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MRSA Fragen aus dem Labor-Alltag Prof. Constanze Wendt

MRSA Fragen aus dem Labor-Alltag - geqik.de · Epidemiologie - unveränderlich PVL caMRSA - veränderlich Mikrobiologie . Pathogenitätsfaktor Panton-Valentine leukocidin (PVL) ist

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MRSA

Fragen aus dem Labor-Alltag

Prof. Constanze Wendt

Fall 1

Ein 11-jähriges Mädchen, wurde jetzt zum 3. Mal wegen

eines Abszesses behandelt.

Es wurde MRSA nachgewiesen

MRSA Meldungen nach Alter

Robert Koch-Institut: SurvStat, http://www3.rki.de/SurvStat,

Datenstand 15.9.2010

MRSA = MRSA?

MRSA

haMRSA hospital acquired MRSA

caMRSA community acquired MRSA

Auftreten bei Patienten ohne klassische Risikofaktoren (kein Kontakt zum Krankenhaus)

Schmales Resistenzspektrum

PVL-MRSA Panton-Validin-Leukozidin-produzierender MRSA

Probleme der Definition

haMRSA

Epidemiologie

- unveränderlich

PVL caMRSA

- veränderlich

Mikrobiologie

Pathogenitätsfaktor

Panton-Valentine leukocidin (PVL) ist ein Cytotoxin (ß-

Poren-formend)

Das genetische Material stammt von einem

Bakteriophagen

PVL-produzierende Stämme haben eine erhöhte

Virulenz

PVL ist Ursache nekrotischer Läsionen (Abszesse,

Furunkel) aber auch nekrotisierender Pneumonien

PVL ist in der Mehrzahl der ca-MRSA nachweisbar

Klinisches Bild

Community acquired MRSA:

Auftreten und Verbreitung

in den USA und in Kanada seit 1994, zunächst bei nationalen

Minderheiten (Prärieindianer) mit tiefgehenden Hautinfektionen

später sporadisch bei Kindern in Wisconsin

2002: Ausbruch in der homosexuellen-Szene in San Francisco sowie

in einem Gefängnis in Los Angeles

2002: Infektkette auf einem Schiff der US-Navy

in Australien bei Aboriginees seit Mitte der 1990ziger Jahre

in Europa seit 2002 bekannt,

Häufigkeit in Deutschland ~ 0.7 -1.5% aller MRSA

Seit 2005 Ausbreitung des CA-MRSA Epidemiestammes

„USA 300“ in den USA - wurde er auch nach Deutschland

eingeschleppt ?

2004 Witte W, Mielke M. Zentralbl Chir 2007; 132: 124–129

Ergebnisse der Surveillance: Auftreten

von CA-MRSA in Deutschland 2009

ST80 / CC80

ST8 / CC8

ST22 / CC22

ST1

ST152

ST5 / CC5

ST30 / CC30

ST59

ST45

Typen*:

* Multilocus - Sequenztyp

X

X

X

X

X

Herkunft und Charakteristik von

Ca-MRSA

Christiane Cuny

Clinical origin ST 8

(„USA 300“)

ST80 ST398

2007 2008 2009 2010 2007 2008 2009 2010 2007 2008 2009 2010

Abscesses

(skin, soft-tissue) 18 32 15 18 19 27 12 11 2 2 4 5

Furuncle, withlow 6 1 4 1 3 2 1

Wound infection 1 15 5 2 6 8 6 1 9 10

Folliculitis 1 1

Phlegmon 1 1 2 1

Pneumonia 2 2 1 1 1 2

Septicemia 1 1 1 1

Sum: 19 38 35 29 24 29 23 22 8 3 10 18

sum 121= 46,9% 98 = 38% 39 = 15%

MRSA / PVL-MRSA aus Wunden bei

Kindern (alle Einsender)

0

10

20

30

40

50

60

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

An

zah

l Pat

ien

ten

MRSA (cMRSA) PVL POSITIV Staphylococcus aureus (MRSA)

PVL in Heidelberg

0

2

4

6

8

10

12

14

16

Dermat. Ambulanz Chirurg. Sept. Ambulanz

An

teil d

er

S. a

ure

us

-Is

ola

te [

%]

PVL-MRSA

PVL-MSSA

Bei rezidivierenden Abszessen und

Abszessen bei Kindern an PVL

MRSA denken!

