern von AnarchistInnen. Einekommende Debatte kann auch der Radikalisierunganarchistischer Individuen dienen. Denn wir radika-lisieren uns durch unser Handeln im Angriff gegendas Herrschende.

Unsere kritische Einstellung gegenüber allem wasLinks ist beruht auf unserer Theorie und Praxis.Dies ist ein Teil davon.

Und nun zum Ungang mit der ganzen Geschichte.Beides bezieht sich auf Menschen außerhalb und in-nerhalb der Gefängnisse, denn Gefangene sind füruns keine Opfer, die keine Meinung/Handlungsmög-lichkeit mehr haben/….

Die Auseinandersetzung ist uns wichtig, weil die Si-tuation ernst zu nehmen ist! Und da reden wir nichtnur von dem Fall der TierrechtlerInnen, sondernvon allen weiteren Kriminalisierungen und Repres-sionen, die in Zukunft hereinbrechen werden.

Wir fordern Stellungnahmen, Auseinandersetzun-gen mit dem Thema und einen Blick in den Spiegel,um vielleicht zu erkennen, dass Arroganz eine ver-kannte Form von Dummheit ist.Wie können Menschen behaupten es sei alles per-fekt gelaufen?Wieso gibt es keine Reflexionen? Ist es Feigheit, diekennen wir alle und zu der sollten wir auch stehenlernen, sonst bleibt alles nur eine Hülle von coolenanarchistischen Sprüchen und spätestens wenn dieRepression eintritt bekommen wir die verdrängteAngst zu spüren.Warum gestehen sich viele nicht ihr Scheitern ein?Das sind Fragen, die viele nicht beantworten kön-nen/wollen, die hier aber zur Diskussion gestelltwerden.Das klingt jetzt alles nach Provokation, aber es uns

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

leider viel zu ernst um Spaß zu machen. Wir denkenuns deutlich genug ausgedrückt zu haben.

Was die Soli-Feste betrifft, denken wir, dass es nichtwichtig ist, ob wir diese cool oder Scheiße fanden.Uns ist nur wieder mal die ewige Formel des „Alko-hol - Verkaufs + Party = Solidarität“ aufgefallen.Dies zeigt sich aber in allem in der Autonomen/An-archistischen Szene und ist jetzt nichts Neues.

Was aber nicht bedeutet, dass wir die ganzen spon-tanen Demonstrationen vergessen haben. Ausdruckvon Wut gegen Polizei und Gefängnisse.

Wir sehen es als eigenen Fehler, dass auch wir im-mer wieder die „Unerfahrung“ zu Anti-Knast Arbeitund Repression in Österreich als Rechtfertigungherangezogen haben, um die Handlungen der Au-tonomen/Anarchisitischen Szene in Wien zu recht-fertigen. Nach vielen Monaten der Soliarbeit undder fehlenden Reflexion darüber sehen wir das aberanders.

Unerfahrung ist keine Ausrede. Denn pragmatischerSelbstmord spiegelt das Handeln und die Einstel-lung von uns allen. Im Falle von Wien, keine starkeAnarchistische Bewegung, brauchen einige die Grü-ne als Rückrad.Da machen wir wieder mal unsere Meinung be-kannt, dass es nicht wichtig ist, dass wir viele sind,

sondern dass unser Handeln uns widerspiegelt. Inunserem Fall der soziale Krieg zwischen uns unddem Kapitalismus/Staat/Patriarchat.Wir wollen noch abschließen, dass auch in dieserSolidaritätsarbeit der Diskurs von Schuld und Un-schuld vorherrschte. Das hat in einer anarchistischenPraxis nichts verloren. Wie sollte denn ansonstenanarchistische Solidarität aus, wenn Menschen zumBeispiel bei ihrer Tat erwischt werden? Wir wollennicht das Konstrukt des ganzen Falles absprechen,wir wollen es aber auch nicht extra hervorheben, daes tägliche Praxis des Staates ist. Immerhin kon-struiert er ja auch jeden Tag absurde Gesetze undso vieles mehr.

Dies ist das Ende unserer Überlegungen, die jetztendlich niedergeschrieben wurden. Das bedeutetfür uns keinen Abschluss, sondern einen Beginneiner Auseinandersetzung, für eine revolutionäreTheorie und Praxis.

Es ist auch nicht wichtig wer die VerfasserInnen desTextes sind (auch so eine Beschäftigungstherapie

in der Szene). Alle Anstrengung dies raus zu findenist entweder Arbeit der Polizei, oder Ablenkung vonder eigenen Auseinandersetzung.

Einige AnarchistInnen

Seit dem 1.12.08 findet in Italien ein gestaffelterHungerstreik gegen die Strafe des Lebenslänglichstatt, welcher von vielen hundert lebenslänglichenGefangenen – sowie ihre Angehörigen, Mitgefange-nen und anderen solidarischen Menschen – getra-gen wird.Wir haben Anfang Dezember eine Broschüre mitverschiedenen Texte dazu herausgegeben, meldeteuch bei uns, wenn ihr diese zugesandt haben wollt(kostenlos für Gefangene), bzw. schaut auf unsereWebsite. Ursprünglich war es geplant im Februareine aktualisierte Version der Broschüre zu veröf-fentlichen, sowie nach Beendigung des Hunger-streiks im März eine Broschüre, welche die Hun-gerstreiks in den Knästen in Deutschland im August08, Griechenland im November 08 und den laufen-den in Italien zusammenfasst und Parallelen zieht.Die aktualisierte Version wird es nun nicht geben.Stattdessen werden wir die Kraft und Zeit in die zu-sammenfassende Broschüre investieren.Bis jetzt ist die Beteiligung unter den Gefangenenam Hungerstreik sehr hoch, dies wird von ihnenselbst als positiv eingeschätzt. Es gab einige linkeZeitungen, die darüber das Thema berichtet haben,wobei sich die Gefangenen beklagen, dass insge-samt die Medien darüber geschwiegen haben (wiezu erwarten war...). Es gab einige Solidaritätsakti-onen in verschiedenen Städten Italiens, vor allemKundgebungen vor den Knästen. Die Antiknast-

zeitung “La Bella”, herausgegeben von einer anar-chistischen Gruppe in Italien, welche Beiträge derGefangenen sammelt, ist auch zweimal erschienen.In Spanien beteiligten sich verschiedene Gefangenean den Protesten der italienischen Gefangenen. InDeutschland fanden in Köln den gesamten Dezem-ber über Soliaktionen statt, verschiedene Kund-gebungen wurden abgehalten und Flyer wurdenverteilt. In Dresden wurden Plakate über den Hun-gerstreik aufgehängt und in Berlin fand am 15.12.eine Infoveranstaltung im New Yorck stattfand, so-wie stand die jährliche Antiknastdemo an Silvester,unter dem Schwerpunkt des Hungerstreiks. The-matisiert wurden dies unter in einem Redebeitrag,welche an anderer Stelle in dieser Ausgabe der Ent-fesselt zu finden ist.Nach eine Pause des Hungerstreik während Weih-nachtszeit ging diese Anfang Januar weiter undwird am 16. März mit einem Tag des kollektivenHungerstreiks enden.Mehr dazu könnt ihr in unserer Broschüre lesen, dievon uns beziehen könnt. Wir hoffen, dass es nochviele weitere Solidaritätsaktionen geben wird undaußerdem das gesamte Knastsystem infrage stellenwird, in Deutschland wie anderswo.

Einen Gruß an alle kämpfenden Gefangenen

ABC Berlin

Update zum Hungerstreik der Lebenslänglich Inhaftierten Italiens 

Texte von Thomas Meyer-Falk 

Kontroverse umChristian Klars Freilassung?

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte entschiedennach 26 Jahren Freiheitsentzug, das ehemalige Mit-glied der RAF, Christian Klar zum 03.01.2009 auf Bewährung aus dem Strafvollzug zu entlassen.

Die meisten Jahre seiner Haftzeit verbrachte Klarhier in der JVA Bruchsal. In der Öffentlichkeit wur-de über die Entscheidung des OLG Stuttgart heftig

diskutiert, kaum ein Blatt oder Sender der ni cht dieStimme des „Volkes“ (Einsperren für immer...) zuWort kommen ließ.

Jedenfalls meinte nun auch der 1. Sprecher derGefangenenvertretung, Herr Peter L. sich im Lokal-blatt von Bruchsal (Bruchsaler Rundschau/ Badi-sche Neueste Nachrichten) mit einem Leserbrief zuWort melden zu müssen. Bei der Gefangenenver-tretung handelt es sich um das von den Inhaftier-ten der JVA Bruchsal gewählte Gremium gemäß §160 Strafvollzugsgesetz. Diesem soll es ermöglicht

Knast als Produkt!

In US-amerikanischen Gefängnissen ist es schonviele Jahre üblich, Merchandising-Produkte zu ver-treiben; z.B. in Knästen mit Todestrakten gibt esauch schon mal T-Shirts oder Tassen mit dem Auf-druck: „I survived (Name des Knastes) ...“ zu kau-fen.Auch in Deutschland greift diese Vermarktung desProdukts Gefängnis um sich, ob nun relativ spek-takulär in Berlin, wo eigens ein eigenes Modelabel(haeftling) kreiert wurde, oder Hamburg, wo in derJVA Fuhlsbüttel (im Volksmund Santa Fu genannt)T-Shirts mit Aufdrucken wie „Lebenslänglich“, „Frei-gänger“ oder „Unschuldig“ gefertigt und vertriebenwerden.Mittlerweile dürfte wohl jedes Bundesland über ei-nen Internet-Shop verfügen, in welchem die Leis-

tung von Gefangenenarbeit vermarktet wird. Einvon Gefangenen in Baden-Württemberg als etwasgeschmacklos empfundener Werbeslogan, welchendie JVA Bruchsal bspw. auf ihre Plastiktüten und inihre Inserate drucken lässt, lautet: „Wir lassen Sienicht sitzen ...“ - so wird der (zwangs)arbeitendeGefangene auch noch verhöhnt, denn er/sie sitzt!

Dass Justizvollzug tatsächlich ein Produkt ist, be-weist auch der aktuelle Haushaltsplan des Lan-des Baden-Württemberg, der kürzlich im Landtagin Stuttgart beraten wurde. Im Haushaltsplan für2009 heißt es im Einzelplan Justizministerium inKapitel 0508 Justizvollzugsanstalten (S. 84): „pro-duktorientierte Informationen“. Dort dann Ziffer 2: „Ziele und Messgrößen“. Aufgezählt werden dort ineiner Tabelle vier Ziele, wobei die Resozialisierung(„Resozialisierenden Strafvollzug durchführen“ lau-tet das Ziel) erst an dritter Stelle rangiert. An Platz1 steht „Sichere Unterbringung der Gefangenen ge-währleisten“ und Ziel 2 ist der „Effiziente Ressour-ceneinsatz“.

Auch „Messgrößen zur Zielerreichung“ werden be-nannt. Der „Sicheren Unterbringung“ ist die Mess-

größe „Übergriffe unter Gefangenen“ zugeordnet.Für 2006 ein Sollwert von Null, dem ein Istwert von58 gegenübersteht, 2007 nur noch ein Wert von 54.

Freilich sind wir in Deutschland (noch) nicht so-weit, als dass mit der Zwangsarbeit (wer sich andem Begriff stört, den bitte ich ins Grundgesetz zuschauen, denn dort heißt es in Artikel 12 Absatz 3: „Zwangsarbeit ist nur bei gerichtlich angeordneterFreiheitsentziehung zulässig.“) der Staat Gewinnmachen würde.

So fallen für den Justizvollzug in Baden-Württem-berg knapp 111 Millionen Euro Personalkosten allei-ne für die Beamten an (vgl. Haushaltsplan, a.a.O.,S. 87). Weitere 15 Millionen Euro kosten die Arbeit-nehmer, die keine Beamten sind.Summa summarum fallen insgesamt 130 MillionenEuro Personalausgaben an (a.a.O., S. 89).

Die Knastbetriebe Baden-Württembergs wurdenin einen Landesbetrieb im Sinne der Landeshaus-haltsordnung umgewandelt, mit dem Ziel, die Wirt-

schaftlichkeit der Verwaltung zu verstärken (a.a.O.,S. 85).Für 2008 werden Umsatzerlöse von knapp 28 Milli-onen Euro erwartet, für 2009 schon 28,7 Mio. Euro.Dem stehen ca. 10,9 Mio Euro für Bedienstetenbe-züge (2008), sowie 9,9 Mio Euro für die Gefange-nenentlohnung (2008) gegenüber.

Der „Erfolgsplan“ 2009 (a.a.O., S. 104) sieht fürden Landesbetrieb „Vollzugliches Arbeitswesen“ ei-nen Überschuss von 809 000 Euro vor; bei ziemlichunverändert bleibenden Einnahmen, sollen die Aus-gaben erheblich reduziert werden. Wobei offenbaran den Gefangenenlöhnen nicht gespart werdensoll, denn hier steigen die (prognostizierten) Aus-gaben von 2008 auf 2009 um 2,3 Millionen Euro.

Betrachtet man jedoch die Summe der Erträge für2008 in Höhe von 40,4 Millionen Euro (2009 wer-den 40,8 Millionen erwartet), sieht man rasch, dassdiese nur knapp ein Drittel der Ausgaben für dieBeamten decken würden. Wie sich diese Entwick-lung fortsetzen wird, insbesondere wenn im August2009 der Vollbetrieb der teilprivatisierten JVA Of-fenburg startet, bleibt abzuwarten.

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

werden, an der „Verantwortung für Angelegenhei-ten von gemeinsamen Interesse teilzunehmen“,wie es im Gesetz heißt. Sich also um Probleme desSpeiseplans, der Einkaufsliste und ähnliche Dingekümmern. Manche sprechen von einer Alibieinrich-tung, denn mit rechtlich einklagbaren Rechten wiebspw. die Personalvertretung, ist die GV nicht aus-gestattet.

In der Ausgabe vom 06.12.08 wurde ein Leserbrief des besagten 1. Sprechers abgedruckt. Nach derfreundlichen Einleitung, wonach man die Freilas-sung des Herrn Klar durchaus begrüße, folgt eineGeneralabrechnung mit dem angeblich wenig sozi-alen Verhalten des Herrn Klar während der Haft. Sobemängelt Herr L., daß sich Christian Klar nicht umweniger intelligente oder sozial Schwächere unterden Gefangenen gekümmert habe. Vielmehr erfah-re er eine Privilegierung, da er nach ein bisschenTisch-Tennis spielen vor Jahren und einigen JahrenErfüllen der Arbeitspflicht, nun ohne langjährigesabgestuftes Lockerungsprogramm entlassen wer-de, wo es doch Mitgefangene gebe die viel weniger

schlimme Dinge angestellt hätten als Herr Klar undimmer noch, mitunter auch viel länger als die 26Jahre des Christian Klar, inhaftiert seien.

Ob der (ebenfalls zu lebenslanger Haft verurteilte)Herr L. sich selbst damit gemeint haben könnte seidahin gestellt, jedenfalls haben sich mir gegenübermehrere Mitglieder der GV dahingehend geäußert,der Leserbrief sei so nicht mit ihnen abgesprochenworden und werde auch nicht von ihnen gebilligt.

Die Lokalzeitung freilich nahm den Leserbrief zumAnlass, in derselben Ausgabe auf der „Politik“-Seiteeinen längeren Artikel zu veröffentlichen, in wel-chem der Leserbrief referiert wird unter der Über-schrift: Gefangene kritisieren Klars Freilassung.

Die Stuttgarter Nachrichten übernahmen eine Kurz-meldung, selbst bis in die Bild-Zeitung soll es PeterL. damit geschafft haben.

Der Leserbrief hat so einen „Geruch“, daß hier je-mand seine persönliche Animosität gegen einenMitgefangenen ausagierte; denn der Kern seinesLeserbriefes zielt durchaus in eine richtige Rich-tung. L. moniert, daß die BundesjustizministerinZypries habe verlauten lassen, Herr Klar sei wie jeder andere Häftling behandelt worden. Was soselbstverständlich nicht stimmt, schon angefangenbei den jahrelangen Sonderhaftbedingungen! Oderder Verfolgungseifer des bad.-württem. Justizmi-nister Professor Dr. Goll, was die Verweigerung vonVollzugslockerungen betrifft.

Zutreffend ist, daß Langstrafer so gut wie nie ohnevorherigen umfangreiches und langjähriges Locke-rungsprogramm in Freiheit entlassen werden; indiesem Punkt wurde Herr Klar tatsächlich nicht wie jeder andere Gefangene behandelt (hierüber em-pörte sich Herr L. ganz besonders). Aber das istdoch schön für Herrn Klar - und alle anderen Ge-fangenen! Können letztere doch nun auf den (lautBundesjustizministerin) „Normalfall“ Christian KlarBezug nehmen und eine Gleichbehandlung einfor-

dern!

Die angesprochenen Artikel:

www.bild.de/BILD/news/vermischtes/2008/12/06/christian-klar/mithaeftlinge-beschweren-sich-ue-ber-raf-terrorist.html

www.sueddeutsche.de/politik/845/450566/text/

www.spiegel.de/politik/deutsch-land/0,1518,594750,00.html

www.newstin.de/rel/de/de-010-002190844

Tod eines Gefangenen

Ende Dezember 2008 starb im Gefängniskranken-haus Asperg (bei Stuttgart gelegen) Heinrich Pom-merenke in Folge eines Krebsleidens. Mitleid mitdem Täter Pommerenke ist verfehlt; er hatte in denJahren 1958 und 1959 in Baden-Würtemberg meh-rere Menschen ermordet, Frauen vergewaltigt undmanches mehr. Mitleid mit dem Menschen HeinrichPommerenke ist jedoch sehr wohl angebracht, saßer doch mittlerweile 49 Jahre (!) ununterbrochen.Die meiste Zeit davon in der JVA Bruchsal.Was bringt eine Justiz dazu, einen Menschen fast50 Jahre in den Knast zu stecken? Naziverglei-che hinken meist, aber keiner jener faschistischendeutschen Richter welche bis 1945 tausende Men-schen mit dem Tode bestraften und/oder in Konzen-trationslager schickten wurde überhaupt je von derdeutschen Justiz rechtskräftig belangt, geschweigedenn 50 Jahre eingesperrt. Gleiches gilt für all die

KZ-Schergen, Waffen-SS´ler, Soldaten und andereMörder im Dienste des 3. Reichs.

Sicher half es Pommerenke nicht, daß er in sei-ner Jugend mit den Schäuble-Brüdern Fussballim selben Dorf spielte; der spätere Justizministervon Baden-Würtemberg, Thomas Schäuble außer-te während seiner Amtszeit mehrfach, jemand wiePommerenke dürfe nie wieder in Freiheit gelassenwerden.

Ursprünglich hatte das Landgericht Karlsruhe fest-gelegt, daß die Schwere der Schuld Pommerenkeseine Mindestverbüßungsdauer von 50 Jahren gebie-te. Erst nach erfolgreicher Verfassungsbeschwerdewurde diese auf 42 Jahre reduziert. Selbst das eineunvorstellbare Dauer. Dennoch wurde Heinrich P.nicht entlassen, denn nach jahrzehntelangen Ver-wahrvollzug ohne nennenswerte „Behandlung“ warkein Gutachter gewillt, ihm eine positive Sozialpro-gnose (welche für eine Freilassung zwingend gewe-

 Amadeu ist ein Anarchist aus Katalonien, er sitzt schon seit über 22 Jahren in spanischen Knästen,ein Großteil davon in den Isolationshaftabteilun-gen (FIES). Der unternahm im Sommer 2008 einenHungerstreik, welcher 76 Tage andauert, um damit den Kampf für seine Freiheit voranzutreiben.

Ich glaube, dass alle von euch, die mich unterstützthaben, gerne wissen würden wie es mir geradegeht und ob die anderen ihre Versprechen haltenwerden. Gut, vor zehn Tagen habe ich einen Ver-trag mit dem Vizedirektor und dem Manager desBehandlungsteams unterzeichnet. Dieser Vertragist für sechs Monate gültig, rückwirkend seit ich indiese Einrichtung gekommen bin; er wird demnachbis März gültig sein, danach werde ich begrenzteErlaubnisse und Bewährung bekommen. Bei meinerRückkehr werde ich ihnen ein Arbeitsangebot vorle-gen, um tagsüber den Knast nach dem §100.2 desStrafvollzugsgesetzes verlassen zu dürfen. Da es

in dieser Einrichtung keine Abteilung für Menschenunter diesen Bedingungen gibt und abhängig da-von, wie weit die Arbeitsstelle vom Knast entferntsein wird und wie kostenintensiv es für mich wer-den wird, wenn ich jeden Tag in die Region Osonafahren werde, glaube ich, dass ich in die Region vonBarcelona “umziehen” werden muss.

