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Jahrgang 1, Ausgabe 6 April/Mai 2009 Inhaltsverzeichnis Dr, Fuchs, Sozialreferent der Deutschen Botschaft, gibt Informationen zum spanischen Gesundheits- 2 Bekanntmachung Bundes- tagswahl 3 Ausflug: Carmona 4 Passionskult Semana Santa 6 Osterbrauchtum 8 Pensionistenheim Conil 10 Hausabriss in Chiclana 12 Studieren in Cádiz 14 Camino 2009 Rezept Ausstellung in Vejer: Blanca Orozco Sprachkurs Auswanderserie: Jenseits von Andalusien: Der Junge von der Hüh- nerfarm 16 17 18 19 21 Besuchen sie unsere Webseite: www.residentenkurier.com oder schreiben Sie uns: [email protected] das System der Politik? Es scheint, als ob die Karten weltweit neu gemischt würden, es kann alles so nicht mehr weitergehen. Vielleicht ist gerade diese Krise dazu da, inne zu halten, sich neu zu posi- tionieren, neue Ideen und Lebensmodelle zu entwer- fen, so dass John Lennons „Imagine“ real wird? Sehnen wir uns nicht alle nach einer besseren Welt, nach Frieden? Wir haben es in der Hand, jeder kann seinen Teil dazu beitragen. In diesem Sinne wünsche ich allen frohe Ostertage, positives Denken und einen guten Neuanfang Herzlichst Beatrice Hohler Herausgeberin/Editora Herzlich Willkommen! Bienvenido! Der Frühling ist ausgebrochen, neues Leben regt sich. Es blüht und sprießt überall, die Vögel erfreuen uns mit ihrem Gesang, die Tage werden länger und freundlicher. Das weckt schöne Gefühle. In diese Zeit fällt traditionell das Osterfest, ein Fest der Auferstehung, des neuen Lebens. Dies wird in allen Ländern, Kulturen und Religionen anders gefeiert. Für viele Spanier, vor allem in Andalusien, ist die Semana Santa der Höhepunkt des Jahres. Und wie so oft, paßt für sie selbst bei der Passion und dem Leiden Christi Freude, Tanz und Gesang dazu. Die Mischung aus fröhlichem Treiben, tiefer Ehrfurcht und ehrlicher Emotionen ist einmalig, und ergreift selbst Besucher, die lediglich am Rande stehen. In Deutschland dagegen ist die Passion Leidenszeit, dafür wird dann das Osterfest mit der Auferstehung festlich gefeiert. Mit der Osterkerze erstrahlt neues Licht, die Orgel ertönt wieder, und die Chöre schmettern ihr Aleluja. Mit dem Osterfest verab- schieden wir uns vom Winter, von der kalten, dunklen Jahreszeit, viele auch vom Fasten. Ganz gleich, ob man religiös ist oder welcher Religion jemand angehört, ob man an das Leiden Christi, den Tod am Kreuz und die Auferstehung glaubt: die Botschaft bleibt doch immer die gleiche. Auf Dunkelheit folgt Licht, auf Regen Sonnenschein, das Leben geht immer weiter, und fängt immer wieder von vorne an. Alles wiederholt sich also? Betrachtet man den Lauf der Geschichte, dann lassen sich auch dabei Wechsel zwischen guten und schlechten Zeiten beob- achten. Glorreiche Kulturen sind untergegangen, und immer wieder neue ent- standen. Ehrfürchtig stand ich vor Gräbern in der Nekropolis von Carmona, ein Ausflug, den ich Ihnen, werte Leser, heute empfehlen möchte. Das Licht besiegt die Dunkelheit: kann dies nicht auch ganz einfach bedeuten, dass wir geschichtlich gesehen an einem Wende- punkt angekommen sind? Die Finanzmärkte sind zusammengebrochen, das Gesundheitsystem krankt, die Klimakatastrophe droht, und ich frage mich: wie lange benötigen wir noch

Residentenkurier 6

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Liebe Leser und Freunde des Residentenkuriers, in der 6. Ausgabe des Residentenkuriers erhalten sie, dem Zeitpunkt entsprechend, Informationen zur Semana Santa und Ostern. Wir haben , wie immer, einen bunten Reigen aus Themen zusammengestellt, und hoffen, dass viel Interessantes für alle dabei ist. Wir wünschen frohe Ostertage, und viel Vergnügen beim Blättern und Lesen Herzlichst Beatrice Hohler und das Team vom Residentenkurier Herausgeberin/editora

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Page 1: Residentenkurier 6

J a hr g a ng 1 , A usg a be 6 A pr i l /M ai 2 0 0 9

Inhaltsverzeichnis

Dr, Fuchs, Sozialreferent der Deutschen Botschaft, gibt Informationen zum spanischen Gesundheits-

2

Bekanntmachung Bundes-tagswahl

3

Ausflug: Carmona 4

Passionskult Semana Santa

6

Osterbrauchtum 8

Pensionistenheim Conil 10

Hausabriss in Chiclana 12

Studieren in Cádiz 14

Camino 2009

Rezept

Ausstellung in Vejer:

Blanca Orozco

Sprachkurs

Auswanderserie:

Jenseits von Andalusien:

Der Junge von der Hüh-nerfarm

16

17

18

19

21

Besuchen sie unsere Webseite:

www.residentenkurier.com

oder schreiben Sie uns:

[email protected]

das System der Politik? Es scheint, als ob die Karten weltweit neu gemischt würden, es kann alles so nicht mehr weitergehen. Vielleicht ist gerade diese Krise dazu da, inne zu halten, sich neu zu posi-tionieren, neue Ideen und Lebensmodelle zu entwer-fen, so dass John Lennons „Imagine“ real wird? Sehnen wir uns nicht alle nach einer besseren Welt, nach Frieden? Wir haben es in der Hand, jeder kann seinen Teil dazu beitragen.

In diesem Sinne wünsche ich allen frohe Ostertage, positives Denken und einen guten Neuanfang

Herzlichst

Beatrice Hohler

Herausgeberin/Editora

H e r z l i c h Wi l l k o mme n ! Bienven ido !

D e r F r ü h l i n g i s t ausgebrochen, neues Leben regt sich. Es blüht und sprießt überall, die Vögel erfreuen uns mit ihrem Gesang, die Tage werden länger und freundlicher. Das weckt schöne Gefühle.

In d iese Zeit fä ll t traditionell das Osterfest, ein Fest der Auferstehung, des neuen Lebens. Dies wird in allen Ländern, Kulturen und Religionen anders gefeiert. Für viele Spanier, vor allem in Andalusien, ist die Semana Santa der Höhepunkt des Jahres. Und wie so oft, paßt für sie selbst bei der Passion und dem Leiden Christi Freude, Tanz und Gesang dazu. Die Mischung aus fröhlichem Treiben, t iefer Ehrfurcht und ehrlicher Emotionen ist einmalig, und ergreift selbst Besucher, die lediglich am Rande stehen.

In Deutschland dagegen ist die Passion Leidenszeit, dafür wird dann das O s t e r f e s t m i t d e r Auferstehung festl ich gefeie r t . Mit der Osterkerze erstrahlt neues Licht, die Orgel ertönt wieder, und die Chöre schmettern ihr Aleluja.

Mit dem Osterfest verab-schieden wir uns vom Winter, von der kalten,

dunklen Jahreszeit, viele auch vom Fasten.

Ganz gleich, ob man religiös ist oder welcher Religion jemand angehört, ob man an das Leiden Christi, den Tod am Kreuz und die Auferstehung glaubt: die Botschaft bleibt doch immer die gleiche. Auf Dunkelheit folgt Licht, auf Regen Sonnenschein, das Leben geht immer weiter, und fängt immer wieder von vorne an.

Alles wiederholt sich also? Betrachtet man den Lauf der Geschichte, dann lassen sich auch dabei Wechsel zwischen guten und schlechten Zeiten beob-achten. Glorreiche Kulturen sind untergegangen, und immer wieder neue ent-standen.

Ehrfürchtig stand ich vor Gräbern in der Nekropolis von Carmona, ein Ausflug, den ich Ihnen, werte Leser, heute empfehlen möchte.

Das Licht besiegt die Dunkelheit: kann dies nicht auch ganz einfach bedeuten, dass wir geschichtlich gesehen an einem Wende-punkt angekommen sind? Die Finanzmärkte sind zusammengebrochen, das Gesundheitsystem krankt, die Klimakatastrophe droht, und ich frage mich: wie lange benötigen wir noch

Page 2: Residentenkurier 6

Informationen zur Krankenversicherung

Elf Millionen deutsche Touristen besuchen Spanien in jedem Jahr, und über 600.000 deutsche „Altersresidenten“ wohnen mehr oder weniger ständig an den Küsten der iberischen Halbinsel. Aber trotz des europäischen Gesundheitspasses EHIC gehen nur wenige Deutsche zum spanischen Arzt. Darum möchte ich, bevor wir beim nächsten Mal zu den typischen Fragestellungen von deutschen Residenten kommen, zunächst ein wenig Informationen über das spanische Gesundheitssystem geben.

Staatlicher Gesundheitsdienst - Bürgerversicherung mit Verfassungsrang

Der staatliche Gesundheitsdienst in Spanien genießt einen hervorragenden Ruf, was die fachliche Qualität der ärztlichen Behandlung angeht. So sind denn auch über zwei Drittel (67%) der Spanier mit ihren Gesundheitssystem rundum zufrieden. Die im EU-Vergleich weit überdurchschnittliche Lebenserwartung, die im letzten Jahrzehnt um 2 Jahre auf 77 Jahre für Männer und 84 Jahre für Frauen gestiegen ist, bestätigt diese Einschätzung. Auch die Kindersterblichkeit ist in Spanien sehr gering.

