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J’N’C News – Brancheninformationen, 22. Jahrgang, Ausgabe 01-2014, Dienstag, 14. Januar 2014 1/2014 NEWS 1/14 MITTEILUNGEN MARKEN MACHER MODE MEINUNGEN NEWS MODE INTO THE WOODS DIE KEY-LOOKS DER A/W-KOLLEKTIONEN 14/15 FOTOGRAFIERT VON JOHN BRÖMSTRUP. S. 18 MACHER „ICH BIN EIN LEDERMANN“ AUF ZU INNEREN UFERN Camel Active macht funk- tionale Kleidung, die in alle Schubladen passt. S. 10 AUF FESTEN SOHLEN Alle lieben ihre Cowboy- stiefel: Antoine und Julien Agulhon von La Botte Gardiane im Portrait. S. 42 „ES BLEIBT IN DER FAMILIE“ Manuele und Cristiano Musso leiten das Jackenlabel Bomboogie. S. 44 DER FALL PRATO Ruiniert Italien gerade sein Image? S. 48 SCHLAUE KLEIDUNG Knowledge Cotton macht nicht nur schlicht-schöne Herrenmode, sondern leistet auch Erziehungsarbeit. S. 14 ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT Merz b. Schwanen fertigt hochwertige Shirts auf histo- rischen Maschinen. S. 32 MANHATTAN BAG STORY Die Taschen von Manhattan Portage waren die ersten Messenger Bags. S. 12 EDWINS GIRL Die Edwin-Frau blickt dem Käufer als Freigeist entge- gen. S. 10 MACHER „DER ANFANG WAR EIN ALBTRAUM“ S. 34 Alberto Candiani ist 31 und gilt bereits als führender Denim-Experte. Wie hat er das gemacht? S. 38 Andrea Brà ist der Kopf der Marke HTC – Hollywood Trading Company in Verona. Wir haben ihn besucht. MACHER PAUL HARVEY & ALESSANDRO PUNGETTI, FGF INDUSTRY „GEHT AUF DIE BARRIKADEN, KÄMPFT FÜR EURE IDEEN!“ Warum sie mit Vintage-Kleidung nichts anfangen können, was in der Mode falsch läuft und warum ohne Konfrontation kein gutes Design entstehen kann, verraten die Designer im Interview. S. 26

J'N'C News 1/2014

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Titelinterview: Paul Harvey & Alessandro Pungetti (FGF Industry) Außerdem: Alberto Candiani, Andrea Brà (HTC - Hollywood Trading Company) Knowledge Cotton, Camel Active, Merz b. Schwanen, Manhattan Portage, Edwin uva.

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J’N’C News – Brancheninformationen, 22. Jahrgang, Ausgabe 01-2014, Dienstag, 14. Januar 2014

1/2014

NEWS

1/14

MITTEILUNGENMARKENMACHER

MODEMEINUNGEN

NEWS

MODE

INTO THE WOODSDIE KEY-LOOKS DER A/W-KOLLEKTIONEN 14/15 FOTOGRAFIERT VON JOHN BRÖMSTRUP.

S. 18

MACHER

„ICH BIN EIN LEDERMANN“

AUF ZU INNEREN UFERNCamel Active macht funk­tionale Kleidung, die in alle Schubladen passt. S. 10

AUF FESTEN SOHLEN Alle lieben ihre Cowboy­stiefel: Antoine und Julien Agulhon von La Botte Gardiane im Portrait. S. 42

„ES BLEIBT IN DER FAMILIE“Manuele und Cristiano Musso leiten das Jacken label Bomboogie.S. 44

DER FALL PRATORuiniert Italien gerade sein Image?S. 48

SCHLAUE KLEIDUNG Knowledge Cotton macht nicht nur schlicht­schöne Herrenmode, sondern leistet auch Erziehungsarbeit.S. 14

ZURÜCK IN DIE ZUKUNFTMerz b. Schwanen fertigt hochwertige Shirts auf histo­rischen Maschinen.S. 32

MANHATTAN BAG STORY Die Taschen von Manhattan Portage waren die ersten Messenger Bags.S. 12

EDWINS GIRLDie Edwin­Frau blickt dem Käufer als Freigeist entge­gen. S. 10

MACHER

„DER ANFANG WAR EIN ALBTRAUM“S. 34

Alberto Candiani ist 31 und gilt bereits als führender Denim­Experte. Wie hat er das gemacht?

S. 38

Andrea Brà ist der Kopf der Marke HTC – Hollywood Trading Company in Verona. Wir haben ihn besucht.

MACHERPAUL HARVEY & ALESSANDRO PUNGETTI,

FGF INDUSTRY

„GEHT AUF DIE

BARRIKADEN, KÄMPFT

FÜR EURE IDEEN!“

Warum sie mit Vintage-Kleidung nichts anfangen können, was in der Mode falsch läuft

und warum ohne Konfrontation kein gutes Design entstehen kann, verraten die Designer im Interview.

S. 26

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NEWS

EDITORIAL

Dass das ‚Freilichtmuseum‘ Bella Italia mit seinen altrömischen Bauten, den Renais­sance­Kunstschätzen und pittoresk verwitter­ten Häuserfassaden auch noch ein ganz ande­res, nämlich ein modern­kühles Gesicht hat, durfte Franziska Klün, stellvertretende Chef­redakteurin der J’N’C News, anlässlich einer ausgiebigen Recherchereise feststellen. Denn ob sie in Bologna, Verona, Mailand oder Turin anlandete – stets ging es stehenden Fußes auf ins nächste Industriegebiet. Dort jedoch erwartete sie glücklicherweise wieder vieles von dem, was sie sich von ihrem Trip verspro­chen hatte: allem voran leidenschaftliche Ge­sprächspartner, die von Familientradition und Qualitätsbewusstsein zu berichten wussten, die aber auch heiklere Themen wie Produkti­onsmethoden und Politik nicht scheuten.Besonders engagiert zeigten sich Paul Harvey und Alessandro Pungetti, die für das Design von gleich drei Sportswear­Kollektionen verantwortlich zeichnen – das von C.P. Com­pany und Blauer USA nämlich sowie das ihrer eigenen Jackenlinie Ten C. Als die jüngst in einer italienischen Produktionsstätte zu Tode gekommenen chinesischen Arbeiter zur Spra­che kamen, ereiferte sich das britisch­italie­nische Gespann so sehr, dass wir beschlos­sen, dem Thema ‚Chinesische Sweatshops in Italien‘ ein Meinungsforum zu widmen. Dieses finden Sie – gespickt mit weiteren Stimmen und Stellungnahmen von Branchengrößen – auf Seite 48. Was Harvey und Pungetti noch auf die Palme bringt, wer ihre großen Vor­bilder sind und wie sie sich die Zukunft ihres Landes vorstellen, lesen Sie im ausführlichen Interview auf Seite 26.Jungunternehmer, die ihr Familienerbe mit großem Elan übernehmen, dieses gleicher­maßen mit Expertise wie mit frischen Ideen weiterführen und dabei auch noch Erfolg haben, sind die Lieblingskinder der Presse. Wer freut sich nicht, derart erbauliche Ge­schichten erzählen zu dürfen?! Dementspre­chend angeregt verlief auch das Gespräch mit dem erst 31­jährigen Alberto Candiani, der sein Business in vierter Generation leitet und schon heute als einer der größten Denim­experten weltweit gilt. Er hat es geschafft, die Produktivität in den letzten zehn Jahren zu verachtfachen – seinem Glauben an die Rele­vanz des Stretchdenims sei Dank.Sie wollen mehr von solch schönen Geschich­ten? Können Sie haben! Schmökern Sie doch einmal in der ersten J’N’C News des neuen Jahres und entdecken Sie, was unser Team für Sie zusammengetragen hat.Allerdings: Wir möchten Sie nicht nur unter­halten – uns interessiert Ihre Meinung zu den eingangs genannten kontroversen Themen. Zögern Sie nicht – teilen Sie sie uns mit! Per E­Mail, telefonisch oder im persönlichen Ge­spräch.

Wir sehen uns in Berlin.

Ilona Marxund das J’N’C News-Team

IMPRESSUM

HERAUSGEBER B+B MEDIA COMPANY GmbHHildebrandtstraße 24 D, 40215 DüsseldorfPostfach 101701, 40008 DüsseldorfTelefon +49 (0)211 8303-0Telefax +49 (0)211 [email protected]

GESCHÄFTSFÜHRERAndré Weijde VERLAGSLEITUNGKathrin Wimber, Rainer SchlatmannCHEFREDAKTIONIlona MarxASSOCIATE PUBLISHER Pierre D’AvetaREDAKTIONCo-Chefredaktion:Franziska Klün (fk)Freie Mitarbeit:Lydia Brakebusch (lb), Bettina Homann (hom), Cheryll Muehlen (cm), Marie-Sophie Müller (mm), Nina Trippel (nt), Magdalena Piotrowski (mp)FOTOGRAFIEA boy called 7 daysisaweekend / Rainer Rudolf-Benoit, John Brömstrup, Katharina PoblotzkiLEKTORAT UND SCHLUSSKORREKTUR Fabian SchamoniLEITER PRODUKTION & VERWALTUNGLeiter Herstellung: Stefan MugrauerANZEIGENPierre D’Aveta, [email protected] +49 (0)211 8303-151ANZEIGEN-DISPOSITIONNikola KösterVERTRIEBB+B Media Company, DüsseldorfPRODUKTIONB+B Media Company GmbHGRAFIKDESIGNMartin Steinigen, chewing the sun GmbH,chewingthesun.comDRUCKKössinger AG, SchierlingERSCHEINUNGSWEISE8 Ausgaben jährlich (inkl. J’N’C Magazine)VERSANDDP AG, PressepostBEZUGSPREISJahresvorzugspreis bei Vorauszahlung 95,00 Euro inkl. Ver-triebsgebühren & MwSt., Ausland (Europa): 110,00 Euro inkl. Tax & Vertriebsgebühren. Anzeigenpreisliste: Nr. 10 vom 01.10.2013

BANKVERBINDUNGBTV-Bank Tirol und Vorarlberg AG BLZ: 720 123 00Konto-Nr. Anzeigen: 772 898 000

DATENSCHUTZHINWEISFalls unter der angegebenen Anschrift eine Zustellung nicht möglich ist, ist die Deutsche Post berechtigt, die richtige Anschrift an den Verlag weiterzugeben. Der Abon-nent kann gegen diese Regelung Widerspruch einlegen. Für unverlangte Manuskripte, Fotos etc. wird keine Haftung über-nommen. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist in jedem Fall Düsseldorf.

ISSN: 2193-8423

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MITTEILUNGEN

Auf eine neuartige Integration digitaler Techniken im Verkauf und Store­Design setzt das niederländische Herren­Denimlabel Chasin’ bei seinem ersten Flagshipstore in Amsterdam. Der Laden in der beliebten „9 Straatjes“­Gegend setzt auf Inspiration und Interaktion und will die Schnelligkeit und Bequemlichkeit von Online­Shopping mit der persönlichen Beratung des stationären Handels verbinden. Der Fokus liegt dabei auf Komplettlooks, die der Kunde im Store via Smartphone oder Tablet ordern und sich bequem nach Hause liefern kann. Wer mehr Infos benötigt, kann sich diese interaktiv auf einer riesigen Flachbildschirmwand zeigen lassen. Umgekehrt ist es auch möglich, auf der redesignten Chasin’­Website online zu

bestellen und die Sachen anschließend im Store abzuholen. Oder mit dem Check & Re­serve­Service online eine Auswahl zu treffen und diese im Store anzuprobieren. Die Store­Eröffnung gilt gleichzeitig als Startschuss für die internationale Expansion des Labels, das der Inhaber der Jeans­Kette Score, Jan Peters, 1992 gründete und zu einer der erfolgreichsten Herren­Denimmarken in den Niederlanden machte. Derzeit verfügt Chasin’ über 35 Monobrand­Stores und 120 Verkaufspunkte in den Benelux­Ländern. An­visiert sind Shop­in­Shop­Systeme auf dem deutschen Markt. /mp

www.chasin.com

Was passt alles in einen Koffer? Waren es ba­nale Fragen wie diese, die das französische Luxushaus Louis Vuitton mit dem giganti­schen Koffer beantworten wollte, den es Ende November in Moskau zwischen Kreml und Le­nins Mausoleum erst auf­ und dann, ungeöff­net und unbenutzt, wieder abgebaut hat? Denn zwischen Aufbau und Eröffnung funkten Proteste, deren Hintergründe man auch in Deutschland gut kennt. Auch in Berlin erhitzte das Zelt der Fashion Week mehrmals die Ge­müter, als es über sechs Saisons auf dem Be­belplatz aufgebaut wurde und das Mahnmal der Bücherverbrennung zeitweise komplett verdeckte. Wie viel Kommerz darf an histori­schen Orten wie diesen sein? Ist Mode Kom­merz? Oder Kulturgut? Alles Streitfragen, die nicht nur in Berlin, sondern auch in Moskau für Zündstoff sorgen. Wir haben einen be­fragt, der sich schon in den 80er­Jahren an ei­nem sehr historischen Ort installiert hat: Raf­faello Napoleone ist Chef der Pitti Immagine in Florenz, und die findet in der Festungsan­lage Fortezza da Basso aus dem 16. Jahrhun­dert statt.

Herr Napoleone, wie sieht das ein Italie-ner: Sollen sich die Leute entspannen?

Oder ist Louis Vuitton in Moskau tatsäch-lich zu weit gegangen?Der Koffer und die Frage, ob sie dieses Mal zu weit gegangen sind, interessieren mich ehr­lich gesagt nicht. Die Reaktionen sind zum ei­nen verständlich – und zum anderen auch nicht. Fakt ist doch, eine Umgebung kann ei­nem Event eine einzigartige Identität verlei­hen. Sie kann eine ganz neue Stimmung er­zeugen. Das ist bei Modemessen so, bei Ausstellungen, bei Konzerten. Zwischen Kreml und Lenins Mausoleum haben schon einige Events stattgefunden. Wer hat das zu­vor entschieden? Und warum waren diese Events richtig? Wer entscheidet, was an ei­nem Ort wie diesem in Ordnung ist – und was falsch?

Manche sagen, Kultur an historischen Or-ten sei okay, Kommerz nicht.Das sollte auf politischer Ebene entschieden werden: Was will man unterstützen und was nicht. Wenn etwas gut gemacht ist, wird es die Zukunft oder das Ansehen eines Platzes nicht beeinflussen. Aber man braucht die richtige Balance, das richtige Fingerspitzen­gefühl, die richtige Sensibilität – und die fehlt offenbar oft. Man kann ja auch kein Rock­

konzert auf einem Friedhof organisieren. Wie so oft im Leben geht es auch hier um die rich­tigen Manieren.

Wurde die Pitti jemals für ihren Standort kritisiert?Nein, nie. Die Messe blickt auf eine lange Ge­schichte zurück, die eng mit Florenz ver­knüpft ist: Sie ist hier im Palazzo Pitti 1951 ent­standen, ist im Grunde also selbst schon historisch. Auch wenn die Messe im Fortezza da Basso beheimatet ist, spürt man sie in der ganzen Stadt. Das schafft eine gute Balance zwischen allen Beteiligten. Grundsätzlich denke ich: Wenn die Qualität des Events gut ist und man sich an einem Ort nicht deshalb installiert, weil man dort die größtmögliche Aufmerksamkeit erzielt, dann kann die Stadt davon profitieren. Aber wie gesagt: Nur wenn die Manieren stimmen. / Fragen: fk

Fil Noir

GUT EINGEFÄDELT

Zugegeben, Fil Noir (franz. „schwarzer Fa­den“) als Brandname für eine italienische Hemdenmarke klingt etwas konstruiert. Da­bei liegt die Namensgebung in der 125­jähri­gen Unternehmenshistorie der toskanischen Familie Manzini begründet. Als Anfang des letzten Jahrhunderts ein Erdbeben die bei­den einzigen italienischen Nähgarnfabriken zerstörte, improvisierten die Manzinis und vernähten das letzte vorrätige Garn in Form von schwarzen Kontrastnähten auf blütenwei­ßen Oberhemden. Diese fanden besonders bei den französischen Kunden reißenden Absatz, weil sie hervorragend zum dunklen Geschäftsanzug passten. Et voilà: Das war die Geburtsstunde von Fil Noir und der An­fang einer Erfolgsgeschichte, die bis heute weitererzählt wird. Vor einem Jahr übernahm die swiss hest GmbH aus Radolfzell die Li­zenz für die Premium­Oberhemden und setzt seitdem auf die gleichen Werte wie damals: edelste italienische Stoffe und handwerkliche Fertigung. Alle Hemden sind gewaschen und eindeutig zu identifizieren: Jedes Fil Noir­Vintage­Produkt trägt an der linken Seiten­naht die diskrete Fil Noir­Naht als Hommage an die innovationsfreudigen Manzini­Brüder. /mp

Bread & Butter: Firedept. Stand FD 10 in der L.O.C.K.-Halle

NEUES VON

DEN MESSENIn Tempelhof heißt es vom 14.bis 16 Januar 2014 Abschied nehmen – vom alten Messekonzept. Diesen Winter findet die Bread & Butter das letzte Mal als Veranstaltung statt, die sich ausschließlich dem Fachpublikum öffnet. Ab kommen­den Sommer ist dann alles anders und die Messe, die lange als die größte Veranstaltung für Street­ & Urbanwear galt, soll zur „Global Hub of Modern Lifestyle“ avancie­ren, verlängert um zwei Publikums­tage (siehe dazu auch Seite 50). Die­sen Winter ist aber noch ein letztes Mal alles wie immer, das Motto für den Januar: „Ich bin ein Berliner“. www.breadandbutter.com

Sich ebenfalls dem breiten Publi­kum öffnen wird sich ab kommen­den Sommer die Panorama Berlin. Bei der dritten Veranstaltung der noch jungen Messe werden vom 14. bis 16. Januar wieder die Pforten des Berlin ExpoCenters Airport nahe dem Flughafen Schönefeld geöffnet. In Halle D wird erstmals „The Mall“ beheimatet sein: Aus­schließlich Franchise­Konzepte und Concessions­Modelle werden hier präsentiert. Außerdem neu: L’Hôtel. Eine von der Messe als Lobby eines Grand Hotels inszenierte Plattform für Marken und Produkte. www.panorama­berlin.com

Auch die Premium findet vom 14. bis 16. Januar wieder auf dem Ge­lände der Station Berlin nahe dem Gleisdreieck statt. Die Dissonance Area für internationale Avantgarde­Kollektionen wird dieses Mal durch die Berliner Entwürfe des Collect Showrooms erweitert und ist, ge­nauso wie das Showroom­Konzept The Essence of Premium, im Vor­derhaus zu finden. Auch konzent­riert sich die Messe weiterhin auf den Ausbau ihres im vergangenen Juli eingeführten Match­Making­Konzepts: Einkäufer und Brands werden bereits bei der Registrie­rung gezielt vernetzt. Mehr Infos unter:www.premiumexhibitions.com

Eine gute Ergänzung zu den klassi­schen Herrenkollektionen der Pre­mium bietet die Messe Seek: Diese hat sich mit ihren unprätentiösen zeitgenössischen Ausstellern zur „progressivsten Messe Berlins“ er­nannt, 90 Prozent der Kollektionen sind für die Herren bestimmt. Die auch auf dem Gelände der Premium beheimatete Messe feiert übrigens auch ihr fünfjähriges Jubiläum.www.seekexhibitions.com

Um Verwirrungen zu vermeiden: Bei den Messen Green Showroom (14.­16.1.) und der Bright Berlin (15.­17.1) stehen Locationwechsel an. Der Green Showroom ist von nun an im Kronprinzenpalais, Unter den Linden 3, zu finden, die Bright in der Brunnenstraße 19­21.www.green­showroom.netwww.brighttradeshow.com

Auch wieder im Januar in Berlin dabei sind die Show & Order (14.­16.1.) und die Capsule (14.­15.1.). Die Show & Order zeigt High­Fashion­Labels wie immer im Kreuzberger Kraftwerk, die Cap­sule vereint im Postbahnhof wieder eine vielseitige Mischung aus dem Mode­ und Lifestyle­Bereich.

www.capsuleshow.comwww.showandorder.de

Chasin’

MODERNE WELTENDas Herren-Denimlabel

eröffnet ersten Store in Amsterdam.

Pitti Immagine

„WIE SO OFT IM LEBEN GEHT ES UM

DIE RICHTIGEN MANIEREN“Louis Vuitton neben Lenin,

High Fashion über dem Mahnmal der Bücherverbren nung, Streetwear vorm Rosinenbomber:

Wann geht die Mode zu weit, Herr Napoleone?