Ich habe den Vertrag meinen beiden Anwältinnenübersandt. Joan Tarda, MP der ERC (linksradikalerepublikanische Partei von Katalonien) weiß Be-scheid über diesen Vertrag, weil beim letzten Mal,als er mich besuchte der Direktor ihm davon unter-richtet hat. Nun müssen wir sicher gehen, dass siean ihren Versprechen festhalten werden, so wie ichmachen werde.

Was meinen Gesundheitszustand nach dem Hunger-

streik angeht, ich fühl e mich viel besser. Allerdings,seit ich den Hungerstreik beendet habe, wurde mirkeine Verbesserung der Ernährung gewährleistet.Der Gesundheitsdienst hat nichts gemacht, außerdem Arzt, welchem wir vertrauen, eine Besuchser-laubnis zu geben. Einen großen Teil meiner Rege-nerierung verdanke ich meinen Mitgefangenen, dieihr Essen mit mir geteilt haben, vor allem Joghurts,Obst und Pasta. Vom Gesundheitsdienst bekam ichnur Vitaminpräparate. Dennoch, wie ich schon ge-sagt habe, ich fühle mich viel besser und nun gehtes nur darum diese 90 Tage abzuwarten.

Andererseits dürfen wir nicht vergessen, dass gegenmeine beiden AnwältInnen, Diana Reig und France-sc Arnau, ein Disziplinarverfahren eröffnet wurde,aufgrund der falschen Anschuldigungen von Seitender Schließer des Haftkrankenhauses in Terrassas.Diese Ermittlungen wurden in den Anwaltsakade-mien Leridas, Terrassas und Barcelonas eröffnet,deshalb fordere ich euch auf Faxe, Emails oder was

auch immer ihr als notwendig erachtet zu schicken,um eure Zurückweisung dieser falschen Ermittlun-gen darzustellen.

Unser Genosse Frakin befindet sich in der gleichenSituation, im Knast Modelos in Barcelona. Wir dür-fen nicht zulassen, dass ein faschistisches Systemdiejenigen von uns zensiert und einschüchtert, wel-che von der Meinungsfreiheit Gebrauch machen undsich ausdrücken wollen, der Meinungsfreiheit, diesie gerne zum Schweigen gebracht haben würden,aber dies nicht schaffen werden. Sie werden unstöten müssen und wir werden dies nicht zulassen.

Salud and revolution,

Amadeu Casellas Ramon

Kommuniqué des Gefangenen Amadeu Casellas Ramon, Dezember 08 

sen wäre) zu bescheinigen.

Zwei bekannte Gefangene verließen im Dezember2008 den baden-würtembergischen Strafvollzug:erst Christian Klar (ehem. Mitglied der RAF), nach26 Jahren Haft, gesund und mit Elan. Und HeinrichPommerenke, nach 49 Jahren - im Sarg.

Links zum Artikel:

www.de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Pommerenke

www.taz.de/1/leben/koepfe/artikel/1/der-moer-der-der-niemals-frei-kam

www.focus.de/panorama/welt/heinrich-pomme-renke-frauenmoerder-nach-49-jahren-in-haft-ge-storben_aid_358866.html

www.spiegel.de/panorama/jus-tiz/0,1518,598806,00.html

Schreibt Briefe:Thomas Meyer-Falk 

c/o JVA-Z. 3113Schönbornstrasse 32

76646 Bruchsal 

www.freedom-for-thomas.dewww.freedomforthomas.wordpress.com

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Gestern, am 27. November fand in Köln eine De-monstration zur Solidarität mit den Gefangenenin Griechenland statt. Obwohl der Streik nach Zu-sagen der griechischen Regierung, die bei weitemnicht alle Forderungen der Gefangenen betreffen,zu diesem Zeitpunkt ausgesetzt war, hatte dasBündnis „für eine Gesellschaft ohne Knäste“ dazuaufgerufen. Es erschien als sinnvoll und notwendig,am griechischen Konsulat die praktische Einhaltungder Zusagen und weitere Berücksichtigung der vomdrakonischen Strafsystem Betroffenen einzufordern.Etwa 70 Leute demonstrierten zum griechischenKonsulat und verlangten kreativ die Umsetzung derForderungen der griechischen Gefangenen.

Die Solidaritätsaktion begann um 15 Uhr mit einerStartkundgebung am Neptunplatz in Köln-Ehren-feld. Etwa 70 Leute versammelten sich und hörten

den Beiträgen über den Stand der Dinge in den grie-chischen Gefängnissen und dem aufkommendenHungerstreik in Italien zu. Nach den Redebeiträgenzogen wir, trotz bitterer Kälte und Regen, dafür mitaufmunternder Musik, durch die Venloer Straße inRichtung griechischem Konsulat. Die Vielzahl derTranspis und laute Rufe erregten Aufmerksamkeitund Flyer wurden interessierten PassantInnen indie Hand gedrückt.

Wir erreichten nach 30 Minuten mit Rufen wie „Wirsind nicht alle, es fehlen die Gefangenen!“ und „FürGesellschaft ohne Gefängnisse“ das griechischeKonsulat an der Ecke Veloer Str./Innere Kanalstraße.Kurz nach der Ankunft der Demo vor dem Eingangdes Konsulatsgeländes wurde von AktivistInnen ingegenüberliegenen Hochhaus ein Transparent mitder Aufschrift „Freiheit für alle“ entrollt und dabei

ein bengalisches Feuer entzündet. Diese Grußbot-schaft an die Gefangenen in Griechenland wurdedurch Rufe von uns aus der Demo ergänzt. Nachdem Ausgehen des Feuerkörpers verschwandendie AktivistInnen und leider wurde kurz darauf dasTransparent durch übereifrige Hausmeister abge-hängt und von der Polizei „verhaftet“.

Ein paar von uns versuchten, wie vorher angekün-digt, das Flugblatt mit unseren Forderungen demgriechischen Konsulat zu übergeben. Leider hatteder ebenfalls übereifrige Hauswart des Patrizia-To-wers (ein Bürohochhaus einer Kölner Immobilienfir-ma in dessen 7. Stock sich das griechische Konsulatbefindet) alle Türen blockiert. Über die Gegen-sprechanlage meldeten wir uns beim Konsulat undwurden aufgefordert nach oben zu kommen. Wir in-formierten das Konsulat über die blockierten Türen.Zwischenzeitlich kam eine griechische Frau, die of-

fensichtlich ins Konsulat mußte. Auch ihr wurde derZugang verweigert. Als AktivistInnen monierten,durfte sie dann durch den Hintereingang. Nach etwaeiner halben Stunde kam dann ein Konsulatsmitar-beiter herunter und nahm am Hintereingang unserProtestflugblatt entgegen. Während wir danach un-sere Kundgebung auflösten, blieben die Türen desBüroturms weiter blockiert. Mittlerweile hatte sicheine kleine Gruppe von griechischen Menschen vordem verschlossenen Eingang angesammelt. Wanndiese dann endlich eingelassen wurden, haben wirnicht mehr mitbekommen. Vermutlich erst, als dieletzten von uns verschwunden waren.

Nach unserer erfolgreichen Aktion möchten wir auf die anstehenden Termine in Köln hinweisen. Im De-zember versammeln sich jeden Montag zwischen16 und 18 Uhr am Vorplatz des Hauptbahnhofes inKöln zur Unterstützung des ab dem 1. Dezemberbeginnenden, von italienischen „Lebenslänglichen“initierten Hungerstreik, an dem sich auch Gefan-gene aus anderen Ländern beteiligen. Über diesenStreik und den in Griechenland berichten am 15.Dezember AktivistInnen in einer Radiosendung von21 bis 22 Uhr auf Radio Köln (107,1) . Weiterhin

weisen auf die alljährliche Sylversterknastkundge-bung an der JVA in Köln-Ossendorf (ab 18:00, Linie5 Halterstelle Margareterstraße) hin.

Köln: Solidemo für die griechischen Gefangenen Ab heute 1. Dezember 2008 bin ich im Hunger-streik.Es heisst oft, HS nützt doch nichts: (aus einemGratiszeitungsbericht vom Freitag, 21. November2008)“Wir entlassen rund 6000 Menschen (…)“sagte der griechische Justizminister (…) der Presse.(…)

Vorangegangen waren heftige Proteste der landes-weit 12315 Häftlinge. Tausende (4000 HS + weite-re 4000, die den Anstaltsfrass verweigerten, nachmeinen Infos) waren in den vergangenen drei Wo-chen zeitweise in den Hungerstreik getreten. Sie-ben nähten sich sogar mit Nadel und Faden denMund zu.Die dortigen Gefängnisse sind für rund 5500 Häft-linge ausgelegt. Alle Zellen sind seit vielen Jahrenvöllig überfüllt.

Das heisst, in einem Kontext kollektiver Solidaritätund Organisierung kann HS sehr wohl zur Wirksam-keit und zum Erfolg im Kampf gegen Repressionund Knast beitragen.

Vom 1. Dezember bis frühestens dem 22. Dezem-ber führe ich diese Solidaritäts- und Kampfinitiativeallgemein zur definitiven Ausrottung aller Einsperr-einrichtungen, zur Befreiung aller Gefangenen We-sen und natürlich zur Ausrottung jener Zivilisation,von der das kapitalistische System, als planetari-sche Todesmaschine, die Vollendung ist.

 „Solidarität mit allen Opfern von Unterdrückung!(mit allen!!)“ „Drinnen und draussen ein Kampf!“ „Solidarität kennt keine Grenzen!“

Das sind einige der Grussbotschaften in einem kol-lektiven solidarischen Brief, den ich von den Wi-derständigen anarchistischen GenossInnen und in-digenen Brüdern und Schwestern aus Neuseelandbekommen habe, die dort zusammen kämpfen undebenfalls nach wohlbekanntem Muster von der prä-ventiven Konterrevolution verfolgt werden. Gren-

zenlose Solidarität gegen Unterdrückung heisst fürmich gerade auch und in meinem anarchistischenSelbstverständnis sogar unbedingt:

Auf dem Wege aus der Unterdrückung in die Befrei-ung, Solidarität gegen die Repression jenseits allerGrenzen zwischen Tendenzen und Unterschieden!Als einzige Grenze, und Abgrenzung, jene zwischenUnterdrückung und Befreiung!Als einzige Repression, Repression jeder Unterdrü-ckung!!!

So begreife ich Solidarität und meinen Kampf, auchder aktuelle, nämlich als Teil eines einzigen Kamp-fes, dessen auch noch so verschiedene Ausdrückeund Teile, auf dem Weg aus der Unterdrückung indie Befreiung, untrennbar miteinander verbundensind.

- So der heute am 1. Dezember begonnene HS derLebenslänglichen gegen lebenslänglich in Italien,- mit dem dazu solidarischen dreitägigen Hunger-streik (1. bis 3. Dezember) einiger Genossen imspanischen und deutschen Knast,

- der am 17. Oktober in Spanien von den revolutio-nären GenossInnen der (neu aufgebauten) KPS undGRAPO begonnene HS,

- der am 10. November von den revolutionärenund libertären politischen Gefangenen Chiles undArgentiniens wie Marcelo Dotte, Esteban Huiñguirund Axel Osorio in den Hochsicherheitstrakten be-gonnene unbefristete HS,

- der erfolgreiche Massenkampf der Gefangenen inGriechenland,

- die Anstrengungen zur Organisierung einer um-fassenderen internationalenSolidaritätskampagne für die politischen Gefange-nen aus dem Volkswiderstand der Quartiere im chi-lenischen Santiago und dem Befreiungskampf desursprünglichen Volkes der Mapuche,

- das vom 19. bis 22. Dezember diesmal in Wien statt-findende Symposium gegen Repression,Isolationund zum Gedenken der vielen Gefallenen im lang- jährigen Todesfastenkampf gegen die aus demBauch der imperialistischen Bestie, nämlich aus derBRD, importierte F-Typ Isolationsfolter,

- Solidarität mit Mumia Abu-Jamal und den MoveNine aus Philadelphia und allen politischen und so-zialen Kriegsgefangenen der USA,

- mit den Angeklagten des Berliner mg-Prozessesund des Stammheimer-Vereinigungsprozesses (DHKP),

- mit den Initiativen und Anstrengungen der „sozia-len“ Gefangenen im deutschen Knast und IvI,

- mit den in Italien angeschuldigten GenossInnen,wegen Aufbau der KP p-m, wegen anarchistischerDirekter Aktion, wegen dem Kampf auf der Stras-se gegen Elend und das Wiederaufkommen des Fa-schismus, …,

- den wegen TGV-Sabotage angeklagten anarchis-tischen GenossInnen in Frankreich, mit JeanMarc-Rouillan, Ibrahim Abdallah…, und die terroristischeVerfolgung und Kriminalisierung der Solidarität…,

- allen Kampf- und Solidaritätsinitiativen, Aktions-tagen, Anstrengungen und Organisierungen wieABC, IRH, IvI, …,

- Solidarität auch gegen die, bewussten oder unbe-wussten, vielleicht sogar auf an sich legitime undkonstruktive Kritik aufgebauten, Zersetzungs- und

Marco Camenisch im Hungerstreik 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Verleumdungsversuche von innen unserer Solida-ritätsorganisationen, -organisierungen und Ge-nossInnen, Versuche, die leicht zu Hilfssheriffs derbourgeoisen Repression und Konterrevolution ver-kommen können. Was auch für sektiererisch-des-truktive Kritik, für Entsolidarisierung und Nichtver-halten gilt…,mit Gabriel Pombo da Silva im deutschen Knast undweiteren GenossInnen aus Italien und anderswo,wo sich eine weitere Justizkonstruktion abzeichnet,die, na schau mal, einmal wieder von einem derMörderInnen von Edo und Sole, dem StaatsanwaltTatangelo, betrieben wird, der seinen KollegInnenauch genüsslich Prozesse gegen NO-TAV GenossIn-nen in Turin entreisst!mit der Antiknast-Sylvester-Demo, die in Hamburgfür die Freiheit aller Gefangenen, für revolutionäreSolidarität und ein kämpferisches 2009 angesagtwird,mit allen Frauen- und Klassenkämpfen, mit den vie-len Kämpfen der Indigenen Schwestern und Brü-dern auf der ganzen Welt, wie der U’wa, der Tixi,der Pemones, gegen Diskriminierung und Raub,

gegen den Genozid an Frauen und Völkern, Elendund Krieg, …,dem wachsenden anarchistischen Auf-stand in Chile, Argentinien, Mexiko, …!!Und alle, die nicht genannt werden, sind nicht we-niger wert!!! Aber ihr wisst ja, die Aufzählung wäreunendlich!

Ohne Gerechtigkeit – kein Frieden!Solange es Elend gibt, ist Solidarität und RebellionPflicht!Solidarität ist eine Waffe, benutzen wir (auch!) sie!AKWs, Kapital und Bourgeoisie entsorgen!!!Krieg dem imperialistischen Krieg und jeder Unter-drückung!!!

marco camenisch,(demokratisch-psychoterroristisches) Zwangsar-beits- und Vernichtungslager Pöschwies,Schweiz1. Dezember 2008

Was blieb von den Knastrevolten innerhalb desbritischen Knastsystems? Wo sind jetzt die offe-nen Zeichen von kollektivem Zorn und Solidarität,die damals die Aufstände und Knastkämpfe in den60er, 70er und 80er Jahren genährt und die ikoni-schen Bilder von Hull 1976 und Strangeways 1990geschafft haben? Was ist mit dem Geist der Revol-te passiert, der periodisch das britische Knastsys-tem für Langstrafler durcheinander gewirbelt hatund eine Philosophie der Selbstermächtigung undSolidarität erzeugt hat. Eine Philosophie, die denKampf der Gefangenen an die Spitze des univer-sellen Kampfes für Menschenrechte und auch dersozialen Revolution gesetzt hat?

Ist das britische Knastsystem ansprechbar und zu-

gänglich für die Rechte der Gefangenen geworden,dass Revolte und Protest unnötig und überflüssiggeworden sind? Ich denke nicht. Tatsache ist, dassbritische Knäste jetzt sogar mehr überfüllt sind als je zuvor und Gefangene unter Bedingungen und ei-nem Regime geradezu eingelagert werden, welcheswahrscheinlich noch schlimmer als vor 20 Jahrenist. Die Hoffnungslosigkeit und das Elend, welchevon diesen Bedingungen erzeugt werden, reflektie-ren sich in den unaufhaltsam steigenden Zahl vonSelbstverletzungen und Suiziden, dazu noch die im-mer länger werdenden Strafen. Und wie nie zuvorist die Behandlung der Gefangenen mehr und mehrbeeinflusst durch ein politisches Klima und einemanipulierte öffentliche Meinung, die eine stärkereRepression und Rache einfordert. Dennoch scheintes nirgendwo einen Geist der Solidarität und desorganisierten Widerstands unter den Gefangenen

zu geben, welcher vor 20 Jahren so deutlich war,nirgendwo ist die Bereitschaft sich zur Wehr zu set-zen und wortwörtlich die Dächer im Protest zu er-heben. Anstelle von Herausforderung scheint es nurpassive Duldung und Akzeptanz der Bedingungenund Formen der Behandlung zu geben, die früherUngehorsam und Revolten ausgelöst hätten.

Schweigen im Angesicht einer intolerablen Unter-drückung ist ein beunruhigendes Phänomen; un-ter Bedingungen von extremer Grausamkeit ist derWille zu widerstehen grundsätzlich menschlich undcharakteristisch für den gesunden und unberührtenmenschlichen Geist, einzigartig für unsere Spezies.

Wieso wurde der Kampfgeist, der damals anschei-nend das Verhalten der Langzeitgefangenen vor al-

lem gegenüber dem Knastsystem charakterisierte,von Konformität und Unterwerfung ersetzt?

Durch die Organisierung der Möglichkeiten der Kon-trolle, der Gefängnisarchitektur und des Design hatsich das Knastsystem seit dem letzten großen Auf-stand von Stangeways im Jahr 1990 bedeutungs-voll weiterentwickelt. Vor der Revolte in Strange-ways wurde der physikalische Raum in den meistengroßen Knästen mehr oder weniger von den Gefan-genen selbst kontrolliert und eine genaue Prüfungsowie strenge Überwachung seitens der Schließerwar schwer. Außer die Abteilungen für Bestrafungund Segretation wurde der größte Teil der Gefan-genen in größeren Abteilungen untergebracht, wosie sich frei bewegen durften und damit einen be-stimmten Grad von Autonomie erschaffen konnten;ein gesamter Überblick und Überwachung war un-

 „Rückkehr des Widerstands“ von John Bowden 

möglich und die Kontrolle oft dünn. In dem Fall,dass sich Proteste entfachen konnten, war es mög-lich, dass diese sich grenzenlos ausbreiten konnten.Dabei wurde eine Eigendynamik geschaffen, welcheden größten Teil des Knastes erreichte. Eine großeGruppensolidarität war eine normale Eigenschaftdes Lebens der Langstrafler und reflektierte sich inder Balance der institutionelle Macht, welche dik-tierte, dass Kooperation sowie guter Wille der Ge-fangenen eine vitale und nötige Voraussetzung derrelativen Kontrolle ist.

Ein Wechsel in der physikalischen Architektur derKnäste wurde zur entscheidenden Komponente inder Strategie des Staates, wodurch versucht wur-de breite Proteste zu unterbinden und die Kontrol-le des physikalischen Raumes zurückzuerobern.Die neue Generation der Gefängnisarchitektur unddie tiefgreifende Neugestaltung der Hafträume be-gann Anfang der 90er Jahre, durch zweckoptimier-te Kleingruppenkontrolle innerhalb der Abteilungenwurde die Kontrolle über den Raum der Gefangenenzurückerobert.

In Schottland, wo blutige Revolten das Knastsystemzwischen den 70er und 80er Jahren erschüttert ha-ben, veränderte ein massives Umbauprogramm diealten Großräume und Galerien in neue „Superabtei-lungen”, in welchen der Raum geteilt und nochmalsgeteilt wurde in kleinere in sich selbst geschlosseneEinheiten mit bis zu 50 Gefangenen, alle gut über-wacht und observiert in kleinen, kontrollierbarenGruppen. Eine solche Trennung und Konzentrierungvon Gefangenen innerhalb kleiner Gruppen unterfast mikroskopischer Überwachung verhindert ef-fektiv und untergräbt das Potenzial von größerenAufständen durch eine schnelle Identifikation unddie Ausmerzung von „Rädelsführern” und der Kon-trolle und Isolierung des Konfliktes, wenn er nochim Entstehungsprozess ist. Durch die Transformati-on des physikalischen Raums und des Designs derKnästen hat die institutionelle Macht die Situationzugunsten der Schließer umgestaltet und das Ge-spenst der massenhaften Aufstände beseitigt.