Für die Spanier führt der Weg zum Facharzt oder in die Klinik über eines der 2.702 Gesundheitszentren. Der Weg zu ihnen soll nicht mehr als 15 Minuten dauern. Dort wird entschieden, ob und welche weitere Behandlung erforderlich ist. Damit haben die Spanier gewissermaßen ein Hausarzt-System geschaffen.

Das Recht aller Bürger auf Gesundheitsschutz ist in Art. 43 der Verfassung verankert. Damit ist nach spanischem Verständnis die Bürgerversicherung mit Verfassungsrang ausgestattet. Alle Bürger genießen, auch wenn sie der staatlichen Versicherung nicht als Arbeitnehmer oder Selbständige angehören, das Recht auf kostenfreie Behandlung, sofern sie

bedürftig sind. Diese Voraussetzung erfüllt, wer z.Zt. weniger als rd. 8.736,- Euro jährlich verdient. Gleiches Recht haben bei entsprechender Bedürftigkeit alle Ausländer, die sich in Spanien aufhalten – und zwar unabhängig davon, ob sie in ihrem Heimatland versichert sind. Wer in Spanien lebt, muss sich allerdings bei seiner Gemeinde und bei der Ausländerpolizei angemeldet haben. Selbstverständlich ist die Gewährleistung der Notfallbehandlung für alle.

Zahnbehandlung ausgeschlossen

Das Leistungsangebot des staatlichen Gesundheitsdienstes ist umfassend, aber für deutsche Begriffe etwas lückenhaft. Ein großer Kostenfaktor, die Zahnbehandlung, ist nicht abgedeckt – die Folgen kann man im Straßenbild jederzeit besichtigen. Nur die Extraktion von Zähnen wird übernommen.

Allerdings hat der neue Gesundheitsminister Bernat Soria im September 2007 angekündigt, bis 2012 stufenweise die kostenlose Zahnbehandlung landesweit für Kinder von 8 bis 15 Jahren einzuführen. Der Plan soll von der Regierung und den 17 autonomen Regionen kofinanziert werden, so dass noch einige Verzögerungen in der Umsetzung zu erwarten sind. Eine Reihe von autonomen Regionen geht aber mit gutem Beispiel voran. Die Hilfsmittel gehören gleichfalls nicht zum Leistungsspektrum. Die Spanier sind es seit jeher gewöhnt, 40% der Kosten für Arzneimittel selbst zu tragen. Dafür sind aber vor allem teure Medikamente für einen Bruchteil des deutschen Preises in den Apotheken zu haben. Chronisch Kranke müssen nur 10% zuzahlen, Rentner gar nichts. Verschreibungspflicht von Medikamenten ist übrigens in der Praxis eher selten (einmal abgesehen von Opiaten, Sulfonamiden und speziellen Medikamenten).

In der nächsten Ausgabe folgt Fortsetzung mit den Bereichen Notaufnahme, Private Zusatzversicherung, und Anregungen für Altersresidenten in Spanien.

I n t e r v i e w S e i t e 2

Fragen zum Gesundheitssystem in Spanien

Dr. Fuchs, Sozialreferent der Deutschen Botschaft gibt Auskunft

Deutsche Botschaft Madrid

Telefon: +34 91 557 90 00

Telefax: +34 91 319 75 08

www.madrid.diplo.

Hilfe für Deutsche,

Rentenangelegenheiten

Tel.: 91 557 90 67

Dr. Rainer Fuchs

Sozialreferent der Deutschen Botschaft

Deutsche Touristen, Langzeiturlauber und Dauerresidenten stehen immer wieder vor der Frage, wo

und wie man sich am besten versichern soll. Viele setzen dabei nach wie vor auf die hervorragende

Qualität im deutschen Gesundheitssystem, wissen aber im Grunde zu wenig über das spanische

System und die Qualität der Behandlungen.

Dr. Fuchs, Sozialreferent der Deutsche Botschaft in Madrid, gibt speziell im Residentenkurier

Auskünfte und interessante Informationen dazu.

Page 3: Residentenkurier 6

I n d i e s e m J a h r i s t B u n d e s t a g s w a h l

H i e r z u e i n w i c h t i g e r A u f r u f d e s d e u t s c h e n G e n e r a l k o n s u l a t e s S e v i l l a

Bekanntmachung für Deutsche zur Wahl zum Deutschen Bundestag

Am 27. September 2009 findet die Wahl zum Deutschen Bundestag statt.

Deutsche, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland leben und im Bundesgebiet keine

Wohnung mehr innehaben, können bei Vorliegen der sonstigen wahlrechtlichen

Voraussetzungen an der Wahl teilnehmen.

Für ihre Wahlteilnahme ist u. a. Voraussetzung, dass sie

1. nach dem 23. Mai 1949 und vor ihrem Fortzug aus der Bundesrepublik Deutschland

1) mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland 1)

gewohnt oder sich dort sonst gewöhnlich aufgehalten haben;

2. in ein Wählerverzeichnis in der Bundesrepublik Deutschland eingetragen sind. Diese

Eintragung erfolgt nur auf Antrag. Der Antrag ist auf einem Formblatt zu stellen;

er soll bald nach dieser Bekanntmachung abgesandt werden. Einem Antrag, der

erst am 07. September 2009 oder später bei der zuständigen Gemeindebehörde

eingeht, kann nicht mehr entsprochen werden (§ 18 Abs. 1 der Bundeswahlordnung).

Antragsvordrucke (Formblätter) sowie informierende Merkblätter können bei

- den diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen der Bundesrepublik

Deutschland,

- dem Bundeswahlleiter, Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Postfach 17 03 77,

53029 BONN, GERMANY,

- den Kreiswahlleitern in der Bundesrepublik Deutschland

angefordert werden.

Weitere Auskünfte erteilen die Botschaften und berufskonsularischen Vertretungen der

Bundesrepublik Deutschland.

Sevilla, den 03.02.2009 Generalkonsulat Sevilla

c/ Fernandez y Gonzalez, 2-2

41001 Sevilla

Tel.: 954 230 204

www.sevilla.diplo.de

Öffnungszeiten für Besucher: 0830 – 1200 Uhr

1) Zu berücksichtigen ist auch eine frühere Wohnung oder ein früherer Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Eini-gungsvertrages genannten Gebiet (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuzüglich des Gebiets des früheren Berlin (Ost)).

S e i t e 3 J a h r g a n g 1 , A u s g a b e 6

Wichtig für alle, die demnächst

einen neuen Reisepass

benötigen:

Die Honorarkonsulen geben

bekannt, dass sie in Kürze mit

entsprechenden Geräten

ausgerüstet werden, um die

neuesten biometrischen

Reisepässe ausstellen zu können.

Dies erspart vielen Residenten

den weiten Weg zum nächsten

Konsulat. Residenten der

Provinz Cadiz erhalten ihren

Ausweis dann im

Honorarkonsulat Jerez und

müssen nicht bis Malaga fahren.

Honorarkonsul Jürgen Mundt

gibt Bescheid, sobald das Gerät

bei ihm ist und die neuen Pässe

ausgestellt werden können.

Jerez: Tel.: (0034) 956 306 917

Almeria:

Tel. (0034) 950 340 555

EUROPAWAHL

Wie in der Märzausgabe

berichtet, findet vom 4. bis 7.

Juni 2009 die Europawahl statt.

Die Antragsformulare zum

Eintrag ins Wählerverzeichnis

liegen bereits in den Konsulaten

aus, wie uns Herr Jürgen Mundt

aus Jerez informiert hat. Es ist

darauf zu achten, dass die

Anträge rechtzeitig gestellt

werden müssen.

Page 4: Residentenkurier 6

A u s f l u g

Au f d e n S p uren a l t e r Ku l t u ren : Ca r mo na

Video wird auf Nachfrage auch auf Deutsch gezeigt.

Die Toten wurden meist in Höhlen verbrannt oder in bestimmten Feuerstellen. Die eigentlichen Grabkammern waren in die Felsen gehauen und über eine Treppe begeh-bar. Jede Familie hatte ihre eigene Kammer. In jedem Grab gab es eine Bank für Opfergaben und Nischen für die Urnen der Toten. Gut erhalten ist auch ein rundes Mausoleum.

C armona schmiegt sich auf einer Anhöhe, hoch

über dem fruchtbaren Land des Guadalquivirs. Diese strategisch günstige Lage haben sich bereits viele Kulturvölker zunutze ge-macht und mit ihren Befestigungsanlagen geprägt. Im Museum der Stadt sind Stein- und Knochen-werkzeuge ausgestellt, die etwa 4500 Jahre alt sind, ein Hinweis auf menschliches Leben in Carmona vor Tausenden von Jahren.

Man geht davon aus, dass die natürliche Verteidigungs-position von Carmona bereits im 9. Jahrhundert vor Christus die ideale Grund-lage für eine Ansiedlung war. In der frühesten geschicht-lichen Entwicklung der Stadt hat der Einfluss orienta-lischer Bewohner eine große Rolle gespielt, deren Sitten und Gebräuche in Carmona sich wesentlich von den lokalen Traditionen unter-schieden. Anhand von Resten aus der Zeit zwischen dem 5. und dem 3. Jh.v.Chr. war es möglich, die wirtschaftlichen Aktivitäten des Ortes zu rekonstruieren. Zahlreiche Töpferwaren zeugen von einer regen Handelstätigkeit.

Ende des 3. Jh.v.Chr. entwickelte sich Carmona zu einem wichtigen Militär-stützpunkt der Karthager. Durch den Bau des mächtigen Turms, der heute

als "Tor von Sevilla" bekannt ist, wurde der Ort zu einer der bestverteidigten Städte Spaniens in der vorrömi-schen Epoche. Als wirt-schaftlicher Hauptpfeiler des antiken Carmonas galt die Landwirtschaft, deren Techno logie au f der physischen Kraft von Mensch und Tier basierte.

