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allgäu ALTERNATIV Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz Ausgabe 3/2014 Schwerpunktthema: E-Mobil-Projekte im Allgäu Wasserkraft: Pumpspeicherkraft vor dem Aus? Ein Windrad soll Gemeindesäckel füllen

Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

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ALLGÄU ALTERNATIV ist die einzige Zeitschrift für das Allgäu, welche sich ausschließlich mit regionalen Themen zu Energiezukunft und Klimaschutz beschäftigt. Weitere Informationen zur Energiezeitschrift finden Sie unter www.allgaeu-alternativ.de Interessierte Werbekunden erhalten von unserer Anzeigenleitung weitere Informationen: Sven Abend, Tel. +49 (0)8379 728616, E-Mail: [email protected]

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Page 1: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

allgäuALTERNATIVRegionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz

Ausgabe 3/2014

Schwerpunktthema: E-Mobil-Projekte im AllgäuWasserkraft: Pumpspeicherkraft vor dem Aus?Ein Windrad soll Gemeindesäckel füllen

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Auf ein Wort

Seit der Diskussion um die Neuregelung desErneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) istdie Energiewende weitgehend wieder aus den

Schlagzeilen verschwunden. Dennoch hat diesesThema nichts von seiner grundsätzlichen Bedeutungfür die Gestaltung unserer Zukunft verloren. Je ent-schlossener wir hier handeln, desto besser sind die mitder Energiewende verbundenen Chancen, auch fürunsere Wirtschaft, zu nutzen.

Zwar werden wichtige Rahmenbedingungen fürdie Energiepolitik auf Landes- und auf Bundesebenefestgelegt, aber wir auf kommunaler Ebene in denLandkreisen, Städten und Gemeinden sind näher anden Bürgern und Unternehmen dran. Wir könnenMotor der Energiewende in den Regionen sein. Sowurde in der Stadt Kempten in den vergangenen Jah-ren bereits intensiv am strategischen Ziel Klimaschutzgearbeitet. Mit dem Klimaschutzkonzept, der Teilnah-me am European Energy Award® und dem Masterplan100% Klimaschutz wurde die Basis gelegt – jetzt kön-nen wir konkrete Projekte angehen. Im Juli 2014 hatder Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz desKemptener Stadtrates die Fortsetzung und Auswei-tung der »Sanieren mit GRIPS«-Kampagne beschlos-sen, mit der wir private Hausbesitzer über die Chan-cen der energetischen Gebäudesanie-rung informieren wollen. Mit dem ge-planten Neubaugebiet Halde Nordwerden wir Rahmenbedingungen fürklimafreundliches Bauen und Woh-nen in Kempten schaffen, und aktuellwählen wir einen Stadtteil aus, in demwir mit einem Quartierskonzept mo-dellhaft eine energieoptimierte, zu-kunftsorientierte Weiterentwicklungdes Bestandes testen werden.

Wir sind uns dabei im Klaren,dass Kempten als Metropole des All-gäus auch in Sachen Energie- und Kli-maschutz als Beispiel für die gesamteRegion dient. Wir wollen diese Rolleaktiv ausfüllen und freuen uns auchdarüber, dass mit dem Energie- &Umweltzentrum Allgäu (eza!) und derAllgäu GmbH die Zusammenarbeitder Allgäuer Landkreise und Städte sogut funktioniert. Ich sehe es dabei alsmeine Aufgabe als neuer Vorsitzender

von eza! an, daran mitzuwirken, dass eza! als Dienst-leister und Motor der Energiezukunft weiterhin so en-gagiert und erfolgreich für die Bürger und Kommunendes Allgäus arbeiten kann.

Besonders wichtig ist für mich dabei, dass wir diePlattform der Zusammenarbeit auf Allgäu-Ebene mitdem Projekt »Energiezukunft Allgäu« weiterent -wickeln. Hier wurde einerseits die Situation im Allgäuanalysiert, andererseits wurden gemeinsame Projektefür das gesamte Allgäu diskutiert und auf den Weg ge-bracht. Und das halte ich für den richtigen Ansatz.Denn wir stehen in Kempten und Memmingen, inLindau und Mindelheim, in Pfronten und Wasserburgund in vielen weiteren Kommunen oftmals vor dengleichen Herausforderungen, die sich gemeinsam bes-ser bewältigen lassen.

Nutzen wir zusammen die Chancen der Energie-wende und gestalten gemeinsam die Energiezukunftin unserem Allgäu!

Ihr Thomas KiechleOberbürgermeister der Stadt Kempten (Allgäu)

Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von eza!

»Unsere Chancen nutzen!« Thomas Kiechle, eza!-Vorsitzender

Thomas Kiechle, eza!-Vorsitzender

Foto

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za!

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Impressum

Verlag und Herstellung:

Verlag HEPHAISTOS,

EDITION ALLGÄU

Lachener Weg 2,

87509 Immenstadt-

Werdenstein

Tel. 08379/728616

Fax 08379/728018

[email protected]

www.allgaeu-alternativ.de

Herausgeber:

Peter Elgaß

Redaktion:

Viola Elgaß (v.i.S.d.P.),

Thomas Niehörster,

Annette Müller,

Volker Wille

Gekennzeichnete Beiträge

stellen die Meinung des

Ver fassers, nicht aber des

Verlages dar.

Layout:

Bianca Elgaß,

Ramona Klein,

Dominik Ultes

Anzeigen:

Sven Abend (Ltg.),

Simon Gerle

Tel. 08379/728616;

gültige Anzeigenpreisliste:

1/2010

Bankverbindung Verlag:

Raiffeisenbank Oberallgäu-

Süd eG, IBAN:

DE97733699200007126999,

BIC: GENODEF1SFO

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Vorwort Seite 3

E-MobilEin Plan B für Buchloe Seite 614. AÜW-Säule aufgestellt Seite 9

MächlerKlimafreundliche Lieferung Seite 10

E-MobilGäste können E-BMW fahren Seite 12Den Einsatz erproben Seite 14

EnergiespeicherFernost hat die Nase vorn Seite 16Energiewende im Biohotel Seite 18

BrennstoffzelleGalileo unter Beobachtung Seite 20

HaushaltEU-Label setzt Zeichen Seite 21

DämmenDas Bauchgefühl entscheidet Seite 22

Inhalt

Fotos: eza!, Thomas Niehörster, Volker Wille; Titelfoto: Peter Schmeller, Baufritz, Archiv

In der Ausgabe 1/2014berichteten wir über dieelektrogetriebene Allgäu-kutsche für New York. Siesoll die Pferdegespanne inder Großstadt ersetzen.Einstweilen ist das sonder-bare Fahrzeug noch im All-gäu. Und für eine Probe-fahrt in den HindelangerBergen steht sie noch zurVerfügung. Unser Repor -ter Thomas Niehörsterwar bei einem der Aus rit -te des Kutschen-Erfin dersRichard Schalber dabei

Titelfoto

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WasserstoffTank-Supermarkt fürs Allgäu Seite 24

Bauen + SanierenEin Netzwerk für Qualität Seite 26

EnergieHeizkraftwerk für die Schule Seite 29

MeldungenAÜW gehört zu den großen Hundert Seite 30Allgäuer Energietag war ein voller Erfolg Seite 30Bürgergesellschaft in neuem Gewand Seite 31»Großer Beitrag zur Energiewende« Seite 31Straßenbeleuchtung begleitet Radler Seite 32Duschen mit Eisbär Seite 32Ostallgäu gewinnt Solar-Bundesliga Seite 32»Qualitätsbeweis für unsere Arbeit« Seite 33Neuer Name für die Energiewende Seite 34Teilnehmer sind mit Mindelheim zufrieden Seite 34Lob für Nachhaltigkeitspreis Seite 34Elektrofahrzeug bewährt sich im Dienst Seite 35Neue »Fitness-Kurse« bei eza! Seite 35Start für Kraftwerk in Kempten Seite 35

WasserkraftDas »Älpele« im Kreistag Seite 36Pumpspeicher Forggensee Seite 38

BauenWeiterbildung in Kempten Seite 40

Ökologisch bauenGesund und sparsam wohnen Seite 42

6. SolarmeisterschaftBaisweil auf dem Vormarsch Seite 46

WindenergieEin Italiener im Allgäu Seite 48Wind vertreibt die Schulden Seite 50

Energie-PraxisViel Wind in der Schule Seite 52

ArtenschutzEin vermeidbarer Konflikt Seite 53

Natur/TechnikWie Fledermäuse »sehen« Seite 54

KlimawandelDie Bäume wachsen schneller Seite 56

KlimaschutzErfolg mit »Aktion Klima« Seite 59Den Wald lesen lernen Seite 60

NaturgartenEine Ernte ohne Chemie Seite 62

KlimaDer Feind in der Luft Seite 64

LandwirtschaftAcker schlägt grüne Wiesen Seite 66

PortraitWas tut die ReWiG Allgäu? Seite 70

Vorschau Seite 74

Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächsteAusgabe ist der 30. Januar 2015

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Die Elektromobilität ist das Zukunftsthemafür die bayerische Automobilindustrie. Wirwerden hier mit dem neuen Förderpro-

gramm ,Elektromobilität und innovative Antriebs-

technologien‘ die richtigen Anreize schaffen. Ich binüberzeugt, dass auch das Projekt ePlanB wertvolle Im-pulse liefern wird«, sagte Bayerns Wirtschaftsstaatsse-kretär Franz Josef Pschierer. »Das Projekt unterstütztunser Ziel, Bayern zum Vorreiter bei der Elektromo-bilität zu machen.« Pschierer dankte den Partnern, diedas Projekt tragen: dem Landkreis Ostallgäu, der StadtBuchloe, der Lechwerke AG (LEW), der LEW Verteil-netz GmbH (LVN) sowie der Forschungsstelle fürEnergiewirtschaft (FfE). Auch sein Ministerium, soPschierer, fördert das Projekt

Eine ganze Reihe von Praxis-Untersuchungen inSachen E-Mobilität läuft derzeit. In München wird un-

Mit dem Elektroauto zum Park&Ride-Platz fahren, das Fahrzeug an einen von 16Ladepunkten anschließen und dann in den Zug umsteigen – für einige BuchloerPendler wird das schon bald Realität. Ermöglicht wird der klimafreundlichePendlerverkehr durch das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt ePlanB.

Ein Plan B für BuchloeForschung mit Fahr- und Stehzeugen

Landrätin Rita Zinnecker:»Kaum eine Region treibt die Energie -

wende so aktiv voran wie der Landkreis

Ostallgäu. Wir wurden dieses Jahr

Meister in der Solar-Bundesliga!«

E-Mobil

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tersucht, wie das Verhalten der E-Autofahrer ist, diean einem Car-Sharing teilnehmen. Die HochschuleKempten untersucht mit seinem Forschungspro-gramm, wie das Fahrverhalten der Nutzer ist, und inBuchloe, wo derzeit rund 10.000 Menschen täglich indie Züge nach Memmingen, Kempten, Augsburg undMünchen ein- und umsteigen, startet das neue ProjektePlanB, das die Zielgruppe Pendler im Fokus hat.

Das Hauptziel ist, ein intelligentes Lademanage-ment zu entwickeln, das die Batterien von geparktenElektroautos dann auflädt, wenn viel Strom aus hei-mischen erneuerbaren Energiequellen eingespeistwird. Dadurch können Netzinfrastrukturen effizientergenutzt werden. Zugleich sollen Pendler stärker fürdas Thema Elektromobilität sensibilisiert werden. Fürden Feldtest wird am Park&Ride-Platz beim Bahnhofin Buchloe eine Ladeinfrastruktur aufgebaut. Geeig-neten Pendlern werden für eine gewisse Zeit Elektro-autos zur Verfügung gestellt.

Mehr als 500 Pendler aus dem Ostallgäu und Tei-len des Unterallgäus bis nach Memmingen kommentäglich nach Buchloe, um von hier aus mit der Bahnweiterzufahren, erklärt Josef Schweinberger, ErsterBürgermeister von Buchloe. Mithilfe einer Befragungwill die Stadt zunächst das Pendlerverhalten in der Re-gion analysieren. »Das hilft uns zum einen, Infrastruk-turmaßnahmen besser planen zu können, zum ande-

ren ist die Befragung ein wichtiger Schritt, um geeig-nete Teilnehmer für das Forschungsprojekt ePlanB zufinden«, erklärt Schweinberger.

Die Pendler fahren für eine gewisse Zeit ein Elek-trofahrzeug, das ihnen auch für die private Nutzung zurVerfügung steht. Am Park&Ride-Platz beim Bahnhofin Buchloe werden in den kommenden Monaten achtLadesäulen mit je zwei Ladepunkten errichtet. im Früh-jahr 2015 soll die Ladeinfrastruktur in Betrieb gehen.

Staatssekretär Franz Josef Pschierer:

»Wir schaffen Anreize für die

E-Mobilität in Bayern!«

Prominenz bei der Auftakt -veranstaltung Mitte September(v.l.): Paul Wengert (MdL),Angelika Schorer (MdL), Nor -bert Schürmann (LEW), JosefSchweinberger (BürgermeisterBuchloe), Landrätin Rita Zinn ecker, Staatssekretär Franz Josef Pschierer undProfessor Wolfgang Mauch

Um das Laden intelligent steuern zu können, geben dieNutzer – entweder direkt vor Ort an der Ladesäule oderüber eine Website – die Daten zur vorgesehenen Park-dauer und dem aktuellen Batterieladezustand ein.

Der Feldtest findet in zwei Phasen statt: In der ersten zeichnen wir Daten zum Nutzerverhalten undzum Ladeverhalten auf«, erklärt Prof. Dr.-Ing. Wolf-gang Mauch von der Forschungsstelle für Energiewirt-schaft (FfE). »Etwa sechs Monate später beginnt diezweite Phase, in der wir das bis dahin entwickelte La-

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trofahrzeuge kann Leistungsspitzen vermeiden«, er-klärt Mauch. Zum Aufladen soll vorrangig der in derRegion erzeugte Strom aus erneuerbaren Quellen ge-nutzt werden.

»Elektromobilität ist die logische Fortsetzung derEnergiewende auf der Straße. Denn Elektroautos sindnicht nur leise und sauber – als mobile Speicher kön-nen sie auch zur Stabilisierung der Stromnetze beitra-gen, wenn immer mehr Strom aus erneuerbaren Ener-gien eingespeist wird«, sagt LEW-VorstandsmitgliedNorbert Schürmann. Ein intelligentes Lademanage-ment-System für Elektroautos könne dazu beitragen,vorrangig den in der Region erzeugten regenerativenStrom zu nutzen.

Kaum eine Region treibt die Energiewende so ak-tiv voran wie der Landkreis Ostallgäu. Der Anteil derregenerativen Energien ist hier besonders hoch. »Da-für wurden wir vor kurzem auch Meister der Solar-Bundesliga«, sagt Rita Zinnecker, Landrätin des Land-kreises Ostallgäu. »Wir freuen uns, dass wir mit demElektromobilitätsprojekt ePlanB die Innovationskraftin der Region weiter steigern können.«

Fotos: Archiv

E-Mobil

Das Projekt und die PartnerDas Gesamtbudget des Forschungsvor -

habens ePlanB liegt bei rund 1,3 Millionen

Euro. Davon tragen die Lech werke rund

650.000 Euro, der Freistaat Bayern fördert

das Vorhaben mit knapp 600.000 Euro, Land-

kreis Ostallgäu und Stadt Buchloe beteiligen

sich mit jeweils 36.000 Euro.

Die LEW-Gruppe ist als regionaler Energie -

versorger in Bayern und Teilen Baden-

Württembergs tätig. LEW beschäftigt mehr

als 1700 Mitarbeiter und ist mit 35 Wasser -

kraftwerken einer der führenden Erzeuger

von umweltfreundlicher Energie aus Wasser -

kraft in Bayern. Die LEW Verteilnetz GmbH

(LVN) ist eine Tochtergesellschaft der LEW-Gruppe und sorgt als regionaler Verteilnetz -betreiber für einen zuverlässigen undsicheren Betrieb des Stromnetzes. Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft(FfE) ist ein bundesweit anerkanntesForschungs institut mit einer über 60-jährigenTradition, das sich mit aktuellen Frage stellun -gen der Energietechnik und Energiewirtschaftbeschäftigt.Der Landkreis Ostallgäu ist knapp 1400Quadratkilometer groß und hat ca. 134.000Einwohner. Die Stadt Buchloe bezeichnet sichmit ihren 12.000 Einwohnern als Tor zumAllgäu. Sie ist die drittgrößte Stadt im Land -kreis Ostallgäu.

0 5 10 15 20Tageszeit

Ladeleistung von Elektrofahrzeugen

1. Reduktion der

Leistungsspitze

2. Verschiebung der

Ladevorgänge zu Zeiten

hoher PV-Erzeugung

Er ist der Vater des Forschungsvorhabens in Buchloe:Professor Dr.-Ing. Wolfgang Mauch von FfE

Eine Gesprächsrunde mit denProjektpartnern verdeutlichte

die Ziele des Projektes

demanagementsystem anwenden werden«, so Mauch.Dabei solle das netzoptimierte Laden der Elektrofahr-zeuge dazu beitragen, die Netzbelastung gering zu hal-ten. »Eine intelligente Steuerung zum Laden der Elek-

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E-Mobil

allgäuALTERNATIV

Thomas Kiechle, Oberbürgermeister der StadtKempten, und Michael Lucke, Geschäftsführerdes Allgäuer Überlandwerks, eröffneten ge-

meinsam mit Monika Beltinger, Baureferentin der StadtKempten, und Markus Wiedemann, Amtsleiter Tiefbauund Verkehr der Stadt Kempten, die neue Ladestationam Hildegardplatz/Parkplatz »Am Kirchberg«.

»Mit der neuen Ladesäule runden wir in Kemptendie sogenannte Knochenstrategie ab. Mit der bestehen-den Ladesäule am Forum Allgäu, verbunden durch un-sere Fußgängerzone, können wir jetzt auch am neuge-stalteten und sehr attraktiven Hildegardplatz eine La-demöglichkeit für Elektrofahrzeuge anbieten«, so Tho-mas Kiechle, Oberbürgermeister der Stadt Kempten.

Das Allgäuer Überlandwerk betreibt im VerbundAllgäuStrom derzeit insgesamt 14 Ladestationen fürElektrofahrzeuge im gesamten Allgäu. »Es war uns eingroßes Anliegen, mit der neuen Ladesäule Am Kirch-berg die Infrastruktur für öffentliches Laden von Elek-trofahrzeugen in Kempten und damit im Allgäu weiterauszubauen. Vom Flughafen Memminger Berg überKempten bis in das Kleinwalsertal bieten wir nahezu

flächendeckend Lademöglichkeiten an. Ein wichtigerSchritt für die Elektromobilität und die Energiezu-kunft Allgäu«, ergänzt Michael Lucke, Geschäftsführerdes AÜW.

Alle AllgäuStrom-ladestationen im Allgäu sindöffentlich zugänglich. Kunden des Allgäuer Überland-werks oder von einem der anderen acht AllgäuStrom-Partner in der Region können an allen Ladestationenkostenfrei Strom tanken. Weitere Informationen rundum das Thema Elektromobilität im Allgäu sowie dieStandorte aller Ladesäulen finden Sie im Internet un-ter www.allgaeustrom.de/emobil

Mit dem Abschluss der Baumaßnahmen am neuen Hildegardplatz in Kempten eröff-nete das Allgäuer Überlandwerk die 14. Ladestation für Elektrofahrzeuge im Allgäuam Parkplatz »Am Kirchberg«. Eine moderne Aufrüstung für die historische Altstadt.

14. AÜW-Säule aufgestellt Neue Ladestation am Hildegardplatz

Kemptens Oberbürgermeister, Thomas Kiechle (2. v. l.) und Michael Lucke, Geschäftsführer des AÜW (r.)

eröffnen gemeinsam mit Monika Beltinger (l.), Baureferentinder Stadt Kempten und Markus Wiedemann (2. v. r.),Amtsleiter Tiefbau und Verkehr der Stadt Kempten,die 14. Ladestation für Elektrofahrzeuge im Allgäu

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Foto: Allgäuer Uberlandwerke (AÜW)

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Mächler

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Der ausgebildete Kaufmann Michael Vetterwohnt heute in Bad Oberdorf. Früher arbei-tete er bei IBM in Böblingen und später in

der Satellitenbeobachtung in Oberpfaffenhofen. DerSchlaganfall warf ihn für Jahre aus der Lebensbahn.Zur Reha war er zehn Jahre am Plattensee in einemWohn- und Beschäftigungsheim der bayerischen Re-gens-Wagner-Stiftung. Hier lernte Michael Vetter,

Wunderbar, wenn ein Mensch nach einem Schicksals-schlag seinen Lebensmut nicht verliert und sich darüberhinaus auch noch für andere engagiert. So wie MichaelVetter (60, ledig). Er wurde 2002 nach einem Schlaganfallmitten aus seinem Arbeitsleben gerissen. Lange hat es gedauert, bis er wieder »auf die Beine« kam. Jetzt will erBotenfahrten mit einem Elektro-Lastenfahrrad anbieten.

Klimafreundliche LieferungEinkaufshilfe mit dem E-Cargo-Bike

InfoMichael Vetter, Weihergasse 17, 87541 Bad Oberdorf,

Tel.: 0162 304 8948

Fotos: Thomas Niehörster

Dienstleister auf vier Rädern: Michael Vetter mit seinemCargo-E-Bike ist rufbereit

seine motorische Beweglichkeit wiederzufinden. Mit60 Jahren kehrte er nun zurück nach Bad Oberdorf.

Um seinem Leben weiterhin einen Sinn zu gebenund gleichzeitig einen Teil an Engagement zurückge-ben zu können, so sagt Michael Vetter, hat er ein ge-brauchtes »Work-Bike« erworben. Das mit einem E-Motor betriebene Lastenfahrrad hat ein geschlossenesLadeteil für Frachtgut. Es ist für eine Zuladung bis zu200 Kilo ausgelegt und bietet ein Ladevolumen von ca.1200 Litern. Vetters Idee ist, mit diesem LastenfahrradBotenfahrten zu erledigen, Einkäufe von Fenebergoder anderen Geschäften zu älteren oder gleichfallsbewegungseingeschränkten Kunden zu bringen oderPakete für Firmen auf kurzem Weg zu transportieren.Seinen Wirkungskreis sieht Vetter von seinem Hei-matort Bad Oberdorf bei Bad Hindelang bis Oberst-dorf, Sonthofen und Immenstadt.

Vetter betrachtet seinen Service als ehrenamtli-che, kostenlose Leistung gegenüber der Gesellschaft,die früher auch für ihn eingestanden ist. Vetter warbemüht, die Einstandskosten von 1500 Euro für dasgebraucht erworbene »Work-Bike« über ein Existenz-gründerdarlehen zu finanzieren. Für diese in Banker-kreisen sogenannten »Peanuts« ließ sich für Vetter je-doch kein Geldinstitut finden. So möchte er die An-schaffungs- und Betriebskosten – u.a. ist ein neuerAkku fällig – über Werbung auf den Flächen seines»Work-Bike« finanzieren. Hier sucht er noch einenSponsor. Über sein Handy ist Michael Vetter Tag undNacht erreichbar und fährt, so versichert er, »bei je-dem Wind und Wetter«. (thn)

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Technische Daten des Cargo-Bike

Das Modell Cargo vom Hersteller Work-Bikes inBerlin gibt es anscheinend nicht mehr neu zu kaufen.Die Kontaktdaten sind gelöscht, die Homepage ist aber noch vorhanden: www.work-bikes.de. Trotzdemhier eine technische Beschreibung: Das Modell ist aus-gelegt für eine Zuladung von bis zu 200 Kilogrammund bietet ein Ladevolumen von ca. 1200 Litern. DieLadeöffnung verschließen kann man sicher und be-quem mit einem Alu-Rolltor.

Das Modell hat einen Stahlrahmen und einhandlaminiertes GFK-Gehäuse. Gelenkt wird das vier-räderige Gefährt mit Nylon-Spurstangen. Es hatSachs/Acelo-Trommelbremsnabe mit hydraulischerBetätigung und Feststellbremse an allen Laufrädern.Für die Beleuchtung sorgt ein eigener Blei-Akku. DerHersteller bot cargo seinerzeit mit drei E-Motoren an:eine 36-Volt-Version, einen 48-Volt-Nabenmotor undeinen 48-Volt-Getriebemotor. Der Grundpreis für denVan Cargo lag bei 5800 Euro. Mit E-Motorisierung,Ladegeräten, Akkus und diversem Zubehör kam dasModell auf nahezu 10.000 Euro. Es gibt inzwischen ei-nige andere Hersteller, die E-Bike-Szene produziertimmer schneller neue Ideen und Techniken – auch imBereich der Transport-E-Bikes.

Einen Packesel kaufen?Derzeit gibt es ein echtes Packrad bei

Dominik Rombach in Denzlingen zu kaufen.

Das »Urban Arrow Cargo« hat eine N360°

stufenlose Nabenschaltung, hydraulische

Shimano-Scheibenbremsen und ist mit einem

250-Watt-Bosch-Motor ausgestattet. Das

Rad ist ein echtes E-Bike, das bei 25 Stunden -

kilometern die Trethilfe einstellt und deshalb

ohne Führerschein im Straßenverkehr ge -

nutzt werden darf. Es ist mit einer 300-

Liter-Transportbox aus Alu oder Holz zu

bekom men. Der stromspendende Akku

und das Ladegerät sind inklusive. Mit Holz -

box kostet das Urban Arrow Cargo 3890

Euro, mit Alu box kommt es auf 4150 Euro.

Kontaktdaten: Dominik Rombach,

Schwarzwaldstraße 29, 79211 Denzlingen,

Telefon: 0151 55757380, Internet:

www.packrad.de, E-Mail: [email protected]

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E-Mobil

German Fries, erster Bürgermeister von Otto-beuren, sagte bei der Übergabe: »Durch dasElektroauto nimmt Ottobeuren eine Vorrei-

terrolle ein, weil es nicht nur als Dienstfahrzeug, son-dern auch für touristische Zwecke genutzt werdenkann.« Unter der Woche wird das Fahrzeug den Be-schäftigten der Verwaltungsgemeinschaft für Dienst-fahrten zur Verfügung stehen. Am Wochenende solles auch Touristen angeboten werden. Dazu werdenvom Fremdenverkehrsbüro Tourenvorschläge ausge-arbeitet, die die Reichweite des Fahrzeugs einkalkulie-ren bzw. für längere Strecken Lademöglichkeiten fürunterwegs aufzeigen.

»Ottobeuren ist damit ein attraktives Reiseziel fürBesucher, die die nähere Umgebung im Allgäu klima-freundlich erkunden möchten«, sagt Peter Kraus, Lei-ter Touristikamt Kur & Kultur Ottobeuren. Basierendauf den Erfahrungen aus der touristischen Nutzung,will das Energieteam Ottobeuren als nächsten Schrittein E-Carsharing-Modell für Bürger entwickeln.

Ermöglicht wurde die Anschaffung des BMW i3für den kommunalen Fuhrpark durch die Unterstüt-zung von LEW und Autohaus Reisacher. »Wir selbstleben seit Jahren in unseren Autohäusern das ThemaNachhaltigkeit durch den ressourcenschonenden Ein-satz regenerativer Energien. Aus diesem Grund freuenwir uns sehr, dass die Marktgemeinde Ottobeuren denkonsequenten Schritt in Richtung nachhaltiger Mobi-lität mit dem BMW geht, und unterstützen so ein zu-

kunftsweisendes Projekt sehr gerne«, erklärt Hanne-lore Reisacher von der Geschäftsleitung der ReisacherGmbH.

»Elektromobilität ist die logische Fortsetzung derEnergiewende auf den Straßen. Der Fokus der Lech-werke liegt im Aufbau von Ladeinfrastruktur, sie istwichtig, um die Elektromobilität in der Region voran-zutreiben«, sagt LEW-Kommunalbetreuer Josef Ner-singer. »Wir möchten aber auch Begeisterung schaffenfür E-Mobility. Deshalb verleihen wir an Partner undKommunen Elektrofahrzeuge aus unserem Fuhrparkfür Praxistests. Denn Elektroautos sind nicht nur sau-ber und leise, sondern auch schnell und wendig.« ImApril haben die Verwaltungsangestellten bereits einElektroauto von LEW für einen Praxistest bekommen.Zeitgleich wurde eine öffentliche Ladesäule am Markt-platz in Betrieb genommen. »Wir freuen uns, dass sichOttobeuren mit der Anschaffung eines eigenen Elek-troautos weiter zu einer klimafreundlichen Mobilitätbekennt«, so Nersinger.