An und für sich ist es nicht möglich durch den Auf-bau von Kontrollmethoden innerhalb der physika-lischen Struktur des Knastes die Möglichkeit undExistenz der Rebellion komplett abzuschaffen, undwenn wir die Gründe für einen solchen radikalenRückgang der Knastkämpfe verstehen wollen bleibtder gesamte soziale sowie kulturelle Umstand ge-nauso relevant.

Der Begriff „Millenium Prisoner” wird oft als abwer-tende Beschreibung von den Gefangenen selbstverwendet, um die gegenwärtige Generation vonGefangenen zu beschreiben, welche sich anschei-nend auf die institutionellen Interessen des Knast-systems eingestimmt hat und gar keine Eri nnerungmehr an die Zeit besitzt, als die Gefangenenkulturvon einem Geist und einer Haltung des Widerstandsinspiriert war. Das ist aber nicht nur ein Generati-onsphänomen, sondern außerdem ein soziales undpolitisches und es spiegelt einen grundsätzlichenWechsel innerhalb der Natur der breiten Gemein-

schaft der Arbeiterklasse, wovon die meisten Ge-fangenen beeinflusst werden, wieder. Im Großenund Ganzen waren die Gefangenen, welche wäh-rend der turbulentesten Dekaden der Knastprotesterevoltiert haben, in den 60er, 70er und 80er Jah-ren, Produkte von eng miteinander verbundenenGemeinschaften der Arbeiterklasse, geprägt vonstarken Traditionen der gewerkschaftlichen Organi-sierung und Militanz. Solidarität und gegenseitigeUnterstützung waren das Lebenselixier dieser Ge-meinschaften und inspirierten auch die Instinktederjenigen, die sich auf der falschen Seite des Ge-setzes befanden. Die Generation von Gefangenen,die in Pankhurst im Jahr 1969, in Hull im Jahr 1976und in Strangeways im Jahr 1990 randaliert undgekämpft haben, wurde genährt von Gemeinschaf-ten, die noch das Klassenbewusstsein und eine “sieund wir” Haltung inne hatten, sowie ein Verständ-nis, dass Zusammenhalt und Solidarität auszuübender effektivste Weg zur Sicherung der kollektivenVorteile und Rechten war.

Während den 80er und 90er Jahren riss der that-

cheristische Angriff das Herz und die Seele aus derGemeinschaft der Arbeiterklasse heraus und ver-änderte sie dadurch in eine Wüste von Depressi-on, Hoffnungslosigkeit und Niederlage, und züch-tete damit eine Generation von jungen Menschen,vollgesogen mit Zynismus, Entfremdung und ohneErinnerung an eine Zeit in der Prinzipien wie So-lidarität, Gemeinschaft und gegenseitige Hilfe dieIdentität der Arbeiterklasse ausgemacht haben,heran. Selbst die proletarischen Formen der Ei-gentumsverbrechen, die irgendwie eine elemen-täre Form des Klassenkampfes dargestellt haben,machten den Weg frei für bösartigen unternehme-risch denkende Drogenverbrechen, die auf grobekapitalistische Prinzipien und eine Verachtung fürarme Gemeinschaften, sowie auf ihre AnwohnerIn-nen, zurückgreift. Der Drogenhandel ist eine reinkapitalistisches Form des Verbrechens, mit massi-ven Gewinnen für wenige, sowie riesiger Misere fürviele, dazu kommt das Untergraben der Werte undRegeln der alte kriminellen Brüderschaft – keinenVerrat ausüben, sich der Autorität zur Wehr setzenund niemals „eine/n der unseren” schädigen. Diemodernen DrogendealerInnen sind in ihrer Men-talität und ihrem Verhalten die absolute Antitheseder Schurken der Arbeiterklassen und ihr Weg oderihre Strategie die Knastzeit zu überstehen ist auchtotal anders. Absprachen und Kooperation mit derKnastleitung haben den Platz des Widerstands und

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

der Trotzhaltung eingenommen, sowie des Kampf-geistes, welcher ab und zu eine angenehme Visiondes positiven Wechsels und der Reform verursachthatte. Aus den Flammen der Revolten wie i n Stran-geways entstanden Manifeste der radikalen Reform,die das Verständnis und die Notwendigkeit ausge-sprochen haben, dass Gefangene ein Anrecht auf Menschenrechte wie alle anderen Menschen ver-dienen. Heutzutage sieht es so aus, als ob solcheArten von großmütigen Anstrengungen den Platzfür eine Stimmung von Niederlage und Konformitätfreigemacht hätten.

Als Mikrokosmen der Gesellschaft spiegeln Knästedie sozialen Bedingungen und Lebensrealitäten derArmen wieder, oft auf eine viel extremere Art undWeise, sowie das Niveau der politischen Aktivitätenund des Kampfes dieser Gruppe. Wenn die Armenunterworfen und nicht organisiert sind, sowie unterKontrolle gebracht wurden, denn ist dies im Knastebenso. Die Reproduktion einer Junkiekultur unterden Gefangenen spiegelt eindrücklich wieder, wasfür ein Trend sich unter den Ärmsten und der Arbei-

terklassen und den Bezirken draußen durchgesetzthat.

Welche sind nun die Chancen für eine Herausfor-derung des Widerstand und der Militanz unter dengroßen Gruppen der Gefangenen, sowie der Neu-definierung der gegenwärtigen Beziehung mit demKnast? Der unaufhaltsame Weg in Richtung des sichimmer mehr ausweitenden Wegsperrens und derBau von virtuellen Strafkolonien in der Form von „Ti-tanknästen” wird wahrscheinlich zur Einmauerungvon großen Teilen der Armen und der unterprivile-gierten Bevölkerung innerhalb dieser Fabriken derRepression führen. Früher oder später wird solcheine Repression, egal wie entwickelt und gut orga-nisiert sie sein wird, auf Widerstand treffen. Es gabimmer eine zyklische Abfolge von Protest, Revolteund Widerstand, im Knast und draußen, und Perio-den der Ruhe und absoluter sozialer Kontrolle sindimmer anfällig zu zerbrechen und außerdem starkabhängig vom Verhältnis der Menschen zu ihrerKnechtschaft, im Gegensatz zur einer Kontrolle, dienur auf Gewalt und Zwang basiert. Wie der südafri-kanische „Black Consciousness“-Aktivist Steve Bikoeinmal gesagt hat: „die größte Waffe in den Händen

der Unterdrücker bleiben das Gedächtnis der Unter-drückten selbst”. Die, welche das Knastsystem kon-trollieren setzen einen guten Knast mit einem unterKontrolle stehenden Knast gleich. Der Hauptfunkti-on des Knastes bleibt das effiziente Einsperren unddie Aufrechterhaltung einer absoluten Kontrolle überdie Gefangenen. Themen wie Menschenrechte oderder Respekt der angeborenen menschlichen Würdeder Gefangenen kommen nicht vor in der Mentalitätderjenigen, die Bestrafen. Auf dieser Ebene wurdensie nie Boden nachgegeben, außer wenn die Ge-fangenen es selber auf die Agenda gesetzt haben.Es gibt eine direkte Beziehung zwischen der limi-tierten Liberalisierung des Knastsregimes innerhalbder britischen Knäste für Langstrafler während derZeit der 70er und 80er Jahre und den Protestenund Demonstrationen dieser Zeit, welche das Sys-tem dazu gebracht haben an Boden nachzugeben.Niemals wurde eine bedeutende Reform des Knast-system durchgesetzt, außer von den Gefangenenselbst, gewöhnlicherweise als direktes Ergebniseiner kollektiven direkten Aktion. Die progressiveAushöhlung solcher Reformen während der letzten

20 Jahre ist das direkte Ergebnis und die Konse-quenz des Wechsels innerhalb der Gefangenenkul-tur und die Abnahme des kollektiven Kampfes unterden Gefangenen. Außer wenn der Geist zum Kampf wieder entdeckt wird, wird nichts die alptraumhafteVision der kommenden Knastwelt verhindern: dasmassenhafte Einsperren der sozialen Probleme undarmer Menschen innerhalb riesiger privat-kontrol-lierter Knäste, in denen Menschenrechte komplettbei Seite gelassen werden für die Interessen desProfits und der totalen und absoluten Kontrolle überdie Gefangenen. Es ist vielleicht in unserem allge-meinen Interesse, dass wir letztendlich das Wieder-kommen einer entschlossenen und unkontrollierba-ren Knastbevölkerung sehen.

John Bowden6729HM Prison GlenochilKing O‘Muir RoadTullibodyClackmannanshireFK10 3ADUK

Sollte eine Entscheidung zu politischer Unterstüt-zung und Kampagne, bezogen auf bestimmte Ge-fangene, die sich im Kampf gegen das Knastsystemengagieren, sich immer durch die Straftat bedingen,die der Inhaftierung voranging? Sind einige Gefan-gene, egal wie politisiert sie während ihrer Haftzeitwurden und sich an Kämpfen beteiligt haben, esnicht wert oder verdienen sie keine Unterstützungwegen ihres Lebensstils, Verhaltens oder kriminel-ler Aktivität, die der Verhaftung und Inhaftierungvorangingen?

Wenn es darum geht Kämpfe „sozialer“ Gefangenerzu unterstützen, die wegen anderer „Verbrechen“als den offenkundig politischen inhaftiert werden(obgleich argumentiert werden kann, dass in einemkapitalistischen System, in dem die große Mehrheitderer, die in den Knast gesteckt werden aus den

ärmsten und benachteiligsten Teilen der Gesell-schaft kommen, alle politische Gefangene sind) ,ist es da okay die zu unterstützen, die ursprüng-lich wegen, sagen wir, Verbrechen gegen Eigentumverurteilt wurden, doch definitiv nicht die, die we-gen Verbrechen wie Mord, Erpressung oder sogarVergewaltigung sitzen? Haben einige Gefangeneaufgrund der von ihnen verübten „Verbrechen“ sounwiderruflich Grenzen überschritten, dass nichtsvon dem, das sie hinterher tun werden sie zu unter-stützungs- und solidaritätswerten Gefangenen ma-chen kann? Sollten wir bei diesem Thema unsereDifferenzen mit den Cops, der Justiz und den kapi-talistischen Medien begraben und uns ihrer Sicht,dass einige Individuen verurteilt und in den Knastgesteckt für ernsthaft gewalttätiges Verhalten oderdie „schlimmsten Verbrechen“ für immer dämoni-siert, verachtet und permanent von der Menschheitausgeschlossen werden sollten, anschließen?

Die meisten Gefangenen kommen faktisch das ers-te Mal wegen Verbrechen und Verhaltensweisen,allgemein aufgrund von Lebenserfahrungen der Ar-mut, Benachteiligung und des Missbrauchs, in denKnast und sind für die meisten Produkte und Opfer

einer schrecklich ungleichen und klassengeprägtenGesellschaft. Offensichtlich finden einige Leute denWeg in den Knast wegen Verhaltens, das krimi-nell-unternehmerisch (die „Karriere-Gauner“) undgewaltsam-rücksichtslos war, welche jedoch nureine kleine Minderheit der gesamten Gefangenen-population ausmachen, und besonders die „Karrie-re-Kriminellen“ sind am meisten von einer Gefähr-dung ihrer früheren Entlassung wegen politischerAktivität im Knast oder Verbindungen mit radikalenGruppen draußen betroffen. Fakt ist das die Gefan-genen, die am ehesten in Konfrontation und Konf-likt mit dem Knastsystem involviert sind, die sind,die wegen chaotisch gewalttätigen und wuterfülltenVerbrechen inhaftiert sind.

Der revolutionäre schwarze Gefangene GeorgeJackson aus Amerika schreib einmal einen Brief an

einen Freund: „Ich wurde gefangen und ins Ge-fängnis gebracht als ich 18 Jahre alt war weil ichmich nicht anpassen konnte. Die Berichte, die derStaat über mich geschrieben hat, lesen sich wi e dieBerichte für zehn Männer. Sie nennen mich einenBandit, Dieb, Landstreicher, Drogenabhängigen,Bewaffneten und Mörder“. Jackson wurde natürlichdurch die Erfahrung der Inhaftierung zu einem po-litisch-bewussten Gefangenenführer und einem er-klärten Angehörigen der Black Panther Party, bevorer 1971 im San Quentin-Gefängnis von Schließernermordet wurde.

Unter den Gefangenen selbst verschwimmen dieUnterschiede ihrer Verbrechen, wegen denen sieim Knast sind, zu einer kollektiven Erfahrung derRepression und kollektivem Unglück, und ohne dentraditionellen Hass auf ernsthafte Sexualverbrechersind Gefangene komplett frei von der Verurteilung

ihrer „Verbrechen“ und schließen sich schnell imgemeinsamen Kampf ums Überleben zusammen.Schwester- und Bruderschaft unter Gefangenen, diesich organisieren und zurückschlagen ist eine abso-lute Notwendigkeit und eine emotionale, herzliche(A.d.Ü: orig. „heart-felt“) Dynamik. Möglicherweisewerden in der geschlossenen Welt der Gefängnisse,bewohnt von dem was die „normale“ Gesellschaftals Gesetzesbrecher_innen begreift und kontrol-liert von Individuen, die oft darauf vorbereitet sind,brutal zu sein, zu verstümmeln und zeitweise garzu morden im Interesse der totalen Kontrolle, dieüblichen Werte und Verhaltensweisen umgekehrtund korrumpiert; oder unter Umständen extremerRepression, Kämpfe und Überleben, macht das,was eine Person in den Knast brachte wenig aus,verglichen mit der absoluten Notwendigkeit zusam-menzuhalten und kollektiv einem System zu wider-stehen, das sie alle als etwas behandelt, das nichtganz menschlich ist und somit die grundlegendenMenschenrechte verweigert bekommt.

Zwangsläufig gibt es auch Konflikte und Spaltun-gen unter Gefangenen, welche nicht selten von denSchließer_innen aufgezogen werden, um bessere

Kontrolle zu ermöglichen, und einige Gefangenewerden zu Kompliz_innen ihrer Wärter_innen, waspermanente, diffuse Verdächtigungen produziert,was nicht selten Vertrauen und Solidarität behin-dert, doch in Momenten kollektiver und offener Re-bellion ist es die natürlichste und kraftvollste Ten-denz unter Gefangenen sich zusammenzuschließenund eine neue Art der Beziehung zu entwickeln, weroder was auch immer sie gewesen sein mögen, alssie noch frei waren.

Politische Aktivist_innen draußen, denen aufgrundihrer ursprünglichen Straftaten unwohl ist bei derUnterstützung bestimmter Gefangener, sollten sichdies hier bewusst machen: Wenn Gefangene revol-tieren und zurückschlagen, sind sie der grausams-ten und bösartigsten Repression unterworfen, dennsie werden vom Staat isoliert und stigmatisiert und

 „Solidarität ohne Vorurteile“ von John Bowden 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

durch die Medien dämonisiert, die klar geregelteund manipulierte öffentliche Meinung deionisiertdas Verhalten des Knastsystems, wenn es Gefan-gene brutal versucht, zu „resozialisieren“. Sich zuweigern, Kämpfe Gefangener nur aufgrund ihres Le-bens vor ihrer Inhaftierung wahrzunehmen und zuunterstützen ist gleichbedeutend damit, sich auf dieSeite des Systems, damit gegen die Gefangenen zustellen und zu sagen „sie bekommen das, was sieverdienen“; und es reproduziert tiefsitzende Mittel-klassenvorurteile und die Angst vor „Working ClassFolk Devils“ und stillschweigende Anerkennung derLegitimation des Knastsystems.

Dass einige Gefangene, egal wie brutalisiert undbrutalisierend sie vor ihrer Inhaftierung gewesensein mögen, sich radikal verändert haben durch dieErfahrung der Haft und manchmal revolutionärePolitik zu ihrem Leben machen ist nicht zu bestrei-ten.Jetzt diesen Gefangenen jede Wahrnehmung undUnterstützung zu verweigern, wenn sie politischzurückschlagen, bedeutet auch die Möglichkeit von

Veränderung solcher Menschen, in Folge von Kämp-fen, zu verneinen. Faktisch kann und ist Knast oftein Schmelztiegel für radikale Veränderung und tie-fe Politisierung einiger Gefangener, und wie in allenOrten und Plätzen extremer Unterdrückung und Wi-derstände produzieren auch Knäste Revolutionäreund Individuen die geistesgegenwärtig auch alleinezurückschlagen. Die radikalen schwarzen Gruppender USA, wie die Back Panthers oder die Symbi-onese Liberation Army, waren alle theoretisch ge-leitet von Gefangenen und Ex-Gefangenen; GeorgeJackson, Eldridge Cleaver, H. Rap Brown, Malcolm Xetc., wurden alle im Knast radikalisiert, in Folge vonVerurteilungen für Verbrechen wie Raub, Verge-waltigung, Drogenverkauf, Zuhälterei und schwereKörperverletzung.

Es ist leicht für die, die nie extreme Armut undDiskriminierung erlebten, niemals Gefangenschafterlebt haben und die inhumane Brutalität die dortstattfindet, moralische Richter_innen zu sein überdas Verhalten von Menschen die die Grenze des Ge-setzes überschritten. Es ist eine für die Mittelklassetypische Neigung und Attitüde, basierend auf Igno-ranz, Arroganz und einer Ablehnung gegenüber denArmen, und sie durchdringt selbst die Charaktereeiniger Individuen, die behaupten keine Spur ihrerMittelklasse-Prägung übrig zu haben, wie einige „Anarchist_innen“.

Selbstverständlich sind die Knäste nicht voll vonnetten Menschen und es gibt Individuen auf beidenSeiten im Knast, Gefangene sowie Schließer_innen,die durch das System komplett dehumanisiert wur-den. Es ist schwer sie sich unter „normalen“ Men-schen in der Gesellschaft, sicher lebend vorzustel-len.Der Punkt hier ist, das in diesem Kontext und derNatur der Umgebung Kämpfe, die in Knästen statt-finden von Menschen repräsentiert, angestiftet undorganisiert sein werden, die ursprünglich oft we-gen der destruktivsten und gewalttätigsten For-men des Verhaltens inhaftiert wurden, das ist es,

was sie dorthin brachte und das ist, was der Staatals Legitimation seiner Brutalität ihnen gegenübernutzt. Die Organisator_innen und Führer_innen dermeisten großen Knastaufstände in den UK währendder 60er, 70er und 80er Jahre waren allesamt Men-schen, die der Staat als „Psychopath_innen“, „Terro-rist_innen“, „Gangster_innen“ und „Mörder_innen“bezeichnete, Individuen, die einige Anarchist_innenmit strikten Prinzipien ohne Zweifel als nicht würdigfür Unterstützung und Solidarität jeglicher Art be-zeichnen würden.

Im Knast, wie an allen Orten an denen Repressi-on sehr scharf ist und Überleben schwerfällt, sindKämpfe keine abstrakten Konzepte oder Ideen,sondern eine grundlegende Notwendigkeit zur Exis-tenz und eine absolut wichtige Bedingung, um inWürde und Integrität zu Überleben, und er zeigtden Instinkten, besser als alles andere, wer derwahre Feind ist.

Bei echter Gefangenenunterstützung, wenn sie unsetwas bedeutet, geht es darum, den gleichen In-

stinkt auszudrücken und die zu unterstützen, die imKnast den gleichen Feind bekämpfen.

John Bowden6729,HM Prison Glenochil,King OMuir Road,Tullibody,ScotlandFK10 3AD

Übersetzt von indymedia, Artikel veröffentlicht von ABC Brighton. Auch wenn uns die inflationäre Häu-fung von Hoffnung auf „Gerechtigkeit“ durch die Justiz in dem Artikel nervt, finden wir es wichtigaufzuzeigen, wie kompromisslos das System gegensoziale Gefangene angeht, die das kapitalistischeWertesystem ignorierten und seine Institutionenoder Vertreter_innen angegriffen haben.

Ronnie tritt nun in die dritte Woche seines Hunger-streiks. Mit einem Alter von 78 Jahren und durcheine durch vorherige Hungerstreiks bereits ge-schwächte Gesundheit könnte dies sein letzter Aktgegen das Rechtssystem sein, das ihn seiner An-sicht nach 20 Jahre zu Unrecht einsperrte.

Ronnie aus Süd-London wurde 1988 für bewaffne-ten Bankraub und versuchten Mordes nach einem

fehlgeschlagenen Überfall auf einem Supermarkt-Van verurteilt. Ein Bullenspitzel, Seamus Ray, ar-rangierte die Aktion und erzählte der Polizei davon.Als sie gerade flüchten wollten, wurden Easter-brook, Tony Ash und ihr Fahrer Gary Wilson von ei-ner PT17-Spezialeinheit gestoppt. Eine dramatischeSchießerei entbrannte. Ash wurde von einem Bullenerschossen und Easterbrok, Wilson und ein Polizei-inspektor wurden verwundet. Die Schießerei wurdevon einer TV-Crew aufgenommen.

