31
Rre dt, fiTntesuchaingefi uber d. Constitution d. Kawplaers etc. 55 COOH CHO CHO COOH YCH, f '/,H,O = C6Ho06 f 'i2H,0 vorliegen. I)a wir die Substanz jedoch nur in sehr geringer Menge erhalten haben, mochten wir nocli kein bestimmtes Urtheil aussern. Mit Sclaleimsdure gelang es uns nicht, eine Methylen- verbindung zu erhalten, da wir, falls sich etwas einer solchen bei dcr Einwirkung von Formaldehyd und SalzsZiure auf Schleimsaure gebildet hatte , dieselbe nicht isoliren konnten, und ebenso wenig gelang es dem Einen von uns, durch Ein- wirkung von Formaldehyd und Salessure auf Glucose (Trauben- zucker) und auf Isosaccharin krystallisirende Derivate zu ger winnen. Unt,ersuchungen uber die Constitut'ion des Kamphers und seiner Derivate ; [Dritte Abhandlnngl) voii J. Bredt.] [Mittheilung aus dem chemischen Institut der Universitat Bonn.] (Eingelaufen am 2. Juni 1896.) Die Camphoronshe ; von J. drredt. Ein Verfahren von allgemeiner Anwendbarkeit , um die Constitution organischer Verbindungen, welche uns die Natur als Producte ihrer Lebensthatigkeit liefert , kennen zu lernen, besteht darin , das Kohlenstoffskelett dieser meist kohlenstoff- reichen Korper so zu zerlegen, dass mehrere Molekiile von ge- ringerem Kohlenstoffgehalte entstehen. Gelingt es dabei , den Abbau in richtiger Stufenfolge so zu leiten, dass man schliesslich ') Friihere Mittheilungeu: Diese Annalen 226, 249; 289, 1; Ber. d. deutsch. chem. Ges. 18,2989; 26, 3047; 27, 2092; 28,316.

III. Derivate und Zersetzungsproducte der Camphoronsäure

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R r e d t , fiTntesuchaingefi uber d. Constitution d. Kawplaers etc. 55

COOH CHO CHO COOH

YCH, f '/,H,O = C6Ho06 f 'i2H,0

vorliegen. I)a wir die Substanz jedoch nur in sehr geringer Menge

erhalten haben, mochten wir nocli kein bestimmtes Urtheil aussern.

Mit Sclaleimsdure gelang es uns nicht, eine Methylen- verbindung zu erhalten, d a wir, falls sich etwas einer solchen bei dcr Einwirkung von Formaldehyd und SalzsZiure auf Schleimsaure gebildet hatte , dieselbe nicht isoliren konnten, und ebenso wenig gelang es dem Einen von uns, durch Ein- wirkung von Formaldehyd und Salessure auf Glucose (Trauben- zucker) und auf Isosaccharin krystallisirende Derivate zu ger winnen.

Unt,ersuchungen uber die Constitut'ion des Kamphers und seiner Derivate ;

[ D r i t t e A b h a n d l n n g l ) voii J. Bredt.] [Mittheilung aus dem chemischen Institut der Universitat Bonn.]

(Eingelaufen am 2. Juni 1896.)

Die Camphoronshe ; von J. drredt.

Ein Verfahren von allgemeiner Anwendbarkeit , um die Constitution organischer Verbindungen, welche uns die Natur als Producte ihrer Lebensthatigkeit liefert , kennen zu lernen, besteht darin , das Kohlenstoffskelett dieser meist kohlenstoff- reichen Korper so zu zerlegen, dass mehrere Molekiile von ge- ringerem Kohlenstoffgehalte entstehen. Gelingt es dabei , den Abbau in richtiger Stufenfolge so zu leiten, dass man schliesslich

') Friihere Mittheilungeu: Diese Annalen 226, 249; 289, 1; Ber. d. deutsch. chem. Ges. 18 ,2989 ; 26, 3047; 27, 2092; 28,316.

56 B r e d t , Urttersuchungen iiber die Constitutiofb des

zu Kdrpern von bekaiinter Constitution gelangt, so geben die Spaltnngsproductc zuheilen so deutlichen Aufschluss iiber deli Bauplan des Ganzen, dass die Syiithese auf umgekehrtem Wegc, dnrch schrittweisen Aufbau, unteriiornmen werden kann. All- geinein gebriiuchliche Mittel, um die Zerlegung organischer Verbindungen herbeizufuhren, bestehen z . B. in der Oxydation, liydrolytischeii Spaltung und Zersetzung bei hiiherer Temperatur.

Mit der Frage nach der Constitution des Kamphers, welche seit mehr als 36 Jahrcii z, zahlreiche Gelehrte beschhftigt hat, hangt die Frage nach der rationellen Zusammensetznng der Kamphersaure , Camphansaure und Camphoronsaure auf das engste zusamineii. Denn dime drei bei der Behandlung cles Kamphers mit Salpetersiiure entstehenden Verbindungen stellen die Hauptmenge dcr Abbauproducte dar.

Kamphersaure : C,,HIFO, und Camphansiiure : C,,Hl,O, be- sitzen dieselbe Zahl von Kohlenstoffatomen \vie der Kampher : C,,HL60 ; Camphoronsaure : C,H,,06 dagegen enthiilt eiii Kohlen- stoffatom weniger. lch habe hereits im Jahre 18933) darnuf hingewiesen, dass bei der Um\iandlung des Kamphers in die kohlenstoffarmere Camphoronsaure die Kamphersaure und Cam- phansiiure nicht nur als gleichzeitig entstehende Producte, sondern auch als Zwischenstufen der Oxydation auzusehen sind. Denn die Camphoronsaure , welche zuerst von K a c h 1 e r bei der Oxydation des Kamphers erhalten wurde, ist auch ein weiteres Oxydationsproduct der Kamphorsaure und der Camphansaure 4),

z, Im Jahre 1859 (diesc Annalen 112, 356) wurde von B e r t l i e l o t die erste Ansicht in Betreff der Constitution des Kamphers dahin gesussert, derselbe verhalte sich zuni Borneo1 I\ ie eiii Aldehyd zn dem entsprcchenderi Alkohol.

_ _ _

') Ber. d. deutsch. chem. Ges. 26, 3048. ') Die Bildnng der Camphoronskure bei der Oxydation der Gamphan-

saure mit chromsanrem Xali uiid Scliwefelsiiure wurde von mir im Jahre 1885 (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 18, 2989) festgestellt. T i e m s n n , welcher meine diesbezugliclien Angaben iibersehen zn haben scheint , machte dieselbe Beobachtuug im Jahre 1895 (Ber. d. deutsch. chem. Ges. Z 8 , 2154).

Kasnphers uncl seiner Deriaafe. 57

aus denen sic bei andauernder Behandlung mit stark oxydirenden Agentien entsteht. Da ferner die Camphansaure auch aus Kamphersaure bei gemassigter Oxydstion erhalten wurde 5), so ist der geiietische Zusammenhang zwischen diesen drei Sauren einerseits und zwischeu ihnen und dem Kampher nndererseits mit Sicherheit festgestellt.

Von diesem Gesichtspunkte aus gewinnt die Frage nach der Structur der Camphoronsiiure ein erhohtes Interesse. Denn es ist anzunehmen, dass die Erkenntniss der Constitution dieses Endproductes der Oxydation auch gestatten wird, Riickschlasse auf die Structur seines Ausgangskorpers , des Kamphers , und auf die der Zwischenproducte , Kamphersaure und Camphan- saure, zu ziehen.

Zwei Thatsachen bind for die Feststellung der Camphoron- saurestructur von besonderer Bedeutung gewesen : erstens die Erkenntniss der dreibasischen Natur dieser Saure 6, und zweitens die Reobachtimg, dass Camphoronsaure bei der trocknen Ilestil- lation in Trimethylbernsteinsaure , Isobuttersaure und Kohlen- saure gespalten wird'). Da die Menge der auf diese Weise gewonnenen Trimethylbernsteinsaure 60-70 pC. der Theorie, die NIenge der Isobuttersaure iiber 50 pC. der Theorie betrug und die der Kohlensaure annahernd der theoretischen gleich- kam, so habe ich niich fur berechtigt gehalten, aus diesem Ergebniss den Schlnss zu ziehen, dass die Atomgruppirung der Trimethylbernsteinsaure und damit auch die der Isobuttersaure in der Camphoronsaure und dementsprechend in der Camphan- saure, der Kamphersaure und dem Kampher enthalten sei. Den esperimentellen Reobachtungen will ich die verschiedenen An- sichten in aller Kurze vorausschicken , welche von einer nicht geringen Anzahl Cheniiker fiber die Constitution der Camphoron- saure und ihre Beziehung zum Kampher im Laufe der Zeit geaussert worden sind.