Die Lechwerke haben verschiedene Elektroautosin ihrem Fuhrpark und betreiben derzeit rund 30 öf-fentlich zugängliche Ladesäulen in ihrem Netzgebiet.Außerdem haben Fahrer von Elektroautos über denVerbund »Ich tanke Strom« Zugang zu über 100 Au-toladesäulen in der gesamten Region Bayerisch-Schwaben. Elektrofahrzeuge produzieren unterwegsweder Abgase, noch belasten sie die Umwelt durchFeinstaub oder Motorenlärm.

Die Marktgemeinde Otto -beuren hat ein Elektrofahr -zeug vom Typ BMW i3 inihren Fuhrpark aufgenom-men. Die Lechwerke (LEW)unterstützen den Unterhaltdes Fahrzeugs durch eineWerbepartnerschaft. Auchdas Autohaus Reisacher un-terstützte die Anschaffungdes BMW. Unter der Wochefährt die Verwaltung denWagen – am Wochenendedie Gäste.

Gäste können E-BMW fahrenOttobeuren nimmt Vorreiter-Rolle ein

Foto: LEW

/San

z

Bei der Übergabe des Fahr -zeuges: Josef Nersinger, LEW-

Kom munalbetreuer, Hannelore Reisacher, Autohaus

Reisacher, und OttobeurensBürgermeister German Fries

(v.l.)

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Im Rahmen verschiedener Verbundprojekte mitPartnern aus der Industrie und zusätzlicher Auf-tragsforschung werden deutschlandweit Daten von

Fahrzeugen aufgezeichnet und verarbeitet. Durch dieAufzeichnung der Daten mit modernsten Messgerätenist mit den Jahren eine umfangreiche Datenbank mit

Elektro- und konventionellen Fahrzeugen zur Ver-gleichsanalyse entstanden. In dieser Datenbank sindmittlerweile mehr als 130 verschiedene Fahrzeuge vonunterschiedlichen Herstellern hinterlegt, mit denenmehr als 550.000 Kilometer im Allgäu und den ange-bundenen Partnerregionen zurückgelegt wurden.

Am Forschungszentrum Allgäu (FZA) als Teil der HochschuleKempten wird seit 2009 intensiv an der Elektromobilität gearbeitet. Im Bereich energieeffizienter Mobilitätssysteme wird in Projekten an unterschiedlichen Themen geforscht. So werden neben der Batterieforschung im hauseigenen Batterielabor (Institut für Elektrische Energiesysteme, IEES)auch umfangreiche Forschungen an der eigenen, heterogenenElektrofahrzeugflotte vorgenommen.

Den Einsatz erprobenE-Coaching mit der Hochschule Kempten

E-MobilFoto: H

ochschule Kem

pten

Ein Hochschul-Team aufErkundungsfahrt

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Um die Vielfältigkeit der Nutzungsszenarien zugewährleisten, wurde bei der Auswahl der Probandenbesonderes Augenmerk auf verschiedene Nutzungs-kreise von Mobilität gelegt. So sind Einsätze der Fahr-zeuge im Taxidienst, als Gemeindefahrzeug, im Flot-teneinsatz, im Lieferverkehr, als Schüler- und Studen-tenfahrzeuge, im Car-Sharing, als Fahrschulauto, imprivaten Einsatz als touristischer Mietwagen sowie alsPendler- und Alltagsfahrzeug in der Datenbank hin-terlegt. Wichtig dabei ist auch eine gute Durchmi-schung der Szenarien mit unterschiedlichen Alters-schichten (17 bis 80 Jahre).

Neben den Auswertungen zum Fahr- und Nut-zungsverhalten werden mit diesen Daten Energiemo-delle für verschiedene Elektrofahrzeugtypen entwi-ckelt, die sich an den gegebenen topografischen Be-dingungen orientieren. Somit lassen sich sehr genaueVorhersagen zum Energiebedarf und der Reichweiteder Fahrzeuge treffen, die weit über eine rein lineareReichweitenabschätzung hinausgehen. Die Energie-modelle der Fahrzeuge ermöglichen eine präzise Ener-gieprognose auf der zu befahrenden Strecke und ge-ben so dem Fahrer die Sicherheit, sein gewünschtesZiel zu erreichen.

Aus dieser Reichweitenermittlung hat sich imLaufe der Zeit ein weiterer Nutzen entwickelt: dasElektromobilitätscoaching. Als Anlaufstelle für Elek-tromobilität werden oft Fragen bezüglich der Reich-weite und der Lademöglichkeiten gestellt, auch die fi-nanziellen Aspekte werden hinterfragt. Um diese Fra-gestellungen kompetent beantworten zu können, bie-tet die Hochschule Kempten interessierten Flottenbe-treibern ein Elektromobilitätscoaching an, basierendauf der umfangreichen Erfahrung im Bereich Elektro-mobilität.

Die Gründe für eine Umstellung des Mobilitäts-konzeptes vor allem für Flottenbetreiber sprechen fürsich:

• Verringerung des CO2-Ausstoßes der Flotte• Weniger Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen• Emissionsfreies Fahren insbesondere in Bal-lungsräumen

• Nutzung des eigenen Stroms für den Betriebder Fahrzeuge

Vor allem öffentliche Einrichtungen sind ange-halten, hierbei eine Vorreiterfunktion zu erfüllen,aber auch für privatwirtschaftliche Unternehmenlohnt sich eine Fuhrparkanalyse, da das Elektromo-bilitätscoaching neben der verbesserten Energie-bilanz auch eine Einsatz- und Kostenoptimierung bewirken kann.

Dabei werden vor allem für den Fuhrparkleiterdiverse Fragestellungen geklärt:

• Ist die Reichweite der Fahrzeuge für den gefor-derten Einsatzzweck ausreichend?

• Bestehen ausreichend Standzeiten, sodass dieFahrzeuge aufgeladen werden können?

• Wie viele Fahrzeuge können durch Elektrofahr-zeuge im Fahrzeugpool ersetzt werden?

• Wie viel CO2 kann mit den Fahrzeugen einge-spart werden?

• Muss sich das Fahrverhalten ändern, um E-Fahrzeuge sinnvoll im Fahrzeugpool zu inte-grieren?

• Kann man komplette Fahrzeuge durch Zusam-menlegen ersetzen?

Zu Beginn des Elektromobilitätscoachings wer-den die vorhandenen Fahrzeuge der Flotte mehrereWochen mit GPS-Datenloggern der Hochschule aus-gestattet. Diese zeichnen kontinuierlich die Fahrdatender Fahrzeuge auf und werden in regelmäßigen Ab-ständen ausgelesen und analysiert. Dadurch lässt sichein nutzerunabhängiges Fahrprofil erstellen. Im An-schluss werden auf Basis dieser Daten verschiedeneElektrofahrzeugtypen simuliert und die wirtschaftli-chen Potenziale analysiert. Zusätzlich kann eine ge-plante Ladeinfrastruktur modelliert und diese in dieSimulation integriert werden.

Die Analysen umfassen statistische Auswertun-gen, Simulationen verschiedener Fahrzeugtypen, Ver-gleichsanalysen mit anderen Fahrzeugnutzern undentsprechende Empfehlungen.

Die Reichweite ist neben den höheren Anschaf-fungskosten ein Kritikpunkt bei den zurzeit verfüg-baren E-Fahrzeugen. Sie kann aber durch geschickteAnordnung und Planung der Standzeiten wesentlicherhöht werden. Auch kann durch schnellladefähigeFahrzeuge und Ladepunkte die Ladezeit so stark ver-kürzt werden, dass sich die Reichweite pro Tag ver-doppelt oder sogar verdreifacht. Die Auswahl derrichtigen Fahrzeuge mit der nötigen technischenAusstattung und die benötigte Ladeinfrastruktur las-sen sich durch das Elektromobilitätscoaching über-prüfen.

Zusätzlich besteht für den Flottenbetreiber dieMöglichkeit, das umfangreiche Mobilitätsangebot derHochschule Kempten zu nutzen. Dazu gehört eineAndroid-Anwendung für Tablets und Smartphones,die die Reichweite des Fahrzeuges dynamisch auf Basisder Topologie und des Fahrstils berechnet und anzeigt.Bei gleichzeitiger Nutzung der Routing-Software derHochschule kann so schon vor Fahrtbeginn sehr ge-nau ermittelt werden, ob die geplante Strecke mit demaktuellen State-of-Charge überhaupt zu bewältigen ist.In der Routingsoftware stehen dem Nutzer neben der schnellsten und kürzesten auch die energieeffi-zienteste Route zur Verfügung, mit der die Effizienzder Fahrzeuge und deren Reichweite nochmals erhöhtwerden können.

Kurzinfowww.hs-kempten.de/forschung/

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Energiespeicher

Wind weht nicht immer, die Sonne scheintnicht ständig. Wenn künftig ein Großteildes Stroms mit erneuerbaren Energien

produziert wird, muss Energie zu ertragreichen Zeitengespeichert werden, um diese Schwankungen auszu-gleichen. Die bestehenden Speicherkapazitäten wer-den jedoch bei Weitem nicht ausreichen. Wissenschaftund Wirtschaft arbeiten deshalb an neuen und verbes-serten Technologien. Ein bedeutender Schwerpunktliegt dabei auf Batteriesystemen, die bislang noch zuteuer oder zu wenig ausgereift sind, um in großem Stileingesetzt zu werden. Dabei konkurrieren mehrereelektrochemische Technologien darum, zum Standardzu werden.

An welchen Technologien derzeit am intensivstengearbeitet wird und welche in naher Zukunft auf denMarkt kommen können, ist für alle Akteure des Ener-giesektors aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaftstrategisch wichtig zu wissen. Da Unternehmen ihreEntwicklungsarbeit naturgemäß nicht offenlegen, ha-ben Wirtschaftswissenschaftler der Technischen Uni-versität München (TUM) – als Teil eines interdiszipli-nären Großprojektes zu Batteriespeichern – die welt-weiten Patentanmeldungen der Jahre 1991 bis 2011 fürelektrochemische Energiespeicher analysiert. (Die An-meldungen ermöglichen einen aktuelleren Blick auf dieEntwicklung als die schon erteilten Schutzrechte.)

Die Studie zeigt, dass die jährliche Zahl neuer Pa-tentfamilien, also Gruppen von Patentanmeldungen

Die Zahl der Patentanmeldungen fürelektrochemische Energiespeicher-Technologien ist in den vergangenenJahren stark gestiegen. Die mit großemAbstand meisten Schutzrechte bean-tragten die Entwickler für Lithium-Batterien. Ökonomisch ins Hinter -treffen geraten in diesem Bereich euro-päische und amerikanische Firmen:Asiatische Unternehmen melden weitmehr Patente an. allgäuALTERNATIVhat zu dieser Thematik das führendeAllgäuer Unternehmen SonnenbatterieGmbH in Wildpoldsried befragt.

Fernost hat die Nase vornWas macht der Allgäuer Marktführer?

Fotos: Archiv allgäuALTERNATIV

Batterie-Speicher in der Versuchsanlage Irene inWildpoldsried puffert Solarenergie

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und Patenten für ähnliche oder gleiche Erfindungen(z.B. Anträge in verschiedenen Staaten), von 2006 bis2011 um 110 Prozent gestiegen ist. Wurden 2006 nochSchutzrechte für rund 2800 Entwicklungen angemel-det, waren es 2011 bereits 5900 Anträge. »Angesichtsdieser Investitionen können wir davon ausgehen, dassneue elektrochemische Energiespeicher-Techniken innaher Zukunft marktreif und kostengünstiger als be-stehende Produkte sein werden«, sagt Simon C. Mül-ler, Physiker und Ökonom am Lehrstuhl für Strategieund Organisation.

Die mit großem Abstand meisten Patente melde-ten die Entwickler für Lithium-Batterien an, 4900neue Patentfamilien gab es im Jahr 2011. Damit zeigtdie Kurve der Anmeldezahlen in diesem Segment seit2008 steil nach oben – nach einem einmaligen Rück-gang im Jahr 2007. Zuvor mussten mehrere AnbieterProdukte wegen Sicherheitsmängeln zurückrufen.»Die Skepsis, dass man Lithium-Batterien nicht sichergenug gestalten kann, ist offenbar verflogen«, sagtMüller. Zudem werden die neuen Patentanmeldungenhäufiger als bei anderen Technologien in nachfolgen-den Patentanmeldungen zitiert – ein Qualitätsmerk-mal, das zeigt, dass sie eine Rolle bei der Weiterent-wicklung der Technologie spielen.

Auf Rang zwei der Patentanmeldungen folgenBlei-Batterien mit lediglich rund 580 neuen Patentfa-milien im Jahr 2011. Eine bemerkenswerte Zunahmeauf allerdings niedrigem Niveau stellten die Forscherfür die jüngste Zeit bei Redox-Flow-Batterien fest, beidenen die energiespeichernden chemischen Verbin-dungen in gelöster Form eingesetzt werden: Von 2009bis 2011 hat sich die Zahl der Anträge von 90 auf 200mehr als verdoppelt. Die Zahl neuer Patentfamilienfür Alkali-Batterien ging zuletzt auf 240 leicht zurück,Natrium-Schwefel-Technologien spielten mit 20 An-trägen eine gleichbleibend geringe Rolle.

»Im Lithium-Segment gibt es also eine große Dy-namik«, sagt Simon C. Müller. »Es ist durchaus mög-lich, dass wir schon bald an einem Punkt ankommen,an dem ein sich selbst verstärkender Effekt entsteht:Sobald die technisch-ökonomischen Daten gut genugsind, wird noch mehr in Forschung und Entwicklunginvestiert, was zu einem weiteren Vorsprung führt.«Dies gelte umso mehr, als Lithium-Batterien auch inElektroautos eingesetzt werden, also sowohl aus derEnergie- als auch aus der Fahrzeugbranche nachge-fragt werden können.

Im Geschäft sein werden dann wohl hauptsäch-lich asiatische Unternehmen, zeigt die Analyse. 2011konnten asiatischen Entwicklern 2100 Anmeldungenfür Patentfamilien bei elektrochemischen Energiespei-chern zugeordnet werden, europäischen 530, ameri-kanischen lediglich 410.

Auch, wenn man die Qualität der Portfolios be-rücksichtigt, nehmen asiatische Unternehmen eineenorme Vormachtstellung ein. Die Forscher erstellten

einen Index, der neben den quantitativen Daten auchdie Zitierungen der Patentanmeldungen einbezieht.Bei den Lithium-Batterien kommen demnach acht ja-panische und ein koreanisches Unternehmen unterdie Top 10, angeführt von Fuji. Lediglich eine ameri-kanische Firma taucht hier auf. Mit dem Centre Na-tional de la Recherche Scientifique (CNRS) folgt dieerfolgreichste europäische Institution erst auf Rang 25.

»Diese Ergebnisse werfen spannende Fragen inder Forschungspolitik und im Entwicklungsmanage-ment auf. Es wäre beispielsweise interessant zu unter-suchen, welche Strategien zur Technologieführerschaftin diesem Bereich geführt haben und was europäischeMitbewerber davon lernen können«, sagt Prof. IsabellM. Welpe, Inhaberin des Lehrstuhls für Strategie undOrganisation.

Die ProjektstudieDie Studie ist Teil des Projektes »Dezentrale

stationäre Batteriespeicher zur effizienten

Nutzung erneuerbarer Energien und Unter -

stützung der Netzstabilität (EEBatt)«. 14 Lehr -

stühle aus verschiedenen Fächern der Techni-

schen Universität München forschen ge -

meinsam mit dem Bayerischen Zentrum für

Angewandte Energieforschung (ZAE) und der

VARTA Storage GmbH. Das Projekt wird ge -

fördert vom Bayerischen Staatsministerium

für Wirtschaft und Medien, Energie und

Technologie.

»Wir setzen auf Lithium« Sonnenbatterie GmbH meldet eigene Patente an

Die Studie der TU München zeigt, dass in Asien diemit Abstand meisten Patente für neue Energie -speicher-Technologien angemeldet werden.Amerika und Europa sind weit abgeschlagen. Dasist keine Überraschung, denn der überwiegendeTeil der Batteriezellen wird heutzutage in China,Japan und Südkorea hergestellt. Was die Studie auch zeigt, ist, dass die Zukunftganz klar der Lithium-Batterie gehört. Fast 5000neue Patente wurden allein 2011 für den Aufbau,die chemische Zusammensetzung oder für andere

Neu-Entwicklungen von Lithium-Batterien vergeben. Weit abgeschlagen auf Platz 2folgen die Blei-Batterien mit 580 Patenten. Diese Entwicklung zeigt, dass die Lithium-Batterie die klare Nummer 1 unter den elektrochemischen Energiespeichern ist unddas für die nächsten Jahre oder sogar Jahrzehnte auch bleiben wird.Die Sonnenbatterie GmbH aus Wildpoldsried setzt ebenfalls auf die moderne Lithium-Technik, die sie für ihre intelligenten Speichersysteme verwendet. Die Vorteile liegenklar auf der Hand: Die Batterien sind stabil, kompakt und effizient, ideal also fürlanglebige Stromspeichersysteme. Sie halten mindestens doppelt so lange durch wieBlei-Batterien und speichern die Energie rund 20 Prozent effizienter. Das Know-how der Sonnenbatterie GmbH liegt in der Entwicklung und der Produktionkompletter Speichersysteme auf Basis von Lithium-Batterien. Als eines der erstenUnternehmen am Markt, gehört die Sonnenbatterie GmbH zu den größten undinnovativsten Herstellern von Stromspeichersystemen in Deutschland und hatzahlreiche Erfindungen zum Patent angemeldet.

Christian Mayr (Leiter Qualität und Organisation, Sonnenbatterie GmbH)

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Energiespeicher

allgäuALTERNATIV

Das Ostallgäuer Hotel ist schon vielfach mitinnovativen Ideen aufgefallen. Zudem ver-steht es die Leitung des Hotels auch hervor-

ragend, mit energetischen Neuerungen undbiologischen Angeboten den verantwortungsvollenGast anzusprechen. Tue Gutes und sprich darüber!Neben der neuen Speicheranlage wurde zudem dieStromtankstelle für die Elektrofahrzeug-Verleih-Flotteund einen 170 PS starken BMWi3 erweitert. Gäste desHotels bei Füssen können mit hundert Prozent Son-nenstrom die Region emissionsfrei erkunden. DasRundum-Konzept ist laut der Firma »German PV«kommerziellen Bereich einzigartig.

Knapp 40 Prozent des gesamten Strombedarfsdeckt das Hotel nun dank der neuen Speichertechnikmit Sonnenenergie. 70 Prozent des selbst erzeugtenSonnenstroms werden im Hotel verbraucht und 30Prozent in das Stromnetz eingespeist. Hierdurch kanndie Anlage effizienter betrieben werden. Der auf rund

1000 Quadratmetern Solarfläche produzierte Stromlandet über die neue Ladesäule direkt im »Tank« derElektroflotte. Das Hotel Eggensberger setzt mit diesemKonzept in der Hotellerie neue Maßstäbe. Die Technikwie Batteriespeicher und Wechselrichter haben sichbereits in anderen Branchen bewährt.

Mit dem integrierten Strommanagement setztdas Biohotel einen weiteren Meilenstein bei der hotel-eigenen »Energiewende«.

Ein Großteil des Strombedarfs wird nun überselbst produzierten Ökostrom gedeckt. Der Rest derbenötigten Energie stammt aus zertifiziertem Öko-strom. Die umgesetzten Maßnahmen haben für dasHotel mehrere Vorteile: ein geringerer CO2-Wert proÜbernachtung, Klimaschutz durch eingesparte fossileBrennstoffe, höhere Wirtschaftlichkeit sowie hundertProzent Sonnenstrom für alle Elektrofahrzeuge.

Bereits 2010 hatte das Hotel ein umfassendesEnergiekonzept angestoßen mit CO2-Bilanz, energe-

Im Biohotel Eggensberger in Hopfen am See wurde ein neues Konzept zur dezentralen Stromversorgung aus erneuerbaren Energien umgesetzt: Es kommtdie deutschlandweit größte Energiespeicheranlage in der Hotellerie zum Einsatz.Sie speichert überschüssigen Ökostrom, den die erweiterte Photovoltaikanlagesowie das Biogas-Blockheizkraftwerk des Hotels produzieren.

Energiewende im BiohotelEggensberger hat die Nase vorn

Fotos: Eggensberger

Das Hotel Eggensberger in Hopfen mit Blick über den

Hopfensee

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tischen Sanierungen und dem Einbau eines Biogas-Blockheizkraftwerkes. Die Hoteliers engagieren sichin diesem Segement aus persönlicher Überzeugung.So fördert das klimaneutrale Hotel gezielt die Anreisemit öffentlichen Verkehrsmitteln und bietet mit Bio-gas-Auto und Elektrofahrzeugen moderne, klima-schonende Mobilität am Urlaubsort an. Hinzu kommt,dass Urlauber im Ostallgäu mit ihrer elektronischenGästekarte kostenlos Bus und Bahn nutzen können.

Im Food-Bereich werden überwiegend saisonaleund regional produzierte Bio-Lebensmittel verwendet,was sich ebenfalls positiv auf die CO2-Bilanz auswirkt.Und das Biogas für die Heizung und das Gästeautostammt aus Abfällen, die in einer nahen Vergärungs-anlage zu Gas fermentiert werden. Auch das Biohotellässt seine Küchenreste dort wiederverwerten. Inzwi-schen setzt das Biohotel nur halb so viel Kohlendioxidpro Übernachtung frei wie ein konventionelles Vier-Sterne-Hotel vergleichbarer Größe.

Das Biohotel: Fakten & Historie• Energetische Gebäudedämmung bereits beim Bau 1975 und auch bei weiteren

Bauabschnitten, die noch heutigen Standards (EnEG 2013) genügt • Installation von Solarmodulen 1980 für die Schwimmbad-Wassererwärmung• Erstes zertifiziertes Biohotel im Allgäu (2003)• Vielfältige energetische Optimierungen im Laufe der Jahre: u.a. Biogas-BHKW,

Energiemanagement, Wärmerückgewinnung, Reststrom aus Wasserkraft, CO2-Bilanzierung und -Reduktion (2009). Beispiel Gastronomie: Nach Möglichkeit werdenBio-Südfrüchte durch Bioprodukte aus der Region ersetzt. Zahlreiche Lebensmittelliefert der familieneigene Bioland-Bauernhof (seit 1995)

• Projektpartner zur Förderung der Elektromobilität (eeTour-Allgäu) 2009• Hoteleigene Stromtankstelle. Elektroautos und E-Bikes für Gäste (2010)• Europaweit erste hoteleigene Biogastankstelle laut Projektpartner(2010)• Erstes klimaneutrales Hotel im Allgäu (2010)• Auszeichnung »Allgäuer Klimaschützer«. In 24 Monaten 320 Tonnen weniger CO2. Mit

etwa 12,6 Kilogramm CO2 pro Übernachtung setzt das Biohotel nur halb so vielKohlendioxid pro Übernachtung frei wie ein konventionelles Vier-Sterne-Hotel (2010)

• Zertifizierung eco hotel certified 2011• Gründung des regionalen Allgäuer Hotelnetzwerkes Energieeffizienz (2011)• Mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben. 30 Prozent Ersparnis bei den

Energiekosten 2012 im Vergleich zu 2008 trotz Preisaufschlag für Biogas.• Fair-Trade-Kooperationspartner der Stadt Füssen (2013)• Deutschlandweit größte speichergestützte Photovoltaikanlage in der Hotellerie. Zweite

Stromtankstelle. Elektroflotte fährt zu 100 Prozent mit eigenproduziertem Solarstrom(2014)

Hoteldaten:• Viersterne-Hotel – Biohotel, Wellness, Therapiezentrum• Elektrosmogreduzierter Hotelbetrieb• Südhanglage in Hopfen am See bei Füssen im Allgäu (Bayern)• 100 Betten• zwei Seminarräume für bis zu 25 Personen• 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Die E-Mobile, die mit Sonnenstrom »betankt« und den Gästen desBiohotels zur Verfügung gestellt werden

Andreas Eggensberger managt zusammen mit seiner Frau Heike das Biohotel.Nun werden die E-Mobile des Hotels komplett mit Eigenstrom versorgt

Die Puffer-Battereien mit der gesamten Steuerung sind in diesemabgeschlossenen Raum untergebracht

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Brennstoffzelle

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Das Besondere an der Galileo ist ihr Einsatz-bereich. Sie wurde entwickelt, um Ein- undZweifamilienhäuser mit Strom und Wärme

zu versorgen. Die Elektrizitätswerke Reutte betreibendrei Galileo in privaten und öffentlichen Gebäuden.Rund um die Uhr werden Daten gesammelt und ausgewertet. Sämtliche zu- und abgehenden Medienwerden gezählt und über Internet in die Zentralenweitergeleitet. Der Versuch ist auf drei Jahre ausgelegt.

Der Häusle-Besitzer sieht in der Brennstoffzelleerst einmal einen Kasten, der aussieht wie eine größereGefrierkombination, der aber Strom und Wärme er-zeugt. Der Projektleiter der Elektrizitätswerke Reutte,Diplom-Ingenieur Martin Müller, blickt hinter die Ku-lissen. allgäuALTERNATIV hat ihn gebeten, einenfachlichen Einblick in die Brennstoffzelle, in die Funk-tion und in den derzeit laufenden Versuch zu geben:

»Die Brennstoffzelle verwendet Erdgas (Methan)als Brennstoff, das zunächst in Wasserstoff und anderechemische Verbindungen gewandelt wird. Die Brenn-stoffzelle ist eine galvanische Zelle, ähnlich einer Bat-terie, die die chemische Reaktionsenergie eines konti-nuierlich zugeführten Brennstoffes und eines Oxida-tionsmittels in elektrische Energie wandelt. Die Ge-winnung von elektrischer Energie aus chemischenEnergieträgern erfolgt zumeist durch Verbrennung

und Nutzung der entstehenden heißen Gase in einerWärmekraftmaschine mit nachgeschaltetem Genera-tor, wie in großen thermischen Kraftwerken. In diesenwird thermische Energie in mechanische Arbeit undanschließend in elektrische Energie umgewandelt.Eine Brennstoffzelle jedoch ist geeignet, die Umfor-mung ohne die Umwandlung in mechanische Arbeitdirekt von der chemischen in elektrische Energie zuerreichen. Damit ist sie potenziell effizienter als Wärmekraftmaschinen. Brennstoffzellen werden seitLangem als Energiewandler in der Raumfahrt (Apollo,Space Shuttle) und auch für U-Boot-Antriebe verwen-det.

Zentrales Bauteil der oxidkeramischen Brenn-stoffzelle (genannt: SOFC – Solid Oxide Fuel Cell) istder gasdichte und bei Betriebstemperatur Sauerstoff-ionen leitende feste Elektrolyt. An ihn grenzen die bei-den porösen Elektroden Anode und Kathode. DieAnode wird von Brenngas durchströmt, die Kathodevon Luft. Das entstehende Sauerstoff-Konzentrations-gefälle zwischen den Elektroden treibt die Sauerstoff-ionen durch den Elektrolyt und erzeugt so eine elek-trische Spannung. Wird der Stromkreis nun durch ei-nen externen elektrischen Leiter geschlossen, fließendie Elektronen und können als elektrische Energie ge-nutzt werden (Quelle: Hexis AG). In der Galileo ist zu-dem ein Zusatzbrenner eingebaut, der die restlicheWärme zur Versorgung eines Gebäudes liefert.«

Die Elektrizitätswerke Reutte nehmen seit 2011 an einem Feldversuch teil, der Brennstoffzellen der Hexis AG mit Namen »Galileo« im Praxisbetrieb testet. In der neuen Lechhalde in Füssen istebenfalls eine Brennstoffzelle vorgesehen. Die Möglichkeiten hierzu werden derzeit getestet.