Easterbrook streitet seine Teilnahme an dem Raubnicht ab. Was er nicht akzeptiert ist die Darstel-lung, dass die Einheit während ihres Zugriffes le-gitim gehandelt hat. Er sagt, das die Cops zuerstgeschossen hätten und das er glaubte sie würdendie gleiche „Schießen um zu Töten“-Taktik fahrenwie in Nord-Irland. „Eine Kugel prallte von unseremFluchwagen ab und obwohl Tony `Ich geben auf!Ich gebe auf!` rief, erschossen sie ihn!“ Deswegen,sagt er, hatte er keine andere Wahl als in Notwehrselbst zu schießen. Dennoch war im im Verfahrennicht gestattet, die „Schießen um zu Töten“-Theoriedarzulegen. Auch wenn er seinen Anwalt aufforder-te sich auf Polizeitaktiken zu konzentrieren, wurde

dies vom Gericht abgewiesen, das eine politische

Verteidigung nicht erlaubt war - diese Regelunggibt es mittlerweile nicht mehr. So kam es das ersich selbst verteidigte und er sagt, er habe es miesgemacht. „Ich habe die Schule mit 14 Jahren ab-gebrochen. Ich war völlig unfähig, tiefer zu gehenund hatte nicht den nötigen Intellekt eine struktu-rierte Verteidigung zu führen.“ Auch war er ratlosvor der Androhung von „Lebenslänglich“ durch denRichter. Sein Fall ist das einzige dokumentierte Ver-fahren, bei dem dieses Urteil ohne den medizini-schen Beleg seiner „Gefährlichkeit“ verhängt wurde.

Ronnie‘s Haftdauer wurde von Lebenslänglich auf 12,5 Jahre herabgesetzt, doch er sagt er würde kei-ne Entlassung auf Bewährung beantragen, da er dieLegalität dieses Urteils nicht anerkenne und bevorer nicht ein neues Verfahren bekäme, da erst dannGerechtigkeit einträte. Nun, nach über 20 Jahrenim Knast (acht Jahre über seiner festgelegten Haft-

dauer) hat Ronnie in einem letzten verzweifeltenVersuch Aufmerksamkeit zu erzeugen etwas be-gonnen, das faktisch ein Todesfasten ist, wenn dieAutoritäten nicht handeln.

Natürlich ist dieser Fall keiner, der sonderliche Sym-pathie erzeugt, besonders weil es sich bei Ronnieum einen geständigen Karriere-Verbrecher handelt,doch er saß nun schon weit über seine anerkannteHaftzeit. Mit einem Alter von 78 ist es Zeit ihn zuseiner Familie zu lassen.

Was du tun kannst: Sende einen Brief an Ronnie,dies wird auch den Knast-Autoritäten zeigen, dasser nicht allein ist:

Ronnie Easterbrook (B58459)HMP Gartree

Gallow Field Road Market Harborough

LeicestershireLE16 7RP 

Schicke einen Brief an Jacqui Smith, die Innenmi-nisterin, und fordere sie auf, den Fall wieder aufzu-nehmen:

 Jacqui Smith, MP Secretary of State for the Home Office3rd Floor, Peel Buildings2 Marsham Street LondonSW1P 4DF Fax: 020 8760 3132e-mail: [email protected] 

Schreibe der Knastdirektorin von HMP Gartree,Susan Howard und erzähle ihr, was du von Ronnie‘sSituation denkst:

Ronnie Easterbrook im Sterben – Solidarität! 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Susan Howard, Governor HMP GartreeGallow Field Road Market HarboroughLeicestershireLE16 7RP Tel: 01858 426 600Fax: 01858 426 601

Schreibe den unten aufgeführten Menschen undsage ihnen, das Ronnie lange genug im Knast war.Er sitzt nun in einem Kategorie-B-Knast, und da esso aussieht als könne sein Fall nicht wieder aufge-rollt werden, sollte er wenigstens in ein „offenesGefängnis“ verlegt werden und auf Bewährung ge-setzt werden.

The Parole Board for England and WalesGrenadier House99-105 Horseferry Road LondonSW1P 2DX 

Phone: 0845 251 2220Fax: 0845 251 2221

Rt Hon David Hanson MP Ministry of Justice102 Petty France

LondonSW1H 9AJ Telephone: +44 (0)20 3334 3555 Fax: +44 (0)20 3334 4455 [email protected] 

Lord Corbett,Chair, All-Party Parliamentary Penal Affairs GroupHouse of Lords,LondonSW1A OPW.Tel: 020 7219 3420

Simon Creighton, sein Anwalt, sagte 1999: „Eineöffentliche Thematisierung Ronnie‘s Falles könn-te die Innenministerin veranlassen den Fall wiederaufzurollen! Ich hoffe, die öffentliche Meinung wirdwahrnehmen wie hoffnungslos diese Situation ist.Ich glaube nicht, dass ich je so einenFall gesehen habe, in dem es so viele Barrierenseitens des Establishment gab. Ich finde es bizarr,dass das System es vorzieht, ihn sterben zu sehen

anstatt ihm das Recht auf eine vernünftige Rechts-vertretung einzuräumen. Ronnie ist kein Heiliger,aber er hat das Recht auf die gleiche Sorte einesVerfahrens und Verurteilung wie jede_r andere!“

Brief von Peppe Peppe sitzt seit einigen Monaten im Knast, beschul-digt, beim Angriff auf eine Polizeiwache, in der vor kurzem einige Migrant_innen zusammengelegt wur-den, beteiligt gewesen zu sein. Zwei Genoss_innenkamen neulich unter Auflagen frei, während er und Maddalena weiter in U-Haft bleiben. Mehr darüber könnt ihr in der letzten Ausgabe unserer Entfesselt nachlesen.

Liebe Genoss_innen,

ich möchte mich vor allem bei euch bedanken undeuch informieren, dass ich das Antiknast Infoblattvom 29.11.08 erhalten habe und mich mit anderenGefangenen dem Hungerstreik gegen die Strafe desLebenslänglichen angeschlossen habe!Ich möchte einige Sachen über die Knastbedingun-gen, unter welchen wir leiden, erzählen und zwarüber die EIV (Anm.d.Ü.: eine Einstufung des Hoch-

sicherheitstrakts), der aber eher wie 41bis (Anm.d.Ü.: das höchste Niveau der Hochsicherheitstrak-te) aussieht - in Anbetracht der Behandlung hier.Die Fernseher funktionieren nicht, der Spion ist im-mer geschlossen, die Übergabe von Post ist deutlichgesunken, die Sprechstunden werden nur meinenAngehörigen gestattet und dürfen nur eine Stun-de dauern, wobei wir nie in der Lage sind, die Zeitauch wirklich auszunutzen.Wenn es hoch kommt, schafft mensch 40 Minuten!Einer meiner Angehörigen darf nie mit rein, weil sienicht die nötige Erlaubnis für ihn finden!Ich wurdein eine Zelle gebracht, in der die Sonne nie scheintund das widerwärtige Verhalten der Schließer nieaufhört!

Meine Solidarität gilt allen Gefangenen, heute je-doch möchte ich sie besonders Maddalena Caloreausdrücken, die nach der Entlassung Noras unterden gleichen Bedingungen wie auch ich zu leidenhat. Sie ist nun alleine und wird das gleiche erlebenwie ich: Totales Eingesperrtsein und fehlender Kon-takt zu anderen Gefangenen, weniger Hofgang undmassive Einschränkung der Einkaufsmöglichkeiten.Kleine Dinge, die aber jeden Tag erlebt zur physi-schen und psychischen Folter werden!Jetzt wie noch nie, werden unsere Gedanken Flügelbekommen, da die Isolation unter der wir leidenuns zu noch mehr Gedanken veranlasst – die Isola-tion, die die Sicherheit zum Schutze der Bourgeoi-sie wie auch der Unternehmer_innen, die das Geldwandern lassen und Geschäfte im Namen unseresLandes vorantreiben, gewähren soll.Sie garantieren uns eine Justiz, die uns Tod, Zer-störung und neue Lager, die nun CPT heißen (Anm.d.Ü.: Abschiebelager) beschert. Diejenigen, diekeinen guten Platz innerhalb ihrer Sozialordnungeinnehmen, werden eingesperrt, wartend auf denMoment in dem sie/er eine vernünftige Strafe ab-bekommt!Ich will noch einmal betonen, dass es mich garnicht interessiert, schuldig oder unschuldig zu sein.Ich fühle, dass ich im Recht bin und ihre peinlichen

Angriffe werden nicht an meiner Existenz kratzen,sie werden meinen Willen zu kämpfen nicht min-dern können.

Was wir gerade erleben macht uns keine Angstund es wird uns nie klein kriegen, weil wir den Mutund Willen besitzen, der unserer Überzeugung ent-springt.In einer Welt, in der alles verloren zu sein scheintund wir nichts mehr zu verlieren haben müssen wirden Kampf aufnehmen und uns diesen Geist wiederaneignen, in dem wir uns verwirklicht sehen. Dennso haben wir den Krieg, den uns diese Hampelmän-ner erklärt haben und es ist ein Krieg gegen diegesamte Menschheit schon gewonnen!Wir haben schon von Anfang an gewonnen, da wirdie durch sie entstandene Leidenschaft und Emotio-nen auf unserer Seite haben, wir in unseren Kämp-fen alles von uns geben – weil der Mensch kämp-fend lebt.

Es ist ein Grundstein an dem sich unsere Seelenfesthalten auf dem Weg in Richtung Freiheit, dergleichen Freiheit, die wir auch außerhalb dieserMauern nicht erleben werden solange wir sie unsnicht erobern!All diese stumpfen Hampelmänner, die versuchenuns zu stoppen werden unsere Leben nie verstehenda wir alles riskieren, weil uns alles verwehrt ist undwir sogar nicht einmal Angst vor dem Tod haben– im Unterschied dazu, was sie darüber denken.Sie drohen uns täglich. Sie sind diejenigen, die Angstvor dem Tod haben und nicht den Mut besitzen sichdem Spiel hinzugeben da sie die Bequemlichkeit,die sie gewohnt sind nicht verlieren woll en!Wir haben im Geiste schon lange gewonnen. Lasstuns die Seelen der Nostalgiker_innen bewegen unddenjenigen einen Tritt in den Arsch verpassen, dieden Kämpfen der Schwachen die Flügel stutzenwollen! Lasst uns den Angriffen mit genauso vielenGegenangriffen begegnen!Und wenn ihre Drohungen andauern wird ein an-dauernder Gegenangriff zu unserer Pflicht.Meine wärmste Umarmung geht an die GenossinMaddalena!Solidarität mit den griechischen Genoss_innen!Feuer für die Knäste und die Knechte in Uniform!Für die Abschaffung der Klassenunterschiede – lasstuns die Bourgeoisie und den Staat in Schutt undAsche legen!Freiheit für alle!

Giuseppe “Sucamorvo”, Knast Montorio, 24.12.08

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Es ist wichtig, das politische Klima in dem die dreiihre jahrelange Flucht aufgegeben haben, näher zubeleuchten.

 „Wir dürfen uns nicht von der Tatsache ablenkenlassen, dass das Vorhandensein des Knastes Be-strafung bedeutet und lasst uns bloß nicht seineästhetische Verbesserung fördern. Wir dürfen unsnicht der Illusionen hingeben wir seien freie Men-schen nur weil wir uns außerhalb seiner Mauernbefinden.,Innerhalb oder außerhalb der Mauern,es ist jeder/jedem selbst überlassen, welche Rollesie/er einnehmen will: Entweder ihre/seine Fesselnweiter zu tragen oder zu rebellieren.“

- Zellen für den kreativen Bruch

Innerhalb der griechischen Knäste hat der Hunger-streik seinen Höhepunkt erreicht. Ein Hungerstreikfür bessere Lebensbedingungen . Um die 8000Gefangene haben das Knastessen verweigert, umdie 5000 haben einen totalen Hungerstreik durch-geführt. 17 der Inhaftierten haben sich den Mundzugenäht.

Seit dem 14.11 wurden viele Demonstrationen inSolidarität mit den dreien in ganz Griechenland an-gekündigt. Diesbezüglich waren, was Thessalonikiangeht, einige Teile der Stadt komplett mit Graffitivoll, die den Fall der drei wie auch den von Vaggelisthematisierten. Einige davon waren so gut gemalt,dass die Mauern wie „Kampfplakate” wegen dieserFälle aussahen. Die Intensität der Solidaritätsaktio-nen erreichte ihren Gipfel an dem Tag der Demons-tration. Zeitgleich gab es viele Aktionen und Initia-tiven in Solidarität mit den Gefangenen. Am Endedes Artikels findet ihr eine Liste ohne den Anspruchauf Vollständigkeit über die Solidaritätsaktionen fürdie drei, Vaggelis und die Hungerstreikenden.

Am 17.11 gibt es traditionell erweise Revolten inganz Griechenland, aufgrund der historischen Be-deutung des Tages Mit dieser kurzen Beschreibungdes politischen Klimas in dem der Fall der drei, die

sich der Polizei stellten, steht können wir verstehen,dass die Zeit etwas chaotisch war aber auch dassdie Herrschenden unter Druck gesetzt wurden.

Der 14. November...

Morgens wurde die Besetzung einer großen Radio-station in Thessaloniki in Solidarität mit den dreienvorbereitet, die aber nie stattfand, weil gegen 10Uhr morgens Ilias Nikolau, Dimitra Syrianou undKostas Chalazas wieder auftauchten und sich derPolizei stellten. Sofort trafen sich etwa 60 Leutevorm Polizeipräsidium. Die drei Genoss_innen wur-den begrüßt und die Unterstützung für sie deutlichgemacht. Als diese kurz in einem Fenster auftauch-ten, konnten die Anwesenden feststellen, dass esihnen „gut ging“ und dass sie wohl „gut behandelt” 

wurden. Noch mehr Leute stießen dazu und wuch-sen zu einer Menge von 80 Leuten an. Nach unge-fähr zwei Stunden entschied sich die Polizei die dreiin eine andere - weiter vom Zentrum entfernte -Polizeiwache zu bringen. Die einzige Forderung, diesie den anwesenden Anarchist_innen stellte war,dass sie ein paar Meter zurücktreten sollten, als dieGenoss_innen rausgebracht wurden um sie in einAuto zu verfrachten. Sofort kamen die Anwesenden jedoch an die Autos heran wobei ein Genosse fastverhaftet wurde, was von den anderen aber unter-bunden wurde.Ein Ziviauto kam hinzu und die beiden Autos mach-ten sich auf den Weg in Richtung Hauptstraße. AlleGenoss_innen machten sich an die Verfolgung alssie jedoch die Hauptstraße erreichten blieben dieAutos im Stau stecken. Sofort stellten die Verfol-genden eine Spontandemo Richtung Gericht auf die Beine, wohin die drei später gebracht werdensollten. Einige Sekunden später verstanden sie je-doch, dass die beiden Polizei Autos im Stau ste-cken geblieben waren und bewegten sich in derenRichtung. Daraufhin wurde die Situation surreal. 80Anarchist_innen kreisten die Autos ein und “beglei-teten” sie für einige hundert Meter durch die Stadt.Es war ein Jahr her, dass sie so nahe an den Fest-genommenen dran waren. Die Leute schrien undbeschimpften die Schweine, die die Autos fuhrenund machten ihnen klar, dass in dem Fall in demden Genoss_innen irgendetwas passieren würde sieden Preis dafür zu zahlen hätten.

Ab dem Zeitpunkt, einige hunderte Meter späterwaren es viele die dem Geschrei und den Beschimp-fungen folgten wie auch Sprechchöre sangen wäh-rend sie gegen die Seitenfenster der Autos tratenum den Genoss_innen ein Zeichen des Mutes zu ge-ben. Daraufhin befreiten sich die Autos und fuhrenschnell davon. Die zurückgelassenen machten sichauf den Weg zum Gericht um auf sie zu warten. Alssie ankamen besetzten sie die Haupthalle, Sprech-chöre wurden gerufen und einige Genoss_innenmalten draußen wie auch drinnen Graffiti. Nach

Der Tag, an dem drei gesuchte griechische Anarchist_innen sich der Polizei gestellt haben 

einiger Zeit kamen die Genoss_innen durch einenHintereingang herein. Sie wurden von den Leutenbegrüßt, die nun schon auf eine Zahl von hundertangewachsen war.Es gab kleine Scharmützel mitder Polizei; Einige Genoss_innen spuckten einemBullen ins Gesicht, andere Bullen bekamen Kaffeeins Gesicht. Die drei kamen nach etwa eineinhalbStunden heraus wobei die Situation in etwa die glei-che war als sie hereingekommen waren.Es wurdeentschieden, dass das Urteil an dem kommendenMorgen um 10 Uhr ausgesprochen werden soll undsie die Zeit bis dahin in eine am Rande der Stadtgelegenen Polizeiwache gebracht werden sollen. Dawar noch nicht klar, was mit ihnen passieren würdeund die anderen Leute mussten einen Tag auf dasUrteil warten. Am Abend, gegen 18 Uhr, gab es eineDemo in Solidarität mit den dreien und Spannungkam auf als die Demo an einer Polizeiwache vorbei-ging, die nur von 15 Bullen bewacht wurde obwohlsie ursprünglich ziemlich ruhi g war, außer dass vie-le Graffiti gemalt und alle Videokameras die sich auf der Demoroute befanden, gesmasht wurden.

In der Nacht nach der Demo gab es noch eine Lärm-demo, mit 30 Leuten vor der Polizeiwache in der diedrei untergebracht waren.

Der Tag als sie freikamen

...war der 15. November,also nur einen Tag nachihrer Verhaftung.Noch einmal trafen sich um die 100 Anarchist_innenvorm Gericht um das Urteil abzuwarten. Es wurdeverkündet, dass die drei innerhalb der kommendenStunden freigelassen werden. Die Erleichterung derGenoss_innen war unübersehbar und einige vonihnen drückten ihre Freude und lang andauerndenZorn dadurch aus, dass sie die anwesenden Bullentraten, Wasserflaschen und alles mögliche auf siewarfen. Kurz darauf kamen Anti-Riot-Einheiten ausdem Gericht und warfen Granaten und versprühtenGas um die Leute zu zerstreuen. Ein Genosse wur-de von einer Granate verletzt, die nahe an seinemBein explodierte. Die Menge zerstreute sich, einigekamen jedoch gleich zurück um die lang erwarte-ten Genoss_innen zu begrüßen. In einem besetztenHaus in der Nähe fingen Leute gleich an mit einemFeuerwerk zu feiern und endlich konnten sich dieMenschen in die Arme nehmen und Spaß haben –in dem Bewusstsein, dass dieser Kampf erfolgreichbeendet war.

Einige Gedanken.

Die Anspannung in Griechenland zu der Zeit, in dersich die drei gestellt haben war sehr hoch. Der Staatmuss davor Angst gehabt haben noch drei weitereAnarchist_innen in die Knäste zu stecken, in denenkollektiver Hungerstreik durchgeführt wurde. Auf einer Soli-Demo am 14.11 waren 800-1000 Ge-noss_innen. Der 17.11 stand noch bevor. In Anbe-tracht dieser Umstände kann mensch mutmaßen,dass die Freilassung der drei eine Aktion des Staa-tes war die Situation etwas zu befrieden.

Leider wissen wir über den weiteren Verbleib dervier nicht Bescheid, hoffen jedoch von Leuten vorOrt weiter auf dem Laufenden gehalten zu werden.