') B a l b i a n o , Rend. Acc. Lincei (1893) Vol. 11, S. 240. 6, B r e d t , diese Annalen 226, 249. I ) B r e d t , Ber. d. deutsch. diem. Ges. 26, 3047.

58 Rreclt, Untersuchungen iiber die Constitution des

Wir finden in der Literatur zwei grundsatzlich verschiedene Ansicliten uber die Structur der Camphoronsaure vertreten, die eine , von K a c h l e r herstammend, sieht diese Verbindung als eine zweibasische Saure an, die andere von mir5) zuerst geiiusserte Ansicht geht dahiu , dass die Caniphorons%ure drei Carboxyle entlialt. Jede dieser beiden Auffassungen ist wiederum yon verschiedenen Autoren durch verschiedenartige Structur- formeln zum Ausdruck gebracht worden, welche sich haupt- sachlich durch die Gruppirung der Kohlenstoffatome im Molekul unterscheiden. Meines Wissens sind drei Constitutionsformeln aufgestellt worden, in denen die Camphoronsaure als Dicarbon- saure angesehen wird und sechs Constitutionsformeln, welchc. drei Carboxyle im Molekul enthalten.

Ich will im Xachfolgenden versuchen, den einzelnen autoren auf ihrem Ideengange itber die Umwandlung des Kamphers in Camphoronsaure zu folgen, ohne auf die grossere oder geringere Wahrscheinlichkeit der Grunde, welche fur die eine oder die andere Formel beigebracht werden, uberall naher einzugehen. Im Anschluss hieran wird die yon mir gegebene Constitutions- formel fur Camphoronsaure im Hinweis auf die nachfolgende Experimentaluntersuchung ausfuhrlich erlaotert. Am Schlusse der Abhandlung werde ich dann diejenigen Theorien zu wider- legen suchen, welche von anderen Forschern den meinigen entgegengestellt worden sind.

K a c h l e r ", der die Cainphoronsaure zuerst rein dar- gestellt hat, aielit den Kampher als ein Keton a n , dessen i o n den gewohnlichen Ketonen etwas abweichendes Verhalten er dadurch zu erklaren sucht, dass e r annimmt, die beiden freien Valenzen des >CO seien an zwei untereinander verknupfte Eohlenstoffatome gebunden. Des weiteren gelangt I< a c h l e r zu der Anschauung, dass die Ketongruppe an einem geschlossenen Ringe von sechs Kohlenstofhtomen neben einem Isopropyl stehe, wie folgende Formel zeigt:

") Diese Aiinaleii 226, 249. ') Diese Aniialen 169, 185-195.

Iiavn@ers ulzd seivier Der.12.de. 59

CHI /\

H,C C C I I ,

H,C C G I i i ; cb

\/ CH,

Durch Oxydation des Kamphers entsteht die Kamphersaure, nach seiner Ansieht, in der Weise, dass das CO zu COOH und C,H, zu C,H,COOH wird und ausserdem ein Wasserstol-fatom an den Kern tritt.

Es ergiebt sich dann folgende Kamphcrsliureformel : CHZ /\

H,C CHC,H,.COOH I / \/

H,C CHCOOH

CH,

Den Uebergang der Kamphersaure zur Camphoronsaure denkt sich K a c h l e r derart , dass die Seitenlrette C,H,COOH zu CH.OH.COOH oxydirt wird, und dass zwei Wasserstoffatome des Kerns unter Bildung einer doppelten Bindung fortoxydirt werden. Die Camphoronsaure wurde dann folgende Form habeu :

CH, /\

I I1 H,C! C-CH.OH.COOH

B,C b.COOH \/

CH,

Zu dieser Formel wurde K a c h l e r durch die falsche An- iiahme gefiihrt, dass die Camphoronsaure zwei Atome Brom addire und beim Schmelzen rnit Kali in zwei Molekule Normal- buttersaure und ein Molekiil Kohlensaure zerfalle. Er nahm damals noch an, dass die luf'ttrockne Camphoronsaure ein Molekiil Krystallwasser enthalte , also die Zusammensetzung C,HI20, + H,O habe.

Dem gegenuber hat K i s s l i n g lo), der unter anderem einige Ester der Camphoronsaure untersuchte, nachgewiesen, dass der

I") 1naug.- Dissert. Wiilrzbnrg 1878.

60 Br ed t , Untersuchwgen. iiber die Constitution. des

Camphoronsaure die Zusammensetzung C,H,,OG zukommt, dass sie ferner kein Bromadditionsproduct zu bilden vermag und dass sie bei der Kalischmelze in Isobuttersaure, Essigsaure und Kohlensaure zerfallt. Er fasst die Camphoronsaure als Osy- saure auf, obgleich Acetylchlorid kein Acetat bildet, und nimmt an, sie enthalte eine Ketongruppe, obwohl Natriumamalgani nicht reducirend darauf einwirkt. Aus der Bildung der Iso- buttersaure schliesst er auf das Vorhandensein eines Isopropyls und so gelangt er z ~ i folgender Formel:

CH, CH,

C H \/

I HOOC-CH-CO-CH~-CH.OH-COOH.

Die Entstehung einer so constituirten Verbindung bei der Osydation des Kamphers erlrlart K i s s l i n g in folgender Weise, wobei er von der bekannten Ii e k u l 6 ’schen Kampherformel

C,H,.HC i:P,”, f H,O f CO,. \CO-dH9

Zu derselben Camphoronsaureformel gelangt auch R e y h e r welcher die V. M e y e r - B allo’sche Kamphersaureformel seinen Betrachtungen zu Grunde legt. Bekanntlich 13) entsteht beim Bromiren der Kamphersaurc das Bromlramphersaureanhydrid, und durch Kochen des letzteren mit Wasser die Camphansaure. Die Oxydation der Camphansgure mittelst chromsauren Kalis und Schwefelsaure fuhrt, wie von mir gezeigt und von B e y h e r bestBltigt wurde, zur Camphoronsame. Man kann also die Cam- phansaure als ein Zwischenproduct bei der Oxydation der Kampher- saure zur Camphoronsaure auffassen. Von dcm Vorgange bei

‘I) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 6, 931. 1naug.-Dissert. Leipziy 1891. W r e d e n , diese Aiinalen 163, 330.

Kumplzers wad seilzer Derivute. 61

dieser Ueberfiihrung der Kamphersaure in Camphoronsaure durch Vermittlung der Camphansaure macht sich nun R e y h e r folgen- des Bild:

I c /;\

H,C 1 COOH I

H,b COOH

C 1 I

CH, Kamphersinre

CH, CH,

CH \/

I

I CH3

Camphanslure

CH, CH,

CH \/

CH, CH,

CH I

.\/

CH /\

0, OC COOH - I

H,C COOH -_

\,’ I CH + COf

OH Camphoronsiure.

Allerdings gesteht R e y h e r in seiner Arbeit selbst zu, dass die bekannten Eigenschaften der Camphoronsitme mit der von ihm entwiclrelten Formel schlecht ubereinstimmen.

Meine Untersuchungen14) uber die Salze und Ester der Camphoronsaure hntten namlich sehr wahrscheinlich gemacht, dass in der Camphoronsaure drei Carboxyle vorhanden sind. Wegen der verhaltnissmassig grossen Bestandigkeit der Campho- ronslure beim Erhitzen - dieselbe destillirt im Vacuum gegen ZOOo fast nnzersetzt - nahm ich an, dass die drei Carboxyle an verschiedene Kohlenstoffatome gebunden seien. Die Bildung der Isobuttersaure beim Schmelzen der Camphoronsaure mit

14) Diese Annalen 226, 249-261.

62 Bred t , Ulztersuchulzgefi iiber die C7oastitwtio.n des

Kalihydrat fuhrte damals zu der weitereii Annahme, dass ein Isopropyl als solches vorhanden sein musse ; dainit bliebeii dann nur noch folgende beide Formeln fur die Camphoronsaure iibrig, die diesen Anschauungen eiitsprachen :

CH,CH.CH, CH,.CH.CH, I I l l

CH-CH- CH, I

CH,-C---CH, und I l l

COtH CO,H COBH. COsH CO,H CO$I

Demnach ware also die Camphoronsaure als eine durch Isopropyl substituirte Tricarballylsaure aufzufassen. Die erste dieser beiden Formeln war die wahrscheinlichere , indein die- selbe sich von der von mir aufgestellten Kampherformel Is) in folgender Weise ableiteii liess:

C'H, CH,

c I1 \/

I I j , I > I I I CHJ- CHZ 0, VH-Cc-CH,

CH,- C--CO CO,H CO,H CO,H I

CH, + COB f H,O

duch die Entstehung der Kamphersaure nach der V. M e y e r - I: al lo 'schen Anffassung:

CH,-&COOH I /

CH2- C-COOH I

CHg

stand hiermit in bestem Einklange, nicht aber die Bildung der Camphoronsaure aus Kamphersaure uiid Camphansaure.