8ekropolis

Zwischen dem 1. und 2. Jahrhundert nach Christus war Carmona in römischer Hand. Aus dieser Zeit ist die beeindruckende Nekropolis erhalten, die man Ende des 19. Jahrhunderts durch Ausgrabungen entdeckt hat. Sie ist heute hervorragend für Besichtigungen auf-bereitet. Die Ausmaße sind beeindruckend. Besonders interessant: am Ende eines Rundgang s w i rd im Hauptgebäude ein Video vorgeführt mit Hinweisen auf die Bestattungsriten der damaligen Zeit. Dieses

P á g i n a 4

Die Bestattungsriten früherer Zeiten sind heute sehr gut nachvollziehbar, wenn man die

@ekropolis von Carmona besichtigt. Eine beeindruckende archeologische Fundstätte in der

@ähe von Sevilla. Auch die historische Altstadt ist gut erhalten und läßt erahnen, welche

Kulturen hier sesshaft waren, denn alle haben ihre Spuren hinterlassen.

Page 5: Residentenkurier 6

B e e i nd r u c k en d e Gr a b s t ä t t e a us d e r Ze i t d e r R ö me r

J a h r g a n g 1 , A u s g a b e 6 P á g i n a 5

Spezialgräber

Ein monumentales Grab unterscheidet sich von den ande ren Bau t en : d a s sogenannte Servilia-Grab. Es scheint aus der Zeit Augustus zu stammen und muß einer mächtigen römischen Familie gehört haben. Für die damalige Zeit war es sicherlich ein Luxuspalast mit großem Säuleninnenhof, um den herum die verschiedenen Räume angeordnet waren. Man vermutet, dass in der halbrunden Grabkammer mit der spitz zulaufenden Kuppel die Skulptur der Servilia stand.

Elefantengrab

Zur Zeit der Römer spielte die Verehrung der Gottheiten Cibeles und Attis eine große Rolle. Das sogenannte Elefantengrab war offen-sichtlich ein Altarraum. Der

Gott Attis starb jedes Jahr und erwachte wieder von den Toten. Dies beeindruckte die Einwohner Carmonas sehr stark. Sie bildeten daher eine eigenständige Religiosität, die in den Kulturen des Orients und des Mittel-meerraumes beheimatet war. In diesem Grab wurde eine Elefantenfigur entdeckt, die zum bedeutendsten Symbol der Ewigkeit in diesem Gebäude wurde. Heute steht s i e im Museum der Nekropolis.

Die Stadt Carmona bietet mittwochs bis sonntags kostenlos geführte Touren durch die historischen Sehenswürdigkeiten der Stadt an, auf spanisch und englisch. Es müssen lediglich die Eintrittspreise der jeweiligen Monumente bezahlt werden.

Uhrzeit: 11:00 bis 13:30 h.

Öffnungszeiten:

Aufgrund der großen Nachfrage wurden diese nun ganzjährig erweitert:

Di bis Fr.: 9:00 bis 18:00 h

Sa. und So: 9:00 bis 15:30 h

Feiertage: 8:30 bis 15:30 h

Montag geschlossen

Tel: 0034/ 955 62 46 15

[email protected]

http://www.juntadeandalucia.es/cultura/museos/CAC/

Text und Fotos:

Beatrice Hohler

Weitergehende Informationen:

Tourismusbüro Carmona

Tel: 954 190 955

http://www.turismo.carmona.org

Page 6: Residentenkurier 6

K u l t u r

S e ma n a S a n t a : d i e Ka r w o ch e i n S p a n i e n

und schreiben konnten, drückten die Sevillanos ihre Gefühle einfach mit Musik und Tanz aus. Und das ist bis heute so geblieben. Für sie ist die Passion nicht so sehr ein trauriges Ereignis. In ihrer stets positiven Art feiern sie eher die Auferstehung Christi. Und wo gefeiert wird, da dürfen Wein, Bier, Oliven, gebratener Fisch etc. nicht fehlen. Schließlich hat sich Christus am Kreuz für alle geopfert, das muss einfach zünftig gefeiert werden!

Man kann die tiefe Religiosität erahnen, die sich hinter diesem Treiben versteckt, vor allem, wenn man früh morgens bei Kerzenschein miterlebt, wenn zum Takt dumpfer Trommeln, beim Geruch nach verbrann-

J edes Jahr zu Beginn des Frühlings, wenn das Leben wieder aufblüht, verwandeln sich die Straßen und Plätze Spaniens, ihr Duft und ihr Licht, und sie werden zu einer Kulisse, vor der immer dasselbe und doch jedes mal ein anderes Schauspiel stattfindet. Besonders Anda-lusien wirft sich in Schale für den Palmsonntag, erschaudert in der Stille des Karfreitags und erwacht am folgenden Sonntag erneut zum Leben – der Weg vom Tod zum Leben, einem Leben, das bei den Feierlichkeiten unaufhaltsam zum Ausdruck kommt.

Sieben Tage lang versammeln sich die Bewohner der Städte und Dörfer in ihren besten Kleidern auf den Straßen, um voller Inbrunst die Passion zu feiern. Die Heiligenskulpturen sind von außerordentlichem künstlerischen Reichtum, die im warmen Schein der Kerzen und begleitet von der Musik der typischen Trommel- und Hörnergruppen von Büßern in farbigen Gewändern durch die Straßen getragen werden. All das geschieht im Duft von Weihrauch und Orangen-blüten, was zu einem magischen Ambiente beiträgt und in allen Anwesenden ein Gefühl der Besonderheit weckt. Besonders in Dörfern kann man dies „hautnah“ erleben.

Meine erste Semana Santa habe ich in Zamora in der Nähe von Salamanca erlebt und war tief beeindruckt von der Religösität und der tiefen Ehrfurcht, mit der die einzelnen „pasos“ (pompöse Altäre) durch die Gassen getragen wurden.

Ein Jahr später studierte ich gerade in Sevilla und konnte zunächst kaum fassen, was ich da sah: es kam mir fast vor wie bei einem Faschingsumzug, laut, fröhlich, mit Gesang und Tanz. Schnell wurde mir klar: Andalusien ist anders, und Sevilla sowieso.

Die Sevillanos haben im Laufe der Jahrhunderte ihre eigene Frömmigkeit entwickelt. Da nur wenige Menschen lesen

P á g i n a 6

Eine Reise nach Andalusien an Ostern ist ein Fest für die Sinne: Besonders Sevilla ist erfüllt

von einem zarten Aroma, einer Mischung aus Weihrauch und dem Duft nach Orangenblüten.

Wer in der Osterwoche die andalusischen Städte oder kleinen Bergdörfer besucht, fühlt sich um

viele Jahrhunderte zurückversetzt. Bußgewänder mit spitzen Kapuzen und imposante

Madonnenstatuen: In langen Prozessionen ziehen Büßer barfuss und teilweise Kreuze tragend

durch die mittelalterlichen Straßen und Gassen. Für die Andalusier ist die Karwoche der

Höhepunkt des Jahres. Man feiert diese „Semana Santa“ mit den unterschiedlichsten Altären,

die Tag und @acht durch die Gassen getragen werden, eine einzigartige Verbindung von

Volkskunst und Religion.

Page 7: Residentenkurier 6

tem Wachs, stundenlang die heilige Jungfrau de la Macarena durch Gassen und Parks gleitet oder geschaukelt wird, so dass es den Eindruck erweckt (vor allem für die Einheimischen), als ob die Madonna tanzen würde. Und das muss ja wohl beklatscht werden.

Jeder Altar stellt im Laufe der Karwoche eine andere Szene dar. Zwischen den einzelnen pasos läuft ein Heer von Pilgern barfuß die gesamte Strecke ab. Rund 50.000 Büßer verkleiden sich im Lauf der Woche allein in Sevilla als „Nazarenos“, um insgesamt 58

Prozessionen zu begleiten, bei denen Heiligenbilder (pasos) von sogenannten „costaleros“ auf den Schultern durch die Stadt getragen werden. Die meistens Prozessionen finden nachts oder im Morgengrauen statt. Jede Laienbruderschaft startet von ihrer Kirche aus und folgt einem bestimmten Streckenverlauf. In Sevilla müssen alle einen Teil des Weges entlang der „offiziellen Strecke“ nehmen, die an der Kathedrale endet. Danach ziehen sie meist auf einem anderen Weg zurück in die eigene Kirche. Entlang dieser Strecken singen immer wieder Leute spontan vom Balkon aus ihre „SAETAS“, meist etwas traurig schaurige Flamencogesänge. Dazu hält der Zug eigens an, und auch diese Gesänge zu Ehren der Heil igenfiguren werden beklatscht.

Der Passionskult geht auf alte Geißelungen im 14. Jahr-hundert zurück, mit denen man sich von den Sünden reinigen wollte. Das war der Kirche teilweise ein Dorn im Auge, denn man wollte ja lieber „Ablass“ kassieren. Man geht davon aus, dass im Jahre 1604 durch den

Kardinal Nino de Guevara neue kirchliche Vorschriften erstellt wurden, die zu den heutigen Prozessionen geführt haben. Seit dem 16. Jahrhun-dert hat diese religiöse Kundgebung immer wieder Skulturen, Stickereiarbeiten, Musik, Goldschmiedekünste, Bekleidungen und auch verschiedene Tragearten der Heiligenbilder hervorgebracht, die jetzt einen wichtigen Bestandteil des eindrucks-vollsten Kulturgutes darstellen.

Die Organisation und Durch-fü h run g d e r e i n z e l en Prozessionen übernehmen die „Bruderschaften“ (Hermandades) einer jeden Kirche bzw. Pfarrei. Diese Pilger tragen hohe, spitze Kapuzen mit Sehschlitzen. Um Kindern die Frucht vor diesen gespens-tischen Kapuzenmännern zu nehmen, verteilen sie Bonbons an die Kleinen.