Chronologie der Solidaritätsaktionen

Diese Auflistung hat keinen Anspruch auf Vollstän-digkeit. Weitere Infos findet ihr unter:

www.directactiongr.blogspot.comwww.freesalonica4.blogspot.com

26.11.07 - Thessaloniki: Tag der Verhaftung vonVaggelis, um die 100 GenossInnen treffen sich vorder Polizeihauptwache der Stadt, während der fol-genden Tage werden Graffiti in der Stadt gesprühtsowie Plakate aufgehängt und Flyer verteilt03.12.07 - Thessaloniki: Aktion bei Büros der “Ma-kedonia”-Zeitung, welche die Bilder der drei Ge-suchten publiziert hatte05.12.07 - Thessaloniki: Demo mit 150 Leuten in “Ano Poli” (Altstadtbezirk), dies ist der Bezirk, in-

dem wo die GenossInnen gewohnt haben13.12.07 - Athen: Besetzung des Büro des Anwalts-verein und des Club “FreundInnen der Polizei” 14.12.07 - Thessaloniki: Solidaritätskonzert für dieGenossInnen19.12.07 - Komotini: Demo mit 200 Leuten vor demKnast in dem Vaggelis sitzt20.12.07 - Thessaloniki: ein Fahrzeug des Stadt-verwaltung in Flammen24.12.07 - Athen: Molotowcocktail gegen Fahrzeu-ge der Sicherheitsfirma05.01.08 - Athen: Brandanschlag auf die Büros derregierenden Partei15.01.08 – in verschiedenen Städten: Radiostatio-nen werden im Solidarität mit den Gefangenen undden Gesuchten besetzt19.01.08 - Athen: Brandanschlag auf eine Bank21.01.08 - Athen – Thessaloniki: verschiedeneBrandanschläge gegen staatliche und kapitalisti-sche Einrichtungen23.01.08 - Thessaloniki: Brandanschlag gegen einBezirksamt23.01.08 - Thessaloniki: Steine und Farbe gegenzwei Büros der regierenden Partei25.01.08 - Athen: Solikonzert20.-21.02.08 - Thessaloniki: Besetzung des Bürodes Anwaltsvereins und öffentliches Treffen zumAntiterrorgesetz

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22.02.08 - Thessaloniki: Solidemo mit 700 Leute13.01.08 - Köln: Solikundgebung vor dem griechi-schen Konsulat31.03.08 - Thessaloniki: Angriff auf eine Bank08.04.08 - Thessaloniki: Brandanschlag gegen dasBüro der Steuereintreiber16.04.08 - Athen: Brandanschlag auf ein Fahrzeugder staatlichen Stromgesellschaft17.04.08 - Athen: Brandanschläge auf verschiede-ne Autohändler17.05.08 - Thessaloniki: Brandanschlag auf eineBank27.05.08 - Thessaloniki: Solikundgebung mitSoundsystem und anschließender Demo mit 100Leuten vor dem Knast Diavata, in den Vaggelis füreinige Tagen verlegt wurde, außerdem wird einFahrzeug einer Bank angezündet30.05.08 - Athen – Thessaloniki: nochmals ver-schiedene Brandanschläge auf staatliche und kapi-talistische Einrichtungen03.06.08 - Amsterdam: Steine und Farbe gegendas griechische Tourismusbüro04.06.08 - Thessaloniki: offenes Treffen über der

Fall, organisiert von der “antiautoritären Bewegung” und dem “Netzwerk für soziale und zivile Rechte” 16.09.08 - Thessaloniki: Brandanschlag auf dieMEGA-Büros im Triandria09.10.08 - Thessaloniki: Vaggelis wird aus der Haftentlassen! Die anderen drei GenossInnen bleibenim Untergrund.28.10.08 - Rouf: Angriff auf das Militärgericht29.10.08 - Athen: Brandanschläge auf das Fahr-zeug eines Mitarbeiters des Fernsehens, die Bürosder regierenden Partei Neue Demokratie im Irakliound Moschato, drei Banken, zwei Fahrzeuge einerSicherheitsfirma

02.-03.-04.11.08 - Athen – Thessaloniki: drei Tagendes feurigen „Amoklaufs”. In Athen: Brandanschlä-ge auf einen Militärjeep der Marine sowie andereFahrzeuge direkt am Hauptpräsidium, auf die Fir-ma Ace Hellas - eine Softwarefirma, die mit demgriechischen Militär kooperiert, auf den Club derpensionierten Militäroffiziere sowie zwei Büros ihrerGewerkschaft und auf das Büro des Verteidigungs-ministersIn Thessaloniki: Feuer auf den Club der pensionier-ten Militäroffiziere, eine militärische Privatschuleund die Filiale einer Bank, die mit den Militär koo-periert03.11.08 - Thessaloniki: Brandanschlag auf dasAuto der französischen Botschaft13.11.08 - Thessaloniki: verschiedene Brandan-schläge, die gleichzeitig in verschiedenen Stadttei-len stattfinden: auf drei Banken, einen Großsuper-markt und das Auto einer Sicherheitsfirma14.11.08 - Thessaloniki: die drei gesuchten Genos-sInnen stellen sich der Polizei14.11.08 - Thessaloniki: Angriff mit Steinen undFarbe auf die Büros der Sicherheitsfirma Fylax und

die Hauptzentrale, vier davor parkende Autos wer-den mit Buttersäure übergossen und die Scheibenzerstört sowie die Reifen zerstochen; außerdemwerden Flyer auf der Straße verteilt – gegen dieseSicherheitsfirma und in Solidarität mit dem drei Ge-suchten. Die Auswahl des Zieles war nicht zufällig:einer der Mitarbeiter hatte ausführliche Aussagenüber Vaggelis und die anderen bei den Bullen ge-macht, was die gesamte Situation verursacht hat.14.11.08 - Thessaloniki: Brandanschlag auf vierBanken und das Fahrzeug einer Sicherheitsfirma inSolidarität mit den Gefangenen im Hungerstreik ingriechischen Knästen

Auch in Frankreich gibt es ein Gesetz, ähnlich demin Deutschland existierenden, für diejenigen, diewegen bewaffneten Aktionen eingesperrt sind, dasvorschreibt keine Aussagen nach ihrer Entlassungoder der Zeit in der sie Freigang haben zu machen.Das konnte mensch auch während der letzten Mo-nate im Fall von Christian Klar sehen.Auf Grund diesen Gesetzes kam Jean-Marc Rouillanwieder in den geschlossenen Vollzug.

Wer ist Jean-Marc Rouillan?Jean-Marc ist ein Revolutionär der ersten Stunde.Erstmals dabei, als es 1968 in Paris und Toulouselosging, seit Beginn bei den autonomen, libertärenGruppen organisiert, schloss er sich 1970 dem Wi-derstand gegen die Franco-Diktatur an. Und zwarbei der berühmten MIL, einem klandestinen Netz-werk von Gruppen, das bewaffnete Aktionen gegen

die Diktatur unternommen hat, das aber auch eineklare antikapitalistische, libertäre Zielsetzung hat-te.Nach dem Ende der MIL im Jahr 1973 (und der Hin-richtung eines ihrer Militanten, Salvator Puig AntichAnfang 1974), gründet Jean-Marc die GARI mit,die weiter Aktionen gegen die Diktatur durchführenwollte, aber nicht nur im Spanien sondern auch imrestlichen Europa.1974 verhaftet, wird er 1977 nach Ende der Dikta-tur vorzeitig entlassen.1978 gründet er Action Directé mit, die verschie-dene Aktionen bewaffneten Klassenkampfs gegenkapitalistische Einrichtungen wie auch gegen Ver-antwortliche durchführt (z.B. den Boss von Renault,Georg Bess, von Action Directé 1986 erschossen),wird er 1980 verhaftet und kommt 1981 aufgrundeiner weiteren Amnesie wieder raus. 1987 wird ermit anderen Militanten der Action Directé verhaf-tet.Jean-Marc hat während seiner Inhaftierung gegendas Knastsystem gekämpft und viele Bücher ge-schrieben, davon wurde leider keines ins Deutscheübersetzt. Er ist ein klares Beispiel für jemanden,der auch nach solch langer Inhaftierung Werte wie

Solidarität, Antikapitalismus und Unbeugsamkeitgegen den Staat nicht aufgegeben hat. Solche Leu-te sind dem repressiven Apparat natürlich ein Dornim Auge, und er versucht alles mögliche eben jenekleinzukriegen.Trotz aller Uneinigkeit, die wir als Anarchist_innenmit Gruppen, die eine Spezialisierung und Vertre-tung eines Avantgarde Prinzip durch bewaffnetenKampf ausüben, haben, sehen wir die Notwendig-keit, die Unbeugsamkeit vieler seiner (des Staates)Gefangenen zu unterstützen, denn die Geschichtedes Kampfes gegen Staat und Kapital ist immervielfältig gewesen und von Kritik und Unterschiedengeprägt gewesen.

ABC Berlin

Hier ein Kommuniqué seiner Unterstützer_innen-gruppe:

Jean-Marc Rouillan sitzt wiederim geschlossenen Vollzug

Am 4.12. hat das Berufungsgericht Paris die Aufhe-bung der Berechtigung zum Freigang für Jean-MarcRouillan angeordnet, da die Richter seine Aussage,die er in einem Interview mit der Zeitung L‘ Expressgegeben hat als “mehrdeutig und eine klare Belei-digung der Familien der Opfer” interpretiert haben.Das Gericht denkt, dass Jean-Marc eine der vier Be-dingungen, die für die Berechtigung zum Freigangangesetzt sind, nicht respektiert hat und zwar die,die vorschreibt, keine Aussagen über die Handlun-gen, für die mensch verurteilt wurde, zu machen.

Was uns angeht denken wir, dass ein solches Urteil

die Absicht des Staates die Stimme eines revolutio-nären Militanten zu kriminalisieren ausdrücktWir verurteilen die “Anti-Terror-Gesetze”, die dieEinsperrung aufgrund eines Meinungsdeliktes ver-fügt.Wir werden weitere juristische Anstrengungen un-ternehmen um die Befreiung von Jean-Marc Rouil-lan zu erreichen.Wir appellieren an alle diejenigen, die in der Ver-gangenheit ihre Solidarität ausgedrückt habennochmals selbige durch Aktionen, die zur Befreiungvon Jean-Marc beitragen können, auszudrücken.

Le Mots en Marche

www.lesmotsenmarche.free.fr www.liberez-les.info

Über Jean-Marc Rouillan 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Hier findet ihr die Adressen vonverschiedenen Gefangenen. Per-sonen, welche aufgrund ihrerFeindschaft mit dem gegenwärti-gen System eingesperrt werden.Das heißt nicht, dass diese Listevollständig ist: es gibt viel mehrGefangene, das ist hier nur einsehr kleiner Teil davon. Ihr könntin anderen Publikationen oderInternetseiten weiter recherchie-ren, wir wollen hier eine „über-sichtliche” Liste erstellen auch mitPersonen, mit welchen wir selbstentweder in Kontakt stehen oderseit längerem ihre Geschichte fol-gen.Außerdem müsst Ihr immer be-achten, dass Gefangene oft ver-

legt werden: deshalb wird dieseListe ständig aktualisiert werden(sie wird bald auch wieder auf unserer Website zu finden sein,sobald diese renoviert ist...).Um etwas darüber zu erfahren,wie mensch am besten „Gefange-nen schreibt” (denn viele habenam Anfang viele Hemmungenund Unsicherheiten) gibt es auf unserer Website oder in verschie-denen Infoläden und in unseremDistro einen Flyer - „Wie schreibeich Gefangenen” - welcher euchetwas helfen wird.Das Briefe schreiben bleibt eine(aber nicht das einzige) Mittel,die Isolation zu durchbrechen.Nutzen wir dieses!

Polen

 Artur Konowalik Zaklad Karny 

Załeska 7635-322 Rzeszow 

Artur ist ein sozialer Gefangener,welcher gegen die Zustände inpolnischen Knästen kämpft unddiese in seinen veröffentlichtenBriefen beschreibt und thema-tisiert. Er spricht nur polnisch,freut sich aber trotzdem überPostkarten.

Tomasz Wilkoszewski Zakład Karny ul. Orzechowa 5 98-200 Sieradz 

Tomasz sitzt seit mehreren Jah-

ren, weil er um sich selbst zuverteidigen einen Nazi erstochenhat. Er spricht Englisch.

Russland

Vakhtang Devitlidzeul. Libbedova 42,UO 68/2,otryad 14,brigada 142,g. Hagyshensk,Krasnodarskiy Kray,352680 Russia

Vakhtang muss zweieinhalb Jahreabsitzen, weil er einen Nazi, wel-cher ihn attackiert hatte, ins Bein

stach. Andrei Mergenov FGU IZ 64/1 OKB 2 komn. 73Up. Kutyakova 107 410601 Saratov Russia

Andrei wurde zu einer Freiheits-strafe von drei Jahren aufgrundeiner Auseinandersetzung mitNazis verurteilt. Als einer von de-nen sein Messer fallen ließt, be-nutzte Andrei dieses zur Selbst-verteidigung.

Pavel Delidonul. Timiryazeva-1FGU IK-7 309990 Valuyki 

Pavel ist ein Anarchist, er wurdezu fünf Jahren verurteilt, weil erversuchte sich die Löhne, welchesein Boss nicht bezahlen wollte, „direkt” zu nehmen, was vom Ge-

setz als „bewaffneter Raub” be-zeichnet wird. Pavel studiert ge-rade Englisch im Knast, freut sichdeshalb darüber diese Sprachedurch eure Briefe weiter kennen-lernen zu können.

Spanien

 Joachin Varces VillacampaCP CastellónCtra. de Alcora, km.1012006 Castellón

Am 16. September 2003 wurdensechs anarchistische companerxsin Barcelona festgenommen und

gegen einen weiteren ein inter-nationaler Haftbefehl ausgespro-chen. Angeklagt wurden sie we-gen Waffenbesitz, Herstellungvon Explosivstoffen und Durch-führung von Bombenanschlägenund außerdem sollen sie eine ter-roristische, anarchistische Verei-nigung gebildet haben. Ein Teilvon ihnen bekam mehrere JahrenJoachin befindet sich als letzternoch in Haft.

Gilbert GhislainCentro Penitenciario La Morajela,Carretera local P-126C,CP 34210 Dueñas Palencia

Gilbert ist ein anarchistischer Ge-

fangener, welcher seit Jahren in-nerhalb des FIES-Systems (Spa-nische Isolationshaft) kämpft.

Rafael Martinez ZeaC.P. Puerto de Santa Maria III crtra Jerez-Rota, km 611500 Puerto de Santa MariaCadiz 

Rafael ist auch ein anarchisti-scher Gefangener, welcher seitJahren innerhalb der spanischenKnästen kämpft. Der spricht auchEnglisch.

Claudio LavazzaC.P. Teixerio – CurtisMod. 11Carretera de Paradela s/n15310 A Coruña

Claudio ist ein italienischer An-archist. Zusammen mit anderenGenossInnen überfiel er das ita-

lienische Konsulat im Cordoba(Spanien) im Solidarität mit denBeschuldigten im Marini-Prozess inItalien (großer Repressionschlaggegen AnarchistInnen in Italienwährend der zweite Hälfte der 90Jahre, viele wurden zu sehr lan-gen Freiheitsstrafen verurteilt).Der Konsul musste solidarischeFaxen nach Italien schicken unddie Anarchisten enteigneten sicheinige Pässe und Geld. Außerdemwurde er aufgrund einer Schieße-rei mit der Polizei nach eine Bank-überfall, wobei zwei PolizistInnengetötet wurden, verurteilt. Er isteiner der aktivsten Kämpfer ge-gen das FIES-System.

Gefangenenliste Portugal

 António Ferreira de JesusE.P. Pinheiro da Cruz 7570 Grândola

Antonio, 67 Jahren alt, hat schonmehrere Jahre Knast hinter sich(43), da er wegen verschiedenerAktionen gegen die soziale Un-gerechtigkeit dieser Gesellschaftverurteilt wurde, unter anderenwegen Enteignungen. Er ist einaktiver Kämpfer gegen die dorti-gen Knastbedingungen.

Belgien

Farid Bamouhammad Centrale gevangenis te LeuvenGeldenaaksevest 683000 Leuven

Farid gilt als der Hauptfeind desbelgischen Knastapparates, da eran verschiedenen Aktionen undRevolten teilnahm. Der begingmehrere Banküberfälle und sitztgerade ein 17 jähriges Urteil ab,weil er den Vergewaltigter seinerFrau getötet hat.

Italien

Giuseppe SciaccaMaddalena Calorecasa Circondariale di VeronaMontorio via S. Michele 15 37133 Verona

Am Abend des 19.10. gingen zweiselbstgebastelte Bomben vor derPolizeikaserne in Parma hoch,verletzt wurde niemand. EinigeTagen davor wurde bekannt, dassein Mensch aus Ghana darin vonBullen gefoltert wurde, darauf-hin zeigten andere MigrantInnenauch ähnliche Fälle an.Am 20.10. wurden vier anarchis-tische GenossInnen verhaftetund in U-Haft gesteckt, weil siebeschuldigt wurden den Anschlagdurchgeführt zu haben.Nora und Santo kamen neulichaus dem Knast raus, um unterstrengem Hausarrest erstmal „ihre Zeit zu verbringen”. Guisep-pe und Maddalena sitzen nochimmer.

Daniele Casalini Casa Circondarialevia Burla 59

43100 Parma

Francesco GioiaC.C. Solliccianovia Girolamo Minervini 2/R50142 Firenze Sollicciano (FI)

Daniele und Francesco sitzen seitüber einem Jahr in U-Haft auf-grund der Anschuldigung einePostfiliale beraubt zu haben umanarchistische Aktivitäten zu fi-nanzieren. Beiden sind zweianarchistische Genossen, wel-che der anarchistischen Gruppe „Il Silvestre” angehören. DieseGruppe hat innerhalb der letztenvier Jahre drei Verfahren ähnlichdem §129 gehabt. Eines davonist noch offen, wobei Daniele undFrancesco auch Mitangeklagtesind: es geht um einige Anschlä-ge, welche auf Strommasten aus-

geführt wurden.

Schweiz

Marco Camenisch „PF 3143“CH-8105 Regensdorf Schweiz 

Marco sitzt seit mehreren Jah-ren aufgrund seiner militantenIntervention in der Schweiz undItalien gegen die Atomindustrie.Nach einem erfolgreichen Aus-bruch aus dem Knast Regensdorf im Jahr 1981 und mehreren Jah-ren in Untergrund, wurde er 1991in Italien wieder verhaftet, wobeier dort wegen „fahrlässiger Kör-perverletzung (bei seiner Verhaf-tung gab es eine Schießerei mitden Carabinieris, die ihn festneh-men wollten) und Sprengstoff-anschlägen” verurteilt wurde. Ersaß mehrere Jahre in Italien (bis2002) und wurde dann in dieSchweiz ausgeliefert, wo er nocheine Haftzeit offen hatte, weil erfür den Mord an einen SchweizerGrenzschutzpolizist während dieZeit, wo er untergetaucht war, zuacht Jahren verurteilt wurde.Marco kämpft seit immer – egalob draußen oder drinnen – undbeteiligt sich immer an alle Akti-onen, die gegen diese Knastge-sellschaft unternommen werden.Er spricht Deutsch, Italienisch,Französisch und Englisch.

Griechenland

Giorgios VogiatzisDikastikes Fylakes Korydallos,Pteryga E‘18121 KorydallosGreece

Giorgos wartet seit Oktober 2007auf seine Verurteilung. Er gab zuder Tat (ein Bankraub) eine be-kennende Erklärung ab, in wel-cher er den Akt als Aktion gegendie Versklavung durch Lohnarbeitnennt.Giannis DimitrakisFylakes AlikarnassosIraklio, Crete

Giannis sitzt seit Juli 2007 undmuss noch weitere 35 Jahre we-gen eines bewaffneten Bank-raubes absitzen. Er begann den

Raub zusammen mit drei ande-ren Anarchist_innen als Aktiongegen die herrschende Lohnskla-verei und wurde währenddessendurch Bullenkugeln verletzt. Erbleibt auch im Knast ein aktiverKämpfer.

Deutschland

Gabriel Pombo da SilvaKrefelderstr. 25152070 Aachen

 José Fernandez Delgado Aachenerstr. 47 53359 Rheinbach

Gabriel und José sind zwei spani-sche Anarchisten, die schon meh-rere Jahre in spanischen Gefäng-nisse saßen. Beiden haben vorallem unter den schweren FIES-Abteilungen gelitten. Sie habensich immer gegen ihre Haftbe-dingungen gewehrt und bei al-len Protesten aktiv mitgemacht.Sie schafften es auszubrechenund unterzutauchen, im Sommer2004 wurden sie in Aachen mitzwei weiteren GenossInnen, Bartund Begona (Gabriels Schwes-ter), verhaftet. Es folgte eineGeiselnahme und eine Schieße-rei mit den Bullen. Bart wurdezu dreieinhalb Jahren verurteilt(mittlerweile ist er raus), Begonazu einer Bewährungsstrafe, Gab-riel zu 13 und José zu 14 Jahren.Seitdem kämpfen die beiden wei-ter innerhalb der deutschen Knäs-te. Ihr könnt Gabriel auf Deutsch,

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Spanisch und Englisch schreiben,José auf Deutsch und Spanisch.Check: www.escapeintorebellion.info

Thomas Meyer-Falk  JVA Bruchsal Schönbornstr. 3276646 Bruchsal 

Thomas, der sich als Anarchistbekennt, sitzt sei über 10 Jahrenin Haft, weil er einen Bankraubbegangen hat, welcher zur Finan-zierung von legalen und illegalenlinken Projekten dienen sollte. Erhat nie aufgehört hinter den Mau-ern zu kämpfen. Ihm droht auchdie Sicherheitsverwahrung. Tho-mas könnt ihr auf Deutsch undEnglisch schreiben. Check: www.freedom-for-thomas.de + www.freedomforthomas.wordpress.

com

Christian SümmermannBnr: 441/08/5  JVA PlötzenseeLehrter Str. 6110557 Berlin

Christian sitzt seit über einem Jahrwieder in Haft (er hat schon meh-rere Jahre im Knast verbringenmüssen) aufgrund seiner aktivenantifaschistischen Aktivitäten. Erwurde vielen Schikane seitensder verschiedenen Anstalten aus-gesetzt. Christian kann Deutsch,Englisch und Spanisch. Mehr überseiner Fall auf der Website www.freechristian.de.vu

 Andrea Neff Bnr: 746/07/2 JVA für Frauen in Berlin Arkonastraße 5613189 Berlin

Andrea wurde am 1.12.07 vonBeamten des LKA Berlin in derNähe einer Antifademo festge-nommen. Sie hatte einen offe-nen Haftbefehl, aufgrund ver-schiedener antifaschistischer und

antirassistischer Aktionen, die zueiner Gesamtstrafe von 14 Mo-naten zusammengefasst wurden.Sie wird voraussichtlich im Feb-ruar 2009 frei kommen. Sie freutsich auf Briefe und kann Englisch,Deutsch, Französisch lesen undschreiben. Aktuelle Infos: www.freeandrea.de.vu

Natalja LiebichPostfach 13 8086544 Aichach

Natalja wird voraussichtlich biszum 06.06.2009 im Knast sitzen,da sie mehrmals im Umfeld vongewalttätigen Aktionen gegenNeonaziaufmärsche und anderenDemos festgenommen wurde unddaraufhin kriminalisiert wurde.

