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Wer sind die G20? | G20: Das Quiz | Partner-Kampagne von erlassjahr.de | “Neue Kleider für den Kaiser” - Inteview mit Georg Stoll | Poster-Ausstellung “Wege aus der Schuldenfalle” Oktober 2010 Entschuldungs-Kurier #10 Mitträgerversammlung 2010: 5.-6.11. in Fulda -jetzt anmelden!

Entschuldungs-Kurier Oktober 2010

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Die zehnte Ausgabe des Entschuldungskuriers bringt Artikel zu globalen Themen: Entschuldungsbewegungen in Zeiten der Finanzkrise, neue Kampagne von erlassjahr.de, Hintergrundinformationen zu den G20, Interview zum Thema Finanztransaktionssteuer. Wertvoller Lesestoff für die langen Winterabende!

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Wer sind die G20? | G20: Das Quiz | Partner-Kampagne von erlassjahr.de | “NeueKleider für den Kaiser” - Inteview mit Georg Stoll | Poster-Ausstellung “Wege aus derSchuldenfalle”

Oktober 2010

Entschuldungs-Kurier #10

Mitträge

rversa

mmlung

2010:

5.-6.1

1. in

Fulda

-jetzt

anmeld

en!

Inhalt

Vom deutschen Koalitionsvertragzur weltweitenEntschuldungsinitiative

Globale G20-Kampagne: Fairentschulden!

G20: Konzert der Mächte oder“I do it my way”?

Die rosarote Brille des IWF

Fotoreport: Hai des Jahres 2010

Welt der Schulden

G20: Das Quiz

Neue Kleider für den Kaiser -Interview mit Georg Stoll

Beitragserhöhung Mitträger

Mitträgerversammlung 2010Service, Termine, Impressum

Poster-Ausstellung“Wege aus der Schuldenfalle”

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, liebe Freunde von erlassjahr.de,

mit Herbst 2010 beginnt für erlassjahr.de eine äußerst spannende Phase!Wir bereiten gerade die letzten Details einer großartigen internationalen Kampagnevor, die dem Fairen und Transparenten Schiedsverfahren nun endlich auf die Beinehelfen soll. Dazu werden wir uns an die derzeit mächtigsten globalen Entschei-dungsträger wenden, an die G20. Sie repräsentieren die 20 größten Wirtschafts-mächte der Welt und sind im Moment das entscheidende Forum, wenn es um Fragender Weltwirtschaft und Handelspolitik geht.

Wir stellen Ihnen die anlaufende Kampagne bereits heute vor - und hoffenauf tatkräftige Unterstützung von allen Mitträgern und Sympathisanten! Immermehr fühlen wir uns in der aktuellen Entwicklung an das große Erlassjahr 2000erinnert. Auch damals haben sich Initiativen aus der ganzen Welt zusam-mengeschlossen, und sie haben echte Erfolge erreicht. Freuen Sie sich bald aufmehr - die Kampagnen-Infopakete gehen demnächst in Produktion und werdenIhnen per Post zugeschickt.

Wenn man an globalen Themen arbeitet, muss man sich auch gut auskennen.Deswegen haben wir für Sie in der zehnten Ausgabe unseres Kuriers besondersviele Artikel über internationale Themen und auch über verwandte Kampagnenzusammengestellt - lesen Sie den Hintergrundartikel über die G20 auf Seite 6, testenSie Ihr G20-Wissen auf Seite 11 und erfahren Sie mehr über die Kampagnen für eineglobale Reform der Finanzarchitektur - im Interview mit Georg Stoll auf Seite 12.

Leider sind aber nicht alle Nachrichten gut, die wir bringen. Vor einer Wocheerreichte uns die Nachricht von der externen Server-Firma, die unsere Email-Verteilerverwaltet. Diese sind unwiderruflich zerstört. Nun müssen wir Sie, liebe Mitträgerund Interessenten, bitten, sich nochmal in unsere Mailinglisten einzutragen - lesenSie bitte den Aufruf auf S. 15!

Und wenn Sie sich eingetragen haben - dann kommt auch bald schon dieKampagnenpost. Ich freue mich mit Ihnen auf das kommende “Erlassjahr 2011”!

Im Namen des erlassjahr.de - Teams grüßt Sie herzlich

Editorial

erlassjahr.de

Carl-Mosterts-Platz 140477 DüsseldorfTel.: 0211 46 93 - 196Fax: 0211 46 93 - 197e-mail: [email protected]

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3Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 2010

Vom deutschen Koalitionsvertrag

zur weltweiten EntschuldungsinitiativeWas Berlin zum Thema

Staatsschulden sagt...

In Deutschland ist das Staateninsol-venzverfahren zu einem Top-Themageworden. Nicht immer in dem Sinne,wie erlassjahr.de es gerne hätte, abermit einer beachtlichen Intensität.Eigentlich ist der Vorschlag einesInsolvenzverfahrens für Staaten imentwicklungspolitischen Teil desaktuellen Koalitionsvertrags verortet.Das Finanzministerium hatte ihn aberim Frühjahr als innovative Lösung indie europäische Diskussion um denEU-Rettungsschirm für Griechenlandund Co. eingebracht. Das Ziel derDeutschen war (und ist) es, eine Al-ternative zum kontinuierlichen Rettender privaten Banken, einem Bail-out,mit (deutschem) Steuergeld zuschaffen. Unglücklicherweise tauftendie Finanzer aus der Wilhelmstrassedas Kind "Berliner Club", was inFrankreich, wo man auf die Kompe-tenz des bereits bestehenden "PariserClubs" allergrößten Wert legt, nichtgut ankam. Nach dem Scheitern diesesVorstoßes in der entsprechendenArbeitsgruppe des EuropäischenRates hofft Berlin nun, das Thema ineiner nächsten Arbeitsphase erneutauf die Tagesordnung setzen zukönnen.

Wichtiger als die EU-interne Dis-kussion ist allerdings für erlassjahr.de,dass Staatssekretär Asmussen ausdem BMF und der Deutsche G20-"Sherpa" Weidmann aus demKanzleramt in Briefen an erlassjahr.dedeutsche Initiativen im Kreis der G20ankündigten. Auch aus unserer Sichtsind die G20 (siehe Beitrag auf S. 4 )viel mehr als die EU das relevante Fo-rum, in dem über ein faires undtransparentes Entschuldungs-verfahren für alle Staaten gesprochenwerden muss.

...und was die Entschuldungs-

bewegung plant

Leider taucht das Thema auf deransonsten sehr ambitionierten"Entwicklungs"-Agenda der süd-

koreanischen Präsidentschaft für denanstehenden G20-Gipfel in Seoul imNovember aber nicht auf. erlassjahr.dekonzentriert sich deshalb mit seinerG20-Kampagne auf den im November2011 in Frankreich stattfindendenGipfel im nächsten Jahr. Im Blick daraufhaben wir zusammen mit Schwes-terbewegungen in den betreffendenLändern Gespräche über dendeutschen Vorschlag mit einer Reihevon Regierungen geführt. Dazugehören außer Frankreich selbst inEuropa Österreich, die Slowakei undNorwegen. Dabei spielen dieSkandinavier die bislang positivsteRolle. Sie unterstützen eine globaleReform vorbehaltlos, und drängen mituns und den norwegischen Kirchenund NROs auf eine Befassung imRahmen der UN-Konferenz zu Handelund Entwicklung (UNCTAD).Außerhalb Europas haben unsereKollegen und Kolleginnen von Jubi-lee USA und dem AfrikanischenEntschuldungsnetzwerk AFRODADerste viel versprechende Gesprächemit der US-Regierung und demKongress geführt. Schließlich sindglobale Reformen gegen den Willenvon Uncle Sam nach wie vor kaumumsetzbar.

AFRODAD hat schließlich auchUnterstützung für das Projekt einesFairen und Transparenten Schieds-verfahrens bei verschiedenenArbeitsgruppen der AfrikanischenUnion (AU) gefunden. In Afrika ist dieAU die wichtigste Brücke zu denverschuldeten Regierungen. Beson-ders spannend ist die Situation inSimbabwe: Das Land hat eine

eindeutig untragbare Auslandsver-schuldung, ein Teil der Kredite ist vonfragwürdiger Legitimität: Ein fairesund transparentes Entschuldungs-verfahren ist mehr als dringlich, umdem Land einen Neustart zuermöglichen.

Aus Lateinamerika bekamen wir sehrpositive Signale aus dem argentini-schen Wirtschaftsministerium, alserlassjahr.de im Rahmen der UNCTADmit verschiedenen Regierungen über"Kriterien für eine VerantwortlicheKreditvergabe" diskutierte. Nach deneigenen schmerzhaften Erfahrungenmit einem ungeregelten undchaotischen Staatsbankrott ist man amRio de la Plata sehr interessiert anglobalen Regeln, die in einem solchenFall künftig einen fairen Ausgleichzwischen Gläubigern und Schuldnerngewährleisten.