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NEWS

MITTEILUNGEN

Vorschau GDS Düsseldorf

ECHTE HIGHLIGHTS

ZUM ABSCHIEDBevor ab Ende Juli bei der GDS ein frischer Wind weht, zeigt sich Deutschlands wich­tigste internationale Schuh­ und Accessoires­Messe vom 12. bis zum 14. März 2014 ein letztes Mal in gewohnter Form. Vertreten sein werden rund 800 Aussteller aus über 30 Län­dern, um die aktuelle Schuhmode für Herbst/Winter 2014/15 vorzustellen. Zum Abschied des bisherigen Konzepts warten echte High­lights auf die Besucher: So sind beispiels­weise die neue Schuhlinie Lara Hampton von Bruno Bordese vertreten sowie erstmalig die über hundert Jahre alte Manufaktur Rizzolli. Außerdem präsentiert T&F Slack Shoemaker London bunte Brogues, Delle Cose seine neue Taschen­Kollektion und rosa mosa seine handgefertigten Serien für Damen und Her­ren. Wer noch alles bei der GDS dabei sein wird, kann auf der Messe­Homepage nach­gelesen werden. Pünktlich zur GDS erscheint außerdem die nächste Ausgabe der JNC News. /cm

www.gds­online.dewww.jnc­net.de

Peak Performance

DER BERG RUFTWer demnächst die Gipfel der Alpen erklim­men will, der könnte mit der Herbst­2014­Kol­lektion von Peak Performance gut gerüstet sein: Zum ersten Mal präsentiert die schwe­dische Marke eine Kollektion für technische, funktionale Outerwear, die, so der Anspruch der Marke, allen Ski­Aktivitäten gewachsen sein soll. In der neuen „Ski Touring“­Linie wird bei den Ski­Hosen das neu entwickelte Gewebe Vectran verwendet, das zu den be­ständigsten Materialien auf dem Markt zählt. Außerdem in der Kollektion zu finden: ultra­leichte, isolierende Daunenjacken, Schnee­Gamaschen mit Schnallen­Öffnung sowie Rucksack­kompatible Taschen. /cm

www.peakperformance.com

Schwitzke Gruppe

LE CONNAISSEUR LABOURASSE

Kein Zweifel, Jean­Michel Labourasse kennt sich aus. Läuft man mit dem gebürtigen Pa­riser einen Tag lang durch die französische Hauptstadt, fragt man sich immer wieder: Wie macht der das? Zu jeder Kirche kann er eine Geschichte erzählen, von jedem Denkmal weiß er das Baujahr. Und damit ist man noch nicht einmal bei seinem Fachgebiet, der Mar­kenarchitektur, angelangt. Labourasse ist Lei­ter der im Dezember 2012 eröffneten französi­schen Niederlassung der Schwitzke Gruppe. Zuvor war er für das Unternehmen bereits in Düsseldorf für dessen französischen Kunden­stamm zuständig, mit der vermehrten Nach­frage war das frisch eröffnete Büro unweit des Pariser Marais nur eine logische Konsequenz. Labourasse, der bereits für Christian Dior Parfums und die Modemarke Celio tätig war, ist am neuen Standort also nicht nur bestens vernetzt, sondern kennt sich eben auch mit Zahlen und Fakten aus. / fk

www.schwitzke.com

Modlord

„ICH BIN EIN KONSERVATIVER

KLASSIKER.“

Herr Torfilli, vor einem Jahr haben Sie gemeinsam mit Ihrer Frau Tanja Göttler eine Boutique eröffnet. Wie kommt man in diesen für den Einzelhandel eher grauen-haften Zeiten darauf, ein Geschäft für briti-sche Herrenmode zu eröffnen?Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wir waren immer überzeugt, dass wir mit einem solchen Concept Store richtig liegen, denn es gibt nichts Vergleichbares: ein Geschäft für Män­ner, wo man sich beraten lassen kann und eine auf Großbritannien konzentrierte Aus­wahl an Accessoires und Mode findet. Und wir lagen richtig mit unserem Bauchgefühl. Es funktioniert.

Wie lange gab es den Plan?Schon lange. Meine Frau sagte immer: Mach, mach, aber ich hatte Schiss. Ich war festange­stellt, alles lief o. k. für mich. Aber wenn der Stil, den du verkaufst, nicht deinem eigenen entspricht, lügst du dir doch was vor. Ich habe mich dann mit einem Gründungsberater zu­sammengesetzt, und der konnte mir meine Angst Stück für Stück nehmen. Viele haben mir abgeraten, aber man muss an sich glau­ben. Glaube versetzt Berge.

Woher kommt Ihre Liebe zu den Briten?Aus meiner Jugendzeit, ich war Mod, und ich fühle mich der Bewegung noch heute zuge­hörig. Es heißt ja auch: einmal Mod, immer Mod. Ich war schon als Vierjähriger anglo­phil. Mein Vater hat mir schon damals attes­tiert, dass ich im falschen Land geboren bin. Die britische Atmosphäre, Land und Leute, die Höflichkeit – das ist alles einmalig in Eu­ropa! Wenn sich ein Mann in der Londoner U­Bahn zu meiner Tochter hinunterbeugt und sich bei ihr entschuldigt, weil er mit seinem Jutebeutel ihre Schulter berührt hat, findet sie das faszinierend. Und ich auch. Das ist Groß­britannien.

Und Sie wollen ein Stück Großbritannien nach Düsseldorf bringen?Es gibt immer mehr britische Marken, die nur im eigenen Land produzieren. Die möchte ich unterstützen und hier vorstellen. Und so einen Teil dazu beitragen, dass das europäische Handwerk erhalten bleibt. Ich bin nicht unbe­dingt ein Freund der Globalisierung, sondern frage mich, warum wir all das Wissen, das wir hier gesammelt haben, für Profitgier auf­geben.

Der Name Ihres Geschäfts lautet Modlord: Sind Sie Nostalgiker, Herr Torfilli?Meine Frau hat mich einmal als konservativen Klassiker vorgestellt. Ich glaube, das trifft es. / Fragen: fk

modlord.net

Primeboots

ERSTKLASSIGAngefangen hat alles in der kleinen anda­lusischen Stadt Valverde del Calmino, wo bereits seit Generationen Arbeitskleidung für Minenarbeiter hergestellt wird. Ende des 19. Jahrhunderts kam dort erstmals die Good­year­Rahmenkonstruktion für die robuste Verarbeitung von Schuhen zum Einsatz. Die spanische Marke Primeboots hat sich genau diese Technik für ihre handverarbeiteten Schuhe zunutze gemacht: Diese Methode er­laubt es, den Schuh immer wieder neu zu be­sohlen und somit seinen Besitzer Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte lang auf seinem Weg zu begleiten. Die Leder­Innensohle passt sich dem Fuß an. Der Name „Prime“ für „erstklas­sig“ ist also Programm. /cm

www.bootskompaniet.se

PME Legend

DER GESCHMACK DES

ABENTEUERS

Seit knapp 500.000 Exemplare der Aviator­Jeans über die Ladentheke gingen und das Label damit zum derzeitigen Marktführer der Niederlande im Bereich Denim avancierte, schwebt PME Legend regelrecht über den Wolken. Der richtige Zeitpunkt also, sich auf seine Brandphilosophie zu besinnen und zur Herbst/Winter­2014­Saison eine Heritage­Kollektion mit all seinen Flieger­Ikonen, von der B­3 Air Force­Bomberjacke bis hin zur Commander Dry­Jeans, zu präsentieren.

Außerdem debütiert PME Legend auf der kommenden Bread & Butter in der Urban­Base­Halle mit einem knapp 280 Quadratme­ter großen Stand. Dort werden vor Ort die Fliegerjacken aus der Heritage­Kollektion von einem bekannten Nose­Art­Künstler in­dividualisiert und unter den Standbesuchern verlost. /cm

www.pme­legend.com

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In Berlin gibt es ein Café, in dem eine Japane­rin französische Backwaren produziert. Denkt man in gängigen Klischees, trifft japanischer Perfektionismus auf feine französische Re­zepte. Das Resultat: vollendet in Form und Geschmack.In Weil am Rhein gibt es eine Firma, in der eine Französin für eine japanische Jeans­marke Mode entwirft. Führt man hier die vorherrschenden Klischees an, treffen fran­zösische Weiblichkeit und ausgeprägtes Modegefühl auf tiefgreifendes japanisches Denim­Verständnis. Das Resultat: feminin und durchdacht. Das Café heißt Two and Two. Die Marke Ed­win Europe. Zur neuen Messesaison im Winter 2014 wird Edwin Europe die neue Damen­Kol­lektion vorstellen. Es wird die dritte sein. Ein paar Frauen­Styles gab es schon seit jeher, aber die erweiterte Linie wirkt noch immer neu. Die erwähnte französische Designerin heißt Pascale Khoel, hat an der „La Matinière Terreaux“ in Lyon studiert und betreibt auch ihr eigenes Modelabel namens „Moonchild“. Für Edwin Europe hat sie sich der nicht einfa­chen Aufgabe gestellt, der bereits etablierten Marke, mit all ihren Werten und Strategien, eine weibliche Form zu geben. Oder, wie sie selbst sagt, „eine Identität zu kreieren und der Edwin­Frau eine Seele zu geben“. Edwin, gegründet 1947 von Herrn Tsunemi, steht für authentisches Denim und verkörpert die Hingabe der Japaner an das Indigo und den rohen Stoff namens Denim. Im Jahr 2001 wurde Edwin Europe lanciert. In Europa steht Edwin für Jeans, die man the­oretisch monatelang einträgt, bevor man sie das erste Mal wäscht. Kurz: für Authentizität,

Purismus, Leidenschaft. Menschen wie die Pariser Motorradschrauber Blitz sind Brüder im Geiste. Auch die Edwin­Frau fährt Motorrad. Im Kollektions­Clip der H/W­Saison 2013/14 etwa. Das wirkt nicht aufgesetzt wie eine Gleichberechtigungsparabel, sondern eher wie ein Parameter der Ebenbürtigkeit. Die Edwin­Frau blickt dem Käufer als Freigeist entgegen. Unperfekt, mit verwuschelten Haa­ren, aber niemals die Weiblichkeit verleug­nend, sondern selbstverständlich eingebettet in die Klischeeattribute der Jeanswelt: frei,

unabhängig, lässig, kühn. Gefühlt hat Designerin Khoel also zum einen leichtes Spiel: Sie braucht nur ihr Selbstverständnis als französische Frau ausspielen. Ihre Besetzung als Gestalterin der Damen­Kollektion wirkt per se wie ein schlauer Zug der Marke. Aber abgesehen von Image­Fragen, die bei einer neuen Li­nie zu lösen sind, ist da noch die konkrete Herausforderung im Gestaltungsprozess: der weibliche Körper in seinen vielfältigen Ausprägungen, ganz bildlich gesprochen. Denn wo Rundungen der Unique Selling Point

einer Frau sind, müssen Kleidungsstücke mitmachen. Kein Problem, hat die Jeans doch dank Elasthan­Lösungen und Laser­Power die Eignung, alles mitzumachen und sich in die Kurve zu legen. In Sachen Details aber muss der Designer trotz allem das Augenmaß walten lassen, also viel vorsichtiger dosieren als bei den Herren. Tascheneingriffe, Nähte, Kopfleisten – nichts darf zu groß werden. Tomboy ja, Cowboy nein. Das klappt. Das fast unvermeidliche Western­Bild ist auch hier übrigens nach wie vor präsent. Wie bei fast allen Jeansern. Im be­sagten H/W 2013/14 Image­Film cruisten drei Mädchen durch die Gegend. Statt in US­Ver­herrlichungsmanier aber wurde die deutsche Landstraße zum Sehnsuchtsort. Mit Poncho und schwarz lackierten Fingernägeln ein Dis­counter unsicher gemacht. Das ist nicht mehr der Traum vom fernen, aufregenden Leben in der Prärie, sondern der einer guten Zeit. Zu Hause, in Weil am Rhein vielleicht. Pascale Khoel hält sich dort nur ab und an auf – zwischenzeitlich residiert sie in der Heimat Frankreich. Zum Glück. Sonst würde vielleicht irgendwann das Deutsche den japanischen Denim beherrschen. Tief in Klischees verhaftet gesprochen: Dann wäre Edwin Denim vielleicht weniger weiblich­freigeistig. Aber neben Herman, dem „Tra­ditional Fit“, der auch als Boyfriend­Look funktioniert, sollen vor allem Sally, Holly, Bonnie und Wonda bleiben und hierzulande neue Freundinnen finden. Denn Edwin ist wie Denim, nur mit dem M als W. Und W, das steht für Weiblichkeit, ganz klar.

www.edwin­europe.com

MARKENEDWIN / CAMEL ACTIVE

Bei manchen Modemarken fragt man sich, wen sie mit ihrer Mode erreichen möchten. Welche Bedürfnisse befriedigen? Andere lie­fern die Antwort gleich im Namen mit: Camel Active etwa. „Active“, damit muss Mode für das Leben außerhalb der vier Wände ge­meint sein. Egal ob Anzeigen für Arzneimittel gegen Alterswehwehchen oder Werbeplakate für Reiseunternehmen – wenn es um Aktivität geht, werden Menschen gezeigt, die Spaß da­ran haben, sich zu bewegen. Draußen. In der Natur. Bei Camel Active natürlich auch. Aktiv ist man zwar ohnehin jeden Tag – aufstehen, Essen kochen, das macht sich nicht von alleine. Wenn man aber das Dasein als Erlebnis­Parcours betrachtet, muss man die Wohnung verlassen. Sonst wird sich beim finalen Vorbeiziehen des Lebens im in­

neren Auge eines Tages das Zucchinischnei­den mit dem des Zucchiniraspelns fünf Tage später abwechseln. Gefühlt aber sollten sich Höhepunkte als Höhenmeter darstellen und die besonderen Momente im Anblick der Schönheit von Mutter Erde ihren letzten Auf­tritt haben. Um ein ereignisreiches Leben zu leben, muss man gewappnet sein. In einer hautengen Skinny­Jeans auf Hüfthöhe sitzend ist das mit dem Kraxeln über unebene Wege schwierig. Und wer möchte nach einer be­schwerlichen Reise in die Wüste mit einem grasgrünen Logo­Shirt unangenehm nach Vorgarten aussehen? Weder vorm inneren Auge noch auf Instagram? Wer eins werden will mit der Na­tur, muss sich anpassen und versuchen, den

authentischen Charakter der Umwelt selbst wiederzugeben: sandfarben wie die durch­querte Landschaft. Oliv wie die Baumwipfel oder zumindest dunkelbraun wie der Torf in der Heide. All das hat Camel Active ver­standen. Der Mann, der Welterkunder. Und die Frau inzwischen natürlich auch. Auch wenn der kleine Untersatz in der Google­Suchergebnisliste bei camelactive.de noch „die internationale Lifestylemarke für Män­ner“ bewirbt. Aber sie wird sich behaupten, die Frau, sie wird ihren Platz schon erobern. Denn die Sehnsucht nach Abenteuer ist schon lange keine Männerdomäne mehr. Aber ein wenig Arbeit muss die übrigens männerbe­setzte Camel Active­Führungsriege hier noch investieren. Apropos Arbeit: „Workwear“ heißt

die Überschublade, in der Camel Active zu Hause ist, wie es seitens der Marke selbst heißt. Dies soll allerdings nicht bedeuten, dass man sich im Kontext von Marken mit Ur­sprung in der Arbeitsbekleidung sieht, wie Dickies etwa. Die Schublade „Workwear“ soll eigentlich nur dafür sorgen, dass gleichge­sinnte Einkäufer in Messehallen sich im für sie vorbestimmten Terrain versammeln, um dort geordnet auf Jagd gehen zu können. Für den Endverbraucher mag das verwirrend sein, aber mit dem Begriff „Heritage“, auf den Geschäftsführer Volker Weschenfelder als passende Verschlagwortung verweist, könnte der Kunde wahrscheinlich ebenso wenig anfangen. Im „Heritage“­Becken tummeln sich andere Marken, die man ideal für Frei­zeitaktivitäten im Freien anziehen kann. Beim Angeln etwa. Wenn man alle Schubladen schließt und sich die Mode von Camel Active unvor­eingenommen ansieht, merkt man: Sie ist funktional im Sinne eines alltäglich­aktiven Lebens. Man kann damit Treppen steigen und wenn es regnet, wird man nicht nass. Sie lässt sich den tatsächlichen Schubladen der Gar­derobe einordnen und mit Streetwear, Sports­wear, Casual mischen. Wohin also will Camel Active noch wandern? Zukunfts­Potenzial hat etwa der Indoor­Blazer, wie Weschenfelder verlauten lässt. Es gibt eine Nachfrage seitens des Markts. Eigentlich nicht überraschend, denn trotz Aktivitätsanspruch halten wir uns dann doch meistens in Innenräumen auf. Was man da so alles machen kann? In jedem Fall eines: das Leben aktiv gestalten. Jeden Tag. Gute Sache, wenn man dafür die passende Garderobe hat.

www.camelactive.de

CAMEL ACTIVE

AUF ZU INNEREN UFERNCamel Active macht funktionale Kleidung,

die in die tatsächlichen Schubladen unserer Garderoben passt. Wir erklären, warum das eine gute Sache ist.

Text: Nina Trippel

EDWIN

EDWINS GIRLFrei, unabhängig, lässig, kühn:

Die Edwin-Frau blickt dem Käufer als Freigeist entgegen. Text: Nina Trippel

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Björn Gericke mag es nicht, wenn die Dinge zu rund laufen. Das Leben ist kompliziert, das Berufsleben erst recht. Damit kennt der Grün­der der Marke G­Lab sich aus. G­Lab steht für Gericke Laboratory, denn heute leitet er so etwas wie ein Labor für Funktionskleidung. Der Weg dahin war holprig, dafür intensiv. Und natürlich ist er mit „seinem Baby“, wie er sein Unternehmen nennt, noch lange nicht am Ziel. Die Marke G­Lab soll schließlich für nicht weniger stehen als „die perfekte Jacke“, wie er sagt. Darunter versteht er eine solche, die zu dem Drang nach Freiheit passt, der die Menschen heute antreibt. Wer morgens nicht weiß, wo er abends ins Bett geht, ob das am Meer, in den Bergen oder in der Großstadt sein wird, der soll mit den Männer­ und Frauenjacken von G­Lab immer richtig angezogen sein. Gerickes Claim: „Wherever life takes you!“ Das Leben hat Björn Gericke schon an einige Orte entführt, und das bereits im Kindesalter. Er ist der älteste Sohn des be­rühmten Hein Gericke, dem Revolutionär des Motorradmarkts. Dieser wurde Anfang der 80er­Jahre mit seiner gleichnamigen Einzel­handelskette bekannt. Zunächst wuchs Björn in Deutschland auf, später in der Schweiz, 1990 stieg er in die Geschäfte seines Vaters mit ein. Doch es gab familiäre Unstimmigkei­ten, Björn, der immer schon seinen eigenen Kopf hatte, bot dem Vater Paroli. „Doch der war es nicht gewohnt, dass man ihm wider­sprach“, sagt Gericke. Auf den Krach folgten anderthalb Jahre Funkstille. Björn packte seine Sachen, zog nach New York. Doch zum großen Neuanfang in den USA kam es nicht,

Probleme mit dem Visum grätschten dazwi­schen. Also zurück nach Deutschland und kurz zu Esprit, bis er wenig später beschloss mit 25 Jahren doch noch zu studieren – Fi­nanzen, in London. Er stieg in die Welt des Investmentbankings ein. Auf London folgte Hamburg, dann München. Was ihn antrieb?

„Sehnsucht nach Erfolg“, sagt er und fügt hinzu: „Unterm Strich wollte ich richtig Geld verdienen.“ Björn Gericke ist ein Energiebündel. Wenn er seine Geschichte erzählt, die seiner Marke und seiner Visionen, muss er, so sagt er, weit ausholen. Er redet schnell und viel, erzählt in einem Atemzug, dass er immer arbeiten wollte, weil er verinnerlicht hat, was sein Vater ihm schon früh einbläute. Es waren Sätze wie: „Von nichts kommt nichts“ und „Auf Dauer hilft nur Power“. Irgendwann hatte Gericke genug von der Finanzwelt, er wollte wieder mit realen Produkten arbeiten, 2001 war das. Er ging zurück nach Düssel­dorf, in das ehemalige Unternehmen seines Vaters, der hatte dieses längst verkauft. „Ich sollte Geschäftsführer werden“, sagt er, „doch plötzlich hieß es: Der junge Gericke ist Trouble, den können wir hier nicht gebrau­chen.“ Wieder hatte er einigen ganz oben zu oft widersprochen. Ihm wurde die Design­ und Produktentwicklungsabteilung unter­geordnet, doch irgendwann fragte er sich: Warum mache ich all diese guten Kollektio­nen, von denen ich am Ende nichts habe? Er beschloss, sich selbstständig zu machen und die Designerin Swenja Rohlfs aus dem Hause Hein Gericke gleich mitzunehmen. Von nun an entwarfen sie für ganz unterschiedliche Unternehmen Motorradkleidung – darunter Gore Tex, KTM und Harley Davidson. Bis 2007 ging das so. Es war die Zeit, als Funktionsjacken endgültig ihren Sieges­zug angetreten hatten und aus dem Straßen­bild nicht mehr wegzudenken waren. „Über­all sah man North Face und Jack Wolfskin“,

sagt Gericke. Da legte sich bei ihm ein Schal­ter um, und er beschloss, all sein gesammel­tes Wissen über Funktion, Motorradkleidung und Design zusammenzuwerfen – und etwas ganz Neues daraus zu entwickeln. Modische Hightech­Produkte sozusagen, Gericke nennt sie „Meisterwerke in Sachen Qualität, Perfor­mance und Style“. Drei Jahre steckte er in die Entwick­lung dieser Meisterwerke. Anfang 2010 präsen tierte Gericke sie erstmals auf der Pre­mium. Oft ist den Jacken nur auf den zweiten Blick anzusehen, aus welcher Richtung sie kommen: Mal ist es die robuste, kurze Form, mal sind es die gedoppelten Ellenbogen, die abgesteppten Schulterpartien oder die reflektierenden G­Lab­Label am Rücken. „Wir bedienen uns zwar mancher Details aus dem Segment, aber wir machen keine Motor­radkleidung“, betont Björn Gericke. Vieles da draußen basiere heute auf Heritage, ohne dass dieses Erbe noch gelebt werde. „Das ist bei uns anders.“ Bei G­Lab lebt man sein Erbe, aber subtil. Alle Jacken sind im Design schlicht gehalten, doch ihre Atmungsaktivität, die Wasser­ und die Winddichte, die mehrlagi­gen Funktionsmaterialien zeugen von der den Produkten zugrunde liegenden Expertise. In zehn Ländern wird G­Lab heute vertrieben, prominente Kunden wie Mario Goetze und Vince Vaughn, Sienna Miller und George Clooney haben die Jacken für sich entdeckt. Und was meint Vater Hein über all das? „Der findet das cool. Und sagt dann: Gib Gas, Junge!“ www.g­lab.com