Lukas Winkler 

Marktplatz 196157 Ebrach

Stephanie Träger  Am Neudeck 1081541 München

Sven Maurer Stadelheimerstr. 1281549 München

Am 27. Juni 07 wurden die dreiHausbesetzerinnen Lukas, Steffiund Sven in München von einemUSK-Kommando festgenommen.Dabei wehrten sie sich mit Stein-würfen, Ende Januar 08 wurdenalle drei zu je fünf Jahren Knastverurteilt. Soliblog: www.haus-besetzerinnensoli.de.vu

USA

Green Scare Gefangene:Anfang 2006 wurde in den USAdie größte Operation gegen „Inne-ren Terrorismus” unternommen:vielen Leute wurden unter derAnschuldigung AktivistInnen derELF (Earth Liberation Front) undALF (Animal Liberation Front) zusein eingeknastet. Eine Vielzahlvon ihnen wurde schnell zu Kron-zeugen gegen die anderen, an-dere wurde seit längerer Zeit alsSpitzel in der Szene benutzt. Nurein paar wenige weigerten sichmit den Behörde gegen anderezu kooperieren. Die hier angege-benen Adressen sind selbstver-ständlich von diesen Letzteren.Seitdem gab es auch neue Fälle

von Verhaftungen, leider viel zuoft haben sich einige entschiedengegen ihre ehemaligen Genoss_innen auszusagen.Wenn Ihr Gefangenen in den USAschreibt musst ihr unbedingt vor-her ihre Webseiten checken, weildie Postregelungen sind dort vielschärfer als anderswo und variie-ren Bundesstaat zu Bundesstaat.Beispielsweise ist in einigenBundesstaaten das umrundete “A” Zeichen verboten, da es als “Gangsymbol” (Die Anarchist_in-nen...) gilt und diese verbotensind....

Weitere Infos: www.ecoprisoners.org + www.greenscare.org

Daniel McGowanColumbia County Jail 403 Jackson Street 

Portage, WI 53901Check: www.supportdaniel.org

 Joyanna Zacher (Sadie)# 36360-086FCI DublinFederal Correctional Institution5701 8TH ST – Camp Parks– Unit E Dublin, CA 94568UnterstützerInnengruppe: [email protected]

Nathan Block (Exile)# 36359-086FCI Lompoc Federal Correctional Institution3600 Guard RD.Lompoc, CA 93436UnterstützerInnengruppe: [email protected]

 Jonathan Paul #07167-085 FCI Phoenix Federal Correctional Institution37910 N 45th Ave.,Phoenix, AZ 85086Check: www.supportjonathan.org

Daniel, Sadie, Exile und Jonathangehören zu der ersten Verhaf-tungswelle gegen ELF Aktivist_innen und wurden zu mehrerenJahren Knast für verschiedeneBrandanschläge verurteilt.

Briana Waters#36432-086FCI Danbury 

Federal Correctional InstitutionRoute 37 Danbury, CT 06811Check: www.supportbriana.org

Eric McDavid 16209-097 FCI Victorville Medium II Federal Correctional InstitutionPO Box 5700 Adelanto, CA 92301

Eric wurde zu 19einhalb JahrenKnast verurteilt, hauptsächlichaufgrund der Aussage eines Spit-zels: er hatte gar keine Aktionenbegangen, sondern nur einige „geplant” (wie die Sprengungeiniger Strommasten). Check:www.supporteric.com

Marie MasonClinton County Jail 

1347 E Townsend Rd.Saint Johns, MI 48879

Marie erwartet ihr Urteil für Feb-ruar 2009, sie hat ihre Teilnahmean verschiedenen Aktionen derELF zugegeben, allerdings ohneweitere Genoss_innen preis-zugeben. Sie wurde von ihremehemalige Freund und Genossenverraten.

Unterstützer_innengruppe:[email protected] - Check:www.midwestgreenscare.org

Michael Sykes696693Richard A. Handlon Correctional Facility 1728 Bluewater Highway Ionia, MI 48846

Michael, ein 18 Jahre alter Anar-chist, wurde aufgrund verschiede-ner ELF Aktionen (Brandanschlä-ge und Sachbeschädigungen) zueiner Strafe zwischen 4 und 10Jahren verurteilt. www.support-michael.wordpress.com

Großbritannien

 John BowdenPrison No. 6729

HM Prison Glenochil King OMuir Road, Tullibody Scotland FK10 3AD

John ist seit 25 Jahren “zu Gast” im englischen Knastsystem. Erdefiniert sich als Anarchist undhat während seiner Inhaftierunglange gekämpft und an vielen Re-volten teilgenommen. Um mehrüber ihn zu erfahren könnt ihr indie vergangenen Entfesselt gu-

cken, sonst auf englisch: www.brightonabc.org.uk

Sean Kirtley WC 6977 HMP Stafford 54 Gaol Rd Stafford, ST16 3AW 

Sean wurde von der Polizei alsder Betreiber der Internetseite “Stop Sequani Animal Testing” benannt, sowie als Aktivist ge-gen Tierversuche. Aufgrund des-sen wurde er zu einer Strafe vonviereinhalb Jahren verurteilt. Seineinziges „Verbrechen” war dieseInternetseite zu betreiben unddadurch schuldig von:“conspiracyto interfere with contractual rela-tionships so as to harm animalresearch organisation“ zu sein.Weitere Infos: www.supportsean.

wordpress.com

Ronnie Easterbrook (B58459)HMP GartreeGallow Field Road Market HarboroughLeicestershire, LE16 7RP 

Informationen über die Aachen2 - Gabriel und José - gibt es auf www.escapeintorebellion.info

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

we are strong! -no one can tell us we‘re wrong

Am Samstag, dem 09. Februar 2008 wurde Natal- ja während der Demonstration gegen die jährlicheNATO-Sicherheitskonferenz in München verhaftet.Ihr wird vorgeworfen sich gewalttätig Polizeimass-nahmen widersetzt zu haben.Gegen sie wurde ein Haftbefehl erlassen und siebefindet sich seit dem in München hinter Gittern.Natalja wurde schon während des G8-Gipfels imSommer2007 in Deutschland verhaftet und zu zehnMonaten Haft verurteilt. Außerdem hat sie ein drit-tes Verfahren, da sie bei der Demonstration zum 1.Mai 2007 festgenommen wurde.

 „Für mich begann die Gefangenschaft mit einer Art 

Schock, der langsam verschwindet. Er wird ersetzt durch einen Zustand der dauerhaften Betrübnis, dieist jedoch, eher im Hintergrund und wird mit ei-ner starken Schicht Müdigkeit, Langeweile und Er-schöpfung bedeckt.“ (Natalja)

Am 30. 04. 2008 fand vor dem Amtsgericht Mün-chen der Prozess gegen Natalja statt. Das Urteil lau-tete auf 5 Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung.(Natalja hat schon in Rostock für den G 8 Protestund Widerstand am 1. Mai 2007 eine Gesamtstrafevon 11 Monaten aufgebrummt gekriegt, außerdemerhielt sie für antifaschistischen Widerstand in Grä-fenberg eine Bewährungsstrafe von 2 Monaten, diesie jetzt auch absitzen muss.)Mittlerweile wurde ihre Haft um 28 Tage verkürzt.

 „Ich habe aber die ‚Bitte‘ - die jetzt nicht großkot- zig klingen soll - das Ganze ein bisschen kämpfe-risch / trotzig / ‚erst recht‘ - mäßig zu formulieren,damit die staatliche Einschüchterungspropagandanicht versehentlich dabei verbreitet wird. Es soll janiemand meinetwegen entmutigten und ganz be-stimmt nicht ‚gehirnwaschen‘.“ (Natalja)

Die Haft war geprägt von Repression und Schi-kane. Neben dem Versuch eine Zivilfahnderin inihre Zelle zu „schleusen“ wurde Natalja Post ver-wehrt da sie politische Inhalte hatte .Am 11.De-zember 2008 wurde ihr dann unter Zwangund mit Gewalt eine DNA probe entnommen.Natalja beteiligte sich aus ihrer Gefangenschaftheraus an verschiedenen Demonstrationen undVeranstaltungen wie z.B. die Demonstration unterdem Motto „Kriminell ist das System und nicht derWiderstand”! durch Redebeiträge und Texte.

 „Der Knast soll einschüchtern, umerziehen, krimi-nalisieren und ausschließen… - Und er präsentiertsich jeden Tag dafür, wie ungerecht, unmenschlich,diskriminierend und destruktiv das herrschendeSystem ist „[...] Würde das Knastsystem ohne dieerzwungene unterbezahlte Mitarbeit der Gefange-

nen in den Anstalten auch nur einen Tag lang funkti-onieren? Würden sich Gefängnisse aufrechterhaltenlassen ohne die Befehl- und -Gehorsam-Hierarchieder VollzugsbeamtInnen, von denen die Unterwer-fung bzw. Unterdrückung der Gefangenen durch denStaat täglich praktisch umgesetzt wird? Bräuchteeine gerechte, freie Gesellschaft überhaupt Knästeals Instrument von Klassenherrschaft und als Mit-tel, um ausgebeutete Gesellschaftsschichten durchKriminalisierung zu spalten?Wie abscheulich die Erfahrung von Repression auchsein mag, die Erfahrung von Solidarität auf der an-deren Seite ist sehr beeindruckend und ermutigend!Beides bestärkt mich in der Überzeugung: Wider-stand gegen das herrschende System ist nötig. Undwie viel Angst das System offenbar hat, vor der so-zialen Bewegung und aktivem Eintreten gegen Fa-schismus, Rassismus und Krieg, zeigt doch nichts soklar wie die Überzogenheit, Brutalität und vermes-sene Steigerung staatlicher Repression!“(Natalja)

Der 06.06. 2009 ist ein Tag den Natalja sicherlichherbeisehnt und nicht nur sie allein… Denn an die-sem Tag soll Natalja endlich entlassen werden.Bis dahin ist es jedoch noch eine lange Zeit. DieKämpfe in den Knästen müssen weiter aufgebautund unterstützt werden. Massenhungerstreiks inEuropas Knästen und eine Organisierung von An-tiknast-Strukturen draußen sind ein Anfang.

Das Wochenende 6.-8. Februar werden Aktionstagein Solidarität mit Natalja und allen kämpfenden Ge-fangenen sein. Es ist das Wochenende des Wider-standes gegen die Nato Kriegs Konferenz (offiziellSicherheitskonferenz genannt), bei dem Natalja vornun fast einem Jahr festgenommen wurde.

 „Dies ist ein Treffen von politischen Führern, Mili-tärrepräsentanten und Mitgliedern der Militärlobby,welche alle der Einladung der Quandt Stiftung fol-gen. Die Quandt-Familie ist der Hauptanteilseigner der BMW Gesellschaft, welche Kraftfahrzeuge aber auch Militärausrüstung, wie Fahrzeuge und Waffen,

Aktionstag - Freiheit für Natalja! Freiheit für alle Gefangenen! 

herstellt. (Die Wurzeln für deren Wohlstand und Einfluss sind die chemische Industrie – einschließ-lich die Ausbeutung von Gefangenen der Konzent-rationslager während des zweiten Weltkriegs).Trotz des „privaten“/„kommerziellen“ Hintergrun-des der Konferenz genießen die Männer und Frau-en „die Ehre“ den Status als offizielle Gäste der Bundesrepublik Deutschland. Die deutsche Armee(Bundeswehr) ist verantwortlich für den Schau- platz.“ (Natalja)Für alle die,die an den Protesten gegen die Siko undan den lokal (München) organisierten Soliaktionenfür Natalja und alle kämpfenden Gefangenen nichtteilnehmen können, wird zu einem dezentralen Ak-tionswochenende aufgerufen.Macht Aktionen welcher Art auch immer um dem

Staat samt seiner Knäste,Bullen, Gesetzte und Mi-litärs eine Absage zu erteilen und in Solidarität mitunser Genossin Natalja und allen kämpfenden Ge-fangenen für eine Welt ohne Herrschaft und Unter-drückung zu kämpfen!Freiheit für Natalja und alle Gefangenen!Kein Knast, kein Staat!Für den sozialen Krieg,den Anarchismus und dietotale Freiheit!

ABC-Orkan and northern Anarchists([email protected])

Infos und Kontakt:www.natalja.blogsport.dewww.noprisonnostate.blogsport.de

Es ist Ohnmacht und Hilflosigkeit. Dieses Gefühldas immer stärker wird. Er ist tot! Einfach nichtmehr da. Was sollen wir tun? Unsere Solidarität de-monstrieren? Das, was wir immer tun wenn wir vonRepression jeglicher Art angegriffen werden? Doches wurde diesmal niemand festgenommen, es gabkeine Razzia oder Räumung, niemand wurde ver-prügelt oder gedemütigt. Sie haben ihn ermordet!Und wir wissen einfach nicht, was zu tun ist.Es geht nicht um irgendein Märtyrertum. Er war einMensch und nicht der einzige oder gar erste, der vonBullen bzw. dem Staat ermordet wurde. Wir müs-sen einen Weg finden mit den Morden politisch undemotional umzugehen, denn es war nicht der letzte.Es sollte aber auch darum gehen, nicht abzustump-fen und jeden Mord, jede_n Getöteten einfach zuvergessen. Jede_r Flüchtige an den Grenzen. Jede_r Gefangene in den Knästen, jede_r die/der nichtin diese Gesellschaft, basierend auf Unterdrückungpasste, darf nicht vergessen werden.Vielleicht ist der Aufstand eine Möglichkeit. Den vonuns ersehnten Kollaps ihrer Welt, ihres Systems di-rekt herbeiführen. Ihre Welt anhalten. Der demo-kratischen Inszenierung ein Ende bereiten.Ein Aufstand hat begonnen und wir sind nicht darauf vorbereitet. In Europas Festung wurde einem Staatinnerhalb einiger Tage die Kontrolle entrissen.Diese Situation ist unvorstellbar. Die aktuelle Ent-wicklung des Polizeistaates Europa zeigt das „An-titerror“-Gesetze, grenzübergreifende Polizei- undMilitärstrukturen und modernste Überwachungs-

mechanismen keine drohende Zukunft mehr sind,sondern gängige Praxis.Währenddessen bricht die soziale Bewegung weiterzusammen. Es ist Zeit den sozialen Kämpfen beizu-treten. Es ist Zeit, Aufstand nicht mehr nur zu un-terstützen, sondern Teil des Aufstands zu werden.Revolutionäre Solidarität mit den Unterdrücktenund den Aufständigen muss bedeuten, diese Kämp-fe nicht mehr nur zu dokumentieren und zu beglei-ten, sie muss bedeuten, Teil dieser Kämpfe, egal anwelchem Ort, zu werden.Es geht hier nicht um die naive Vorstellung einerkommenden Revolution oder das revolutionäreSubjekt der Massen, und wir wollen keine KämpfeSeite an Seite mit dem Mob, der stumpfen, gleich-gültigen Masse.Wir wollen keinen Kampf ohne brennende Herzen!Leg die Arbeit nieder!Verlass die Universität oder die Schule!Spürst du die Wut? Lass ihr freien Lauf!Aufstand, Kampf jedem Staat, seinen Knästen, Bul-len, Gerichten und Militärs!Freiheit für alle Gefangenen!Unsere Gedanken den Toten und Verletzten staatli-cher Gewalt!Für den Sozialen Krieg und den Anarchismus!Es lebe der Dezemberaufstand!

einige ungewollte Kinder des Kapitalismus -Anarchistinnen aus dem Norden

Wie eine Träne im Meer Spark in Athens. Fire in Paris. Insurrection is coming

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Seit vielen Jahren finden an Silvester in verschie-denen Städten der BRD Demonstrationen gegenKnäste und Zwangsanstalten sowie in Solidarität mit allen Gefangenen statt. Während ursprünglichsolche Demonstrationen nur auf Städte wie Berlin,Köln und Stuttgart begrenzt waren, ist dieses Jahr ihre Zahl angewachsen und der Antiknastvirus hat sich in andere Städte verbreitet.Wir stellen hier eine kurze Zusammenfassung dar,was an Silvester vor deutschen Knäste stattfand und wünschen uns dabei fürs nächste Jahr, dasssich der Anarchismus und die Antiknasthaltung wei-terverbreiten werden, um das gegenwärtige herr-schaftliche System und seine Kerker umzukippen.

Bis zu dem Moment, an dem alle frei sein werden!

ABC Berlin

Berlin: eine Demonstration von 400 bis 500 Genos-sInnen traf sich am eiskalten Silvesterabend, umihren Zorn gegen das Knastsystem sowie ihre So-lidarität mit den kämpfenden Gefangenen auf dieStraße zutragen, indem sie zum Untersuchungshaft-knast Moabit lief. Das Motto der Demonstration lau-tete “...reissen wir die Mauern ein, die uns trennen– Freiheit für alle Gefangenen, in Solidarität mit al-len kämpfenden Gefangenen und dem Hungerstreikin Italien!”. Kurz nach 23:00 Uhr ging es los und eswurden Sprechchöre gegen das Knastsystem, dieRepression und die Bullen gerufen. Während dergesamten Demonstration wurden unzählige Böllerund Knaller in Richtung der Cops geworfen. EinigeRedebeiträge wurden aus dem Lautsprecherwagenverlesen, gegen Knäste im allgemeinen und einebesondere Achtung wurde dem Kampf in italieni-schen Knäste geschenkt. Außerdem wurden Gruß-worte von Thomas Meyer-Falk verlesen. Es gab eineKundgebung an einer Seite des Knastes, von woaus die Gefangenen durch die Explosion vom Rake-ten und den Rufen der Sprechchöre begrüßt wur-den. Die Demo endete vor dem Haupteingang desKnastes, dort angekommen haben wir unsere übli-che Feuerwerksshow pünktlich um Mitternacht ver-anstaltet, um die Gefangenen zu begrüßen, wobeiein Teil von ihnen an ihren Fenstern bereits auf dieDemonstration gewartet haben. Ein paar von ihnenhaben kleine Feuer entfacht und gegen die Vergit-terung der Fenstern geschlagen, um uns ihre Aufre-gung zu zeigen und zu vermitteln. Die Bullen habensich etwas unrühmlich verhalten, wahrscheinlichaufgrund der deutlichen und kontinuierlich aggres-siven Stimmung, die aus der gesamten Demo dieganze Zeit über ihnen gegenüber ausgedrückt wur-de und wegen den Böllern, welche in ihre Richtungflogen. Ein Bulle versuchte die Situation eskalierenzu lassen, indem er sich in der Demo hinein wagte,um schnell wieder rausgekickt zu werden. Gegen1:00 wurde die Demo beendet mit der klaren Ab-sicht bald wieder zu kommen.Am Tag danach konnte mensch in den Medien lesen,dass zwischen 500 und 1000 zornige Jugendliche

eine Polizeiwache in Prenzlauer Berg angegriffenhätten, dabei wurden einige Autos und eine paarFenster beschädigt. Es sieht so aus, als ob der Zorngegen die Autoritäten sich verbreitet, wie solche Er-eignissen zeigen....