Galileo unter BeobachtungStrom und Wärme für kleine Gebäude

Das passiert im Inneren von Galileo Galileo macht Ein- undZweifamilienhäuser warm und erzeugt Strom

Technische DatenBrennstoff: Erdgas, Bio-ErdgasAbmessungen: Breite x Tiefe x Höhe: 55 x 55 x 160 cmGewicht: 170 kg, installiertPlatzbedarf: 3 qmMindestraumhöhe: 2 mBrennstoff: Erdgas, NetzdruckElektrischer Anschluss: 230 V AC, 50 HzBrennstoffzelle Elektrische Leistung: 1 kW (AC, netto)Thermische Leistung: 2 kWElektrischer Wirkungsgrad: 30-35% (AC, netto; bezogen auf »Unteren Heizwert«)Gesamtwirkungsgrad: 92% (bezogen auf »Unteren Heizwerk«)Brennstoffzellentyp: Hexis Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC: Solid Oxide Fuel Cell)Brennstoffaufbereitung: Katalytische Teiloxidation (CPO: Catalytic Partial Oxidation)Zusatzbrenner Thermische Leistung: 20 kW

Foto und Grafiken: Hexis AG

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Haushalt

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Eine aktuelle Umfrage der Initiative EnergieEf-fizienz der Deutschen Energie-Agentur (dena)brachte ein erfreuliches Ergebnis an den Tag.

Vor allem ältere und ineffiziente Geräte belasten dieHaushaltskasse. In nahezu jedem zweiten deutschenHaushalt sind mehrere Kühlschränke oder Kühl-Ge-frier-Kombinationen vorhanden. Ein Drittel besitztzwei Geräte dieses Typs, elf Prozent sogar drei. DieSparpotenziale sind erheblich, wie die dena errechnet:Bis zu 41 Euro im Jahr spart eine Kühl-Gefrier-Kom-bination der besten Effizienzklasse A+++ gegenüberder Klasse A+. Bei einem intensiv genutzten Wäsche-trockner spart man mit einem energieeffizientenGerät sogar bis zu 113 Euro Stromkosten im Jahr. Aufdem blau-weißen EU-Label lässt sich der Verbrauchvon Kühlschrank, Spülmaschine oder Wäschetrocknerablesen.

Die Topgeräte-Datenbank der Initiative Energie-Effizienz unter www.topgeraete.de ermöglicht es Nut-zern, besonders energieeffiziente Haushaltsgeräte mit-einander zu vergleichen und die konkret in Euro an-gegebene Stromkostenersparnis abzulesen. So zeigtsich schnell, ob ein vermeintliches Schnäppchen überdie Nutzungszeit hinweg nicht doch zum teuerstenGerät wird. (djd)

Bei der Anschaffung größerer Haushaltsgeräte ist der Blick aufdas EU-Energieeffizienzlabel für mehr als jeden zweiten Bürgerschon eine Selbstverständlichkeit: eine Entscheidungshilfe beimKauf, die den Verbrauch von Modellen gleichen Gerätetypstransparent und vergleichbar macht.

EU-Label setzt Zeichen Küchengeräte können sparen helfen

Fotos: djd/Initiative EnergieEffizienz, dena

Nicht nur bei der Anschaffung, sondern auch bei der Nutzung von Haushaltsgeräten lässtsich Strom sparen – zum Beispiel durch die Wahl der Eco-Programmfunktion an Spül- undWaschmaschine

Stromkostenersparnis dank höchster Energieeffizienz: Beijahrelanger Nutzung summieren sich die Stromkosten. Dieje nach Energieeffizienz großen Verbrauchsunterschiede sollten beim Kaufpreis einberechnet werden

Sichtbare Kaufhilfe an Kühl- und Gefriergeräten: Das EU-Energieeffizienzlabel zeigt auf einenBlick, wie gut oder schlecht die Haushaltshelfer beim Energieverbrauch abschneiden

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Dämmen

allgäuALTERNATIV

Jeder Dämmstoff hat seine Daseinsberechti-gung.« Auf diese Feststellung legt Steffen Riedel vom Energie- und Umweltzentrum

Allgäu (eza!) großen Wert, wenn er über den Einsatzvon Hanf, Zellulose oder Schafwolle und anderen öko-logischen Dämmstoffen beim Hausbau spricht. Vonder Verdammung von Polystyrol, gemeinhin als Sty-ropor bekannt, hält der Leiter Fachthemen bei eza!nichts. Sämtliche Maßnahmen, die den Heizenergie-verbrauch senken und den Wohnkomfort erhöhenwürden, seien grundsätzlich erst einmal begrüßens-wert, betont Riedel. So betrage selbst die energetischeAmortisationszeit von Polystyrol, das bei energeti-schen Haussanierungen sehr häufig eingesetzt wird,nur etwas mehr als ein Jahr – trotz des vergleichsweisehohen Energiebedarfs bei der Herstellung. »Bei derWahl des Dämmstoffes stellt sich vor allem die Frage,wo ich ihn einsetzen möchte, welche spezifischen Auf-gaben er erfüllen soll«, stellt der eza!-Experte klar. Und

abgesehen von ihrem niedrigeren Primärenergiegehaltund der kürzeren Prozesskette können nachwach-sende Dämmmaterialien gegenüber konventionellenLösungen wie Polystyrol und Mineralwolle mit ihrenbauphysikalischen Fähigkeiten durchaus punkten.

Warm und kalt unterm DachSteffen Riedel nennt als Beispiel die Zwischen-

sparrendämmung im Dachstuhl. Dort kommt es näm-lich nicht nur darauf an, im Winter die Kälte draußenzu halten. Vor allem, wenn der Raum direkt untermDach bewohnt wird, ist der sommerliche Hitzeschutzmindestens genauso wichtig. »Hier kommen beispiels-weise die spezifischen Eigenschaften der Zellulose -faser mit ihrer hervorragenden Wärmespeicherfähig-keit voll zum Tragen«, erklärt Riedel. Beim Zellulose-Dämmstoff handelt es sich um wieder aufbereitetesund zerfasertes Zeitungspapier, das in Kammern (Ge-fache) eingeblasen wird. Zellulosefasern, für derenHerstellung wenig Energie verbraucht wird, speichernnicht nur Wärme, sondern sorgen für eine sehr hoheWinddichtheit. »Die Fasern gelangen dank der Ein-blastechnik in noch so kleine Ritzen«, nennt Riedel alsweiteren Vorteil. Auch die guten Schallschutzeigen-schaften und der vergleichsweise geringe Preis ma-chen Zellulose zu einem vielseitig einsetzbarenDämmstoff, fügt der unabhängige Fachmann hinzu.

Öko ist nicht immer teurerDennoch führen Zellulose und andere Öko-

Dämmstoffe wie Holzweichfaser oder Holzwolle im-mer noch ein Nischendasein. Auch, wenn ökologischeDämmstoffe bei den Bauherren immer beliebter wer-den, beträgt der Marktanteil konventioneller Materia-lien wie Polystyrol oder Mineralwolle rund 90 Prozent– was laut Riedel auch am Preis liegt. Denn Flachs,Hanf oder Holzweichfaser sind teurer, was die reinenMaterialkosten angeht. Zellulose ist der günstigsteÖko-Dämmstoff und verglichen mit Mineralwolle,dem Marktführer bei den Dämmstoffen, in punctoPreis sogar konkurrenzfähig.

Sein Haus gut zu dämmen und damit den Heizenergieverbrauch zu senken, ist gut für den Klimaschutz und allein schon deshalb ökologisch sinnvoll. Wer sich zusätzlich für nachwachsende Dämm stoffe wie Zellulose, Holzweichfaser, Hanf oder Flachs entscheidet, setzt noch einen oben drauf – nicht nur, weil die Öko-Produkte bei ihrer Herstellung weniger Primärenergie benötigen.

Das Bauchgefühl entscheidetKein Dämmstoff ist von Haus aus »schlecht«

Foto

s: eza

!

Die Zellulose-Flocken werden in Kammern eingeblasen undverdichten sich dabei zu einer

winddichten, setzungssicherenund fugenlosen Wärmehülle

für das Gebäude

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23allgäuALTERNATIV

Neben praktischen und finanziellen Erwägungendarf nach Ansicht von Steffen Riedel die emotionaleKomponente bei der Wahl des Dämmstoffs nicht un-terschätzt werden – der Gedanke, dass Schafwolle,Hanf, recyceltes Zeitungspapier oder Holzfasern fürBehaglichkeit in den eigenen vier Wänden sorgen, seivielen Menschen angenehm. Und das sei nachvollzieh-bar und auch gut so, findet Steffen Riedel. Dennochmüsse darauf hingewiesen werden, dass selbst Dämm-stoffen, die als ökologisch gelten, aus bauphysikali-schen und bautechnischen Gründen mitunter künst-liche Stoffe beigemischt werden, wenn auch nur in ge-ringen Mengen – seien es Borax und Borsäure alsBrandschutz- und Konservierungsmittel in den Zellu-lose-Flocken, Polyesterstützfasern in Hanfmatten oderAmmoniumsulfat in Holzweichfaserplatten. Anlassfür ökologische oder gar gesundheitliche Bedenkenbestünden deshalb keine, stellt Steffen Riedel aller-dings fest. »Die Kunstfaser in der Hanfmatte ist ja anfür sich nichts Böses.«

Die Entsorgung mit in Betracht ziehenViel wichtiger sei es, so Riedel, das Gesamtsystem

zu betrachten: Wird beispielsweise Holz – als Baustoffaus den heimischen Wäldern – für die Unter- undauch Hilfskonstruktion zum Einbringen des Dämm-stoffs verwendet? Und weil alles vergänglich ist, spieltnatürlich auch die Frage der Entsorgung nach einemspäteren Abriss eine Rolle. Öko-Dämmstoffe sind inder Regel wieder verwendbar – aber auch Polystyrolkann recycelt werden, fügt Steffen Riedel hinzu.

Am Ende, meint der eza!-Experte, geht es in ers -ter Linie darum, mithilfe eines fachkundigen Planersden zu den jeweiligen Anforderungen passendenDämmstoff zu finden. Die bauaufsichtliche Zulassungdes Materials ist Grundvoraussetzung. »Darüber hin-aus«, findet Steffen Riedel, »darf auch das Bauchgefühlmit darüber entscheiden, ob die Wahl auf einen öko-logischen oder konventionellen Dämmstoff fällt.«

Weitere Informationen zum Thema ökologischeDämmstoffe gibt es im Internet unter www.eza.eu

Die flexible Holzweichfaser-Dämmung lässt sich einfachverarbeiten und bietet als Zwischensparrendämmung unteranderem einen hervorragenden sommerlichen Hitzeschutz

Die Hanfdämmung ist ein ökologischhochwertiger Baustoff, der aus Fasernund Stroh der Hanfpflanzen gewonnenwird. Als Stütz- und Bindefasern werdenPolyester oder Maisstärkestützfaserneingesetzt. Hanf wird als Gefachdäm-mung – zum Beispiel zwischen denSparren eines Daches – verwendet.Hanfdämmstoffe verfügen über guteDämmeigenschaften (Wärmeleitfähig-keit 0,040 bis 0,045 W/mK) und weiseneine offenporige Zellstruktur auf, die

Feuchtigkeit aufnimmt und beim Trock-nungsprozess wieder absondert. Dassorgt für ein angenehmes und gesundesWohnklima. Auch, wenn es sich bei derHanfdämmung um ein natürliches Pro-dukt handelt, zeigt das Material keine er-höhte Tendenz zur Verrottung. Der Bau-stoff gilt als außerordentlich staubarmund hautverträglich und ist damit gut zuverarbeiten. Hanfdämmung wird inForm von Klemmfilzen, als Rollenwareoder auch als loses Material angeboten.

Hanf

Zur Herstellung von Holzweichfaserplat-ten werden Nadelholzabfälle zunächstzerhackt und zerstückelt. Anschließendweicht man die Fasern auf und stellt un-ter Beimischen von Wasser und Binde-mitteln – meist in Form holzeigener In-haltsstoffe (zum Beispiel Lignin) – einenFaserbrei her. Dieser wird gepresst, ge-trocknet und zu Platten geschnitten. DieBehandlung zum vorbeugenden Brand-schutz sowie gegen Schädlinge erfolgtmit Ammoniumsulfat oder Borsalz. DieEinsatzgebiete der Holzweichfaserplatte(Wärmeleitfähigkeit 0,045 bis 0,055W/mK) liegen in der Boden-, Wand-,Dach- und Deckendämmung, als diffu-sionsoffene Unterdachkonstruktionen

und als Trittschalldämmung. Bei derHolzweichfaserplatte handelt es sich da-mit um einen vielseitig verwendbarenBaustoff, der diffusionsoffen ist, klima -regulierend wirkt und einen gutenSchutz gegen sommerliche Hitze bietet.

Holzweichfaser platte

Bei Zellulose handelt es sich in der Regelum wieder aufbereitetes, zerfasertes Zeitungspapier, das als ungelesenes Zei-tungspapier von Kiosken stammt und ingroßen Mengen vorhanden ist. Für Bau-herren, die sich den Dämmstoff aus Pa-pier ohne Druckerschwärze wünschen,wird auch Zellulose aus nicht bedruck-tem, nicht recyceltem Material angebo-ten. Das Papier wird mechanisch zuFlocken zerkleinert und insbesonderedurch stark verdichtetes Einblasen zwi-schen Schalungskörper, zwischen Dach-sparren oder in die Außenwand ein -gebracht. Der Dämmstoff (Wärmeleit -fähigkeit 0,040 bis 0,045 W/mK) verfügtüber eine sehr hohe Lebensdauer sowie

einen guten sommerlichen Wärme- undSchallschutz. Die Zellulose-Dämmungwirkt zudem luftfeuchteausgleichend.Zum Brandschutz und zur Konservie-rung werden den Zellulose-Flocken Borax und Borsäure zugesetzt.

Zellulose-Flocken

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Wasserstoff

allgäuALTERNATIV

Die Fuel-Cell-Solution Allgäu (FCS) ist eine in der Gründungsphase befindliche Firma mit dem Ziel, ein Netzwerk zu spinnen, um eine Kombitankstelle für Wasserstoff, Erdgas und Strom zum Betanken vonFahrzeugen aller Art zu installieren. Vorhandene fossile Produkte wieDiesel und Benzin müssen zum Start natürlich dabei sein.

Tank-Supermarkt fürs AllgäuEine neue Firma setzt auf Wasserstoff

Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid beim Tanken von Wasser -stoff an der OVM-Tank stelle amStuttgarter Flug hafen. Auf eineähnliche Anlage hofft Fuel Cell

Solution (FCS) auch in der Ferienregion Allgäu

FCS Allgäu will, dass das Allgäu mit seinemhohen Tourismus-Anteil und seinen vielenLuftkurorten den Anschluss an ein bevorste-

hendes Zeitalter mit abgasfreien Fahrzeugen nicht ver-passt. Das fordert vor allem Martin Osterried ausPfronten. Er hat die spektakuläre Radtour an einemTag von Pfronten an den Gardasee mit seinem S-Bikeunternommen. Er verwendete dabei die Wasserstoff-Technologie und eine Brennstoffzelle, um seinen Bike-Akku immer wieder zu laden (Bericht in allgäu-ALTERNATIV 2/2014). Er und seine Firmen-Partner meinen: »Wasserstoff-Tankstellen sind die Voraussetzung für ein klimasau-beres Allgäu. Deshalb sprechen wir Omnibusbetriebean, die in der Lage wären, sich eine Wasserstoff-Op-tion in ihrem Fuhrpark vorzustellen, ohne dass so-fort eine hohe Rendite in Geld, aber eine sehr hoheRendite in Umwelt dabei herauskommt.« Busse, dieständig in Betrieb sind und auch gewisse Treibstoff-Mengen benötigen, bieten gute Vorraussetzungenfür einen kostendeckenden Betrieb einer Wasser-stoff-Tankstelle.

Die Fuel-Cell-Fahrzeuge kommen von selber,davon sind die Gründer von FSC überzeugt. Genau-so überzeugt sind sie davon, dass die Kraftstoff-Prei-se sinken werden. Immerhin sind bereits serienreifeFahrzeuge von sieben Fahrzeugherstellern verfügbar.Daimler, Toyota, Honda, Ford, VW, GM, Opel und

Hyundai haben diese schon entwickelt oder sind dem-nächst so weit.

Aus der Daimler-Zentrale ist zu hören: »Bisnächstes Jahr wird es in Deutschland ein Versor-gungsnetz mit mindestens 50 öffentlichen Tankstel-len geben.« Mit einem Gesamtvolumen von über 40Millionen Euro bauen Bund und Industrie im Rah-men des Nationalen Innovationsprogramms Wasser-stoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) das be-stehende Netz aus. Damit erfolgt eine marktrelevanteErprobung innovativer Tankstellentechnologie, undes wird eine bedarfsgerechte Versorgung der bis da-

hin avisierten 5000 Brennstoffzellen-fahrzeuge in Deutschland sicherge-stellt. Im Fokus des Aufbauplans ste-hen Metropolregionen und dieSchaffung von Korridoren zur Ver-bindung der Metropolregionen. Un-terzeichnet wurde die Absichtserklä-rung 2012 vom damaligen MinisterPeter Ramsauer sowie von Vertreternder Unternehmen Air Liquide, AirProducts, Daimler, Linde und TotalDeutschland. Die bundeseigene Na-tionale Organisation Wasserstoff-und BrennstoffzellentechnologieGmbH (NOW) wird den Bau derTankstellen koordinieren.

Page 25: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

25allgäuALTERNATIV

Fuel-Cell-Solution Allgäu bedauert, dass im All-gäu keine Wasserstoff-Tankstelle geplant ist. »EinTankstellenbau südlich von Ulm bis zur Landesgrenzean der A7 sollte in die Gesamtplanung D mit einbezo-gen werden. Die A7 ist die wichtigste und längsteNord-Süd-Achse. Die nächste H2-Tankstelle ist zurzeitBozen-Süd.« In Innsbruck laufen derzeit Planungenfür eine Wasserstoff-Tankstelle.

Kurzinfo

Wie wird Wasserstoff erzeugt?

Wasser (H2O) wird unter Verwendung einer

Brennstoffzelle (Fuel Cell) mithilfe von Gleich -

strom in Wasserstoff (H wie Hydrogen) und

Sauerstoff (O wie Oxygen) geteilt. Die Poren

der Membran in der Fuel Cell lassen die

Wasserstoff-Moleküle pas sieren, nicht aber

die Sauerstoff-Moleküle. So wird das Wasser

H2O in H2 und O aufge spal ten. Diesen Vor gang

nennt man Elektro lyse. Die Anlage wird als

Elektrolyseur bezeich net.

Was wird benötigt, um Wasserstoff zu

erzeugen?

1. Destilliertes Wasser (um Korrosion an der

Membran zu verhindern).

2. Strom (am besten natürlich aus regenera -

tiven Stromquellen wie Photovoltaik, Wind

oder Wasser-Energie). Wasserstoff kann als

Langzeitspeicher dienen, somit ist eine jahres -

zeitliche Unabhängigkeit der Pro duktion

gegeben.

3. Mehrere Brennstoffzellen, die zu einem

Stack verbunden sind, dienen als

Elektrolyseur.

Die Brennstoffzelle

Die Zelle arbeitet wie ein Akku. Sie erzeugt

Gleichstrom, der an Anode und Kathode an -

liegt. Sie funktioniert als Wasserstoff-Sauer -

stoff-Erzeuger. Die Brennstoffzelle (engl. Fuel

Cell) oder FC ist ein Twitter: Sie wird zur

Elektrolyse herangezogen, um aus Wasser

und Strom Wasserstoff und Sauer stoff zu

erzeugen, aber in Umkehr funk tion auch als

Akku, der aus Wasserstoff und Sauerstoff

wieder elektrischen Strom erzeugt. Eine Zelle

gibt von 0,6 Volt bis 1,6 Volt ab. Mehrere

Zellen in Reihe geschaltet ergeben einen

Stack und somit eine höhere Spannung.

Wasserstoff-Fahrzeuge sind bereits serienreif (hier von Hyundai) und werden auch gebaut –ohne ausreichende Betankungsmöglichkeiten können sie aber nicht im Alltag betrieben werden

Anzeige

Fotos: Jens Grohm

ann, Hyundai

Page 26: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

26

Bauen + Sanieren

allgäuALTERNATIV

Das Besondere am Partner-Netzwerk: Alle Be-teiligten haben sich zu einem Energiekodex,zu Qualitätssicherung und zu Weiterbildung

verpflichtet. Die Qualitätssicherung stellt sicher, dass dieeza!-partner regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen

und jährlich Referenzprojekte einreichen. Zudem wer-den sie über eza! von ihren Kunden bewertet. Mitglieder,die die Qualitätsvorgaben nicht mehr erfüllen, müssenausscheiden. So können Bauherren und Sanierungswil-lige sicher sein, dass ihre Projekte in guten Händen sind.

Wer für seinen energieeffizienten Bau oder seine Sanierung qualifizierteHandwerker oder Architekten sucht, der wird im eza!-partner-Netzwerkfündig. Über 130 Betriebe aus dem ganzen Allgäu und darüber hinaushaben sich darin zusammengeschlossen.

Ein Netzwerk für Qualität Mit eza!-partnern in guten Händen

Für die Komplettsanierung eines Altbaus braucht derBauherr erfahrene Fachleute an seiner Seite, von der

Planung bis zur Umsetzung – Fachleute, wie sie im eza!-partner-Netzwerk zu finden sind

w

Page 27: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

27allgäuALTERNATIV

Info:eza!-partner können leichtgefunden und erkanntwerden:•am Logo eza!-partner, das

nur die eza!-partner führendürfen

•über die gedruckte eza!-partnerliste, die in allenEnergieberatungsstellenvon eza! ausliegt

•im Internet unter www.eza-partner.de

Netzwerk-Partner im Überblick1. eza!-partner

Mit den eza!-partnern steht ein kompetentes Netzwerk für

alle Dienstleistungen im Bau- und Energiebereich zur Verfü-

gung. Das Be sondere: eza!-partner verpflichten sich zu

ständiger Qualitätssicherung und Weiter bildung.

2. Effizienzhaus-Experten

Effizienzhaus-Experten der dena sind besonders quali fizier -

te Fachleute: Zusätzlich zu einer baunahen Ausbildung

haben diese Experten noch eine Fortbildung im Bereich

ener ge tisches Bauen und Sanieren absol viert. In einer

Exper ten datenbank listet die dena die Effizienzhaus-

Experten auf.

3. Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks

Der Bundesverband des Schornsteinfeger hand werks ist

die Dachorganisation des Schornsteinfegerhandwerks in

Deutschland.

4. Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger e.V.Der ZDS ist der Zusammenschluss der Schornsteinfeger -gesellen/Innen und unselbstständigen Schornsteinfeger -meister/Innen in Deutschland.

5. GIH Bundesverband Gebäudeenergieberater, Ingenieure,HandwerkerDer GIH Gebäudeenergieberater, Ingenieure, Handwerkere.V. Baden-Württemberg ist der größte Fachverband fürdie Gebäudeenergie berater in Baden-Württemberg.

6. EnergiesparNetzwerkIn ganz Deutschland sind Architekten, Energie berater,Handwerker, Experten und Fachhändler unter dem Dachder Energie sparnetzwerk GmbH vereint.

7. Deutsches Energieberater-Netzwerk e.V. (DEN)Das Deutsche Energieberaternetzwerk (DEN) e.V. ist einZusammenschluss von Ingenieu ren, Architekten undTechnikern, die im Be reich energieeffizientes Bauen undModerni sieren tätig sind.

Oben: Im eza!-partner-Netzwerk sind sämtliche Branchen aus dem Baubereich vertreten: von Awie Architekt bis Z wie ZimmererUnten: Qualitätsarbeit, die sich auch in Zahlen ausdrückt: Im vergangenen Jahr gaben die eza!-partner-Kunden den beauftragten Firmen die Durchschnittsnote 1,28

Foto

s: e

za!

Page 28: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

28 allgäuALTERNATIV

Im Netzwerk sind alle Branchen aus dem Baube-reich vertreten: Heizungsbauer, Zimmerer, Architek-ten, Ingenieure, Planer, Baufirmen und Fensterbauer.Sie alle dürfen das eza!-partner-Logo verwenden – soist für die Kunden auf einen Blick ersichtlich, dass essich um qualitätsgeprüfte Firmen handelt. Gegründetwurde das Expertennetzwerk vor zwölf Jahren, imHerbst 2002, mit dem Ziel, den Allgäuern kompetenteFachleute für sämtliche Bereiche des energieeffizien-ten Bauens und Sanierens zur Verfügung zu stellen.Der Erfolg stellte sich bald ein: Viele hochwertige Sa-nierungen und Neubauten sind zum Aushängeschildfür das Allgäu geworden, und Hausbesitzer finden hierproblemlos qualifizierte Partner.

Und auch überregional hat das eza!-partner-Netz-werk Bedeutung: Als es 2002 ins Leben gerufen wurde,hatte es Vorbildcharakter und diente als Erfahrungs-grundlage für weitere Netzwerke dieser Art. So wurdenzum Beispiel mit einem Coaching durch eza! ähnlicheNetzwerke in anderen Regionen wie Bremen, Hannoveroder Hildesheim gestartet. Und auch bundesweit ist dieBedeutung der Qualitätssicherung erkannt worden: DieBundesregierung und die Kreditanstalt für Wiederauf-bau (KfW) haben eine Expertendatenbank für Bundes-förderprogramme bei der Deutschen Energieagentur(dena) eingeführt. Über 60 eza!-partner erfüllen derzeitauch die hohen Anforderungen für eine Mitgliedschaftin dieser bundesweiten Expertendatenbank.

Bauen + Sanieren

Rechts: Bauherren, die auf eza!-partner-Firmen setzen, sind in guten HändenUnten: Die Mitarbeiter der eza!-Partnerfirmen sind dank regelmäßiger Schulungen

immer auf dem neuesten Stand der Technik

BegriffserklärungenKreditanstalt für Wiederaufbau (KfW): Ehemals KfW-

Bankengruppe, ist die größte nationale Förderbank der

Welt. Nach der Bilanzsumme eingeordnet, ist sie die dritt -

größte Bank Deutschlands nach der Deutschen Bank und

der Commerzbank. Die Gründung der KfW erfolgte auf der

Grundlage des »KfW-Gesetzes« als eine Anstalt des öffent -

lichen Rechts Ende des Jahres 1948. Die Rechtsaufsicht

hat das Bundesministerium der Finanzen. Das Kapital der

KfW wird zu vier Fünfteln von der Bundesrepublik Deutsch -

land und zu einem Fünftel von den Bundesländern gehalten.

Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena):

Die Agentur ist ein deutsches Unternehmen. Sie firmiert als

»Kompetenzzentrum für Energieeffizienz, Erneuerbare

Energien und intelligente Energiesysteme«. Die dena wurde

im Herbst 2000 gegründet und ist als eigenständiges

Unternehmen parteipolitisch unabhängig. Die Gesellschafter

der dena GmbH sind die Bundesrepublik Deutschland

(50 %), die KfW-Bankengruppe (26 %), die Allianz SE (8 %),

die Deutsche Bank AG (8 %) und die DZ Bank AG (8 %).

Page 29: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

29allgäuALTERNATIV

Energie

Gewerbliche und öffentliche Einrichtungenkönnen dauerhaft von einer deutlich höhe-ren Energieeffizienz profitieren und so die

Betriebskosten erheblich senken. Gleichzeitig wird derCO2-Ausstoß reduziert. Als Herzstück der neuen un-abhängigen Energieversorgung in Rettenberg liefertedie enerquinn Energiesystemtechnik GmbH aus demoberschwäbischen Weingarten das passende Block-heizkraftwerk. Unterstützt wurde das Unternehmenhierbei vom Planungsbüro Peter Fixmer aus Wiggens-bach sowie vom Rettenberger InstallationsbetriebAlexander Schafheutle.