MARKENG-LAB / MANHATTAN PORTAGE

Bürgermeister kommen und gehen. Trends und Touristen auch. In New York ist bekann­termaßen alles in Bewegung. Seine Bürger ohnehin.  Auch SoHo, also Manhattan, südlich der Houston Street verändert sich stetig, hat diverse Geschäfte und Trends begrüßt und wieder verabschiedet. Manhattan Portage ist so etwas wie der Local Hero. Hier gegründet, hier zu Hause. Genau wie seine ersten Kun­den, die Fahrradkuriere. Mit deren Bedarf nach robusten, praktischen und schnell ver­schließbaren Taschen begann die Geschichte der Downtown­Marke im Jahr 1978.  Fünf Jahre später wurde das bis heute unveränderte rote Logo mit der Skyline eingeführt. Der Erfolg innerhalb der Messen­ger­Community in New York machte die Ta­schen auch unter ebenfalls schwer beladenen DJs und Musikern bekannt. Ganz ohne Wer­bung. Die Vorzüge des Produkts sprachen für sich. Und die authentischen Werte der Marke: Entworfen in Manhattan für Manhattanites. Mit wachsendem Erfolg nahmen auch normale

Passanten die vorbeiflitzenden Taschen mit dem Skyline­Logo wahr und der Begriff Mes­senger Bag wurde zum Inbegriff des Cool­seins. Nicht nur in New York. Taschen trug man nun mit einem breiten Riemen quer über die Schulter, auch wenn das eigene Fahrrad Rücktritt hatte.  Aus dem Klassiker wurde ein breites Sortiment für diverse Bedürfnisse der wach­senden Kundschaft: kleine, große, bunte, Schulter­, Trage­, Laptoptaschen oder Ruck­säcke. Aber auch eine erfolgreiche Marke mit Sitz in Manhattan konnte den Wandel New Yorks und die alternde Kundschaft mit ihren sich verändernden Ansprüchen nicht igno­rieren. Neben Praktikabilität und robustem Look sind für viele Kunden heute optische Gesichtspunkte ein Kaufanreiz. Genau dieses Bedürfnis wird von Token bedient. Bei der 2008 eingeführten Unterlinie mit eigenem Webauftritt darf die Tasche im Messenger­Stil auch mit Lackoptik punkten, das Rockefeller­Modell mit gewachster Oberfläche ist fast so slick wie die Fassade des gleichnamigen

Wolkenkratzers, in dessen Untergeschoss man aus der Subway aussteigen kann. Token braucht man dafür schon lange nicht mehr, aber das ist eine Reminiszenz, die eben vor allem die New Yorker verstehen. Die Tragetasche namens „Greenpoint Or­ganic Tote“ darf als Wir­wissen­wer­wo­wohnt­Wink der Markenmacher verstanden werden, denn bürgerlich­gediegen mit Öko­Bewusstsein wohnt man genau dort, im Brownstone­Haus in Brooklyns Bezirk Green­point. Weitere fünf Jahre später wurde das „Black Label“ eingeführt – eine edle Vari­ante der Original­Linie Manhattan Portage, mit besonderen Features und extrarobusten Materialien aus dem Militär­Bereich. Eigene Flagship­Stores tragen die Philosophie von robusten, praktischen und modischen Ta­schen mittlerweile bis nach Asien. Eigentlich ist das Markenportfolio gefühlt perfekt und vollständig. Fehlt nur noch die totale Erobe­rung der alten Welt.  Bekannt ist die Marke hierzulande schon längst, nicht nur als authentisches

Mitbringsel, sondern auch aus unzähligen US­amerikanischen TV­Serien und Filmen. Kaufen kann man im 21. Jahrhundert ohnehin fast alles überall. Aber Flagship­Stores an strategischen Standpunkten sind erst noch in Planung. Großstädte wie Hamburg sind angedacht. Das ist sinnvoll, denn Fahrradku­riere gibt es dort natürlich auch. Wie so oft im Leben, und auch in der Modewelt, hat man entweder Glück, das richtige Gespür oder beides in einem: Das Fahrrad ist nicht nur in Deutschland beliebtes Mittel zum Zweck für den Kleinwarentransport im Großstadtver­kehr. Es ist das Verkehrsmittel der Stunde! In Paris cruist man mit „Vélib“, London bie­tet „Cycle Hire“ und auch das Hamburger „Stadtrad“ wird intensiv genutzt. Fehlt noch die richtige Tasche. Und in New York? Da hat man diesen Trend unlängst verstanden und so radelt nun auch der einstige Passant durch Manhattan. Auf uncoolen Fahrrädern im City­Stil.

www.manhattanportage.com

MANHATTAN PORTAGE

MANHATTAN BAG STORY

Eine Reminiszenz an die 70er im Big Apple: Die Taschen von Manhattan Portage waren die ersten Messenger Bags und haben ihren Siegeszug noch nicht abgeschlossen.

Text: Nina Trippel

G-LAB

DER LANGE WEG ZUM MEISTERWERKMotorrad-Experte, Troublemaker, Visionär:

Mit seiner Marke G-Lab möchte Björn Gericke den Markt für Funktionsjacken neu definieren.Text: Franziska Klün

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MARKENKNOWLEDGE COTTON

Wir müssen uns Jorgen Morup als einen aus­gesprochen sturen Menschen vorstellen. Als er 1969 beschloss, seine Firma „Morup Stof“ zu gründen und Stoffe zu produzieren, hatte er keine Ahnung vom Textilgewerbe. Aber er hatte einen festen Willen. Unterstützt von seinem Vater Henry kaufte er in England eine gebrauchte Strickmaschine, stellte sie in eine alte Feuerwehrstation und fing an zu arbei­ten. „Ich habe auf die harte Tour gelernt“, sagt er rückblickend. Durch Ausprobieren, Fehlermachen, Zuschauen. Dafür war er al­lerdings im Herning im dänischen Jütland am richtigen Ort. Die Stadt, die Anfang des 20. Jahrhunderts als Eisenbahnknotenpunkt entstand, war in den 60er­ Jahren das Zen­trum der dänischen Textilindustrie. Nach und nach eignete Morup sich so viel Wissen wie möglich an. Er entwickelte geradezu eine Leidenschaft für Wissen. Das Wissen über Technologie, Verarbeitung und Material. Aber auch das Wissen um Hintergründe, Zusammenhänge und die Grundlagen des ei­

genen Handelns. Da er also ein Mann ist, der den Dingen gerne auf den Grund geht, war es naheliegend, dass er anfing über sein Lieb­lingsmaterial nachzudenken: Baumwolle.

„MEINEM VATER GING ES IMMER UM QUALITÄT.

DA MACHTE ER KEINE KOMPROMISSE.“

Die weichen Fasern der Baumwollfrüchte wer­den seit vielen Jahrhunderten zur Produktion von Kleiderstoffen verwendet, da Baumwolle hervorragende Trageeigenschaften bietet. Sie ist reißfest, saugfähig, luftdurchlässig und lässt sich gut färben. Allerdings kommen beim Anbau der empfindlichen Pflanzen große Mengen Dünger und Pestizide zum Ein­satz – ein großes Problem für die Umwelt, die Menschen, die im Anbau und in der Verar­beitung tätig sind, und zuletzt die Konsumen­

ten, die die belasteten Textilien auf der Haut tragen. Für ein herkömmlich produziertes T­Shirt werden neben 400 Gramm Baumwolle 165 Gramm Chemikalien verwendet, die teil­weise krebserregend sind.

Wer das alles weiß, fand Jorgen Morup, kann nicht einfach so weitermachen wie bisher. Bereits in den frühen 90ern stellte er auf Bio­Baumwolle um.

„Wirtschaftlich gesehen“, sagt Jorgens Sohn Mads, „kam mein Vater damit zu früh.“ Das Bewusstsein war noch nicht da, das teurere Material ließ sich schwerer verkaufen.

Gemeinsam mit seinem Vater hat Mads 2007 das Label Knowledge Cotton gegründet und Morup Stof damit konsequent weiterentwi­ckelt. Selbst ein Label zu gründen war die lo­gische Folge der jahrzehntelangen Erfahrung in der Textilproduktion und der Aussicht, dass es immer schwieriger werden würde, in

Dänemark produzierte Stoffe zu verkaufen. Logo des Labels ist die Eule. Bereits im alten Griechenland, wo er der Weisheitsgöttin Athene zugeordnet war, stand der Vogel wegen seiner hoch ausgeprägten Wahrneh­mungsfähigkeit für Weisheit.

„Meinem Vater ging es immer um Qualität“, sagt Mads Morup. „Wenn jemandem seine Stoffe zu teuer waren, hat er ihn woanders hingeschickt. Was Qualität anging, ging er absolut keine Kompromisse ein.“ Ein Fami­lienunternehmen zu sein, darauf ist man bei Knowledge Cotton stolz. Weil familiäre Werte wie Verantwortung und Respekt einen Un­terschied machen können in einer Industrie, die vom Profitstreben großer Unternehmen geprägt ist. Das ist es zumindest, woran die Morups glauben. Sie haben eine hohe Mei­nung von menschlicher Vernunft und Lernfä­higkeit. Wenn Menschen um krebserregende Giftstoffe in herkömmlich produzierten Stof­fen wissen, um die menschenverachtenden

KNOWLEDGE COTTON

SCHLAUE KLEIDUNGDas Label Knowledge Cotton macht nicht nur schlicht-schöne Herrenmode,

sondern leistet auch Erziehungsarbeit.

Text: Bettina Homann

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Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion, davon sind sie überzeugt, möchten sie keine Billig­Kleidung mehr kaufen. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Ende April 2013 gingen die Bilder der eingestürzten Textilfabrik in Dhaka um die Welt, in deren Trümmern 1.129 Menschen starben. Das Entsetzen war groß, die Filialen der Billig­Textilketten, die dort produziert hatten, sind weiterhin gut gefüllt wie immer.

Mads Morup ist nicht weltfremd. Er sieht auch, dass Menschen oft egoistisch denken, die grausige Wahrheit der Billig­Textilpro­duktion verdrängen, dass speziell junge Menschen schnell und viel konsumieren. „Als ich studiert habe, habe ich lange gespart, um mir eine Diesel­Jeans kaufen zu können. Das macht, glaube ich, heute niemand mehr.“

Aber er ist überzeugt, dass es zu ökologi­scher und nachhaltiger Produktion keine Alternative gibt. „Wenn wir uns heute hinset­zen und über die Zukunft nachdenken, dann gibt es eine Sache, die wir hundertprozentig vorhersagen können, auf die wir uns alle ei­

nigen können und das ist die Einsicht, dass wir Dinge in Zukunft besser machen müssen. Produktion muss nachhaltiger und umweltbe­wusster werden, der Umgang mit den Men­schen respektvoller, sonst wird es ein schlim­mes Ende nehmen.“ Und damit die Menschen lernen können, umzudenken, müssen die Firmen den Anfang machen. Sie müssen ihre Produktion und vor allem auch ihr Marketing und ihre Kommunikation ändern.

„UNSER LOOK IST IM GRUNDE KONSERVATIV.“

Smart Menswear, die sich an Männer richtet, die nicht mehr ganz jung und wild sind, son­dern ihren Stil gefunden haben. Kleidung für ältere Junge – oder jüngere Alte.

Und wie muss Mode aussehen, die aus die­sem Geist entsteht? Nachhaltige Mode, die im Grunde keine Mode sein will, wenn man Mode als ständige Veränderung betrachtet. Nachhaltig muss ja auch heißen, nicht perma­

nent etwas Neues zu kaufen. Weniger zu kon­sumieren, dafür besser. Auf der Homepage der Firma kann man ein Schwarzweiß­Foto von Jorgen Morup sehen, auf dem er 1969 vor dem Tor der eben gegründeten Firma steht, neben ihm ein R4­Kastenwagen, das sympa­thischste Familienauto jener Zeit. Er trägt eine Jacke mit Kapuze und großen Taschen, die man ziemlich genau so in der aktuellen Kol­lektion von Knowledge Cotton finden könnte.

„Unser Look ist im Grunde konservativ“, sagt Mads Morup. Im Zentrum stehen immer die Basics, denen wir treu bleiben.“ Chinos, Oxford­Shirts, Strickpullover, Jacken, im Winter daunengefüttert. Farben ändern sich, das eine oder andere kommt neu dazu. Ta­schen, iPad­Hüllen und Portemonnaies aus pflanzlich gefärbtem Leder beispielsweise. Aber im Grunde ist es das. Clean und gerade­aus. Durchaus typisch skandinavisch, findet Morup. „So wie Filippa K, J. Lindeberg oder Acne mögen wir es schlicht. Keine Prints, Lo­gos, Applikationen.“

„Ein gut angezogener Mann“, findet Mads

Morup, „verbindet Klassik mit Coolness. Er kann zum Beispiel eine ausgewaschene Jeans tragen, wenn er dazu ein Hemd und eine Fliege kombiniert. Man sollte immer mit Kontrasten arbeiten.“ Beispielsweise alt mit neu kombinieren. „Wir suchen uns immer Klassiker und interpretieren sie neu.“ Als Inspiration für die Spring/Summer­Kollektion 2014 hat man sich bei Knowledge Cotton das Woodstockfestival ausgesucht. Wie passt die bunte Hippie­Welt mit skandinavischer Klas­sik zusammen? „Ein bisschen etwas vom Look der 70er steckt in all unseren Produkten“, sagt Morup. Und tatsächlich, wenn man genau hinschaut, kann man es sehen. Im verbliche­nen Orange eines T­Shirts beispielsweise oder in roten Anoraks mit blauen Strickbünd­chen oder in den Streifen am V­Ausschnitt eines weißen Baumwollpullovers mit streifen­verziertem V­Ausschnitt, wie ihn einst Björn Borg trug. Mads Morups Knowledge Cotton­Lieblingsteil ist übrigens ein gestreiftes Oxford­Shirt.

www.knowledgecottonapparel.com

MARKEN KNOWLEDGE COTTON

ZERTIFIZIERUNG

Es gibt eine Fülle von Prüfsiegeln, mit deren Hilfe man die Qualität der Baumwolle erkennen kann. Die Kri­terien sind unterschiedlich streng. Einige garantieren ausschließlich den ökologischen Anbau des Rohstof­fes, andere zeigen an, dass auch die Produktion giftfrei geblieben ist und soziale Standards eingehalten wur­den. Knowledge Cotton­Produkte sind GOTS­zertifiziert. Das Global Organic Textile Standard­Siegel ist eines der strengsten, die es zurzeit gibt, und wird von Greenpeace als sehr emp­fehlenswert eingestuft. Vergeben wird es von einer Initiative mehrerer internationaler Unternehmensver­bände. Festgelegt ist, dass ein Textil mindestens 95 Prozent Biofasern ent­halten muss, dass es weitestgehend schadstofffrei weiterentwickelt wird und bei der Verarbeitung soziale Standards eingehalten werden.

www.global­standard.org

BAUMWOLLE

Baumwolle deckt den größten Teil der weltweit ständig wachsenden Nach­frage nach textilen Produkten. Kon­ventionell angebaut, ist der Einsatz von giftigen Chemikalien allerdings sehr hoch. Die Vergiftung der Umwelt und der an der Produktion beteiligten Menschen ist die Folge.Ein weiteres Problem ist genmani­puliertes Saatgut, das immun gegen Schädlinge sein soll. Große Agrar­konzerne – allen voran Monsanto aus den USA – haben es massiv in den Markt gedrückt. In den Hauptan­bauländern für Baumwolle (China, Indien, USA) liegt der Gentechnik­Anteil mittlerweile zwischen 60 und 90 Prozent. Mit fatalen Folgen: Die Gentechnik­Sorten kosten die Bauern viel Geld und halten das Versprechen auf Verdopplung der Ernte oft nicht, da Schädlinge sich schnell anpassen. Außerdem brauchen die manipulier­ten Sorten sehr viel mehr Wasser als herkömmliche.Eine nachhaltige Lösung ist der ökologische Anbau. Fruchtwech­sel, Gründüngung und natürliche Pflanzenschutzmittel sparen Geld und Wasser und halten die Böden fruchtbar. Zurzeit liegt der Anteil von Biobaumwolle auf dem Weltmarkt nur bei 1,1 Prozent, allerdings mit zwei­ bis dreistelligen Steigerungsraten im vergangenen Jahrzehnt.

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MODEAUTUMN / WINTER 2014/15

LONGSLEEVE, HEMD, CARDIGAN & HOSE: MARC O‘POLO / SCHUHE: RED WING / SOCKEN: FALKE

SCHUHE: SOREL HOSE & JACKE: BLAUER USA / SCHUHE: RED WING

INTO THE WOODSDie Key­Looks der A/W­Kollektionen 14/15

Foto: John Brömstrup (c/o Syndikat Artists)

Styling: Derya IsseverHair/Make­up: Anna Neugebauer (c/o Bigoudi)

Male Model: YaniFemale Model: Caroline @ Mega Models

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NEWS

MODEAUTUMN / WINTER 2014/15

JACKE: CANADA GOOSE / SWEATER: MERZ B. SCHWANEN

CARDIGAN, HEMD & HOSE: CARTOON / SCHUHE: DR. MARTENS JACKE: G-LAB / HEMD: HERR VON EDEN

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MODEAUTUMN / WINTER 2014/15

JACKE: VICTORINOX / HEMD: GABRIELE PASINI

JACKE, BLAZER, STRICKPULLI & HANDSCHUHE: GABRIELE PASINI / SCHAL: MENIL / HOSE: PRPS SCHUHE: WOLVERINE

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NEWS

MODEAUTUMN / WINTER 2014/15

JACKE: ALPHA INDUSTRIES LEDERJACKE: AERO LEATHER CLOTHING

STIEFEL: PRIMEBOOTS

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MODEAUTUMN / WINTER 2014/15

ALLE TEILE: MARC O’POLO GÜRTEL: HTC

JACKE & HOSE: LEVI’S / SWEATER: LYLE & SCOTT / SCHUHE: DR. MARTENS / HUT: BAILEY OF HOLLYWOOD

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MODEAUTUMN / WINTER 2014/15

ALLE TEILE: KNOWLEDGE COTTON

ALLE TEILE: MAVI RUCKSACK: MANHATTAN PORTAGE

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MODEAUTUMN / WINTER 2014/15

JACKE: FRANKLIN & MARSHALL SWEATER: MERZ B. SCHWANEN

HEMD, PULLOVER, JACKEN, HOSE: BARBOUR / SCHUHE: RED WING / SOCKEN: FALKE

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MACHERPAUL HARVEY, ALESSANDRO PUNGETTI / FGF INDUSTRY

PAUL HARVEY UND ALESSANDRO PUNGETTI

kennen sich seit über 20 Jahren. Har­vey lebt heute in Rimini, Pungetti in Bologna. Viele Jahre arbeiteten die Männer zeitgleich für Carlo Rivetti. Während Harvey 12 Jahre für das De­sign von Stone Island verantwortlich war, entwarf Pungetti acht Jahre lang die Herren­Kollektionen von C.P. Company. Nachdem sie beide Rivettis Unternehmen verlassen hatten, grün­deten sie 2012 das Jackenlabel Ten C. Dieses gehört mittlerweile zu Enzo Fuscos FGF Industry Gruppe, welche 2010 auch C.P. Company übernahm. Pungetti und Harvey sind seit Anfang vergangenen Jahres auch für die De­signs von C.P. Company und Blauer zuständig.

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J’N’C News – Brancheninformationen, 22. Jahrgang, Ausgabe 01-2014, Dienstag, 14. Januar 2014 27

NEWS

MACHERPAUL HARVEY, ALESSANDRO PUNGETTI / FGF INDUSTRY

INTERVIEW FGF INDUSTRY

„GEHT AUF DIE BARRIKADEN,

KÄMPFT FÜR EURE IDEEN!“

Sie planten eine Revolution und glaubten, keiner bekommt etwas davon mit: Paul Harvey und Alessandro Pungetti gelten als Veteranen der Sportswear, mit ihrem Jackenlabel Ten C üben sie leise Kritik am System Mode.

Warum sie mit Vintage-Kleidung nichts anfangen können, was in der Mode falsch läuft und warum ohne Konfrontation kein gutes Design entstehen kann, verraten die Designer im Interview.

Interview: Franziska Klün / Fotos: Katharina Poblotzki

Herr Harvey, Herr Pungetti, Sie entwerfen für C.P. Company, seit kurzem auch für Blauer. Nebenbei bauen Sie Ihr eigenes Ja-ckenlabel Ten C auf. Wie gelingt es Ihnen, dass da nichts durcheinandergerät?Paul Harvey (PH): Wer sagt, dass uns das ge­lingt?Alessandro Pungetti (AP): Sagen wir mal so: Alle Marken sind in ihrer Ausrichtung kom­plett unterschiedlich, insofern geht es irgend­wie. Aber es ist eine verdammt komplizierte Angelegenheit. Sie, Herr Pungetti, entwerfen außerdem für drei weitere Marken. Sind Sie so eine Art Super-Workaholic?AP: Ich arbeite mit gut geführten Listen, das ist mein Geheimnis!PH: Ja, ganz im Gegensatz zu mir bekommt er nicht genug. Ich bin ja im Grunde vor sechs Jahren in den Ruhestand gegangen. Weil …?PH: … ich nicht mehr wollte. Es reichte mir mit der Mode. Aber Alessandro hatte die Idee, wir müssten noch etwas gemeinsam auf die Beine stellen. Wir kennen uns ja seit An­fang der 90er­Jahre. Wir haben beide lange für Carlo Rivetti gearbeitet, dem damals nicht nur Stone Island gehörte, wo ich tätig war, sondern auch C.P. Company. Dort war Alessandro für das Design zuständig, bevor Rivetti das Unternehmen 2010 an Enzo Fusco verkaufte. Alessandro überredete mich, in ein ganz kleines Projekt einzusteigen. Er sprach von einer einmaligen Geschichte. Er hatte da dieses Material aus Japan … Einen extrem dichten Jersey aus einem Polyester-Nylon-Mikrofaser-Mix, den er mit japanischen Spezialisten entwickelt hatte …PH: Daraus wollten wir um die acht Jacken produzieren, die ein Leben lang halten sollten. Diese Jacken waren als Statement gedacht – im Sinne von: So kann man es auch machen. Im Grunde wollten wir diese Jacken

lancieren und danach nie wieder etwas damit zu tun haben. Das hat nicht ganz funktioniert. Was ist passiert?PH: Das Interesse war zu groß. Damit hatten wir nicht gerechnet. Allein Bread & Butter­Chef Karl­Heinz Müller bestellte sofort weit über 100 Exemplare für sein Geschäft 14 oz.