Hamburg: in Hamburg fand eine Demo zum U-HaftKnast Holstenglacis statt. Um die 250 GenossInnentrafen sich dazu, es wurden Redebeiträge gegenKnäste und in Solidarität mit den inhaftierten fran-zösischen GenossInnen verlesen. Die Bullen stress-ten ziemlich herum, indem sie die Demo oft aufhiel-ten und drei oder vier Personen festnahmen, weildiese angeblich Flaschen und Böller in ihre Richtunggeworfen hätten. Die Demonstration schaffte es biszum geplanten Endpunkt am Knast zukommen, woein Redebeitrag über die Gründe, welche die Leu-te dazu bewegt haben an diesem Tag zum Knastzu gehen, vorgetragen wurde. Auch nutzten einigeAngehörige und FreundInnen den Moment, um mit

ihren Leuten im Knast zu kommunizieren. Raketenwurden abgeschossen und Böller in Richtung derCops geworfen, bis die Demo gegen 1:00 Uhr fürbeendet erklärt wurde.

Köln: um die 150 GenossInnen trafen sich um 18:00Uhr um eine Kundgebung vor dem Knast Ossendorf abzuhalten. Redebeiträge wurden verlesen, danachliefen die GenossInnen um den Knast herum undverlasen dabei Beiträge gegen Knast und über dieKämpfe in griechischen und italienischen Knästen,während gleichzeitig viele Raketen in Richtung desKnast flogen.

Frankfurt/Main: um die 150 Menschen trafen sichvor dem Knast, um ihre Ablehnung von dieser Insti-tution zu zeigen und um einen Kontakt mit den In-haftierten herzustellen. Einige Schilder des Knastessowie einige Laternen gingen zu Bruch, es wurdeein Transparent mit der Aufschrift „Freiheit für alleGefangenen” aufgehängt. Es gab keine Verhaftun-gen.

Stuttgart: um die 50 GenossInnen trafen sich zumtraditionellen Knastspaziergang vor Stammheimund umrundeten den Knast einmal, dabei riefen sieSprechchöre. Die Gefangenen antworteten ihnenmit Parolen gegen die Bullen. Dazu muss gesagtwerden, dass die Demonstration eher unter demMotto „Unterstützt die politischen Gefangenen” lief,anstatt den Unnütz einer solchen Differenzierung zuunterstreichen. Die Demonstration wurde größten-teils von KommunistInnen getragen, die ihre Soli-darität mit dem in Stammheim inhaftierten MustafaAtalay zeigen wollten, er sitzt unter dem §129b,weil er beschuldigt wird der DHKP-C anzugehören.Es kam zu einer Auseinandersetzung mit den Cops,weil diese Leute festnehmen wollten, die Feuerwerkin Richtung des Knastes abgeschossen hatten. DieLeute hatten aber keinen Bock auf den Stress undverteidigten sich mit Fahnenstangen und Böllern,was zu ein paar Verletzen auf beiden Seiten führte.Zwölf Personen wurden später festgenommen, da

Am 2.10.08 hat die chilenische Polizei den Compa-nero Pablo Morales Fuhremann verhaftet. Die Poli-zei behauptet, er müsse noch einen Teil der Haftzeitvon seinen letzten Urteil absitzen: es geht um eineTat von 1992.Pablo kam im Jahr 2004 aufgrund eines Gesetzesfür „terroristische Taten” frei: all die Personen, wel-che schon seit zehn Jahren aufgrund solcher Tatenin Knast saßen, durften nun raus. Er hatte allerdingsnoch ein Verfahren offen. Nach 16 Jahren wurde ernun erneut zu über drei Jahren hinter Gittern verur-teilt. Allerdings, da er schon 16 Jahren abgesessenhat (12 im Knast, davon zehn unter Hochsicher-heitsbedingungen, sogenannte CAS und fünf Jahreauf Bewährung), hat er eigentlich die gesamte Zeithinter sich – dieses neue Urteil mit angerechnet.Dementsprechend stellte er eine Anfrage nach ei-nem Straferlass, welche gerade bearbeitet wird.

Pablo war Mitglied der politisch-militärischen Orga-nisation Mapu-Lautaro. Während seiner Zeit im Ge-fängnis wurde er unter dem Einfluss des Kollektivs “Kamina Libre” zum Anarchisten.

Der wahre Grund wieso Pablo wieder verhaftet wur-de, liegt weniger an seinen alten Verfahren, sondernviel mehr an der Tatsache, dass er der Sprecher derAngehörigen und Freund_innen der in Argentinienverhafteten anarchistischen Genoss_innen ist. Seitder Verhaftung von Freddy und Marcelo war Pablosehr aktiv, indem er immer wieder versucht hat dieLügen der Medien und der Polizei durch öffentlicheDebatten und Konferenzen zu entlarven.

Anarchistische Solidarität mit Pablo!

die Cops gezielt nach Leuten suchten, nach zweiStunden waren alle wieder raus.

Bericht zur Antiknast-Demo in Hamburg

Am 31.12.2008 fand in Hamburg nach langer Zeitwieder eine Anti knast-Sylvesterdemo statt.Zu dieser mobilisierte ein offener Vorbereitungs-kreis, der die Demo unter dem Motto „Freiheit füralle Gefangenen! Für revolutionäre Solidarität undein kämpferisches 2009!“ für 22:00 am S-Bahnhof Sternschanze anmeldete. Pünktlich sammelten sichdort ca. 200 Leute. Die bis dahin einzig bekannteAuflage der Cops verbot lediglich Böllerwürfe direktauf die Cops.Gegen 22.15 wurden die ersten beiden Redebeiträ-ge verlesen, der erste stellte einen Rückblick auf das vergangene und einen Ausblick das anbrechen-de Jahr dar. Der zweite drückte Solidarität mit denin Frankreich inhaftierten Aktivist_innen aus, denenSabotageakte an einer Schnellbahnstrecke zur Zeitdes Castors vorgeworfen werden.

Um 22:25 Uhr ging es dann los Richtung Knast.Nach vereinzelten Böllerwürfen auf die Cops wur-de die Demo dann am Schulterblatt das erste Malaufgehalten, welche nach kurzen Verhandlungenaber bald den Weg wieder freimachte, und trotz derüberwiegend sehr jungen und nervösen Cops undlockerem Spalier ging es zügig weiter. Es wurdenParolen gerufen und ein Jingle abgespielt, in demnocheinmal auf den Grund der Demo hingewiesenwurde.Am Sievekingsplatz wurde die Demo dann ein zwei-tes Mal aufgehalten, wiederum lautete die Begrün-dung „Böllerwürfe“. Nachdem die Demo einige Me-ter weitergehen durfte, wurde sie ein weiteres Malaufgehalten. Im Zuge dieses Stillstandes wurdenim hinteren Teil der Demo zwei Personen wegen an-

geblichen Flaschenwürfen auf Cops festgenommen,woraufhin viele Menschen in Richtung der Festnah-me strömten. Kurz darauf kesselten die Cops denvorderen Teil der Demo ein und drückten dabei einePerson brutal gegen den Lauti und sprühten wahl-los Pfefferspray in die Eingekesselten, jedoch wurdeniemand verletzt. Im Laufe des andauernden Stres-ses im hinteren Teil wurden noch zwei weitere Per-sonen in Gewahrsam genommen und laut den Copsin die Wache nach Alsterdorf verbracht, wo diesenach kurzer Zeit wieder entlassen wurden.Nun schon um 23:45 Uhr entschied die Demolei-tung nun die Route zu verkürzen um rechtzeitig um00:00 am Knast zu sein, was auch gelang. Mit lau-ten „Freiheit für alle Gefangenen!“-Rufen und Mu-sik wurden die Gefangenen begrüßt, die bald auchbegriffen, das sich die Menschen auf der Straße ansie wandten!Es wurde ein weiterer Redebeitrag verlesen, der auf den Grund der Demo hinwies. Es wurden zahlreicheRaketen verschossen, Parolen und Grüße gerufen,die von den ca. 20 an ihren Fenstern stehenden Ge-fangenen mit tanzen, winken und rufen beantwor-

tet wurden. Kurz nach 00:00 Uhr wurde anwesen-den Angehörigen der Gefangenen die Möglichkeitgeboten sie über den Lauti zu grüßen, was von eini-gen Menschen auch in Anspruch genommen wurde.Gegen 1 Uhr dann, nach vielem tanzen und rufen,wurde die Kundgebung aufgelöst und das Ganzelöste sich auf.Neben der Demo in Hamburg gab es noch in Berlin,Frankfurt/M, Köln und Stuttgart-Stammheim De-mos zu Knästen. Dies lässt hoffen: Antiknastkulturscheint im Aufschwung !

Für revolutionäre Solidarität und ein kämpferisches2009!

Silvester zum Knast-Demos 

Chile - Verhaftung des Genossen Pablo Morales Fuhremann 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Heilig Abend gegen 23 Uhr anläßlich der Christmet-te der Predigt der Bischöfin Maria Jepsen im Ham-burger Michael, der einer der Hauptkirchen dieserStadt ist. Eine handvoll Menschen verlassen ihrePlätze, gehen zum Altar und bemächtigen sich desMikrofons, und fordern öffentlich die Freilassungdes haftunfähigen Mustafa Atalay.Weiterhin möge sich die Bischöfin für Mustafa Ata-lay einsetzen. Sie und ein weiterer Geistlicher wei-gerten sich Stellung zu nehmen und wollten ihrenGottesdienst weiterführen.Die DemonstrantInnen liessen sich aber nicht ab-wimmeln und halten eine kurze Rede zu MustafaAtalay! Danach überreichten sie Jepsen Hinter-grundmaterial einschließlich diverser Gutachten zuMustafa und verteilten eine Resolution, mit der Auf-forderung seiner Freilassung. Danach gab es sogarunerwartet Beifall von den KirchenbesucherInnen.Wären mehr InterventionistInnen anwesend gewe-sen, hätten mensch länger bleiben können.Die DemonstrantInnen verließen unbehelligt dieKirche.Diese Erklärung wurde verteilt: „Mustafa Atalay ist einer der fünf Angeklagten im§ 129b- Prozess vor dem Oberlandesgericht Stutt-gart. „Ich bin ein Journalist und ein Sozialist - keinTerrorist“ hat er auf den Anklagevorwurf der Mit-gliedschaft in einer ausländischen terroristischenVereinigung erwidert.Mustafa Atalay ist 52 Jahre alt und lebt seit 2000 inDeutschland als politischer Flüchtling. Er befindetsich seit November 2006 ununterbrochen in Unter-suchungshaft. Die meiste Zeit davon war er isoliertuntergebracht und er hat strenge Sonderhaftbedin-gungen.Mustafa Atalay ist schwer herzkrank. 2006 erlitter einen Infarkt. Ihm mussten drei Bypässe gelegtwerden. Seine Festnahme erfolgte aus einer Reha-bilitationsklinik heraus. Zwei Bypässe sind wiederverstopft. Während der Haft waren am Herzen wei-tere Eingriffe nötig. Wegen der Herz-Kreislaufpro-

bleme und anderer Erkrankungen erhält er täglich8 bis 10 Medikamente.Mustafa Atalay war über 15 Jahre im Gefängnis inder Türkei. Er wurde schwer gefoltert und hat blei-bende körperliche Schäden erlitten. Ein vom Gerichtbestellter Gutachter hat das Vorliegen eines Post-traumatischen Belastungssyndroms festgestellt.Mustafa Atalay muss sofort aus der Haft entlassenwerden!“Mehr als hundert Menschen und Gruppen, darunteraber auch Prominente, wie die Bundestagsabgeord-nete Ulla Jelpke (Die Linke) und der SchriftstellerPeter. O. Chotjewitz, haben diesen Solidaritätsauf-ruf für die sofortige Freilassung von Mustafa Ata-lay unterzeichnet. Gemeinsam mit Ahmet DüzgünYüksel, Ilahn Demirtas, Devrim Güler und HasanSsubasi wird Mustafa vom Staatschutzsenat inStuttgart-Stammheim vorgeworfen, Spenden zur

Finanzierung des bewaffneten Kampfes der Revolu-tionären Volksbefreiungspartei - Front (DHKP-C) inder Türkei gesammelt zu haben und somit Mitgliedeiner »ausländischen terroristischen Vereinigung«zu sein. Erstmalig kommt damit in Deutschland derParagraph 129b (»Unterstützung einer terroristi-schen Vereinigung im Ausland«) gegen die politi-sche Linke zur Anwendung.Devrim Güler, einer der 5 Gefangener aus demStuttgarter 129b-Verfahren zu Mustafas Gesund-heitszustand: „ So mache ich mir ernsthafte Sorgen um Mustafa,der täglich 9-10 Tabletten einnehmen muss. Sei-ne Gesichtsfarbe nimmt während der Verhandlungsolch einen grau-schwärzlichen Ton an, dass man esmit der Angst zu tun bekommt. Dennoch versuchter sich, soweit es ihm möglich ist, nichts anmerkenzu lassen und sich tapfer zu halten.“Da trotz der Solidarität das zuständige Gericht, bis-her Mustafa nicht freigelassen hat, hielten es dieMenschen für notwendig öffentlich im Michel zu in-tervenieren, um mehr Druck auszuüben.P.S.Reaktionen.Durch diese Aktion konnte auch das Schweigender bürgerlichen Zeitungen durchbrochen werden:Die Hamburger Morgenpost berichtet am 27.12. ineinem Artikel davon: Bischöfin Jepsen nahm „denVorfall in ihrer Predigt auf und versprach das Anlie-gen an die zuständige Behörden weiterzuleiten“.Auch gab es dazu Veröffentlichungen in der Onli-nezeitung www.scharf-links.de und bei Indymediasowie weitere Unterschriften. „ Sehr schön ! Koole Akion. Macht weiter so undlasst euch nicht entmutigen!“ War ein Kommentarauf Indy.

* Die Solidaritätserklärung kann per E-Mail unter-stützt werden: [email protected]

Für die Freilassung von Mustafa Atalay

Weitere Infos auch unter: www.no129.info

An unsere Bevölkerungen und GemeinschaftenAn alle freien Gewissen

Im Morgengrauen des 2. Oktober 2008 ich wurdevon der P.D.I. Verhaftet - ich befand mich zu hause.Der Grund dafür war eine Freiheitsstrafe von vierJahren und sechs Monaten, die mir von Seiten derCuarta Fiscalia Militar Santiagos aufgrund eines An-griffs einer Gruppe der Mapu Lautaro gegen einenBus der Carabineros im Cerro Navia ausgesprochenwurde. Der Angriff wurde am 5. Oktober 1992, demJahrestag der Fuerzas Rebeldes y Populares Lauta-ro (eine bewaffnete Gruppe in Chile), verübt.

Vor dieser Verhaftung war ich für elf Jahre, einenMonat und 15 Tage eingesperrt, danach habe ichnoch fünf zusätzliche Jahre unter unterschiedlichenrestriktiven Maßnahmen gelitten, für ein Urteil vonüber 16 Jahren. Dennoch nicht ein einziger von die-sen Tagen, die ich schon verbüßt habe, zählt fürdieses letzte Urteil.

Chile ist ein Land, indem die militärische „Justiz” die ZivilistInnen verurteilt und die Prozesse viele,unzählige Jahre geöffnet hält, dies stellt eine welt-weite Einmaligkeit dar.

Dass solche Ungerechtigkeit in mitten der Entwick-lung der öffentlichen repressiven Politik, sowie einer

generalisierten Kriminalisierung stattfindet, stelltkeinen Zufall dar. Seit jeher wurden jegliche Ver-suche und Bestrebungen, sein es individuelle oderorganisierte, von Widerstand oder Kämpfen gegenden sozialen Frieden der Reichen und AusbeuterIn-nen, mit voller Kraft durch die Mittel der Strafvoll-zugsordnung der Concertacion (die demokratischeRegierung nach der Pinochet-Diktatur) und seinessozialfaschistischen Systems verfolgt.

Die Solidarität, die aus den Kämpfen der Armenund Ausgebeuteten entsteht, bleibt die effektivsteWaffe auf unserer Seite. Und das ist diese Sol idari-tät, spontan oder in organisierter Form mit einemklaren proletarischen Bewusstsein, der Ort und derPlatz mit dem ich mich identifiziere.Da findet mensch die Überzeugungen und Entschei-dungen, die notwendig sind um heute mit Dring-lichkeit die chilenischen, Mapuche oder internatio-nalen politischen Gefangenen aus den Zellen desKapitalismus herauszubekommen.

Bis zu dem Moment an dem die Misere erscheintwird es Rebellion geben!Freiheit für alle politischen Gefangenen

PABLO MORALES FUHREMANNC.D.P SANTIAGO SUR13. Oktober 2008

Stellungnahme von Pablo Morales Fuhremann 

Am 18. Dezember wurde der 20 jährige Umwelt-Aktivist Jonatan zu 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt.Er soll mehrere Anschläge auf Industrieanlagen undeinen Funkmasten verübt haben. Auf Grund desFunkturmes und damit dem Eingriff in die „nationa-le Sicherheit und Infrastruktur“ wurde die schwedi-

sche Geheimpolizei SÄPO eingeschaltet.

Johnatan schrieb auf seinem Webblog zu sei-ner Verurteilung: „Es ist so ermüdent, genau wiein der Dokumentation „Terrorists:the kids theysentenced“(eine Doku über die Verurteilung von ei-nigen AktivistInnen nach dem EU Gipfel 2001 undden Riots) gesagt wurde, politische Gerichtsverfah-ren finden statt, um in den Massenmedien entpo-litisiert zu werden. Ich habe Gründe warum ich sogehandelt habe wie ich es tat, sehr durchdachteGründe und Ideen. Ich wurde für diese Ideen verur-teilt und nicht für die Aktionen. Aber ich wurde dar-gestellt mit den Aktionen aber nicht den Ideen.“Die schwedische Regierung hat der Geheimpolizeigrundsätzlich befohlen „Extremisten und extremis-tische Gruppen“ zu überprüfen und zu kontrollie-ren, Linke und Autonome wie Rechte und Nazis. Die

Hintergründe sind laut Staat bei einem Umweltak-tivisten wie Jonatan die selben wie bei einem Nazi.Denn nach den Nazianschlägen im letzten Winterin Stockholm gegen das soziale Zentrum Cyklopenund die Familie eines Gewerkschafters gab die Re-gierung die gleichen Erklärungen und Anordnungenheraus. Die schwedische Regierung setzt Menschen,

die für ihre Rechte, für Tiere oder die Umwelt kämp-fen gleich mit Faschisten, die ihre Gegner und auchderen Kinder ermorden würden.In Schweden gab es nach dem großen Widerstandgegen den EU-Gipfel in Göteborg 2001 eine Wellevon harter Repression gegen jegliche AktivistInnen.Dieser Kurs hält an.Nachdem Jonatan am 26. Dezember nach seinemVerfahren aus dem Knast entlassen wurde und jetztauf die Revision wartet, hat er erfahren das „EarthLiberation Prisoner Network“(ELP) eine Kampagnefür seine Unterstützung plant.Am 8. Januar geht dann das Verfahren weiter undes kann gut sein das Jonatan bald wieder in denKnast muss. Er braucht also Unterstützung! Ihrkönnt Kontakt mit ihm oder der Solikampagne ü[email protected] aufnehmen.

Solidarität mit dem Öko-Anarchisten Jonatan 

Freiheit für Mustafa Atalay in der Kirche gefordert! 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Zwei Sprachen sind gefährlich Die französischen Gefängnisse sind bereits über-füllt. Doch die Regierung diskutiert über weitererepressive Maßnahmen, in die auch die Psychiatrieeinbezogen werden soll.

Das Bild, das die meisten Franzosen von ihren Ge-fängnissen hatten, ist erschüttert. Erstmals ge-langten in der Woche vor Weihnachten Bilder ausdem Inneren einer Haftanstalt an die Öffentlichkeit.Die Pariser Abendzeitung Le Monde veröffentlichteAusschnitte eines zweieinhalbstündigen Dokumen-tarfilms, den Gefangene gedreht hatten, auf ihrerWebpage. Dies löste kurzzeitig einen Skandal aus.

Der Film zeigt kurze Alltagsszenen und schlaglicht-artige Aufnahmen von Örtlichkeiten – Duschen,Zellen, Gefängnishöfen. Die Bilder stammen ausder Haftanstalt Fleury-Mérogis im südlichen Pari-ser Umland, dem größten Gefängnis Europas. Mansieht über und über mit Müll übersäte und ver-dreckte Duschen im Hof, dort, wo Gefangene Sporttreiben, verschimmelte und klebrige Wände in denDuschräumen im Inneren der Anstalt und kaputteFenster.

Erschüttert wird auch die Vorstellung vom Gefäng-nis als einem Ort der »Resozialisierung«. Dargestelltwird, dass man im Gefängnis vor allem lernt, sichdem Stärkeren und Gewalttätigeren unterzuord-nen. Die Dokumentation enthält eine 15 Sekundendauernde Gewaltszene, mehrere Häftlinge traktie-ren einen Mitgefangenen mit Schlägen und Trittenauf den Kopf, das Opfer liegt am Ende bewusstlosam Boden.