Viele Prozessionen sind bereits als nationales Kulturgut geschützt, wie zum Beispiel in Jerez oder Arcos de la Frontera, wo die Heiligen-bilder kaum durch die engen und ansteigenden Gassen passen. In Vejer de la Frontera gibt es noch den alten Brauch, dass man am Ende der Prozessionen den Büßern (nazarenos) roscos und pan duro (zwiebackähnliches Ge-bäck) anbietet. Eine Beson-derheit hat auch Benacoaz aufzuweisen: am Karfreitag stellen sie die Passion dar, mit insgesamt sieben Heiligen-bildern. Sehr beliebt ist auch die „Procesión Magna“ am Karfreitag in Gibraltar. In Tarifa treffen am Grün-donnerstag verschiedene Heiligenfiguren zusammen. Hier wird auch noch die alte Tradition der öffentlichen Predigten aufrechterhalten.

S e i t e 7 J a h r g a n g 1 , A u s g a b e 6

Trad i t i on , Weih rauch , O rangenb lü t en . . . das Er l ebn i s r e ins t e r Emot ionen

Text: Beatrice Hohler

Fotos: ayuntamientos,

Euroresidentes.com,

Prof. Manuel Alcaraz Ramos,

sowie vistiasevilla.com

Allgemeine Infos über alle

Städte:

http://guiasemanasanta.com/

Page 8: Residentenkurier 6

O st e r br a uc ht u m i n De u t sc h l a n d

K u l t u r

Auch wenn das Osterfest meist viel Arbeit und Vorbereitung erfordert, so tut es einfach gut, denn irgendwie ist es ja der Beginn von etwas Neuem. Man läßt den kalten Winter zurück, die Natur beginnt zu blühen, die Vögel zwitschern wieder, da macht es direkt Spaß, einen g ründ l ich en Os te rpu tz vorzunehmen, Gartenmöbel aus dem Keller zu holen und alles für die schöne Zeit herzurichten.

Für Kinder ist meist das Eierfärben die schönste „Arbeit“. Es gibt so viele verschiedene Färbtechniken, Materialien, Farben, da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Jeder malt und verziert nach seinem Gusto.

Dem Ei kommt an Ostern eine wichtige Bedeutung zu, galt es doch schon von jeher als Symbol für Fruchtbarkeit und damit für den Beginn eines neuen Lebens. Gerade nach dem Ende der Fastenzeit, in der der Verzehr von Eiern untersagt war, freute man sich besonders auf diese Köstlichkeit . Irgendwie mußten auch die Eier, die die Hühn e r wäh rend d e r Fastenzeit ja weiterhin legten, konserviert werden. Dazu legte man hartgekochte Eier in Rotwein, um an das Leiden Christi und sein vergossenes Blut zu erinnern. Aus diesem Rotei gingen zahlreiche kunstvolle Ziertechniken hervor. Bei Kindern sind heute allerdings Schoko-ladeneier in allen Variation sehr beliebt.

Besonders populär ist der Osterhase als Überbringer der Eier. Allerdings kennt man ihn erst seit Ende des 17. Jahrhunderts, und erst im 19. Jahrhundert erlangte er definitiv die Bedeutung, die er heute in Deutschland und in vielen Ländern hat. Ähnlich wie das Ei gilt auch er als Sinnbild der Fruchtbarkeit. Gerade wenn man im Frühjahr die Hasen mit ihren zahlreichen Jungen sah, war dies ein Zeichen dafür, dass der Winter endgültig vorbei war. Bei der Futtersuche hielten sich Hasen häufig in der Nähe der Menschen auf, sie galten als schneller als Hennen, die ohnehin keine bunten Eier legen konnten, und so war es naheliegender, den Hasen als Überbringer der Eier zu definieren.

S e i t e 8

In Deutschland ist die Karwoche eher eine traurige, tief religiöse Zeit, begleitet von Fasten,

Dunkelheit und Stille. Erst in der Osternacht erstrahlt wieder neues Licht, die Osterkerze wird

entzündet, und die Orgel darf wieder ertönen. Man feiert nach christlichem Glauben vor allem

die Auferstehung Christi. Bei Kindern besonders beliebt: der Osterhase, der im Garten oder der

Wohnung Osternester versteckt, mit bunten Eiern und vielen Leckereien.

Page 9: Residentenkurier 6

S e i t e 9 J a h r g a n g 1 , A u s g a b e 6

Zwei Hühner stehen vor einem Schaufenster und betrachten Eierbecher. Sagt das eine: "Schicke Kinderwagen haben die hier!"

Kommt ein Hahn mit 'nem Straußenei auf seine Hühner-farm: "Mädels, ich will ja nicht meckern, aber kuckt mal, was die Konkurrenz macht.

Häschen kommt ins Café: "Haddu kalten Kaffee?" Der Ober sagt nein. Am nächsten Tag kommt Häschen wieder: "Haddu kalten Kaffee?" - "Nein ich habe keinen kalten Kaffee." Am nächsten Tag kommt Häschen schon wieder: "Haddu kalten Kaffee?" - "Ja, extra für dich gekauft." - "Jippie! Kannst du mir warm machen?"

Eduard Mörike hatte einst eine einfache Erklärung dafür gehabt, was zuerst da war, Henne oder Ei, und wie es zum Hasen kam:

Die Sophisten und die Pfaffen Stritten sich mit viel Geschrei:

Was hat Gott zuerst erschaffen, Wohl die Henne? wohl das Ei?

Wäre das so schwer zu losen? Erstlich ward ein Ei erdacht:

Doch weil noch kein Huhn gewesen,

Schatz, so hat's der Has´ gebracht.

Und damit es heuer bei Ihnen ein besonders lustiges Fest wird, hier noch ein Spruch sowie ein paar Osterwitze:

Unterm Baum im grünen Gras Sitzt ein kleiner Osterhas'! Putzt den Bart und spitzt das Ohr, Macht ein Männchen, guckt hervor. Springt dann fort mit einem Satz Und ein kleiner frecher Spatz Schaut jetzt nach, was denn dort sei, Und was ist's? Ein Osterei!

Wer an die „Küste des Lichtes“ kommt ist auf der Suche nach dem unverfälschten Andalusien. Hier zwischen Conil und Vejer de la Frontera projektiert unser Unternehmen die Wellnessfinca „Encanto Andaluz“, ein hochwertiges Boutiquehotel, das sich dem nachhaltigen Tourismus verschrieben hat. Im landestypischen Stil erbaut, liegt es in einer malerischen Landschaft mit Blick aufs Meer und

bietet seinen Gästen pure Entspannung im Einklang mit der Natur. Die Finca verfügt über 36 Doppelzimmer und vier Suiten - alle mit fantastischem Blick zum Meer – sowie über eine Bodega, Konferenzräume und ein exquisites Restaurant mit edler Lounge. Highlight ist ein großer Spa, der

auch externen Besuchern zur Verfügung steht und aus drei „Wellnesswelten“ besteht: einem andalusischen Hammam, einem asiatischen Zengarten und einer Nordischen Saunalandschaft.

Unsere Projektentwicklung ist nun abgeschlossen und wir sind auf der Suche nach Weggefährten,

die uns bei der Umsetzung finanziell begleiten möchten. Neun deutsche Privatinvestoren sind bereits im Projekt engagiert und schafften alle Voraussetzungen, um den Bau zu beginnen. Das Projekt

genießt die volle Unterstützung der lokalen Politik sowie das Interesse eines bedeutenden Reiseveranstalters, mit dem bereits Verträge abgeschlossen wurden.

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Pe n s i o n i s t e n h e i m i n C on i l i s t f ü r a l l e g e ö f f n e t

S e i t e 1 0 I n t e g r a t i o n l e i c h t g e m a c h t

S chon oft wurde ich gefragt, ob ich nicht etwas wüßte, wo man denn zum „ S c hwo f e n “ ( T a n z e n ) hingehen könne. Ein bißchen Tanz, in geselliger Runde, wäre vielfach eine schöne Abwechslung im Leben so mancher Renter. Gerade wenn man die spanische Sprache nicht gut beherrscht, und nur wenig Kontakte zu den Ein-heimischen hat, sind deutsche Altersresidenten manchmal ein wenig einsam, im Ausland oft mehr als zuhause, wo man eher zu Veranstaltungen von Vereinen oder der Kirche etc. gehen kann. Die Spanier sorgen in der Regel sehr gut für ihre Senioren. Hier ist man es von klein auf gewohnt, dass sich das Leben auf der Straße abspielt, also nicht unbedingt im heimischen Wohnzimmer, sondern stets in Gemeinschaft mit anderen. Daher gibt es überall wunderbare Nachbar-schafts-asociaciones (Vereine), die eine hervorragende Anlauf-stelle sind, um gemeinsam jedwelche Aktivitäten auszu-führen. Das kann Spielen und Tanzen sein, aber auch ein Computerkurs, gemeinsames Werken, z. B. um Krippen zu bauen, malen, singen und vieles mehr.

In Conil haben Pensionisten sogar einen eigenen „Hogar“, das heißt ihr spezielles „Zuhause“, wo sie ihre Tage gemeinsam verbringen. In der Calle Cádiz, also mitten im Zentrum, ist ein großzügiges Gebäude mit Innenhof und Bar, speziell für Pensionisten geschaffen worden.

Residentenkurier sprach mit dem Präsidenten, Antonio Marquez: seit über 25 Jahren existiert diese Gruppe, und seit etwa 14 Jahren verfügen sie über diese wunderbaren Räumlich-keiten im Zentrum von Conil. Und da der Präsident auch noch Friseur ist, hat er im Eingangs-bereich einen kleinen „Friseursalon“, wo sich die Pensionisten gut und günstig verschönern lassen.

