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Wahrheit und Ökonomie ICAE Sommerakademie 2013 Wahrheit und Ökonomie Georg Hubmann Hannes Halak und Jakob Kapeller Marie Jahoda Otto Bauer Institut Universität Linz Geschäftsführer Institut für Philosophie und Wissenschaftstheo rie [email protected] [email protected] und [email protected] Workshop im Rahmen der ICAE-Sommerakademie 2013  

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Wahrheit und Ökonomie – ICAE Sommerakademie 2013

Wahrheit und Ökonomie

Georg Hubmann Hannes Halak und Jakob Kapeller

Marie Jahoda – Otto Bauer Institut Universität Linz

Geschäftsführer Institut für Philosophie und Wissenschaftstheorie

[email protected] [email protected] und [email protected] 

Workshop im Rahmen der ICAE-Sommerakademie 2013 

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Fragestellungen und Agenda

Ausgangspunkt: Wie funktioniert seriöse Interaktion zwischen Wissenschaft

und Politik und wo beginnt Einflussnahme im Sinne politischer Propaganda?

Idealtypische Analyse eines Politikberatungsvorgangs

Anwendung auf die Ökonomie

Inwieweit erfüllt die moderne Ökonomie die idealtypischen Kriterien seriöser

Politikberatung?

Welchen Einfluss hat die (paradigmatische) Struktur der Ökonomie auf dieQualität der Politikberatung?

Inwiefern ist die Ökonomie von anderen gesellschaftlichen Faktoren – 

insbesondere Macht und Ideologie – unabhängig?

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Erklärung und Gestaltung:Theoretische Grundlagen seriöser Wissenschaftskommunikation

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Ursache und Gesetz

Der Begriff „Ursache“ wird auf den Begriff „Gesetz“ zurückgeführt.

„A ist die Ursache von B“ bedeutet:

„Es gilt das Gesetz: Immer wenn A, dann B.“ oder vorsichtiger ausgedrückt

„Ich behaupte die Gesetzeshypothese: Immer wenn A, dann B.“ 

Wie hängen Gesetze und Erklärungen genau zusammen?

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Ein Beispiel für eine wissenschaftliche Erklärung

Hans hat 100 Gramm weißen Knollenblätterpilz gegessen (B)

Für alle Personen x gilt: Wenn x 100 Gramm weißen Knollenblätterpilz isst, dann

führt dies zu einer schweren Vergiftung. (G)

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------

Hans hat sich eine schwere Vergiftung zugezogen. (E)

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Noch ein Beispiel...

Die Zahl der Menschen die unter der Armutsgrenze leben ist gestiegen. (B)

Für alle Gesellschaften x gilt: Wenn in x die Zahl der unter der Armutsgrenze

lebenden Menschen steigt, dann steigt die Zahl psychischer Erkrankungen. (G)

------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Die Zahl psychischer Erkrankungen ist gestiegen. (E)

Über dem Strich stehen Anfangsbedingungen (B) und Gesetze (G), unter dem

Strich das erklärte Phänomen (E).

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Wissenschaft bildet Gestaltungsvorschläge analog zuErklärungen

Ausgangsfrage bisher: Wie kam es zu einem bestimmten E?

Ausgangsfrage hier: Wie kommen wir zu einem bestimmten E?

Struktur der Antwort: Gegeben man will E erreichen, dann sollte man unter

Berücksichtigung der Gesetze G1

, G2

... Gr

die Anfangsbedingungen B1

, B2

... Bn

verwenden um zum gewünschten Resultat zu gelangen. 

B1, B2 ... Bn (zu ermittelnde Anfangsbedingungen) 

G1

, G2

... Gr

(relevante Gesetzeshypothesen) 

---------------

E (gewünschtes Phänomen)

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Was ist bei der Formulierung von Gestaltungsvorschlägen zubeachten?

Beispiel: Eine vulgärökonomische Argumentation

G1: Freie Märkte führen zu effizienten Resultaten.

G2: Effiziente Resultate sind stets zu bevorzugen.---------------------------------------------------------------------------------------------------------

G*: Freie Märkte sind stets zu bevorzugen.

Wo liegt das Problem an diesem Argument?

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Was ist bei der Formulierung von Gestaltungsvorschlägen zubeachten?