Ihnen wurde klar, dass Sie aus der Num-mer nicht mehr herauskommen?PH: Uns wurde klar, dass wir ein Problem haben! Wir hatten nie den Plan, Geld mit Ten C zu verdienen – geschweige denn so viele Exemplare zu produzieren. 

„DIESE IDEE, ALLES MÜSSTE SICH NACH

SECHS MONATEN KOMPLETT VERÄNDERN, IST EINE

ERFINDUNG DER MODEBRANCHE. MIT DER REALITÄT HAT DAS

NICHTS ZU TUN.“ 

Irgendwie ist es Ihnen dennoch gelungen. Mittlerweile sind Ihre Jacken in etwa 50 Geschäften in zwölf Ländern erhältlich. Und das obwohl man mindestens 500 Euro für eine echte Ten C in die Hand nehmen muss. Eher sehr viel mehr.PH: Ten C steht für „The Emperor’s New Clo­thes“, des Kaisers neue Kleider. In dem Mär­chen von Hans Christian Andersen geht es ja darum, die Wahrheit zu erkennen – hinter all dem, was die Menschen einem vorgau­keln. Das ganze System der Mode basiert auf Leuten, die davon überzeugt sind, dass jenes Produkt wunderschön und das andere angesagt und das nächste wiederum ein Must Wear ist. Wir sagen: Schau genauer hin! Des­halb gibt es in den Jacken keine Labels. Die Menschen sollen nur das sehen, was die Jacke auch ist. Dann sollen sie entscheiden, ob sie sie mögen oder nicht.

Inwiefern verändern sich die Jacken von Saison zu Saison?AP: Sie verändern sich nicht wirklich, sie wer­den nur besser.PH: Diese Idee, alles müsste sich nach sechs Monaten komplett verändern, ist eine Erfin­dung der Modebranche. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Schauen wir uns doch an, wie wir in dieser Runde hier sitzen. Wir sind alle verdammt klassisch gekleidet. Vielleicht gibt es eine kleine Gruppe an Menschen, die den Diktaten der Mode folgen. Aber die Mehrheit funktioniert nicht so. Dinge ver­ändern sich sehr langsam, alle drei bis vier Jahre vielleicht. Was Ten C macht, sind Ja­cken, die zu der Zeit passen, nicht zur Saison. Wie viele Tage der Woche investieren Sie in Ten C?AP: Das ist schwer zählbar, weil wir ständig darüber sprechen. Aber im gleichen Atem­zug sprechen wir auch über C.P. Company und Blauer. Vielleicht drei Tage die Woche, vielleicht zwei, vielleicht vier. Wir können es nicht trennen. Carlo Rivetti, für den Sie beide jahrelang tätig waren, sagte in einem Interview in der JNC News, Designteams seien heute viel zeitgemäßer, da die Mode heute de-mokratischer sei und Designer dem Markt nahe sein müssten. Er sagt, sie seien nicht länger Stars, zu denen man aufschaut. Ha-ben Sie sich deshalb zusammengetan?AP: Nein. Dem stimme ich nicht zu. Auch Stone Island hat mit einem großen Designer angefangen: Massimo Osti. Ohne ihn wäre die Marke nicht möglich gewesen. Und auch heute ist es ohne Designer sehr schwer, eine Kollektion zu lancieren, die einen starken Charakter hat.PH: Wenn es niemanden gibt, der die Ent­wicklung einer Kollektion führt, erhält man am Ende etwas, das für jeden irgendwie okay ist. Das bedeutet aber auch, dass es nicht besonders interessant ist. Wenn jemand sagt, wo es langgeht, wird das Ergebnis spannen­

der. Zum Beispiel Rei Kawakubo: Ihre Arbei­ten sind sehr individuell, da basiert nichts auf demokratischen Entscheidungen. Und das macht Comme des Garçons interessant. In einem Interview sagten Sie, Herr Har-vey, als Designer bräuchte man Konfron-tation. Man bräuchte jemanden, der die eigene Arbeit auch mal niedermacht – was in Italien aber nicht passieren würde, weil der Designer dort als Gott gilt.PH: Das habe ich gesagt? Das überrascht mich. 

„KONFRONTATION IST EINE

FUNDAMENTALE VORAUSSETZUNG FÜR GUTES DESIGN.“

Sehen Sie das heute anders?PH: Überhaupt nicht! Ich erinnere mich nur kein Stück an das Interview. Konfrontation ist eine fundamentale Voraussetzung für gutes Design, absolut. Immer wieder erlebe ich, dass ich etwas Größeres an einer Kollektion oder einer Linie verändern möchte, und derjenige, der lange daran gearbeitet hat, mir einfach zustimmt. Ich verstehe das nicht. Wenn man jahrelang für Rot war, und dann kommt jemand und sagt „Ab jetzt wird alles grün!“, dann muss man doch auf die Barrika­den gehen und sagen: Nein, wir bleiben bei Rot. Man muss doch für seine Ideen kämpfen! Sagen Sie einander, wenn Sie die Arbeiten des anderen für großen Mist halten?AS: Natürlich. Streiten Sie auch?PH: Manchmal. Warum haben Sie sich für die Arbeit im Duo entschieden?AP: Weil sie Konfrontation bedeutet. 

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MACHERPAUL HARVEY, ALESSANDRO PUNGETTI / FGF INDUSTRY

Der italienisch-britische Austausch spielt keine Rolle?Beide: Oh doch!AP: Paul ist Brite, und das zu einhundert Pro­zent. In vielerlei Hinsicht haben wir komplett unterschiedliche Ansichten.PH: Alessandro beharrt stets darauf, dass alles ganz akkurat sein muss, für mich ist es aber auch weniger akkurat okay.AP: Und die Farben! Ich bin für Schwarz, Paul ist für Blau.PH: Weil Schwarz eine Modefarbe ist! Und wenn man sportliche Mode macht, sollte diese blau sein. So einfach ist das. Setzen Sie sich nach einer Saison zusam-men, um einander Feedback zu geben?AP: Nein, nie. Was wir gemacht haben, ist gut. Und damit ist Schluss.PH: Wer was geleistet hat, ist egal.

 „ITALIEN ENDE DER 70ER?

DAS WAREN GIORGIO ARMANI UND VALENTINO!“

  Herr Harvey, Sie kamen 1979 nach Italien. Warum?PH: Es war im Grunde ein Zufall. Ich hatte gerade mein Modedesignstudium an der Royal Saint Martins in London abgeschlos­sen. In Großbritannien passierte zu der Zeit nichts sonderlich Spannendes im Bereich der Mode, aber Italien hob ab. Italien war Giorgio Armani und Valentino. Und Adriano Goldschmidt suchte für ein Projekt ein paar Leute, die verrücktes Zeug machen. Ich stellte mich gerade in einem Büro vor, als er dort anrief. Es war der typische „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort“­Moment. Denn darum geht es: Man muss den Fuß in die Tür bekommen, danach wird es einfach. Außerdem hatten die britischen Modeschulen einen fabelhaften Ruf und so erhielt ein Engländer 1979 in Italien jede Menge Aufmerksamkeit. 

Wie kamen Sie zur Mode, Herr Pungetti?AP: Auch durch einen Zufall. Es geschah in einem Club Anfang der 80er. Eine junge Frau fragte mich, was ich in meinem Leben einmal machen möchte, und ich sagte: Ich will Designer werden. Ich hatte darüber noch nie nachgedacht! Also sagte sie: Ich bin eine Designerin, entwirf doch ein paar Kleider für mich. Und so kam es. Ist das wahr?AP: Es klingt bizarr, aber so war’s. Wenn Sie eine andere Geschichte wollen, kann ich sie aber auch ändern ... Bleiben wir bei der Wahrheit und spre-chen über Archive. In Ihrem eigenen soll man etwa 2.000 Kleidungsstücke finden können, das Archiv von Enzo Fusco, dem Inhaber der FTG Gruppe, soll rund 45.000 Kleidungsstücke umfassen.AP: Archive können ein Anfang sein, wenn man auf der Suche nach Inspirationen ist. Aber man darf nicht öfter als zweimal hin-einschauen. Das haben Sie in einem Inter-view gesagt.AP: Man soll nicht ausschließlich ins Archiv schauen! Wir sind keine großen Freunde der Vintage­Kleidung. Lieber blicken wir in Rich­tung Zukunft. 

„KLEIDUNG SOLLTE FÜRS HEUTE GEMACHT SEIN, NICHT FÜR

DIE VERGANGENHEIT.“

 Sie haben auch einmal gesagt, es sei nicht ganz einfach, sich „von diesem Nostalgie-Ding wegzubewegen“. Was meinen Sie damit?PH: Immer wieder hören wir, dass sich man­che Leute alte C.P. Company Styles wün­schen, das nenne ich das „Nostalgie­Ding“. Wir verstehen diesen Wunsch, sind aber der Auffassung, dass wir uns vorwärtsbewegen

müssen, die Dinge sollten fürs Heute gemacht sein, nicht für die Vergangenheit. Also enttäuschen Sie Ihre Fans regelmä-ßig?PH: C.P. Company besitzt ja eine Art Ikone, die in jeder Kollektion auftaucht: das Mille Miglia Goggle Jacket. Menschen in meinem Alter sind mit C.P. Company und Stone Island aufgewachsen. Die Firma hat eine DNA, die wir respektieren. Das heißt nicht, dass wir die gleichen Styles entwerfen müssen, die es bereits in den 80ern gab.  

„ICH HASSE FUSSBALL. WAS DER SPORT

MIT DER GESELLSCHAFT MACHT, IST SCHLICHTWEG

KRIMINELL.“

Verachten Sie Nostalgiker?PH: Das kann man so nicht sagen. Die Tatsa­che, dass Enzo Fusco C.P. Company gekauft hat, war meines Erachtens auch ein Nostal­gie­Ding. Er hat sich vorher sicherlich nicht gefragt, was er damit konkret machen will, sondern das Unternehmen einfach gekauft, weil er sich danach gefühlt hat. Sie sind nicht aus Nostalgiegründen zu-rückgekehrt?  PH: Die Geschichte war unfertig. Wir mussten da noch einmal ran.AP: Es war nie als Revanche gedacht, von wegen, wir beweisen jetzt nochmal, was wir draufhaben.PH: Naja, ein klein wenig vielleicht. Nächste Frage? Stone Island, aber auch C.P. Company wurden seit Mitte der 80er oft mit der Hooligan-Szene in Verbindung gebracht. Inwiefern beeinflussen solche Imageprob-leme den Designprozess?AP: Überhaupt nicht.

PH: Es war höchstens interessant zu wissen, dass sehr reiche Hooligans die Jacken trugen. Die schauten sich die Spiele des FC Chelsea an und eine Jahreskarte kostete um die 40.000 Pfund. Aber beeinflussen tut einen das nicht, man kann als Designer ja auch nichts dage­gen tun.

Hat man das Gefühl, man wird falsch ver-standen? Stellt man seine Arbeit infrage?PH: Warum es in die Richtung ging, lag doch daran, dass Stone Island und C.P. Company von Anfang an als sehr heterosexuelle, mas­kuline Linien galten und daher sehr gut zum Fußball passten. Ich hasse übrigens Fußball. Was der Sport mit der Gesellschaft macht, ist schlichtweg kriminell. Inwiefern?PH: Meines Erachtens ist Fußball heute mit den Gladiatorenspielen im antiken Rom gleichzusetzen. Die Menschen sollen nicht mehr nachdenken, sie sollen nichts mehr wis­sen, deswegen geben wir ihnen Fußball. Das Leben vieler Menschen dreht sich um diesen Sport! Das Thema ist viel zu wichtig geworden in unserer Gesellschaft.  

„ES GIBT KEINE VISION IN ITALIEN. UND DANN SITZEN DIE

JUNGEN MÄNNER DEN GANZEN TAG VORM FERNSEHER

UND SCHAUEN SICH FUSSBALL AN! DER ABSOLUTE STILLSTAND.“

Für die meisten ist es einfach nur ein Hobby, dem sie am Samstagnachmittag vor dem Fernseher oder im Stadion frönen.PH: Das war ja auch mal vollkommen okay. Aber heute gibt es Fußball im Fernsehen an sieben Tagen die Woche, nicht mehr nur samstags – und die Sender zahlen irrsinnige Summen dafür. Ist man zu Zeiten der Welt­meisterschaft in Italien unterwegs, denkt man, die Welt sei verrückt geworden. Ganze

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MACHERPAUL HARVEY, ALESSANDRO PUNGETTI / FGF INDUSTRY

Dörfer hängen gemeinsam vor diesen winzi­gen Fernsehern.

Das kann man auch positiv sehen: Über Sport entstehen Gemeinschaften.PH: Aber das Thema hat einen zu hohen Stel­lenwert erhalten! Das ist nie gut. Das Problem ist doch, gerade in Italien, dass sich das Land sowieso nicht mehr bewegt. Es gibt keine Vi­sion. Und dann sitzen die jungen Männer den ganzen Tag vorm Fernseher und schauen sich Fußball an! Der absolute Stillstand. Sie klingen ziemlich hoffnungslos.PH: Was in diesem Land passiert, ist sehr traurig und sehr dramatisch. Wir sind jetzt seit ein paar Tagen in Italien unterwegs und egal mit wem wir sprechen, alle reden wie Sie.AP: Das Thema ist zu groß für ein Interview wie dieses. Zusammengefasst geht die Ge­schichte so: Vor 30 Jahren war Aufbruchsstim­mung in Italien, und jetzt sind wir am Ende. Keiner weiß, was in den nächsten fünf Jahren passieren wird. Die Industrie ist zerstört, die Gesellschaft ist zerstört und die Kultur auch.PH: Man weiß nicht einmal, was in den kommenden 20 Tagen passieren wird! Alle sprechen nur darüber, wer der nächste Minis­terpräsident wird, anstatt Strategien für die Zukunft zu entwickeln. Sosehr ich Tony Blair für vieles verachte, er hatte zumindest eine Vision für London und die Stadt rockt heute! In Italien gibt es keine Ideen, nirgends. Nie­mand kümmert sich um einen Wandel, nicht einmal die Gesellschaft. Die jungen Leute, die etwas erreichen wollen, verlassen das Land, so wie meine beiden Töchter.

Ihnen ist es noch gelungen, in Italien etwas zu erreichen – Sie gelten als die Ve-teranen der Sportswear. Sehen Sie das als Kompliment oder Beleidigung?PH: Ein Kompliment? Nicht unbedingt. Wir

haben eben jede Menge Erfahrung darin, Sportswear für Männer zu entwerfen – und das auf einem sehr hohen Niveau. Mehr gibt es dazu wohl nicht zu sagen. Wenn Sie auf diese 30 Jahre Erfahrung zu-rückblicken, wo steht die Mode heute?PH: Die Art und Weise, wie wir uns heute der Mode nähern, ist eine ganz andere. In den 80ern und 90ern ging es darum, zu expe­rimentieren. Einzelne Produkte standen im Vordergrund, darauf konzentrierte man sich. Heute muss eine ganze Geschichte erzählt werden. Das Produkt, die Auslieferung, die Kommunikation, der Vertrieb – alles muss perfekt sein. Der Markt ist heute so gesättigt, dass er für neue Ideen viel weniger empfäng­lich ist. Also ist Ten C auch dahingehend ein State-ment, dass man sich von dieser Entwick-lung freimachen muss? Schließlich geht es ja vorrangig um das Produkt, das der Konsument sich anschauen soll – und nicht um Geschichten drum herum.PH: So einfach ist es natürlich nicht. Am Ende geht es auch um eine ganze Geschichte. Hinter den Jacken steckt ja eine Aussage, die wir auch damit unterstreichen, dass wir ausschließlich in Italien produzieren. Um die Marke zu verstehen, muss man diese Dinge wohl wissen. 

„OHNE GIORGIO ARMANI WÜRDEN WIR HIER

HEUTE NICHT SITZEN. ER HAT ALLES VERÄNDERT.“

 

Haben Sie Idole? Helden, zu denen Sie auf-blicken?AP: Ein Held ist wirklich etwas sehr Großes. Ich würde eher sagen, manche arbeiten sehr, sehr gut. Aber Helden? Italiener in jedem Fall

nicht. Bis auf Miuccia Prada. Und Giorgio Ar­mani, ohne ihn würden wir hier nicht sitzen. Er hat alles verändert.PH: Armani ist brillant! Und er ist immer noch da. Können Sie sich das vorstellen? Mit fast 80 Jahren noch Mode zu machen?AS: Auf keinen Fall. Was machen Sie, wenn Sie irgendwann aufhören?PH: Prioritäten verschieben sich, je älter man wird. Meine älteste Tochter ist 22, es ist durchaus möglich, dass ich irgendwann Großvater werde. Man verliert auch das Ge­fühl für die Dinge, die gewisse Sensibilität, die man für die Mode braucht. In unserer Branche geht es darum, auf die Ideen, die man hat, zu bestehen, obwohl man sich nie wirklich sicher sein kann. Und genau das wird meines Erachtens schwieriger, je älter man ist.AS: Ich habe gehört, in Griechenland gibt es wunderschöne Inseln.

www.ten­c.itwww.blauer.itwww.cpcompany.comwww.fgf­industry.com

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MERZ B. SCHWANEN

ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT

Merz b. Schwanen fertigt hochwertige Shirts auf historischen Maschinen.

Text: Bettina Homann

MACHER PETER PLOTNICKI / MERZ B. SCHWANEN

Durch die Fenster scheint die Sonne und be­leuchtet die massiven alten Schränke mit den metallenen Rolltüren. Hier im fünften Stock ist der Lärm des Hackeschen Marktes weit weg. Das Büro von Merz b. Schwanen ist eine Oase der Stille mitten in der Großstadt­Hektik. Auf dem schweren Holztisch liegt ein altes Män­nerunterhemd. Kurzärmelig, aus gelblich­beigem Baumwolljersey mit einer Knopfleiste, an der drei Wäscheknöpfe aus Stoff prangen, mit sauber gearbeiteten Bündchen und einem eingenähten Schild, auf dem in altmodisch schnörkeligem Schriftzug „prima Qualität“ steht.

Es scheint vertraut, so als hätte man es schon einmal irgendwo gesehen. Auf einem der Bilder von August Sander beispielsweise, der Anfang des 20. Jahrhunderts Bauern im Wes­terwald fotografierte. Eindringliche Porträts, auf denen die Menschen sehr ernst in die Kamera schauen und Kleidung tragen, die aus heutiger Sicht sehr formal, fast elegant wirkt.

Mit diesem schlichten Hemdchen hat alles angefangen. Als der Designer Peter Plotnicki es auf dem Flohmarkt entdeckte, schlug sein Herz höher. Warum, kann er schwer sagen. „Ein Bauchgefühl, das direkt da war. Es lag wohl an dieser Einfachheit. Es ist ja nicht viel dran und doch ist es eine so perfekte runde Sache“, sagt er. Er spricht ruhig, fast bedächtig. Plotnicki fragte den Händler – den Wäsche­Enthusiasten Joachim Plonka, der heute den Laden Fein und Ripp in der Kastanienallee betreibt – nach der Herkunft des Teils. Plonka brachte Plotnicki mit Rudolf Loder zusammen, Wäschefabrikant aus Alb­stadt in der schwäbischen Alp, der Lagerware und alte Strickmaschinen gerettet hatte, als das Traditionshaus Merz b. Schwanen einige Jahre zuvor den Betrieb eingestellt hatte.

Peter Plotnicki träumte schon lange davon, et­was Eigenes zu entwickeln. Als großer Jeans­

Fan, der viele Jahre Vintage­Modelle von Levi’s gesammelt hatte, dachte er zunächst an Jeans. „Aber es gab zwei Fragen, die ich mir immer wieder gestellt habe: ‚Was hat Deutschland mit Jeans zu tun?‘ und ‚Würde ich selbst diese Jeans tragen?‘.“ Die zweite Frage beantwortete er sich immer mit nein. Seine geliebten Levi’s Vintage­Jeans, bis heute die einzigen, die er trägt, würde er nicht eintau­schen wollen.

Wenn es aber möglich wäre, solche schlich­ten Shirts herzustellen und zwar genau so, wie sie früher hergestellt wurden, fand Plotnicki, könnte das genau das Produkt sein, nachdem er gesucht hatte. „Im Prinzip“, befand Loder, „sei das möglich.“ Und tatsächlich funktio­nierten die alten Rundstrickmaschinen noch und sie konnten die Arbeit wieder aufneh­men. Und so wagte Plotnicki einen Neuan­fang, der tief in alter Tradition verwurzelt ist.

In der schwäbischen Alp wird bereits seit den 1850er­Jahren Wäsche hergestellt. Nachdem die Böden immer unfruchtbarer wurden, mussten sich die Bauern einen anderen Le­bensunterhalt suchen. Sie importierten die 1789 in Frankreich erfundenen Rundstrickma­schinen, die Wäscheproduktion begann. Die viel weichere Baumwollwäsche ersetzte die damals übliche aus Leinen, durch das Rund­stricken entfielen die Seitennähte, so dass nichts drückte oder rieb.