Keine Rolle spielen in der aktuellenDebatte bislang IWF und Weltbank,und das ist sehr gut so. Die wichtigsteLehre aus dem Scheitern des vomIWF vor knapp zehn Jahren vorge-schlagenen Staateninsolvenzver-fahrens ist, dass dieses von denbetroffenen Regierungen selbstentwickelt werden muss und nicht"von oben eingeführt" werden kann.Aber Regierungen ihrerseits brauchendie ständige Mahnung aus derZivilgesellschaft. Deswegen laden wirSie ein, die neue internationaleKampagne von erlassjahr.de undanderen Entschuldungsbewegungenzu unterstützen. Lesen Sie auf S. 4mehr darüber!

Jürgen Kaiser

4 Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 2010

G20: Fair

entschulden!

Während in den Zeiten der

Finanzkrise Staaten rund um den

Globus mit unbezahlbaren Schulden

ringen, startet erlassjahr.de eine

neue Kampagne für eine faire

Entschuldung. Das Ausmaß der

Schuldenkrise macht es klar für

uns: Wir müssen uns an einen

globalen Entscheidungsträger

wenden, um eine international

akzeptierte Veränderung zu

erreichen. Und wir müssen stark

sein: Deswegen werden wir

zusammen mit Partnern aus den

internationalen Entschuldungs-

netzwerken an die führenden

Wirtschaftmächte appellieren, die in

den G20 vertreten sind. Dazu

brauchen wir Ihre Unterstützung!

Durch koordinierte Briefe gemein-

sam mit Partnerorganisationen im

Süden oder in den G20-Ländern,

durch Mitmachaktionen und aktiven

Druck auf die Vertreter der großen

Weltmächte wollen wir endlich den

Durchbruch erreichen: Die

Schaffung eines internationalen

Insolvenzverfahrens. Die Chancen

dafür stehen so gut wie noch nie!

Heute stellen wir Ihnen die politischeAusgangsposition und die Grund-züge der neuen Kampagne vor. Mehrerfahren Sie schon bald in derKampagnenpost, die wir für unsereMitträger vorbereiten!

1999 – 2010: Vom Einzelfall zum

globalen Rechtsverfahren

Überschuldung von Staaten hat esimmer gegeben, und wird es auchimmer geben. 1999 konnte durch eineweltweite Kampagne die Ent-schuldung von ärmsten hochver-schuldeten Ländern angestoßenwerden. 30 Länder haben im Laufeder Jahre bereits davon profitiert.Überschuldung ist jedoch ein wieder-kehrendes Strukturmerkmal einerkapitalistischen Weltwirtschaft. Zehn

Jahre später droht eine neue Welle vonStaatsbankrotten, nicht nur in denEntwicklungsländern, sondern auch inIndustrieländern. Dringend nötig istes, eine dauerhafte Lösung fürzahlungsunfähige Staaten zu finden.

Ein internationales

Insolvenzverfahren ist die beste

Lösung

In finanziellen Krisensituationenmüssen Staaten Zugang zu rascher,ausreichender, umfassender undverlässlicher Entschuldung erhalten.Unparteiische Insolvenzverfahrengewährleisten dies im nationalenRechtskontext für Unternehmen undEinzelpersonen. In gleicher Weisebrauchen gerade ärmere Staaten inKrisenzeiten Zugang zu eineminternationalen Insolvenzverfahren,um durch eine weitreichendeEntschuldung ihre Handlungs-fähigkeit zu bewahren.

Wie funktioniert ein Insolvenz-

verfahren?

Bisher sind es die Gläubiger, die übereine Umschuldung entscheiden,meistens im eigenen Interesse zuUngunsten des Schuldnerlandes. DerSchuldenberg wird dadurch größer. Beieinem Insolvenzverfahren wird einunabhängiges Schiedsgericht ein-gesetzt. Möglich sind dabei ein ad-hocVerfahren für einen Einzelfall oder dieEinrichtung einer permanenten Insti-tution. Für beide Varianten gibt esbereits ausgearbeitete Konzepte, aufdie man zurückgreifen kann.

Das Schiedsgericht:

- sammelt sämtliche Ansprüche alleröffentlichen und privaten Gläubiger.

- prüft, ob die Ansprüche legitim sindund schließt sittenwidrig gewährteKredite aus (z.B. an Diktatoren zurUnterdrückung ihrer Bevölkerung).

- berechnet, wie viel das Schuld-nerland fähig ist zurückzuzahlen, ohnedie Grundversorgung seiner Bürgerzu gefährden.

- entscheidet über die möglichenRückzahlungen an einzelne Gläu-biger.

Ein solches Verfahren gibt demüberschuldeten Land die Chance füreinen Neustart und wirkt alsAbschreckung gegen eine unver-antwortliche Kreditvergabe seitensder Gläubiger. Beide, Kreditnehmerund Kreditgeber, werden in dieVerantwortung genommen.

Die Zivilgesellschaft kann die Welt

der Finanzen verändern

Gläubigerstaaten wollen ihre jetzigeMachtposition gegenüber Schuld-nerländern nicht aufgeben.Schuldnerregierungen sind häufig zuschwach, um grundlegende Reformendurchzusetzen. Impulse für eine Re-form müssen deshalb von denBetroffenen und von der globalenZivilgesellschaft kommen DieErfahrung von 1999 hat gezeigt, dassBasisgruppen und Bürgerinitiativen

Weltweite G20-Kampagne für ein

Internationales Insolvenzverfahren

Vertreten 85% der Weltwirtschaft und 2/3 der Weltbevölkerung: Die G20

5Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 2010

auch globale Finanzströme wirksambeeinflussen können.

Ein neues Entscheidungsforum: G20

Die Machtverhältnisse in der Welthaben sich im letzten Jahrzehntverändert. Es gibt ein neues globalesEntscheidungsgremium: die G20. Dazugehören nicht nur die traditionellenG8-Staaten: Deutschland, Frankreich,Großbritannien, USA, Japan, Russ-land, Kanada, Italien. Neu dazugekommen sind die SchwellenländerSüdafrika, Argentinien, Brasilien,Mexiko, Indonesien, Südkorea,Indien, China, Saudi Arabien, Türkei,außerdem Australien und seltsa-merweise auch die EU. Nach Ansichtvon erlassjahr.de und auch derBundesregierung sind die G20 daszuständige Gremium, um eininternationales Insolvenzverfahrenauf die politische Tagesordnung zusetzen.

Ein günstiger Zeitpunkt: jetzt oder

nie

Der Zeitpunkt könnte nicht bessersein. Die mögliche Zahlungs-unfähigkeit mehrerer europäischerStaaten wie auch die drohendeerneute Überschuldung einer Reihevon Entwicklungsländern hat eineneinmalig günstigen politischenKontext geschaffen, um einStaateninsolvenzverfahren in dieinternationale Diskussion einzubrin-gen. Weil die Diskussion hierzulandeschon am weitesten gediehen ist,kommt Deutschland eine Vorreiterrollezu. Im Koalitionsvertrag, wie auchdurch öffentliche Aussagen der Bun-deskanzlerin und des Finanzministershat sich die Regierung für ein aktivesEngagement zu Gunsten einesInsolvenzverfahrens für Staatenverpflichtet. Norwegen und Hollandunterstützen den Vorschlag. Auch aufEU-Ebene und in UN-Gremien wirddas Thema diskutiert.

Das Ziel: Der G20-Gipfel im Novem-

ber 2011 in Frankreich

Ziel der weltweiten Kampagne ist es,einen Vorschlag für ein Insol-venzverfahren für souveräne Staatenauf die Tagesordnung des G20-Gipfelszu setzen, der im November 2011 in

Frankreich stattfinden wird. Dazusollen mehrere Unterziele erreichtwerden.

- Deutschland in seiner Vorreiterrolledurch die Unterstützung anderer G20Länder bestärken.

- Das bisher noch widerspenstigeGastland Frankreich durch in-ternationalen Druck von der Not-wendigkeit dieses Schrittes zuüberzeugen.

- Neue Unterstützer vor allem aus denSchwellenländern zu gewinnen.

Die Akteure der Kampagne: Partner

aus Nord und Süd

Die Kampagne setzt der Vernetzungder Gläubiger in den G20 dieVernetzung von Kirchen undBasisgruppen entgegen. Vielerortsgibt es Partnerschaften mit Gruppenoder Entwicklungsorganisationen zuden nördlichen oder südlichen G20-Ländern. Die Partner für eine ge-meinsame Initiative zu motivieren istder entscheidende Schritt dieserKampagne.

Ein erster Schritt: Briefe an

Botschafter und Finanzminister

Briefe aus aller Welt an Botschaftenund Finanzministerien der G-20 Ländersind dafür ein geeignetes Instrument!

- In Deutschland schreiben wir anunser Finanzministerium und an dieBotschaft unseres Partnerlandes.