Hier trat der thutsachliche genetische Zusammenhang dieser Verbindungen zu obigen Formeln in directen Widerspruch, ein Urnstand, der unweigerlich d a m zwang, die obige Betrachtungs-

15) Die entsprechende Kampherformel von K a n o i in ikow enthielt die CO- Gruppe a11 anderer Stelle.

Karnphers und seiner Deriuate. 63

weise fallen zu lassen, obgleich dieselbe von vielen Seiten Zu- stimmuiig fand.

F u r die zweite der vorher aufgefuhrten Camphoronsaure- forrneln entscheidet sich I1 e s s lG) in seiner Arbeit uber diese Saure, nachdem e r durch besondere Versuche festgestellt hatte, dass Hydroxylamin und Jodwasserstoff auf Camphoronsaure nicht einwirlren, dass man also auch keine >CO- oder CH,OH-Gruppe in ihr annehmen durfe.

Zu derselben Formel gelangt auch C 011 i e l"), der sich die Entstehung derselben aus der von ihm aufgestellten Kampher- formel in folgender Weise denkt:

CH, /\

I I

CH, /\

I I 1 CH8.C H CHS-CH2 CHSHC CH-CH,

OC OHCH-CH = OC CH-CH + H,O =

'\/ 1 \/ 1 CH, CH, CH, CH,

Kampher Hypothet. Zwischenproduct

CH,

CH

CH3

CH /\

I I \/\

H,C CH.COOH /\ I I / \/\

H2C CH-CH, + 0 3

H2C C-CO +

H,C C-COOH

CH, CH3 + 0, = ('H3 CH, Kamphersaure

I CH-CH-CH? + CO, $- HZO I I I

COOH COOH COOH Camphoronsaure.

Diese zweite Camphoronsaureformel ist aber deshalb sehr unwahrscheinlich geworden, weil Au w e r s l6) gezeigt hat, wie

16) hang. -Dissert. Leipzig 1892. li) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 25, 1116. ") Ber. d. dcntscli. chem. Ges. Z4, 311.

64 B r edt , Untersuchungen iiber die C'olzstitution des

wenig die von K o b n e r und von v. N e y e n b u r g I 9 ) synthetisch dargestellte a -Isopropyltricarballylsaure, welcher dieselbe Formel zukommt, i n ihren Eigenschaften mit der Camphoronsaure uher- einstimmt.

In eiiier neuereii Arbeit uber Caniphorousaure geben aucli H a c h l e r und S p i t z e r a o ) die Moglichkeit zu , dass dieseibe eine dreibasische Saure sei, wenn sie aucli den Umstand, dass dieselbe in der Kalte mit kohlensauren Alkalien nur zweibasische Salze bilde (eine Annahme, die iibrigens unrichtig ist), als gegen diese Auffassung sprechend bezeichnen.

B o u v e a u l t " ) gelangt in seiner Arbeit uber die Con- stitution des Kamphers zu folgender Ansicht uber die Structur der Oxydationsproducte d i e m Iiorpers. Er geht yon einer neuen Kampherformel aus, in der e r sich die Parabindung in der Kampherformel nicht unmittelbar geschlossen, sondern darch zwei Kohlenstoffatome vermittelt denlrt. Auf diese Weise erhalt e r einen doppelten Hexamethylenring w n folgender Gestalt:

I CH,

H

Von dieser Kampherformel leitet er d a m zwei Formeln fur die Kamphersaure, das erste Oxydationsproduct des Kamphers, ab :

YOOH I

C.0H C.('OOH /\ I I \/

__-- 1..

I l l H,C HC.CH, CH,

\ I /

~ , d CH, co unci H ~ C CH:

H,C CH.CH,

CH.COOH CH

Is) Ber. d. deutscli. chem. Ges. 24, 2899. '") Wiener Mouatsh. 6, 194. ") Bull. Soc. chim. [3] 7, 534 (1892).

Kanzphers u-ncl seiner Derivate. 65

Die erste Formel ist von F r i e d e l aufgestellt; die zweite bevorzugt B o u v e a u l t . Diese beiden Formelii fiihreii daiin zu zwei ihnen entsprecheuden Anschauungen der Camphoronsaure :

I C.CO0H

CH, co und I /

I / '... 1 .' ~ CH,

CH I

CH.0H . /\ -. . H O O C CH,

CH.CII, H O O C ITCCH, CH, .

C O O H

-4uf welche voii diesen beiden Arten der Ring des Iiamplier- saureniolekiils sich spaltet , darhber glaubt B o u v e a u 1 t nicht eher entscheiden zu kijnnen, bevor nicht die Structur der Cam- phoronsaure auf directem Wege festgestellt sei.

G i l l e t S 2 ) ist niit F r i e d e l der Aiisicht, dass die Eigeu- schaften der Kamphersaure nicht mit denen einer zweibasisclien Saure iibereinstimmen. E r stellt dalier eine neue Kampher- formel auf, welche sich auf ein Tetramethyltetrahydrobenzol zuruckfuhren Iasst, uncl den Thatsachen besser entsprecheii soll, wie die bisherigen Formeln.

Voii dieser gelangt er d a m zu einer neuen Kamphersaure- forinel, welclie sich von der von F r i e d e l anfgestellten nur durch die Anordnuiig der Seitenketten unterscheidet , aus der er claiiii die Formel der Camphansaure und der Camphoron- saure in folgender Weise ableitet :

Bull. d. 1'Acad. my. de Belgique I:,] 27, Nr. 1, 113-1YY (1894).

Aonslen der Cheluie 292. Ed. 5

6 6 Br e d t , Ulztersuehungen uber die Colzstitution des

CH, CH, \/

C

CH, GH, \,/'

C

CH,.6 CO \/

C

CH,.H~ co \/

C.OH I

COOH I

CHs Kampher

I I

C - 0

C=O

CH,.HC C=O \/

i/

Kamphersaure I

I COOH

Bromkampher- Canip han sLnr e saureanhydrid /

CH, CH, .\/

(1 /-\

H,C COOH I

H ~ H O O H \

CH, . C 0 OH Camphoronsaure.

G i l l e t betrachtet also den Kampher als eine ungesattigte Verbindung, die Kamphersaure als eine einbasische, zweiatomige Ketonsaure ; das Bromkamphersaureanhydrid als ein a-Lacton, die Camphansaure als eine Ketonsaure mit athylenoxydartiger Sauerstoffbindung ; Annahmen, yon denen keine einzige mit den experimentell begriindeten Thatsachen in Einklang steht.

Vor einiger Zeit ist nun von mir23) zum Theil gemein- schaftlich mit H elle24) die Zersetzung der Camphoronsaure bei ~ _ _ ~

23) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 18, 2990; 26, 3049. ") hang.-Dissert. Bonn 1893.

Kamphers und seiner Derivnte. 67

der Destillation unter gewohnlichem Luftdruck naher untersucht wordeu. Entgegen den Angaben von KachlerZ5) , dass die Cam- phoronsaure unzersetzt destillire, wurde festgestellt, dass dieselbe bei langsainer Destillation sich fast vollstandig zersetzt und zwar in: 1) Trimethylbernsteinsiure, 2) Isobuttersaure, 3) Kohlensaure, 4) Wasser, 5) Kohle, 6) geringe Mengen phoronartiger Substanzen.

Die Entstehung der Trimelhylbernsteinsaure , die, wie bald darauf gezeigt wurde, sich auch unter den Oxydations- producten der Kamphersaure 2 6 ) und des Kamphers 27) befindet, war die Veranlassung? die Camphoronsaure nicht mehr , wie ehedem, als Isopropyltricarballylsaure aufzufassen , sondern als eine Trimethyltricarballylsaure von folgender Structur :

CH,

CH,/ 1 \C-CO,H

CH,-CO,H.

Die ersten Angaben iiber das Verhalten der Camphoron- saure bei der trocknen Destillation riihren von K a c h l e r 28)

her, er sagt dariiber: ,,Sie lasst sich mit Hinterlassung eines unbedeutenden

Riiclrstandes destilliren. Anfangs entweicht das Wasser, spater geht die Saure als ein farbloses, bald erstarrendes Oel iiber."