»Die besondere Herausforderung bestand beidiesem Projekt darin, das Blockheizkraftwerk(BHKW) in die bestehende Heizungsanlage zu inte-grieren«, so Peter Lechleiter von enerquinn. »Aber Fle-xibilität ist unsere große Stärke. Daher waren Planungund Installation bereits nach sechs Monaten abge-schlossen.« Die Experten von enerquinn hatten zuvorbereits acht andere Schulen in der Region in nahezuallen Größenklassen mit ihren kosten- und emissions-reduzierenden Energieversorgungssystemen ausge-stattet.

Heizkraftwerk für die SchuleReduzierte Energiekosten – weniger CO2

Foto

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Infoenerquinn

Die enerquinn Energiesystemtechnik GmbH im

oberschwäbischen Weingarten ge hört zu den

führenden Experten für die Full-Service-Planung

und -Umsetzung von Block heizkraftwerken

sowie Photovoltaik-Strom speicherlösungen.

Die herausragende Kom petenz des

Ingenieurbüros besteht in der Pla n ung hoch -

effizienter Lösungen für die bedarfs gerechte

Versorgung mit Wärme und Strom.

Vorwiegend im süddeutschen Raum wurden

bereits mehrere Hundert Anlagen installiert.

Zu den Kunden von enerquinn zählen in erster

Linie Hotelbetreiber, aber auch Unternehmen

und Einrichtungen aus anderen Branchen.enerquinn ist Kooperationspartner von Pla -nern und Architekten sowie Fachbetriebenaus den Bereichen Installation, Bau und Hand -werk. Homepage: www.enerquinn.de; E-Mail: [email protected]

Schafheutle Seit 75 Jahren und inzwischen drei Genera -tionen sorgt Schafheutle mit Betrieben inRettenberg und Immenstadt für Innovation inder Heizungs- und Sanitärbranche im Ober all -gäu. Die Stichworte sind: Heizung, Solar, Sa ni -tär und Wellness. Die zwei Firmen haben heu te14 Mitarbeiter. www.schafheutle.com; E-Mail: [email protected]

Technische DatenBHKW-Typ: EC Power XRGI 15 G-To15 kW elektrische Leistung30 kW thermische Leistung In Betrieb seit 13.09.2012Pro Jahr 5500 Betriebsstunden82.000 kWh Strom, 160.000 kWh Wärme

Die dezentrale Erzeugung von Strom und Wärme ist einer der dominierenden Trends in Sachen Energieversorgung. Auch die Grundschule Rettenberg im Oberallgäu mit ihrem angegliederten Freibad nutzt seit 2013 diese Möglichkeit.

Versorgt die Schule in Rettenberg mit Strom und Wärme:das neue Blockheizkraftwerk

Die Grundschule im Oberallgäuer Rettenberg hat nun auch eine dezentrale Heiz- und Stromversorgung

Page 30: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

30

Meldungen

allgäuALTERNATIV

KurzinfoAllgäuer Überlandwerk GmbHStefan NitschkeIllerstraße 18 87435 Kempten (Allgäu) Tel. 0831/2521-405 www.auew.de

Seit über 20 Jahren steht das »Top100«-Siegel für Innovationskraft,Wissensdurst und Teamgeist imdeutschen Mittelstand. Im Sommererhielt das Allgäuer Überlandwerkdie begehrte Auszeichnung. Seit über 90 Jahren versorgt die All-gäuer Überlandwerk GmbH (AÜW)das Allgäu mit Strom. Doch längstist der Energiedienstleister auch inanderen Geschäftsbereichen tätigund schafft es als Top-Innovatorzum zweiten Mal unter Deutsch-lands innovativste Unternehmen.

Im Jahr 2011 wurde im AÜW diedie Abteilung Produktinnovatio-nen gegründet. Sie fördert Ideenund sichert damit das Ziel einer si-cheren Energiezukunft durch er-neuerbare Energien im Allgäu. »ImNetzgebiet beträgt der Anteil an re-generativer Energieerzeugung ak-tuell rund 34 Prozent der benötig-ten Energiemenge. Damit habenwir bereits heute das Ziel der Bun-desregierung für 2020 erreicht«,freut sich Geschäftsführer MichaelLucke.

Dem Sprung in die »Top 100« gehtein anspruchsvolles Auswahlverfah-ren voraus. Der InnovationsforscherProf. Dr. Nikolaus Franke und seinTeam vom Institut für Entrepre-neurship und Innovation der Wirt-schaftsuniversität Wien haben dieBewerbungen von 247 Unterneh-men geprüft. 148 von ihnen erhal-ten in drei Größenklassen die Aus-zeichnung als Top-Innovator. ImMittelpunkt der Untersuchung ste-hen das Innovationsmanagementund der Innovationserfolg. ve

Moderator Ranga Yogeshwar (l.)über reicht bei der Preisverleihung in Essen Stefan Nitschke vom Allgäuer Überlandwerk die begehrteAuszeichnung »Top 100«

AÜW gehört zu den großen Hundert

Er war der Treffpunkt schlechthinfür alle am Thema Energie Interes-sierten: der Allgäuer Energietag von

eza! Über 100 Entscheidungsträgeraus Politik und Wirtschaft infor-mierten sich bei der Sommerveran-staltung über die Möglichkeiten dessparsamen Umgangs mit Energie.Charlotte Wallin von der Fach-hochschule Kempten zeigte anhanddes Mobilitätscoachings für dieStadt Kempten auf, wie Elektroau-tos im städtischen Fuhrpark wirt-schaftlich eingesetzt werden kön-nen. Anschließend stellten drei All-gäuer Mächler ihre Projekte vor –Projekte, die für das Engagementvieler Menschen für die Energiezu-kunft im Allgäu stehen. Zum Bei-spiel die Nahwärme Rammingenmit Ludwig Reiber als treibendeKraft einer privaten Initiative, dieden Beteiligten klimaneutrale undgünstige Heizenergie aus einer na-hegelegenen Biogasanlage liefert.Manfred Guggenmoos, der Proto-typ des Allgäuer Mächlers, arbeitetderzeit an seiner neuesten Idee: das

Auto als Kraftwerk, das Energie lie-fert. Martin Osterried hat sich mitdem Energieträger der Zukunft be-schäftigt und setzt in einem Anhän-ger eine Wasserstoffzelle als Lade-gerät für sein E-Bike ein.Welche Einsparpotenziale in kom-munalen Liegenschaften schlum-mern, zeigte Rainer Moll auf. Es seiimmer wieder verblüffend, so Moll,der seit elf Jahren für eza! unter-wegs ist, mit welch einfachen Mit-teln sich die Strom- und Heizungs-kosten in Schulen oder Rathäusernsenken lassen. Marlene Preißinger,Bürgermeisterin von Unteregg,konnte das nur bestätigen. Ihre Ge-meinde nahm am Energiecoaching-Pilotprojekt teil. Ziel war es, Kom-munen mit Unterstützung von Ex-perten zu mehr Energie- und Kos -teneffizienz zu führen. »Wir sinddabei auf Dinge gestoßen, auf diewir alleine sicher nicht gekommenwären«, so Preißinger.

Allgäuer Energietag war ein voller Erfolg

Foto: AÜW

Rainer Moll (r.) erklärt MarlenePreißinger und Thomas Gehring (MdLDie Grünen) am Modell mit Wein, wieder hydraulische Abgleich beiHeizungsanlagen funktioniert

Foto: eza!

Page 31: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

Meldungen

31allgäuALTERNATIV

Seit November 2001 steht das Inter-netportal Wegweiser Bürgergesell-schaft im Netz. Die Informations-plattform hat sich dabei in den ver-gangenen Jahren mit hohen Zu-griffszahlen als elektronisches Leit-

Bürgergesellschaft in neuem Gewand

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In der Unterallgäuer Gemeinde Pleßist der Spatenstich für eine örtlicheNahwärmeversorgung erfolgt. NachAngaben der NahwärmeversorgungPleß eG sollen nach der Fertigstel-lung 825 Tonnen Kohlenstoffdioxidbeziehungsweise 255.000 Liter Heiz-öl eingespart werden. Das Wärme-netz ist circa 8,9 Kilometer lang,die Leistung des Blockheizkraft-werks beträgt etwa 810 Kilowatt.123 Haushalte sind bislang an dieEnergieversorgung angeschlossen.Die Wärmeenergie für die Behei-zung der Haushalte liefern die Bio-energie Munding GbR sowie dieStölzle Bioenergie GbR aus Pleß.Mit der Gründung einer Bürgerge-nossenschaft hatten die Gemeinde,die Katholische Kirchenstiftung so-wie Unternehmer aus dem Dorfdas Großprojekt vor gut zwei Jah-ren auf den Weg gebracht. Derlangjährige bayerische Staatsminis -ter für Ernährung, Landwirtschaftund Forsten, Josef Miller, bezeich-

»Beispielhaftes Projekt und großer Beitrag zur Energiewende«

medium zu Fragen der bundesdeut-schen Bürgergesellschaft etabliert.Mit neuer Struktur und überarbeite-ten Inhalten wurde die Webseitenun neu gestaltet. Die inhaltlicheAusrichtung des Portals bleibt dabei

unverändert. Engagierte Bürger/in-nen können sich über das Themen-feld informieren sowie eigenes Wis-sen bereitstellen. Die neue Websitesteht online unter www.wegweiser-buergergesellschaft.de bereit.

nete das vom Bundesamt für Wirt-schaft und Ausfuhrkontrolle bezu-schusste Projekt als »beispielhaft«:Die Nahwärmeversorgung leiste ei-

nen Beitrag zur Energiewende undermögliche die sinnvolle Nutzungder Wärme von zwei Biogasanla-gen.

V.r.n.l.: Carl Munding (Bioenergie Munding GbR), CSU-Landtagsageordneter Klaus Holetschek, Max Wild (ARGEMüller/Wild), George Valiyamangalam (Ortspfarrer), Georg Stölzle (Stölzle Bioenergie GbR), Anton Keller (Bürger -meister), Josef Miller (Staatsminister a.D.), Thomas Knecht (Planungsbüro Knecht Ingenieure), Matthias Bechter(stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärmeversorgung Pleß eG), Ludwig Sauerwein (Vorstand derNahwärmeversorgung Pleß eG), Manfred Deuring (Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärmeversorgung Pleß eG),Hubert Stölzle (Stölzle Bioenergie GbR) und Peter Lessmann (Bürgermeister a. D.)

Foto: privat

Page 32: Herbst/Winterausgabe 2014/2015 von ALLGÄU ALTERNATIV

Meldungen

Gedimmte Lampen, die nur beimVorbeigehen und -fahren hellleuchten, helfen Kommunen künf-tig, Strom zu sparen. Kaum ge-nutzte Wege auf dem Land nachtsdurchweg zu beleuchten, bescherthohen Energieverbrauch und hoheKosten. Das Dauerlicht kann An-wohner zudem um ihren Nacht-schlaf bringen. Der Energieversor-

ger Lechwerke hat zusammen mitLeipziger Leuchten in Pilotprojek-ten in den bayerischen Orten Kö-nigsbrunn und Friedberg an ei-nem Rad- und Fußweg LED-Syste-me installiert. Ein Sensor regis -triert herannahende Personen,schaltet die gedimmte Leuchte hel-ler und gibt das Signal an die nächs -te Lampe weiter. Nach einer pro-

grammierten Zeit verdunkeln sichdie Laternen wieder. Ergebnis: si-chere Wege im ländlichen Raumbei bis zu 70 Prozent wenigerStromverbrauch. Diese Idee unddie Ausführung brachte den Lech-werken und den örtlichen Part-nern eine Auszeichnung im Wett-bewerb »100 ausgezeichnete Orte2014/15« ein.

Straßenbeleuchtung begleitet Radler

Eine besondere Duschverbrauchs-anzeige zum Energiesparen hat derBamberger Wirtschaftsinformati-ker Prof. Dr. Thorsten Staake ent-wickelt. »Amphiro a1« misst wäh-rend des Duschens, wie viel Energiein Form von Warmwasser ver-braucht wird. Während des Du-schens zeigt das intelligente Gerätden Verbrauch seit Duschbeginn inLitern an, nach dem Duschen ab-wechselnd den Energieverbrauch inKilowattstunden und die Wasser-menge in Litern. Das Display ist miteiner Animation gestaltet: Ein Eis-bär steht auf einer Eisscholle, die

mit steigendem Energieverbrauchschmilzt. In einer zweimonatigenStudie testeten rund 700 Haushaltedas Gerät. Die Duschdauer pro Per-son verkürzte sich daraufhin dankder Anzeige um rund 22 Prozent.Durchschnittlich könnte man sopro Haushalt 8500 Liter Wasser undumgerechnet 79 Euro pro Jahr ein-sparen. Das Gerät ist mittlerweilebei Amazon erhältlich.

Duschen mit Eisbär

KurzinfoProf. Dr. Thorsten StaakeLehrstuhl für WirtschaftsinformatikTel. 0951/8632077E-Mail: [email protected]

Das kleine Messgerät wird amSchlauch der Handbrause angebracht.Wie ein kleines Kraftwerk gewinnt esseine Energie aus dem Wasserfluss

mittels einer speziellen Turbine Foto: Universität Bam

berg

Der Landkreis Ostallgäu hat diedeutschlandweite Solar-Bundesligagewonnen. Die von der Fachzeit-schrift »Solarthemen« ins Leben ge-rufene Solar-Bundesliga bewertet

die Dichte an Solaranlagen in einerKommune. Mit 2825 Punkten führtOstallgäu die Tabelle der Landkreisemit Vorsprung an und sicherte sichden Titel. Insgesamt beteiligten sichan der Solar-Bundesliga rund 2400Kommunen aus ganz Deutschland.Einen großen Anteil am Erfolg desLandkreises haben die OstallgäuerGemeinden Görisried, Rettenbachund Pfronten. Görisried sichertesich in der Gesamtwertung der

Größenkategorie »Gemeinden«den Deutschen Vizemeistertitel.Pfronten wurde in der Wertung»Solarwärme« in der Größenkate-gorie »Kleinstädte« ebenfalls Deut-scher Vizemeister. Und Rettenbacham Auerberg belegte den hervorra-genden dritten Platz in der Ge-samtwertung der Kategorie »Klein-gemeinden« sowie den viertenRang in der Wertung »Solarwär-me« bei den Kleingemeinden. Die-se Ergebnisse seien Erfolg und Ver-pflichtung zugleich, betont Landrä-tin Maria Rita Zinnecker: DasOstallgäu wolle die Energiewendeund treibe sie voran.

Landkreis Ostallgäu gewinnt Solar-Bundesliga

Klimaschutzbeauftragter JohannesFischer (l.) erhält die Auszeichnung vonAndreas Witt, Her ausgeber der Zeit -schrift SolarthemenFo

to: Solarbundesliga/

Lars Schulz

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33allgäuALTERNATIV

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Besondere Bauprojekte von Archi-tekten/Innenarchitekten und Hand-werkern stehen im Mittelpunkt derSonderschau »Geplant und Ausge-führt« auf der InternationalenHandwerksmesse in München. Ins-gesamt 30 werden dort vorgestellt,die besten werden mit Preisen ge-ehrt. Unter den Gewinnern 2014war die Spenglerei Höller + Wanneraus Wiggensbach, die mit der Holz-hauswerkstatt Riedle & Bader Holz-bau aus Baisweil, der Oskar Hoff-mann Bau- und Möbelschreinereiaus Oy und f64 Architekten ausKempten geehrt wurde. »Ein Qua-

litätsbeweis für unsere Arbeit«,freut sich Michael Wanner. Für die kommende Sonderschau»Geplant und Ausgeführt« auf derInternationalen Handwerksmessevom 11. bis 17. März 2015 könnensich ab sofort Architekten, Innen-architekten und Handwerksbetrie-be gemeinsam bewerben. Voraus-setzung ist ein gemeinsam umge-setztes und bereits vollendetes Bau-vorhaben. Zum Wettbewerb zugelassen sindProjekte, die nicht älter sind als dreiJahre. Einsendeschluss für Bewer-bungen ist der 15. Januar 2015.

KurzinfoInformationen zum Preis und Ausschreibungsunterlagen: Wengmann + RattanTel. 08976/773828E-Mail: [email protected]

Gewinner des zweiten Preises im Wettbewerb »Geplant und Ausge führt 2014«: der Neubau einer Aussegnungshalle undGemeindehaus der Kirche St. Afra in Theinselberg bei Ottobeuren

Foto: Rainer Retzlaff

»Qualitätsbeweis für unsere Arbeit«

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Meldungen

allgäuALTERNATIV

Die als Gemeinschaftsprojekt vonBundeswirtschaftsministerium,Bundesumweltministerium, DIHKund ZDH getragene Mittelstands-initiative Energiewende firmiert abheute unter dem neuen Namen»Mittelstandsinitiative Energie-wende und Klimaschutz«. Die

Initiative soll den deutschen Mit-telstand bei der Energiewende un-terstützen. Industrie, Gewerbe,Handwerk, Handel und Dienstleis -tung haben mit etwa 24 Prozent ei-nen nennenswerten Anteil an denTreibhausgasemissionen inDeutschland. Die Initiative hilft

kleinen und mittleren Unterneh-men dabei, ihre Energieeffizienzzu erhöhen und so ihre Treibhaus-gasemissionen zu verringern. MitDialog, Informationen und Quali-fizierungen bietet sie konkrete Hil-festellung und vermittelt An-sprechpartner vor Ort.

Neuer Name für die Mittelstandsinitiative Energiewende ist Programm

Besucher und Aussteller sind mit Mindelheim zufrieden

Internationale Bodenseekonferenz lobt Nachhaltigkeitspreis

Zufrieden zeigten sich die 47 Aus-steller nach der Premiere der neuenMesse »Bauen und Sanieren im All-gäu«. Zwar hatte das Traumwetteram vergangenen Wochenende denerhofften Besucherandrang verhin-dert. Aber diejenigen, die den Weg

ins FORUM Mindelheim fanden,waren äußerst interessiert und gutvorinformiert, lautete nach Aus-kunft von eza!-GeschäftsführerMartin Sambale das einhellige Fazitder Aussteller, die aus sämtlichenBereichen der Baubranche kamen.Foto: eza!

Für den ersten IBK-Nachhal-tigkeitspreis haben die Mitglieds-länder und -kantone der IBK sieb-zehn Projekte nominiert. Diese ste-hen beispielhaft für das Potenzialdes Bodenseeraums als Modellre -gion für nachhaltige Entwicklung.Eine international besetzte Juryentscheidet darüber, welche Projek-te den Preis erhalten. Die Verlei-hung findet im Rahmen der IBK-Regierungschefkonferenz am 12.Dezember in Appenzell statt.

Mit ihrem Nachhaltigkeitspreismöchte die IBK Projekte, die einenBeitrag zum Bodenseeraum als Mo-dellregion für nachhaltige Entwick-lung leisten, unterstützen und ins öf-fentliche Bewusstsein rücken. Preis-würdig sind Initiativen, die im Sinnedes Leitbilds der IBK für den Boden-seeraum ganzheitliche und langfris -tige Lösungen schaffen. Die Projekte

sollen einen eindeutigen Quer-schnittcharakter zwischen denNachhaltigkeitsdimensionen Wirt-schaft, Umwelt und Soziales aufwei-sen, zwischen Generationen, gesell-schaftlichen Gruppen und Regionenausgleichen und Partizipation undVernetzung von Beteiligten und Be-troffenen fördern. Daneben sollendie Aktivitäten der Preisträger erleb-bare und längerfristige Wirkungenanstreben, innovative und kreativeAnsätze sowie Modellcharakter auf-weisen und möglichst übertragbarsein. Aus dem deutschen Bodensee-raum sind zwei Nominierungen er-folgt: Das sind die EhrenamtlichenSprach-und Kulturmittler im Land-kreis Konstanz: (www.lrakn.de) unddie Energieeffizienz in Sportverei-nen »Packen wir es an und schaltenauf Sparflamme!« (www.energie-agentur-ravensburg.de).

KurzinfoMittelstandsinitiative Energie -

wende und Klimaschutz

Tel. 0800/9342375

E-Mail: service@mittelstand-

energiewende.de

www.mittelstand-

energiewende.de

Rede und Antwort standenBaufachleute aus den

unterschiedlichsten Bereichenden Besuchern der Messe undInfoveranstaltung »Bauen und

Sanieren im Allgäu«

Bereits im Jahr 2000 hatte dieIBK das grenzüberschreitendeNachhaltigkeitsprojekt und -netz-werk Bodensee Agenda 21 gestar-tet. Seitdem wurden viele Nachhal-tigkeitsaktivitäten durchgeführt,angeregt und gefördert. DerGrundsatz der nachhaltigen Ent-wicklung ist auch im IBK-Leitbildund dem zugehörigen Maßnah-menkatalog verankert.

In ihrer Konferenz vom De-zember 2013 in München beschlos-sen die IBK-Regierungschefs, imJahr 2014 den ersten IBK-Nachhal-tigkeitspreis zu verleihen. Eine in-ternational besetzte Jury wählt diePreisträger aus. Insgesamt stehen18.000 Euro an Preisgeldern zurVerfügung.

Weitere Informationen unterhttp://bodenseekonferenz.org/nach-haltigkeitspreis

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Das Landratsamt Unterallgäu hatsoeben einen dreiwöchigen Test eines Elektroautos der Lechwerke(LEW) beendet. Markus Weißen-berger vom LEW-Team Elektromo-bilität übergab das Auto vom TypRenault Zoe an die UnterallgäuerKlimaschutzmanagerin AndreaRuprecht. Sie sorgte dafür, dass dieMitarbeiter des Landratsamtes dieMöglichkeit hatten, das Elektrofahr-zeug bei ihren Dienstfahrten ken-nenzulernen. »Während dieser Test-

Unterallgäu: Elektrofahrzeug bewährt sich im Dienst

en und Sanieren informiert. Spe-ziell dem Zukunftsmarkt Altbausa-nierung widmet sich das eza!-Fach-seminar »Planungswissen: Sanie-rungskonzept / Sanierungsfahr-plan«.Alle Kusangebote und die Anmel-deformalitäten finden Sie unterwww.eza-allgaeu.de. Energie- &Umweltzentrum Allgäu, gemein-nützige GmbH, Burgstraße 26,87435 Kempten, Telefon 0831/960286-0, Fax 0831/960286-90, E-Mail: [email protected]

Neue »Fitness-Kurse« bei eza!Mehrere Neuheiten, aber auch be-währte Kurse und Fachseminarebietet das neue eza!-Bildungspro-gramm Winter/Frühjahr 2015. Neuist beispielsweise der viertägigeZertifikatslehrgang »Photovoltaik-Eigenstrommanager«. Zu den Klas-sikern zählt der Kurs Energiebera-ter/Effizienzhausexperte, dessenInhalte ständig aktualisiert werden.Unter dem Titel »Fachwissen aktu-ell« werden Planer und andere Bau-experten über die neuesten Trendsim Bereich energieoptimiertes Bau-

wochen konnten wir praktische undlogistische Erfahrungen mit einemElektrofahrzeug machen. Nun wis-sen wir, in welchem Umfang Elek-trofahrzeuge im Fuhrpark des Land-ratsamtes und für den laufenden Be-trieb eingeführt werden können«,sagt die Klimaschutzmanagerin. Der Renault Zoe gehört zum Elek-troauto-Fuhrpark der LEW, diederzeit rund 30 öffentlich zugäng-liche Ladesäulen in ihrem Netzge-biet betreibt.

Lehrlinge der Allgäuer Überland-werke durften Ende Oktober denGrundstein für das neue Restwas-ser-Kraftwerk an der Illerbrücke le-gen. Rund 100 Gäste waren dabei,als die jungen Leute zur Maurerkel-le griffen. allgäuALTERNATIV be-

Start für Kraftwerk in Kemptenrichtete ausführlich über die Pla-nung in der Ausgabe 2/2014.

Foto: Bianca Elgaß

Foto: Stefanie Vögele/Landratsam

t Unterallgäu

Markus Weißenberger (r.) vom LEW-Team übergab das Auto an die UnterallgäuerKlimaschutzmanagerin Andrea Ruprecht

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Wasserkraft

allgäuALTERNATIV

Die Marktgemeinde Bad Hindelang (Anteil 22Prozent), die Elektrizitätswerke Hindelang(39%), die Galtalpe Erzeberg (10%) und die

Wald- und Weidegenossenschaft Bad Oberdorf (29%)sind die Beteiligten des Kraftwerk-Projektes an derOstrach. Die Planung haben die ElektrizitätswerkeHindelang übenommen. Gestitten wird um die Ge-nehmigung vor allem deshalb, weil es im Fauna.Flora-Habitat-Gebiet (FFH) im LandschaftsschutzgebietAllgäuer Hochalpen und im Vogelschutzgebiet liegt.Dazu kommt, dass die sogenannte Eisenbreche – eineEngstelle – vom Kraftwerk betroffen wäre. Die Eisen-breche ist ein ausgewiesenes Naturdenkmal. Die neunGrünen und die zwei ödp-Kreisräte verweigerten ausdiesen Gründen dem Projekt ihre Zustimmung.Die restlichen 59 Kreisräte sahen eher die Vorteile desKraftwerkes: An 253 Tagen im Jahr soll es laufen undrund neun Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen(ausreichend für 2400 Haushalte). Der Ausstoß von4500 Tonnen CO2 könnte somit vermieden werden.Anerkannt wurde von der Befürworter-Seite, dass sichdie Planer wirklich bemüht haben, möglichst vieleEingriffe in Natur zu vermeiden, und ein Vielfachesan Ausgleichsmaßnahmen anbieten, wenn sie eine Ge-

nehmigung bekommen. Erinnert wurde auch an denKreistagsbeschluss von 2011, in dem sich das Gre-mium selbst auferlegt hat, bis 2020 immerhin 70 Pro-zent des Stromes aus regenerativen Energiequellen zugewinnen. Die Gegenseite im Kreistag führte ins Feld, dass imFalle der Genehmigung ein Präzedenzfall geschaffenwerde, der auch Eingriffen in alle anderen alpinenSchutzgebiete Tür und Tor öffnen würde. Sie rekla-mierten, dass bereits zwölf Behörden und Verbändesich negativ zum Kraftwerksplan geäußert haben. Ins-besondere, weil im Bereich der geplanten Anlagen sel-tene Arten im Gewässer lebten und diese erheblichgestört würden.Aufgrund eines Planungsfehlers musste das Verfahrennoch einmal aufgerollt werden. Das Fassungsbauwerksei zwar minimal geplant gewesen, habe aber keineDurchgängigkeit gehabt, erläuterte Dr. Jochen Dammvon den Elektrizitätswerken Hindelang, das sei nacheuropäischen Richtlinien nicht mehr erlaubt. DieserFehler sei nun behoben, eine Genehmigung nach demEnergieeinspeisegesetz (EEG) möglich. allgäuALTERNATIV wird über den Fortgang des Pro-jektes weiter berichten.

Elf Millionen Euro wollen einheimische Investoren in das Wasserkraftwerk »Älpele« imHintersteiner Tal investieren (Projektvorstellung in allgäuALTERNATIV 1/2014). Jetzthat der Kreistag Oberallgäu das Vorhaben nach heftiger Diskussion mit 46 gegen 11Stimmen »durchgewinkt«. Es sollte zwar schon im Juli abgestimmt werden, doch einPlanungsfehler musste erst behoben werden. Dabei ist der Landkreis Oberallgäu in diesem Fall nicht Genehmigungsbehörde, sondern nur zur Stellungnahme aufgefordert

Das »Älpele« im KreistagOberallgäu: Kraftwerk spaltet die Politik

Das Wasser der Ostrach(unten) soll zur Stromerzeu -

gung genutzt werden.Betroffen davon wäre auchdie Eisenbreche (rechts)

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Wasserkraft

allgäuALTERNATIV

Erstaunen beim Landratsamt Ostallgäu, Ver-blüffung bei der Stadt Füssen, Ahnungslosig-keit beim Wasserwirtschaftsamt: Das sind

die Reaktionen im Ostallgäu auf eine Analyse derPumpspeicherpotenziale in Bayern durch das BüroLahmeyer Hydroprojekt, vorgelegt von Bayerns Wirt-schaftsministerin Ilse Aigner. Unter den 16 genanntenStandorten findet sich auch der Forggensee als mög-liches Unterbecken. Er ist der einzige im Allgäu. DieStudie, die bereits im Juni auf den Tisch der Ministerinflatterte, geht davon aus, dass am Forggensee bis zu500 Megawatt bei sechs Stunden Betrieb erzeugt wer-den könnten. Der Auftraggeber der Analyse, das Baye-rische Landesamt für Umwelt, hielt und hält es nichtfür nötig, sich mit den örtlichen und regionalen Be-hörden in Verbindung zu setzen, bevor eine solcheAnalyse im Ostallgäu angestellt wird.