Unsere Partnerorganisation wendetsich an:

- die deutsche Botschaft in ihremLand.- und an das Finanzministerium inihrem eigenen Land.

International werden wir mittelsPostkartenaktionen unsere Forderungan den Gastgeber des G20-Gipfeltreffens in 2011, den franzö-sischen Präsidenten Sarkozy, bringenund eine aktive Unterstützung desVorhabens bei den G20 verlangen. ImNovember 2010 wird erlassjahr.deModellbriefe und Adressenlistenbereitstellen. Alle Mitträger und

Unterstützer können sich auf einKampagnenpaket mit viel Informa-tionsmaterial freuen! Für alle Fragensteht zur Verfügung:

Jana ZwernemannCampaignerin

Email:[email protected]

Tel: (49)-211-4693-211

Dies ist eine anspruchsvolle Kampag-ne und nicht alle Mitträger vonerlassjahr.de haben Partner in denG20-Ländern. Alle können sich abermit der Postkartenaktion “gepfändet”dafür einsetzen, dass Frankreich - dasGastgeberland des G20-Gipfletreffensim Jahr 2011 - das Thema “faireEntschuldung” auf die Tagesordnungdes Gipfels setzt!

Durch aktive Mitarbeit können Sie

und Ihre Partner den Ball ins Rollen

bringen!

Wolfgang Schonecke,

Jana Zwernemann

Dem Schuldendienst müssen klare

Grenzen gesetzt werden! Das

werden wir dem französischen G20-

Vorsitz mit der Aktion “gepfändet”

klarmachen. Hier ein

Postkartenentwurf für Herrn

Sarkozy in französischer Variation.

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 20106

Was heißt “G20“?

G20 steht für die Gruppe der 20wichtigsten Industrie- und Schwellen-länder. Sie wollen dieses Forum nacheigener Aussage für die internationaleAbstimmung ihrer Finanz- undWirtschaftspolitik nutzen, sowie umdas internationale Finanzsystem zustabilisieren. Auch wollen die G20zukünftig wirtschaftliche Krisenverhindern oder entschärfen. Diesgeschieht u.a. bei Treffen derRegierungschefs wie im Sommer 2010in Toronto oder demnächst in Novem-ber 2010 in Seoul.

Warum gibt es die G20?

Ende der 90er Jahre sorgte dieAsienkrise für große wirtschaftlicheTurbulenzen und die in der G7 orga-nisierten Industrieländer schienen derSituation nicht mehr gewachsen.Auch, weil ihr Anteil am weltweitenBruttoinlandprodukt (BIP) und an derWeltbevölkerung immer weiterzurückging. Zunehmend spieltenStaaten wie China, Indien undBrasilien eine Rolle, die man nichtmehr vernachlässigen konnte. Manmusste diese Länder also mit ins Bootholen.

„Die Gründung der G20 trägt derTatsache Rechnung, dass die G7aufgrund ihres relativ schwindendenGewichts allein nicht mehr in der Lagesind, globale Finanzmarktstabilität zugewährleisten, sondern dass dazu dieaktive Mitarbeit der systemischwichtigsten Schwellenländer not-wendig ist“, schreibt dazu BerndSpeyer in seinem Artikel “Inter-nationale Währungspolitik” bereits imJahr 2007 (VS Wiesbaden, S.310).

Da die Industrieländer (v.a. die USA)den Internationalen Währungsfondsmit ihren Stimmanteilen dominieren,wurde eine neue Plattform für einebessere internationale Koordinationgesucht, bei dem sich auch Länder wieChina ausreichend repräsentiertfühlten.

Was für eine Struktur haben die

G20?

Deshalb gibt es seit 1999 mindestensein jährliches Treffen der G20-Finanzminister und Notenbankchefs.Im Zuge der Weltfinanzkrise wurdeaus dem Minister- und Notenbanker-Treffen dann ein Forum für die Staats-und Regierungschefs. Um Unab-hängigkeit zu garantieren, werden dieregelmäßig stattfindenden Treffen derG20 abwechselnd in den Mitglieds-ländern abgehalten. Einen festen Sitz,zentrale Adresse oder eine eigeneInfrastruktur gibt es (noch) nicht. Denjährlich wechselnden Vorsitz hat immernur ein Land, das dann auch die Or-ganisation der Treffen übernimmt undtemporäre Strukturen schafft. Geleitetwerden die G20 von einem Triumvirataus vorigem, aktuellem und nächstemVorsitzland. Frankreich, das den Vorsitz2011 innehaben wird, will die Strukturdurch die Einrichtung eines festenSekretariates institutionalisieren.

Wer sind die G20?

Zu den G20 gehören nicht, wie manerwarten würde, 20 Länder, sondernnur 19. Unter den 19 sind zum einendie früheren G8, das heißt die klas-sischen Industrieländer USA, Japan,Deutschland, Frankreich, Groß-brittanien, Italien, Kanada undRussland. Von ihnen wurde das Fo-rum gegründet und maßgeblichbeeinflusst.

Neu dazugekommen sind elfaufstrebende Industrie- undSchwellenländer: China, Indien,Indonesien, Brasilien, Argentinien,Mexiko, Saudi-Arabien, Türkei,Südafrika, Südkorea und Australien.

Das zwanzigste Mitglied ist die EU.Neben diesen offiziellen Mitgliederngibt es noch andere Länder undinternationale Organisationen, die anden Treffen beteiligt sind:Zu den Gipfeltreffen werden etwaandere große Volkswirtschaften wiez.B. Spanien eingeladen. Die Weltbankund der Internationale Währungs-fonds haben eine Beraterfunktion undstellen Daten, Informationen oderAnalysen zur Verfügung. Auch dieEuropäische Zentralbank undVertreter anderer internationalerInstitutionen, z.B. ASEAN, sind beiden Treffen anwesend.

Bei der Gründung gab es heftigeDiskussionen darüber, wer Mitgliedwerden sollte. Die Zahl stand nichtvon Anfang an fest. Kriterien für denBeitritt zu den G20 war v.a. die„systemische Relevanz“ einesLandes. Deshalb sind die 19 Länderauch nicht nur die wirtschaftlichstärksten der Welt (gemessen am BIP),sondern es sind auch Länder vertre-ten, die wie im Fall von Südafrika eineRegion repräsentieren. Weiterhinspielte gute Regierungsführung eineRolle.

Nachdem man sich auf die Mitglie-derliste geeinigt hat, soll diese erst malnicht erhöht werden, solange sich dieglobalen Machtverhältnisse nichtstark verändern. Dadurch sollenEffektivität und Kontinuität gewähr-leistet werden.

Durch ihren großen Anteil an derWirtschaftsleistung der Welt (85%)sowie ihrem großen Anteil an derWeltbevölkerung (2/3) fühlen sich dieG20 als global legitimiert.

Was machen die G20? Welche Ziele

haben die G20?

Die G20 sind ein Forum, das beiinternationalen finanzpolitischen undanderen globalen wirtschaftlichenFragen ein koordiniertes Handeln derwichtigsten Länder der Weltermöglichen soll. Das Forum hat aber

Die G20: Konzert der Mächte

oder „I do it my way“?

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 2010 7

auch einen politischen Auftrag undbefasst sich z.B. mit den Folgen derGlobalisierung, sozialen Fragestel-lungen oder Problemen derRegierungsführung. In diesemZusammenhang soll ein nachhaltigesund globales Wirtschaftswachstumgefördert werden. Daher sind die G20auch die richtigen Ansprechpartner,um das internationale Finanzsystemmit einem geordneten Verfahren fürden Fall einer Staateninsolvenzauszustatten und es so fairer undbesser zu machen.

Südkorea, der Gastgeber desGipfeltreffens in 2010, will dieErfahrungen und die Perspektive einesehemaligen Entwicklunglandeseinbringen. Dazu der südkoreanischePräsident Lee über die entwicklungs-politischen Schwerpunkte beimnächsten Treffen in Seoul:

„Der Gipfel wird einen Schwerpunktlegen auf Diskussionen zur sichausweitenden Schere zwischen armenund reichen Ländern. (...) Ich kannnicht oft genug betonen, dass dieFrüchte eines starken undnachhaltigen Wachstums allen, auchden Ärmsten, zuteil werden müssen.“

Was entscheiden die G20 und wie?

Da die G20 ein diskutierenderZusammenschluss sind, haben siekeine formalen Kompetenzen oderBefugnisse. Es werden keine jeweilsnational verbindlichen Beschlüssegetroffen. Stattdessen werden nurAbsichtserklärungen im Namen allerMitglieder formuliert, die dannhoffentlich national so durchgeführtwerden. Ob, wann, wie und in welchemUmfang dies dann geschieht ist Sacheder Mitgliedsstaaten.