An anderer Stelle29) heisst es bei K a c h l e r und S p i t z e r : ,,Ohne grosseren Verlust kann man die Anhydrocamphoron-

s h e durch Destillation der Camphoronsaure darstellen u. s. w. Es bleibt eine geringe Menge schwarzer , zaher Masse zuruck. Wir haben versucht, diese Dunkelfarbung, welche von einer partiellen Zersetzung herruhren mag, durch Destillation im Vacuum zu vermeiden, was jedoch durch das heftige Stossen

25) Diese Annalen 159, 288. *6) K i i n i g s , Ber. d. deutsch. chem. Ges. 26, 2337. 87) B r e d t , Ber. d. deutsch. chem. Bes. 21, 2093. ") Uiese Annalen 159, 288. sB] Wiener Xonatsh. 6, 186.

68 B r e d t , Uvttersuchuvtgen iiber die Constitution des

der Flussiglieit, bei welchem oft die ganze Substanz in die Vorlage geschleudert wurde, nicht zum Ziele fuhrte."

Bei einer Wiederholung der K a c h l e r - S p i t z e r ' s c h e n Untersuchung, die ich im Jahre 1885 vornahm, ergab sich d a m Folgendes : Die Anhydrocaniphoronsaurc lasst sich iiiit den geeigneten Hiilfsrnitteln im Vacuum sehr wohl dest,illiren. Sie siedet unter 15 mm Druck bei 216O fast unzersetzt. Unter gewohnlichem Druck siedet sie iiber 3 O O n , gleichzeitig ent- weicht aber Kohlensaure. Wird die Destillation langsam ge- leitet, so zersetzt sich die Camphoronslure vollsttindig. Ueber diese Zersetzung habe ich damals in einer vorlaufigen Mit- theilung 31) Folgendes gesagt : ,,Nach meinen Versuchen ver- fluchtigt sich bei schneller Destillation allerdings ein Theil BnhJ-drocamphoroiisaure unzersetzt, zugleich entweicht aber Kohleiis~~ure in Stromen. Wird die Destillation laiigsam ge- leitet, so betragt die Menge dieser Kohlensaure, auf die an- gewaiidte Siiure berechnet , annahernd ein Molekul. Ini nestillat befindet sich neben Isobuttersaure das Anhydrid einer iieuen Sanre, welche aus Wasser in schonen Krystallen er- halten wurde. Dieselbe hat die Zusamrnensetzung C,EI,20, und zeigt den Schmelzp. 135O u. s. w . ~ '

Es wurde auch die Beobachtung gemacht, dass diese Siiure leicht in ein Anhydrid C7H,,O3 ubergeht, dessen Siedepunlrt bei 2 Y O o liegt. Damals war bereits beliannt, dass bei der Zersetzung der Kamphersaure mit Kalihydrat eine Saure C,B1,O,, die PimelinsLure, entsteht, die gleichzeitig von H j el ts2) uud von R o s er3y) als Isopropylbernsteinsaure erkannt wurde. Es lag daher die Annahme sehr nahe, dass die aus Camphoron- saure eiitstandene Saure ebenfalls Isopropylbernsteinsaure sei. Ein nlherer Vergleich der beiden Sauren ergab jedoch ganz-

Siehe A n s c h u t z und R p i t t e r . Die Destillation unter \-a- minderteiu Druck im Laboratorium. 11. Anfl. Bonn 1895.

"') Ber. d. deutsch. chem. Ges. 18, 2990. 32) Ber. d. deutscli. chem. Ges. 16, 2'621. ?') Iliese Aiiiialon 220, 272.

Kampliers and seiner Deritiate. 69

liche Verschiedenheit und zeigte, dass das Anhydrid der Pimelin- saure aus Kamphersiiure einen um circa 20° hoheren Siede- punkt besass, als das Anhydrid C,H,,O, aus Camphoronsaure. Da andererseits die Pimelinsaure einen um 21O niedrigeren Schmelzpunkt zeigte als die neue Saure aus Camphoronsaure, so zog ich daraus den Schlnss, dass letztere Trimethylbernstein- saure sein mdsse , weil die Kohlenstoffgruppirung im Molekul dieser homologen Bernsteinsaure eine moglichst condensirte ist und bekanntermassen ein engeres Zusammentreten der Kohlenstoffatome bei isomeren Verbindungen den Siedepunkt erniedrigt und den Schmelzpunkt erhoht. In Folge diesw Ueberlegung wurde der Versuch gemacht, die Trimethylbernstein- saure synthetisch darzustellen.

Wie man ohne Schwierigkeit durch Umsetzung des Natrium- malonsaureesters mit Chloressigester ziir Bernsteinsaure , mit Brompropionsaureester zur Brenzweinsaure gelangt war, so sollte in analoger Weise &us Bromisobuttersaureester und Methyl- nialonsaureester Trimethylbernsteinsaure zu gewinnen sein.

Es wurden daher 10 g Methylmalonsaureester mit 11,2 g Bromisobuttersaureester und I ,32 g Natrium in alkoholischer Lbsung bis zur neutralen Reaction gekocht und daraus 6,7 g eines Tricarbonsaureesters erhalten , der unter 15 mm Druck den Siedep. 162O zeigte. Durch Verseifen dieses Esters und darauf folgende Destillation der freien Tricarbonsiiure wurde das Anhydrid der zugehorigen Dicarbonsaure erhalten.

Zu nieinem Erstaunen neigte jedoch dieses Anhydrid nicht den erv, arteten niedrigen Siedepunkt der aus Camphoronsaure dargestellten Verbindung, siedete vielmehr circa 40° hoher, bei 272-275O, auch wurde es vie1 leichter fest. Ebensowenig hatte die aus dem Anhydrid dargestellte Saure, welche den Schmelzp. 104-105O zeigte , die geringste Aehnlichkeit mit dem Spaltungsproducte der Camphoronsaure, so dass damals die Versuche zur Identificirung der vermeintlichen Trimethyl- bernsteinsaure aufgegeben wurden.

Sachdem alsdann im Jahre 1890 die Untersuchungen yon

70 Bred t , Unterszcchzclzgen iiber die Cofistitzction. des

B i s c h o f f 3 3 und von A u w e r s und J a c k s o n 3 5 ) gezeigt hatten, dass die Umseteung von Bromisobuttersaureester mit Natrium- methylmalonsaureester in alkoholischer Losung einen anormalen Verlauf nimmt , indem ein Dimethylglutarsaurederivat gebildet wird3") , habe ich die fruhere Untersuchung in Gemeinschaft mit H e 11 e wieder aufgenommen.

Indem an Stelle von Allrohol X y l 0 1 ~ ~ ) als Verdunnungs- mittel zugesetzt wurde, gelang es unschwer, reichliche Meiigen von Trimethylbernsteinslure zu erhalten, welche sich nunniehr mit dem gleichzusammengesetzten Spaltungsproducte der Campho- ronsaure als vollliommen identisch erwies.

Ware die besagte Complication bei der Synthese der Trimethylbernsteinsaure nicht eingetreten, so wiirde die Con- stitution der Camphoronsaure und damit auch die des Kamphers, der Kamphersaure und anderer Kampherderivate acht Jahre fruher aufgeklart worden sein, als thatsachlich der Fall gewesen ist.

Das Verfahren, dessen wir uns bedient haben, um die Camphoronsaure zu zerlegen , findet sich in der Dissertation von H e 1 1 e 3s) beschrieben. Die dort gemachten Angaben sind jedoch nicht so ausflihrlich, dass auch Andere an Hand der- selben sicher zum gleich guten Resultate komnien niiissten wie wir. Au w er s und 0 s w a1 d s9), die den Versuch wiederholt haben, sagcn daruber :

,,Angaben uber die Ausbeute an Trimethylbernsteinsaure, die man aus Camphoronsaure gunstigenfalls erhklt , haben wir nicht finden konnen. Da jedoch H e l l o diese SLure als das

3') Ber. d. deutsch. chem. Ges. 23, 1464. '*) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 23, 1599. aG) A u w e r s und T h o r p e (diese Annalen 285, 264, 310, 315)

haben diese Umsetzung in alkoholischer Losnng mit grossereii Nengen wiederholt und dabei keiiie resp. nnr spurenweise Trimethylbernsteinsaure nachweisen konnen.

37) Bischof f , Ber. d. deutscli. chem. Ges. 24, 1046. "") A l f r e d H e l l e : Ein Beitrag ziti Constitution der Camphoron-

39) Diese Annalen 285, 300. saure. Bonn 1893.