Der Spiele– und Fernsehraum ist meist gut gefüllt. Immer findet sich irgend jemand, der Lust hat für einen Plausch, Domino, oder Kartenspiel. Dafür muss man nicht viel Spanisch können, um sich einfach daran zu beteiligen. Der Präsident ermuntert alle Residenten ausdrücklich, in den Hogar de Pensionistas zu kommen. „Wir freuen uns über jeden Besuch, besonders von Deutschen, denn einige von unseren Senioren haben einst als Gastarbeiter in Deutschland gelebt und tauschen gerne Erfahrungen aus, sprechen sogar mehr oder weniger gut Deutsch, und helfen bereitwillig mit allem weiter. Es ist auch eine optimale Gelegenheit, praktisch spiele-risch mit Gleichgesinnten die spanische Sprache zu prakti-zieren. Wir hätten andererseits gerne jemanden, der eventuell bereit wäre, den Spaniern ein paar Ausdrücke auf Deutsch beizubringen. Das wäre ein

wunderbarer Austausch. Doch das ist noch lange nicht alles: wir bieten stets ein interessantes Angebot an Kursen, workshops und Veranstaltungen an, an denen sich jeder beteiligen kann, oder einfach nur zuschauen.“

Muss man dazu Mitglied

sein?

„Ja, das ist Voraussetzung. Aber das geht ganz einfach: am Vormittag ist immer unser Büro besetzt, da füllt man lediglich ein Formular aus, dann erhält man eine entsprechende Karte, das ist schon alles. Es kostet gar nichts, aber man hat sehr viele Vorteile. Und vor allem verspreche ich allen Residenten-Rentnern: so schnell wie hier bekommen sie nirgendwo sonst Kontakt mit Einheimischen, die letztendlich in einer ähnlichen Situation sind.“

Jeder kann jederzeit kommen und gehen, ein Bierchen trinken, super günstige Tapas essen, und ein wenig über Conil und seine Geschichte erfahren. Denn die Räumlichkeiten sind über und über mit herrlichen Fotos bestückt, die reinste Galerie! Aus-gerechnet ein ameri-kanischer Fotograf, der sich in Conil niedergelassen hat, hat irgendwann begonnen, die urtypischen Einwohner, vor allem Fischer, zu fotografieren. Allein diese Sammlung ist absolut sehenswert.

Die optimale Möglichkeit für deutsche Altersresidenten, mit spanischen Rentnern in

Verbindung zu kommen, bietet sich im Pensionistenheim in Conil. Bei Musik, Tanz,

Kartenspielen oder Domino kommt man sehr leicht in Kontakt und kann quasi „am lebenden

Objekt“ schnell, sicher und einfach seine Spanischkenntnisse verbessern. Wenn man dabei

noch neue Freunde gewinnt und einen neuen Haarschnitt bekommt, tja dann, dann gehört

man einfach dazu und fühlt sich vielleicht nicht mehr so „fremd“ in der neuen Heimat.

Text und Fotos: Beatrice Hohler

Page 11: Residentenkurier 6

T a n z e n , S i n g e n , m a l e n , K a r t e n s p i e l e n , D om i n o . . . .

Bis jetzt sind 2400 Pensio-nisten im Hogar einge-schrieben. Sie lieben „Ihren Platz“, mit ihrer eigenen Bar, und sind dankbar und glücklich über alles, was geboten wird. Ab und zu werden sogar gemeinsame Ausflüge organsiert.

Am 14. April findet ein Sommerfest gemeinsam mit dem Pensionistenheim aus Chiclana statt, das von den Conileños ausgerichtet wird. Sie stellen alles für ein Picknick zur Verfügung, sorgen für Chor, Theater, und veranstalten sogar einen Copla-Wettbewerb.

Am 21. Mai treten Pensio-nisten aus verschiedenen Dörfern zu einer „Olympiade“ an, im Polideportivo.

Das Pensionistenheim ist immer offen, 7 Tage die Woche, durchgehend. „Unser Barmann macht nie Pause, wir müßten ihn dazu zwingen“.

Man spürt, wie sehr sich der Präsident engagiert, und dass alles von Herzen kommt, was er unternimmt. Besonders stolz ist er auf sein neuestes Projekt: die älteren Herrschaften wer-den Micro-Gärtchen bekom-men, (von der Diputación), so dass jeder seine eigenen Tomaten oder Gurken etc. pflanzen kann. Dies vor allem auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie sich an frischer Luft bewegen müssen. „Ein Glück, dass unser concejal immer für alles offen ist, er hat nur kein Geld“, lacht Antonio Marquez. „Aber das macht nichts, wir haben zwar kein Geld, dafür aber immer eine gute Fantasie, und vor allem viele Freiwillige Helfer. Fast alle Kursleiter arbeiten kostenlos, und - ganz ehrlich - das funktioniert meist besser als bei denen, die Kursgebühren verlangen, es kommt von Herzen“

Die Damen treffen sich im Hogar unter anderem zum Nähen (Mo und Di von 10:30 bis 13.30h), oder zum Stricken und Häkeln ( Di und Mi von 16.30 bis 18:00h), oder gar zum Klöppeln (Di 11 bis 12 h).

Im Hogar gibt es ferner verschiedene Schulungsräume sowie eine Bibliothek. Da viele nicht lesen können, wird ihnen vorgelesen, oder man führt sie ganz allmählich an die Literatur heran. Des weiteren wird ein Grundkurs in Informatik angeboten, damit die Senioren sich die neuen Techniken zunutze machen können.

S e i t e 1 1 J a h r g a n g 1 , A u s g a b e 6

Für den Presidenten ist es ein Glücksfall, dass der zuständige Delegado, Pedro Romero, seine Delegación direkt im 1. Stock des Pensionistenheimes hat und damit immer „greifbar“ ist. Er habe immer ein offenes Ohr für die Belange der Senioren.

Das Programm, das täglich im Hogar de Pensionistas angebo-ten wird, ist mittlerweile so umfangreich, dass in Kürze noch ein angrenzendes Gebäude für die Pensionisten umgebaut und erweitert wird. Des weiteren werden bereits jetzt viele Aktivitäten ins Cine Moreno ausgelagert, wie beispielsweise ein Chor (Mo und Do von 20 bis 21 Uhr), Standardtänze (Mi 19:30 bis 21:00 h), Sevillanas (Di und Do, von 17 bis 18 h und FR von 16:30 bis 17:30 h), Theater (Di 18 bis 19 h) oder Musik (Mo und Mi von 17 bis 18 h), Rumba ( Do ab 18:30h). Darüberhinaus bleibt jeden Abend, von Montag bis Donnerstag, Freiraum zum Tanzen, ab 21:30h, und freitags gibt es sogar eine Senioren-disco, immer ab 21.30h, offen für jeden, der Lust hat, sich zu bewegen und mit anderen Pensionisten einen schönen Abend zu verbringen. Fast alle Veranstaltungen sind absolut gratis, nur Tanzkurse werden berechnet ( 8 bis 12 €), je nach Kurs und Dauer.

Page 12: Residentenkurier 6

C h i c l a n a i l l e g a l e B a u t e n

tümerin, Margit Zirner, zu einer Geldstrafe, 6 Monaten Gefängnis und dem Hausab-bruch verklagt wurde. Sie hat vergeblich gekämpft, und da sie durch Krebs stark geschwächt war, haben die Kräfte nicht mehr für diesen Kampf ausgereicht, und sie ist vor Weihnachten gestorben („an Gram über diese Ungerechtigkeit und Hilf-losigkeit“), wie Nachbarn und Freunde meinen.

Seither versucht das Rathaus, mit ihren Verwandten Gespräche darüber zu führen, ob sie nicht das Haus selbst abreißen, denn das wäre billiger, als wenn die Stadt es abreißen läßt. Residentenkurier sprach mit dem Rechtsanwalt der Erbin (Mutter von Margit), der sich aber zum jetztigen Zeitpunkt bedeckt hält, da noch Verhandlungen laufen mit einem möglichen Käufer, der den Abbruch selbst vornehmen könnte und das Grundstück dann anderweitig verwenden würde. Die Tage sind gezählt.

Vom Rathaus ist nur die offizielle Stellungnahme zu bekommen, dass man seine Pflicht erfülle und die Verantwortung für den Abbruch allein in der Verantwortung der Besitzerin liege. Das sehen nicht alle Betroffenen so. Allzu viele Jahre lang wurde dieses Treiben ungestraft geduldet, Anzeigen nicht weiter ver-folgt, alle verdienten gut daran: Baumeister, Architek-ten, Notare, Stadt... Derzeit versuchen daher verschiedene Nachbarschaftsvereinigungen ,sich in betroffenen Gebieten

Nachdem im März das erste illegale Haus in Chiclana dem Erdboden gleichgemacht wurde, geht es momentan um das Haus einer deutschen Bürgerin im Pago de Melilla, für das der Abbruch beantragt ist. Seither sind viele Chicla-neros und vor allem Auslän-der in Panik geraten, denn insgesamt sollen in Chiclana rund 30.000 Häuser illegal errichtet worden sein. Die Stadt ist bemüht, dass wieder Ruhe einkehrt, und gab das Versprechen, dass zu 99% die illegalen Häuser stehen bleiben können. Momentan wird gvom Urbanismo ein neuer Plan in mühsamer Kleinarbeit erstellt um zu sehen, wo und wie man helfen kann, damit die Eigen-tümer oder Mieter zumindest eine öffentliche Grundversor-gung bekommen, mit Wasser, Kanal, Strom und Telefon-leitungen.

Die Stadtregierung spricht von ca. 15.000 Häuser, die man versuchen wird, auf diese Weise zu legalisieren. Ander-erseits weist die Stadt ausdrücklich darauf hin, „dass wir verpflichtet sind, gesetz-liche Vorgaben zu erfüllen und Urteile zu vollstrecken, um die momentan geltende gesetzli-che Lage anzuerkennen. Wir werden mit den öffentlichen Behörden wie beispielsweise der Fiscalía de Medio Ambiente (Staatsanwaltschaft im Bereich Umweltschutz) kooperieren und die ent-sprechenden Forderungen umsetzen.” Man möchte nun mit eiserner Hand durch-greifen, um den illegalen Bau in Chiclana zu stoppen. Dazu sollen mit diesen Abbrüchen nun erste Exempel statuiert werden.