Nachdem geklärt war, dass der Traum wahr werden könnte, fehlte nur noch ein Name. „Ein Fantasiename“, sagt Plotnicki, der das Unternehmen gemeinsam mit seiner Frau Gitta betreibt, „kam für uns nicht in Frage.“ Schließlich bot die Familie Merz, als sie von dem Projekt erfuhr, von sich aus ihren Namen an. „Der Name ist ein Geschenk des Himmels, wir bekamen von einem Moment zum anderen fast 100 Jahre Geschichte in die Hände.“

Besonders der Schwan hat es den Plotnickis angetan. „Dass er für Schönheit und Reinheit steht“, erklärt Gitta Plotnicki, „wissen ja die meisten. Aber kürzlich haben wir herausge­funden, dass er auch als Krafttier für einen Neuanfang von etwas steht, das einmal ge­storben war.“

Offenbar stand das Unternehmen unter einem guten Stern. Im Januar 2011 wurde die erste Kollektion auf der Bread and Butter vorgestellt – mit Erfolg. 70 Händler in 14 Ländern wurden 2013 beliefert, 20.000 Teile gefertigt. Das Un­ternehmen soll wachsen, aber langsam.

Zwei Kollektionen werden pro Jahr entwi­ckelt, inzwischen auch für Damen. Im Zen­trum steht das klassische Henley­Shirt mit Knopfleiste, mit kurzen oder Dreiviertelär­meln, dazu kommen Tank­Tops und T­Shirts mit rundem Ausschnitt. Das Geschäft soll aber nicht nur auf diesen zwei Kollektionen basieren. „Was wir machen, ist kein Mode­produkt, wir möchten es als Standard etab­lieren“, sagt Plotnicki. Daher haben Kunden die Möglichkeit, das ganze Jahr über nach­zubestellen. So wird die Produktpalette auch nur in engem Rahmen weiterentwickelt. Zwei neue Farben gibt es pro Saison, neue Mate­rialmixe werden ausprobiert. Gefertigt wird aus hochwertigen Bio­Baumwoll­ und Visko­segarnen aus Griechenland und Portugal, hauptsächlich in Mako­Imit­Qualität, die aus 67 Prozent Baumwolle und 33 Prozent Viskose besteht und ganz besonders weich ist. Im Winter kommen Merino­Baumwoll­Kombina­tionen hinzu. Da auf chemische Ausrüstung weitestgehend verzichtet wird, braucht ein Teil von Merz b. Schwanen ein wenig mehr Aufmerksamkeit als ein Standard­T­Shirt. Ex­tremschleudergänge verträgt es schlecht und manches muss nach dem Waschen wieder in Form gezogen werden.

„Unsere Produkte sind lebendig, sie verän­dern sich mit der Zeit“, sagt Gitta Plotnicki. Beim Tragen reibt sich die Baumwolle ein we­nig ab, es kommt zu einem „Peeling“­Effekt, was übrigens in Japan als Qualitätsmerkmal geschätzt wird. Das liegt an der besonderen Fertigung. Die alten Maschinen sind sehr viel langsamer und können viel feinere Garne verarbeiten. Und sie produzieren kleine Unregelmäßigkeiten im Maschenbild. Sehr viel mehr Aufwand und Geschick ist nötig als bei modernen Maschinen. Es war nicht einfach, überhaupt jemanden zu finden, der die Technik noch beherrscht. Ein Rentner wurde aus dem Ruhestand zurückgeholt. Sein Berufsleben hatte er an den Maschinen ver­bracht. „Der Herr Bosch geht durch den Raum und hört, wenn es einer Maschine nicht gut geht. Er legt die Hand drauf und durch die veränderte Vibration weiß er, wo an welcher Schraube gedreht werden muss.“

Peter und Gitta Plotnicki betreiben ihr Label mit viel Herzblut. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie selbst genau die Menschen sind, für die Merz b. Schwanen­Modelle ge­macht sind. „Wir leben den Luxus des Ver­zichts“, sagt Gitta Plotnicki. Sie möchten we­nige Dinge haben, aber gute. Dinge, die man wertschätzt, weil sie mit Freude und Hingabe gemacht werden, unter menschenwürdigen Bedingungen. Irgendwie merkt man das einem Produkt an, auch wenn man die Ge­schichte dahinter nicht kennt, davon ist Gitta Plotnicki überzeugt. „ Das läuft eher unterbe­wusst ab. Immer mehr Menschen sehnen sich in unser schnelllebigen Zeit nach etwas, das Ruhe und Halt gibt.“ Und immer mehr Men­schen sehen ein, dass Billig­Konsum schäd­lich und menschenverachtend ist. „Natürlich bewegen wir uns in einer Nische“, sagt Peter Plotnicki, „aber ich bin davon überzeugt, dass die immer mehr Anhänger finden wird.“

www.merz­schwanen.com

Peter Plotnicki

A HISTORY OF QUALITY

I was born and raised in Herning, a small town in Central Jutland, Denmark. There, from basements, garages, outbuildings and factories the clacking and humming sounds of sewing machines was heard day and night. Herning was a bustling textile center, and here, people who dreamt of making things were given the space to do so.

I, however, had humble beginnings in this business. It all started in 1969 in a dilapidated fire station with a second-hand weaving machine my father and I had brought from England. As a 21 year old who knew absolutely nothing about textiles I was taught the hard way — by making and fixing my own mistakes.

The more I worked, the more I learnt. It was here I first developed a passion for knowledge. After a while it paid off — I had my first customer. When I received that first order I sang all the way home in my car!

Despite starting with an old, second hand machine, as business progressed I saw the advantages of technology. Like knowledge, technology evolves and can make easy what was once difficult. Always looking for the latest technology and innovation, I would spend hours on—end driving and flying across the country in search of the latest and greatest ideas to help increase business.

From this perspective of innovation, ecology developed as a foundation to create new and unique products. I created my first ecological products more than 25 years ago. Over time, as technology and trends have changed, my commitment to knowledge, innovation and natural choices has not. This is a personal philosophy.

Time has a particular significance to me. Quality takes time and this is reflected in the product. I believe in an original and natural product, and this is the root of my love of cotton. I am inspired by the simplicity and honesty of a fiber that is harvested from a plant, grown from a seed, in the Earth, over time.

Like these cotton seeds, I now consider my own experience in the textile industry one which has come time to harvest. As I was inspired by my father in 1969 to start with my own machine and ideas, I now seek to inspire my son, Mads, and future generations. KNOWLEDGE COTTON APPAREL is this future founded upon the principles of my past.

Built upon a shared philosophy and love of technology, innovation and ecology, KNOWLEDGE COTTON APPAREL is a family firm where tradition is more than storytelling. Tradition and family knowledge are used every day. Only in this way can we create quality products we can stand behind together that may live to inspire the next generation in another 25 years.

The many years I have spent in the textile industry have taught me perseverance and courage. Pursue your ideas as time is the ultimate judge. Dare to believe and stand upon principle. We may never reach our goals but the challenge and process of striving for them is ultimately the reward.

- Jørgen Mørup

Jørgen Mørup and Uncle Henryat the fabric Mill, Herning, Denmark 1969

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A HISTORY OF QUALITY

I was born and raised in Herning, a small town in Central Jutland, Denmark. There, from basements, garages, outbuildings and factories the clacking and humming sounds of sewing machines was heard day and night. Herning was a bustling textile center, and here, people who dreamt of making things were given the space to do so.

I, however, had humble beginnings in this business. It all started in 1969 in a dilapidated fire station with a second-hand weaving machine my father and I had brought from England. As a 21 year old who knew absolutely nothing about textiles I was taught the hard way — by making and fixing my own mistakes.

The more I worked, the more I learnt. It was here I first developed a passion for knowledge. After a while it paid off — I had my first customer. When I received that first order I sang all the way home in my car!

Despite starting with an old, second hand machine, as business progressed I saw the advantages of technology. Like knowledge, technology evolves and can make easy what was once difficult. Always looking for the latest technology and innovation, I would spend hours on—end driving and flying across the country in search of the latest and greatest ideas to help increase business.

From this perspective of innovation, ecology developed as a foundation to create new and unique products. I created my first ecological products more than 25 years ago. Over time, as technology and trends have changed, my commitment to knowledge, innovation and natural choices has not. This is a personal philosophy.

Time has a particular significance to me. Quality takes time and this is reflected in the product. I believe in an original and natural product, and this is the root of my love of cotton. I am inspired by the simplicity and honesty of a fiber that is harvested from a plant, grown from a seed, in the Earth, over time.

Like these cotton seeds, I now consider my own experience in the textile industry one which has come time to harvest. As I was inspired by my father in 1969 to start with my own machine and ideas, I now seek to inspire my son, Mads, and future generations. KNOWLEDGE COTTON APPAREL is this future founded upon the principles of my past.

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The many years I have spent in the textile industry have taught me perseverance and courage. Pursue your ideas as time is the ultimate judge. Dare to believe and stand upon principle. We may never reach our goals but the challenge and process of striving for them is ultimately the reward.

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Jørgen Mørup and Uncle Henryat the fabric Mill, Herning, Denmark 1969

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„DER ANFANG WAR EIN ALBTRAUM“

Eigentlich wollte er die weite Welt sehen und nicht nur den Familienbetrieb, doch schon früh war klar, dass Alberto Candiani eines Tages die Jeans-Fabrik seines Vaters übernehmen würde.

Wie er seine Rolle trotzdem gefunden hat und welche Visionen er für die Branche hat, erklärt er im Interview. 

Interview: Franziska Klün / Fotos: Katharina Poblotzki

MACHER ALBERTO CANDIANI / CANDIANI DENIM

Herr Candiani, Sie sind erst 31 Jahre alt und gelten bereits als einer der führenden Denim-Experten weltweit. Wie macht man das?Meine Erfahrung reicht ja auch schon ziem­lich weit zurück! Ich bin wortwörtlich in einer Denim­Fabrik geboren und aufgewachsen, die Häuser meiner Familie stehen auf dem Gelände von Candiani Denim. Als Kind spielte ich mit Baumwolle, ich habe immer in dieser Umgebung gelebt. An dem Tag, als ich meinen Universitätsabschluss feierte, feierten wir auch meinen Einstand bei Candiani De­nim. Nicht einmal für eine Woche wollte mein Vater mich gehen lassen. Insofern liegt meine Expertise in meiner DNA.

Hätten Sie auch ausbrechen und etwas komplett anderes tun können? Hatten Sie eine Wahl?

Leider nein. Am Anfang war das ein Alb­traum, schließlich wusste ich lange nicht, ob es mir gefallen wird, eines Tages die Fabrik meiner Familie zu übernehmen. Ich fand Jeans immer gut, aber es war keine große

„ICH MUSSTE DEN MITARBEITERN ERST EINMAL BEWEISEN,

DASS ICH AUCH IN DER LAGE BIN, DAS UNTERNEHMEN

ZU LEITEN, UND DASS ICH MEHR KANN, ALS NUR

DER CANDIANI-SOHN ZU SEIN.“

Leidenschaft damit verbunden. Ich bin kein Denim­Fanatiker oder so. Ich interessiere mich für viele andere Dinge – Technologie, Kultur, insbesondere Musik. Ich habe immer

selbst Musik gemacht. Erst als DJ, doch als es plötzlich cool wurde aufzulegen und das alle machten, musste ich rebellieren – also habe ich eine Band gegründet, „Army of the Uni­verse“. Uns gibt es weiterhin, wir touren und sind vor allem in Amerika bekannt. Und als es dann bei Candiani ernst wurde und ich dort anfing, gefiel es mir plötzlich doch.

Sie waren 28, als Sie die Firma übernah-men. Fühlten Sie sich je zu jung für dieses große Erbe?Nein, nie. Aber der Prozess der Übernahme ist auch noch nicht abgeschlossen. Mein Vater ist weiterhin Vorsitzender des Unternehmens – und das ist gut so. Er ist noch präsent in der Firma und löst sich gleichzeitig emotional im­mer mehr davon.

Viele Ihrer Mitarbeiter arbeiten ihr Leben

lang bei Candiani Denim, selbst deren Eltern waren bei Ihnen angestellt, voraus-sichtlich werden ihre Kinder dort arbeiten. Wie wurden Sie aufgenommen?Ich musste mich in der Firma erst einmal po­sitionieren, neue Ideen entwickeln und den Menschen beweisen, dass ich auch in der Lage bin, das Unternehmen zu leiten, und dass ich mehr kann, als nur der Candiani­Sohn zu sein.

Die erste große Veränderung unter Ihrer Leitung?Die Art und Weise, wie wir unsere Stoffe präsentieren, haben wir verändert. Wir zei­gen unsere Materialien nun in Kleiderform, was bei den Designern sehr gut ankommt. Nachdem uns das alle anderen Jeansfabriken nachgemacht hatten, beschloss ich, ins Mar­keting zu investieren. Anfangs glaubte ich,

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das selbst in die Hand nehmen zu können. Doch ich merkte schnell, dass das nicht funk­tioniert, und holte Simon Giuliani zu uns. Er ist ein absolutes Marketing­Genie.

Wenn Sie das Erbe betrachten, das Sie an-getreten haben, worauf sind Sie besonders stolz?Anfang der 00er­Jahre, als es der Wirtschaft unglaublich gut ging, brach in der Denim­Branche eine neue Ära an. Schöner Stretch­Denim war damals noch sehr schwer zu fin­den. Der größte Erfolg meines Vater und der Firma war es, einen solchen zu entwickeln. Damit wurden wir berühmt, die Nachfrage war riesig. 2004 verdoppelten wir unsere Kapazitäten, investierten eine Menge Geld. In der gleichen Zeitspanne, in der wir vor zehn Jahren 40 Einheiten produzierten, produzie­ren wir heute 300. Unsere Erfolgsstrategie ist es, immer zu versuchen, so innovativ wie möglich zu bleiben. Und das führe ich so wei­ter.

78 Prozent der Candiani-Ware ist Stretch-Denim. Gab es je die Befürchtung, Stretch könnte bloß ein Trend sein?Viele dachten das und gingen davon aus, dass das Material wieder verschwinden wird. Wir aber glaubten dran und heute produzie­ren wir jede mögliche Form von Stretch. Als wir Ende der 90er damit anfingen, war der Bereich eine gigantische Marktlücke: Stretch, der gut aussieht und bequem ist, gab es ein­

fach nicht. Gleichzeitig änderten sich die An­sprüche der Frauen: Jeans wurden zu einem Fashion­Item, das spielte uns gut zu.

„HANDWERK UND INDUSTRIE SIND KEINE GEGENSÄTZE

MEHR, UND WIR REPRÄSENTIEREN DAS MEINES ERACHTENS

ZIEMLICH GUT.“

Sie haben Candiani Denim mal als über-dimensionierten Handwerksbetrieb be-zeichnet. Wenn wir uns bei Ihnen so um-schauen, stehen hier aber doch eine ganze Menge Maschinen.Es heißt immer, der Handwerksbetrieb sei der Feind der Industrie und andersherum. Ich glaube, das stimmt nicht mehr. Wir sind ein gutes Beispiel dafür, wie man Industrie und Handwerk verbinden kann. Bei uns arbeiten 650 Leute, knapp 40 Prozent von ihnen kenne ich persönlich, die meisten stammen aus der Gegend hier. Ich führe das Unternehmen in der vierten Generation, alles ist familiär und vertraut. Natürlich haben wir große Maschi­nen und Roboter und all das, gleichzeitig ist der menschliche Aspekt sehr präsent. Hand­werk und Industrie sind keine Gegensätze mehr, und wir repräsentieren das meines Erachtens ziemlich gut.Auf einer Denim-Konferenz sagten Sie kürzlich: „Die Lücke zwischen Innovation

und Nachhaltigkeit wurde endlich ge-schlossen.“ Was meinen Sie damit?Wir leben heute in einer Zeit, in der es um bewusste Herstellungsverfahren geht, ich nenne das „Conscious Making“. Vor zehn Jahren konnten wir noch keine Produkte her­stellen, die nachhaltig und beispielsweise aus recycelter Baumwolle waren und gleichzeitig genauso gut aussahen wie alle anderen Jeans. Heute geht das. Die Lücke, über die wir spre­chen, wird auch kleiner, weil die neuen Tech­nologien nachhaltiger sind. Im Färbeprozess kommt man beispielsweise mit sehr viel we­niger Wasser und weniger Chemikalien aus.

Aber sehr wenige Fabriken machen Ge-brauch davon.Der Wandel geschieht langsam und er ist nur in wenigen Ländern zu beobachten, das stimmt. Besonders in Italien müssen wir mehr auf unsere Umwelt achten. Und damit meine ich nicht nur die Natur, sondern auch die Ar­beiter, deren Arbeitsverhältnisse und deren Sicherheit. Unsere Kunden wissen, dass sie uns vollkommen vertrauen und sich auf uns verlassen können.

Trotz des allmählichen Wandels gilt das Jeansgeschäft noch immer als eine der schmutzigsten Industrien der Welt. Immer wieder sieht man im Fernsehen Dokumen-tationen über chinesische Produktionsfa-briken. Die Bilder vermitteln das Gefühl, man dürfte eigentlich nie wieder eine

Jeans kaufen. Hatten Sie jemals grundle-gende Zweifel, in der falschen Branche gelandet zu sein?Nein, das hatte ich nie. Natürlich schockieren solche Filme die westliche Welt und natürlich verändern sie das Bewusstsein, wenn man das nächste Mal in einem Geschäft eine Jeans anprobiert. Dennoch sind das für mich keine Neuigkeiten. Seit langer, langer Zeit weiß ich, wie viel Schmutz die Mode produzieren kann. Aber in Europa, Amerika, auch in der Türkei, Tunesien, Marokko und Ägypten arbeitet nie­mand mehr mit den veralteten Techniken, die in diesen Filmen gezeigt werden.

Niemand? Da habe ich aber von anderen Beispielen gehört.Natürlich gibt es Ausnahmen und überall findet man irgendwelche Idioten, die die Re­geln nicht verstanden haben. Denim wurde sehr schnell sehr populär, als man mit den Waschungen anfing. Viele wussten anfangs nicht, wie sie die Prozesse am besten hand­haben, was wiederum zu einer enormen Was­serverschwendung und dem Missbrauch von Chemikalien führte. Aber heute ist die Situa­tion in vielen Ländern eine andere.

Empfinden Sie solche Dokumentationen als reißerisch?Nein, es ist gut, dass sie ausgestrahlt wer­den, und ich bin jedes Mal schockiert, dass solche Bedingungen immer noch der Realität entsprechen. Derjenige, der dafür am Ende

Der 1938 gegründete Familienbe­trieb „Candiani S.p.A.“, kurz „TRC“ oder einfach „Candiani Denim“, wird heute in vierter Generation von Alberto Candiani geleitet. Zwar spricht man bei Candiani Denim nicht über seine Kunden, so will es die Philosophie des Hauses, dennoch ist bekannt, dass die meisten großen Premium­Labels ihre Denim­Ware aus den Hallen in Robecchetto in der Region Lom­bardei beziehen. Heute entstehen hier jährlich etwa 30 Millionen Me­ter Jeansstoff, 78 Prozent davon ist Stretch­Denim. 

MACHER ALBERTO CANDIANI / CANDIANI DENIM

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MACHER ALBERTO CANDIANI / CANDIANI DENIM

wirklich verantwortlich ist, ist der Besitzer der Fabrik. Dennoch sollten die Medien nicht nur auf die Bad Boys zeigen, sondern auch klarstellen, wie gut es laufen kann.

„DIE MEDIEN SOLLTEN NICHT NUR AUF DIE BAD BOYS DER

BRANCHE ZEIGEN, SONDERN AUCH KLARSTELLEN,

WIE GUT ES LAUFEN KANN.“

Sie sagen, es sei der Fehler der Fabrikbe-sitzer. Sind nicht alle in der Kette Betei-ligten verantwortlich: der Kunde, der das günstigste Produkt will, die Marke, die die Preise so stark drückt, und der Fabrikbe-sitzer, der das ermöglicht?Doch, natürlich. Es gibt einige große Marken, die sich einfach nicht darum scheren und für die nur eines gilt: Hauptsache billig. Wenn man Jeanshosen für neun Dollar irgendwo hängen sieht, ist vollkommen klar, dass in dem Produktionsprozess irgendetwas grund­legend falsch läuft. Anders geht sowas nicht. Vielleicht kann man noch ein T­Shirt für das Geld herstellen und verkaufen – aber eine Hose?

Wie viel muss ein Paar Jeans mindestens kosten?Stellen wir uns mal eine Welt ohne Steuern vor. Dann müssten wir allein für die Baum­

wolle 1,50 Dollar pro Hose kalkulieren. Man färbt, wäscht, verschifft. Da kommt man pro Meter Stoff auf mindestens drei Dollar, für ein Paar Jeans braucht man also mindestens 4 Dollar – und da reden wir nur vom Stoff. Dann muss der auch noch vernäht werden, wieder gewaschen, wieder verschifft. Wenn eine Jeans 20 Dollar kostet, hat noch niemand da­ran Geld verdient. Und wenn Jeans 300 Euro kosten … ?Dann heißt das natürlich nicht, dass in der Produktion alles richtig läuft. Mit solchen Preisen kauft man sich einen gewissen Luxus hinzu.

Das ist verwirrend für den Kunden. Woran kann er sich orientieren?Seit Häuser wie H&M, Zara oder Topshop vor zehn Jahren anfingen, immer bessere Produkte zu lancieren, wissen die Menschen nicht mehr, ob es überhaupt noch einen Qualitätsunterschied zwischen Luxusmarke und Fast­Fashion­Kette gibt. Nicht selten ist es dasselbe Material, das vielleicht noch in unterschiedlichen Ländern weiterverarbeitet wurde – und bei den einen am Ende für 30 Euro im Laden hängt und bei den anderen für 300. Daher sollte der Konsument heute dar­auf achten, dass er etwas Besonderes erhält, wenn er mehr Geld ausgibt. Einen Mehrwert. Ob der Stoff besonders gut gemacht ist, oder ob etwas „Made in USA“ ist, was derzeit die Amerikaner sehr mögen. Auch wenn dieser

Hype spät kommt, es gibt ihn zumindest. In Italien interessiert sich niemand dafür, ob et­was „Made in Italy“ ist oder nicht.