Irirmphers zcnd seiner Del-ivate. 71

Hauptspaltungsproduct der Camphoronsaure bei der Destillation bezeichnet und K o n i g s gelegentlich ,,die reichliche Aus- beute an Trimethylbernsteinsaure, welche B r e d t bei langsamer Destillation der Camphoronsaure erhielt" , erwiihnt , da endlich B r e d t diese Bildung der Trimethylbernsteinsaure zur Grund- lage einer neuen Kampherformel gernacht hat, mussen B r e d t und H e l l e offenbar gute Ausbeuten erzielt haben. Wir haben uns vergeblich bemuht, zu gleich guten Resultaten zu gelangen. In dem angefuhrten Beispiele wurden aus 20 g Camphoronsaure schliesdich nur wenige Zehntelgramm reiner Trimethyibernstein- saure gewonnen. Andere Versuche, bei denen Kolben mit verschieden hoch angesetzten Abflnssrohren benutzt wurden und die Schnelligkeit der Destillation mehrfach wechselte, ver- liefen nicht gunstiger.ll

Um die Bedingungen genau zu pracisiren, unter denen bei der Destillation der Camphoronsaure gearbeitet werden muss, habe ich in neun getreiinten Operationen nochmals 52,59 g Camphoronsaure verarbeitet, nachdem bereits in '2 5 Operationen 186 g Saure von H e l l e und mir destillirt worden waren. Die Spaltung der Camphoronsaure findet nach folgender Gleichung statt :

CH,-CO,H -1 CarnDhoronsime

0 f S[.(CH&.-CH-CO,H] f H,O + 2COe f C.

Trimethylbernsteinsiiure Isobuttersaure.

Aus der angegebenen Menge von 53,59 g Camphoronsaure wurden erhalten: 30,65 g Rohdestillat und daraus: 12,lO g Tri- methylbernsteinsaureanhydrid, oder 70 pC. der Theorie, und 10,8 g Isobuttersaure oder 50 pC. der Theorie. Die Menge der abgespaltenen Kohlensaure war annahernd die theoretische. Ausserdem gingen noch 5 g eines indifferenten, phoronartig

40) Ber. d. deutseli. ehem. Ges. 26, 2337.

72 Bred t , Untersucluingen iiber die Constitution cles

riechenden Oels bei hoherer Temperatur im Vacuum uber. Eine constant siedende Fraction dieses Oels konnte nicht er- halten werden, daher auch eine Analyse nicht ausgefuhrt wnrde. Wahrend Trimethylbernsteinslureanhydrid ebenso wie die Iso- buttersaure sich ganz unzersetzt destilliren lassen, erleidet das phoronartige Oel bei jedesmaliger Destillation eine starke Zer- setzung nnter Abscheidung von Kohle , anch. zersetzt es sich bereits beim Stehen an der Luft in verschlossenen Gefassen. Bus diesem Grunde wird die Menge der abgeschiedeiien Kohle im Vergleich zu dem aus obiger Formel berechneten Gewicht stets zu hoch gefunden. Die naheren Angaben uber die Zer- setzung der Camphoronsaure bei der Destillation finden sich im experimentellen Theile.

Experimenteller Theil. Die nachfolgende Untersuchung wird den Beweis erbringen : 1) Dass Camphoronsaure eine dreibasische Saure ist ; 2) class sie den Rest der Trimethylbernsteinsaure und

Die Abhandlung zerfiillt in folgende Unterabtheilungon : damit auch den der Isobuttersaure enthllt.

I. Darstellung der Camphoronsaure. 11. Eigenschaften der Camphorousiiure.

a. Schmelzpunkt. b. Basicitat. c. Warmewerth (S tohmann) .

111. Deriyate und Zersetzungsproducte der Camphoronsaure. A. Anhydrocamphoronsaure. B. Anhydrocnmphoronsaurenionochlorid. C. Ester der Camphoronsaure.

a. Methylester. b. Aethylester.

D. Zersetzung der Camphoronsaure bei hoherer Temperatur.

E. Vergleich der synthetischen Trimethylberustein- saure niit der aus Campboronssure gewonnenen.

Kamplaers und seiner Derivate. 73

IV. Schlussbetrachtungen iiber die Constitution der Campho- ronsaure und ihre Eildungsweise aus dem Kampher.

I, Darstellung der Camphoronsaure. Die Gewinnung reiner Camphoronsaure aus Kampher ist

mit yerschiedenen Schwierigkeiten rerltnupft. Die Saure ist in Wasser sehr leicht loslich. Sie scheidet sich aus concen- trirter wassriger Losung in so feinen Nadelchen ab, dass die ganze Masse zu einem flockigen, asbestartigen Magma ttrstarrt; aber diese Abscheidung in fester Form erfolgt nur dann, menn die Saure ziemlich rein is t , anderenfalls bleibt sie lange Zeit olfiirmig. In Aether ist reine Camphoronsaure schwer loslich, so dass es vie1 Zeit und Muhe kostet, eine grossere Menge derselben aus wassriger 1,osnng init Aether auszuschutteln. In anderen gebrauchlichen Losungsmitteln, wie Chloroform und Beuzol, ist die Saure fast unlbslich. Zur Gewinnung reiner Camyhoronsaure sind von verschiedencn Forschern Vorschriften gegeben worden 41).

Die nieisten dieser Vorschriften haben das Gemeinsame, dass sie die Camphoronsiiure in Gestalt ihres neutralen Baryum- salzes in der Hitze abscheiden und dieses Baryumsalz durch Schwefelsaure zersetzen. Die so gewonnene Saure ist aber keineswegs sofort rein, vielmehr stark gelb gefarbt und schwer zum Auskrystallisiren zu briogen. Ich liabe daher friiher 4%)

vorgeschlagen, diese unreine Saure nochmals in ein Salz nnd zwar in das Calciumsalz zu verwa,ndeln, welehes in der Hitze als blendend weisses Pulver ausfallt und nach der Zersetzung mit Oxalsaure zur reinen Camphoronsaure fuhrt. Da zu nach- folgender Untersuchung grossere Mengen von Camphoronsaure (circa 11/2 kg) dargestellt worden sind, so hat sich Gelegen-

41) K a c h l e r , diese Annalen 159, 281 (1871), 191, 147 (1878); R. K i s s l i n g , 1naug.-Dissert. Tubingen (1878); B r e d t , diese Annalen 226, 251 (1884) ; X a c 11 1 e r u. S p i t z e r , Wiener Monatsh. 6, 175 (1886); A r n o l d H e s s , 1naug.-Dissert. Leipzig 1892.

"2) loc. cit.

74 Bre dt , Ufitersuchungefi iiber die Co?wtitution des

heit geboten , die verschiedenen Darstellungsmethoden genauer kennen zu iernen. Diese Kenntniss fiihrte schliesslich zu einem vereinfachten Verfahren , welches sich gut bewahrt hat und grossere Mengen von reiner Camphoronsaure miihelos , wenn auch mit einigem Zeitaufwand, zu gewinnen gestattet.

J e 500 g Kampher wurden mit 2500 g Salpetersaure vom spec. Gew. 1,4 drei bis vier Wochen Tag und Nacht auf dem Wasserbade erhitzt. Zu dieser Operation eignet sich am besten ein grosser vier Liter fassender Rundkolben mit langem Halse und eingeschliffenem Glasstopfen ; an den Hals is t seitlich, schrag nach aufwarts, eine etwa fingerdicke, circa 80 cm lange

Fig. 1.

Glasrohre angeblasen , die als Riickflusskuhler functionirt. Uiese Vorrichtung ist weit zweckmassiger als die friiher ge- brauchlichen Kolben mit eingegypstem oder eingeschliffenem Kiihlrohre. Vorstehende Abbildung zeigt den Apparat, der in dieser Gestalt zuerst von Herrn Dr. S c h w i c k e r a t h im Bonner chemischen Institut ilngewandt wurde.