Gestaltungsvorschlag = Politikberatung

Versuch einer „Entvulgarisierung“ des vorigen Beispiels:

 „[Wenn meine Theorie stimmt und wenn sie effiziente Resultate unter allen Umständen

bevorzugen, dann] rate ich ihnen freie Märkte stets zu bevorzugen.“     

Zwei Prämissen: (1) Korrektheit der Theorie und (2) Übereinstimmung der

Werturteile.

Ergo: Bescheidenheit und sensible Kommunikationspolitik als Scheidepunkt von

Wissenschaft und Propaganda - wird der entscheidende Teilsatz [in eckigen

Klammern] wenig betont oder gar nicht erwähnt?

Weiterer Problembereich: Wird der Part in der Klammer auch variiert?

(unterschiedliche Theorien? unterschiedliche Werturteile?)

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Fragestellungen für den weiteren Verlauf 

Inwieweit erfüllt die moderne Ökonomie die idealtypischen Kriterien seriöser

Politikberatung?

Welchen Einfluss hat die (paradigmatische) Struktur der Ökonomie auf die

Qualität der Politikberatung? Ist diese vielfältig genug?

Inwiefern ist die Ökonomie von anderen gesellschaftlichen Faktoren – 

insbesondere Macht und Ideologie – unabhängig?

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Zur Seriösität ökonomischer Politikberatung

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Arbeitsaufgaben

Datenmaterial:

Hans Werner Sinn im Spiegel Interview (Englisch)

Christian Keuschnigg im Profil Interview

Barbara Kolm im Standard Interview

Aufgabenstellung:

Erfüllen die oben genannten Studien die Anforderungen seriöser

Wissenschaftskommunikation? Welche Grundannahmen sind explizit, welcheimplizit? Werden Theorien und Hypothesen und Daten offen gelegt?

20 Minuten + 3*5 Minuten Präsentation + 3*2 Minuten Kommentar/Ergänzungen

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Zur Vielfalt ökonomischer Politikberatung

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Die paradigmatische Struktur der Ökonomie

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Wesen und Ziel (neoklassischer) Ökonomie:Ein Ausgangspunkt

Definitionsversuch von Lionel Robbins (1932): Ökonomie als die Analyse von

Ziel-Mittel-Relationen.

“ Economics is the science which studies human behaviour as a relationship

between ends and scarce means which have alternative uses.“      (Robbins 1932,

16)

Die Robbins‘sche Definition gilt als wegweisend für die Ökonomie

Etablierung der Trias Knappheit – Optimierung – Gleichgewicht

Etablierung des methodologischen Individualismus (homo oeconomicus).

Etablierung von Effizienz als zentralem normativen Bezugspunkt

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Neoklassische Praxis I

Aus der Robbins’schen Definition entstehen verbindliche Denkfiguren 

getragen von dem Motiv alle sozialen Phänomene mit nur einem Ansatz zu

erklären.

ÖkonomischeDimension VerbindlicheDenkfigur ZentraleErkenntnis NormativeInterpretation

Ausgangsproblem Knappheit Einziges bzw. zentralesökonomisches Problem

Utilitarismus alssozialphilosophischerAusgangspunkt

Konsum (optimierende)Rationalität

Nutzenmaximierung Effiziente Konsumwahl

Produktion (optimierende)Rationalität

Profitmaximierung EffizienterFaktoreinsatz

Interaktion Wettbewerb undTausch

Gleichgewicht EffizienteGüterallokation

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Neoklassische Praxis II

Die Einschränkung der Perspektive: Welche Facetten gehen verloren?

z.B. nicht-tauschbasierte Interaktionsmodi (z.B. Hierarchie und Kooperation)

z.B. makroökonomische Aggregate

z.B. sozialer Wandel und die Entstehung von Institutionen

z.B. alternative Wertvorstellungen zu Effizienz (Gerechtigkeit, Freiheit,

Nachhaltigkeit...)

Die Theorie rationalen Verhaltens als Zugehörigkeitskriterium

Ausgrenzung theoretischer Ansätze, die nicht dem Optimierungsprinzip folgen,als „nicht-ökonomisch“ (z.B. bei John K. Galbraith oder Joan Robinson).