Bei diesen unverbindlichen Beschlüs-sen hat die Unterschiedlichkeit dereinzelnen Mitgliedsländer großenEinfluss auf das Handeln der G20und macht Konsensfindung undkoordiniertes Handeln schwierig. EinBeispiel ist hier der Umgang mit densystemisch bedingten Ursachen derFinanzkrise, die noch nichtangegangen wurden. Bei einemTreffen werden also zuerst Ideenausgetauscht, dann soll eingemeinsamer Konsens der Vertreter

gefunden oder erarbeitet werden undzum Schluss sollen die Mit-gliedstaaten bei der Umsetzung dergetroffenen Entscheidungen mitgutem Beispiel vorangehen.

Bei der Entscheidungsfindung gibt eskeine Statuten, die Abstimmungenoder Stimmrechte und Stimmver-teilungen regeln. Dies verdeutlicht dieformale Unverbindlichkeit derBeschlüsse.

Allerdings sind die Beschlüsse dergrößten Wirtschaftsmächte der Weltwiederum ein starkes Signal an dieRegierungen weltweit: Das Handelnder Stärksten hat Einfluss auf alleVolkswirtschaften – weltweit. Undwas die „Großen“ beschließen, hatRelevanz für alle.

Ein Problem bleibt aber die mangelndeLegitimierung der G20: Viele inter-nationale Institutionen, darunter auchdie G20, haben eine sehr mangelhafteparlamentarische Rückkopplung. Dieserleichtert die Kultur der Doppel-züngigkeit, bei der Absichts-erklärungen zwar bereitwillig ge-leistet, aber nicht (national) umgesetztwerden.

Bislang konnten die G8 zwar ohnewirkliche Legitimation aber aus ihrerSicht hocheffizient globale Regelnsetzen. Die Vereinten Nationen mitihren 192 Mitgliedern stelltengleichzeitig die einzige wirklich legi-time globale Struktur dar, sind aberpolitisch kaum handlungsfähig.Zwischen diesen beiden Polenbewegen sich nun die G20. Ob ausden G20 einmal tatsächlich die “G192”werden? Die Antwort bleibt ungewiss.

Die Gründung der G20 und ihresteigende Bedeutung sind einwichtiger Schritt hin zu einer globalenFinanzarchitektur, in der auch dieSchwellenländer repräsentiert werden.Allerdings haben die Ärmsten auchhier wieder die Niete gezogen – siesind nicht vertreten. Und die UNOfühlt sich zurecht in ihrem Auftrag voneinem Forum verdrängt, dasniemanden nach seiner Legitimitätgefragt hat. Fakt bleibt, dass die G20derzeit die mächtigste und hand-lungsfähigste Plattform sind, umglobale Wirtschaftsprobleme anzu-gehen und auch, um globaleLösungen zu beschließen.

Anne Becker

Das Quiz zum Artikel:

G7, G8, G20 oder sogar G192...

wie wird man daraus schlau?

Testen Sie Ihr G20-Wissen auf S.11

in unserem Quiz!

G20: Globale Wirtschaftsmächte.

Niemand hat sie gewählt, doch sie

entscheiden.

Das nächste Gipfeltreffen im November 2011 wird in Frankreich stattfinden

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 20108

Der Internationale Währungsfondsist eine mächtige internationaleFinanzinstitution. Er ist ein großerGläubiger, Schulden- und Wirtschafts-berater von Entwicklungsländern, einLieblingsthema von vielen NGOs undmein ständiger Begleiter in meinembald 6-monatigen Praktikum beierlassjahr.de. Mit der anspruchsvollenAufgabe betraut, die Verschuldungs-situation von über 100 Ländern fürden anstehenden Schuldenreport zuuntersuchen, recherchiere ich seitMonaten aktuelle Datenangaben zuden drei wichtigsten Schulden-indikatoren für Auslands-verschuldung (Verhältnis vonSchuldenstand zum jährlichenBruttoinlandsprodukt, Schulden-stand zu den jährlichen Export-einnahmen, Schuldendienst zu denjährlichen Exporteinnahmen).

Als eine Institution mit 187Mitgliedsstaaten und einer dergrößten Gläubiger und Wirt-schaftsberater kann sich der IWFeines umfassenden Datenbestandesrühmen. Durch die regelmäßigeHerausgabe von umfangreichenLänderberichten kann der IWFzusammen mit der Weltbank daher alseine der wichtigsten Quellen fürvollständige aktuelle Schuldendatengelten. Ich sollte jedoch nicht nur eineSammlung von Schuldenzahlenproduzieren, sondern auch dieBerichte kritisch analysieren. So zumBeispiel die Schuldentragfähig-keitsanalysen, die der IWF zusammenmit der Weltbank vor allem fürEntwicklungsländer anstellt. Damiteinher ging auch die kritischeBegutachtung, inwieweit die IWF-Einschätzung des Verschuldungs-risikos für die verschiedenen Länder“tragfähig“ ist.

Was ist mein Eindruck nach nun mehrals fünf Monaten durchgepflügterIWF-Berichte? Beim IWF und bei derWeltbank arbeiten nicht nur hoch-bezahlte Ökonomen; liest man die

optimistischen Ton, gewundert, dassder IWF nicht noch Blümchen undfröhliche Schmetterlinge an den Randder Berichte malt. Ab und zu habe ichmich auch gefragt, warum Ent-wicklungsländer eigentlich immernoch Entwicklungsländer genanntwerden; so wie sich mehr als 80 % derLänderberichte lesen, sind sie das innaher Zukunft zumindest von ihrerwirtschaftlichen Situation her nichtmehr. Auch die Berichte vor mehrerenJahren lesen sich im selben Tonfall,so dass Burundi z.B. heute nicht mehrzu den ärmsten Ländern zählen dürfte,hätte sich der Zukunftsoptimismus derIWFler bewahrheitet. Hat er aber nicht.

Dass einige der bereits massiventschuldeten Länder wieder einhohes Verschuldungsrisiko aufwei-sen, wie zum Beispiel Burundi oderAfghanistan, dass viele immer nochbettelarm sind und nichts gegen ihreextreme Exportkonzentration und ihreAnfälligkeit für exogene Schocksmachen können und dass sie immernoch massiv von externen Hilfs-zuflüssen abhängen, wird zwar garnicht abgestritten, sondern meist imKapitel „Recent Developments“, alsoder Darstellung gegenwärtigerwirtschaftlicher Zustände, bestätigt.

Länderberichte des IWF,so sind die Autoren of-fensichtlich auch nochdie optimistischsten Gut-menschen dieses Plane-ten. Ob globale Krise,Naturkatastrophe,massiver Einbruch derExporte und desWirt-schaftswachstums,untragbar hoher Schul-denstand der Länder –nichts scheint den Op-timismus der IWF-Öko-nomen erschüttern zukönnen. In meinem nochrecht jungen Dasein ha-be ich mich noch nie sooft mit dem positiven Vo-kabular “improve“ (ver-bessern), ”favorable“ (günstig),“positive“ (positiv), “recover“(wiedererlangen, gesunden), “re-bound“ (Erholung, Wende) und “in-crease“ (Anstieg) konfrontiertgesehen. Interessanterweise tretendiese Worte immer im Kontext mit“outcome“ (Ergebnis), “output“(Leistung), “growth“ (Wirtschafts-oder Export-) Wachstum) und “pro-duction“ (Produktion) auf, also dererwarteten Wirtschaftsleistung einesLandes in der Zukunft. Egal obBurundi, die Mongolei, Bosnien undHerzegowina: Eigentlich in jedemLand wird sich nach IWF-Ansicht dieWirtschaftssituation auf mittel- bislangfristige Sicht verbessern.Eigentlich in jedem Land wird diesdurch “structural reforms“ (Struk-turreformen), “better export growth“(mehr Exportwachstum), “more FDI“(“foreign direct investment“, alsomehr Investitionen aus dem Ausland)und eine steigende Nachfrage nachGütern erreicht.

Abgesehen davon, dass dieBeschreibung der zukünftigenWirtschaftssituation der Länder wieim Copy&Paste-Verfahren eingesetztwirkt, habe ich mich nachLänderbericht Nr. 28, im selben

Die Welt durch die rosarote Brille:

Internationaler Währungsfonds und

Methode Optimismus

Der IWF hat gut Lachen - Optimismus ist

seine Arbeitsmethode

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 2010 9

Dass jedoch die zukünftige Aussicht(„medium-term“ oder „long-term out-look“) der völlig unterschiedlichenLänder immer „günstig“ und „positiv“ausfällt, trotz der Werte vergangenerJahre und aktuell negativer Situation,kann bei dem 30. Land nicht mehrrealistisch wirken.

Schaut man sich nun die Schulden-tragfähigkeitstabellen des IWF an, diedie Entwicklung der Schuldenin-dikatoren für einen bestimmtenzukünftigen Zeitraum vorhersagen, soliegen diesen Tabellen meist hoheWachstumsraten für den zukünftigenZeitraum zugrunde, die z. B. denSchuldenstand zum Bruttoinlands-produkt auf lange Sicht gesehennatürlich nett aussehen lassen. Dabeisind die zugrunde gelegtenZukunftswerte zum Wirtschafts-wachstum meist für jedes Land gleich,ob nun Burundi oder Armenien (eintypischer IWF-Wert ist 4 bis 5 %).