Aus dem Staatsministerium für Wirtschaft wurdeuns auf Anfrage mitgeteilt: Es handelt sich bei der Un-tersuchung zur Analyse der Pumpspeicherpotenzialein Bayern um eine reine Potenzialabschätzung, es ste-hen keine konkreten Standortplanungen und keine In-

vestitionspläne im Hintergrund. Eine Beteiligung derörtlich zuständigen Genehmigungsbehörden bei kon-zeptionellen, wenig konkreten Untersuchungen dieserArt ist nicht vorgesehen.

Bei näherer Hinsicht zeichnet sich auch ab, dassdie Analyse wirklich graue Theorie ist, denn bei derBeschreibung des Top-Standortes p, hinter dem sichder Forggensee verbirgt, offenbart das Papier nicht, woein mögliches Oberbecken – das ja zweifellos bei ei-nem Pumpspeicherkraftwerk nötig ist – überhauptplatziert werden könnte. Unter dem Stichwort Um-weltfachliche Auswirkung ist nachzulesen, dass für einOberbecken Rodungen erforderlich sind und hoch-empfindliche Arten gefährdet würden. Namentlich ge-nannt werden Auerhuhn und Haselhuhn. Natura-2000-Gebiete und andere Schutzgebiete wären betrof-fen. Unter Wasserversorgung wird bemerkt, dass esKonflikte, mit der Trinkwasserversorgung gebenkönnte und als weitere Einschränkung wird die gerin-ge Fallhöhe genannt. Die Herstellungskosten seiensehr hoch und die geologischen Verhältnisse nur be-dingt geeignet, wie es heißt.

Der fünftgrößte See Bayerns könnte als Untersee für ein Pumpspeicherkraftwerkgenutzt werden. Das zumindest ergab eine Analyse des Bayerischen Landesamtesfür Umwelt. Neben dem Forggensee gibt es in der Analyse noch 15 weitere soge-nannte Top-Standorte: Acht davon liegen im Bayerischen Wald, sechs im ober-bayerischen Alpenraum und einer am Rande des Fichtelgebirges.

Pumpspeicher ForggenseeIlse Aigner verblüfft das Ostallgäu

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Blick vom UnterspeicherForggensee in die Allgäuer

Berge (möglicher Standort fürPumpspeicher-Oberseen)

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39allgäuALTERNATIV

Auf unsere Nachfrage zur Sinnhaftigkeit derAnalyse speziell für den Forggensee erklärt das Wirt-schaftsministerium: In der Studie zur Analyse derPumpspeicherpotenziale in Bayern werden theoreti-sche Möglichkeiten der Pumpspeicherung in Bayernaufgezeigt. Anhand technischer, umweltfachlicher,geologischer, infrastruktureller und ökonomischerKriterien fand eine schrittweise Auswahl geeigneterPotenzialflächen statt… Eine dieser 16 Potenzialflä-chen umfasst den Forggensee als Unterbecken undOptionen für die Lokalisation möglicher Oberbecken.Als maximale Distanz zwischen Ober- und Unterbe -cken wurden 5000 Meter angesetzt. Die Dimensionie-rung eines möglichen Oberbeckens richtet sich nachdem Mindestkriterium einer erzielbaren Leistung von100 MW, einer Mindestfallhöhe zwischen Ober- undUnterbecken von 200 Metern, nach dem Vorhanden-sein von Senken oder Talräumen, die ein festgelegtesEbenheitskriterium erfüllen, sowie einer geringen Be-einträchtigung von Schutzgebieten und Biotopen, In-frastruktureinrichtungen und Siedlungen. Aus derAnwendung dieser Kriterien resultiert die zitierte Ersteinschätzung für die Potenzialfläche Forggensee.

Weiter wurde uns von der Pressestelle des Minis -teriums mitgeteilt: Es wäre Aufgabe eines potenziellenInvestors, für eine Potenzialfläche konkrete Planungenfür Becken, Kraftwerks- und Versorgungsanlagen zuentwickeln. Erst in diesem Stadium sei es sinnvoll, sichmit konkreten Fragen wie der Abgrenzung und Lagevon Becken zu beschäftigen und Karten für diese anzu-fertigen. Voraussetzung hierfür sei jedoch eine bereitsintensivere Betrachtung des potenziellen Standortes z.B.durch geologische Vor-Ort-Untersuchungen.

Gezielt fragte allgäuALTERNATIV daraufhinbeim Ministerium nach, warum die von den AllgäuerÜberlandwerken bereits voruntersuchten Standorteam Rottachspeicher, am Grünten, am Alpsee bei Im-menstadt und im anschließenden Tal bei Thalkirch-dorf nicht in die Analyse einbezogen wurden. Schließ-lich lägen hier bereits einschlägige Daten vor.

Die Antwort kam prompt: Die Planungen der All-gäuer Überlandwerke zu konkreten Pumpspeicher-kraftwerken sind im Detail im StMWi nicht bekannt.Dass die genannten Standorte nicht bei den 16 vertieftuntersuchten Potenzialflächen für Pumpspeicherkraft-werke enthalten sind, heißt nicht, dass sie nicht geeig-net sind. Für ein methodisch transparentes und ver-gleichbares Vorgehen war es notwendig, in der Studieeine einheitliche, landesweit verfügbare, jedoch ver-gleichsweise grobe Datenbasis zu nutzen. Vorteile, diesich durch eine spezifische Situation vor Ort ergeben,konnten bei dieser Art der Untersuchungen nicht be-rücksichtigt werden ... Es handelt sich ausschließlichum eine Potenzialanalyse unter bayernweiten Gesichts-punkten. Umgekehrt erfolgt mit der Studie zur Analyseder Pumpspeicherpotenziale in Bayern auch keine Vor-festlegung über die Genehmigung von Pumpspeicher-

projekten, die im Umfeld der ermittelten Potenzialflä-chen beantragt werden. Es ist Aufgabe der Genehmi-gungsbehörden, über konkrete Projekte im Rahmender Verfahren in eigener Entscheidung zu befinden.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat mittlerweileeine zweite Expertise veranlasst. In diesem Gutachtenzur Rentabilität von Pumpspeicherkraftwerken in Bay-ern – erarbeitet von der Münchner Forschungsstellefür Energiewirtschaft – heißt es, dass ein Neubau vonPumpspeicherkraftwerken unter den derzeitigen Rah-menbedingungen in der Regel nicht wirtschaftlich ist.Ein Widerspruch in sich? Es kommt wahrscheinlichauf den Standpunkt des Betrachters an.

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Jürgen Herrmann, Prokurist der Allgäuer Über-landwerke, sieht den ganzen Vorgang ziemlich gelassen.Er erklärte allgäuALTERNATIV gegenüber, dass dieEnergiewende nur zu schaffen sei, wenn alle möglichenSpeicherformen weiter untersucht und verfeinert wer-den: »Wir werden unsere möglichen Pumpspeicher-Standorte weiter im Auge behalten und mit Vernunftund Weitsicht planen – genauso wie alle anderen Spei-chermöglichkeiten. Wir können heute doch noch nichtwissen, wie die Situation in fünf oder zehn Jahren ist.Sollten wir in zehn Jahren zu allen anderen Speichernwie z.B. Batterien und Wasserstoff auch noch Pump-speicher benötigen, dann haben wir vorgearbeitet.«

Herrmann weist in seiner Stellungnahme weiterdarauf hin, dass für ein Pumpspeicherkraftwerk vomPlan bis zur Fertigstellung sicherlich fünf Jahre odermehr ins Land ziehen. Es sei also bestimmt nicht falsch,seine Hausaufgaben rechtzeitig gemacht zu haben. »Wirwerden dabei natürlich sehr kostenbewusst vorgehen.«

Jürgen Herrmann Prokurist Allgäuer Überlandwerke:

Wer weiß heute, ob wir in zehn

Jahren Pumpspeicher brauchen?

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Bauen

allgäuALTERNATIV

Es sind Geschichten wie die von Manfred Gru-ber, die Herbert Hanser, dem Leiter der eza!-Bildungsabteilung, das Gefühl geben, mit dem

eza!-Kursprogramm auf dem richtigen Weg zu sein.»Man kann sagen«, meint Manfred Gruber, »der Pas-sivhausplaner-Kurs von eza! hat mein Leben ein Stückweit verändert.« Und zwar zum Positiven, fügt derOberbayer mit einem Augenzwinkern hinzu.

Er wollte schon immer Häuser bauen, die nur einMinimum an Heizenergie verbrauchen. Also suchteder Inhaber eines Holzbauunternehmens in Kirchwei-dach aus dem Chiemgau nach Informationen, stieß da-bei auf das Fortbildungsangebot von eza! und meldetesich sofort an. Nach Abschluss des Kurses in Kemptenfühlte sich der gelernte Zimmermann gewappnet fürdie hohen Anforderungen des Passivhausbaues. »In-zwischen«, erzählt Manfred Gruber, und ein bisschenStolz schwingt in seiner Stimme mit, »plant und bautmeine Firma fast nur noch Passivhäuser.«

Das Thema Fortbildung zählte nach der Grün-dung des Energie- und Umweltzentrums Allgäu imJahr 1998 von Anfang an zu den Kernaufgaben. Unddaran hat sich bis heute nichts geändert. Planer, Ar-chitekten und Handwerker fit zu machen für die stän-dig steigenden Anforderungen beim energieeffizien-ten Bauen und Sanieren, das war und ist eines der zen-tralen Themen von eza!. »Wir wollen allen am Bau Be-teiligten eine Hilfestellung geben, damit sie sichschnell in neue Gebiete einarbeiten können«, erklärtHerbert Hanser.

Den Anfang machte vor 16 Jahren der Energie-beraterkurs, ein Klassiker, der ständig aktualisiert wur-de und heute den Beinamen »Effizienzhaus-Experte«trägt. Inzwischen haben den eza!-Energieberaterkursknapp 600 Teilnehmer durchlaufen. Hanser sprichtvon einem sehr hilfreichen Angebot, das Baufachleu-ten Einblicke in die verschiedensten Bereiche biete,was heute immer wichtiger werde. »Ob rechtliche,technische oder wirtschaftliche Aspekte – der Bau-All-rounder, der über ein gewerkeübergreifendes Wissenverfügt, ist gefragter denn je«, meint er. Ist die Basis

eza! hat sich mit Kursen und Fachseminaren nicht nur bei Planern, Architekten und Handwerkern aus dem Allgäu einen Namen gemacht. Die 2100 Teilnehmer, diesich seit 1998 im Energie- und Umweltzentrum Allgäu auf die stetig steigenden Anforderungen beim energetischen Bauen und Sanieren vorbereitet haben, kommenaus ganz Bayern und anderen Teilen der Republik – selbst Baufachleute aus Überseesind zum eza!-Bildungsangebot schon angereist.

Weiterbildung in Kempteneza! macht Baufachleute fit

Gruppenarbeit statt Frontal -unterricht – die Referenten der

eza!-Kurse und -Seminare ver suchen, Inhalte an Beispielen

zu vermitteln

Die eza!-Bildungsabteilung (v.l.): Birte Ohmayer, HerbertHanser und Andrea Förstle

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Fotos: eza!

geschaffen, können die Inhalte in speziellen Fachse-minaren bei eza! vertieft werden.

Neben dem eza!-Energieberaterkurs zählt derPassivhausplaner-Kurs zu den Aushängeschildern deseza!-Bildungsangebotes. Eine »Eigenentwicklung«,mit der eza! 2007 erstmals an den Start ging. »Der Pas-sivhausplaner-Kurs war für uns ein Meilenstein«,meint Birte Ohmayer, die für die Konzeption undDurchführung von Kursen und Fachseminaren beieza! zuständig ist. Weil es der erste Kurs dieser Art inDeutschland, ja in Europa überhaupt, war und eza!und seine Fortbildungskurse weit über die Grenzendes Allgäus bekannt machte. »Wir hatten sogar schonTeilnehmer aus Chile, Japan, Südkorea und den USA«,erzählt Birte Ohmayer. Sie spricht von »Exoten«, überdie man sich sehr freue. Wichtiger sei es aber gewesen,dank eines qualitativ hochwertigen Kursangebotes mitneutralen Informationen eine treue Stammkundschaftaufzubauen.

Frederik Gerwin zählt dazu. Passivhausplaner,Baubegleitung, Wärmebrückenberechnung, Energie-beraterwissen aktuell – der Bauingenieur und Ober-bauleiter aus Holzkirchen bei München weiß garnicht, wie viele Kurse und Fachseminare er bei eza! be-reits besucht hat. »Dass ich immer wieder komme,sagt eigentlich alles über die Qualität des eza!-Bil-dungsangebotes aus«, stellt der Oberbayer fest. »Kom-petente Referenten, die alles sehr gut erklären undsämtliche Fragen beantworten, ein heller, ruhiger Se-minarraum und dazu die gute Verpflegung und Be-treuung – hier stimmt einfach alles.« Martin Wölfle istebenfalls voll des Lobes. »Man merkt sofort, dass dieReferenten das nötige Know-how haben und voll hin-ter dem Thema energieeffizientes Bauen und Sanierenstehen – ohne den Blick für die Realität zu verlieren«,findet der Holzbautechniker aus Dietmannsried. Dassind keine Professoren oder Theoretiker, sondern Leu-te, die aus der Praxis stammen, hat Architekt ThomasBarth aus Babenhausen festgestellt.

Bewertungen, die Andrea Förstle und ihre Kollegen gerne hören. Sie ist fürs Marketing und dieKursorganisation in der eza!-Bildungsabteilung ver-antwortlich. Ständig sei man auf der Suche nach aktu-ellen Themen, so Andrea Förstle. »Auch deshalb sinduns der enge Kontakt zu den Kursteilnehmern und de-ren Feedback so wichtig.«

Mit praxisnahen Kursinhalten stärker an dieGruppe der Handwerker ranzukommen, das bezeich-net Hanser – selbst ein gelernter Zimmermann – alswichtiges Ziel. Aber auch Architekten sollen nochmehr ins Visier genommen werden. »Die Architektenerkennen mehr und mehr, dass sie nicht nur Gestaltersind, sondern in technischer Hinsicht absolut topin-formiert sein sollten«, so Herbert Hansers Eindruck.Weil hochenergieeffizientes Bauen und Sanieren an-spruchsvoll sei. »Aber auch, weil die Bauherren vonPassiv- und Effizienzhäusern sehr gut informiert sind.

Da darf man sich als Fachmann keine Blöße geben«,meint Hanser.

Manfred Gruber hat sich mit dem Passivhaus-planer-Kurs nicht zufrieden gegeben. Erst kürzlichwar er zu Fortbildungszwecken wieder im eza!-haus.»Man lernt nie aus«, sagt Gruber. »Ein Fehler – unddas Haus funktioniert nicht. Und das kann dann fürden Planer oder die ausführende Baufirma richtigteuer werden.«

InfoStets aktuelle Informationen zum eza!-Bildungs -

programm sind im Internet unter www.eza.eu zu finden.

Manfred Gruber – derPassivhausplaner-Kurs von eza!hat sein Leben verändert

Die Anforderungen an alle Baubeteiligten sind gestiegen. eza! bietet Hilfestellung

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Ökologisch bauen

allgäuALTERNATIV

Bei Nadja Wriedt passt einfach alles. Mit 31Jahren verantwortet sie den deutschen Ver-trieb des Allgäuer Ökohaus-Pioniers Baufritz

und ist damit jüngste Sales Managerin in der Haus-bau-Branche. Zwei Jahre später kommt Sohn Wolf-Jo-nathan auf die Welt, und dank perfekter Organisation,sozialer Kompetenz ihres Arbeitgebers und der Hilfeihres selbstständigen Mannes meistert sie Kind undKarriere mit Bravour. Nach nur weiteren zwölf Mona-ten zieht die erfolgreiche Verkaufsleiterin in ein neuesHaus in Babenhausen im Unterallgäu, 30 Autominu-ten von Memmingen entfernt. Man könnte meinen,sie hätte die Straße selbst benannt, aber der Weg heißttatsächlich Paradies – und paradiesisch ist es hierauch, mit herrlichem Blick auf Wiesen und Felder derumliegenden Bauern.

Bei Cappuccino aus Fair-Trade-Espresso undMilch der Region erzählt Nadja Wriedt, dass sie ur-sprünglich nur ein Grundstück kaufen wollte. Aber alsein Kollege ihre finanzielle Situation überprüfte,machte er ihr Mut, doch auch gleich zu bauen. Die Di-plom-Kauffrau überlegte nicht lange – schließlich wa-ren die Zinsen extrem niedrig und Grundstücke aufdem Land bezahlbar – und bestellte ihr Individual-Designhaus Ende 2010 bei Baufritz.

Die Vorzüge der ökologischen Hightech-Archi-tektur, die über 43 Tonnen CO2 spart, waren ihr ja be-stens vertraut. Das Unternehmen kennt Nadja Wriedtschon seit 2004, weil sie sich als Studentin in ihrer Ab-schlussarbeit intensiv mit Baufritz beschäftigte. Alsverantwortungsvolle Mutter und Fachfrau für gesun-des Bauen kam für sie nur ein schadstoffgeprüftesHaus infrage, das nahezu keine Baustoffemissionenaufweist. »Gesundheitsgefährdende PU-Bauschäumeund Kleber sind hier tabu, denn alle Fenster und Tü-ren wurden so passgenau eingebaut, dass keine che-mischen Hilfsstoffe benötigt wurden. Zum Gesund-heitskonzept des Ökohaus-Unternehmens gehörennatürlich auch lösemittelfreie Innenwandfarben undeine integrierte Elektrosmog-Schutzebene«, erklärtNadja Wriedt. »Wichtig war für uns der verantwor-tungsvolle Umgang mit den Baustoffen, denn die hiereingesetzten baubiologisch zertifizierten Materialienkönnen am Ende ihrer Nutzung wieder in den Natur-kreislauf zurückgeführt werden.«

Die Topografie des 440 Quadratmeter großenGrundstückes – lang, schmal und an eine landwirt-schaftliche Nutzungsfläche grenzend – stellte zusam-men mit der erforderlichen Geschossflächenzahl, Ab-standsflächen und Baulinienverordnung allerdings

Es gleicht etwas einem Selbstversuch, wenn eine Vertriebsleiterin eines Bauunternehmens sich von der eigenen Firma ein Haus bauen lässt. Andererseits zeugt das, was Baufritz-Mitarbeiterin Nadja Wriedt in die Realität umgesetzt hat, von tiefem Vertrauen zum eigenen Produkt. allgäuALTERNATIV zeichnet die Details der Baugeschichte nach.

Gesund und sparsam wohnenBaufritz-Designhaus bündelt alle Anforderungen

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eine Art Knobelaufgabe dar. Baufritz-Partner-Archi-tekt Oliver Engelhardt fand eine »geniale Lösung«, sodie glückliche Eigentümerin. Er platzierte die dreiBaukörper Haupthaus, Garagen und das Büro ihresMannes so geschickt, dass an der Südwest-Seite einAtrium entstand, das durch Betonmauern sicht- undwindgeschützt ist – ein wunderbares Outdoor-Wohn-zimmer. Anthrazitfarbener Basaltsplitt vergrößert denL-förmigen Innenhof optisch. Durch die Grenzbebau-ung war es möglich, ein Maximum an Wohnflächeund Wohnkomfort zu realisieren.

Nach Nordosten öffnet sich das zweigeschossige,160 Quadratmeter große Gebäude zu Wiesen mit altenObstbäumen. Ein Stall in Sichtweite war Vorbild fürdie kompakte Gebäudeform mit Satteldach ohne Vor-und Rücksprünge. Ursprünglich sollte das Dach klas-sisch in Ziegelrot gedeckt werden. Aber dann wurdedas Zuhause zum neuen Vorzeigeprojekt für nachhal-tigen Hausbau. Denn das Dach wurde vom Ökohaus-Pionier Baufritz als erstes Klimaschutzdach Deutsch-lands mit weißen Dachziegeln gedeckt, trotz anfäng-lich großem Widerstand seitens der Behörden.

Unterstützung für diese Initiative gegen die glo-bale Erderwärmung erfährt das Ökohaus-Unterneh-men auch von Prof. Dr. Stefan Emeis vom Institut fürMeteorologie und Klimaforschung in Garmisch-Par-tenkirchen. Er erklärt: »Weiße Dächer haben den Ef-fekt, das eintreffende Sonnenlicht direkt zurück insWeltall zu reflektieren. Somit entsteht weniger Aufhei-zung der Dachflächen und der Umgebung. Die schön-ste Vermeidungsstrategie gegen die Erderwärmung,die wir uns vorstellen können.« Eine Langzeitstudieder NASA belegt zudem, dass durch weiße DächerKlimaanlagen weniger in Betrieb sind und somit CO2

eingespart wird. Nadja Wriedt freut sich, mit ihremDomizil auch einen kleinen Beitrag zum Klimaschutzzu leisten. Schöner findet sie ihr helles Dach außer-dem.

Licht und Raum dominieren im großzügigen Badezimmer der Familie Wriedt (Foto oben). In der offenen Küche verwirklichte Nadja Wriedt ihre eigenen Vorstellungen. Die Kochzeile wurde durch einen anschließenden Essplatz erweitert. Ein markantes Gestaltungs-Detail sind die vier Deckenleuchten über den beiden Funktions-Elementen

Der Eingangsbereich des Hauses in Babenhausen

Im Kinderzimmer ist das Reich von SohnWolf-Jonathan mit dem Kosenamen »Pompi«

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Ökologisch bauen

Die Fassade, filigrane Lärchenhölzer und biolo-gischer Mineralputz verstecken die »Voll-Werte-Wand«. Kernstück ist das Tragwerk aus heimischem,unbehandeltem Vollholz. Für ein wohngesundesRaumklima sorgt die ökologische Dämmung »HOIZ«aus Holzspänen, die entweder bei der Produktion an-fallen oder aus kontrolliertem FSC-zertifiziertemHolzbau stammen. Es ist der weltweit erste Natur-dämmstoff, der die begehrte »Cradle to Cradle«-Zer-tifizierung erhielt. Das EPEA-Institut (EnvironmentalProtection Encouragement Agency) in Hamburg un-ter Leitung von Prof. Michael Braungart vergibt dieAuszeichnung nur für Produkte, die »von der Wiegebis zur Wiege« nachhaltig sind.

Die patentierte Elektrosmog-Schutzebene, eben-falls unsichtbar, aber für gesundes Wohnen eineGrundvoraussetzung – wurde wie bei jedem Baufritz-Haus – auch hier eingebaut. Sie reduziert äußerst wir-kungsvoll und nachweislich gesundheitsbelastende

Elektrosmogstrahlen z.B. verursacht durch Mobil-funksender, Flugradar oder S-Bahn-Linien. Die ganz-heitliche Bauweise hat der Ökohaus-Spezialist so per-fektioniert, dass bei jedem Kunden vor dem Einzugeine Luftschadstoff-Messung durchgeführt wird: EinGesundheits-Zertifikat garantiert dann die Unbe-denklichkeit der eingesetzten Baumaterialien.

Im Innern setzt sich das klare Außenkonzept fort.Eine mittig eingezogene Wandscheibe im Erdgeschossdes Haupthauses trennt nicht nur Eingangsbereich,Treppenhaus und Technikraum vom kommunikativenAllraum, sie ermöglicht auch eine Deckenspannweitevon zwölf Metern in der offenen Wohnküche. Koch-insel und der sich anschließende Tresen in gleicherHöhe, eine Idee von Nadja Wriedt, betonen die Raum-länge. Vier Schirmleuchten und die Trennwand in An-thrazit unterstreichen sie zusätzlich. »Familie undFreunde sitzen am liebsten auf den Barhockern, dieKinder spielen lieber im Wohnzimmer«, erzählt die

Der Arbeitsbereich von Ehemann Bastian gibt den Blick freiin die offene Landschaft

Drei zufriedene Eigenheim -besitzer und -benutzer

im Garten ihres Neubaues

Nadja Wriedt setzte mit der Innenraum-Gestaltung

die klare und puristische Formdes Hauses fort, beispielsweiseim Wohnzimmer (Foto oben)

Fotos: Baufritz

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Bauherrin. Die Geradlinigkeit der Architektur akzen-tuiert sie mit ihrer puristischen Einrichtung. Trotzdemwirkt das Erdgeschoss freundlich: Eichenholzdielenerden und wärmen überall. Eine einläufige Treppeführt ins Obergeschoss. Um den zentralen Flur mitwenig Verkehrsflächen gruppieren sich Kinder- undGästezimmer, zwei Bäder, Abstellraum und das Elternschlafzimmer mit separater Ankleide.

Ein zukunftsweisendes und platzsparendes Luft-Wärmepumpensystem beheizt das gesamte Gebäudeund den Officeanbau im Winter und kühlt im Som-mer. »Das System ist fantastisch«, meint Nadja Wriedt,»über die äußerst geringen Heizkosten und die küh-lende Wirkung in der heißen Jahreszeit freuen wir unsganz besonders.«

Der eingeschossige Bau von Ehemann BastianWriedt bietet Platz für Büro und Fotoarchiv. Wenn»Pompi«, so wird der zweijährige Sohn mit Kose -namen liebevoll genannt, nicht mit seinem Dreiraddurch den Raum jagt, freut sich der Vater über seinenRückzugsort. Dann genießt er auch mal in Ruhe denBlick in die Natur durchs Atelierfenster – natürlichdreifach verglast.

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KurzinfoBau-Fritz GmbH & Co. KG, Alpenweg 25,

D-87746 Erkheim, Telefon 08336/9000,

www. baufritz.com. Über die Internet-Seite können

Interessenten sich zur persönlichen Beratung anmelden,

Informationen über die verschiedensten Haus typen

ansehen, Broschüren direkt anfordern und jede Menge

über Energie, Baubiologie und Innovationen erfahren.

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6. Solarmeisterschaft

Bei der Siegerehrung im Kurhaus Scheideggfanden die Redner kritische Worte zumneuen Erneuerbare Energien Gesetz (EEG

2.0). Maximilian Schuff, stellvertretender Vorsitzenderdes Bund Naturschutz in Lindau, betrachtet das EEG2.0 als »Verhinderungsgesetz bei den erneuerbarenEnergien« und befürchtet eine Stagnation: »Um dieEnergiewende bezahlbar zu machen, will Bundesmi-nister Sigmar Gabriel die Ökostromförderung deutlichkürzen.« Was er das »Erneuerbare-Energien-Gesetz2.0« nennt, würde vielen in der Branche sehr viel zu-muten. In seinem Grußwort zur Allgäuer Solarmei-sterschaft sah Schuff einen Schwerpunkt bei denerneuerbaren Energien in der Photovoltaik. Der So-larstrom sei nicht nur da, wenn er benötigt wird,sondern zudem emissionsfrei: »Leider wird der Son-nenenergie nicht der Stellenwert eingeräumt, der ihrals einer der umweltfreundlichsten Energiequellen mithohem Ausbaupotenzial und geringen Kosten zukom-men sollte.«

Kritisch ging auch Michael Vogtmann in seinemHauptvortrag mit dem EEG um: »Solarstrom wird im-mer billiger, die Vergütung durch das EEG wird dras-tisch gesenkt, und gleichzeitig steigt der Strompreisund kostet mittlerweile deutlich mehr als der Stromaus dem Netz.« Michael Vogtmann ist Vorsitzenderder Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie imLandesverband Franken. Er begrüßte, dass immerhindie Besitzer von Einfamilienhäusern in der Regel wei-terhin von der Eigenverbrauchsumlage verschont blei-ben. Mit einem Lastmanagement – z.B. werden Ge-schirrspüler, Waschmaschine und Trockner bei Solar-stromertrag eingeschaltet – ließe sich selbst ohne Spei-cher eine Eigenverbrauchsquote von 30 Prozent erzie-len. Durch Minispeicher (Zusatzkosten rund 3500Euro) könne der Anteil auf 50 Prozent und mit größe-ren Speichern (Investitionskosten rund 10000 Euro)auf über 60 Prozent gesteigert werden.