Verbindlichkeit des Optimierungsprinzips in ökonomischer Theorie und

experimenteller Ökonomie.

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Wie pluralistisch ist der ökonomische Diskurs?

Ausgangsfrage einer empirischen Untersuchung

Mit Bezug zur Frage ob heterodoxe Alternativen zur Mainstreamökonomie

überhaupt rezipiert/beachtet werden.

Leitende Fragestellungen:

Inwiefern ist die Ökonomie eine pluralistische Wissenschaft? Welche Art der

Interaktion besteht zwischen Mainstream und Heterodoxie?

Bildet die heterodoxe Ökonomie eine konzise agierende paradigmatische

Konkurrenz zur Dominanz der Neoklassik?

Datenbasis:

Alle Zitationsverbindungen zwischen 26 Ökonomie-Journal (13 mainstream / 13

heterodox) in 20 Jahren (1989-2008) anhand von SSCI-Daten.

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Ein empirischer Blick auf ökonomische Diskurse

Resultat I: Lose heterodoxe Zitationsnetzwerke stehen eng geflochtenen

Netzwerken des Mainstreams gegenüber.

 percentage of citations from top 13

heterodox journals

 percentage of citations from top 13

orthodox journals

in top 13

heterodox 52.42% (intra-network) 47.58% (inter-network)

in top 13

orthodox 2.85% (inter-network) 97.15% (intra-network)

Daten: Thomson’s Social Science Citation Index (SSCI); Heterodox Journals wurden auf Basis von Frederic Lee’s “Heterodox Directory” (2009a)

ermittelt.

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Ein empirischer Blick auf ökonomische Diskurse

Top 13 heterodox journals Citations in top 13

orthodox (export) 

Citations of top 13

orthodox (import) 

Differ-

ence 

Proportional 

Factor  

Economy and Society 46 69 -23 1.5

Ecological Economics 18 1022 -1004 56.78

Work, Employment and Society 17 47 -30 2.76

Review of international Political Economy 55 111 -56 2.02

Journal of Economic Behaviour and Org. 340 2605 -2265 7.66

New Political Economy 5 50 -45 10

Cambridge Journal of Economics 98 617 -519 6.3

Journal of Development Studies 72 672 -600 9.33

Journal of Evolutionary Economics 36 517 -481 14.36

Feminist Economics 7 198 -191 28.29

Journal of Post-Keynesian Economics 10 407 -397 40.7

Journal of Economic Issues 22 568 -546 25.82

Economics & Philosophy 27 153 -126 5.67

Total 753 7036 -6283 9.34

Daten: Thomson’s Social Science Citation Index (SSCI); Heterodox Journals wurden auf Basis von Frederic Lee’s “Heterodox Directory” (2009a) ermittelt.

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Ein empirischer Blick auf ökonomische Diskurse

Resultat II: Es lassen sich in den Daten keine Anzeichen für reziprokes

Zitierverhalten erkennen.

Resultat III: In der Elite des ökonomischen Mainstreams findet nur eine

minimale Rezeption alternativer (heterodoxer) Ideen statt.

Die Daten zum Export heterodoxer Zitate in den Mainstream sind massiv von

statistischen Ausreissern getrieben.

Fazit: Die Mainstreamökonomie ist insofern nicht pluralistisch, als dass siekonzeptionelle Alternativen in Form heterodoxer Theorie weitgehend

ignoriert. Daraus ergibt sich auch die Stoßrichtung der Politikberatung.

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Zur Unabhängigkeit ökonomischer Politikberatung

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Einfluss und Autonomie des ökonomischen Denkens

Allgemein gilt:

Wissenschaft und Gesellschaft befinden sich in steter Wechselwirkung (Lysenko

unter Stalin, Entwicklung der Atombombe, Entstehung der General Theory von

Keynes, etc. etc.) 

