Upload
others
View
0
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Schrecklass nach…
1
© Peter Gut 2017Kontakt: [email protected]
BAG – BundesfachtagungGörlitz 2017
Referat
Gedanken zum Verständnis von Krisen nach kritischen Ereignissen
2
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Gedanken zum Verständnis von Krisen nach kritischen Ereignissen
3
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
Inhalte:
1.) Zum Verständnis von traumatogenen Krisen2.) Zum Verständnis von Stress3.) Zum Verständnis von Stressreaktionen4.) Unterstützung nach traumatogenem Stress
Zusammenfassung2. Zum Verständnis von Stress
© Peter Gut 2017
Auslöser:
Anwesenheit bei einem traumatogenen Vorgang,der sich in aller Regelausserhalb der Erlebnisrealität
der Betroffenen abspielt.
4© Peter Gut 2017
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
1.) Zum Verständnis von traumatogenen Krisen
Folgen:
Diese neue, unbekannte Erlebnisrealitätlöst eine
(v.a.) physische (Stress-)Reaktionaus.
5© Peter Gut 2017
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
Folgen:
Da sich der Vorgangausserhalb der bisherigen Erlebnisrealität
der Betroffenen abspielt,erhält er zusätzlich eine
besondere Deutung.
6© Peter Gut 2017
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
Schlussfolgerung:
Eine traumatogene Krise ist also das Resultat
- des Erlebens eines potentielltraumatischen (also traumatogenen) Ereignisses
- der daraus resultierenden (physischen)Stressreaktion und
- der psychischen Deutung
7© Peter Gut 2017
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
Krise = Vorgang + Reaktion + Deutung
8© Peter Gut 2017
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
• Stress entsteht,wenn die Anforderungen grösser sind als die Möglichkeiten (Ressourcen), die zur Verfügung stehen, z.B. Zeit, Können, Material usw.
• Stressempfinden ist immer persönlich!
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
2.) Zum Verständnis von Stress
© Peter Gut 2017
Konzept der Stressreaktion
Das Gehirn ist nicht nur Ausgangspunkt, sondern auch ein wichtiges Zielorgan der Stressreaktion. Je schwerwiegender Irritationen oder Belastungen sind, je mehr Stress dadurch vorhanden ist, desto tiefer „fährt der Fahrstuhl“. Das menschliche Gehirn verhält sich im Stress folglich in einem automatischen Modus. Das Wissen über diesen Automatismus während des biochemischen Stressprozesses ist nützlich, um bewusst reagieren bzw. sich besser steuern zu lernen.
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Physische Reaktionen während der Extrem-Situation
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Der Hypothalamus veranlasst die Nebennieren, u.a. Adrenalin in den Blutstrom abzusondern. Folgen: •Glukose wird freigesetzt, um die Muskeln effizienter arbeiten zu lassen. Die Muskeln spannen sich für ihren Einsatz.•Die Atmung beschleunigt sich, damit Sauerstoff die Glukose in Energie umwandeln kann.•Das Herz schlägt schneller, um zusätzlichen Sauerstoff ins Blut und zu den Muskeln zu leiten; Blutdruck erhöht sich.•Blut wird vom Verdauungstrakt abgeleitet, um den Symptomen Übelkeit und trockener Mund entgegenzuwirken.•Hautveränderungen treten auf, Schwitzen kühlt den Körper ab, das Gesicht erbleicht, während das Blut zu den Muskeln umgeleitet wird.•Die Pupillen weiten sich, um die Sicht klarer werden zu lassen.
• Akute Stress-Reaktion (Flucht-Kampf-
Erstarrung)
• Monitoring/Blunting (erhöhte
Aufmerksamkeit)
• Verminderte Emotionalität, Dissozialität
Reaktionen während der Extrem-Situation
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
• Akute Stress-Reaktion (Flucht-Kampf)
• Zeichen: Körperliche Übererregung
• „zwanghafte“ Erinnerungen
• Emotionslosigkeit, Vermeidung
Dauer: Wochen bis wenige Monate
Reaktionen nach der Extrem-Situation
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
• Innere Unruhe
• Reizbarkeit
• Kopfschmerzen
• Herzklopfen / Herzrasen
• Nervosität
• Schwindelgefühle
• Angstzustände
• usw.
Stress - Symptome
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
•Normale, natürliche Reaktion
auf ein aussergewöhnliches
Ereignis
•Stärke abhängig von den Umständen
3.) Zum Verständnis von Stressreaktionen
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Stressreaktionen
Ausschüttung vonStresshormonen
(Adrenalin, Cortisol, …)
Ausfälle imHippocampus-System
(Gedächtnis)
Speicherung imimpliziten Gedächtnis
(Eindrücke werden aufgrund der emo-
tionalen Wichtigkeitgespeichert)
STRESS !
Erinnerungslückenund eingeschränkter
Zugang zumBewusstein
Hilfe in der Stress-Situation (z.B.kein Schmerz)
Problem nach der Stress-Situation (z.B.keine klare
Erinnerung)
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Trigger
➢ Über Schlüsselreize (Trigger), die über unsere Sinne wahrgenommen werden, fällt man wie durch einen Schacht wieder in Bilder, Gedanken und Gefühle zurück.