Nicht ganz ohne Stolz wies Dipl.-Ing. Martin Sam-bale, Geschäftsführer von eza!, auf die enorme Wirkung

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. und eza! – energie & umweltzentrum allgäuveranstalteten bereits zum 6. Mal die Allgäuer Solarmeisterschaft. »Sonnensieger« istderjenige Ort, der die größte Fläche an Solarkollektoren und Photovoltaikanlagenpro Einwohner zu bieten hat. Bei den großen Städten sind Leutkirch, Wangen undKempten vorn. Bei den kleineren Orten hat wieder Rettenbach die Nase vorn.

Baisweil auf dem VormarschDas Ostallgäu hat die meisten Solargemeinden

Fotos: Thomas Niehörster

Freude über die Auszeich nun -gen bei den Preisträgern der

Solarmeisterschaft 2014

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der eza! hin: In 15 Jahren lockte das praxisorientierteBeratungs-Programm mit Top-Referenten mehr als2400 Teilnehmer in 96 Kurse nach Kempten. Im glei-chen Zeitraum wurden bei den Beratungen zur Sanie-rung 75 Prozent der vorgeschlagenen Sanierungsmaß-nahmen umgesetzt. Die Gesamt-Wertschöpfung betrugdabei 836 Millionen Euro (im Durchschnitt 39.813Euro pro Person). Für Kommunen hat die eza! verschie-dene Beratungspakete aufgelegt, die je nach Größe derKommune für ein Jahr von 900 bis 3450 Euro kosten.Kleiner Preis – große Wirkung.

Ausrichter der 6. Allgäuer Solarmeisterschaft wa-ren die eza! und der Bund Naturschutz e.V. Bayern.Martin Sambale betonte bei der Siegerehrung die be-sondere Rolle, die die Solarenergie bei der Umsetzungder Energiewende spiele. Um das Potenzial auszu-schöpfen, sei das Engagement der Gemeinden undvieler Initiativen notwendig. »Mit der Allgäuer Solar-meisterschaft wird dieser Einsatz vor Ort ausgezeich-net.« Der Anteil der Solarenergie bei der Deckung desStrombedarfs im Allgäu ist trotz schwieriger Rahmen-bedingungen in den vergangenen Jahren kontinuier-lich auf mittlerweile 15 Prozent gestiegen. Als Gesamt-sieger der 6. Allgäuer Solarmeisterschaft durfte sichwie in den Jahren zuvor Rettenbach am Auerberg fei-ern lassen. Nach Platz 5 im Vorjahr kämpfte sich Gö-risried (Ostallgäu) auf Platz 2 vor. Einen gewaltigenSprung nach vorne machte Baisweil (Ostallgäu), dassich von Platz 26 im Vorjahr auf Platz drei kämpfte.

Wie in den Vorjahren hielten Leutkirch vor Wan-gen und Kempten ihre Vorjahresplätze bei den Städtenmit mehr als 20.000 Einwohnern. Bad Grönenbach,Kißlegg und Argenbühl gewannen die ersten drei Plät-ze der Kategorie »Kleinstädte« (5000 bis 19999 Ein-wohner). Zum ersten Mal wurde die Kategorie »Land-kreise« mit 111 Kommunen im Wettbewerb vergeben:Platz 1 gewann das Ostallgäu mit 45 Kommunen (da-von 21 unter den besten 25), es folgten auf Platz 2 dasUnterallgäu mit 31 Kommunen (davon 3 unter denbesten 25) und das Oberallgäu mit 12 Kommunen(davon 1 unter den besten 25). Thomas Niehörster

Solarenergie in GörisriedThea Barnsteiner, 1. Bürger meisterin der

Gemeinde Görisried mit 1299 Einwohnern, ist

sichtlich stolz auf den 2. Platz bei der Solar -

meisterschaft 2014 (Kategorie 1000 bis

4999 Einwohner), zumal Görisried auch

den 2. Platz in der Solar-Bundesliga erreichen

konnte. Die verschiedenen Plätze in den

Jahren kann sie mit den schwankenden

Wetterbedingungen erklären, die sich bei

einem kleinen Ort besonders bemerkbar

machen. »Manchmal liegt es auch an den Bürgern, die nicht immer ihre Werterechtzeitig melden. Sowaren wir beispielsweise2012 durch Solar- undPV-Anlagen mit 99,5Prozent des verbrauch-ten Stroms durcherneuerbare Energienso gut wie autark. (87,1 Prozent im Jahr2013).«

Info:www.allgaeuer-

solarmeisterschaft.de

Ulrich Pfanner, Bürgermeisterdes Marktes Scheidegg, wardiesmal Gastgeber

Kritik gab es von Michael Vogtmann, dem Vorsitzenden derDeutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (LandesverbandFranken)

Martin Sambale vertritt dasEnergie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!)

Maximilian Schuff, stellvertre -ten der Vorsitzender BN-Kreis gruppe Lindau

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Windenergie

allgäuALTERNATIV

Nach Art. 59 der Bayerischen Bauordnung(Vereinfachtes Genehmigungsverfahren füralle Klein-Windanlagen unter 30 Meter

Höhe) kann jedermann auf seinem Grund ein Windraderbauen. Das Verfahren läuft wie ein normales Bau genehmigungsverfahren ab, jedoch ist derPrüfungs umfang eingeschränkt: Die Einhaltung der öf-fentlich-rechtlichen Vorschriften wird nicht mehr um-fassend, sondern nur in den wichtigsten Punktenüberprüft. Dazu bedurfte es weiterer Genehmigungen,etwa vom Naturschutz und Vogelschutz. Im Falle desStöckle-Windrades kam von dieser Seite kein Einwand.

Das Gestüt in Hellengerst liegt am Rand desOberallgäus auf rund 1000 Metern Höhe. Bereits dieVorväter von Karl-Heinz Stöckle züchteten Pferde inDietmannsried. In Hellengerst züchtet der Pferdewirtseit 1987 erfolgreich Araber, die weltweit, vor allem je-doch nach Russland und die saudi-arabischen Staaten,verkauft werden. Dorthin, um die genetischen Liniender Araberhengste zu stärken.

Das Windrad mit einer Nabenhöhe von 17,6 Me-tern und einem Rotordurchmesser von 13,2 Meternstammt vom italienischen Unternehmen Tozzi Nordim Trentino. Die Baukosten betrugen rund 90.000

Stallungen, die Landwirtschaft und nicht zuletzt die Wohngebäude ziehen ganzschön Strom. Rund 50.000 kW pro anno benötigt Pferdewirt und Pferdezüch-ter Karl-Heinz Stöckle auf seinem Gestüt Osterhof in Hellengerst. Da er trotzSüdlage der Gebäude diese Menge nicht mit Solarstrom allein erzeugen kann,ließ Stöckle im Juni 2013 auf der Westseite des Gestüts ein Windrad errichten.

Ein Italiener im AllgäuWindstrom als Ergänzung zu Solarenergie

Pferdezüchter Karl-HeinzStöckle nutzt Windkraft und

andere Energiequellen

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Euro. Davon entfielen auf das Windrad alleine 60.000Euro inklusive Mehrwertsteuer und Aufstellung. Dierestlichen 30.000 Euro gingen für Fundament, Statik,Prüfstatiker, Elektriker und Gebühren drauf. Karl-Heinz Stöckle hat zwar alle Stromliefer- und Strom-verkaufs-Verträge mit dem Allgäuer Überlandwerkabgeschlossen, sagt aber: »Das Windrad ist ans Strom-netz angeschlossen. Zu einer Einspeisung wird es al-lerdings nicht kommen, da mein Strombedarf höherist als die selbst erzeugte Energie.«

Dank der starken regionalen Windsysteme amMittelmeer wie Scirocco oder Bora entwickelt sich Ita-

lien zu einem führenden Kleinwindkraft-Markt. DieTurbine TN 535 erreicht bei entsprechendem Windeine Nennleistung von 9,9 kW. Das Windrad beginntlaut Hersteller bereits bei einer Windgeschwindigkeitvon 2,5 Metern pro Sekunde zu laufen. Das bedeutetje nach Windlage eine mögliche Jahresleistung bis zu35.000 kW bei einer Nenngeschwindigkeit von 6,7Metern pro Sekunde. Da Karl-Heinz Stöckle sich dasZiel gesetzt hat, von zugekauftem Strom unabhängigzu sein, hat er sich vorgenommen, Differenzen übereine Luftwärmepumpe auszugleichen.

Thomas Niehörster

Info: Pferdezucht Hellengerst

www.gestuetosterhof.de

Kontakt: Tel. 08378-7630

E-Mail: gestuet.osterhof@

t-online.de

Ein kleiner Tausendsassa am WindTozzi stellt derzeit nur das Windrad TN 535her – allerdings in verschiedenen Variationen.Die Firma ist seit 2006 aktiv. Die Nennleistungdes Windrades TN 535 beträgt 9,9 Kilowatt.Die Stromgewinnung beginnt bei 2,5 Meternpro Sekunde Windgeschwindigkeit. Die Nenn -leistung wird bei einer Windgeschwindigkeitvon 6,7 Metern pro Sekunde erreicht, dasmacht rund 35.000 kW Leistung im Jahr. Bei16 Metern Windgeschwindigkeit pro Sekundeschaltet das Windrad ab. Der Rotordurchmesser beträgt 13,2 Meterund bestreicht eine Fläche von 136 Quadrat -metern. Der Rotor besteht aus drei Rotor -blättern hochwertigem GFRP. Die maximaleDrehzahl beträgt 66 Umdrehungen pro Minu-te. Bei der TN 535 kommt ein Synchronouspermanent Generator zum Einsatz. DreiHöhen des Stahl-Mastes sind verfügbar: 14,6,17,6 und 23,6 Meter. Der Rotor wiegt 300 Ki-logramm, die Gondel mit dem Getriebe 800Kilogramm und der Turm maximal 3,4 Tonnen.

Der Hersteller empfiehlt das Windrad als

»Stand-alone-Anlage« für Bauernhöfe, Einkaufs -

zentren, Campingplätze, Verwaltun gen, Berg -

hütten und Pumpstationen an. Laut Tozzi ha -

ben die Lärm-Messungen ergeben: Die Anlage

ist so leise, dass bereits 60 Meter neben dem

Windrad nur noch ein Ge räusch pegel von 40

Dezibel entsteht. Das ent spricht leichtem

Regen. Das TN 535 eignet sich auch in

Kombinationen mit Photo voltaik. Die

Einspeisung ins öffentliche Netz ist möglich.

Alle Daten sind auch unter www.wind-turbine-

models.com nachzulesen. In diesem WEB-Por -

tal sind alle bekannten Hersteller und Modelle

von Windkraftanlagen vergleichbar aufge führt.

Tozzi-Nord: TN 535-Windräder stehen bereits

in Italien, Irland, Großbritannien und auf Mada-

gaskar. Die Hauptniederlassung von Tozzi

Nord S.r.l. befindet sich in Italien, 38121

Trento, Via San Sebastian 21. Im Internet ist

Tozzi über die Domain www.tozzinord.it zu

er reichen (in italienischer und englischer

Sprache). E-Mail: [email protected]. Telefon

+39 0461 993383.

Das Windrad in Hellengerstüberragt kaum die Baumkulisse

Fotos: Thomas Niehörster

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Windenergie

allgäuALTERNATIV

Der Ausbau der erneuerbaren Energien zeigtder Gemeinde eine wirtschaftliche Perspek-tive auf. Daher setzten wir uns hier in Bidin-

gen für den Bau eines Windrades in kommunalerHand ein.« Die 1600 Bidinger Einwohner arbeiten inder Land- und Forstwirtschaft oder in den umliegen-den Städten. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten derGemeinde sind begrenzt und damit auch die Einnah-mequellen für die Gemeindekasse. »Wir wollen aktivetwas für den Schuldenabbau unserer Gemeinde tun«,bestätigt Bürgermeister Franz Martin. »Mit demWindrad tun wir nun in zweifacher Hinsicht etwas fürdie Zukunft unserer Region: Wir gehen den Schulden-abbau aktiv an und schonen zugleich das Klima.«

Die Investition in das kommunale Windrad (Höhe185 Meter, Nabenhöhe 135 Meter) war ein mutigerSchritt: »Wir haben mit der Zuwegung und dem An-schluss insgesamt 4,7 Millionen Euro in das Windradinvestiert«, rechnet Martin vor. »Nach den Abzügendurch Zinstilgung und Betriebskosten bleibt noch einzu erwartender Reingewinn von etwa 100.000 Euro pro

Jahr übrig, der dann direkt in den kommunalen Haus-halt und den Schuldenabbau fließen kann.« Im Vorfelddes Baues gab es einen Bürgerentscheid, die sich 2011mit Mehrheit (55 Prozent) für den Bau des Windradesaussprachen. Nur die Königsrieder Bürger um GeorgKnittel sprachen sich gegen das Windrad aus. Ein ein-sames Protestschild steht noch heute an der Abzwei-gung zum Windrad.

Inzwischen ist sogar eine zweite Anlage fast fer-tig. Sie steht etwa 350 Meter vom kommunalen Wind-rad entfernt auf dem Höhenberg. Es wird von der Hö-henberg GmbH und Co. KG finanziert und betrieben.Rund 60 Bürger haben sich in diese Gesellschaft mitAnteilen von 5000 bis 100.000 Euro eingebracht. Dieseim Bau-Endstadium befindliche Anlage kostet rundfünf Millionen Euro und ist noch höher als der Strom-erzeuger der beiden Kommunen. Das Windrad derGemeinden kann rund 1700 Haushalte mit Strom ver-sorgen, das neue Bürgerwindrad (Höhe 207 Meter,Nabenhöhe 149 Meter, Flügel 115 Meter) unter glei-chen Bedingungen sogar 2100 Hauhalte.

Bidingen im Ostallgäu hat die gleichen Probleme wie viele andere Allgäuer Kommunen.»Unsere Gemeinde ist verschuldet, und die Möglichkeiten, neue Einnahmen zu generieren, sind begrenzt«, beschreibt Bürgermeister Franz Martin die Situation der Gemeinde. Mit Erfolg: Seit dem Frühsommer 2014 dreht sich eines der ersten kommunalen Windräder in Bayern.

Wind vertreibt die SchuldenBidingen betreibt ein kommunales Windrad

Die Proteste der KönigsriederBürgerinitiative waren nutzlos.Aber noch steht diese Holztafel

mahnend vor der Einfahrt zuden Windrädern

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Die Gemeinde hatte schon Erfahrung mit zweiWindenergieanlagen, die sich auf einer ausgewiesenenVorrangfläche drehen. Dass es sich lohnt, über dieVorrangflächen hinaus nach geeigneten Standorten zusuchen, macht das Beispiel Bidingen deutlich. »Bei ei-ner Wirtschaftlichkeitsprüfung kam heraus, dass aufdem Vorrang-Standort zwar ein Gewinn erwirtschaf-tet werden kann. Dieser ist jedoch so knapp bemessen,dass sich bei einem schwachen Windjahr auch Ver -luste einstellen können.« Um dies zu vermeiden, er-richtet die Gemeinde die Windenergieanlage an einemanderen Standort, der etwa 60 Meter höher als der ur-sprünglich angedachte Standort liegt.

Aber nicht nur die wirtschaftliche und planeri-sche Seite stellte die Bidinger vor eine große Heraus-forderung. Auch die Gemeindeordnung des LandesBayern sieht eine besondere Regelung vor, die eineNeujustierung der Vorgehensweise bedeutet: »Diebayerische Gemeindeordnung sieht den Betrieb einerAnlage zur Stromerzeugung nur in der Größenord-nung vor, in der der Strom auch in der Gemeinde ver-braucht wird«, erläutert Bürgermeister Martin. »DasWindrad mit einer Nennleistung von drei Megawatterzeugt mehr Strom, als wir in Bidingen verbrauchen.«Der Trick der Bidinger war denkbar einfach: Sie be-treiben das Windrad nun zusammen mit ihrer Nach-bargemeinde Ingenried in Oberbayern. »Ingenried hat25 Prozent Anteil an dem Windrad«, so Franz Martin.»Für Bidingen reichen 75 Prozent eines Windradesaus, um sich bilanziell vollständig mit Strom aus er-neuerbaren Energien zu versorgen.«

»Der Betrieb von Anlagen der erneuerbaren Ener-gien bietet Kommunen die Möglichkeit, aktiv neue fi-nanzielle Spielräume zu schaffen«, so Nils Boenigk, stell-

vertretender Geschäftsführer der Agentur für Erneuer-bare Energien (AEE). »Das Beispiel Bidingen macht aberauch deutlich, wie Kommunen zudem die planerischenund gesetzlichen Herausforderungen erfolgreich meis -tern können.« Die AEE ehrt Bidingen für dieses vorbild-lich umgesetzte Projekt als Energie-Kommune.

Einen kleinen Wermutstropfen müssen beideEnergieanlagen-Betreiber schlucken: Wenn die Wie-sen unter den Windrädern gemäht werden, müssendie Anlagen für drei Tage angehalten werden. DerGrund: Dann jagt der Rotmilan auf den Mähflächenseine Beute, und die Untere Naturschutzbehörde be-steht auf einer »Auszeit« für die Windräder.

Kurzinfowww.unendlich-viel-

energie.de

Einen ausführlichen Bericht

zu Bidingen finden Sie auf

dem AEE-Infoportal

www.kommunal-

erneuerbar.de

Das kommunale Windrad imVordergrund kann bereits be trieben werden, die Bürger -anlage (dahinter mit Bau kran)steht kurz vor der Fertigstellung.Wen die Wiese unter denRädern gemährt wird, müs sendie Flügel stillstehen – dann istJagdzeit für den Rotmilan

Ein Gittermast-Mobil kran mitAuslegersystem hilft im Aprilbeim Aufstellen des Wind radesin Königsried/BidingenFo

tos: Liebherr/BreTho (1) und EDITION ALLGÄU (2)

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Energie-Praxis

Im Rahmen des Projektes sollen Erfahrungen beimBetrieb solcher Kleinwindkraftanlagen und ihreroptimalen Integration ins Stromnetz untersucht

werden. Die bei der Anlage am Schulzentrum gewählteRotorenform kann Wind aus verschiedenen Richtungenund auch Böen gut zur Stromerzeugung nutzen. DieAnlage ist außerdem besonders leise – die Geräusch-emission entspricht in etwa der eines Heimcomputers.

Der Landkreis Aichach-Friedberg und die StadtFriedberg unterstützen das Vorhaben. Ziel ist es, Erfah-rungen beim Betrieb solcher Kleinwindanlagen zu sam-meln. Prof. Dr. Christine Schwaegerl, Fakultät für Elek-trotechnik der Hochschule Augsburg, LEW-Vorstands-mitglied Dr. Markus Litpher sowie Schüler und Lehrerder Schulen stellten die Anlage der Öffentlichkeit vor.

»Die Energiewende ist dezentral und besteht ausvielen Mosaiksteinen: Vor diesem Hintergrund kön-nen Kleinwindanlagen eine interessante Alternativeumweltfreundlicher Stromerzeugung sein«, so Dr.Markus Litpher. »Als Energiepartner in der Regionuntersuchen wir solche Technologien, die uns bei derUmsetzung der Energiewende nach vorn bringen.«

»Kleinwindanlagen sind noch wenig verbreitet.Mit der Versuchsanlage möchten wir an der FakultätElektrotechnik wichtige Fragen beantworten – zum Bei-spiel, ob sich Kleinwindkraft- und Photovoltaikanlagensinnvoll ergänzen«, sagt Prof. Dr. Christine Schwaegerl.

Im Frühjahr errichteten LEW-Mitarbeiter dieknapp zehn Meter hohe Anlage auf dem Sportplatz.Die LEW-Kleinwindkraftanlage ist mit Sensoren aus-gestattet, die neben der Windrichtung und Windge-schwindigkeit auch die solare Einstrahlung messen.Über Mobilfunk werden die Wetterdaten zusammenmit den gemessenen Strom-, Spannungs- und Leis -tungswerten minütlich an die Hochschule Augsburgübertragen und unter http://wetterstation.hs-augs-burg.de veröffentlicht.

Die Messwerte werden nicht nur für studentischeProjekte und Forschungsarbeiten verwendet, auch dieSchüler des Schulzentrums profitieren von der Klein-windkraftanlage: Sowohl die Fachoberschule als auchGymnasium und Realschule können die Daten derHochschule und die Anlage vor Ort für den praxisna-hen Unterricht und Schulprojekte nutzen.

»Ich freue mich, dass die Kleinwindkraftanlageihren Standort hier bei uns in Friedberg gefunden hat.Ausprobieren, Neues wagen, das passt zur Stadt undzu den drei Schulen«, so Friedbergs Bürgermeister Ro-land Eichmann. »Es geht darum, die Schüler aktiv ein-zubinden und für neue Wege in der Energieerzeugungzu begeistern.«

»Seit vielen Jahren engagiert sich der LandkreisAichach-Friedberg im Umwelt- und Klimaschutz vonSchulen. Die Kleinwindkraftanlage bedeutet für unsEnergiewende zum Anfassen. Lehr- und Forschungs-projekte wie dieses wecken das Interesse der jungenBevölkerung und bringen Praxis und Theorie zusam-men«, sagt Peter Feile, der stellvertretende Landrat.

Viel Wind in der SchuleLechwerke ermöglichen Forschungsprojekt

Fotos: LEW

/Bleier

KurzinfoDie Lechwerke AG ist als regionaler Energie -

versorger in Bayern und Teilen Baden-

Württembergs tätig. Die LEW-Gruppe be -

schäftigt mehr als 1700 Mitarbeiter, ist mit

35 Wasserkraftwerken einer der führenden

Erzeuger von umweltfreundlicher Energie aus

Wasserkraft in Bayern und bietet Dienst -

leistungen im Bereich der Telekommunikation

an. LEW gehört zur RWE-Gruppe.

Kürzlich wurde am Sportplatz des Schulzentrums Friedbergbei Augsburg eine Kleinwindkraftanlage montiert. Die knappzehn Meter hohe Anlage ist Bestandteil eines gemeinsamenForschungsprojektes der Fakultät für Elektrotechnik an derHochschule Augsburg, der Lechwerke (LEW) sowie der drei

Einrichtungen des Schulzentrums.

Peter Feile, stv. Landrat des Land -kreises Aichach-Friedberg; LEW-Vorstandsmitglied Dr. Markus

Litpher; Roland Eich mann, ErsterBürgermeister von Fried berg;Prof. Dr. Christine Schwaegerl,

Hochschule Augs burg; AnnemarieJakob, Lehrerin der RealschuleFried berg; Sascha Frohne berg,Schüler der Fach ober schule;Thomas Rebitzer, Lehrer der

Fachober schule; Johann Schmid,stv. Direktor des Gymnasiums (v.l.)

LEW-Mitarbeiter Maximilian Schreiner montiert dieKleinwindkraftanlage am Sportplatz des Schulzentrums

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Artenschutz

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An Windrädern kommen Fledermäuse ingroßer Zahl um. Forscher haben in eineraktuellen Studie die Herkunft der Tiere er-mittelt: Sie stammen nicht nur aus der lo-kalen Um gebung, manche legen vorherzum Teil große Flugstrecken zurück bevorsie in die Flügel der Windräder geraten.Eine aktuelle Studie hat herausgefunden,warum.

Ein vermeidbarer KonfliktWindflügel haut die stärkste Fledermaus um

Windräder sind wichtig für die Energie-wende. Die Technologie ist weit fortge-schritten, und Wind ist nicht nur im

Norden ausreichend vorhanden. Noch vor Kurzemstanden Windräder auch im gesamten Allgäu im Blick-punkt der Öffentlichkeit. Während im Ober-, West-,und Ostallgäu die Diskussion weitgehend beendetwurde, stehen im Unterallgäu wohl einige Windrädervor der Genehmigung. Über die Vor- und Nachteiledieser Energiegewinnung gab es kontroverse Meinun-gen. Neben dem Problem des Energietransports undder Ästhetik der großen Windräder gibt es allerdingsnoch ein weiteres Problem: Für viele Vögel und Fleder-mäuse sind die Rotorblätter eine tödliche Gefahr.

300.000 tote FledermäuseSo könnten jedes Jahr schätzungsweise 300.000

Fledermäuse an Windkraftanlagen in Deutschland ver-unglücken, wenn die Kollisionsgefahr nicht übernächtliche Abschaltzeiten der Anlagen während derHauptaktivitätsphasen der Fledermäuse reduziert wird.

In einer aktuellen Studie, hat ein Forscherteamunter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- undWildtierforschung (IZW) die Herkunft von GroßenAbendseglern – einer migrierenden Fledermausart –bestimmt, die an Windrädern in den östlichen Bun-desländern tödlich verunglückten. Es zeigte sich, dasses sich bei über einem Viertel der Fledermäuse nichtum standorttreue Tiere handelte, sondern um Tiere,die sich auf dem Weg in ihr Winterquartier inDeutschland oder im südwestlichen Europa befanden.Sie kamen aus dem nordöstlichen Verbreitungsgebiet,das sich vom Baltikum über Russland und Weißruss-land bis nach Polen erstreckt.

Windräder auf der Zugroute Die Wissenschaftler fanden heraus, dass beson-

ders viele weibliche und junge Tiere verunglückt wa-

ren. Deutschland liegt genau auf der Zugroute dieserFledermäuse. Für diese Populationen ist es besondersdramatisch, da sie sich bei ungünstigen Klimabedin-gungen in manchen Jahren ohnehin kaum vermehren.Wenn dann noch viele Fledermäuse an deutschenWindkraftanlagen verunglücken, wird der Bestandvermutlich empfindlich geschwächt.

Die Methode, mit der die Forscher die Herkunftder Fledermäuse bestimmten, stammt aus der Foren-sik. Wenn ein Kadaver unbekannter Herkunft auf-taucht, untersuchen die Forensiker das Verhältnis vonschwerem zu leichtem Wasserstoff im Keratin derHaare. Wie ein geografischer Fingerabdruck weist esauf die Herkunft des Tieres hin.

Es gibt LösungsansätzeBesonders fatal sind Windräder, weil sie Fleder-

mäuse sogar anlocken. Die Zugzeit ist auch Paarungs-zeit, dann geraten die Fledermäuse regelrecht insSchwärmen – im wahrsten Sinne des Wortes. Und dasgeschieht an landschaftlich markanten Strukturen wieFelsen, Kirchtürmen oder eben Windrädern. Die Wis-senschaftler meinen, dass bei Windkraftanlagen Kli-maschutz und Artenschutz gegeneinander ausgespieltwerden. Dabei müssten sie im Sinne eines umfassen-den Umweltschutzes Hand in Hand gehen.

Windräder und Fledermäuse würden eigentlichgut zusammenpassen: Fledermäuse mögen keinenstarken Wind. Sie sind nur bei Windgeschwindigkei-ten von maximal sechs bis acht Metern pro Sekundeaktiv. Genau da fangen Windräder erst an, richtigEnergie zu produzieren. Würden die Anlagen nur beikräftigem Wind laufen und in der Paarungszeit still-stehen, ließen sich Kollisionen vermeiden. Hieraufwird aber nach Meinung der Forscher vom IZW nochzu wenig Rücksicht genommen.

Eine Mausohr-Fledemaus fliegtsicher durch nächtliches Dunkel

Foto: Eberhard Menz

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Natur/Technik

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Nachtaktive Fledermäuse haben sich perfektauf ein Leben ohne Licht eingestellt. Siesenden Ortungslaute aus, um aus dem zeit-

verzögerten Echo die Entfernung zu einem Hindernisoder Beutetier zu berechnen. In ihrem Gehirn existierteine räumlich aufgelöste Karte für unterschiedlicheEcholaufzeiten. Wie eine Studie der Technischen Uni-versität München (TUM) erstmals zeigt, passt sichdiese Karte dynamisch an äußere Bedingungen an.