In der Ökonomie besonders bedeutsam:

Der Einfluss der Ökonomie auf die gesellschaftliche Vorstellung von “Wirtschaft” 

Der Einfluss von maßgeblichen Interessensgruppen auf die ökonomische Disziplin

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Der Einfluss der Ökonomie:Ökonomie und die gesellschaftlichen Bilder der Wirklichkeit

Dazu Gramsci und Weber:

Weber zu Macht: „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen

Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance

beruht “ (Weber 1972) 

Gramsci: „Die Vorherrschaft einer sozialen Gruppe zeigt sich auf zwei Arten, als

Beherrschung und als intellektuelle sowie moralische Führung“  (Gramsci,

Gefängnishefte, Band 32)

Die ökonomische Forschung tradiert die gesellschaftlichen Vorstellungen der

Wirtschaft und damit eines Teils der gesellschaftlichen Realität.

Hayeks Kritik „der Mensch sei imstande, die Welt rund um sich nach seinen

Wünschen zu gestalten“ (Hayek 1996, 17) formuliert die Grundfesten der

neoklassischen Wirtschaftslehre

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Der Einfluss der Ökonomie:Ökonomie und die gesellschaftlichen Bilder der Wirklichkeit

The main lesson which the true liberal must learn from the success of the

socialists is that it was their  courage to be Utopian which gained them the

support of the intellectuals and therefore an influence on public opinion which is

daily making possible what only recently seemed utterly remote. ( Hayek 1949:

384)

Original Thinkers Intellectuals Public Opinion

abstract thought

policy recommendations

Public Opinion and the opinion of Intellectuals as

self-referencing process

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Der Einfluss der Ökonomie:Monismus in der Ökonomie – Monismus in der Politik?

Neoklassik als “akademische Zwillingsschwester” des Neoliberalismus:hegemoniale “Großideologie der Gegenwart ” (Ulrich 2002: 35) 

Neoklassisches Axiom Neoliberales Postulat Neoliberale Parole(n)

Der Mensch …ist eine rational kalkulierendes, sozial isolierte,

fungible und vollständig über seine Umwelt

informierte, nutzenmaximierende Entität

…sollte möglichst selbstständig

und auf sich allen gestellt agieren

können und seinen natürlichenAntrieb (Egoismus) ausleben.

“ Die Menschen sollen ihr Lebenselbst in die Hand nehmen und

sind für sich selbstverantwortlich” 

Der Markt …ist die einzig effiziente und gerechte (d.h. Pareto-optimale) Institution zur Organisationökonomischer Ressourcen

…sollte aufgrund seiner Effizienz

und der Eigenschaft, Eigennutzenin Gemeinnutzen zu verwandeln,der zentrale ökonomischeMechanismus sein.

“Mehr Markt, da er überlegenist.” 

Der Staat ..ist aus ökonomischer Perspektive im besten, aberunwahrscheinlichen Falle gerade so gut wie dereffiziente Markt

…sollte (daher) nur in ganz

wenigen, dezitiert nichtmarktförmig organisierbarenLebensbereichen intervenieren

“Weniger Staat – keine staatlicheWirtschaftsaktivität – keineSchulden!” 

Huber/Kapeller 2009: 167

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Der Einfluss der Ökonomie:Monismus in der Ökonomie – Monismus in der Politik?

…der Sinneswandel der Sozialdemokratie zur Rolle der Märkte 

“ Deshalb stellt sich den Sozialisten nach wie vor die historische Aufgabe, der 

konservativen Illusion von den Selbstheilungskräften der Marktwirtschaft eine

klare Analyse der wirklichen Krisenursachen entgegenzustellen” ( SPÖ

Parteiprogramm 1978: 42)

“ Funktionierende Märkte und freier Wettbewerb leisten einen wichtigen Beitrag

zur Förderung des Wohlstands durch ihren Zwang zu effizienter und preiswerter 

Erbringung von Leistungen und Gütern im Interesse der Verbraucherinnen und 

Verbraucher. Wir treten daher für offene Märkte und gegen bestehende und neue

Monopole mit ihren Nachteilen und Kosten ein. Ein modernes Wirtschafts- und 

Kartellrecht hat daher die Aufgabe, das Funktionieren des Marktes zu

gewährleisten” . (SPÖ Parteiprogramm, 1998: 9)

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Die Autonomie der Ökonomie:Ökonomische Wissenschaft und Think-Tank-Propaganda

“ I was once told by the head of a prestigious think tank in Washington, D.C.

that the think tank sport was very unlikely to fund any work that had income

or wealth inequality in its title. Yes, they would finance anything to do with

 poverty alleviation, but inequality was an altogether different matter. Why? 