Auf den ersten Blick erscheint derIWF überaus transparent zu arbeiten– man findet auf der institutions-eigenen Website Unmengen anBerichten zu jedem Land. Doch derSchein trügt: Förmlich zugeschüttetmit Informationen übersieht manleicht, dass der IWF zum Beispielüberhaupt nicht preisgibt, aufwelchen methodischen Annahmendie oben erwähnten Vorhersagen zumWirtschaftswachstum beruhen. DieOffenlegung der methodischenVorgehensweise würde jedochEinblick in die meist viel zuoptimistischen Annahmen des IWFzum zukünftigen Wirtschaftswachs-tum geben. Im aktuellen erlassjahr-Fachinfo 25 bin ich diesemOptimismus näher auf den Grundgegangen: So stellte sich in der Ana-lyse der verschiedenen Länder-berichte für Togo, Burundi, dieKomoren und bei dem Mittelein-kommensland Jamaika heraus, dassder IWF trotz viel niedrigerer Werteder letzten Jahre bei noch sounterschiedlichen Kandidatenrundheraus viel zu optimistischvorhersagt.

Und was soll das Ganze? MöglicheGründe sind altbekannt: die fataleDoppelrolle als Gläubiger undSchuldenmanager zum Beispiel, die

nicht zulässt, dass der IWF an eineSchuldentragfähigkeitsanalyseunparteiisch herangeht. Man musssich Folgendes vor Augen führen: DerIWF ist eine kreditgebende Institu-tion, verdient also sein Geldhauptsächlich damit, Kredite an denMann zu bringen. Im selben Zugejedoch soll er ärmeren Ländern in einerSchuldentragfähigkeitsanalyseerzählen, dass sie beim Krediteleihenvorsichtig sein müssen, um tragbarverschuldet zu bleiben. Und er solleinem Land, dem er vielleicht zuvoreinen Kredit vermittelt hat, plötzlichin einer Schuldentragfähigkeitsana-lyse attestieren, dass es ein hohesVerschuldungsrisiko aufweist. Kurzgesagt: massiver Interessenkonflikt,der auch folgende Unstimmigkeitenerklären kann:

So definiert der IWF in seinemRahmenwerk für Schuldentragfähig-keitsanalysen, dass ein Land ein„niedriges Verschuldungsrisiko“ hat,wenn alle relevanten Schuldenin-dikatoren unter den Tragfähigkeits-grenzwerten bleiben. Die Indikatorendürfen diese Grenzwerte also wederüberschreiten noch knapp darunterliegen. Seltsam, dass z.B. bei denVorhersagen für den Schulden-indikator „Schuldenstand zuExporteinnahmen“ beim ehemaligenEntschuldungs-Kandidat Äthiopien,bei Armenien und Bhutan derGrenzwert bereits im Basisszenariodauerhaft überschritten wird – und sietrotzdem mit einem niedrigen Risikoeingeschätzt werden. Die eigeneMethode wird nicht nur missachtet,sondern es wird auch noch weltfernoptimistisch prophezeit.

Schlecht für die betroffenen Länder,da so Überschuldungsrisiken nichtfrüh genug erkannt werden, was dieeigentliche Aufgabe von Schulden-tragfähigkeitsanalysen schließlich ist.

Die Risiko-Einschätzungen sind oftdamit begründet, dass sich dieWirtschaft der Länder mittel- bislangfristig ja in jedem Fall wiederpositiv entwickeln wird. Der kurz-fristige, gegenwärtig absehbareZeitraum, der bei den meistenuntersuchten Ländern negativeAussichten parat hält, und für dieEinschätzung des Verschuldungs-

risikos zugrunde gelegt werdenmüsste, wird mit dem „positive me-dium-term-outlook“ wieder relativiert.Sprich: Die Einschätzung, wie hochdas Verschuldungsrisiko ist, wird beimanchen Ländern einfach davonabhängig gemacht, was der IWF fürdie Jahre 2014, 2015 oder 2016errechnet hat – was natürlich positivist, versteht sich.

Auch wenn es der IWF mir undanderen Lesern gerne weismachenwollte: Der etwas kritischere Blick aufaktuelle Schuldenzahlen, bzw. auf diewirtschaftliche Situation und damit dieFolgen der globalen Finanzkrise, ergibtfür mich doch kein so positives Bild:

• viele der Länder, die unter derHIPC-Entschuldungsinitiative einenSchuldenerlass erhalten haben, sindaktuell wieder Kandidaten mit einemmittleren oder hohen Verschuldungs-risiko.

• Länder, die exportkonzentriert,von Tourismus, Rücküberweisungeneinheimischer Migranten undRohstoffverkauf abhängig und gene-rell sehr gefährdet für äußereEinwirkungen sind, wurden von derglobalen Finanzkrise besonders hartgetroffen und sind durch Finan-zierungsengpässe oft zu neuer,unerwarteter Kreditaufnahme ge-zwungen.

• nicht nur Niedrigeinkommens-länder sondern auch Mittel-einkommensländer und vor allemosteuropäische Länder wie Kroatien(welches sogar ein Hocheinkom-mensland ist) oder die Ukraine weisenmittlerweile bedenklich hoheSchuldenindikatoren und einenbedenklich hohen Schuldenstand auf.

Und was macht der IWF? Für ihn wirdalles gut – wahrscheinlich im Jahr2014, 2015 oder 2016. Und nur daszählt. Kristina Rehbein

Wollen Sie mehr wissen über die

optimistischen Prognosen des IWF?

Lesen Sie das Fachinfo Nr. 25 - auf

unserer Website unter “Material und

Publikationen > Fachinfo” zu finden.

Oder klicken Sie einfach auf

http://bit.ly/b5CO6D

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 201010

1 Los geht´s! Etwa 100 Demonstranten ziehen vom

Eine-Welt-Zentrum an der Technischen Universität

zur Siemens-Zentrale. Der Hai kriegt Beine!

Fotoreport: Siemens - Hai des Jahres 2010

2 Es war laut: Unter dem Motto "Samba statt Angra"

marschieren wir mit den Trommlern zum Wittelsbacher

Platz.

3 Und das ist die Siemens-Zentrale. Leider wollte

niemand von Siemens den Preis entgegennehmen.

Dafür gab es von uns ein Samba-Ständchen.

5 Kein böses Tier, aber ein Symbol für eine falsche

Raubtier-Strategie bei der Kreditvergabe!

4 Vielen Dank an die Münchner Ruhestörung für die

Samba-Unterstützung bei der Demo!

6 Verliehen und nicht abgeholt: Am Ende haben wir den

Hai dann doch zurück ins Düsseldorfer Büro

mitgenommen. Er ist ja schließlich unser Wanderpreis!

Haie sind ja bekannterweise keine bösen Tiere. Kritik gebührt aber den menschlichen Kredit- oder Finanzhaien, diehöchst fragwürdige Investitionen betreiben und dadurch die Verschuldung der Süd-Länder in die Höhe treiben. Oder -wie im Falle von Siemens und seiner Tochtergesellschaft Areva - sich solch eine riskante Investition noch staatlichgarantieren lassen.

Das geschieht im Projekt "Angra 3", bei dem Siemens durchgesetzt hat, dass die Bundesregierung eine Exportbürgschaftfür den Bau eines scharf kritisierten AKW-Reaktors an der Atlantikküste Brasiliens in Höhe von 1,3 Milliarden Eurogewährte. Dafür gab es für dieses Jahr den Wanderpreis "Hai des Jahres" für Siemens. Wer nicht dabei sein konnte, kann

den Protestmarsch von erlassjahr.de vom 15.5.2010 in München zumindest als Fotoreport genießen.

(Jana Zwernemann)

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 2010 11

Die Welt der Schulden

Einmal verschuldet - für immerverschuldet? Solange das Faire undTransparente Schiedsverfahren(FTAP) für den Fall einer Staaten-insolvenz nicht etabliert ist, könntedieses Schicksal mehreren Ent-wicklungsländern drohen.

Als Reaktion auf die globaleErlassjahr 2000 - Kampagne vor überzehn Jahren hat die Weltbank diesogenannte „HIPC-Initiative“

gestartet. Dadurch wurde den ärmstenEntwicklungsländern (Heavily In-debted Poor Countries, HIPC) in einemvon der Weltbank und demInternationalen Währungsfondsgeleiteten Prozess ein Schuldenerlassgewährt. Ein großer Erfolg, wenn manbedenkt, dass die Gläubiger vorhereinen Schuldenerlass nicht einmal inErwägung gezogen haben. Wie siehtdie Statistik also im Jahr 2010 aus?