„SOBALD ES UM HIGH FASHION GEHT, INTERESSIERT SICH NIEMAND MEHR DAFÜR,

WO ETWAS HERGESTELLT WIRD. DAS GILT NICHT NUR FÜR ITALIEN,

SONDERN WELTWEIT.“

Im Gegensatz zu Deutschland.Viele Italiener glauben, was in ihrem Land hergestellt wird, sei zu teuer. Und unglückli­cherweise geschieht das auch häufig, einige Hersteller setzen die Preise zu hoch an. In Deutschland genießt Italiens Textilindustrie ein besseres Image. Aber sobald es um High Fashion geht, interessiert sich niemand mehr dafür, wo etwas hergestellt wird. Und das gilt nicht nur für Italien, sondern weltweit.

Wenigstens wird in Italien überhaupt noch Kleidung hergestellt.Auch in Frankreich wird noch ein wenig produziert, in Portugal ja auch. Großbritan­nien ist stark, wenn es um Schuhe und Leder geht. Doch ich frage mich: Warum sind wir so dumm und so wenig pragmatisch? Warum messen wir der Nahrungsmittelindustrie so eine große Bedeutung bei, wollen genau wissen, woher unser Mozzarella stammt, aber

bei unserer Jeans interessiert es uns nicht? Solange der Konsument sich nicht dafür inter­essiert, woher seine Produkte stammen, sehe ich keine sonderlich rosige Zukunft für Dinge aus Europa. Alles was wir tun, ist Billigwaren aus dem Ausland zu importieren, damit wir mehr Geld ausgeben können für Sachen, die wir nicht brauchen.

„DA SITZT EINER DER WICHTIGSTEN POLITIKER

ITALIENS NEBEN MIR UND KANN NICHT FASSEN,

DASS IN DIESEM LAND DENIM PRODUZIERT WIRD!

DASS SO ETWAS MÖGLICH IST!“

Als in den 00er-Jahren viele Marken ihre Produktionen nach Asien verlagerten, brachen für Italiens Textilbranche sehr schwere Zeiten an. Wie war es bei Candiani Denim?Es war in Ordnung. Vor 2008 lief es wirklich gut, dann wurde es schwieriger. Das hatte nicht nur mit der Krise zu tun, sondern auch damit, dass Denim nicht sonderlich gefragt war. Wir haben diese Zeit genutzt, um Neues zu entwickeln. Zum Beispiel haben wir eine Abteilung geschaffen, in der nur weißer De­nim entsteht. Vor 2008 haben wir maximal eine halbe Million Meter davon verkauft, 2011 waren es knapp fünf Millionen. Jetzt sinken

In einer gigantischen Lagerhalle nimmt alles seinen Anfang: Hier stapeln sich die Baumwoll­pakete, fertig für die Weiterverar­beitung. Marketing­Leiter Simon Giuliani erklärt den langen Weg zum Jeansstoff.

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MACHER ALBERTO CANDIANI / CANDIANI DENIM

diese Zahlen wieder, Blue Denim kommt zu­rück. Dennoch: Der Niedergang der italieni­schen Textilindustrie begann nicht erst in den 00er­Jahren, sondern bereits in den 90ern. Und die Regierung tat nichts dagegen.

Wie ist die Situation heute? Gibt es Initiati-ven zum Erhalt der Branche?Da hat sich nichts getan und da tut sich nichts. Ich kann eine ziemlich erschreckende Anek­dote erzählen. Leider darf ich keine Namen verraten, aber ich saß bei einem Essen neben einem der fünf Top­Politiker unseres Landes, er hat zu der Zeit ein Ministerium geleitet. Ich war der jüngste Kerl am Tisch und er fragte mich, was ich so tue, also erzählte ich ihm von der Denim­Industrie und erklärte ihm al­les. Nach einer halben Stunde fragte er: „Du machst also Jeans in China und importierst sie?“ Und ich erwiderte: „Nein, wir machen Denim in Italien.“ Ich meine, da sitzt einer der wichtigsten Politiker des Landes neben mir und kann nicht fassen, dass so etwas in diesem Land passiert! Wir produzieren 30 Millionen Meter Denim jedes Jahr und er sollte nicht überrascht, sondern stolz sein! Sie sollen uns ja keinen Preis verleihen dafür, aber sie sollten froh darüber sein, dass es uns gibt, und der Branche etwas mehr Bedeutung beimessen.

Wer sind heute die größten „Made in Italy“-Fans?Das sind die Japaner. Dort hat Italien das

beste Image. Man kann die beiden Länder auch gut miteinander vergleichen. Viele unserer italienischen Kunden gehen zum Beispiel nach Japan, wenn sie etwas Außerge­wöhnliches machen wollen. Mit dem „Made in Japan“­Label, glauben sie, würde die Mode für den Kunden noch besonderer, was für uns völlig in Ordnung ist. So ist das Image Japans in Europa.

Freunde von Ihnen haben den Blog Denimfreaks.org gegründet. Was ist die Idee dahinter?Sie wollten eine Art Denim­Liga gründen, um mit den Leuten aus der Branche zu sprechen. Zunächst war es ein Blog, jetzt entwickelt sich das Ganze mehr in Richtung Online­Magazin.

Was ist die Aussage dahinter?Eine meiner Erkenntnisse lautet: Wer in der Branche politisch korrekt sein will, sagt nicht, was er denkt. Da wollen wir gegensteuern. Wir wollen die Leute dazu bewegen, gut und schlecht über die anderen zu sprechen. Wir wollen kein weiteres soziales Netzwerk schaf­fen. Kein Denim­Network, in dem man sich über nerdiges Zeug wie Zahlen und Fasern austauscht. Die Menschen sollen miteinander reden. Ihre liebsten drei Brands verraten, aber auch die drei, die sie am schlechtesten finden. Endlich mal Tacheles!

www.trccandiani.com

Aus Paketen werden Fasern, aus Fasern wird gefärbter Denim. Und am Ende zählt der genaue Blick: In der Kontrolle wird Meter um Meter jeder Stoff auf Fehler geprüft.

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MACHERANDREA BRÀ / HTC – HOLLYWOOD TRADING COMPANY

ANDREA BRÀ

ist der kreative Kopf hinter der Marke HTC Hollywood Trading Company und Besitzer der LCB Company in Verona. Zusammen mit seinem ameri­kanischen Partner Zip Stevenson ent­wirft er seit zehn Jahren Stiefel, Gürtel und Jacken aus Leder und Nieten. Er liebt Musik und Motoren und lebt mit Frau und Kindern in Verona.

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MACHERANDREA BRÀ / HTC – HOLLYWOOD TRADING COMPANY

INTERVIEWANDREA BRÀ, HTC

„ICH BIN EIN LEDERMANN!“

Als Kind schlief er auf dem gestapelten Leder in der Fabrik seiner Eltern, heute ist er für seine Freunde nur Il Pellaio, der Ledermann. Andrea Brà führt zusammen mit seinem kalifornischen Kompagnon Zip Stevenson

das Unternehmen Hollywood Trading Company. Wir haben ihn in seiner Fabrik bei Verona besucht.

Interview: Franziska Klün / Fotos: Katharina Poblotzki

„Oben wird inspiriert, unten wird gefertigt“, sagt Andrea Brà. So laute die Regel in der Fabrik seiner LCB Company. Nur wenige Mi­nuten Autofahrt von Verona entfernt, werden hier nicht nur die berühmten Nietengürtel und Lederjacken der Hollywood Trading Company gefertigt, sondern auch Lederac­cessoires für andere Firmen. In dem zwei­stöckigen Gebäude sitzt unten das Handwerk und oben das Archiv. Und Letzteres kann sich sehen lassen. Hätte Andrea Brà die Zeit, könnte er wohl stundenlang von den Gürteln, Taschen, Schuhen und Jacken erzählen, die sich hier stapeln. Bei weitem nicht alles ist hier entstanden. Der Großteil stammt von den Flohmärkten und Vintage­Läden dieser Welt.

Herr Bra, Sie sind mit Leder und Acces-soires groß geworden. 1972 gründete Ihr Vater die LCB Company, eine Manufaktur für Lederwaren. 1988 stiegen Sie mit ein. War Ihr Weg vorgegeben?Ich bin ein Ledermann durch und durch! Meine Freunde nennen mich auch so: „Pel­laio“. Ich liebe Vintage­Kleidung, seit ich denken kann. An Leder mag ich, dass es un­perfekt ist. Perfektion und ich funktionieren nicht so gut miteinander. Aber das war nicht von Anfang an klar. Als ich 1988 bei meinem Vater einstieg, war ich noch jung, es war mein erster Job. Ich wollte Vintage neu erfinden, es wieder aufleben lassen und im Grunde das machen, was ich auch heute mit HTC tue. Aber kurze Zeit später habe ich angefangen, Wirtschaft zu studieren. Ich wollte ins Aus­land.

Doch Ihr Vater funkte dazwischen.Er war müde und wollte aussteigen. Und ich stand plötzlich vor der Wahl: Manufaktur oder Studium. Ich entschied mich für die Manufak­tur.

Ein schwerer Schritt?Es fiel mir vor allem schwer, weil ich dachte, ich würde mich damit gegen das Ausland entscheiden. Ich sah mich schon mein Leben

lang in unserer Fabrik in der norditalieni­schen Provinz stehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich dieser Job einmal als mein Reiseticket in die weite Welt entpuppen würde. Heute bin ich ständig in New York, in Los Angeles, ich verbringe viel Zeit in Paris.

Warum wollten Sie unbedingt wegziehen?Als Jugendlicher war ich einige Male nach Paris und London gereist. Als ich Anfang der 80er erstmals die King’s Road entlang­lief, verstand ich die Welt nicht mehr: Diese Punks, wie die aussahen! So etwas kannte ich nicht. Ich fand es faszinierend. Ich wollte mehr davon.

„ICH KANN MIT VERBUNDENEN AUGEN

DIE VERSCHIEDENEN LEDER AN IHREM GERUCH

ERKENNEN.“

Heute gelten Sie nicht nur als Ledermann, sondern auch als Vintage-Experte. Genau wie Ihr amerikanischer Partner Zip Ste-venson. Wie haben Sie beide sich gefun-den?Ich glaube stark an Netzwerke und Freunde. Ein Bekannter sagte, ich sollte Zip mal treffen. Als ich dann in Kalifornien war, fuhr ich zu ihm und er stand da mit einem Foto von einer unserer Taschen in der Hand. Er fragte: „Sind Sie Herr Bra? Haben Sie das hier gemacht?“ Ich nickte und fragte, warum er das wissen wolle. Er antwortete: „Weil ich auf Sie gewar­tet habe.“

Er war auf der Suche nach jemandem wie Ihnen?Absolut. Er brauchte jemanden, der das Eu­ropa­Geschäft für HTC in die Hand nimmt.

Heute leiten Sie Stevensons Unternehmen gemeinsam mit ihm. Wie macht man das – bei einer räumlichen Distanz von etwa

10.000 Kilometern?Es ist schwer zu sagen, wer von uns Creative Director ist. Wir telefonieren ständig, er er­zählt mir, was er entdeckt hat, und ich ihm, was ich so suche. Es ist ein gemeinsamer Ent­wicklungsprozess. Er gräbt die Schätze aus und ich mache daraus eine Kollektion.

Was fasziniert Sie an Vintage-Kleidung?Das Handwerk der Vergangenheit hat es mir angetan. Wie man die Sachen früher hergestellt hat. Nicht nur in Italien, auch in Frankreich, wo es Firmen wie Hermès gibt. Als kleiner Junge schlief ich immer auf dem gestapelten Leder in der Fabrik, gemeinsam mit unseren Hunden. Ich wartete darauf, dass meine Eltern mit der Arbeit fertig wurden. Oft war es zehn, elf Uhr abends, wenn wir heimgingen. Das Material war meine Welt. Heute kann ich mit verbundenen Augen die verschiedenen Leder an ihrem Geruch erken­nen.

Gibt es auch schlecht riechendes Leder?Oh ja. Es gibt Gerbereien, da wird einem übel, wenn man nur davorsteht.

Woran erkennt man hochwertiges Leder?Man könnte meinen, am Preis, aber das stimmt nicht. Die Leute glauben oft, dass die besonders großen Namen auch gutes Leder verwenden, aber auch das ist nicht unbedingt wahr. Gutes Leder darf nicht perfekt sein. Wenn man damit in den Regen kommt, hinter­lässt das Wasser Spuren. Bei HTC wollen wir nicht mit zu vielen Schutzmitteln arbeiten, so wie das einige Marken tun. Es gibt Leder, da kann man Benzin drüberschütten und nichts passiert – für mich ist das nichts.

Und wie kann ich das im Geschäft heraus-finden?Nehmen wir Ihre Lederjacke. Der Geruch und wie sie sich anfühlt – da weiß ich, das Mate­rial ist gut.

Ich rieche gar nichts.

Reiben Sie dran. Das Leder muss sich dabei ein bisschen verändern. Das ist ein gutes Zeichen.

Sie sagen immer wieder, es sei die Welt der amerikanischen Motorrad-Szene der 70er, die Sie so inspiriert. Was ist so span-nend daran?Die Qualität der Dinge, die in der Zeit entstan­den sind, ist einzigartig: die handgemachten Stiefel, die Jacken, die Gürtel sind der Wahn­sinn.

Was an Ihrem persönlichen Stil ist ameri-kanisch und was italienisch?Das kann man nicht trennen. Ich bin mehr von Marken und Unternehmen beeinflusst als von Ländern. Zum Beispiel Harley Davidson, Du­cati, aber auch Zero Engineering.

Sie haben einmal gesagt, Ihre Jacken sol-len Motorradfahrer bis zu einer Geschwin-digkeit von 100 Stundenkilometern schüt-zen. Vor was, und was passiert, wenn man 110 fährt?Habe ich das gesagt? Das ist ja ganz großer Quatsch! Die meisten, die unsere Sachen auf der Maschine tragen, fahren sowieso nicht besonders schnell. Da geht es mehr um den Sound des Motors, um das Vergnügen. Nicht unbedingt um Geschwindigkeit. Ich trage kein HTC, wenn ich schnell fahre.

„VERDAMMTES LEBEN, EIN PAAR SACHEN MÖCHTE

ICH JA SCHON NOCH MIT DIR MACHEN.“

Was ist schnell für Sie?Alles ab 120 Stundenkilometern.

Wie viele Motorräder besitzen Sie?Drei oder vier. Ich liebe es zu fahren, aber ich tue es kaum.

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MACHERANDREA BRÀ / HTC – HOLLYWOOD TRADING COMPANY

Warum nicht?Weil ich die Kontrolle über mich verliere, wenn ich unterwegs bin. Ich vergesse alles, fahre zu schnell. Zu oft darf ich das nicht ma­chen.

Fahren Sie vorsichtiger, seit Sie Vater sind?Nicht unbedingt. Nur seltener. Ich hatte selbst nie einen schlimmen Unfall, aber Freunde von mir sind gestorben. Wenn man so etwas erlebt, denkt man nur: Verdammtes Leben, ein paar Sachen möchte ich ja schon noch mit dir machen.

Aber aufhören wollten Sie nie?Niemals! So ist es perfekt, ich fahre weniger, das passt. Manche Freunde von mir sind um die 70 und fahren immer noch. So werde ich das auch machen.

Der beste Drink nach einer langen Motor-rad-Tour?Für mich immer Southern Comfort.

Auf Eis?Nur wenn ich danach noch ausgehe, sonst pur.

David Beckham, Karl Lagerfeld, Iggy Pop, Madonna – sie alle tragen HTC. Wie stolz macht Sie das?Sehr stolz! Natürlich! Vor allem, wenn man es durch Zufall entdeckt und gar nichts damit zu tun hatte.

Ihr Facebook-Foto zeigt Sie gemeinsam mit Iggy Pop in irgendeinem Club. Es sieht aus, als hätten Sie eine gute Zeit zusam-men gehabt.Oh ja! Wir haben viele Fotos gemacht. Ein Freund hat uns einander vorgestellt. Wir waren essen, es wurde getrunken. Es geht bei solchen Treffen aber nicht unbedingt um HTC. Als Herr Lagerfeld in Mailand in einem Geschäft eines Freundes von mir viel einge­kauft hat, rief der mich im Anschluss an und

erzählte mir das. Klar, das freut einen. Aber wenn ich Lagerfeld treffe, spreche ich ihn nicht darauf an, dass er meine Sachen trägt. Selbst dann nicht, wenn er in unseren Stiefeln vor mir steht. Doch aus all diesen Begegnun­gen werden am Ende Geschichten, an die man sich gerne erinnert.

An welche erinnern Sie sich am liebsten?Da gibt es einige! Einmal war ich in Lon­don, irgendeine Elton­John­Nacht mit vielen spannenden Gästen, De Niro war da und zahlreiche Models. Ich fing an mit einer sehr hübschen Dame zu plaudern, wir standen draußen und rauchten, quatschten, setzten uns rein, quatschten noch mehr. Als wären wir alte Freunde. Dann sagte ein Freund: „Kennst du Uma schon lange?“ Ich hatte Uma Thurman überhaupt nicht erkannt. Eine so unaufgeregte, sympathische Person! Irgend­wann zeigte ich ihr dann, was wir so machen. Besser kann man an Leute gar nicht herantre­ten.

„ICH BESITZE UM DIE 15.000 PLATTEN,

JEDE WOCHE KOMMEN WEITERE 100 DAZU.“

Sie mögen das Nachtleben, gute Drinks und gute Musik. Was ist Ihnen wichtiger: Arbeit oder Freizeit?Das kommt auf meine Laune an. HTC ist meine Leidenschaft und mein Leben. Ich stehe jeden Morgen um 4.30 Uhr auf, dann habe ich bis um sechs Uhr Zeit, über die nächste Kollek­tion nachzudenken. Aber ich gehe auch gern aus. Dann geht es mir aber nicht ums Feiern an sich, sondern um die Qualität der Musik.

Sie selbst legen auch auf.Ich sage immer: Mode ist mein Job, Musik ist mein Hobby. Meinen Job mache ich, das an­dere versuche ich.

Was für Musik versuchen Sie dann aufzule-gen? Italo Disco?In Deutschland wollen sie immer Italo Disco, und wenn es der richtige Abend ist, warum nicht? Ich spiele auch Nina Hagen, wenn es passt. Aber meistens bin ich mehr für Rock, von Lurie bis zu den Black Keys, funky Zeug aus den 60ern, Deep House.

Und wenn sich Ihre deutschen Gäste einen Song von Paolo Conte oder Eros Ramaz-zotti wünschen?Ramazotti wäre gefährlich … Paolo Conte ist fantastisch! Ich spiele aber nur Vinyl.

Wie groß ist Ihre Sammlung?Über 15.000 Platten, jede Woche kommen 100 weitere dazu.

Wie archivieren Sie die?Es ist das totale Chaos. Jeden Morgen von sechs bis sieben höre ich mir neue Platten an, und packe alles aus. Wenn ich viel zu tun habe, wie jetzt gerade, habe ich jemanden, der das für mich macht und mir erzählt, was es so Neues in meiner Sammlung gibt.

Was haben Sie heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit gehört?Tiefschwarz.

Das müssen Sie nicht sagen, um uns Berli-nern zu schmeicheln.Es stimmt aber! Ich liebe Tiefschwarz.

Ihr erstes Album?Kraftwerk.

Singen Sie auch laut mit, wenn Sie Musik hören?Natürlich! Zum Beispiel Patty Pravo – fantas­tisch! Oder Blue (Da Be Dee) von Eiffel 65.

Müssen Sie auf jeder Party Ihrer Freunde auflegen?Das mache ich supergerne, auch auf HTC­Veranstaltungen. Ich will kein Geld damit

verdienen. Was ich nicht mehr gerne mache, ist in Clubs bis um fünf Uhr morgens zu ste­hen, an Orten wie Barcelona oder Ibiza. Letzte Woche habe ich vor 1.000 Leuten in Mailand gespielt. Am Ende einer solchen Nacht bin ich nicht besonders glücklich.

Warum nicht?Es gibt für mich keinen Grund mehr, dort zu stehen. Ich spiele gerne zu Aperitif­Zeiten, von 21 Uhr bis Mitternacht oder so. Alles an­dere funktioniert nicht mehr für mich. Das ist zu weit weg von mir.

www.htclosangeles.com

A FEW AGAINST MANY

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MACHERANTOINE UND JULIEN AGHULON / LA BOTTE GARDIANE

ANTOINE und JULIEN AGHULON

betreiben die letzte Schuhfabrik in Südfrankreich, die die berühmten Bottes Gardianes herstellt. Einst waren es 20 Unternehmen in dieser Gegend, die sich auf die Pro­duktion der Stiefel für die Cowboys der Camargue spezialisiert hatten. Man könnte die Arbeitsweise dieses Familienbetriebs als Anwort auf die Schnelllebigkeit der Modebranche werten, doch hier geht es nicht um große Statements, sondern einfach nur um gute Schuhe.

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NEWS

MACHERANTOINE UND JULIEN AGHULON / LA BOTTE GARDIANE

LA BOTTE GARDIANE

AUF FESTEN SOHLEN

Sie lesen keine Modemagazine, interessieren sich nicht für Trends und kaufen sich erst neue Schuhe, wenn die alten auseinanderfallen:

Antoine und Julien Agulhon von La Botte Gardiane sind wahrlich keine klassischen Modemacher. Aber alle lieben ihre Cowboystiefel.