Because my concern with the poverty of some people actually projects me in

a very warm glow. I am ready to use my money to help them. Charity is a

good thing, a lot of egos are boosted by it and many ethical points earned 

even if only tiny amounts are given to the poor. But inequality is different.

Every mention of it raises in fact the issue of the appropriateness and 

legitimacy of my income.”  (Branko Milanovic in Freeland:2012)

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Die Autonomie der Ökonomie:Ökonomische Wissenschaft und Think-Tank-Propaganda

Die Rolle von Think-Thanks in ökonomischer Wissenschaft und in derPolitikberatung

ArbeitergeberIn

Förderung von Forschung und Bekanntmachung der Ergebnisse

Interessensgetrieben (wer zahlt?)

Nützliche Verzeichnisse zum Nachschlagen:

Deutschland: http://www.thinktankdirectory.org/  Versuch einer weltweiten Liste (natürlich unvollständig):

http://www.nira.or.jp/past/ice/nwdtt/2005/index.html 

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Ökonomische Wissenschaft und Think-Tank-PropagandaBeispiele… 

Gründung der Mont Pelerin Society 1947 im gleichnamigen Schweizer Ort – Formierung nach Einladung von Hayek (Popper, Eucken, Mises, Friedman, Röpke,

Machlup u.a.)

Mission Statement: The central values of civilization are in danger. *…+Believing that

what is essentially an ideological movement must be met by intellectual argumentand the reassertion of valid ideals, *…+ further study is desirable inter alia in regard to

the following matters: redefinition of the functions of the state, methods of re-

establishing the rule of law, the problem of the creation of an international order

conducive to the safeguarding of peace and liberty and permitting the establishmentof harmonious international economic relations.

MPS ohne eigene Publikationen als “hegemoniales Netzwerkprojekt” (Walpen 2004) – 

(personelle) Verbindungen zu >100 Think-Thanks (Ö: Hayek-Institut)

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Das funktioniert? Ein paar Beispiele… 

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Ökonomische Wissenschaft und Think-Tank-PropagandaBeispiele… 

Institute of Economic Affairs (IEA) – 1955 gegründet von Antony Fisher (MPSGründungsmitglied) auf anraten Hayeks nicht selbst eine politische Karriere

anzustreben, sondern besser einen Think-Tank zu etablieren.

Rund 150 Spin-Offs (Fraser Institute, National Center for Policy Analysis,

Adam Smith Institute)

Massiver Einfluss auf den Erfolg/Verlauf der “thatcherschen Revolution in

GB” (vgl. Cockett 1995)

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Ökonomische Wissenschaft und Think-Tank-PropagandaBeispiele… 

Initiative neue soziale Marktwirtschaft (INSM)

Mission Statement: [...]INSM steht für ein Gesellschaftssystem in Freiheit und

Verantwortung. Unser Ziel: Das über Jahrzehnte bewährte Konzept der Sozialen

Marktwirtschaft von Ludwig Erhard erhalten und erneuern, um die Prinzipien

unternehmerische Freiheit, Eigeninitiative und Chancengerechtigkeit weiterbefördern zu können. [...] Wir sehen uns dabei in der Rolle als Impulsgeber für

marktwirtschaftliche Reformen und ein nachhaltiges Wachstum. [...]Dafür suchen

wir den Dialog mit Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Finanzierung: Budget rund 7 Million Euro/Jahr – Finanzierung viaArbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie

„Sozial ist, was Arbeit schafft“; „Du bist Deutschland“ 

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Wahrheit und Ökonomie – ICAE Sommerakademie 2013

Beispiel OberösterreichMarie Jahoda – Otto Bauer Institut

Verein zur Vernetzung von Wissenschaft und Politik

Namensgebung

 „[...] und es war Otto Bauer, der im Gespräch mit Paul und mir uns gesagt hat,

dass die Arbeitslosigkeit das wichtigste Problem ist, das zu untersuchen sei. Er 

hat uns sogar Marienthal als den Ort, wo die Untersuchung gemacht werden

soll, vorgeschlagen.“     

Projekte:

Policy Brief Perspektiven

Inhaltliche Grundlagen für praktische Politik

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