Beim Erlralten des Kolbeninhalts krystallisirt die in Salpetersaure schwer losliche Kamphersaure zum grossten Theile aus; 1000 g Kampher lieferten ungefahr 500 g rohe Kampher- saure. Die von der Kamphersaure abfiltrirte Salpetersaure

Kurnphers und seiner Derivate. 75

wurde auf dem Wasserbade in flachen Schalen eingedampft, bis die meiste Salpetersaure entfernt war. Zu dem bernstein- farbigen, syrupdicken Ruckstande setzt man noch einige Male etwas Wasser und dampft unter Umruhren wieder ein, bis die Salpetersaure vollig verjagt ist. Den Riickstand lost man in moglichst wenig heissem Wasser und versetzt vorsichtig und allmahlich mit Baryumcarbonat. Nach langerem Stehen scheidet sich dann die, in der Mutterlauge gelost gebliebeue, Kampher- saure in Gestalt eiues sauren Baryumsalzes , welches erst in 50 Theilen siedendem und 120 Theilen kalteni Wasser loslich ist , ab 43), wahrend der camphoronsaure Baryt noch gelbst bleibt. Erwarmt man alsdann das Filtrat auf dem Wasserbade und lasst eine heisse Losung von Barythydrat bis zur Neutrali- sation zufliessen , so scheidet sich das camphoronsaure Baryum als ein schweres, sandiges Pulver ab.

Aus 1000 g Kampher wurden so ungefahr 450 g camphoron- saures Baryum erhalten.

Um aus dem Baryumsalz die Saure in Freiheit zu setzen, wird dasselbe getrocknet und in fein gepulvertem Zustande mit concentrirter Salpetersaure (spec. Gew. l,4) unter hiiufigem Umschiitteln langere Zeit erwarmt. Die lllenge der Salpeter- saure wird so gewahlt, dass die Masse iiach dem Erwarmen einen dunnen Brei bildet. Das durch die Umsetzung ent- standene salpetersaure Baryum ist in concentrirter Salpetersaure unloslich , wahrend die Camphoronsaure in der Warme darin gelost bleibt und beim Erkalten daraus auskrystallisirt. Zur Treiinung von dem salpetersauren Baryt wurde die lauwarme Losung durch gehartete Filter von C a r l S c h l e i c h e r und S c h i i l l i n Duren (R. F. P. Nr. 375) , welche gegen Salpeter- saure vom spec. Gew. 1,4 noch widerstandsfahig sind - von rauchender Salpetersaure werden dagegen die Filter zerstort - auf einem grossen Porzellannntschenfilter nach H i rs ch44) ab-

43) H. E r d m a n n , Anleitung ziir Darstellnng organischer cheniischer Praparate Seite 242 (1894).

“3 H. E r d m a n n , loc. cit. 13.

76 Br edt , Untersuclmngeiz iiber d i e Constitulion tles

gesaugt. Aus delzl Filtrat krystallisirte dann die Camphoron- saure nach einiger Zeit zum Theil aus und wurde mittelst der gleichen Filtervorrichtung von der Mutterlauge befreit. Die zuiuckbleibende f a t e Saure wurde auf dem Wasserbade wieder- holt mit Wasser eingedampft, um die Salpetersaure vollstandig zu entfernen und zum Schluss aus wenig heissem "Wasser um- lirystallisirt. Es wurden so aus 1 lig Kampher otwa 100 g reine aus Wasser krystallisirte Camphoronsaure erhalten. Die in der Bfutterlauge gelost gebliebene Camphoronsaure (circa 125 g) wurde , soweit sie nicht nachtraglich noch anskrystalli- sirte, auf dem Wasserbade zur Vertreibuug der Falpetersaure eingedampft und ails wenig Wasser umkrystal!isirt. Der in der Mutterlauge yerbleibende Rest wwde dann zur nochmaligen Reinigung von Neuem in das Baryiimsalz rerwandelt und ebenso, \lie rorher beschrieben, hehandelt.

11. Eigenschaften der Camyhoronsaure, a. Schrnelxp U'IL ktb Psi'iwm it ngen . In Bet r e ff d e s S ch m elz-

puilktes der Cainphorons&ure weichen die Angaben der ver- schiedenen Forscher \"on einander ab.

K a c h l e r i D ) hat denselben bei seiner ersten lintersuchung uber Camphoronsaure zu 1 1 0 0 resp. 11 so gefunden, sagt aber, dass der Schmelzpuukt der Saure schwer genau anzugeben sei.

K i ~ s l i i i g ~ ~ ) giebt den Schmelzpuukt als bei 137O liegend an.

I C ~ ~ ~ ' ) habe gefunden, dass Cainphoronshure riach dem Trocknen bei I0Oo den Schniclzp. 186-13io zeigt.

I11 einer zw eiten Abhandlung uber Cainphoronsaure ,*) be- merlien K a c h 1 e r und S p i t z e r ubcr dereu Schmelzpunkt Fol- gendes : ,,Der Schmelzpunkt ist riicht genau zu bestinmen ; wird die Saure in ein eiiges dunnwandiges Rohrchen eingefullt und

li) Diese Annalen 159, 288. *:) 1naug.-Dissert. Wiirzborg 187s. 47) Diese Annalen 226, 252. '7 Wiener Xonatsli. 6, l i 6 .

cc l<ari%p1zers tend seiner Derivate. ( 1

dieses allmahlich im Schwefelsaurebade erhitzt , so beginnt die- selbe zwischen 1 35-140O zu schmelzen. Dabei erfolgt theilweise eine Abspaltung yon Wasser und bei einem neuerlichen Er- hitzen der erstarrten Substanz schmilzt diese schou vie1 niedriger. Um also die Wasserabspaltuug moglichst zu ver- meiden, ware bei der Schmelzpunktbestimmung nur kurze Zeit vor den] eigentlichen Schmelzen zu erhitzen. .Wird das , die lufttrockne Camphoronsaure enthaltende Itbhrchen in eine bereits auf 140" erhitzte Schwefelsaure gebracht, so bleibt. die Substanz im Rohrchen zunachst unverandert und kommt erst nach weiterem Erhitzen uber 150O etwa bei 15So zum Schmelzen. Wenn die lufttrockne Substanz dagegen ltingere Zeit auf 100-lfOO erhitzt iyird, so verwandelt sie sich nahezu vollstandig in die Verbindung C,H1,O,, welche constant bei 135-136O schmilzt."

Aehnliches giebt R e yher") uber das Schnielzen der Camphoronsaure an. Er fand, dass bei raschem Erhitzen, wenn das Schmelzrohrchen erst bei 12O0 etwa in das Oelbad getaucht wurde, die Saure bei 147O unter Wasserabspaltung zu schmelzen anfing, bei 151O war Elide des Schmelzens unter -4uftreiben. Erwlrmte e r dagegen ganz langsam bei kleiner Flamme, so mar der Beginn des Schmelzens bei 1380, deut- liches Schmelzen von 1 3 9 - l 4 l o , bei 14I1/,O Elide des Schmelzens unter Auftreiben.

Neuerdings hat J o h . W i s l i c e n u s , unter dessen Leitung auch vorerwahnte Dissertation ausgearbeitet worden ist , Bei- trage zur Geschichte der Camphoronsaure von A. H e s s veroffentlicht , worin uber den Schmelzpunkt Folgendes mit- getheilt wird : ,,Reine Camphoronsaure CgH,40G schmilzt beim Erhitzen, menn man die Temperatur oberhalb looo nur langsam, das heisst pro Minute um etwa einen Grad steigen llsst, bei 136--137O, indeni sie schon vorher unter Wasser- wrlust , wenigstens grijsstentheils , i n die Anhydrocamphoron- ~-

49) 1naug.-Dissert. Seite 41. ") Ber. d. dentsch. chew Ges. 28, 2687.

78

saure , C,H,,O, , ubergegangen ist. Taucht man dagegen eine mit der frischen Saure beschickte Schmelzpunktscapillare in ein auf jene Temperatur erwarmtes Bad, so vergeht ziemlich lange Zeit, ehe das Schmelzen beginnt. Bei sehr schnellem Erhitzen der Badflussigkeit tritt das Schmelzen stets zwischen 148-1 50° ein. Letzterer durfte der wirkliche Schmelzpunkt der unveranderten dreibasischen Camphoronsaure Bein.''

Aus den angefuhrten Daten verschiedener Beobachter er- hellt, dass das hohere oder niedere Schmelzen der Camphoron- saure von schnellem oder langsameni Erhitzen des Bades ab- hgngt. I n Folge dessen wird Derjenige, welcher peinlich ver- fiihrt und das Bad langsam erhitzt, einen niedrigeren Schmelz- punkt finden, als Derjenige , welcher die Temperatur rasch steigeii liisst. Ausserdem liangt iiach meinen Beobachtungen das Schmelzen wesentlich von der VVeite des Schmelzrohrchens und der Masse der darin befindlichen Substanz ab, derart, dass bei engen Rohrchen ein fruheres Schmelzen eintritt als bei weiteren.