Interview: Franziska Klün / Fotos: Rainer Rudolf-Benoit

Es ist Mitte November und für deutsche Besu­cher ist bereits das Verlassen des Flughafen­gebäudes im südfranzösischen Montpellier eine Wohltat. Antoine Agulhon wartet in dünnem Wollpullover am Gebäudeeingang, die Sonne scheint, der Himmel ist strahlend blau. Agulhon ruft: „Bienvenu!“ Er hat eine große Papiertüte mitgebracht, darauf der Schriftzug seines Unternehmens „La Botte Gardiane“ – nur zur Sicherheit, falls man sich nicht erkennt.

Gemeinsam mit seinem Bruder Julien pro­duziert Antoine Agulhon in Südfrankreich Schuhe, 20.000 Stück im Jahr. Rund 800 davon sind die echten Bottes Gardianes – auf Deutsch bedeutet der Name so viel wie „Wächterstiefel“. Einst trugen die Cowboys der Camargue die Schuhe aus festem Leder, noch heute sind sie für die Ewigkeit gemacht. Um die Wildpferde und Stiere beisammen­zuhalten, brauchten die Cowboys robustes Schuhwerk. Mittlerweile sind die Stiefel das Markenzeichen des Unternehmens.

Dieses Unternehmen, das eher einer Manu­faktur gleicht als einer Fabrik, befindet sich in die Gemeinde Villetelle, etwa 30 Kilometer von Montpellier entfernt. Auf dem Weg da­hin passiert man die sumpfige Landschaft, durch die auch einst die Cowboys ritten. Es geht vorbei an den vielen Pferden und den Flamingos, für beide Tierarten ist die Region berühmt. Die Agulhons sind hier geboren, mit ihren Familien leben sie nicht weit von ihrem Betrieb entfernt. In Villetelle kennt man sich, hier wundert sich niemand, wenn der Dorf­Sheriff im Restaurant mit seinen zwei Kollegen eine Anderthalb­Liter­Karaffe Rot­wein zum Mittagessen genießt.

THE EXCELLENCE OF FRENCH KNOW-HOW

Einst gab es in der Gegend 20 Betriebe, die

die Bottes Gardianes herstellten, heute sind nur die Agulhons übrig geblieben. Dafür haben sie das EPV­Zertifikat erhalten, das steht für „Entreprise du Patrimoine Vivant“, „The Excellence of French Know­how“ oder auch: das lebendige Firmenerbe. Schließlich gelten die Schuhe als eine Art Kulturgut – den meisten Franzosen sind die Namen Les Bottes Gardianes oder Les Bottes Camargues, wie das Modell auch genannt wird, geläufig. „In den 80ern“, sagt Agulhon, „waren die Schuhe in Frankreich wahnsinnig gefragt.“ Es war die Zeit der populären TV­Spots einer großen Zigarettenmarke, in denen Cowboys durch die amerikanische Wildnis ritten und eine Art kollektives Sehnsuchtsgefühl der westlichen Gesellschaft nach Natur und Freiheit auslös­ten. Die Stiefel der Camargue waren die fran­zösische Antwort darauf.

Heute könnte man sämtliche im Haus der Agulhons produzierten Schuhe wieder als eine Antwort werten. Zum Beispiel auf die Schnelllebigkeit der Modebranche, auf die undurchsichtigen Produktionsbedingungen oder das Aussterben echter Handwerksbe­triebe. Doch hier in Villetelle geht es nicht um große Statements, es geht auch nicht um Gewinnmaximierung oder darum, aktuellen Trends zu folgen. Hier geht es ganz einfach um gute Schuhe.

Julien und Antoine Agulhon stehen auf dem Parkplatz ihrer Schuhmanufaktur unter zwei Meter hohen Olivenbäumen und lachen, als sie erzählen, dass sie sich aus schönen Schu­hen eigentlich gar nicht viel machen. Jeder von ihnen besitzt gerade mal drei Paar aus dem eigenen Haus, insgesamt kommen sie jeweils auf knapp zehn. Neue Schuhe kaufen sie sich erst, wenn die alten auseinanderfal­len. Beim Interview sind sie entlarvend ehr­lich, sagen Sätze wie: „Ich weiß nicht, warum unsere Schuhe bei Frauen so gut ankommen, ich bin doch ein Mann. Vielleicht weil unser Leder so gut ist? Was glauben Sie denn?“ Es scheint, als könnten ihnen die Welten der El­

les, Vogues, Grazias und Cosmopolitans, die regelmäßig die Schuhe der Agulhons vorstel­len, kaum fremder sein. Sie selbst, da sind sie wieder ganz ehrlich, lesen solche Modema­gazine jedenfalls nicht.

„ICH WEISS NICHT, WARUM UNSERE SCHUHE BEI FRAUEN

SO GUT ANKOMMEN, ICH BIN DOCH EIN MANN.“

Dabei sind ihre Schuhe jedem Modemagazin­Trend gewachsen: Neben den schlichten Stiefeln der Cowboys gibt es auch lammfell­gefüllte Modelle, elegante Reiterstiefel und Loafers, Sandalen und Chelsea Boots, für Männer und für Frauen. Und sie alle vereint die Reduzierung aufs Wesentliche: robus­tes Leder, dicke Sohlen, klassische Farben. Schuhe aus einer anderen Zeit, die nach einer Saison nicht gleich ausgelatscht, sondern erst richtig eingelaufen sind und bei richtiger Pflege und regelmäßiger neuer Besohlung durchaus ein Leben lang halten sollen. „Wir reparieren auch die Schuhe unserer Kunden“, sagt Antoine Agulhon. Zu vielen von ihnen stehen sie in direktem Kontakt, übernehmen auch mal Sonderanfertigungen, „wenn die Zeit es zulässt.“

Die Zeit allerdings wird zunehmend zu einer Herausforderung in dem Familienbetrieb. Im Frühsommer 2012 eröffneten die Agulhons ihr erstes eigenes Geschäft auf der Ruhe de Charonne in Paris, geführt wird es von Anto­ines und Juliens 30­jähriger Schwester. „Und sie interessiert sich tatsächlich für Mode“, sagt Antoine, wieder entwaffnend ehrlich. Seit der Eröffnung des Geschäfts ist viel pas­siert. „Plötzlich begriffen wir, wie gefragt wir sind“, sagt Agulhon. Sie begriffen auch, dass sie mehr produzieren könnten, wenn sie wollten. Zunehmend stoßen sie nun an ihre Kapazitätsgrenzen.

Das wiederum überrascht nicht, kennt man das Innere des unscheinbaren Hauses in Vil­letelle, wo das Unternehmen beheimatet ist: Inklusive Produktionsstätte, Lager, Showroom und Büro kommen die Räumlichkeiten auf ge­rade einmal 300 Quadratmeter. 15 Mitarbeiter beschäftigen sie hier, im Büro, an den Näh­, Schleif­ und Klebemaschinen. Wenn sie woll­ten, könnten sie anbauen,ausreichend Platz gäbe es auf dem Grundstück allemal. Sie könnten mehr Mitarbeiter einstellen, mehr Schuhe produzieren, mehr Geld verdienen. Doch Antoine sagt: „Wer schnell wächst, kann auch schnell schrumpfen.“ Julien und er bevorzugen ein langsames, behutsames Wachstum.

Was ein weniger behutsames Management bedeuten kann, haben sie hier in Villetelle beobachten können. Bevor Antoines und Juli­ens Vater 1995 La Botte Gardiane übernahm, hat das Unternehmen viele Jahre einem Her­ren gehört, der es 1958 gegründet hatte. Doch irgendwann war er zu alt geworden, wollte aufhören, sich zurückziehen und verkaufte al­les an einen Mann, über den Antoine Agulhon sagt, er habe einfach zu viel Rotwein getrun­ken. Fünf Jahre später war das Unternehmen insolvent – und Michel Agulhon übernahm. Der kannte sich aus mit Schuhen, schließlich besaß er bereits eine Firma für Sicherheits­schuhe – doch gegenüber der wachsenden Konkurrenz aus Asien wollte er sich breiter aufstellen. Er engagierte all die ehemaligen Angestellten wieder, damit das Wissen er­halten blieb. Doch mit der Leitung von zwei Unternehmen war auch ein Schuhexperte wie Michel Agulhon überfordert. Als dann ein Wasserschaden im Unternehmen dazukam, hatte Vater Agulhon ein echtes Problem und Sohn Antoine eine neue Aufgabe.

„WER SCHNELL WÄCHST, KANN AUCH SCHNELL

SCHRUMPFEN.“

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MACHERANTOINE UND JULIEN AGHULON / LA BOTTE GARDIANE

Der hatte eigentlich Finanzwesen studiert und andere Pläne, er wollte bei einer Bank arbei­ten, sich Zahlen widmen und keinen Schuhen. Als sein Vater ihn um Hilfe bat, hatte er ge­rade seinen Abschluss gemacht. „Ich dachte, ich helfe erst mal aus – und gehe dann zur Bank.“ Doch dazu kam es nicht. Auch wenn Antoine einen schweren Start hatte ­ „alle Mitarbeiter waren um die 50 und ich kam ge­rade von der Universität!“ –, sagte er wohl die richtigen Dinge. So zumindest erklärt er sich, dass das Vertrauen der Leute in ihn mit der Zeit wuchs. „Ich war maßlos überfordert und dachte oft, es sei zu viel, aber dann wurden wir immer kreativer und die Zahlen verbes­serten sich.“

Nach vier Jahren aber war er wieder an dem Punkt, dass ihm alles über den Kopf wuchs – nun bat er seinen Bruder um Hilfe. Auch der hatte andere Pläne, er war Elektriker und ar­beitete in einer Software­Firma in Lyon. Doch er war nicht ganz glücklich dort, also dachte er, ähnlich wie sein Bruder ein paar Jahre zuvor: „Ich helfe erst mal aus und suche dann einen neuen Job.“

Seit sieben Jahren arbeiten sie nun Seite an Seite, der Vater hat sich längst zurückgezo­gen. Weil sie sich beide in allen Bereichen auskennen wollen und müssen, wechseln Julien und Antoine alle sechs Monate ihre Funktionen. Der eine schmeißt das Büro, der andere die Produktion und umgekehrt. „Das bringt Abwechslung und neue Ideen“, sagt Antoine.

NEUE DESIGNS VON KUNDEN UND PRAKTIKANTEN

Neue Ideen für Schuhdesigns erhalten sie nicht nur aus den eigenen Reihen, manchmal sind es auch die der Kunden: „Wenn sie einen Sonderwunsch haben und der uns gefällt, be­halten wir den Entwurf“, sagt Antoine. Auch

ihre Praktikanten dürfen entwerfen, meistens seien gute Ideen darunter. Doch die Kollek­tionen basieren zum Großteil auf Klassikern. Man müsse das nicht alles jedes Jahr neu er­finden. Fünf bis sechs neue Designs kommen pro Saison dazu, und die, die nicht gut laufen, fallen wieder raus. Auf Messen gehen sie selten, normalerweise nur auf die Première Classe in Paris. Und Anfragen von den gro­ßen Häusern, wie neulich von Céline, nehmen sie nur noch ungern an, wenn nicht auch ihr Name draufsteht. „Co­Branding ist o.k., aber nur für andere produzieren wollen wir nicht mehr. Dafür haben wir mittlerweile einfach zu viel zu tun.“ Schließlich hätten beide Familie und können sich Besseres vorstellen als einen Schichtbetrieb, in dem 24 Stunden am Tag gearbeitet wird. „Vielleicht vergrößern wir im kommenden Jahr die Fabrik“, sagt Antoine – 700 Quadratmeter mehr Fläche wären auf dem Grundstück möglich –, „vielleicht warten wir aber auch noch ein paar Jahre.“

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Das sind sie, die berühmten Bottes Gardianes (oben links): gemacht für die Ewigkeit und handgefertigt. Auch vom Chef selbst: Antoine Aghulon (oben rechts).

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BOMBOOGIE

„ES BLEIBT IN DER FAMILIE“

2004 übernahmen Manuele und Cristiano Musso das Unternehmen Bomboogie von ihrem Vater. Innerhalb von vier Jahren gelang ihnen die Verdoppelung von Umsatz und Mitarbeitern.

Interview: Franziska Klün / Fotos: Katharina Poblotzki

MACHERMANUELE UND CRISTIANO MUSSO / BOMBOOGIE

In Agliè bei Turin sitzt Bomboogie. Es ist ein milder Nachmittag Ende Oktober in Nordita­lien. In mehrstöckigen, verspiegelten Neu­bauten ist die Space 2000 S.P.A. beheimatet, die Fabrik, zu der Bomboogie gehört. Die Herbstsonne spendet warmes Licht und die zahlreichen vor dem Betrieb geparkten Autos werfen lange Schatten auf den Asphalt. Zwar gibt es kein Schild, das darauf hinweist, dass sich hinter den großen Türen auch tatsächlich das Unternehmen Space 2000 verbirgt, doch zwei Plastikstatuen am Eingang lassen es er­ahnen: Sie sind von menschlicher Größe und könnten einer Star­Wars­Episode entsprun­gen sein.  Manuele erscheint wenig später, ohne Laser­schwert, in Jeans und Kapuzenpullover. Ge­meinsam mit seinem Bruder Cristiano Musso leitet er das Unternehmen Space 2000 S.P.A., das ihr Vater in den späten 70ern gegrün­det hat und dessen Leitung die Brüder 2004 übernahmen. Er begrüßt seine Besucher mit

festem Händedruck. Manuele Musso spricht schnell, läuft schnell, als habe er sich die Philosophie seiner Marke ganz und gar ein­verleibt. Bomboogie, so das Credo, sei „die Verkörperung von Geschwindigkeit auf dem Weg zum Ziel“. Verbringt man einen Nach­mittag mit den Gebrüdern Musso, wird die Bedeutung dahinter klar: Das System Bomb­oogie basiert auf Effizienz. „Bei uns spielen vier Faktoren eine große Rolle“, sagt Manuele Musso: „Preis, Leistung, Geschwindigkeit und Service“.

 DIE FREUNDE MEINTEN:

„DU SOLLTEST ITALIENISCHE LEDERJACKEN MACHEN!“

ER LIESS SICH ÜBERZEUGEN. 

Das Markenzeichen von Bomboogie sind Jacken, mit Daunen gefüllt und mit einem Kra­genende aus Fell. In Zukunft möchte man das

Hosen­, Shirt­ und Strickangebot noch stärker ausweiten, doch mit den Jacken ist die Marke bekannt und vor allem erfolgreich geworden. 25 Millionen Euro Umsatz macht das Unter­nehmen heute jährlich. Vor vier Jahren waren es rund zehn Millionen weniger.  Als Giancarlo Musso seine Fabrik 1977 gründete, spezialisierte er sich nicht auf das Branding eigener Marken, sondern auf die Produktion von Lederwaren. Er war mit Lei­denschaft bei der Sache, ein Leder­Connais­seur. Er liebte, was er tat. Irgendwann kamen ein paar Freunde auf ihn zu und sagten: „Du solltest italienische Lederjacken machen!“ Sie meinten, es sei die richtige Zeit dafür und es gebe diese Marktlücke. Das war Anfang der 90er. Als die Freunde nicht locker ließen und auch andere auf ihn zukamen, beschloss Gi­ancarlo Musso, Bomboogie zu gründen. Inspirieren ließ er sich von der Luftfahrt Ame­rikas, der Nose Art, ihren Symbolen – und

den berühmten Fliegerjacken. Die graffiti­ähnliche Nose Art, die in Deutschland und Italien um 1910 herum ihren Ursprung nahm, diente den Piloten zum einen als Wiederer­kennungszeichen, aber auch als Aufmunte­rung und Trost, wenn sie fern der Heimat ihre Leben riskierten. Die Qualität der Zeichnun­gen stieg im Laufe der folgenden kriegsrei­chen Jahrzehnte und erreichte im Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt. Auch in vielen anderen kriegsbeteiligten Ländern wurde die Kunstform angewandt. Musso senior gefiel der Hintergrund der Zeichnungen. Giancarlo mochte die Tatsache, „dass sie das Leben der Piloten etwas weniger traurig machen soll­ten“, wie es Sohn Manuele Musso beschreibt. Der Name Bomboogie, eine Mischung aus Bomb und Boogie, zeugt davon.  So wurde 1991 die erste von amerikanischen Fliegerjacken inspirierte Kollektion aus dem Hause Bomboogie lanciert. Auch wenn Le­derjacken heute nur noch einen kleineren

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MACHERMANUELE UND CRISTIANO MUSSO / BOMBOOGIE

Teil der Produktion ausmachen, verweist das Symbol der Marke noch immer auf diese Wurzeln: der Propeller. Hunderte davon gibt es am Eingang des Showrooms zu sehen, hier steht eine gigantische mobile Installation aus mit dem Bomboogie­Schriftzug gebrandeten Metallpropellern, die wie ein Kunstwerk an­mutet. Nach ihrer Lancierung avancierte die Marke innerhalb von vier Jahren zu einem der führenden Lederjackenhersteller Italiens, schnell bedienten sie 800 Geschäfte weltweit. „Die Kunden standen um fünf Uhr morgens bei uns vor der Tür, um einzukaufen“, sagt Manuele Musso. „Die Nachfrage war so groß, dass sie sogar Zweite­Wahl­Artikel mitnah­men.“ Das Geschäft boomte, ganz wie Gian­carlo Mussos Freunde es prophezeit hatten. Irgendwann aber begann die Nachfrage von Ledertextilien zu sinken, bei Bomboo­gie musste man umdenken, also weitete die Firma ihr Angebot aus und führte ganze Klei­dungslinien ein. „Doch das Unternehmen war noch nicht so weit in seiner Organisation“, sagt Manuele Musso. Die Zeiten, die nun an­brachen, waren, um es mit den Worten der Mussos zu sagen, „etwas komplizierter“.  

„DIE NACHFRAGE WAR SO GROSS, DASS DIE KUNDEN

MITTE DER 90ER UM FÜNF UHR MORGENS

BEI UNS VOR DER TÜR STANDEN, UM EINZUKAUFEN.“

 

Diesen etwas komplizierteren Zeiten sollte die Übernahme durch die zweite Genera­tion eine Ende setzen: Als die Brüder 2004 übernahmen, folgte ein Relaunch der Marke. Pragmatisch gingen Cristiano und Manuele vor, sie schauten auf den Markt, ihr Blick fiel

auf Labels wie Moncler und Blauer, und sie analysierten. Für Daunenjacken gibt es noch Platz, wenn man es anders macht als die Kon­kurrenz. Sie resümierten: „Um uns abzuhe­ben, bieten wir unseren Kunden die gleiche Qualität wie die Konkurrenz, nur zu einem sehr viel niedrigeren Preis.“ Sie beschlossen, auf Daunenjacken mit geringeren Gewinn­margen zu setzen.

„UNSER GROSSER VORTEIL IST: WIR SIND BRÜDER“,

SAGT CRISTIANO MUSSO, „UND WENN DIE DINGE SCHLECHT

LAUFEN, MÜSSEN WIR NICHT SO HÖFLICH ZUEINANDER SEIN.“

So kosten die mit Daunen und Federn gefüll­ten Bomboogie­Jacken mit abnehmbarem Kragen – mal aus Echt­, mal aus Kunstfell – in der Regel zwischen 250 und 350 Euro. Außer­dem haben die Brüder viel investiert in ein ausgefeiltes Logistik­ und Inventursystem, so dass sie ihre Kunden jederzeit über die aktuellen Lagerbestände informieren und schnelle Nachlieferungen ermöglichen kön­nen. Innerhalb von vier Jahren gelang den Brüdern die Verdoppelung von Umsatz und Angestelltenanzahl.   „Unser großer Vorteil ist: Wir sind Brüder“, sagt Cristiano Musso, „und wenn die Dinge schlecht laufen, kompliziert sind oder wir Probleme haben, müssen wir nicht so höflich zueinander sein.“ Man könne diskutieren, streiten, auch richtig wütend aufeinander sein, während des Mittagessens, auf Reisen, am Telefon – und danach trotzdem einfach mit der Arbeit weitermachen. „Das ist Familie!“ Beide Brüder sitzen im ersten Stock des ver­spiegelten Neubaus, ihr Büro ist ein großer offener Raum mit riesigen Schreibtischen, die

zwar weit voneinander weg, sich aber gleich­zeitig schräg gegenüberstehen. Dazwischen Moodboards, Tische voller Akten, zwei Sessel und ein Sofa. So sind sie sich nah und haben dennoch ausreichend Raum für sich und ihre eigenen Ideen. „Und ganz wichtig“, fügt Cris­tiano Musso hinzu. „Wenn einer mal ausfällt, ist immer noch der andere da.“  In den kommenden Jahren wollen sie weiter wachsen. „Nicht um jeden Preis“, sagt Manu­ele, „sondern organisch. Wir schauen lieber nach den richtigen Partnern als nach dem richtigen Markt.“ In 60 Ländern ist Bomboo­gie heute erhältlich. „Eigentlich sollten wir uns auf die USA konzentrieren, der Markt ist so groß, doch wir finden nicht die richtigen Partner dafür“, sagt Manuele Musso. Sie sind nicht auf der Suche nach kurzfristigen Erfol­gen, sondern nach langfristigen Beziehungen. Und die finden sie derzeit vor allem in China. Dort wachsen nicht nur die Verkaufsstellen der Marke, sondern auch die Umsätze. Sechs

bis acht Mal im Jahr fliegt Manuele für je eine Woche zu den chinesischen Partnern. Das sei essenziell, denn in China laufe alles über die Pflege guter Beziehungen. Und so verbringt er die Aufenthalte dort in Restaurants. Essen. Champagner trinken. Nicht die schlechteste Seite des Jobs.  Für beide Brüder war immer klar, dass sie eines Tages das Unternehmen des Vaters übernehmen würden. „Wenn man das alles von klein auf mitbekommt, wie der eigene Vater solch eine Firma aufbaut, immer davon spricht, einen auch mit in die Fabrik nimmt – dann steckt man mittendrin. Schon als Kind stellte ich mir vor, wie das einmal sein wird, dieses Unternehmen zu leiten.“ Heute hat der Vater noch immer ein kleines Büro im Gebäude. Nur mit Kleidung und Leder hat er abgeschlossen. Seniore Musso kümmert sich jetzt um sein Hobby: den Weinhandel.

www.bomboogie.it

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MEINUNGENTHEMA

„Auch in Prato gibt es noch viele sehr gute, „saubere“ Unternehmen, einige davon sind in chinesischer Hand, da geht alles ganz legal zu. Das was sie tun, machen sie gut! Es gibt aber auch die andere Seite. Es gibt einige Chinesen in Italien, denen es gelungen ist, kleine bis mittelständische Unternehmen zu kaufen und mit diesen tatsächlich ihr eigenes Ding durchzuziehen – jenseits der Legalität. Es gibt wiederum auch Italiener, die illegal Chinesen einstellen und so diese billigen Produktionsmöglichkeiten ausnutzen. All das ist allerdings kein Prato­spezifisches Phäno­men. Das gibt es überall. Prato ist lediglich das Zentrum dieses Schwarzmarkts, denn hier leben die meisten Chinesen. In erster Linie macht mich das nicht wütend, sondern ich verstehe nicht ganz, was da wirklich passiert. Es scheint alles sehr weit weg zu sein von mir und dem, was ich tue. Ich frage mich: Kämpfen wir in Italien dagegen? Oder rechtfertigen wir es gar? Jetzt, wo ich darüber spreche, fühle ich mich sehr distan­ziert zu dem Thema, das Ganze ekelt mich im Grunde an.