Fall 2

Bei einer Patientin war auch der zweite

Sanierungsversuch erfolglos

Eradikationstherapie Eradikationszyklus

Standard-Eradikationszyklus

(5 Tage)

3x täglich Applikation einer antibakteriellen Nasensalbe (z.B. Mupirocin-Salbe)

2-3x täglich Mund- und Rachenspülung mit einer antiseptischen Lösung (z.B. Chlorhexidin-haltige Präparate)

1x täglich Hautwaschungen und Körperreinigung inkl. Haarwäsche mit antiseptischen Seifen

Zur Verhinderung der Rekolonisierung ist während der Maßnahmen ein tägl. Wechsel von Bettwäsche, Bekleidung, usw. durchzuführen

Eradikationsbehandlung

05

101520253035404550

1 (n=93) 2 (n=93) 3 (n=93) 4 (n=40)

neg

ati

ve P

ati

en

ten

[%

]

entnommene Kontrollserien

„Sanierungserfolg“ in Abhängigkeit

von Anzahl der Kontrollen

Eradikationsbehandlung

Misserfolge bei der Eradikation

Ursachen Vorliegen von eradikationshemmenden

Faktoren

Inadäquates Eradikationskonzept

Wiederbesiedlung durch MRSA-kolonisierte Haushaltskontakte und/oder kontaminierte Umgebung

Neubesiedlung mit einem neuen MRSA

….

Hemmende Faktoren

Chronische Wunden

Sonden und Katheter

Stomata

Multiple Besiedlungsorte

Compliance

Umgebung

Auch daran denken:

Haushaltskontakte

hna.de 7.10.2013

(Quelle: Thinkstock by Getty-Images)

Foto: (CC) Flickr / Schani (Mark Probst)

Bei wiederholt frustranem

Eradikationsversuch genaue

Anamnese erheben!

Wenn möglich pausieren, dann neuer

Versuch

Fall 3

Beim Screening eines Risikopatienten haben sich

widersprüchliche Ergebnisse aus Abstrichen der Nase

ergeben.

Tag 1: PCR positiv, Kultur negativ

Tag 5: PCR und Kultur negativ

Tag 6: Kultur positiv

Was bedeutet screening?

In einer Reihenuntersuchung werden Menschen auf die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Krankheiten oder Risikofaktoren untersucht (z. B. Krebs-Vorsorgeuntersuchung).

Screeningprogramme müssen bestimmte Anforderungen erfüllen:

die Krankheit muss für die Volksgesundheit von Bedeutung sein

sie muss gut bzw. bei früherer Erkennung deutlich besser behandelbar sein

das Testverfahren soll eine hohe Sensitivität und Spezifität aufweisen, d. h. der Test soll die gesuchte Erkrankung (die bestehenden Risikofaktoren) mit möglichst großer Sicherheit nachweisen oder ausschließen können.

die Untersuchung soll zeit- und kostengünstig sein.

die Untersuchung soll den zu Untersuchenden möglichst wenig belasten.

Zweistufiges Screening

1. Test: Hohe Sensitivität (schlechtere Spezifität wird akzeptiert)

MRE Screening: Identifizieren der Risikopatienten durch Anamnese

Zweistufiges Screening

1. Test: Hohe Sensitivität (schlechtere Spezifität wird

akzeptiert)

positiv

negativ

Zweistufiges Screening

2. Test: Hohe Spezifität

MRE Screening: Diagnostik (Abstricheorte, Material, Labormethode)

Zweistufiges Screening

2. Test: Hohe Spezifität

positiv

negativ

RKI Empfehlung

- Kommentar zu MRSA-Screening -

Wer soll gescreent werden ? Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese

Verlegungen aus Regionen/Einrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz

Beruflicher Kontakt zu landwirtschaftlichen Nutztieren

Kontaktpatienten (z.B. Unterbringung im selben Zimmer)

Patienten mit Risikofaktoren: - chronische Pflegebedürftigkeit - liegende Katheter (Blasenkatheter, PEG-Sonde) - Dialysepflichtigkeit - chronische Wunden - Brandverletzungen

Welche Abstrichorte sollen gescreent werden ? Nase / Rachen und evtl. Wunden

Epidemiol Bulletin, Nov 2004, S.46

Auswahl der Patienten

Epidemiologisches Bulletin 5/2013

Auswahl des Abstrichortes

Orte Patienten MRSA-Nachweise Sensitivität

Nase 103 55 53,4 %

Rachen 102 37 36,3 %

Leiste 102 45 44,1 %

Anal 100 39 39,0 %

Wunde 47 32 68,1 %

Nase + Rachen 102 61 61,8 %

Nase + Leiste 102 71 69,6 %

Nase + Wunde 47 6 87,2 %

Nase + Rachen + Leiste 101 76 75,2 %

Nase + Rachen + Leiste + Anal 99 77 78,8 %

Nase + Rachen + Wunde 47 43 91,5 %

Verzicht auf Anreicherung?

Zeitspanne: Oktober 2000 - Dezember 2001

Ort MRSA MRSA n.A. Anteil

Nase 207 43 20,8 %

Rachen 194 27 13,9 %

Leiste 136 24 16,2 %

anal 105 30 28,6 %

Wunde 179 22 12,3 %

Gesamt 1085 169 15,6 %

Neue chromogene Selektivmedien

Sensitivität gegenüber Blut, KM

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

A B C D E

1. Tag

2. Tag

Antibiotikaresistenz

Sensitivtät Spezifität Dauer

Agardiffusion 60-100% 89-97% 16 Std

Bouillondillution 99-100% 100% 16 Std

Oxa Agar Screen 82-99% 85-100% 16 Std

BBL Crystal MRSA 98% 98% 4 Std

Latex Agglutination 96-100% 99-100% 30 min

PCR (Goldstandard) 100% 100% 2-8 Std

S.aureus Genomschema

ca. 2800 kb

Abb. aus Dissertation

von S.Salmenlinna (2002)

Integration der

SCCmec Kassette

zwischen

spa und pur A Gen

mecA

orf X - SCCmec -

mecA

Spezifische Sequenz am rechten äußersten Ende der SCCmec-Kassette

Mec right extremity junction (MREJ)

SCCmec Insertion

Zusammenstellung PCR

+ gering, ++ mittelgradig, +++ gut, € (bis 10 Euro), €€ (10-30 €) €€€ (über 30 € pro Abstrich)

Verfahren

Sensiti-

vität

Spezi-

fität

Dauer

Apparative

Ausstattung

Kosten/A

bstrich

PCR BAG: hyplex

StaphyloResist®

++

+++

++

4-5 h

Thermo-

cycler

€€

PCR Roche:

Staphylococcus Kit MGRADE

+++

++

3 h

Light-

cycler

€€€

PCR Hain: GenoType®

MRSA Direkt

+++

+++

4-5 h

Thermo-

cycler

€€

PCR Cepheid: IDI-MRSA

+++

+++

3 h

Smart-

cycler

€€€

MRSA Screening ist ein Prozess, der

an jeder Stufe mit einer gewissen

Fehleranfälligkeit behaftet ist.

Unter Kosten und Nutzenabwägung

ist es nicht möglich alle MRSA

Patienten zu finden

Identifizierte Patienten

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Pat

ien

ten

Identifizierte Patienten

(ohne Screening)

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Pat

ien

ten

Anteil der Nachweise nur durch

Screening

0

10

20

30

40

50

60

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

An

teil

[%]

Zusammenfassung

MRSA bleibt eine Herausforderung!