Wir werden bei der nachfolgenden Besprechung der Tri- methylbernsteinsaure erfahren , dass dieselbe bei der Schmelz- punktsbestimmung genau die gleichen Erscheinungen darbietet, so dass fast jeder Beobachter einen anderen Schmelzpunkt ge- funden hat. Es zeigt dies, dass die Trimethylbernsteinsiiure, welche als Spaltungsproduct der Camphoronsaure einen Theil des Camphoronsauremolekiils bildet, auch zum Theil noch deren Eigenschaften besitzt. Urn einen einigermassen sicheren An- haltspunkt bei der Schmelzpunktsbestimmung der Camphoron- saure zu haben, wurde folgendes Verfahren eingeschlagen. Wie bereits bemerkt, schmilzt Camphoronsiiure , weiin das Bad langsam erhitzt wird, bei der gleichen Temperatur wie Anhydro- camphoronsaure.

F u r ganz reine Anhydrocamphoronsaure, deren Darstellung im Nachfolgenden beschrieben wird, habe ich den Schmelz- punkt 139O gefunden.

Es wurden nun zwei enge, moglichst gleich weite Schmelz- punktrohrchen , von denen das eine Anhydrocamphoronsaure,

Br edt , UnterszcchzcngeA iiber die Constiktiow des

Kurnphers wnd seiner Derivute. 79

das andere Camphoronsaure enthielt, an demselben Thermometer befestigt und in ein auf 139O erhitztes Bad eingetaucht. Nach dern Schmelzen der Anhydrocamphoronsaure wurde die Tem- peratur auf 139O erhalten. Es dauerte dann noch vier Minuten, bis Schmelzen der Camphoronsaure eintrat. Wahrend die An- hydrocamphoronsaure im Rohrchen stehen blieb, wurde die ge- schmolzene Camphoronsaure durch gebildete Wasserdampfe herausgetrieben.

Ein zweiter Versuch zeigte, dass wenn man Camphoron- saure in ein auf 139O erhitztes Bad eintaucht und innerhalb vier Minuten die Temperatur auf 150° steigen lasst, das Schmelzen bei 150-151O eintritt.

b. Basicitat der Camphorofisawe. Ueber die Basicitat der Camphoronsaure hat sich ein wissenschaftlicher Streit ent- wickelt der mit der Meinungsverschiedenheit bedeutender Forscher iiber die Basicitat der Kamphersaure grosse Aehnlich- keit hat und in letzter Linie unzweifelhaft auf ahnliche con- stitutionelle Ursachen zuriickzufiihren ist , die auf der ver- wandtschaftlichen Beziehung beider Sauren beruhen. In der geschichtlichen Einleitung wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Camphoronsaure von den nieisten Autoreii , welche sich mit ihrer Untersuchung beschaftigt haben, so von K a c h l e r , K a c h l e r und S p i t z e r , K i s s l i n g , R e y h e r , zu denen noch N e u g e b a u e r 5 1 ) , H j e l t und O s t w a l d hinzukommen, als zweibasische Saure angesprochen worden ist. Meine Unter- suchungen uber die Salze und Ester der Camphoronsaure haben aber gezeigt, dass drei Carboxyle im Molekul vorhanden sind5"). Diesbezuglich aussern sich K a c h l e r und S p i t z e r in einer spateren A b h a n d l ~ n g ~ ~ ) : , ,Am dem Umstand, dass die Campho- ronsaure dreibasische Salze liefert, dass die Verbindung : C,H,,O, (Anhydrocaniphoronsaure) noch saure Eigenschaften besitzt, ferner aus der Existenz des dreibasischen Aethylathers wiirde ~ --

51) Inaug. - Dissert. Wiirzburg 1883. 52) Diese Annalen 226, 249-261. 53) Wiener Monatsh. 6, 194.

80 Breclt , URtersuchungen, iiber die Constitution, des

der Schluss gezogen werden kijnnen , die Camphoronsaure sei, wie Br e d t dies bereits annimmt , eine dreibasische Saure. hlleiii dies scheint uns noch nicht ausser Frage gestellt. Eine Losung von Camphoronsaure liefert mit Carbonaten in der Kglte blos zweibasische Salze, dementsprechend und nach dem allgemeinen Verhalten ist es ansser Zweifel, dass in derselben zwei Carboxyle vorhanden siud."

Diesc Angabe , dass die Camphoronsiinre 'mit Carbonaten in der Kalte iiur zweibasische Salze liefere, hat sich jedoch nicht bestatigt. Wird namlich die Caniphoronslure rnit der berechneten Menge von reinem getrockneten kohlensauren Kali in der Kalte versetzt, so wird alles E,CO, uuter Bildung you neutraleni Salz verbrancht ; die Lijsung erzeugt rnit Chlor- baryum keineii Niederschlag von lrohlensaureni Baryt. Um den Eeweis zu vervollstandigen , dass rieutrales Kalisalz entstanden war, wurde durch eiutagiges Erliitzen der getrockneten Ver- binduug mit Jodathyl im geschlossenen Rohre auf 150° der neutrale Ester dargestellt, der bei 301--302° siedete und sich mit dem spater zu besclireibenden Triatliylester der Campltoron- sanre identisch envies (siehe daselbst).

Ein anderer Grund , welcher Veranlassniig geboten hat, die Camphoronsaure als zweibasische Siiure aiizusehen , lag in ihrein Verhalten beiin Titriren.

W. O s t w a l d 3 4 ) uncl R. R e y h e r S 5 ) geben a n , dass sich Camphoronsaure absolut nicht scharf titriren lasse ; 0 s t w a l d sagt dariiber :

,,I)urch weitere Oxydation eiitsteht aus der Kamphersaure die Camphoroiisaure , C9H1406. Sie wird gewiihnlich als eine dreibasischc Saure aufgefasst, docli ist dies8 Annahme bestimnit falsch. Beiin Versuche deu Gehalt eincr Liisung der SBuro mit Baryt uiid Phenoltale'in zu titriren, ergab sich, dass kein scharfer Uebergang eintrat, woraus sclioii init Sicherhoit hervor- geht, dass es sich u m keine Saure mit drei Carboxylen handeln

-") Zeitschr. f. pliys. Cliein. 3, 403. '-') 1iiaug.- Uissert. Leipzig 1891.

Kamphers und seher Derrivate. 81

kann, da diese ausnahmslos sich gut titriren lassen. Es ist somit wenigstens eines der beiden neu eingetretenen Sauerstoff- atome als phenolisches Hydroxyl vorhanden. Das zweite ist moglicherweise als Carbonylsauerstoff zugegen, was durch Ein- wirkung von Hydroxylamin leicht festgestellt werden kijnnte" 56).

R. R e y h e r gelangt aus don von ihm gefundenen Zahlen- werthen beim Titriren mit 'Ilo n -Kalilsuge unter Anwendung von Phenolphtale'in als Indicator zu derselben Schlussfolgerung wie Os twa ld , indem er sagt: ,,Die SLure liess sich absolut nicht scharf titrireu, der Uebergang war ein ganz allmahlicher.cL Bis der erste schwach rosa Schimmer zu constatiren war, wurde verbraucht :

Normal- Natronlauge Berechnet fiir Verbraucht Gefunden in pC. SLure

C,H,,O, + 3NaOH der berechneten Menge 0,2536 g 34,9 ccm 32,25 ccm 98,4 pc. 0,2742 g 37,75 ccm 34,72 ccm 91,9 pc.

Guiistigere Resultate erhielt A. Hess5'), welcher in Folge dessen meiner Anschauungsweise von der Basicitat. der Campho- ronsaure zustimmt, indem er sagt : ,,Versuche, durch Titration die Basicitat der Camphoronsaure festzustellen , fuhrten zu be- friedigenden Resultaten. Als Titrationsflussigkeit diente ni t - Natronlauge und - Salzsaure (Indicator : Phenolphtale'in) ; die Entfarbung ging zwar etwas trage vor sich, aber dennoch zeigte sich ein deutlich wahrnehmbarer E'arbeneintritt. Die Titrationen ergaben folgende Zahlen :

Normal -Natronlauge Berechnet fiir Verbraucht Gefunden in pC. Siiiire

C,H,,O, f 3NaOH der bereclineten Menge 0,6588 g 9,06 ccm 834 ccni 97,5 pc. 0,4926 g 6,78 ccm 6,68 ccm 98,5 pc. 0,7156 g 9,85 CCIn 9,63 ccm 97,7 pc. 0,6595 g 9,07 ccm 8,84 ccm 97,4 pc.