Der Schwarzmarkt in Italien ist im­mer noch sehr stark. Fakes werden weniger, unsere Regierung hat hier ganze Arbeit geleistet. Kopisten haben es nicht mehr so leicht. Allerdings geht es dabei nicht darum, das zu schützen, was wir wirklich in Italien produzieren, sondern meines Erachtens wird einfach ausgeführt, was irgendjemand mal bestimmt hat, weil es schlecht sein soll für un­ser Land. Trotz all dem glaube ich nicht, dass das gute Image des Labels „Made in Italy“ dauerhaft bedroht ist. In Italien passiert im­mer wieder eine Menge Mist, einiges geht schief – auch wirklich große Dinge –, aber am Ende gelingt es uns auch immer wieder, unseren Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Die Italiener sind gut in der Produktion von Nahrungsmitteln und sie sind gut in der Pro­duktion von Kleidung. Mit unserer Kreativität wird es uns gelingen, unsere Industrie vor unseren eigenen Fehlern zu schützen.“

Alberto Candiani, TRC Candiani

„Im Englischen sagen wir „from the sublime to the cor blimey“. Das bedeutet so viel wie: Man gelangt von einem oberflächlichen Ar­gument zu einem sehr aussagekräftigen und wichtigen – oder andersherum. Der Unfall in Prato zeigt, wie schlimm es in Italien zugehen kann. Unsere Marke Ten C wird in Modena von einer traditionellen italienischen Fabrik hergestellt. Da gibt es kein Schwarzgeld, und jeder ist angestellt. Die Färbungen, die Finishings, alles geschieht in der Tintoria Emiliana, weil das wahrscheinlich die beste Färberei Europas ist. Im Anschluss gehen die Jacken zurück zur Confezione Erian, dort werden Knöpfe angenäht, alles wird gebü­gelt. Dieser Weg ist für uns sehr wichtig, er ist fundamental. Wir hätten das immer ändern kön­nen. Wir zahlen 120 Euro für jeden Parka, dass er bei genau diesen Arbeitern genäht wird; hinzukommen die Kosten des Schnei­derns und Färbens. Wir könnten das alles auch „Made in Italy – China“ fertigen lassen, was bedeuten würde, wir verlagern die Produktion in irgendeinen der Sweatshops in Prato, wo chinesische Arbeiter weder ange­stellt sind noch fair bezahlt oder anständig behandelt werden. Von diesem System wis­sen alle und nicht wenige machen Gebrauch davon. Warum sich kaum jemand für den tödlichen Unfall in Prato zu interessieren scheint? Weil das gegen die Interessen von vielen wäre. Jeder in Italien weiß davon. Auch wir wissen, dass es uns vielleicht die Hälfte kosten würde, vielleicht auch viel weniger,

unsere Parkas dort nähen zu lassen. Und sie wären perfekt gefertigt. Der Unterschied liegt nicht in der Qualität der Produkte, sondern in den Arbeitsbedingungen. Aber das ist das letzte Kapitel in einer langen Geschichte. Vor über 20 Jahren habe ich einige Weber in Prato beraten. Es ging um die Frage, was sie für die nächste Saison produ­zieren sollten. Damals war die wachsende Konkurrenz in China ein Problem. Damals haben sie monatelang diskutiert, wie viel man minimal für blaues Melton verlangen dürfte. Melton hat damals 70 Prozent ihrer Umsätze ausgemacht. Man einigte sich schließlich auf 4.000 Lire. An dem Tag, nachdem jeder diesen wichtigen Beschluss unterschrieben hatte, verkaufte jemand das Material für 3.900 Lire. Und ein anderer daraufhin für 3.800. So ging es weiter. Es ist nicht die Regierung, die „Made in Italy“ nicht schützen kann, es sind die Italiener selbst, die es nicht tun. Ich bin Brite, aber manchmal scheine ich mehr an die Bedeutung von „Made in Italy“ zu glauben als die Italiener selbst. Ich denke, dass die Italiener mit „Made in Italy“ eines der großartigsten Labels der Welt besitzen. Und sie sind die ersten, die dieses Label zerstören. Viele scheinen nicht daran interessiert zu sein, die­ses Label zu vermarkten und ihm so auch eine Zukunft zu garantieren, sondern sie wollen heute Geld damit verdienen. Nicht morgen – JETZT. Das entspricht leider der heutigen Mentalität.“

Paul Harvey, Ten C, C.P. Company, Blauer

„Es fällt mir schwer, etwas zu dem Schwarz­markt in Prato zu sagen, weil es mich wirklich wütend macht. Textilproduktionen in den Osten zu verlagern ist eine Sache, jede Marke ist frei in ihrer Entscheidung, wie und wo sie ihre Produkte herstellen lässt. Aber illegale Sweatshops in Italien sind eine andere Ge­schichte. Mit Unternehmen wie Candiani kämpfen wir dafür, das gute Image von „Made in Italy“­Produkten zu erhalten. Und dann kommt ge­nau die Konkurrenz, die einst dafür gesorgt hat, dass die italienische Textilindustrie mas­

siv geschrumpft ist, Betriebe schließen muss­ten, handwerkliches Wissen verloren ging, und nimmt uns auch noch das Markenzeichen, das uns vom Rest der Welt abhebt. Chinesen rackern sich für andere Chinesen an illega­len, notdürftigen Orten ab, die Wohnheime und Werkstätten zugleich sind. In einem Land wie Italien, das für eine großartige Arbeits­kultur steht, sollten solche unmenschlichen Praktiken nicht möglich sein.“

Simon Giuliani, TRC Candiani

„Ich ahnte schon länger, dass so etwas Schreckliches wie das Unglück im November früher oder später in Prato passieren würde. Das fehlende Interesse der Regierung für Migration, vor allem für diese spezielle Form der Migration, hat eine sehr gefährliche Situ­ation in unserem Land geschaffen. Der Indust­rieverband Confindustria Prato, dem auch ich angehöre, versucht seit Ende der 90er­Jahre auf dieses Problem hinzuweisen – doch kaum jemand will uns zuhören. Als ich von dem Un­fall mitbekam, war ich zunächst natürlich in Sorge um die Opfer und deren Angehörigen. Doch es packte mich auch eine große Wut auf die Faulheit, das Zusehen, das jahrelange Nichtstun – denn all das hat ja im Grunde zu den Toten geführt. Wir haben nie in Erwägung gezogen, mit unserem Unternehmen Lanificio Europa unseren Standort Prato zu verlassen. Seit über 50 Jahren produzieren wir hier, wir sind vertikal ausgerichtet, haben unsere eigene Wertschöpfungskette, mit der wir Stretch Cotton für den Sportswear­Bereich produzie­ren. Alle unsere Materialien werden komplett in unseren Fabriken hergestellt. Lanificio Europa gilt als eine der führenden und ange­sehensten Produktionsstätten in diesem Seg­ment. Und auch unser Schwesterunternehmen Vestire, das in Prato Hosen für italienische und europäische Marken produziert, muss für deren Herstellung nicht auf illegale Produk­tionsstätten zurückgreifen. Prato ist nicht der einzige Ort in Italien, wo Textilien billig und auf fragwürdigen Wegen produziert werden. Aber es ist wahrscheinlich das wichtigste Zentrum. Trotzdem darf nicht vergessen wer­den: In Prato gibt es viele Textilproduktionen, die auf einem sehr hohen Niveau arbeiten, mit der besten Qualität und viel Sorgfalt. Es wäre unfair und falsch, das nicht zu betonen. Hier entsteht auch sehr viel wahres „Made in Italy“, auch deshalb fühlen wir uns so eng mit Prato verbunden.

Selbst habe ich eine solche „chi­nesische“ Fabrik nie besucht, aber was von außen und in den Gegenden drum herum zu sehen ist, reicht aus, um die illegalen Zu­stände zu erkennen und die hier stattfindende soziale Erniedrigung, die diese Gegenden charakterisiert. Insgesamt gibt es kaum öf­fentliche Unterstützung oder Kampagnen, die dabei helfen würden, dieses Problem irgend­wie anzugehen. Gerade diskutieren einige Unternehmer inklusive mir darüber, unter­schiedliche Zertifikate innerhalb der Wert­schöpfungskette einzuführen – und es scheint, als würden einige Institutionen folgen. Wir arbeiten daran. Ein großes Problem ist, dass vielen die Ursache des Unglücks von Prato gar nicht bewusst ist. Natürlich waren alle in Italien zu­tiefst betroffen, als sie von dem Unfall hörten, doch die wenigsten begreifen, dass es sich hier um ein viel weitreichenderes Problem handelt. Für die meisten ist der Unfall eine einzelne Tragödie, eine Ausnahme, was ja bislang auch stimmt. Deshalb brauchen wir dringend das Engagement von allen Beteiligten, den Unter­nehmen sowie den Institutionen. Nur so kön­nen wir herausfinden, welche Instrumente nötig sind, diese Entwicklung in eine andere, eine bessere Richtung zu steuern. Wir brau­chen mehr Kontrollen, mehr Überwachung, mehr Betreuung und mehr Integrationsein­richtungen. Wir wären zwar spät dran damit, aber noch ist nichts verloren. Trotz allem: Ich glaube nicht, dass Italien auf dem Weg ist, sein exzellentes Image zu ruinieren. Dafür gibt es noch immer zu viele Unternehmen, die viel zu gut arbei­ten – und das auf ganz legalen Wegen. In jedem Segment der Mode leistet Italien nach wie vor Außerordentliches.“

Luigi Guarducci, Lanificio Europa

THEMA DAS SYSTEM PRATO

Ende November sterben in einer Textilfabrik im italienischen Prato sieben offenbar illegale Arbeiter aus China.

Die Stadt in der Toskana gilt als Zentrum einer chinesischen Parallelwelt, wo das Label gefälscht wird, das weltweit als Qualitätssiegel gilt: „Made in Italy“.

Ruiniert Italien gerade seinen guten Ruf?

„DIE KONKURRENZ NIMMT UNS UNSER MARKENZEICHEN“

„DAS THEMA EKELT MICH AN“

„NOCH IST NICHTS VERLOREN“

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J’N’C News – Brancheninformationen, 21. Jahrgang, Ausgabe 03-2013, Dienstag, 2. Juli 2013

Seit der Gründung der Bread & Butter im Jahr 2001 in Köln haben wir die Branche bewegt. Nach nur drei kleineren Veranstaltungen in Köln sind wir seinerzeit nach Berlin um­gezogen.  Zu jener Zeit gab es viele kritische Stimmen, haupt­sächlich aus dem textilen Establishment, ob denn Berlin der richtige Ort für eine Mode­Leitmesse sein könne.Wir haben weder Statistiken noch Kaufkraftanalysen bemüht. Wir haben uns an den Soft Facts orientiert. Berlin war kreativ, im Aufbruch begriffen, die Kunst­Szene hatte sich bereits in Berlin etabliert. Das Berliner Nachtleben ist bis heute weltweit unerreicht. Das waren unsere Argumente. Das hat viele über­zeugt. Unser gemeinsamer Erfolg hat uns recht gegeben.Aufgrund der mangelnden Infrastruktur rund um unsere damalige Veranstaltungslokalität im Kabelwerk in Berlin­Spandau haben wir uns seinerzeit entschlossen, nach Barce­lona umzuziehen. Auch in Barcelona konnten wir alle zusam­men große Erfolge verbuchen. Dennoch war der Wunsch vieler Aussteller und Fachbesucher unüberhörbar, viele wollten bald wieder zurück nach Berlin. Im Jahr 2009 war es so weit: Wir hatten die einmalige Chance, den stillgelegten historischen Flughafen Berlin­Tempelhof langfristig zu nutzen. Nun findet dort die 10. saisonale Veran­staltung statt. Insgesamt ist es die 30. Bread & Butter, bedingt durch die Doppelveranstaltungen in Barcelona und Berlin.Seit unserer Rückkehr hat sich eine regelrechte Goldgräber­stimmung hier in Berlin breitgemacht. Es sind viele neue Mes­sen und kleinere Veranstaltungen entstanden. Letztlich hat auch die IGEDO, die ehemals große Düsseldorfer Leitmesse, die Notwendigkeit gesehen, sich in Berlin zu platzieren. Damit ist auch das textile Establishment in Berlin angekommen.Dieser Entwicklung stehe ich sehr kritisch gegenüber. Ob­wohl ich mich nach wie vor und mehr denn je zu Berlin be­kenne, sehe ich die Gefahr, dass Berlin beliebig wird. Es ist nun mal sehr einfach, irgendwo eine Halle zu mieten und eine neue „Messe“ zu machen. Die großen Messen, allen voran die Bread & Butter, sorgen ja schon dafür, dass die Fachbesucher kommen.Dabei fischt jeder im gleichen Teich. Kaum jemand hat ein klares Profil. Jeder spricht jeden an. Letztlich hat sich auch noch die Messe Berlin über einen Veranstalter am neuen, noch nicht eröffneten Flughafen BER mit den Möglichkeiten der öffentlichen Hand ins Messegeschehen eingemischt.In Berlin hat ein ruinöser Wettbewerb begonnen. Wir alle wis­sen, was es bedeutet, wenn das Angebot die Nachfrage über­steigt. Übrig bleiben die Aussteller und die Fachbesucher, die nicht mehr wissen, wo sie hin sollen oder müssen. Berlin ist insbesondere für ausländische Besucher unübersichtlich geworden.Dabei und zudem hat sich der gesamte Markt, insbeson­dere in den letzten Jahren, massiv verändert. Die vertikalen Anbieter wie H&M, Inditex, Uniqlo, Top Shop etc. expandieren nicht nur weiter sehr stark. Mittlerweile kommen diese An­bieter mit diversen Konzepten an den Markt, wie das Beispiel H&M mit COS, Monki, Weekday und & Other Stories zeigt. Die Schnelllebigkeit und die modische Aussage werden von den Endverbrauchern stark angenommen.Aber auch die großen und bedeutenden Marken gehen den vertikalen Weg. Es entstehen Biotope durch Monolabel Stores in den Innenstädten in Europa. Nicht immer sind diese Mon­ostores erfolgreich, aber durch die zusätzlich erzielte Marge haben die Marken einen klaren Vorteil gegenüber dem klas­sischen Einzelhändler.Das nächste Phänomen ist die rasante Entwicklung des Online­Handels, durch starke Online­Händler wie ASOS und Zalando, aber auch Mytheresa oder Stylebob und durch die Online­Stores der Marken. Der textile Einzelhändler wird vie­lerorts zur Probierstube des Online­Kunden. Das alles macht dem stationären Einzelhandel das Leben nicht unbedingt leichter.Die Tatsache, dass viele Marken am klassischen Wholesale Business immer weniger Interesse zeigen, erlebe ich in vielen Gesprächen mit unseren Ausstellern und mit jenen, die in den letzten Saisons von einer Teilnahme an einer der großen Mes­sen Abstand genommen haben.Selbstverständlich bieten diese massiven Veränderungen Chancen und Risiken. Der Einzelhändler ist gezwungen, sich zu profilieren durch das Sortiment, durch verstärkten Service und so weiter. Tatsache aber bleibt, dass nur der klassische Modefachhandel in der Lage ist, eine Marke oder ein Label im Markt zu etablieren. Die Marken brauchen deshalb auch in Zukunft den ambitionierten Einzelhändler. Und auch der Fachhandel braucht weiterhin abverkaufsstarke Marken im Sortiment, um seine Kosten zu decken. Nur so ist der Händler noch in der Lage, modische Experimente einzugehen.Wir befinden uns mitten in einem eindeutigen Strukturwan­

del, dem auch wir uns nicht verschließen können und wollen. Die Zeiten haben sich massiv geändert. Die Bread & Butter als Leitmesse für kontemporäre Modekultur muss die entspre­chenden Antworten parat haben. Antworten, die allen Markt­teilnehmern gerecht werden.Wir haben uns dazu entschlossen, den wichtigsten Marktteil­nehmer am Ende der Kette mit einzubeziehen, nämlich den Endverbraucher. Der Endverbraucher ist durch die neuen Me­dien besser informiert als je zuvor. Der gesamte Markt ist sehr viel mehr von dem positiven Image, das der Endverbraucher prägt, abhängig, dabei sind die Informationsquellen sehr vielfältig geworden. Eine Anzeige in einem Hochglanzmaga­zin allein genügt nicht mehr. Ich glaube, dass ich zu Recht von einem Endverbrauchermarkt spreche. Der Endverbraucher bestimmt heute mehr denn je, was er wann, wie und wo kauft.Wir wissen sehr genau, dass das keine leichte Aufgabe sein wird. Wir rechnen mit starkem Gegenwind wie damals, als wir von Köln nach Berlin gezogen sind. Der Pionier hat es immer schwerer als diejenigen, die sich ins gemachte Nest setzen. Ich möchte aber deutlich machen und klar sagen, dass wir auch weiterhin die Interessen des Fachhandels im Fokus haben werden.Einige haben behauptet, ich sei verrückt geworden, als sie von meinen Plänen hörten. Ich aber sage: Der Markt ist ver­rückt! Wir sind mitten in einer tiefgreifenden Verände­rung des gesamten Marktes. Die maßgeblichen Impulse für die Modebranche kommen nicht mehr allein von den Marken und Händlern oder der klassischen Presse. Fashionbegeis­terte, gut informierte Konsumenten und Lifestyle­Blogger prägen immer stärker das Image von Marken und Labels und beeinflussen im zunehmenden Maße die Kaufentscheidung. Schließlich ist der Konsument der ultimative Kunde der Mar­ken und Modehändler. Die neue Bread & Butter möchte all diese Marktteilnehmer ansprechen.Selbstverständlich werden die Marken ihre Kollektionen nicht mehr mit EK­Preisen auszeichnen, sie sollen dem Endverbrau­cher natürlich nicht zugänglich gemacht werden. Die neue Bread & Butter wird auch keine Verkaufsveranstaltung für fashionbegeisterte Endverbraucher. Wir werden dem Handel keinerlei Konkurrenz machen.Die Public Days haben das Ziel, dass die Marken ihre Pro­dukte gegenüber dem Konsumenten bewerben und promo­ten. Welche Kollektionen die Marken während der Public Days zeigen, überlassen wir der ausstellenden Marke. Auf je­den Fall werden sich alle ins Zeug legen, denn die Motivation ist natürlich riesengroß. Außerdem ist eine Fachmesse mit anschließenden End­verbrauchertagen nun wirklich nichts Neues. Die IAA in Frankfurt, die Baselworld, die Internationale Buchmesse in Frankfurt und die IFA in Berlin sind mit diesem Konzept seit Jahrzehnten sehr erfolgreich. Am Ende des Tages werden alle davon profitieren. Davon bin ich überzeugt.

MEINUNGEN

KOMMENTAR

„EINE KONVENTIONELLE

MESSE REICHT NICHT MEHR“

Es ist Zeit für Veränderung, sagt Karl-Heinz Müller, der Chef der Bread & Butter. Was er damit meint, erklärte er in einem offenen Brief und einer Präsentation seiner Zukunftsvisionen

im Berliner Soho House Mitte Dezember. Hier eine Zusammenfassung.

Von Karl-Heinz Müller

KARL-HEINZ MÜLLER,

56 Jahre, gründete vor 13 Jahren die Bread & Butter. Im Sommer 2014 wird die Messe an zwei Tagen erstmals auch der modeinteressierten Öffent­lichkeit zugänglich sein.

Annelie Augustin und Odély Teboul von dem Berliner Label Augustin Teboul gewinnen den deutsch­französischen Wirtschaftspreis.

PROTAGONISTEN

G­Shock G­Sessions­Finale in Berlin. In bester Partylaune sind: Harald Schröder (Casio Europe), Yuichi Masuda (Casio), Kikuo Ibe (G­Shock) und Moderator Marcus Staiger

Chasin’ Flagshipstore­Eröffnung im Dezember in Amsterdam: Jan Peters, CEO/Owner und Jeroen Wiese, Chief Procurement Officer

Unter den Bread & Butter­Gästen: Burkhard Kieker von visit Berlin und Michael Michalsky

150 Gäste aus der gesamten Modebranche versammelten sich dafür im Soho House.

Am 16.12.2013 stellte die Bread & Butter im Berliner Soho House ihr Konzept für die Zukunft vor und Marketing Director Joey W. Elgersma sprach ein paar einleitende Worte.

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