30 Länder haben die Initiativeerfolgreich durchlaufen, also denCompletion Point erreicht und somitSchuldenerlass erhalten. DieDemokratische Republik Kongo istdabei der jüngste Kandidat: der Com-pletion Point wurde im Juli 2010erreicht.

7 Länder haben den Decision Point

erreicht und warten somit auf einenSchuldenerlass: Tschad, Komoren,

Elfenbeinküste, Guinea, Guinea

Bissau, Liberia und Togo, dabei sinddie Komoren erst kürzlich im August2010 dazu gekommen.

4 Länder kommen noch als potenziellezukünftige Kandidaten in Frage:Eritrea, Somalia, Kirgisistan und

Sudan.

Von diesen 30 massiv entschuldetenLändern sind bereits wieder 7 Länder

mit einem hohen Verschuldungs-

risiko (Burundi, Burkina Faso,

Gambia, Afghanistan, Haiti, Sao

Tomé und Demokratische Republik

Kongo) verzeichnet, wovon Burundi,Afghanistan, Demokratische Repu-blik Kongo und Haiti erst kürzlichErlass erhalten haben.

9 Länder von den noch übrigen 24entschuldeten Ländern weisenbereits wieder ein mittleres Ver-

schuldungsrisiko trotz Entschul-dung auf (Ghana, Benin, Republik

Kongo, Malawi, Mauretanien, Nica-

ragua, Ruanda, Sierra Leone und

Zentralafrikanische Republik).

Die Wiederholung von Schulden-krisen zeigt, dass das Problem derÜberschuldung eine systemischeLösung braucht und nicht durch eineeinmalige Initiative behoben werdenkann. Um einen nachhaltigenAusgleich zwischen Schuldnern undGläubigern zu gewährleisten, und umbeide Parteien zu einem verantwor-tungsbewussten Umgang mitKrediten zu motivieren, muss eininternationales Insolvenzverfahrengeschaffen werden. Erst dann werdendie Listen der kritisch verschuldetenLänder endlich kürzer – und dieMenschen in diesen Ländernbekommen die Chance auf Ent-wicklung, die ihnen zusteht.

Kristina Rehbein

Sind Sie fit für die neue Kampagne

von erlassjahr.de? Testen Sie mit

uns Ihr Wissen über die G20!

1. Der Name der G20 steht für…?

a) die Gruppe der 20 bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer.b) die Gruppe der 20 bedeutendsten Schwellenländer.c) das Gründungsdatum, den 20. Juli 1999.

2. Wer nimmt NICHT an den Treffen

der G20 teil?

a) Internationale Finanzinstitutionen.b) Die UNO.c) Die Mitgliedsländer.

3. Wer kontrolliert die G20?

a) Niemand.b) Die UNO.c) Der IWF.

4. Wer hat den Vorsitz bei den G20?

a) Die Mitgliedsländer wechseln sich ab.b) Die Mitgliedsländer wählen einen Vorsitzenden.c) Es gibt gar keinen Vorsitzenden.

5. Wie viel Prozent der weltweiten

Wirtschaftsleistung sind in den

G20 vereint?

a) Ca. 50-60 Prozent.b) Ca. 65-75 Prozent.c) Ca. 80-90 Prozent.

6. Wo ist das Sekretariat der G20

angesiedelt?

a) In New York.b) In Seoul.c) Es gibt gar kein Sekretariat.

G20:

Das Quiz

Lösung: 1a, 2b, 3a, 4a, 5c, 6c

Zwischenbilanz

der HIPC-

Initiative

Sind wir nah am Ziel? Das lange

Warten auf ein FTAP könnte bald

ein Ende haben

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 201012

.

- Herr Stoll, den Begriff

„Finanzkrise“ kennt inzwischen

wahrscheinlich schon jedes

Schulkind. Alle reden heute von

Banken, Finanzmärkten, Spekula-

tionen und von der Krise der

Weltwirtschaft. Kann man so ein

komplexes Thema überhaupt noch

verstehen?

Das Thema Geld und Finanzen ist voneinem eigenartigen Widerspruchgekennzeichnet, der in der Tat dasVerständnis erschwert: Geld istzugleich sehr konkret und sehrabstrakt. Spätestens seit unseremersten Taschengeld beschäftigen wiruns mit Finanzfragen. Fast täglichnehmen wir Geld in die Hand. Geld istuns vertraut; wir meinen, uns damitauszukennen. Andererseits ist Geldaber hochgradig abstrakt. SeineFunktionsweise besteht ja geradedarin, den „Wert“ von Gegenständenund Dienstleistungen abzutrennen,um ihn durch Zeit und Raum bewegenund gegen andere Werte austau-schen zu können. Von den erstenGoldmünzen über die Ausgabe vonBanknoten und die Verwendung vonKreditkarten bis hin zu den komplexenFinanzprodukten, die auch in deraktuellen Finanzkrise eine Rollegespielt haben, hat sich dieser Prozessder Abstraktion immer weiterentwickelt.

- Geld wird also abstrakter?

In den vergangenen Jahrzehnten hatsich der Prozess rasant beschleunigt.Das „konkrete“ Geld, mit dem wir es in

unserem Alltag zu tun haben, machtheute nur noch einen verschwindendgeringen Anteil der globalenFinanzströme aus. Geld – das sindinzwischen fast nur noch Stromimpul-se, mit denen die computergestütztenHandelsplattformen der globalenFinanzplätze ununterbrochen imAustausch stehen.

- Woran liegt das?

Die Finanzmärkte haben sich indiesem Prozess zunehmend verselbs-ständigt, und zwar in doppelterHinsicht: Sie haben sich von denGüter- und Dienstleistungsmärktenabgekoppelt, denen sie eigentlichdienen sollten; und sie haben diebestehenden Institutionen politischerAufsicht und Steuerung abgehängt.Beides ist in der Finanzkrise sichtbargeworden. Weder die hoch bezahltenBanker noch die Rating-Agenturenund staatlichen Aufsichtsorganehaben die Vernichtung von Mil-liardenwerten und die gravierendenFolgen verhindern können, die dieFinanzkrise insbesondere für armeBevölkerungsgruppen hat. Das be-deutet aber, dass es sich nicht einfachnur um einen Betriebsunfall handelt,sondern dass grundsätzlich mitunserer globalen Finanzarchitekturetwas nicht stimmt.

- Und woran erkennt man diese

Strukturfehler?

Ein Blick auf die drei entscheidendenFaktoren der Finanzkrise kann dasdeutlich machen: die hohe Über-

schuldung von Privathaushalten,Unternehmen und der öffentlichenHand; die systematische Verschlei-erung von Kreditrisiken durch dieVerbriefung und den Weiterverkaufvon Schuldtiteln; und schließlich dermassenhafte Einsatz spekulativerFinanzprodukte, die Traumgewinneversprechen und umgekehrt wieBrandbeschleuniger wirken können.All diese Entwicklungen sindjahrelang politisch zugelassen undsogar unterstützt worden, meist mitdem Argument, auf diese WeiseWachstum und Wohlstand zu fördern.Dass diese Rechnung nur für einekleine Minderheit aufgeht, ist nicht erstin der Finanzkrise deutlich geworden.Doch die Krise hat diesen Mythos undseine Herolde aussehen lassen wie inder Geschichte von des Kaisers neuenKleidern: nackt; nichts dran.

- Ist es also an der Zeit, neue Regeln

für die globale Finanzarchitektur zu

beschließen? Reicht es nicht, in

Zeiten der Krise den Gürtel enger zu

schnallen und auf die Konjunktur zu

warten?

Die Politiker versuchen beides. MitAbwrackprämien und Wachstums-beschleunigungsgesetzen die Kon-junktur anzukurbeln (wobei sie freilicheinen Anfangsfehler der Finanzkrisewiederholen und enorme Schulden-berge auftürmen); und auf nationalerund internationaler Ebene dieSpielregeln für die Finanzmärkte zuverschärfen. Dabei ist klar: Wenn esstimmt, dass die Finanzkrise ein Symp-tom für grundlegende Fehlent-wicklungen ist, dann muss auch übergrundlegende Reformen nachgedachtwerden. Sonst wird die nächsteKonjunktur nur die nächste Krise nachsich ziehen.

- Wie könnten solche Reformen

aussehen?

Es müsste darüber nachgedachtwerden, wie der marktwirtschaftlichenForderung nach Transparenz auf denglobalisierten Finanzmärkten Geltungverschafft werden kann. Und es müsstedarüber nachgedacht werden, wieNutzen und Lasten von Finanzin-strumenten zusammengeführt werdenkönnen, z.B. mit der Erlassjahr-Forderung nach einem internationalen

Neue Kleider für den KaiserDie Finanzkrise als Anstoß nutzen -

Interview mit Georg Stoll

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 2010 13

Insolvenzverfahren, und wie schäd-liche Spekulation vor allem aufGrundprodukte wie Nahrungsmittel,Wasser oder Energie gebremst werdenkann. Letztlich geht es darum, Haftungund Verantwortung für eineökologisch nachhaltige und sozialgerechte globale Entwicklung in denFinanzmärkten zu verankern.