6G) H e s s (loc. cit.) hat dagegen gezeigt, dass die Camphoronsaure weder ein phenolisches noch alkoholisches Hydroxyl enthLlt uiid dass Hydroxylamin ohne Einwirkung darauf ist.

b7) loc. cit. Annalen der Chemie 292. Bd. 6

52 Bredt , Unterszlcliungen iiber die Constitution des

,,Aus der Uebereinstimmnng vorliegcnder Zahlen lrann man den Schluss ziehen, dass die Camphoronsaure eine drei- basische Saure ist. Versuche mit andercn Indicatoren, wie 1,ackmus , Methylorange, Paranitrophenol und Alizarin, waren resultatlos."

Um woniijglich die Ursache dieser von einander ab- weichenden Angaben kennen zu lernen , wurde die Titration der Camphoronsaure unter verschiedenen Bedingungon wieder- holt. Dabci hat sich gezeigt, dass die Saure in alkoholisclier Lijsung mit alkoholisclier Natronlauge auf 100 pC. als drei- basische Sgure titrirt werden knnn und dass hier Phenolphtaleln und Lackmus als Indicatoren gleicli brauchbar sind. In massriger Losung dagegen spielt die Temperatur cine sehr be- merkenswerthe Rolle bei der Titration der Camphoronsiiure und zwar derar t , dass hei - 2 O 100 pC. Alkali verbrauclit werden , bei 1 @ O 0 dagegen nur 'i0,Z pC. und bei mittleren Temperaturen auch zwischenliegendc Allialimengen. Nach- folgende Zahlen wurdcii bei uiiseren Bestimmungen gefunden.

I. Alkoholische Liisung.

0 ,63 i5 g Camphoronsaure wurden in absolutem AlBohol zu 100 ccm geliist. J e 10 ccm dieser Losung wurden mit nlkoholisclicr n -Natronlauge bei 19O titrirt. Hoheres Er- wtirmen dor Losung ist iTegen moglicher Esterification nicht angiingip. Die Titration murde von Herrn J a g e l l r i aus- gef uhrt .

Xatronlauge Gefunden in pC.

der bereclineten Menge Rcrechllet fur Verhranclit Jridicator

C,H,,06 f 3KaOH 8.7 ccm 8,7 rcm Plienolplitalein loo p". 8,7 ccm 8,8 ccm Ph~nolphtaleiii 100 pC'. 8 , i ccm 8, i ccm l'hcnolplitalein loo pc. 8,7 ccm 8,7 ccm Lackmiis 100 pc. 8,7 ccin 8,7 ccni Lackmiis 100 pc.

83

II. Wussrige Liisung.

0,3061 g Camphoronsaure in Wasser55) zu 100 ccm ge- lost; j e 10 ccm dieser Losung mit circa 40 ccm Wasser ver- diiunt und mittelst n -Natronlauge und Phenolphtalein titrirt.

Natronlauge Gefiinden in pC.

der berechneten Menge Temperatnr zerechnet l o ccm Verbrancht

CQH,,O, f 3NaOH - 20 4,2 ccni 425 4,20 4,20 ccm 100 pC. + 19O 4,2 ccm 4,OO 4,OO 4,OO ccm 95,2 pC. + 500 4,2 ccm 3,3O 3,40 3,40 cem 80,9 pC. + loo" 4 2 ccm 2,YO 2,95 235 ccni 70,2 pC.

Woher ruhrt nun dieses auffalleiide Verhalten der Campho- ronsaure beim Titriren in wassriger Losung? Zunlchst ddrfte jeder Chemilier zu der Annahme geneigt sein, die Camphoron- saure verlore beim Erhitzeii Kohlensgure und damit auch die Bufnahniefahigkeit fur Alkali. Dies ist aber keineswegs der Fall, denn wenn man die bei 100° farbig gewordene Losung erkalteii lasst, so wird sie farblos, und wenn man die bei - 2 O schwach rosa gefkrbte Losung erwarnit, so wird sie dunkelroth, um sich beiin Erlialten wieder zu entfarben. Dieser Farben- wechsel durch Aeiiderung der Teimperatur lasst sich beliebig oft herbeifuhren. Es muss hier also ein nmkehrbarer Process vor sich gehen und dieser beruht wahrscheinlich auf einer hydro- lytischen Spaltung des Neutralsalzes bei hoherer Temperatur.

Uebrigens zeigen auch andere mehrbasische Sauren die vorher beschriebene Erscheinung , wenii auch nicht in dem gleichen Maasse wie Camphoronsaure. Es wurden noch ge- prdft : Kamphersaure, Tricarballylsaure und Trimethplbernstein- saure. Allo drei Sauren liesseii sich bei 1 9 O uiid 500 auf 1 0 0 pC, titriren; bei loo0 verbrauchte dagegen:

") Der Einfluss der Nenge des eugeseteten Wassers, das heisst der stkrkereii oder schwiicheren Verdiinnuiig , melcher ebenfalls in Betracht zii ziehen ist, sol1 noch besonders festgestellt iverden.

6*

84 B r edt , Untersuclmrhgelz iiber die Comtitutio9a des

Kamphersaure : 94,44 pC. Tricarballylsaure : 91,76 pC. Trimethylbernsteinsaure bg) : 82,66 pC.

des berechneten Alkalis bis zum Eintritt der Rosafarbung des Phenolphtaleins.

Dass der friihere Eintritt des Farbenunischlags bei er- hiihter Temperatur resp. die Dunkelfarbung beim Erwarnien einer bei niederer Temperatur schwach rosa gefarbten Losung in der Natur der vorbezeichneten mehrbasischen Saure be- grundet ist und nicht von der Katronlauge oder dein Phenol- phtalein als solcliem herruhrt , wurde anf folgende Weise fest- gestellt.

Phenolphtalein niit einem Tropfen derselben Natronlauge in wassriger Losung rosa gefarbt, verliert beim Erwarmen die Farbe, uni sic beim Erkalten wieder aneunehmen. Auch Schwefel- saure und Essigsaure wurden mit Phenolphtalein und derselben Natronlauge in wassriger Losung bei gewohnlicher Temperatur auf schwach rosa titrirt. Beim Erwarmen verschwand die Farbe und kehrte beim Abkuhlen zuruck.

Hier tritt also genan der umgekehrte Vorgsng ein, als wir ihn hei den vorerwahnten mehrbasischen organischen Sauren beohachtet hatten.

e. VVurmewerth der Camphoronsiiure. Dass die Camphoron- saure eine wahre dreibasische Saure ist, welche zur Tricarb- allylsaure in der directen Beziehung der Honiologie steht, zeigt auch die Bestimmung ihres Warmewerthes. Herr Prof. S t o h - m a n n in Leipzig llatte die grosse Gute, mir daruber Folgen- des mitzutheilen :

,,Der berechnete Werth einer Triniethyltricrrrballylsaure ist 986,l Cal., namlich:

Tricarballylsiiure 516,3 Cal. 3CH, -= 3 x 156,6 469,s Cal.

986.1 Gal.

") Es muss Vorsorge getroffen werden, dass sich ron dieser Sbnre niclits mit Wasserdiimpfen verfliichtigt.

Kanzphers und seimr Derivate. 85

Die Zahl ist durch den Versuch vollauf bestatigt worden. Der Warmewerth der bei 139O schmelzenden Camphoron- saure is t : 987,l Cal.

Die zweite Probe von 138O Schmelzpunkt ist wohl nicht ganz so rein wie die erstere, ihr Warmewerth ist: 982,5 Gal."

111. Derivate und Zersetzuiigsproducte der Camphoronsiure, ; von J. Bredt, E. Arrztz und A. Helle.

Die von dem Einen von uns aufgestellte Constitutionsformel der Camphoronsaure Iasst die Existenz von drei durch ihre Structur verschiedenen Snhydrocamphoronsauren voraussehen voii folgender Zusammensetzung :

I. 11. 111. (CH )"-C COOH

CHa-C-C0 3 - 1 - \ ICHS)p-C-CO (CH&-C-CO

I I

CH3-C-C0,H >O I \O

CH,-C-CO/ I '\O.

/ CH,-CO' CH, - CO I CH,-CO,H

Diesen drei Halbanhydriden der Carnphoronsaure wiirden d a m drei Ganzanhydride yon der allgemeinen Formel :

entsprechen.

monoalkylester von der allgemeinen Formulirung : Ebenso sollten drei Anhydrochloride uiid drei Anhydro-

Ferner ist anzunehmen, dass diese Anhydroester bei vor- sichtiger Behandlung mit Wasser in die entsprechenden sauren Ester :

' O ) Der Schmelzpunkt wiirde im Anschi i te -Schul tz ' schen Apparate dnrch sehr langsames Erwarmen des Bades bestimmt. (Vergl. die vorhergehenden Angaben iiber Schmelxpunktbestimmiiiig der Cam- phoronsiure.)