Der erste Hausabriß erfolgte in der Zone el Marquesado. Es handelte sich um ein Ferien-haus von 90 qm, das auf einer Parzelle mit 500 qm auf nicht bebaubarem Grund illegal errichtet wurde. Ein Haus, das selbst nach dem Projekt der Legalisierung vieler Häuser nicht hätte gebaut werden dürfen, und das bereits im Januar 2006 angezeigt worden war, solange das Haus noch in Bau war. Doch die Eigentümer bauten unbekümmert weiter (wie überall außen herum!, Anmk. der Redaktion), und unter José Pedro Butrón, der als Chef des Urbanismo 2007 alle Fälle ausgiebig untersucht hat, wurde der Abriß festgelegt und vom damaligen Bürger-meister Ernesto Marin unter-zeichnet. Ähnlich sieht es beim Haus im Pago Melilla aus. Hier wurden zwar nur 120 qm Haus auf 1500 qm Fläche erbaut. Doch bereits während des Baus erhielt die Besitzerin eine Anzeige, und hat ungeachtet dessen weitergebaut (wie alle anderen Nachbarn auch, die aber keine Anzeige hatten). Und da scheint der Knack-punkt zu liegen: Verfolgt wird nur, wer angezeigt wurde!

Der Fall liegt zwar schon Jahre zurück (2003). In erster Instanz erhielt die Angeklagte Recht, da der Richter ihr “Unwissen” zubilligte und keinen größeren Schaden durch ihr Haus verursacht sah, da bereits 800 weitere Häuser in dieser angeblich für Landanbau genutzten Fläche errichtet worden waren. Vor etwa 2 Jahren wurde der Fall dann neu aufgerollt, mit dem Ergebnis, dass die Eigen-

S e i t e 1 2 C h i c l a n a 8 o t i z e n

Fast 30 Jahre lang illegale Bauten, an denen sich so mancher mit Schwarzgeld eine goldene

@ase verdient hat, viele auf falsche Versprechungen reingefallen sind, oder sich zu wenig

informiert haben: auch damit ist nun Schluss, es brechen neue Zeiten an. Mit aller Härte hat es

in Chiclana nun die ersten Häuser erwischt: sie müssen abgerissen werden.

Am 12. März 2009 wurde in Chiclana das erste illegale Haus einer spanischen Familie dem Erdboden gleichgemacht.

Text und Fotos: B. Hohler

Page 13: Residentenkurier 6

aus dem Brunnen zu beziehen, statt Kanal Zisternen im Garten zu haben, die 1x im Jahr geleert werden, und Strom (wenn nicht im Einvernehmen oder auch ohne) vom Nach-barn zu holen bzw. mit einem Dieselgenerator selbst herzu-stellen. Dies ausgerechnet in einer der modernsten Städte der gesamten Küste, die sich durch exquisite Hotelanlagen und Golfplätze international einen hohen Rang erworben hat. Bleibt zu hoffen, dass tatsächlich die meisten Häuser legalisiert werden können und zumindest die Grundbedürf-nisse der Bewohner erfüllt werden. Dafür kämpfen viele Nachbarschaftsvereinigungen seit Jahren vehement. Nun hoffen sie auch gleichzeitg auf eine Generalamnestie, da andernfalls die halbe Stadt Chiclana abgerissen werden müßte.

besonders schon vor einem Kauf sich gut beraten zu lassen und auch bei Nachbarn nachfragen, wie die offizielle Situation ist.

Im Grunde erscheint es fast unglaublich, dass man in Spanien – also in einem Hauptland Europas, derart viele Häuser findet, die nicht einmal über Strom, Wasser oder Kanal verfügen, aber dauerhaft bewohnt werden. Viele Menschen haben sich damit abgefunden, ihr Wasser

zusammenzuschließen, um im Falle weiterer Abbrüche gemeinsam die Stadt zu verklagen. Das verhindert zwar nicht die Umsetzung gesetzlicher Vorschriften, könnte aber dazu führen, dass, wie in anderen Städten Spaniens auch, entsprechend politische Köpfe rollen. Schon allein aus diesem Grund ist die Stadt daher bemüht, für Ruhe zu sorgen, und verspricht, künftig darauf zu achten, dass kein einziges illegales Haus mehr in Chiclana gebaut wird.

Residenten – und vor allem solchen, die es werden wollen – kann man daher nur dringend raten, sich gutzustellen mit den Nachbarn, vor allem den spanischen, um keinen Anlass für eine Anzeige zu geben. Des weiteren sollte man alle Papiere und Eintragungen überprüfen lassen, bzw.

S e i t e 1 3 J a h r g a n g 1 , A u s g a b e 6

I n e i n e r d e r m o d e r n s t e n S t ä d t e : T a u s e n d e H ä u s e r o h n e W a s s e r , K a n a l , S t r o m e t c .

Dieses Haus soll abgerissen werden

Page 14: Residentenkurier 6

Der Residentenkurier ist mittlerweile auch bei Studenten sehr beliebt, sowohl bei denen, die

hier „im Ausland“ studieren, als auch bei denjenigen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein

Auslandssemester oder Studienjahr im Süden Spaniens zu verbringen. Dank der

Schilderungen direkt aus der Universität Cádiz bekommen auch viele Jugendliche Residenten

und ihre Eltern ein wenig Einblick in das Studienleben vor Ort. Eine Studienkollegin von Arne

beschreibt den nächsten Schritt, den sie hier in Cadiz bei der Eingewöhnung an der Uni

gegangen ist. Alexandra M., vielen Dank

E r f a h r u n g s b e r i c h t

Studieren in Spanien Erfahrungsbericht einer deutschen Erasmus-Studentin in Cádiz

zählt, zum „Idealisten“ oder zum „Partytouristen“. Während es an meiner Heimatuni ziemlich schwer ist, einen der zwei begehrten Erasmusplätze an der Uni Cádiz zu ergattern, und die Bewerbung auch nur gegen Vorlage eines spanischen Sprachzeugnisses möglich ist, habe ich hier erfahren, dass an anderen deutschen Unis, vor allem in philologiefremden Fachbe-reichen, wohl nicht so ein Andrang auf spanische Austauschuniversitäten besteht. Viele der deutschen Studenten kommen nach Cadiz, um hier erst einmal Spanisch zu erlernen. Wie man so allerdings dem Unterricht folgen, Fach-bücher lesen, Hausarbeiten tippen, Referate halten und Klausuren schreiben möchte, ist mir äußerst schleierhaft! Die Spezies des Party-studenten gibt sich oft also schon damit zufrieden, ihre Kurswahl so zu gestalten, dass sie die vorgeschriebenen dreißig ECTS erreicht, damit sie auch ja ihre Erasmus-zahlung erhält. Dadurch, dass mir alle meine hier besuchten Kurse in Deutschland angerechnet und zudem auch noch direkt in die Diplom-Note einfließen werden, würde ich mich durchaus zur Gruppe der „Idealisten“ zählen. Im Gegensatz zu Deutschland sind die meisten

Nach der Ankunft in Cádiz sollte ich mich laut der e-mail des Oficina de

Relaciones Internacionales möglichst schnell in deren Büro melden. Dort musste ich mich registrieren und beweisen, dass ich das Studium in Cádiz nicht nur auf dem Papier antrete. Daraufhin bekam ich einen Studenten- und Bibliotheks-ausweis sowie eine Liste für die sogenannte Matrícula, in die ich die von mir frei zu wählenden Kurse einzu-tragen hatte. Bevor ich mich aber mit der Liste im Sekretariat der philosophi-schen Fakultät für die Kurse anmelden konnte, musste ich vorher noch einen Termin mit meinem Erasmus-Koordinator vereinbaren, damit dieser die Liste noch mit seiner Unterschrift absegnen und bei der Gelegenheit auch gleich die Learning Agreements für die Heimatuni unterzeichnen konnte.

Nach der Immatrikulation wird freundlicherweise der Internetzugang über Wire-less-Lan freigeschaltet. Das ist natürlich äußerst raffiniert, denn so sind viele Erasmusstudenten gezwun-gen, die ganzen Formalitäten rechtzeitig zu erledigen. Alles in allem klingt das aber viel komplizierter, als es eigentlich ist. Die ganzen Informationen zur Kurswahl finden sich im Internet und die Mitarbeiter der Uni, zumindest die, die ich bis jetzt kennen lernen durfte, sind ausnahmslos nett, zuvorkommend und äußerst hilfsbereit. Die übergroße Hilfsbereitschaft der Gaditanos lässt sich übrigens auch auf den Alltag ausweiten. Wie sich das Studium in Cádiz dann letztendlich gestaltet, hängt ganz davon ab, zu welchem Typ Erasmusstudent man sich

S e i t e 1 4

Universität Cádiz, Philologie

Page 15: Residentenkurier 6

Erasmusbars „Nahu“ und „Bhopal“. Der Zugang zu einheimischen Studenten gestaltet sich meiner Erfahrung nach ein wenig schwierig. Viele der Studenten stammen aus den umliegenden Dörfern und verbringen jedes Wochenende dort und sind nicht besonders an einem Privatleben hier in Cádiz interessiert. Die spanischen Studenten allerdings, die nicht aus Cadiz und Umgebung stammen, sind sehr aufgeschlossen und haben immer Interesse, etwas gemeinsam zu unternehmen. Für alle, ob „Idealist“ oder „Partytourist“, gilt das gleiche meist schöne Wetter, denn wo kann man schon im März seine Freizeit am Meer beim Lernen und gleichzeitiger Erholung verbringen. Den „Residentenkindern“ an der Costa de la Luz kann ich nur empfehlen, dort zu studieren, wo sie sich am wohlsten fühlen und natürlich dort, wo ihr Studienfach auch angeboten wird. Danach können sie ja immer noch, so wie ich, ein Austauschstudium woanders absolvieren. Text und Bilder: Alexandra M.