- erlassjahr.de setzt sich seit vielen

Jahren für eine faire Entschuldung

der Entwicklungsländer ein. Sehr

viel hört man in der letzten Zeit auch

von der Kampagne “Steuer gegen

Armut“, die die Einführung der

sogenannten Finanztransaktions-

steuer verlangt. Wie schätzen Sie

hier die Entwicklung ein?

Leider gewinnt man zunehmend denEindruck, dass Politik undFinanzindustrie nach der erstenSchreckstarre möglichst schnellwieder zum Tagesgeschäft übergehenwollen. So haben die neuen Basel-III-Bestimmungen für Banken keineLösung gegen das Erpressungs-potenzial „systemrelevanter“ (alsobesonders großer) Finanzinstitutegebracht, die weiterhin darauf bauendürfen, dass die Allgemeinheit ihnendas Risiko ihrer spekulativenGewinnstrategien abnimmt. DieVorschläge für eine Finanztrans-aktionssteuer werden von interes-sierter Seite schlecht geredet, und dieSchamschwelle für Bonuszahlungenist auch schon längst wieder gefallen.

- Warum geschieht das?

Der Bundesrat lehnt unter Verweis aufdie „Wettbewerbsfähigkeit desFinanzplatzes Deutschland“ einestärkere Beteiligung von Banken anden Risiken aus Kreditverbriefungenab. Um welchen Wettbewerb geht esdabei eigentlich? Um den, bei dernächsten Finanzkrise ganz vorne mitdabei zu sein? Die Politik vertut einegroße Chance: Statt die Krise zurKritik zu nutzen und eine ernsthaftegesellschaftliche Debatte über dieZukunftsfähigkeit unseres Wirt-schaftsmodells anzuregen, trägt sieschon wieder die verstaubteMonstranz von Wachstum undWettbewerb um jeden Preis vor sichher. Der Kaiser soll möglichst schnellwieder zu neuen Kleider kommen.

- Sie engagieren sich im “Tax Jus-

tice Network“ und in der Kampagne

“Steuer gegen Armut“. Wie sollte

die Finanztransaktionssteuer den

Armen helfen? Welche Forderun-

gen hat die Kampagne und wie kann

man aktiv werden?

Steuern spielen bei dem Anliegen, dieglobalen Finanzmärkte gerechter undnachhaltiger zu gestalten, indoppelter Hinsicht eine wichtigeRolle: Sie können Mittel für öffentlicheAufgaben mobilisieren und siekönnen eine regulierende Funktionübernehmen. Für Entwicklung undArmutsbekämpfung beispielsweisewäre es erheblich besser, einheimischeMöglichkeiten der Besteuerung zunutzen als sich in Abhängigkeit vonAuslandskrediten und Entwicklungs-hilfe zu begeben.

Doch ein wichtiger Grund, der dasbislang verhindert, ist dieselbeIntransparenz des globalen Finanz-systems, die sich auch in derFinanzkrise als hochproblematischerwiesen hat. Sie ermöglicht eineKapitalflucht aus Entwicklungs-ländern, die die jährliche Entwick-lungshilfe um etwa das Zehnfacheübersteigt. Häufig geht dieseKapitalflucht zudem mit steigenderVerschuldung einher. Geld, das überKredite ins Land kommt und dort dieöffentlichen Schulden in die Höhetreibt, verlässt das Land wieder aufdem Weg der Kapitalflucht undlandet (in der Regel unversteuert) aufAuslandskonten. Das Tax JusticeNetwork bemüht sich hier umVerbesserungen, zum Beispiel durchwirksame Maßnahmen gegenSteueroasen.

Ein anderer wichtiger Bereich sindglobale öffentliche Güter wie derErhalt eines intakten Klimas, odereben stabile Finanzmärkte, die sich anihrer Dienstleistungsfunktion gegen-über der Realwirtschaft orientieren.Eine internationale Finanztrans-aktionssteuer könnte hier ansetzen.Sie könnte den spekulativen Druckaus dem (bisher von Steuernweitgehend verschonten) Finanz-system entweichen lassen und wärezugleich ein internationalesFinanzierungsinstrument für interna-tionale Aufgaben wie etwa Armuts-

bekämpfung und Klimawan-delbegrenzung. In Deutschlandengagiert sich seit einem Jahr dasBündnis “Steuer gegen Armut” für dieEinführung dieser Steuer.

- Ihre Vision für die zukünftige

Entwicklung der finanziellen

Beziehungen zwischen Nord und

Süd?

Die Vision ist einfach: Finanzmärkte,die einer Wirtschaft dienen, dieihrerseits im Einklang mit derSchöpfung dem Wohl der Menschendient – und zwar aller Menschen. Umdorthin zu gelangen, benötigen wirBürger/innen, Unternehmer/innen undPolitiker/innen, die den Mut zu einergesellschaftlichen Debatte über dieGewinner und Verlierer und über dieimmanenten Risiken und Zwängeunseres derzeitigen Wirtschaftssys-tems haben – und natürlich diePhantasie und Bereitschaft, darausauch Konsequenzen zu ziehen. Auchwenn der Kaiser vielleicht noch etwasfrieren muss – wir sollten nicht gleichnach dem erstbesten Mäntelchengreifen, nur um der peinlichen Szeneein möglichst schnelles Ende zubereiten.

- Vielen Dank für das Gespräch!

Jana Zwernemann

Georg Stoll (*1960) arbeitet in derAbteilung Entwicklungspolitik beiMisereor und ist Vorstandsmitglied imTax Justice Network. Er ist Mitglied imBündnisrat von erlassjahr.de.

Mehr Informationen zum ThemaSteuergerechtigkeit im Netz:International: www.taxjustice.net

Deutschland: http://

steuergerechtigkeit. blogspot.com/

www.steuer-gegen-armut.de

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 201014

2011: Beitragserhöhung für die Mitträger des

Bündnisses

In Zeiten knapper Finanzen sollte jede Möglichkeit, mit den vorhandenen Mitteln sparsam umzugehen, genutzt werden.Das hat erlassjahr.de in den beiden letzten Jahren verstärkt und durchaus erfolgreich getan, auch zu Lasten derer, die inunserem Büro mit großem Einsatz arbeiten: Das Büro ist in kleinere und preisgünstigere Räume gezogen. Darüber hinauswurde der Personalbestand deutlich reduziert. Trotz dieser Einsparungen sind wir am Rande unserer Handlungsfähigkeitangekommen. Bitte bedenken Sie: Die Mitträgerbeiträge sind seit der Gründung der Erlassjahr-2000-Kampagne im Jahr1997 nicht erhöht worden, während die Kosten insbesondere für Personal, Aktionen, Tagungen und Material jedes Jahrgestiegen sind.Vor diesem Hintergrund hat der Bündnisrat schweren Herzens beschlossen, die Mitträger-Beiträge um 20% zu erhöhen.Dies führt zu den folgenden neuen Richtwerten:

o 60,- Euro für Eine-Welt- und Agenda-Gruppeno 120,- Euro für kleine Kommunen und Kirchengemeinden, kleinere NROs und Netzwerkeo 300,- Euro für Dekanate, Kirchenkreise, Verbände und große Kommuneno 600,- Euro für Landeskirchen und Diözesen

Um es Ihnen einfacher zu machen und um uns zu helfen, die in dem Einzugsverfahren liegenden Kostenreduzierungenzu erschließen, bieten wir ab Januar 2011 die Möglichkeit eines Bank-Einzugsverfahrens.

Um daran teilzunehmen, müssen Sie nur die in diesem Kurier beigelegte Einzugsermächtigung ausgefüllt an das Bürozurücksenden. Ein Risiko besteht für Sie nicht, da der eingezogene Betrag jederzeit über Ihre Bankverbindungzurückgerufen werden kann. Durch die gestaffelten Mitträgerbeiträge versuchen wir, die finanziellen Lasten unsererArbeit gerecht auf alle - starken und schwachen - Schultern derjenigen zu verteilen, denen faire Entschuldung desSüdens ein Anliegen ist. Natürlich wird - wie bisher schon - niemand von der Mitträgerschaft im Bündnis ausgeschlossen,weil er den Mitträgerbeitrag nicht aufbringen kann. Wenn das bei Ihnen der Fall ist, bitten wir um Benachrichtigung perFax oder Telefon, damit keine Mahnung ausgelöst wird.

Ich danke Ihnen sehr für Ihr Entgegenkommen und Ihr Verständnis.Mit freundlichen Grüßen

Eberhard Luithlen, Mitglied des Vorstands

Wir werden Mitträger

Wir unterstützen das Bündnis erlassjahr.de durch unsere Mitträgerschaft mit einem Mitträgereitrag von........... Euro (Richtwerte siehe unten). Die Mitträgerschaft beginnt sofort und kann jederzeit durch die

Mitträgerorganisation gekündigt werden.