➢ Dies kann zu Symptomen führen wie akuter und chronischer Angst, Panikattacken, Flashbacks, Unruhe, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Alpträumen, Übererregung und Gereiztheit (-> posttraumatische Belastungsstörungen)
Schacht
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Stress-Feedback-Schlaufe: Körper und Gehirn
➢ Das autonome Nervensystem reguliert automatisch inner-körperliche Vorgänge (Herzschlag, Atmung, Verdauung,….).
➢ Der Sympathikus (Erregung) und Parasympathikus (Beruhigung) sind verantwortlich für das innere Gleichgewicht des Organismus.
➢ Wer immer im Kampf-oder Fluchtmodusgefangen ist, um sein Überleben zu sichern, bei dem ist dieses Gleichgewicht nicht gegeben.
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Stress-Feedback-Schlaufe: Körper und Gehirn
➢ Als verkörperter Schrecken sind vor allem die immer wieder aus dem eigenen Körper (Körpererinnerungen) in den emotionalen Bereichen entstehenden negativen Empfindungen zu bezeichnen.
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Schlussfolgerungen:
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Verkörperter Schrecken ist weder mit
Beschönigen und Verharmlosen,
Philosophieren, andauerndem Reden
noch mit Aufforderungen Zum- sich-
Zusammenreissen in den Griff zu
bekommen.
4.) Unterstützung nach traumatogenem Stress
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Vom Gefühl des Ausgeliefert-Seins zum besseren Selbst-Verständnis und
Selbstmanagement…
SituationTraumatogene Stressoren
und Belastungen
AdaptionGelungen: Gesundheit und
NormalitätMisslungen: Störung oder
Krankheit
COPING
© Peter Gut 2017
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
RessourcenInternal: Persönlichkeit
External: soziales NetzwerkCISM Critical Incident Stress Management
primär-, sekundär-und tertiärpräventiverMassnahmenkatalog
Professionelles Handeln
• Handlungsprinzipien der peritraumatischen Begleitung kennen, verstehen und können
• Sinnvolle Betreuungsstrategien bei Stress in Krisen
• Inseln der Motivation und Inseln der Hoffnung kreieren und vergrössern
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Ziel:Wiederherstellung des Kohärenzgefühls
Handhabbarkeit/
HandlungsfähigkeitIch kann mich (Stressmanagement im
umfassenden Sinn) und die Situation, in der
ich bin, managen (Ausbildung, Übung, Abläufe,
Erfahrung)
Sinnz.B. Leben retten, Schaden begrenzen,
organisieren, Auftrag erfüllen
Arbeits- &
Handlungs
-fähigkeit
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
-> Salutogenetische Bedingungen (nach Antonovsky)
Verstehbarkeit/
VerständlichkeitIch verstehe, was mit mir (Stress/Belastung) und um
mich herum (Führung/Information/Kommunikation)
geschieht
© Peter Gut 2017
Strukturiertes Gespräch zeitnah nach dem Ereignis Gesprächsleitung: Verantwortliche(r) der jeweiligen Organisation (falls nicht selber betroffen)TeilnehmerInnen: Vom Ereignis direkt betroffene bzw. beim Ereignis anwesendePersonen
1. Beschreiben des Ereignisses: Was wurde gesehen, gehört, getan?
2. Ansprechen der Befindlichkeit
3. Ansprechen der Arbeitsfähigkeit
4. Anerkennung der Leistung
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
Methode der Wahl: Struktierte Nachbesprechung
© Peter Gut 2017
Grundlegende MerksätzeQuelle: Clemens Hausmann, Barbara Baumgartner
• Ruhiges und sicheres Auftreten hilft gegen Angst.
• Verlangsamung hilft gegen Übererregung.
• Struktur hilft gegen Chaos.
• Rationales Denken hilft gegen überschwemmende Gefühle.
• Handeln hilft gegen Hilflosigkeit.
• Information hilft gegen Phantasien und Kontrollverlust.
• Vorurteilsloses Annehmen hilft gegen Entfremdung und Rückzug.
• Respektvolles Führen hilft gegen Entgleisung.
• Perspektive hilft gegen Ausweglosigkeit.
• Kontrolliertes Zulassen von Gefühlen hilft gegen Anspannung.
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
Protektoren
• Eine gute Ausbildung • Gute Vorbereitung (Rechne mit dem Schlimmsten, dann bist
du weniger überrascht, wenn es passiert.)• Wertschätzung• Gespräch und Austausch von Erfahrungen im Kreis des Teams • Verständnis und Gespräch im eigenen Freundes-, Familien-,
und Kollegenkreis • Hobbys, Freizeitbeschäftigung • die freie Entscheidung, sich im Dienst ablösen zu lassen
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2017
1. Es wird eine deutliche Linderungakuter Stress- und Belastungssymptome bewirkt.
2. Die Häufigkeit von Angst- und Depressionssymptomenwird reduziert,
ebenso die Häufigkeit von posttraumatischem Suchtmittel-(v.a. Alkohol-)Missbrauch.
3. Langzeitbelastung durch Stress-Symptomeund unangemessenes Verhalten
werden effektiv reduziert.
Erkenntnisse aus Theorie & Praxis
© Peter Gut 2017
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
© Peter Gut 2015
BAG – Bundesfachtagung Görlitz 2017
„Was mich nicht umbringt machtmich stärker.“
Friedrich Nietzsche
„Was dich nicht umbringt kann dirtrotzdem dein Leben nehmen.“
Peter Gut