Fliegen die Tiere eng an einem Hindernis vorbei,feuern mehr Neuronen als bei einem sicheren Ab-stand. Der Gegenstand erscheint auf der Gehirnkartedann überproportional groß – als ob er herangezoomtwürde. »Die Karte funktioniert ähnlich wie ein Navi-gationssystem im Auto und zeigt der Fledermaus denWeg«, erklärt Studienleiter Dr. Uwe Firzlaff vomTUM-Lehrstuhl für Zoologie. »Der entscheidendeUnterschied: Wenn sich das Tier auf Kollisionskursbefindet, schlägt das Gehirn Alarm, indem es naheObjekte stärker abbildet als entfernte.«

Fledermäuse stellen ihre Flugmanöver ständigauf neue Situationen ein, um Gebäuden, Bäumen oderanderen Tieren auszuweichen. Dabei ist auch die seit-liche Positionsbestimmung wichtig. Daher nutzen dieTiere neben der Echolaufzeit zusätzliche räumliche In-formationen. »Die Fledermäuse werten die Eigenbe-wegung aus und gleichen sie mit dem seitlichen Ab-stand auf Gegenstände ab«, erläutert der Forscher.

Natürlich sind die Ortungssysteme der Fleder-mäuse nur auf natürlich bewegte Hindernisse »ge-eicht«. Bewegte Äste und andere Vögel können sie aufdiese Weise erfassen und ihnen ausweichen. Blattspit-

Fliegen, ohne zu sehen: Fledermäuse orientierensich mithilfe von Schallwellen und der vielfältigenEchos, die ihre Umgebung zurückwirft. Ihr inne-res Navigationssystem erweist sich dabei als ausge-sprochen flexibel. Je näher Fledermäuse an einemObjekt vorbeifliegen, umso mehr Neuronen sindin dem Gehirnareal aktiv, das die akustischen Sig -nale räumlich verarbeitet. Diese Informationen

helfen den Flugkünstlern, blitzschnell zu reagierenund Hindernissen auszuweichen.

Wie Fledermäuse »sehen«Windräder von der Natur nicht vorgesehen

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55allgäuALTERNATIV

Im Allgäu heimische Fledermaus-Arten

Bechsteinfledermaus: Die großen Flügel machen sie zu besonders geschicktenFliegern

Braunes Langohr: Hat mit über vier Zentimetern die längsten Ohren Graues Langohr: »Pflückt« geschickt Insekten von BlätternGroßer Abendsegler: Der Ausdauerflieger legt auf seinen Wanderungen Strecken

über 2000 Kilometer zurückKleiner Abendsegler: Jagt gerne im Wald und um Straßenlaternen herum Rauhautfledermaus: Zählt zu den Waldfledermäusen und ist obendrein die

drittkleinste Art Zwergfledermaus: Passt geduckt in eine Streichholzschachtel Breitflügelfledermaus: Hält sich gern im Dachfirst zwischen Dachpfanne und

Isolierung auf Fransenfledermaus: Wohnt und jagt gerne im Kuhstall, wo viele Fliegen schwirrenGroße Bartfledermaus: In Sibirien wurde ein beringtes Tier stolze 41 Jahre alt Große Hufeisennase: Seltenste Art – in Deutschland gibt es nur noch eine

Wochenstube in der OberpfalzGroßes Mausohr: Mit rund 40 Zentimetern Flügelspannweite eine unserer

größten und häufigsten Arten Kleine Bartfledermaus: Hat auffällig langes, krauses Fell Kleine Hufeisennase: Der hufeisenförmige Hautlappen um die Nase gibt ihr den

wenig schmeichelhaften Namen Mopsfledermaus: Das mopsige Gesicht macht sie von allen Fledermäusen am

leichtesten unterscheidbarMückenfledermaus: Wurde erst kürzlich entdeckt und macht als Winzling der

Zwergfledermaus KonkurrenzNordfledermaus: Kann bis zu 20 Jahre alt werden Nymphenfledermaus: Ihr Name geht auf eine griechische Sage zurück, in der eine

Nymphe in eine Fledermaus verwandelt wird Teichfledermaus: In Sommernächten sehr gut mit Taschenlampe über Wasser

zu beobachtenWasserfledermaus: Nimmt feinste Echos wahr und erwischt sogar Wasserläufer Wimperfledermaus: Jagt von einer Baumkrone zur nächsten Zweifarbfledermaus: Mit 180 zurückgelegten Kilometern pro Nacht die schnellste

Fledermaus

zen der Windräder erreichen aber bis zu 240 Stunden-kilometer. Diese Geschwindigkeit kommt in der Naturnicht vor. Darauf ist das Ortungssystem der Fleder-mäuse nicht eingestellt. Sie sind den Windrad-Flügelnhilflos ausgeliefert.

Und das, obwohl die Tiere zusätzlich zur Lauf-richtung des Schalls auch die Richtung berücksichti-gen, aus der das Echo zurückgeworfen wird. Außer-dem vergleichen sie die Lautstärke ihrer Ruflaute mitden reflektierten Schallwellen und werten das Wellen-spektrum des Echos aus. »Unsere Untersuchungenführen zu dem Schluss, dass Fledermäuse auf ihrerakustischen Karte wesentlich mehr räumliche Infor-mationen abbilden als nur die Echolaufzeit.«

Die Ergebnisse erklären, wie sich schnelle Reak-tionen auf äußere Reize in den Nervenzellen wider-spiegeln: Im Gehirn der Fledermäuse vergrößert sichdas aktive Areal, um relevante Informationen darzu-stellen. »Damit«, so Firzlaff abschließend, »haben wirmöglicherweise einen grundlegenden Mechanismusentdeckt, wie Wirbeltiere ihr Verhalten flexibel anwechselnde Umgebungen anpassen können.«

Dr. Ulrich Marsch/idw

300.000 Fledermäuse kommen jährlich durch Windrad-Flügel ums Leben. Neue Forschungsergebnisse zeigen auf, wie dieses Massensterben verhindertwerden kann. Auch für unsere Allgäuer Windräder gibt es einfache Lösungen

Fotos: filorosso.eu - Manfred Gerber/pixelio.de, Volker Wille

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Klimawandel

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Die Bäume wachsen schnellerChance oder Fluch für Allgäuer Waldbauern?

Unserem Wald sieht man diese Veränderungnicht an: Die typischen Entwicklungsphasenvon Bäumen und ganzen Beständen haben

sich kaum verändert, laufen aber beschleunigt ab – umbis zu 70 Prozent. Dies zeigt eine Studie von Wissen-schaftlern der Technischen Universität München(TUM). Vor drei Jahrzehnten war das »Waldsterben«in aller Munde: Das Überleben großflächiger Wald-ökosysteme schien auf dem Spiel zu stehen. AktuelleUntersuchungen weisen allerdings eher auf ein be-schleunigtes Wachstum als auf einen Kollaps der Wäl-der hin. Ob, wie und warum Waldbestände innerhalbdes letzten Jahrhunderts ihr Wachstum veränderten,wird nach wie vor kontrovers diskutiert.

Die jetzt veröffentlichte Studie trägt entscheidendzur Klärung der offenen Fragen bei. Die Untersuchungbasiert auf Daten von Versuchsflächen, die seit 1870

systematisch beobachtet werden. Sie zählen zu den äl-testen waldwissenschaftlichen Anlagen weltweit. Zu-dem repräsentieren die Waldflächen typische Klima-und Umweltbedingungen in Mitteleuropa. »Unsere Er-kenntnisse basieren damit auf einem einzigartigen Da-tenbestand«, sagt Prof. Hans Pretzsch vom TUM-Lehr-stuhl für Wachstumskunde, der die Studie leitete.

Wachstum im ZeitrafferFür Fichte und Buche, jeweils die wichtigste Na-

del- und Laubbaumart in unseren Breiten, ermitteltendie TUM-Wissenschaftler ein deutlich beschleunigtesWachstum. Buchen entwickelten sich um 77 Prozentschneller als noch 1960, Fichten um immerhin 32 Pro-zent. Bei Betrachtung ganzer Bestände wuchsen dieBuchen um 30 Prozent, die Fichten um zehn Prozentschneller. »Der Wert auf Bestandsebene liegt niedriger

Seit den 1960er-Jahren wachen unsere Bäume deutlich schneller. Diese Er-kenntnis basiert auf Langzeit-Daten von deutschen Versuchsflächen, die seit1870 kontinuierlich beobachtet werden. Einige dieser Beobachtungsflächenliegen auch im Allgäu oder in unmittelbarer Umgebung.

Cynthia Schäfer und Eric Thurm,Doktoranden am Lehrstuhl für

Wachstumskunde, nehmen eineJahresring-Probe von einem

Baum auf einer Versuchsfläche

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Fotos: L. Steinacker, Archiv Edition Allgäu, Grafiken: G. Schütze, Bianca Elgaß

als das Wachstum einzelner Bäume, da – vereinfachtgesagt – größere Bäume mehr Platz brauchen, dasheißt, die Gesamtzahl sinkt«, erklärt Pretzsch.

Die Münchner Wissenschaftler führen das rapideWachstum der Bäume auf das wärmere Klima und dielängere Vegetationszeit zurück. Weitere Wachstums-motoren sind Kohlenstoffdioxid (CO2) und Stickstoff,deren Konzentration seit 100 Jahren stetig ansteigt.»Interessanterweise haben wir beobachtet, dass dersaure Regen das Wachstum unserer Versuchsflächennur vorübergehend beeinträchtigt hat, der Eintrag vonSchadstoffen wurde ja auch seit den 1970er-Jahrendeutlich reduziert«, sagt Pretzsch

Veränderung fordert AnpassungDie Bäume wachsen und altern zwar schneller,

doch das Erscheinungsbild des Waldes ändert sichdeswegen nicht. Aber dieselben Baum- und Bestands-größen werden wesentlich früher erreicht als in derVergangenheit. Davon könnte die Forstwirtschaft pro-fitieren: Die Zieldurchmesser und der bestmöglicheZeitpunkt der Bestandsernte werden früher erreicht.Zudem lässt sich mehr Holz ernten, ohne das Prinzipder Nachhaltigkeit zu verletzen. Ob allerdings derMarkt dieses Holz auch verstärkt nachfragt, ist nichtsicher. Nach wie vor bevorzugen Kunden die langsamgewachsene nordische Fichte mit engen Jahresringenoder auch unsere heimischen Nadelgehölze, die unterhärteren klimatischen Verhältnissen und einer kürze-ren Vegetationszeit gedeihen. Hier liegt vielleicht sogar

Mithilfe von Laser-Scansuntersuchen die TUM-Wissenschaftler, wie sichStrukturen in Baumkronenverändern

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eine Chance für unsere Allgäuer Waldwirtschaft unddie Waldbesitzer mit Bestand in höheren Lagen.

Bisher ist die veränderte Zeitskala noch nicht indie klassischen Ertragsmodelle der Forstwirtschafteingeflossen, die das Wachstum nur in Abhängigkeitvom Alter betrachten. Es besteht die Gefahr, dass dererhöhte Zuwachs nicht ausgeschöpft wird. Danebensind das schnellere Wachstum und die frühere Alte-rung von Bäumen für das gesamte Waldökosystemvon Bedeutung, wie Pretzsch erläutert: »Das bekom-men besonders die Pflanzen- und Tierarten zu spüren,deren Habitate von speziellen Waldentwicklungspha-sen und -strukturen abhängen. Höhere Mobilität kannfür sie zu einer Lebensnotwendigkeit werden.«

Basis: Langzeitbeobachtung Die Studie basiert auf insgesamt 600.000 Einzel-

messungen an Bäumen seit 1870. Über einen so lan-

gen Zeitraum lässt sich am Wachstum der Bäume ab-lesen, wie sie auf die sich wandelnden Umweltbedin-gungen reagiert haben. Pretzsch: »Obwohl die Ver-suchsflächen hinsichtlich Klima und Bodenbeschaf-fenheit variieren, lässt sich überall ein Trend zumschnelleren Wachstum erkennen.«

Die Beobachtungsflächen in unserer Region be-finden sich in Schongau, Füssen, Denklingen und Il-lertissen. Nicht nur die Versuchsflächen und der langeBeobachtungszeitraum machen die Daten so interes-sant. »Wir betrachten die Bäume nicht isoliert, son-dern immer in der Wechselwirkung mit ihren Nach-barn. So können wir verstehen, wie sich die Dynamikeinzelner Bäume auf den ganzen Bestand auswirkt.Die Wachstumstrends auf Bestandsebene sind ent-scheidend für die Forstwirtschaft, wenn wir über Pro-duktivität, CO2-Speicherung und Klimarisiken spre-chen«, so Pretzsch abschließend.

Weitsichtige VorväterAugust von Ganghofer und andere weitsichti-ge Forscherpersönlichkeiten wie Karl Gayer(geb. 1822, gest. 1907), Franz von Baur(geb. 1830, gest. 1897) und Arthur vonSeckendorff-Gudent (geb. 1845, gest. 1886)

dachten in den Jahren 1867 und 1868 dasGrundkonzept für forstwissenschaftlicheUntersuchungen in langfristigen Zeiträumenund weiträumigen Versuchsgebieten vor. Fürdie Planung, Anlage, messtechnische Auf -nah me, Auswertung und Steuerung von lang-fristigen Versuchsflächen empfahlen sie dieEinrichtung forstlicher Versuchsanstalten,die in Preußen, Baden, Sachsen, Württem -berg und Hessen Ende des 19. Jahrhun -derts gegründet wurden; die Gründung derKöniglich Bayerischen Forstlichen Versuchs -anstalt geht auf das Jahr 1881 zurück. Dieheute mit vielfältigen Aufgaben betrautenForstlichen Versuchsanstalten sollten inihren Anfängen den langfristigen ertrags -kundlichen Versuchen eine Kontinuität ver -leihen; eine Voraussetzung, um die Praxisdauer haft mit zuverlässigen Beurteilungs-und Entscheidungshilfen zu versorgen.

Klimawandel

August von Ganghofer und Franz von Baurgelten als die Gründer des forstlichenVesuchswesens in Bayern

Die Beobachtungsflächen im und um das Allgäu herum

Fotos: Lehrstuhl für Waldw

achstumskunde, TU München

Illertissen

Füssen

Denklingen

Schongau

Eine Chance für den Bergwaldim Allgäu? Das strengere Klima erzeugt engjähriges Holz, das auch in Zukunft gute Marktpreise erzeilt

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Klimaschutz

Der Klimaschutzschulenatlas weist 3384 Mit-glieds-Schulen im Bundesgebiet aus. 361Schulen waren in Bayern an der Aktion

Klima beteiligt, 116 waren im Programm SolarSup-port aktiv. Im Allgäu waren 35 Einrichtungen Partner,davon haben sich 29 an der »Aktion Klima« und sechsan SolarSupport beteiligt. Fünf haben eigene Projektelaufen oder schon durchgeführt.

Ziel der Programme war es, Schülerinnen undSchüler durch vielfältige Angebote für das Thema Kli-maschutz zu sensibilisieren und zu motivieren, sichaktiv für Klima- und Umweltschutz einzusetzen. Diedrei Jahre haben gezeigt, dass Schulen und Bildungs-

Eine wachsende Zahl von Schulen und Bildungseinrichtungen engagiert sich für dieUmwelt und den Klimaschutz: Der CO2-Ausstoß wird bilanziert, Solaranlagen werden auf Schuldächern installiert. Auf vielfältige Weise fördern diese Aktivitätendas Klimabewusstsein. Beigetragen haben dazu die Programme »Aktion Klima«und »SolarSupport«. Hier ein regionaler Rückblick nach drei Jahren Laufzeit.

Erfolg mit »Aktion Klima«35 Allgäuer Schulen waren umwelt-aktiv

Im Klimaschutzschulatlas sind folgende Allgäuer Schulen undEinrichtungen zu finden:Gymnasium Schwangau (beteiligt SolarSupport,

Aktion Klima, Aktion Klima mobil; eigene Projekte:

Schul-Solaranlage, Klimaschutzprojekte).

Grundschule Füssen (beteiligt Aktion Klima)

Hauptschule Rosshaupten (beteiligt Aktion Klima)

Christoph-von-Schmid-Volksschule Seeg

(beteiligt Aktion Klima)

Hauptschule Pfronten (beteiligt Aktion Klima)

Grundschule Pfronten (beteiligt SolarSupport und

Aktion Klima; eigene Projekte: Schulsolaranlage,

Klimakiste)

Don-Bosco-Schule Marktoberdorf

(beteiligt Aktion Klima)

Hauptschule Marktoberdorf

(beteiligt Aktion Klima)

Landratsamt Ostallgäu (beteiligt Aktion Klima)

Volksschule Unterthingau (beteiligt Aktion Klima)

Volksschule Kaufbeuren-Hirschzell (Aktion Klima)

Konradin Volksschule Kaufbeuren

(beteiligt Aktion Klima, Klimakiste)

Gustav-Leutelt-Schule Neugablonz

(beteiligt Aktion Klima)

Volksschule Germaringen

(beteiligt Aktion Klima)

Volksschule Stöttwang-Westendorf

(beteiligt Aktion Klima)

Landjugendhaus Schullandheim Kienberg

(beteiligt Aktion Klima, Klimakiste)

Ludwig Aurbacher Mittelschule Türkheim

(beteiligt Aktion Klima)

Willmannschule Amberg bei Türkheim

(beteiligt SolarSupport; eigene Solaranlage)

Grundschule Türkheim

(beteiligt SolarSupport; eigene Solaranalage)

Volksschule Kettershausen

(beteiligt SolarSupport)

Städtische Realschule Kempten

(beteiligt Aktion Klima; Klimakiste)

Hildegardis-Gymnasium Kempten

(beteiligt Aktion Klima; Klimakiste)

Staatliche Realschule Kempten

(beteiligt Aktion Klima)

Volksschule Obergünzburg (beteiligt Aktion Klima)

Volksschule Wildpoldsried (beteiligt Aktion Klima)

eza! GmbH (beteiligt Aktion Klima)

Berufliches Schulzentrum Immenstadt (beteiligt

Aktion Klima; weitere Projekte: Germanwatch,

eigene Klimaprojekte, Klimakiste)

Königsegg-Volksschule Immenstadt

(beteiligt Aktion Klima)

Volksschule Rettenberg (beteiligt Aktion Klima)

Volksschule Laubenberg in Grünenbach

(beteiligt Aktion Klima; Umweltschule; Klimakiste)

Grundschule Scheidegg

(beteiligt Aktion Klima; Klimakiste)

Kindergarten St. Ambrosius Hergensweiler

(beteiligt Aktion Klima)

Freie Schule Lindau

(beteiligt Aktion Klima; Klimakiste)

Grundschule Wasserburg (beteiligt Aktion Klima)

Grundschule Willerazhofen Leutkirch

(SolarSupport; eigene Solaranlage)

einrichtungen mit ein wenig Unterstützung viele in-novative und kreative Projekte zum Thema Klima-schutz durchführen können. Gestützt durch das viel-fältige Engagement von Lehrerinnen und Lehrern so-wie Schülerinnen und Schülern, war es möglich, anSchulen auch mit kleinen Mitteln Großes zu bewegen.

Bleiben wird der Klimaschutzschulenatlas, in demdie Bildungseinrichtungen, die an den Aktionen teilge-nommen haben, vernetzt sind. Der Atlas ist gleichzeitigeine Plattform für alle Schulen, die Klimaschutzprojektedurchführen, sich dabei darstellen und austauschenmöchten. Die Seite der BMU-Klimaschutzinitiative fin-den Sie hier: www.klimaschutzschulen.de

Fotos: Archiv und Grundschule Willrazhofen

Die Grundschule in Willerazhofen bei Leutkirch war Partner bei SolarSupport

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Klimaschutz

Die Klimaschutz-Programme »Aktion Klima« und »SolarSupport« sind beendet. Mit »Aktion Wald!« ist aber ein neues spannendes Programm für Grundschulen gestartet. allgäuALTERNATIV stellt diese deutschlandweite Initiative vor, die von »BildungsCent e.V.« betreut wird.

Den Wald lesen lernenEin neues Programm für Schulen

Ein Drittel der deutschen Landfläche ist mitWald bedeckt. Im Allgäu ist der Anteil desWaldes sogar noch höher. Der Wald ist ein

wichtiger Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflan-zen: Er reguliert das Klima, ist Filter für Wasser undLuft, durch ihn werden Steilhänge befestigt, und er istfür viele Menschen Freizeit-, Erholungs-, Abenteuer-und Rückzugsraum.

Die zu erwartenden Veränderungen des Klimasund deren Folgen für Natur und Umwelt gehen auchan den Wäldern nicht spurlos vorbei. Diese Verände-rungen stellen die Gesellschaft vor große Herausfor-derungen. Wer den Wald schützen und ihn als unver-zichtbaren Naturraum erhalten will, muss ihn besserkennenlernen.

Das Programm Aktion Wald! steht unter demMotto: Den Wald lesen lernen. Über erforschende undentdeckende Angebote können Kinder den Wald in

seiner Vielfalt erkunden. Welche Veränderungen sinderkennbar? Woher kommen sie? Haben sie etwas mitden klimatischen Entwicklungen zu tun oder nicht?

Teilnehmende Schulen oder einzelne Klassen be-kommen eine »Waldkiste« und ein »Pflanzpaket« fürihre »Waldexkursion«. Um diesen Ausflug in denWald zu finanzieren, bekommen sie einen Zuschussvon 200 Euro.

Mit dem Inhalt der Waldkiste können Kinder je-dem Lebensraum buchstäblich auf den Grund gehen.Moosschicht und Wurzelschicht erscheinen mit demSpaten neu und aufregend. Die Pflanzen und Kräuterder Krautschicht werden mit Becherlupen, Maßbandund Insektensauger unter die Lupe genommen.Strauch- und Baumschicht erscheinen mit Fernglasund Stethoskop in einem neuen Licht. So erzählt derWald Stück für Stück seine Geschichte und wird fürdie Kinder als großes Ganzes lesbar.

Im Wald gibt es nicht nur Pilzezu entdecken und zu

bestimmen...

... auch Moose, Farne,Baumschwämme, Zapfen undBaumrinden sind wunderbare

Forschungsobjekte

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Info:Das Programm richtet sich an Grundschulen.

Teilnehmen können die Schulen an Aktion

Wald! über ein Bewerbungsformular im

Internet. Die Teilnahme ist für Schulen und Bil-

dungseinrichtungen kostenfrei. BildungsCent

e.V. erwartet Engagement, Freude und

Interesse an der Projektarbeit mit Kindern

sowie am Umweltschutz. Darüber hinaus

sollen die Schulen ihre Aktivitäten in einem

kurzen Projektbericht in der Programmdaten-

bank zusammenfassen, der auch mit Fotos

illustriert werden kann.

Das Team von BildungsCent steht bei Fragen,

Wünschen, Anregungen und Problemen

schnell und unbürokratisch zur Seite. Telefon

030 610 81 44 90 oder per E-Mail unter

[email protected]. Internet:

www.bildungscent.de

Der Schulhof wird mit unterschiedlichen Pflanzenaus dem Pflanzpaket bereichert. So werden Nist- undSchutzmöglichkeiten für Insekten und Kleintiere ge-schaffen. Naturbeobachtung hält Einzug in den Schul-alltag. Bauanleitungen für Nist- und Unterschlupfmög-lichkeiten regen dazu an, neue Lebensräume für Tiereund Insekten auf dem Schulgelände einzurichten.

BildungsCent geht es darum, Lehrer und Kinderauf diese erfahrungs- und handlungsorientierte Weisefür den Klima- und Umweltschutz zu sensibilisierenund sie zu vorausschauendem Handeln zu motivieren.Die unmittelbare Naturerfahrung und eine guteKenntnis der unterschiedlichen Zusammenhänge er-möglichen es den Kindern, den Herausforderungenselbstbewusst, lösungsorientiert und als Teil der Ge-meinschaft zu begegnen.

Jedes Projektteam gestaltet ein individuelles Pro-jekt. Die Waldkiste, das Pflanzpaket und die Waldex-

kursion sind Teil der Projektarbeit. Wie ein Projekt tat-sächlich aussieht, wo der thematische Schwerpunktgesetzt wird, ist weitgehend den teilnehmenden Schu-len beziehungsweise Klassen und Bildungseinrichtun-gen überlassen. Das Thema Wald sollte ein Fokus-punkt sein. Klimaschutz und biologische Vielfalt kön-nen auch nur periphär behandelt werden.

Fotos: Stephanie Hofschlaeger/pixelio, Archiv

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Naturgarten

allgäuALTERNATIV

Dumme rennen, Kluge warten, Weise gehenin den Garten«, sagte Rabindranath Tagore,der indische Dichter und Philosoph, der

1913 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Ein Sinn-spruch, der in vieler Hinsicht auch auf die GärtnerinMargot Pauke zutrifft, die in Heuwang, einem Weilerbei Unterthingau, lebt, inmitten der reizvollen Voral-penlandschaft mit Blick auf die Alpenkette im Süden.Sie sagt: »Beim Gärtnern lernt man Geduld.« MargotPauke ist Jahrgang 1941, lernte diese Tugend im jah-relangen Umgang mit ihrem Garten, den sie nach bio-logisch-dynamischen Grundlagen gestaltet hat.

Mit Vielfalt »gewinnen«»Beim Wachsen kann man nichts erzwingen.« Da

täte sie sich in ihrem Gartenreich auch schwer. In einerüblicherweise von der Sonne verwöhnten Aue hat sieGewächshäuser, Staudenbeete, Hochbeete, Kompost-anlagen, einen Seerosenteich und den Wintergartennach Bearbeitungs- und Wachstumskriterien von Ru-dolf Steiner angelegt. Mit den Erträgen aus ihrem Gar-

ten kann die gelernte Floristin sich nicht nur selberversorgen, sondern die Früchte und Blumen auf Bio-märkten im Umland auch verkaufen. Ihre zwei Töch-ter sind aus dem Haus, ihr Mann, der sie als Nebener-werbsbauer unterstützte, starb vor einem Jahr.

Wundermittel KompostStatt chemischer Mineraldüngung und Schäd-

lingsbekämpfung setzt Margot Pauke spezielle Kräu-ter-, Quarz- und Mistpräparate für die Düngung undSchädlingsbekämpfung ein. Wichtige Grundlage füralles Gedeihen ist der Kompost. Auf zwei flachen Hau-fen verrotten Gartenabfälle, die regelmäßig mit einemPräparat aus Schafgarbe, Kamille, Brennnessel, Ei-chenrinde, Löwenzahn und Baldrian »geimpft« wer-den, um damit die Arbeit der Mikroorganismen imBoden anzuregen. Pferdemist sorgt für natürlichenStickstoff. Beim Umgraben, eigentlich bei jeder Erd-bewegung, kommt ein Anteil Kompost hinzu. Wäh-rend Margot Pauke den einen Komposthügel nutzt,reift der andere heran.

»Landlust« ist ein Gefühl, das inzwischen ein halbes Dutzend Zeit-schriften füllt. Dass es aber mehr als nur ein Gefühl braucht, wennman mit den Jahreszeiten und der Natur leben will, macht MargotPauke aus dem Unterallgäu vor. Und sie zeigt Interessierten ampraktischen Beispiel, wie das im Sinne der Permakultur geht.