Es gibt 2 Spezies: die „Idealisten und Partytouristen“

genommen wird, sondern eher, dass hier nicht vergessen wird, dass es neben der Uni noch ein anderes Leben gibt. Was zum Beispiel die Abgabefristen von Hausarbeiten angeht, so ist hier eine Woche nach Abgabetermin durchaus noch rechtzeitig. Die Professoren sind im Gegensatz zu Deutschland weniger streng, und es ist durchaus üblich, sie zu duzen und auf die Nennung ihrer Titel zu verzichten.

Natürlich sind auch die Erasmusstudenten der Spezies der „Idealisten“ nicht nur hier, um zu studieren, sondern auch, um sich zu amüsieren. Insgesamt schätze ich die Zahl der Austauschstudenten hier in Cádiz auf fünfhundert. Darunter befinden sich, nach meinem Wissen, hundert-zwanzig Deutsche und hundertfünfundzwanzig Franzosen. Wir Erasmus-studenten laufen uns eigentlich ständig und überall über den Weg, sei es einfach nur auf der Straße in der Altstadt, im Unikino oder in den zwei typischen

Veranstaltungen zweimal wöchentlich anstatt nur einmal und in den meisten Fällen, besonders an der philosophischen Fakultät, besteht auch Anwesen-heitspflicht. Auch die Klassengrößen sind im Vergleich viel kleiner, im Allgemeinen variieren sie in meinen Kursen aber zwischen sechs und maximal sechzig Personen. Besonders die Veranstaltungen, die mittwochs, donnerstags und freitags stattfinden, sind

nicht so gut besucht. Dieses Phänomen, wenn auch weniger ausgeprägt, ist mir jedoch auch schon in Deutschland aufgefallen. Das Uni-Ambiente ist hier in Cádiz auf jeden Fall viel familiärer und gemütlicher als das in Mannheim. Die Professoren kennen ihre Studenten beim Namen und ich habe den Eindruck, dass unter den Studenten mehr Zusammenhalt und weniger Konkurrenzdenken als in Deutschland herrscht. Damit möchte ich jedoch nicht behaupten, dass die Uni in Spanien nicht so ernst

S e i t e 1 5 J a h r g a n g 1 , A u s g a b e 6

Die Universität von Cadiz hat Vereinbarungen mit anderen Universitäten in Europa und Amerika für den Austausch von Studenten, mit der Anerkennung der Gutschriften aus der studierten Fächer im Bestimmungsland.

Auslandsbeauftragte

Juan Pablo Contreras

Samper

Adresse E. Superior de Ingeniería (Cádiz) C/Chile, 1 11002 - Cádiz

Telefon

+34 956 01 51 37

Fax

+34 956 01 51 01

E-mail

[email protected]

Page 16: Residentenkurier 6

C a m i n o n a c h S a n t i a g o d e C o m p o s t e l l a „E l c am i n o 2 0 0 9 “ m i t Hu n d e n

@ormalerweise begeben sich viele Menschen auf den Pilgerweg nach Santiago de

Compostella. Die Tierschutzorganisation ADA@A hat in diesem Jahr ein einzigartiges Projekt

gestartet, und zieht mit Hunden von Estepona bis Santiago, 1200 km, vom 15. März bis 2. Mai.

Jeder kann diese Aktion unterstüzten oder streckenweise mitwandern. Diese Wanderung wird

verstanden als Anregung für ein neues Bewußtsein, um Herzen zu bewegen, Respekt für Leben

zu schaffen, aber auch, um Mittel für neue und laufende Projekte im Tierschutz zu generieren.

letzter Zeit ist das Thema Vernachlässigung und Miss-handlungen von Tieren zunehmend als globales Problem hervorgehoben worden.

ADANA ist ein Tierschutz-verein, der sich seit 20 Jahren um die Beherbergung von Straßenhunden und Katzen kümmert und neue Heimstätten für die Tiere sucht. Mit dieser Wanderung möchte man auf die Lage der Tiere im Land aufmerksam machen, und gleichzeitig Gelder für den Aufbau eines neuen, modernen Tierheimes generieren.

Klima zu achten und zu schützen. Der Tierschutz nimmt einen immer breiteren Rahmen ein. Diese Entwick-lung ist nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Gesetzgebung allmählich zu beobachten.

A b e r V e r ä n d e r u n g e n brauchen Zeit und guten Willen. Die noch immer hohe Zahl an ausgesetzten oder misshandelten Tieren, die auf Spaniens Straßen wandern und damit nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch die öffentliche Gesundheit in Gefahr bringen, zeigt, dass es noch viel zu tun gibt. In

Auf den ersten Blick mag es scheinen, dass Tiere einen kleinen und unbedeutenden Platz in unserer Gesellschaft einnehmen. Ihre Bedürfnisse mögen unwichtig erscheinen angesichts des ungemeinen Ausmasses an Problemen und Nöten der Menschheit in unserer Gesellschaft. Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass das Schicksal der Tiere schon seit vorgeschichtlichen Zeiten eng mit dem des Menschen verbunden ist. Mehr und mehr werden sich Menschen bewußt über die Notwendigkeit, Natur, Leben,

S e i t e 1 6

Alle Informationen unter:

www.elcamino.adana.es

Wer den Weg am Internet mitverfolgen möchte, kann dies über einen blog tun:

http://blog.elcamino2009.com

Page 17: Residentenkurier 6

B e i d e r e c h t e n Frankfurter Grünen Soße sollten mindestens 7 Kräuter verwendet werden: man nimmt sie möglichst frisch vom Markt oder aus der Gärtnerei, sie können aber auch tiefgefroren sein (insgesamt ca. 250 g):

• Petersilie

• Schnittlauch

• Kerbel

• Sauerampfer

• Borretsch

• Kresse

• Pimpinelle

Gut geeignet sind aber auch Liebstöckel, Est ragon, Zitronenmelisse, Oregano, Bohnenkraut, Thymian, ja sogar Schafgarbe, Löwen-zahnblätter oder Gänse-b lümchen kann man verwenden. Auch frischer Spinat macht sich gut und fördert die grüne Farbe.

Für die Soße benötigt man noch:

• 1 Becher Natur-joghurt

• 1 Becher Schmand/saure Sahne

• 1 Becher Creme Fraiche

(es geht auch mit Majonaise, etwas Senf)

• 4 bis 6 hartgekochte Eier

• 1 gehackte Zwiebel

Am einfachsten ist es, wenn man Joghurt, saure Sahne und creme fraiche in einer Schüssel mischt , d ie gehackte Zwiebel dazu, mit etwas Essig, Senf, Salz und Pfeffer abschmeckt. Wer will, zieht auch noch Eigelb darunter. Selbstverständlich kann man auch Knoblauch dazu geben, manche schätzen wiederum einen TL Meer-rettich, und ich persönlich nehme auch immer ein Brise Zucker dazu.

Alle Kräuter gut waschen, mit dem Wiegemesser oder normalem Messer fein hacken (im Fleischwolf verlieren sie an Geschmack, da die Fasern zerquetscht werden). Sauerampfer ist wesentlicher Bestandteil der Soße, je jünger, desto besser schmeckt er. Manche fügen auch Dill dazu, doch er hat einen sehr starken Eigen-geschmack, man muss ihn wohl dosieren.

Die gehackten Kräuter unter d i e C r em e z i e h e n . Hartgekochte Eier würfeln

und ebenso druntermischen. Manche geben auch noch Gewürzgurken dazu.

Jeder kann das Rezept nach eigenem Geschmack und Fantasie verfeinern, oder schlicht und ergreifend mit dem, was gerade im Haushalt ist, kreativ werden. Das tut dem Geschmack keinen Abbruch. Man würzt alles noch einmal nach, dann sollte die Soße an einem kühlen Ort ca. 2—3 Stunden ziehen.

Die Soße wird traditionell zu Pellkartoffeln und hart-gekochten Eiern gegessen.

Grüne Soße besitzt reichlich Vitamine und Mineralien, ist reich an Eiweiß, arm an Fett und verfügt nachweislich über aph rodis iaki sche Wirkung.

Ich wünsche guten Appetit und eine frohe Osterzeit

Ihr Roland Beysel

$ach dem Winter braucht man viele Vitamine. Dafür gibt es nun frische Kräuter, und

da ich aus der Gegend um Frankfurt stamme, möchte ich Ihnen heute die typische

Frankfurter Grüne Soße empfehlen, traditionell ein Gericht für den Gründonnerstag,

von dem man behauptet, dass es auch Goethes Leibgericht war.

R e z e p t

Haben Sie Interesse an einem

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Studen tenmenu : Hühnerb rus t m i t Co la - soße

Roland Beysel an der Plancha im

Hotel Barossa Garden

Am Gründonnerstag: traditionell Grüne Soße

S e i t e 1 7

Page 18: Residentenkurier 6

K u n s t a u s s t e l l u n g S e i t e 1 8

Blanca Orozco: eine Künstlerin und ihre Welt

Seit Freitag Abend, 3. April, ist in der Tetería „Los Balcones del Califa“ in Vejer „Amani“,

eine Kunstausstellung von Blanca Orozco aus Algeciras zu sehen. Die Galeristin Lesley von

der Galeria la Rampa entdeckt immer wieder junge Talente und gibt ihnen eine Chance, ihre

Werke publik zu machen. In angenehmer Atmosphäre kann man diese Bilder betrachten.