Organisation: ........................................................................

Kontaktperson: ........................................................................

Anschrift: ........................................................................

PLZ, Ort: ........................................................................

Telefon: ........................................................................

Fax: ........................................................................

E-Mail: ........................................................................

Homepage: ........................................................................

..........................................................

Ort, Datum, UnterschriftRichtwerte für den jährlichen Mitträgerbeitrag:

60 Euro für Eine-Welt– und Agenda-Gruppen

120 Euro für Kirchengemeinden, kleine Kommunen, Netzwerke, NGOs

300 Euro für Dekanate, Kirchenkreise, Verbände, größere Kommunen

600 Euro für Landeskirchen und Diozösen

bitte ausgefüllt senden an:

erlassjahr.de, Carl-Mosterts-Platz 1, 40477 DüsseldorfFax: 0211 46 93 197

ww

w.erlassjah

r.de/term

ine

5. -6. November 2010

Mitträgerversammlung, Fulda

Siehe Einladung auf dieser Seitewww.erlassjahr.de > Termine6.-7.11. Bündnisratsklausur

Direkt im Anschluss an die MTV

18. November 2010

Regionales Koordinationstreffen

Bayern

Nürnberg, mit anschließenderPodiumsdiskussion, Info:[email protected]

9. Dezember 2010

Regionales Koordinationstreffen

Rhein-Main

Frankfurt am Main, Info:[email protected]

14. Dezember 2010

Regionales Koordinationstreffen

Pfalz

Neustadt an der Weinstraße, Info:[email protected]

Termine

Entschuldungskurier Nr. 10 Oktober 2010 15

Redaktion:

Jana Zwernemann (V.i.S.d.P.)

AutorInnen dieser Ausgabe:

Anne Becker, Jürgen Kaiser,Kristina Kühne, Kristina Rehbein,Wolfgang Schonecke, Georg Stoll,Jana Zwernemann

Fotos:

Antje Queck (S.1 oben), G20/Flickr(S.1 unten), Thorben Wengert/PI-XELIO (S.2), Great Beyond/Flickr

Imp

ress

um

(S. 3), White Cat (S.4), erlassjahr.de(S.5), Downing Street/Flickr (S.6),G20y.org (S.7), IMF/Flickr (S.8),erlassjahr.de (S.10, 15), Free-lancer011/Pixelio (S.11), Georg Stoll(S.13)

Layout:

Kristina Rehbein, Jana Zwernemann

Druck:

Knotenpunkt OffsetdruckGmbH, Buch/Hunsrück

Redaktionsschluss: 30.9.2010

Der Nachdruck einzelner Artikel

ist bei Nennung der Quellenangabe

ausdrücklich gestattet. Wir freuen

uns über Kritik, Anmerkungen und

Terminhinweise!

Bankverbindung:

erlassjahr.de e.V.Bank für Sozialwirtschaft in KölnBankleitzahl: 370 205 00Kontonummer: 8 24 77 00

International:

9. - 11. Oktober 2010

Jahrestagung der Weltbank und des

Internationalen Währungsfonds inWashington D.C., USA

9. Oktober 2010

“Resolving Sovereign Debt Crisis”

Vorstellung der Studie vonerlassjahr.de/ FES in der Weltbank

11. - 12. November 2010

G20-Gipfeltreffen, Seoul, Südkorea

November 2011

G20-Gipfeltreffen in FrankreichOrtsangabe folgt

Letzter Aufruf zur Mitträgerversammlung

Die Anmeldefrist für die Mitträgerversammlung vom 5. bis zum 6. November 2010 in

Künzell bei Fulda ist zwar schon abgelaufen - aber es sind noch Plätze frei!

Wer sich also die Chance nicht entgehen lassen möchte, zusammen mit unserer KolleginOygunn Brynildsen von EURODAD (Brüssel) die globale Kampagne für eininternationales Insolvenzverfahren aktiv mitzugestalten, sollte sich schnell im erlassjahr-Büro anmelden:

- per Email: [email protected] per Fax: 0211-4693-217- per Telefon: 0211-4693-218

Das Anmeldeformular sowie Pro-gramm und Anfahrtsbeschreibungfinden Sie auf unserer Homepage.Klicken Sie dafür bei www.erlassjahr.deauf den Menüpunkt „Termine“. Wirschicken Ihnen die Einladung auchgerne per Fax oder Post zu!

Wir freuen uns, viele alte und neue Bekannte in Künzell begrüßen zu dürfen! DieMitträgerversammlung von erlassjahr.de ist eine Veranstaltung mit Tagungscharakterund für alle Interessierten offen. Sehen wir uns im November?

Schwarzer Tag für erlassjahr.deMailinglisten-Verteiler zerstört

Bei unserer Informations- und Lobbyarbeit sind Kontakte das Wichtigste. Deswegenist die folgende Nachricht besonders schwerwiegend für erlassjahr.de. Durch einenSchaden am Server bei der externen Firma, die unsere Mailinglisten verwaltet, sind dieEmails der Presse-, Newsletter-, Fachinfo- und Mitträgerlisten verlorengegangen. Leidersind auch alle Rettungsversuche zur Wiederherstellung der Listen fehlgeschlagen.Deswegen bitten wir alle bisherigen Empfänger unserer Newsletter und Pressemitteilun-gen (und alle, die es werden wollen): Tragen Sie sich bitte unbedingt wieder in unsere

Mailinglisten ein! Eine einfache Emailnachricht an [email protected] genügt.

Bitte vermerken Sie, für welche Liste Sie sich interessieren (Pressemitteilungen,Fachinfo, Mitträger - oder auch alle zusammen).Den Newsletter können Sie direkt auf unserer Homepage abonnieren:

www.erlassjahr.de

Wir hoffen auf Ihre Mitwirkung bei der Wiederherstellung der Listen!

:-(

Entschuldungskurier Nr. 9 Mai 201016

Wege aus der SchuldenfalleNeue Poster-Ausstellung erschienen!

Großes Thema im großen Format: In diesem Sommer ist die neue erlassjahr.de –Posterserie über die globale Verschuldung und aktuelle Forderungen derEntschuldungsinitiativen mit dem Namen „Wege aus der Schuldenfalle“erschienen.

Auf 18 Postern (DIN A1) werden die Inhalte in vier Kapiteln präsentiert: Imersten Abschnitt „Die Verschuldung der Entwicklungsländer“ wird gezeigt, wiesehr Entwicklung und Verschuldung in armen Ländern zusammenhängen. Soist vielen Menschen im Norden nicht bewusst, dass Schulden im Süden sogarMenschenleben kosten können.

Im Themenblock „Der Umgang mit Schulden“ stehen die Gläubiger imVordergrund. Besonders raffgierig agieren private sogenannte „Geierfonds“,die mit den Schulden der Armen Profit machen wollen. Doch auch internationaleAkteure wie Weltbank und IWF verdienen an der Verschuldung von Ländern.

Eine Vorschau der Poster finden Sieonline unter www.erlassjahr.de> Material und Publikationen> Poster-Ausstellung

Im dritten Abschnitt geht es um die „Möglichkeiten für einen Schuldenerlass“. Dafür werden verschiedeneSchuldenindikatoren erklärt, die eine Beurteilung der Verschuldungssituation einzelner Länder ermöglichen. Auch wirddie 1999 begründete Weltbank-Initiative für die Entschuldung hoch verschuldeter armer Länder (HIPC) vorgestellt. Eswird erklärt, warum diese nicht ausreicht, um langfristig eine tragfähige Schuldenbelastung zu garantieren. Als Alterna-tive wird das Modell für ein internationales Insolvenzverfahren vorgestellt.

Im letzten Kapitel erfährt der Besucher mehr über das Entschuldungsbündnis erlassjahr.de und natürlich gibt es Tipps,wie man selbst aktiv werden kann. Aktuelle Flyer und Aktionsmaterial von erlassjahr.de liefern wir gerne mit!

Die gesamte Ausstellung inklusive Leitfaden und Tipps für Veranstaltungen kann per Email, Telefon oder Fax beimerlassjahr.de - Büro bestellt werden. Für nur 20 Euro bekommen Sie von uns 18 hochwertige DINA1-Poster - diesewerden auch in großen Räumen zum unübersehbaren Blickfang! Die Poster können aber auch einzeln - je nach Thema -zum Beispiel im Unterricht verwendet werden. Unser Leitfaden liefert auch Tipps für eine kleine Auswahl aus der Serie,die man bei Platzmangel präsentieren kann. Eine Empfehlung an alle Regionalkoordinatoren, Schulen, Gemeinden underlassjahr-Aktive!

Jetzt bestellen!

[email protected]

Tel. 0211-4693 218

18 Poster DIN A1:

20 Euro