Eine Ernte ohne ChemieMargot Pauke sorgt füs Gleichgewicht

Im Holzregal oben sind dieselbstgezogenen Samen für

das nächste Jahr gesammelt.Rechts: Die Straßenfront des

Pauke-Hauses »erblüht«

Im Wintergarten werden diePflanzen vorgezogen

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Fotos: Thomas Niehörster

Schädlingsbekämpfung

Ihre Stauden- und Gemüsepflanzen, Zucchini,Tomaten, Kürbisse, Kartoffeln, Kohl- und Bohnensor-ten zieht sie aus den Mutterpflanzen als Samen oderStecklinge. Für ein ideales Kleinklima sorgen die He -cken und der Teich. Die Bäume und die Hecken ringsum das Grundstück bieten vielen Vogelarten unter-schiedlichste Nistgelegenheiten. Sie danken es derGärtnerin, indem sie die Schädlinge fressen. In denGemüsebeeten wachsen in einem Miteinander Pflan-zen, die gegenseitig Insekten abwehren. Auch starkduftende Blumen weisen Schädlinge ab. Schneckenkommen in eine spezielle Schneckenjauche, die späterdem Gießwasser wieder beigefügt wird. »Ein lebendi-ger Boden und eine an Lebenskräften reiche Natursind für uns existenziell.«

Hilfe zur SelbsthilfeIhre Erfahrungen und auch Setzlinge tauscht

Margot Pauke regelmäßig mit aus einer Gruppe vonfünfzehn Familien, den »Landwandlern«, die sichüberwiegend aus den Erträgen ihrer Gärten selbst ver-sorgen. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Permakul-tur. Das ist ein sich selbst regulierendes System, dasnur weniger Eingriffe von außen bedarf, um dauerhaftin einem dynamischen Gleichgewicht bestehen zu blei-ben. Im »Bären« in Zell bei Eisenberg trifft sich regel-mäßig ein Stammtisch Gleichgesinnter. In einem Se-minarraum im Haus von Margot Pauke hat sie Platzfür Schulungen und Vorträge zum Thema »biologisch-dynamischer Gartenbau«, die mittlerweile auch vonBauern aus der Umgegend besucht werden. Manchmalwächst der rüstigen Gärtnerin die Arbeit doch überden Kopf. Daher sucht sie einen Menschen, der sie un-terstützt und dafür Kost und Logis frei hätte. Wer sichfür die Arbeit von Margot Pauke interessiert, kann ih-ren Garten nach vorhergehender Anmeldung, Tel.08377-463, gerne besichtigen. Thomas Niehörster

KurzinfoMargot Pauke, Heuwang 5, 87647 Unter thingau(an der Straße zwischen Unterthingau und Aitrang),E-Mail: [email protected]

Margot Pauke hätte gerne Hilfe »mit grünem Daumen«

Das Kräuterbeet bietet Erlebnisse für Gaumen und Nase

An der Straßenseite: eine Einladung zur Selbstbedienung mit Produkten zur jeweiligen Jahreszeit

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Klima

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März 2014, Feinstaubalarm im ZentrumStuttgarts: Die Messstation »Am Neckar-tor« meldet zum 35. Mal, dass der Grenz-

wert überschritten wurde. Genau 35 Verstöße erlaubtdie EU – pro Jahr. Bis Ende April wird die Zahl derVerstöße auf 51 steigen, danach ist Ruhe. Vorerst.»Feinstaub ist vor allem ein Problem in den Winter-monaten«, sagt Ute Dauert vom Umweltbundesamt.

Mit insgesamt 82 Tagen über dem gesetzlichenGrenzwert war die Messstation »Am Neckartor«schon 2013 Spitzenreiter in der Bundesrepublik. Da-hinter rangieren in diesem Jahr Berlin-Neukölln mit35 Überschreitungen sowie Leipzig und Halle mit je-weils 34. Bis jetzt. Der Winter kommt ja noch.

Was kaum einer weiß: Selbst die zugelassenenFeinstaubmengen bedrohen schon die Gesundheit.»Rauchen und Alkohol sind zwar für den Einzelnengefährlicher als Feinstaub«, sagt Alexandra Schneider,»aber man kann frei entscheiden, ob man Zigarettenoder Alkohol konsumiert. Dem Feinstaub ist dagegenjeder Mensch ausgesetzt.« Somit bestünde für jedenein Erkrankungsrisiko durch Feinstaub. Schneider istMeteorologin und Epidemiologin am Helmholtz Zen-trum München und leitet dort die Arbeitsgruppe En-vironmental Risks am Institut für Epidemiologie II.

Feinstaub besteht aus Teilchen, die so klein sind,dass sie in der Luft schweben und nicht sofort zu Bo-den sinken. Einen Hundertstel Millimeter Durchmes-ser (10 µm) haben die größeren Partikel, PM 10 ge-nannt. Man könne sich zwar mit einer Atemmaske ge-

gen Feinstaub schützen, die sei aber unangenehm zutragen, sagt Schneider. Das größte Problem jedoch ist:Den meisten Menschen ist das Gesundheitsrisiko, demsie sich jeden Tag aussetzen müssen, nicht bewusst.

Bei anderen Luftschadstoffen ist das anders. Weilimmer mehr Menschen die Gefahren von Blei, Cad-mium oder Schwefeldioxid erkannten und sie mitun-ter auch sehen oder riechen konnten, geriet die Politikunter Druck. Strengere Vorschriften für Kraftwerke,Industrieanlagen und Kraftfahrzeuge, verbunden mitneuen Filteranlagen und Katalysatoren, haben die Be-lastung der Luft seit 1990 deutlich verringert. Nochmehr Härte fordern Bürger und Wissenschaftler jetztin Sachen Feinstaub – auch, weil das Risiko für Atem-wegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen inzwischenwissenschaftlich abgesichert ist.

Zunächst beeinträchtigen die Staubkörner dieAtemwege. Tief in die Lunge eingedrungene Partikelkönnen die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe be-wirken, die dann eine Entzündungsreaktion im Kör-per auslösen. Außerdem kann der Feinstaub denHerzrhythmus stören: direkt durch das Eindringen insHerz, über das Andocken an sogenannte Reflexrezep-toren in der Lunge oder indirekt über Entzündungen.

Für 2012 hat die WeltgesundheitsorganisationWHO weltweit 3,7 Millionen Todesfälle durch Luft-schadstoffe angegeben. Feinstaub war verantwortlichfür 16 Prozent der Todesfälle durch Lungenkrebs, 11Prozent der Todesfälle durch chronisch obstruktiveLungenerkrankung sowie über 20 Prozent der Todes-

Er ist für das menschliche Auge unsichtbar und findet seinen Weg in alle Organe. Feinstaubgefährdet mehr Menschen als Zigarettenrauch. Endlich dringen Wissenschaftler mit ihren Warnungen durch. Dr. Andreas Fischer, Chefredakteur der Helmholtz Perspektiven,schreibt dazu in seiner Zeitschrift einen Leitartikel, den wir hier abdrucken.

Der Feind in der LuftFeinstaub – das Allgäu ist nicht verschont

Dr. Andreas Fischer (oben),Chefredakteur der Helmholtz

Perspektiven, nimmt dieFeinstaub-Situation in unseremLand unter die Lupe. Unten: Der

Verkehr ist mit schuld an derBelastung unserer Luft

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65allgäuALTERNATIV

Fotos: Archiv, Gab

i Ede

r/pixelio.de, Helmho

ltz

fälle durch Koronare Herzkrankheit und Schlaganfall.»In Europa verkürzt die Luftverschmutzung unsereLebenserwartung um bis zu neun Monate«, sagtSchneider. Die derzeitigen Grenzwerte seien nicht aus-reichend, da zu hoch – und würden zudem noch stän-dig überschritten. Damit aber nicht genug: Gerade inden Wintermonaten bringen östliche Winde viel Fein-staub aus Osteuropa mit sich.

Im Gegensatz zu den 35 erlaubten Überschrei-tungen des PM-10-Tagesmittelwertes empfiehlt dieWHO lediglich drei, um eine gesundheitliche Gefähr-dung auszuschließen. Ein Grenzwert, der selbst imländlichen Raum kaum einzuhalten sei, sagt Ute Dau-ert, die beim Umweltbundesamt unter anderem für dieBerichterstattung an die Europäische Kommission zu-ständig ist. »Die Grenzwerte sind Kompromisse zwi-schen gesundheitlicher Gefährdung und den Kostenfür Minderungsmaßnahmen«, sagt sie. Und doch willsie die WHO-Empfehlungen in die Öffentlichkeit tra-gen, um den Erwartungsdruck auf die Politik zu erhö-hen. Das größte Paradoxon in Sachen Feinstaub aberist, dass es für die vermutlich gefährlichsten Staubteil-chen bislang überhaupt keinen Grenzwert gibt: die so-genannten ultrafeinen Partikel – also solche mit einerGröße von weniger als einem Zehntausendstel Milli-meter (0,1 µm). Sie ge langen von der Lunge bis insBlut und darüber in jedes Organ. »Selbst im Gehirnwurden schon ultrafeine Partikel nachgewiesen«, sagtAlexandra Schneider. Sie könnten sogar am schädlichs -ten sein. »Aber sie sind auch am schwierigsten zu mes-sen, weshalb Routinemessungen und gesundheitsbe-zogene Studien weitgehend fehlen.« So würde auchkein Grenzwert eingeführt.

Inzwischen beginnen Wissenschaftler und Bür-ger zu handeln. Eine Initiative in Stuttgart demons -trierte kürzlich für zeitweilige Fahrverbote. In Ham-burg fordert der NABU einen Landstromanschluss fürKreuzfahrtschiffe, denn der Schiffsverkehr macht al-lein 17 Prozent der Feinstaubemissionen in der Han-sestadt aus. Doch der Hamburger Senat schiebt die für2012 vorgesehene Entscheidung vor sich her. »Wir

brauchen schärfere Emissionsanforderungen fürPkw, Baumaschinen und Industrieanlagen«, sagtUte Dauert. Auch in der Landwirtschaft und imSchiffsverkehr müssten die Feinstaubemissionen ge-senkt werden, ebenso bei Kaminen und Öfen, denndas private Heizen mit Holz hat in den vergangenenJahren stark zugenommen. Alles Maßnahmen, dierichtig wehtun würden – und zwar nicht nur der In-dustrie.

Immerhin: Von 2015 an muss auch ein ver-bindlicher Grenzwert für Partikel von weniger als2,5 µm Größe eingehalten werden – ein Anfang.Aber auch nicht mehr als das.

In der Zeitschrift des Institu -tes sind weiterführende Infor -mationen zu finden. Unten:Luftverschmutzung am All -gäuer Himmel durch Kerosin-Abgase im Flugverkehr

Info:Die Online-Ausgabe der Helmholtz Perspektiven ist unter

www.Helmholtz.de zu finden.

Anzeigen

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Landwirtschaft

allgäuALTERNATIV

Diese drastische Abnahme ist für den Natur-schutz kritisch. Sie zeigt, dass die bisherigenMaßnahmen zur Erhaltung der biologischen

Vielfalt in der Agrarlandschaft und insbesondere desartenreichen Grünlandes nicht die beabsichtigte Wir-

kung hatten«, sagte Prof. Beate Jessel, Präsidentin desBundesamtes für Naturschutz (BfN), bei der Präsenta-tion des ersten »Grünland-Reports«. Anlass zur Sorgegibt dabei nicht nur der quantitative Rückgang desGrünlandes, sondern auch die qualitative Verschlech-

In den letzten Jahren hat Grünland mit hohem Naturwert einen besorgniserregendenflächenmäßigen Verlust erlitten. Es ging seit 2009 bundesweit durch Intensivierung der Nutzung oder Umbruch um über acht Prozent zurück. Im Unterallgäu sind Maisfelder bereits häufiger als Grünflächen. Jahr für Jahr wandern die Maisplantagenim Allgäu weiter südwärts und verdrängen Wiesen und Weideflächen.

Acker schlägt grüne WiesenAmt legt ersten »Grünland-Report« vor

Maisplantage bei Jengen imOstallgäu. Der Mais »ver -

schluckt« die Kirche des Ortes

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67allgäuALTERNATIV

terung: Durch Intensivierung der Landwirtschaft neh-men Intensivwiesen und Mähweiden gegenüber bio-logisch vielfältigeren Grünlandflächen immer höherenAnteile ein.

Was für die gesamte Bundesrepublik gilt, wirktsich in unserer Region noch gravierender aus: Nebender Vermaisung im Allgäu schadet der Vielfalt in Floraund Fauna auch der immer früher durchgeführte ersteGrasschnitt. Selbst die so fotogenen Löwenzahnwiesenim Allgäu fallen teilweise schon den Mähmessern zumOpfer. Eine ganze Reihe von Pflanzen, die früher nochauf den meisten landwirtschaftlichen Flächen zu fin-

den waren, sind heute zurückgedrängt auf Schutzge-biete und mit Maschinen schwer zugängliche Steilflä-chen und Böschungen. Viele Pflanzen können wegender Intensiv-Nutzung nicht mehr absamen.

»Wenn wir den Rückgang des Grünlandes undden damit verbundenen Verlust von Pflanzen- undTierarten aufhalten wollen, dann brauchen wir einenationale Grünlandstrategie mit einem flächende-ckenden Grünlanderhaltungsgebot in Deutschlandund ein Umschwenken in der Agrarförderpolitik.Nachdem auf EU-Ebene die Weichen gestellt sind,sind hier jetzt vor allem die Bundesländer bei der lau-

Die Wiese ist Lebensraum für Feldgrashüpfer, Hummel und Kaisermantel. Alle dreibrauchen Futterpflanzen, die auf intensiv bewirtschaftetenGrünflächen nicht mehr zufinden sind

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68 allgäuALTERNATIV

Landwirtschaft

fenden Ausgestaltung ihrer Agrarumweltprogrammegefordert«, so Beate Jessel.

Nach Ansicht des BfN sollte insbesondere inFFH- und Vogelschutzgebieten sowie in weiteren sen-siblen Gebieten (z.B. kohlenstoffreiche und erosions-gefährdete Gebiete) das Grünland unter strengenSchutz gestellt und eine Grünlandumwandlung bun-desweit untersagt werden. Vor allem in Flussauen undauf Moorböden sollte ein generelles Grünlandum-bruchverbot gelten. Bestehende Ackernutzungen insolchen Gebieten sind schrittweise in Dauergrünland-nutzung zu überführen. Ebenso setzt sich das BfN füreine bessere Förderung von Wanderschäfereien ein,

um extensive Grünlandtypen wie Wacholderheiden,die von einer Beweidung abhängig sind, zu erhalten.Denn Grünland hat vielfältige Bedeutung für Erho-lung und Landschaftsbild, den Erhalt der biologischenVielfalt und den Naturhaushalt (z.B. Bodenschutz).

Die drei Allgäuer Landkreise Ostallgäu, Oberall-gäu und Lindau leben nicht unerheblich vom Touris-mus. Windräder werden »wegen der Gäste« und desbeeinträchtigten Landschaftsbildes bekämpft. Der

Die Ampel steht nicht auf»grün«Zum Grünland gehören gedüngte und unge -düngte Wiesen und Weiden zur Futter -gewinnung und Einstreugewinnung sowieNaturschutzflächen wie Feuchtgrünland,Magerrasen und Streuobstwiesen. Über einDrittel aller heimischen Farn- und Blüten -pflanzen hat ihr Hauptvorkommen im Grün-land (1250 von 2997 bezüglich Zugehörig keitzu einer Vegetationseinheit und der Ge -fährdung bewerteten Arten). Von den inDeutschland gefährdeten Arten der Farn- undBlütenpflanzen haben sogar rund 40 Prozent(das entspricht 822 Arten) ihr Hauptvor -kommen im Grünland. Die meisten Vogelarten, die auf Wiesen undWeiden brüten, gehen wegen der hohenIntensität der landwirtschaftlichen Nutzungdeutlich im Bestand zurück. Bei den vor -wiegend in Feuchtwiesen am Boden brüten -den Arten wie Kiebitz und Uferschnepfe set -zen sich die Bestandsverluste seit Jahrzehn -ten fort: Die Bestände des Kiebitz sind in denletzten 20 Jahren auf ein Viertel geschrumpft,bei der Uferschnepfe haben sie sich halbiert.Mit dem Grünlandrückgang verlieren insbe -sondere auch die auf ein reiches Blüten- und

Nektarangebot angewiesenen Insekten wie

Bienen und Schmetterlinge ihre Nahrungs -

grundlage und ihren Lebensraum. In der

aktuel len Roten Liste zeigt sich, dass sich der

negative Bestandstrend insbesondere der auf

Magerrasen und Trockenrasen vorkommen -

den Tagfalter-Arten und der in Mähwiesen,

Magerrasen und Heiden vorkommenden Bie -

nen fortgesetzt hat. Die Ameisenbläulinge der

Feuchtwiesen (z.B. Dunkler Wiesenknopf-

Ameisenbläuling) weisen einen starken

Rückgang auf.

Anlass zur Sorge gibt dabei nicht nur der

quantitative Rückgang des Grünlands, der

sich allein zwischen 1990 und 2009 auf

875.000 Hektar belief, sondern auch die quali -

tative Verschlechterung: Durch Intensivie-

r ung der Landwirtschaft nehmen Intensiv -

wiesen und Mähweiden gegenüber biologisch

vielfältigeren Grünlandflächen immer höhere

Anteile ein. Im kürzlich veröffentlichten

nationalen Bericht zur FFH-Richtlinie, der den

Erhaltungszustand der für den Naturschutz

wichtigen Lebensräume bewertet, steht bei

den Grünlandlebensräumen im kontinentalen

und atlantischen Bereich keine einzige Ampel

auf »Grün«, was einen guten Erhaltungs-

zustand bedeuten würde.

Insekten auf Schafgarbeund Margerite. beides Pflanzen, die wegen der

frühen Mahd nur noch anWiesenrändern gedeihen

Fliegenkonferenz auf einer »Naturgaststätte«

Fotos: Volker Wille und Archiv

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69allgäuALTERNATIV

Info:Der Grünland-Report ist

unter www.bfn.de einzusehen

»schleichende Vormarsch« des Maisanbaus bis an dieAlpenkante wird aber ohne große Proteste hingenom-men. Das »grüne Allgäu« als Marketing-Mittel für dieGäste-Werbung droht von Maisschluchten geschlucktzu werden.

Landwirtschaftliche Betriebe, die früher mit 20oder 30 Milchkühen noch als Vollerwerbsbetriebüberleben konnten, sind heute auf Zuerwerb angewie-sen. Die Grünflächen werden zusammengelegt, für die

Bearbeitung mit schwerem Gerät hergerichtet. Diekleinteilige Landwirtschaft ist im Allgäu kaum mehrüberlebensfähig.

Wie kann dem entgegengewirkt werden? DemBfN zufolge müssen durch die gemeinsame Agrarpo-litik (GAP) der EU insbesondere »dunkelgrüne«

Prof. Beate Jessel, Präsidentin desBundesamtes für Naturschutz:

»Grünland hat vielfältige Bedeutung für

Erholung, Landschaftsbild und den

Erhalt der biologischen Vielfalt«

Eine extensiv bewirtschaftete Schafweide bietet Pflanzen und Tieren die höchste Lebensqualität

Der Bläuling und andereSchmetterlingsarten lieben die

süßen Blüten des Weißklee

Agrar-Umweltmaßnahmen (AUM), die einen echtenMehrwert für die biologische Vielfalt haben, von denBundesländern gefördert und besonders honoriertwerden. Um dabei hochwertiges Grünland zu erhal-ten, sollten staatliche Zahlungen auch stärker an po-sitive Wirkungen für das Grünland mit hohem Natur-wert gekoppelt werden. Die AUM-Förderung sollteaußerdem die Erhaltung und Entwicklung von Saum-strukturen beinhalten, die für den Erhalt der biologi-schen Vielfalt von sehr großer Bedeutung sind.

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Im Portrait

allgäuALTERNATIV

Was man alles aus Pflanzen,Früchten und Zweigen

heimischer Gewächse machenkann, zeigte Rosi Müller

an ihrem Stand

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Zu keiner Zeit verbrauchten die Menschen soschnell die Ressourcen ihrer Kinder und Kin-deskinder, zu keiner Zeit war der Mensch von

den wichtigen Seiten des Lebens so abgelenkt mit Ar-beit, Internet und all den vielfältigen Angeboten mo-derner Kommunikation und Technik. Müssten wirnicht Verantwortung übernehmen für das, was wir an-richten? Sollten wir nicht nachdenken über unserentäglichen Konsum: Auto, Essen, Abfall, Energiever-brauch? Und was geschieht mit den Menschen, die danicht (mehr) so mitkönnen? Kümmern wir uns liebe-voll um sie? Und sind wir glücklich, so, wie wir leben?

Die regionale Wirtschaftsgemeinschaft Allgäu,kurz: ReWiG Allgäu, setzt hier neue Akzente.

Firmen sind aufgerufen, sich der Gemeinwohl-Ökonomie-Bilanz zu stellen. Hier sind Fragen zu be-antworten, die sich nicht nur um den Ressourcen-Ver-brauch bei der Herstellung der jeweiligen Produktekümmern, sondern auch: Wie viel verdient der teuers -te Mitarbeiter im Verhältnis zum einfachsten Ange-stellten der Firma? Klafft das Verhältnis mehr als 1:10auseinander, ist die Firma gehalten, dies zu überden-ken. Oder ein anderes Beispiel: Wie viel Mitsprache-recht und Gewinnbeteiligung wird den Mitarbeiterneingeräumt, stehen sie doch für den Erfolg der Firma?Die Ergebnisse dieser Bilanz haben zum Ziel, ein neu-es Bewusstsein in den Firmen zum Wohle der Mit-

Wir leben im Paradies – andere machen hier Urlaub, und wir dürfen hier leben. DasAllgäu hat viele Gesichter, die Wirtschaft ist ein zentraler Punkt, schafft sie doch Arbeitsplätze – aber zu welchem Preis? Eine regionale Wirtschaftsgemeinschaft hatneue Ideen und begonnen, diese auch umzusetzen. allgäuALTERNATIV hat die Aufsichtsrats-Vorsitzende Stefanie von Valta gebeten, die ReWiG Allgäu vorzustellen.

Was tut die ReWiG Allgäu?Bekenntnis zu zukunftsfähigem Wirtschaften

Info:ReWiG Allgäu eG

Pfaffengasse 10

87700 Memmingen

Tel. 08331 640-6908

E-Mail: [email protected]

Internet: www.projekte.rewig-allgaeu.de

Vorstand: Doris Richtsteig, Thomas Spross, Roland

Wiedemeyer

Aufsichtsratsvorsitzende: Stefanie von Valta

Bürozeit: Di, Mi, Do 11 – 12 Uhr

Die Lebensmittelretter (oben) ver wer -ten nicht mehr verkaufbare Lebens -mit tel aus Geschäften und zeigen,dass es noch vielerlei Verwendunggibt. Die veganische Küche stellte ihre Vielseitigkeit vor (unten)

Fotos: Bianca Elgaß

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menschen und der Natur zu schaffen. Immer mehrFirmen im Allgäu, in Deutschland, Österreich undweltweit entscheiden sich dafür, diesen Weg zu gehen.

Zur ReWiG Allgäu gehören neben zahlreichenBio-Bauern auch nachhaltig wirtschaftende Unterneh-men, Erfinder, Perma-Kulturisten, eine Schule mitganzheitlichem Ansatz, Menschen, die sich der soli-darischen Landwirtschaft verschrieben haben, Grün-der alternativer Altenpflege-Bewegungen, kurz: Men-schen, die wieder eine Balance mit sich und der Um-welt herstellen wollen, zum Wohle aller, auch dernachfolgenden Generationen.

Damit das alles klappt, kann jedes ReWiG-Mit-glied seine eingebrachte Zeit in Zeitpunkten notierenund in sogenannte »Realo« umwandeln, wenn er/sieauf dem Marktplatz, in einem der Tauschringe oderbei unseren Unternehmern einkaufen geht.

Die ReWiG Allgäu verfügt außerdem über eineeigene Akademie. Ziel ist es, die Menschen durch Be-wusstwerdung, Training und Bildung in ihrer Persön-lichkeitsentwicklung voranzubringen. Hier findet je-der ein für ihn passendes Seminar oder einen interes-santen Vortrag. Angedacht ist auch ein ReWiG-Zen-trum, in dem Wohn- und Lebensgemeinschaften ge-gründet, die Akademie ihre Heimat finden und einOrt der Begegnung geschaffen werden soll.

Gemeinschaftlich entscheiden die ReWiG-Mit-glieder in der sogenannten »Kernteam-Sitzung«, wiesich die ReWiG weiterentwickeln soll. Die Sitzung istbasis-demokratisch, das bedeutet: Jedes Mitglied istgleichwertig mit seinem Beitrag, die »Führungs-Rie-ge« (Vorstand und Aufsichtsrat) sind nur als Mitglie-der in der Sitzung und werden nur gewählt, weil dieReWiG eine Genossenschaft ist.

Zahlreiche Projekte wie z.B. der Bau von Wind-rädern, Hochbeeten und Earthships laden das Mit-glied zum Mitwirken ein. Und in vielen Kooperatio-nen vernetzt sich die ReWiG zunehmend mit anderennachhaltig und gesellschaftlich-verbindenden Orga-nisationen und Einrichtungen. Ziel von all diesen Ak-tivitäten ist es, das Allgäu wirtschaftlich auf allen Ebe-nen nachhaltig unabhängig zu machen. Feiern undFröhlichsein stehen beim Herbstfest, nach Kernteam-Sitzungen und zahlreichen Einladungen gerne im Mit-telpunkt der ReWiG Allgäu, es macht einfach Freudezu sehen, wie viele Menschen und Ideen schon auf ei-nem Weg in eine gesunde neue Welt zum Wohle allersind.

Was ist eine ReWiG?1.) Eine eingetragene GenossenschaftDie drei ReWiGen München, Schlehdorf undAllgäu sind eingetragene Genossenschaften.Als Mitglied kann ich die Geschicke derGenossenschaft aktiv mitgestalten oder dieArbeit der ReWiG passiv unterstützen.

2.) HerausgeberIn von GenussrechtenDie ReWiG München und die ReWiG Allgäugeben Genussrechte in Euro-Währung aus.Diese Genussrechte kann jeder erwerben,der/die an einer nachhaltigen Geldanlage

interessiert ist. Der Erwerb von

Genussrechten ist unabhängig von der

Mitgliedschaft. Dieses Geld investiert die

ReWiG in nachhaltig wirtschaftende

Unternehmen in der jeweiligen Region.

3.) Betreiberin einer Komplementärwährung

Die ReWiG gibt die Komplementärwährung

Realo heraus. Der Realo ist eine rein virtuelle,

komplett euro-unabhängige und zinsfreie

Währung. Auf dem Realo-Marktplatz können

Leistungen und Produkte angeboten und in

Anspruch genommen werden.

Beim Herbstfest der ReWiG inKempten war dank des gutenWetters viel Besuch an den

Ständen

Stefanie von Valta beschreibt fürallgäuALTERNATIV die ReWiG

Die besondere Gelegenheit: Gute Naturprodukte wurden vor Ort angeboten

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Was macht der »rote Zwerg«auf dem alternativen Markt?

Zwischen 1957 und 1969 baute dieDingolfinger Firma Glas den eigenwilli-gen Kleinwagen Goggomobil Coupe TS,eine sportliche zweisitzige Variante zureher rundlichen Limousine. Ein Zehn-PS-Zweizylindermotor mit 250 Kubik-zentimetern Hubraum arbeitete unterder Heckklappe.

Was hat nun dieser schmucke Oldtimer auf dem ReWiG-Herbstmarkt zu suchen? Ganz einfach: Mario Hagleitner ausKirchberg an der Iller hat dem Kleinwagen einen neuen alterna-tiven Antrieb verpasst. Etwas verloren wirkt der Elektromotormit dem Controller im sowieso schon putzigen Heckraum. DieBatterien sind hinter Fahrer- und Beifahrersitz versteckt. Der

neue Antrieb bringtetwa die gleich Leis -tung wie das alten»Benzin-Triebwerk«.Aufgrund des neuenMotors hat das Fahr-zeug bedauerlicher-weise den Status alsOldtimer verloren.

Ein besonderer Oldie: Mario Hagleitner (Foto ganz oben) hat seinem Goggo-Coupé einen Elektro-Antrieb verpasst (unten)

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Foto: Hochschule Biberach

Hochchule Biberach: Segeltörn zu Energie-Standorten in der OstseeMit einem historischen Segelschiff machten sich Studenten der Hochschule Biberach auf Erlebnis-Tour in der Ostsee. Ihre Ziele: Energieanlagen mit Offshore-Wind, Dampf und Wellen.

Autotest: Der erste Hybrid-SUV im AllgäuDas Autohaus Sirch hat uns den geländegängigen Allrounder zum Test zur Verfügung gestellt. Wir habendie Waldbesitzer-Vereinigung gebeten, das Fahrzeug in Wald und Flur auszuprobieren.

Foto: Dom

inik Ultes

Foto: Hauser

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Regionale Berichtezu Energiezukunftund Klimaschutz

Nicht alles wächstim Allgäu-KlimaSo manche Enttäu-schung bleibt Hobby-Gärtnern in unserenBreiten erspart, wennsie sich von einheimi-schen Fachleuten bera-ten lassen und beimKauf von Pflanzen undStauden auf deren Erfahrung verlassen.Unser Foto zeigt die Alpenglockenblume.

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