Diese Zustände sind zum Teil eine Folge der starkenÜberbelegung französischer Gefängnisse. Die Zahlder vorhandenen Haftplätze wird seit 2002 erhöht,sie sollte von damals 50 000 bis zum Jahr 2011 auf gut 60 000 steigen. Doch im selben Zeitraum wuchsauch die Zahl der Gefangenen, da die Richter nun-mehr mit umso ruhigerem Gewissen Freiheitsstra-fen ohne Bewährung verhängten. Im Juli 2008 wur-

de mit 64 300 Straf- und Untersuchungsgefangenenein neuer Rekord erreicht. Im Zeitraum von 1978bis 2003 hat sich die Zahl der Häftlinge verdoppelt,ebenso die durchschnittliche Länge der Untersu-chungshaft.

Das hält die Regierenden nicht davon ab, Polizei,Justiz und Gefängniswesen als ein Allheilmittel fürviele gesellschaftliche Probleme zu betrachten. Sokam Mitte Dezember die Diskussion auf, ob mannicht das Verhängen einer Gefängnisstrafe ab 12Jahren ermöglichen solle. Bislang liegt das gesetzli-che Mindestalter dafür bei 13 Jahren. Justizministe-rin Rachida Dati hielt eine Absenkung für eine »guteIdee«. Sie wurde allerdings vom konservativen Re-gierungslager gebremst, dessen PremierministerFrançois Fillon sich nach einigen Tagen gegen dasVorhaben aussprach.

Ein Sprecher der Regierungspartei UMP, Frédéric Le-febvre, merkte an, er sei kein Experte und wisse da-her nicht, ab welchem Alter Haftstrafen zu empfeh-len seien. Aber er sei sicher, dass bereits in frühemKindesalter eine Straffälligkeitstendenz präventivaufgespürt werden könne. Der »Rapport Benisti«,ein parlamentarischer Untersuchungsbericht, hatteim Jahr 2005 angeregt, abweichendes Verhalten,das zu späterer Kriminalitätsneigung führe, ab demAlter von drei Jahren zu diagnostizieren.

Zu den Faktoren, die solche Verhaltensabweichun-gen begünstigten, zählte der Abgeordnete Jac-ques Alain Benisti damals das Sprechen eineranderen Sprache als des Französischen im Eltern-haus. Denn die Kids, die es gewohnt seien, nocheine zweite Sprache im Alltag zu benutzen, könn-ten unkontrolliert miteinander kommunizieren undihre üblen Pläne vor Lehrern und Mitschülern ver-bergen, sie schlössen sich also womöglich schon imVorschulalter zu gefährlichen Gruppen zusammen.Diese Diskussion um »frühzeitige Prävention gegenStraftaten« im Kindesalter will Lefebvre nun wiederanfachen.

Auch die Psychiatrie soll dem Straf- und Repres-sionssystem dienen, um potenziell gefährlicheIndividuen aufzuspüren und wie Kriminelle zu be-handeln. Am 2. Dezember hielt Präsident NicolasSarkozy in einer psychiatrischen Anstalt in Antonyeine Rede, in der er forderte, Psychiatrieinsassenweniger Freigang zu gestatten und diesen schärferzu kontrollieren, 200 Isolierzellen in den Anstaltenzu schaffen und in erhöhtem Ausmaß Behandlun-gen auch gegen den Willen der Betroffenen anzu-ordnen. Konkreter Anlass dazu war ein Mord imRaum Grenoble, wo im November ein Insasse auseiner Anstalt ausgebrochen war und einen Studen-ten getötet hatte.

Seitdem Sarkozy diesen Einzelfall als Anlass für eineallgemeine Programmrede nutzte, befindet sich derSektor im Aufruhr. 39 Psychiater und Anstaltsleiter

publizierten am 15. Dezember in Libération einenAufruf gegen die Instrumentalisierung der Psychi-atrie zu repressiven Zwecken. Die linksliberale Ta-geszeitung erinnerte daran, dass in den psychiatri-schen Kliniken die Bettenzahl in den vergangenen20 Jahren auf 100 000 halbiert wurde. ZahlreichePersonen, die vor allem psychiatrischer Behandlungbedürfen, vegetieren derzeit in den Gefängnissenvor sich hin.

Polizei und Justiz werden zu immer wichtigeren In-strumenten gesellschaftlicher Problemlösung erho-ben. Mehr Polizisten will die Regierung allerdingsnicht einstellen, im Gegenteil. Die Allgemeine Re-vision der Politik der öffentlichen Hand (RGPP), diedarauf zielt, alle Sektoren staatlichen Handelns be-triebswirtschaftlichen Rentabilitätskriterien zu un-terwerfen, betrifft auch die Ordnungshüter. Dies hat

zur Konsequenz, dass Zehntausende Lehrerpostengestrichen werden, aber eben auch einige tausendStellen bei der Polizei wegfallen. Die Kürzung sollallerdings vor allem die Schreibtischtätigkeit in denPolizeirevieren betreffen.

Einen Ersatz glaubt Nicolas Sarkozy gefunden zuhaben. Am 15. Dezember publizierte seine Innen-ministerin Michèle Alliot-Marie ein neues Weißbuchzur Inneren Sicherheit, dessen Vorwort der Präsi-dent persönlich verfasst hat. Darin befürwortet Sar-kozy eine »Koproduktion der Inneren Sicherheit«durch staatliche und private Akteure. Dem privatenSicherheitssektor, dessen Vollmachten bisher un-genügend gesetzlich definiert worden seien, müs-se weitaus mehr Spielraum eingeräumt werden.

Als Vorbilder zitiert er Großbritannien, wo Privat-unternehmen mehrere Gefängnisse verwalten, undUngarn, wo ein Prozent der erwerbstätigen Bevöl-kerung entweder bei der Polizei oder im privatenWach- und Sicherheitsgewerbe arbeitet. Derzeitgibt es 150 000 Mitarbeiter privater Sicherheitsfir-men in Frankreich, aber ihre Zahl soll dem Weiß-buch zufolge in den kommenden zehn Jahren auf 200 000 anwachsen.

Bernhard Schmid - Jungle World Nr. 2, 8. Januar2009

Gefangenenunterstützung

www.noprisonnostate.blogsport.de – Seite des in-ternationalen Antiknasttreffens, außerdem ABC-In-fos aus Norddeutschland.

www.abc-berlin.net – Anarchist Black Cross Berlin- hier findet ihr die Entfesselt zum Download

www.natalja.blogsport.de – über die gefangeneGenossin Natalja

www.spiritoffreedom.org.uk – Eco-Defence undEarth Liberation-Gefangene, außerdem eine aus-führliche Gefangenen Liste von verschiedenenGefangenen.

www.freefreenow.org - für den ökoanarchistischenGefangenen Jeff „Free“ Luers

www.freeandrea.de.vu – über die in Berlin Gefan-gene Genossin Andrea

www.freechristian.de.vu - über den in Berlin Ge-fangenen Genossen Christian

www.freedom-for-thomas.de - über den Gefange-nen Genossen Thomas

www.escapeintorebellion.info - über die in AachenGefangenen spanischen Anarchisten José und Gab-riel

www.political-prisoners.net – internationale kom-munistische Seite über politische Gefangene

www.hausbesetzerinnensoli.de.vu– für die inMünchen Gefangenen Hausbesetzerinnen.

Anarchie, Revolte und Aufstand

www.325collective.com - Anti-Prison - Insurrection- Autonomy - viele aktuelle Infos, ausführlicher Di-rect Action Bereich, außerdem ein riesiger „Libra-ry“ Bereich mit Pamphleten,Zines und Texten zumdownloaden...

www.bombsandshields.blogspot.com- Infos undBerichte, viele internationale Links...

www.directactionde.blogspot.com - dieser Blogdokumentiert direkte Aktionen in Deutschland indeutscher und englischer Sprache

www.onebigtorrent.org – eine Torrentseite für poli-tische Medien

www.directaction.info – Direct Action News speziellzu Tierbefreiung

www.zinelibrary.info – Seite mit Riesen Pamphleteund Zine Sammlung zum downloaden zu den ver-schiedensten politischen Themen

www.unruhen.blogspot.com – zu Zeiten desKrieges - anarchistische und antizivilisatorischeBeiträge zum sozialen Krieg - in deutsche Spracheübersetzte Texte

www.infoshop.org - unabhängige Nachrichten,Informationen und mehr

www.anarchistnews.org - anarchist news

Internetlinks 

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Entfesselt Januar - Februar 2009 Entfesselt Januar - Februar 2009

Der Berliner Senat macht den Weg freifür die Teilprivatisierung der geplanten

Strafvollzugsanstalt in Großbeeren

Die von der rot-roten Koalition angestrebteTeilprivatisierung des Strafvollzugs in Berlinnimmt konkrete Züge an. Der öffentlichenHand soll das Modellprojekt „Public-Private-Partnership“ im Strafvollzug Einsparungen undder Gefängnisindustrie Gewinne bringen. WelcheOptionen die Verfassungs- und Rechtslagezulassen, sollen nun Studien ermitteln. Vorbild istdas Land Hessen. Für den schrittweisen Rückzugdes Staats aus seinen Kernaufgaben stehen alsKooperationspartner auch Dienstleister aus demmilitärisch-industriellen Bereich bereit.

Der Strafvollzug in Berlin steht, wie im übrigen

Bundesgebiet, vor anhaltenden und massivenKapazitäts- und Finanzierungsproblemen. DieAnstalten sind vielfach veraltet und überbelegt,die sozialen Spannungen unter den Gefangenenverschärfen sich, das Personal ist zunehmendüberlastet und die Finanzmittel werden immerknapper. Die Bundesländer binden deshalb verstärktprivate Dienstleister in den Strafvollzug ein. DieKooperationsmodelle reichen von der Konzeption,dem Bau, der Finanzierung von Haftanstalten biszur kompletten Führung der Anstalt – einschließlichder Bewachung und des Transports der Gefangenen.Dabei werden Teilleistungen entsprechenddes individuellen Bedarfs zu Service-Paketenzusammengestellt.

Private Berater organisieren Konzeptzur Entstaatlichung

Der Senat hat nun den Startschuss dafür gegeben,dass auch in Berlin Bereiche der Strafrechtspflegeprivatisiert werden können. Insgesamt 500.000Euro hat Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD)beim Hauptausschuss des Abgeordnetenhausesbeantragt, um durch Gutachten prüfen zu lassen,

welche Optionen für die Vergabe bisherigerstaatlicher Aufgaben an private Unternehmenbei Inbetriebnahme des Großgefängnisses inHeidering im brandenburgischen Großbeeren durchdie Rechts- und Verfassungslage gedeckt sind.Denn große Teile des 2012 ‚ans Netz gehenden’ 118 Millionen Euro teuren Gefängnisses, in dem650 Gefangene untergebracht werden, sollenunter private Regie gestellt werden. In einemBericht an das Abgeordnetenhaus heißt es dazu: „Es ist unter inhaltlichen und wirtschaftlichenGesichtspunkten zu gewährleisten, dass diese Formder Aufgabenerledigung den Anforderungen desJustizvollzuges entspricht.“ Dazu sollen mindestensdas Gebäudemanagement, die Wäscheversorgung,der Einkauf und vor allem auch die beruflicheWeiterqualifizierung der Gefangenen gehören.Ziel der neuen Justizvollzugsanstalt (JVA) ist es,

dass 75% der Strafgefangenen arbeiten soll. ZumVergleich: In der JVA Tegel liegt der Anteil bei 60%und bundesweit arbeiten durchschnittlich 50% derStrafgefangenen. Die hoheitlichen Aufgaben, wiedas Einschließen und die Bewachung, sollen weitervon Justizbediensteten übernommen werden. Dassdie Ausgestaltung der zukünftigen Arbeitsteilungzwischen Staat und privaten Unternehmenextern geplant werden soll, begründet der Senatmit einem Mangel an eigenen Experten: „DieSenatsverwaltung für Justiz bedarf neben demrechtlichen und fachspezifischen Sachverstand, derdurch die Mitarbeiter der Senatsverwaltungen fürJustiz, Finanzen und Stadtentwicklungsverwaltung bereitgehalten wird, Beratungen durch privateDienstleister.“

Effizienz hat Priorität

Aufgabe der Beratungsfirmen wird es unteranderem sein, Prognosen über die Effizienzvorteileeiner Teilprivatisierung abzugeben. „Grundlage derBerechnungen der Honorarleistungen bilden dabeiein derzeit marktüblicher Durchschnittstagessatzvon 2500 Euro bis 3000 Euro (netto)“, erklärtedie Justizsenatorin die veranschlagte Kostengegenüber dem Abgeordnetenhaus. Für 2009ist eine Machbarkeitsstudie geplant. Kosten:150.000 Euro. 2010 müsse das Vergabeverfahrenmit externer Unterstützung vorbereitet werden.Der Preis: 100.000 Euro. Für die Übernahmedes Teilbetriebs durch den privaten Betreiberfallen 2011 rund 150.000 Euro an finanziellenAufwendungen an. Die Ausgaben für die Gutachtenzur „wirtschaftlichen Zwischenauswertung“ desProjekts ab 2012 belaufen sich auf 100.000 Euro.Ob es bei den veranschlagten Aufwendungen beider Konzeptarbeit bleibt, ist allerdings abzuwarten.Bereits die ursprünglich geplanten Kosten für denGefängnisbau selbst in Höhe von 97 Millionen Euromussten auf aktuell 118,5 Millionen Euro korrigiertwerden.

Empfehlungen der

 „Expertenkommission Staatsaufgabenkritik“

Zurück geht der Plan einer Teilprivatisierung desStrafvollzugs in Berlin auf Vorschläge der sogenannten „Scholz-Kommission“. Diese war von der großenKoalition aus CDU und SPD im März 2000 eingesetztworden. „Die Expertenkommission hat den Auftrag,strukturelle Veränderungen der Berliner Verwaltungvorzuschlagen, die dem neuen Bild staatlicher undkommunaler Tätigkeiten entsprechen. Insbesonderesoll dabei begutachtet werden, ob Aufgabenweiter und im bisherigen Umfang wahrgenommenwerden sollen und wie der Wettbewerb nach denRegelungen des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetzes und der Landeshaushaltsordnung alsMotor für den Fortschritt, für Kostensenkung undQualitätsverbesserung genutzt werden kann. DieKommission soll auch Vorschläge machen, wie ein

Entstaatlichung des Strafvollzugs wirkungsvoller Beitrag zur Haushaltskonsolidierungdurch Abbau von Ausgaben des Landes Berlin zuerreichen ist“, lautete deren Arbeitsauftrag. Unterdem Vorsitz von Rupert Scholz (CDU), ehemaliger Bundesverteidigungsminister und Staatsrechtler, hattedie „Expertenkommission Staatsaufgabenkritik“in ihrem Abschlussbericht vom 23. November2001 für den Bereich Justiz festgestellt: „Privatisierungsvorhaben im Strafvollzug müssenunter verschiedenen Aspekten bewertet werden.Die Kommission stellt hierbei die ErfolgsfaktorenEffizienz, Effektivität und die vollzuglichePraktikabilität in den Vordergrund.“ Unter derÜberschrift „Realisierung eines praktikablen Private-Public-Partnership im Bereich des Justizvollzugs“wird der Senat aufgefordert, „die sich in Planungbefindliche Justizvollzugsanstalt Heidering inGroßbeeren und das geplante Vollzugskrankenhausam Standort Plötzensee auf der Grundlage der vonder Arbeitsgruppe ,Modellprojekte zur Privatisierungim Strafvollzug‘ (Hessen) entwickelten Leitlinien alsPrivate-Public-Partnership in Betrieb zu nehmen“.

Justizvollzugsanstalten als neues Geschäftsfeld

Das hessische Justizministerium hatte 1999eine aus Justizexperten, Wissenschaftlern undPolitikern zusammengesetzte Arbeitsgruppebeauftragt, die rechtlichen und tatsächlichenRahmenbedingungen eines solchen Projekts zuüberprüfen und entsprechende Lösungsvorschlägezu unterbreiten. In einem Papier dazu heißt es: „Der Planung und Errichtung von Haftanstaltendurch Private stehen keine verfassungs- oderverwaltungsrechtlichen Grundsätze entgegen. DerStaat kann seinen Vollzugsaufgaben auch dann vollRechnung tragen, wenn er ein privat errichtetesGebäude nicht als Eigentümer übernimmt, sondernlediglich mietet oder pachtet. Eine Privatisierung imStrafvollzug ist auf der Grundlage des geltendenRechts ohne Änderung des Strafvollzug-Gesetzesmöglich, soweit sich die Tätigkeit der Privatenauf Dienst- und Serviceleistungen im weiterenSinne ohne Eingriffsbefugnisse gegenüberGefangenen beschränkt.“ Danach seien großeTeile des Hausmanagements, der Verwaltung,des Versorgungs- und Betreuungsmanagements,Teile des Bewachungs- und Kontrollmanagements,aber auch personenbezogene Kontrollmaßnahmenwie Anwesenheits- und Bewegungskontrollen,allgemeine Beaufsichtigungsmaßnahmen und auchreine Dienstleistungen im Sicherheitsbereich „einerPrivatisierung zugänglich“.

Im März 2004 wurde im hessischen Hünfeld derGrundstein zum Bau der ersten teilprivatisiertenJustizvollzugsanstalt in Deutschland gelegt. ImJanuar 2006 wurde der Betrieb aufgenommen.In der JVA sind 115 staatliche Bedienstete und102 Mitarbeiter der Serco GmbH beschäftigt. DieFirma Serco erhielt den Zuschlag nach vorherigereuropaweiter Ausschreibung.

Der Akteur Serco

Die Serco GmbH ist eine Tochtergesellschaft des

weltweit agierenden britischen Konzerns Serco Groupplc. Das börsennotierte Unternehmen wurde 1929gegründet. Hauptgeschäftsfeld ist die Übernahmevon öffentlichen Dienstleistungen. Dies erfolgt imRahmen Öffentlich-Privater-Partnerschaften mitBehörden aus den Bereichen Justiz und Sicherheit,Schulen und Hochschulen, Gesundheit, Verkehr,Verteidigung, Luft- und Raumfahrt. Im Bereich derBundeswehr machte sich das Unternehmen in denletzten Jahren einen Namen als Auftragnehmerfür den Betrieb des Gefechtsübungszentrums desHeeres in der Altmark. Die Firma ist Auftragnehmerdes Bundesverteidigungsministeriums und derNATO und seit ihrer Gründung im Jahr 1961Partner des heutigen Waffensystemkommandosder Luftwaffe für die Luftraumüberwachungssysteme. Der Konzern ist in 36 Ländern mit 46.000Mitarbeitern tätig. In Großbritannien betreibt dieSerco fünf Justizvollzugsanstalten sowie Jugend-und Abschiebehaftanstalten. Bei Umsatz, Ergebnisund Mitarbeiterzahl verzeichnet Serco jährlicheZuwachsraten von durchschnittlich über 20%. Diedeutsche Serco GmbH hat ihren Sitz in Bonn. Das

Unternehmen beschäftigt mehr als 1100 Mitarbeiteran 35 Standorten.

Weltsozialbericht warnt vor Privatisierung

Die Privatisierungsquote im hessischen Hünfeldbeträgt rund 45%. Der Vertrag mit dem privatenPartner hat eine Laufzeit von fünf Jahren miteiner zweijährigen Verlängerungsoption. Alsein Hauptargument für die Teilprivatisierungder JVA Hünfeld wurde seinerzeit eine möglicheEinsparung bei den Betriebskosten angeführt.Mit der Teilprivatisierung könnten ca. 15% derBetriebskosten eingespart werden. Die Realität siehtzurzeit (Stand 2008) jedoch anders aus. Tatsächlichist nach Angaben des hessischen Justizministeriumsein Haftplatz in der JVA Hünfeld (83,18 Euro proTag) im Vergleich teurer ist als in der staatlichenJVA Darmstadt (79,28 Euro pro Tag). Erste Angabenüber die Kostenkalkulationen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Berlin sollen Ende des Jahresvorliegen. Erst danach will das Parlament endgültigentscheiden, in welcher Form Großbeeren betriebenwerden soll. Interesse hat bereits die deutscheSektion des französischen Baukonzerns Vinciangemeldet, der bereits in England Modelle vonprivat betriebenen Gefängnissen realisiert hat.

Vielleicht hilft den Berliner Abgeordneten beider Entscheidungsfindung ein Blick in denvon 28 Nichtregierungsorganisationen (NGO)vorgelegten Weltsozialbericht von 2004. Dortwurde festgestellt, dass „die Privatisierung inForm von Kommerzialisierung zur durchgehendenVerschlechterung der Lebensverhältnisse undLebensqualität führt“. Beispiele im Bereich desJustizvollzugs gab es dazu – aus England.

Christian Linde - MieterEcho 330/Oktober 2008

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