“Als Frau in Algeciras vom Malen leben zu müssen, ist sehr schwierig. Man müßte uns eigentlich ein Denkmal errichten!”, lacht Blanca Orozco Sambucety. Umso schwieriger ist es, wenn man seinen eigenen Stil durchset-zen möchte, stets auf der Suche nach dem Authen-tischen. “

Als wir sie in der Tetería des Hotels Califa in Vejer de la Frontera trafen, hat sie gerade ihre Bilder von zerstörten afrikanischen Gesichtern (ihre Serie Amani) aufgehängt, zusammen mit Bildern einer andalusischen Kleinstadt. “Ich bin glücklich, eine Galeristin gefunden zu haben, die Kunst wirklich kennt, schätzt und liebt.” Nach 10 Jahren Arbeit in weißen Tönen, teils lyrisch halb-abstrakt, hat die Kunst sie zu etwas anderem geführt: nun dominieren eher dunkle Töne.

Wie kam es zu dieser Veränderung?

“Da habe ich nichts dazu beigetragen, es kam ganz von selbst. Es war keine bewußte Entscheidung, ein politisch heikles Thema aufzugreifen oder schlicht und ergreifend auf Figuren zurückzukom-men, es ist einfach geschehen. Ich habe mich wieder auf den Menschen konzentriert, um über den Ausdruck eines Menschen etwas zu erzählen. Und dazu wollte ich gerne den Finger auf bestimmte Wunden legen.

In Algeciras sind wir nur 14 Kilometer von Africa ent-fernt, und täglich versuchen Menschen, diese Strecke zu

überwinden. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass Af-rika schlecht behandelt wurde. Ich finde es unglaub-ich, dass wir den Menschen die Türen versprerren, die lediglich zum Arbeiten und Essen herkommen wollen. Wir haben alle eine Verant-wortung gegenüber Afrika. Auch wir Künstler sind mo-ralisch gefordert, Kritik zu üben.”

Aber die Bilder hier sind weder didaktisch noch propagandistisch.

“Das mag ich so gar nicht aussprechen. Ich möchte gerne, dass sich die Be-trachter Dinge vorstellen, die den Sinn meiner Werke tref-fen. Das ist das Schönste an der Kunst. Ich möchte, dass die Menschen selbst hinein interpretieren, was sie sehen wollen. Man gibt ihnen nur wenige Hinweise. Ich glaube, dass man den Gesichtern sehr wohl ansieht, dass es um Menschen geht, die unwürdig behandelt werden. Wenn jemand vor einem Bild ste-hen bleibt, sich den Ge-sichtsausdruck betrachtet, und fragt: “was will mir dies sagen?”, dann ist das ein großer Erfolg. “

Wenn ich Deine Bilder be-trachte, habe ich das Ge-fühl, dass es dir Spaß macht, zu malen. Ist das wahr?

“Ich bin froh, dass du das so sagst, denn egal wohin ich zu einer Ausstelllung gehe, dies ist immer das erste, was mir auffällt, ob ein Künstler Spaß an seiner Arbeit hat, es ist die Grundlage überhaupt. Jede Kunst hat ihre Elemente,

womit sie spielt und experi-mentiert. In meinem Studio habe ich säckeweise Papiere, die mir aufgefallen sind, Pflaster, Kartons, Stoffe … und wenn ich arbeite, dann schneide ich etwas aus, male darauf, trenne Stoffe auf, oder stecke sie wieder weg, ganz ohne Angst. Gerade aus Zufall entstehen meist die schönsten Formen. Lucio Muñoz, ein Maler, der mich sehr beeindruckt, sagte einst: “Malen ist ein Kampf, bei dem alles oder nichts geschehen kann. “ Und genau so ist es. “

Woher kommt der 8ame Amani ?

“In Suaheli bedeutet dies “Frieden”, auf arabisch Wünsche. Mir gefällt ein-fach der Klang. Er erfüllt mich mit vielen Dingen, und vereint einfach alles: wir leben nicht in Frieden mit uns selbst. Es macht mich verrückt zu sehen, dass Länder und Menschen sich immer noch bekriegen und wir immer wieder die glei-chen Fehler begehen, ohne daraus zu lernen. Ich komme gerade von einer Reise aus Berlin, und was man dort den Juden angetan hat, ist im Grunde ähnlich mit dem, was wir heute den Afrikan-ern antun. Wir verschließen die Tore Europas für sie. Wir haben eine Mauer auf-gebaut, dabei sind wir im 21. Jahrhundert! Das alles er-drückt mich. Ich hoffe, dass es bald Frieden gibt, auf der ganzen Welt! Friede!”

Das Interview führte Quen-

tin Kean auf spanisch

Blanca Orozco: „AMANI“

Galería la Rampa,

en Los Balcones del Califa

Tetería, Bar, Cafetería

C/Villa Vieja, 10, Vejer

Tel: 956 45 13 94

Montag bis Freitag ab 17:30 Uhr

Sa, So, Feiertage ab 13:00 Uhr

Fotos: Beatrice Hohler

Page 19: Residentenkurier 6

P á g i n a 1 9

Heute möchten wir Sie auf eine schöne Seite im Internet aufmerksam machen, über die man bequem und mit viel Spaß Spanisch lernen kann. Sie finden dort Wörterbuch, Übersetzungen, Vokabeltrainer, und einen Spanien-Guide. Wir haben heute ein Kreuzworträtsel für Sie.

S p r a c h k u r s

Sprachkurs

Auflösung im nächtsen Heft

Auflösung des Rätsels vom März

Page 20: Residentenkurier 6

Erzählungen aus der Erinnerung eines jungen

Andalusiers der in den 60er Jahren nach

Deutschland ging, dort sein Glück fand und

erst im neuen Jahrtausend wieder zurückkam.

Teil 2:

Als ich fast 16 Jahre zählte wurde mir auf der Hühnerfarm endlich andere Arbeit mit mehr Verantwortung übertragen. Ich musste z.B. von 21h bis 9h mit der Brutmaschine arbeiten. Dazu musste ich die Eier jede Stunde um 180 ° drehen damit sie von allen Seiten gleichmäßig 39° Wärme bekamen um die Küken auszubrüten.

Da nachts nichts anderes zu tun war, hatte ich Zeit, mich um meine Weiterbildung zu kümmern. Es gab auf dem Gelände natürlich nicht nur die Halle mit den Hühnern, sondern auch mein Chef wohnte dort mit seiner Familie und es gab die Bürogebäude. Dort standen der Bücherschrank und auch eine Schreibmaschine, eine Olivetti, auf die ich es abgesehen hatte. Durch die Hilfe meines Freundes Valois (Buchhalter der Hühnerfarm) lernte ich Schreibmaschine schreiben Er malte mir meine 10 Finger auf einen Pappkarton und schrieb die Buchstaben dazu, die die Finger zu bedienen hatten. Ich übte jede Nacht und war stolz als ich das Maschineschreiben konnte.

Die Winternächte waren nicht schön, bei starkem Wind oder Gewitter fiel immer sofort der Strom aus und ich musste nach

draußen gehen, um die Generatoren anzumachen die den Strom weiter produzierten. Besonders wichtig war, dass die kleinen Küken es immer warm hatten, dazu gab es im Boden eingelassene Öfen, die ich immer mit Holz füttern musste. Eines Nachts jedoch ging mir ein Ofen aus und ich bekam Panik, dass den Küken etwas passieren würde. In meiner Aufregung gelang es mir nicht, den Ofen in Gang zu bringen. Ich hatte, wie ich meinte, eine gute Idee und nahm Benzin, schüttete es über das Holz und entzündete es. Aber es gab eine kleine Explosion und eine Stichflamme die mein linkes Bein verbrannte, es stank fürchterlich nach verbrannten (Bein) Haaren. Schnell kühlte ich mit Eiswasser die ganze lange Nacht. Aber das war mein Glück, fast keiner bemerkte mein Malheur, nur die Schwester vom Chef half mir mit Brandsalbe.

Zu der Zeit war ich mit Juan, einem Nachbarjungen, befreundet, der schon 18 war und als Schreiner arbeitete. Eines Tages erzählt er mir nach einem Fußballspiel, dass seine Verwandten in Madrid eine Stelle als Schreiner für ihn gefunden hätten und in zwei Monaten würde er unseren Heimatort verlassen, um nach Madrid zu gehen. Ich war enttäuscht, ärgerlich und neidisch zugleich. Wieso ging er und ich musste weiter in Marchena bleiben und auf der Hühnerfarm arbeiten? Ich hatte eine Idee

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Der Junge von der Hühnerfarm

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und abends erzählte ich meiner Mutter, ich wolle mit Juan nach Madrid gehen, um mir eine richtige Arbeit zu suchen. Meine Mutter war entsetzt und sagte sofort: „NEIN, und außerdem haben wir kein Geld für die Fahrkarte“. Sie empfahl mir, meinen Vater zu fragen. Das war allerdings leichter gesagt als getan. Acht Tage schleppte ich mein Geheimnis mit mir herum, bis sich eine gute Gelegenheit ergab. Es war ein Sonntag, den ich nie vergessen werde. Wir hatten ein erfolgreiches Fußballspiel mit dem Nachbardorf bestritten und 4:2 gewonnen. Mein Vater war auch auf dem Sportplatz und beklatschte und befeuerte jeden unserer Spielzüge, was mich beflügelte und mich 2 Tore schießen ließ. Auf dem Nachhauseweg mit meinem Papa, wir waren in gelöster Stimmung, fasste ich mir ein Herz und erzählte ihm von meinem großen Wunsch, nach Madrid zu gehen. Ich bat um seine Erlaubnis. Er sah mich mit großen Augen an und fragte mich: „Um Himmelswillen, Kind, was willst du denn in Madrid machen?“. So erzählte ich ihm von meinem Wunsch, Automechaniker zu werden. Er lächelte ganz fein und versonnen und sagte nur: wir müssen mit Mama sprechen. Das war das ersehnte JAAAAA in meinen Ohren. Nun galt es das nächste Problem zu bewältigen, das Geld für die Fahrkarte und das Taschengeld zu verdienen.

Wieder war mir das Glück hold. Ich hatte die Idee, meinen Chef zu fragen , meinen Dienst auf der Hühnerfarm zu verlängern, statt morgens um 9h nach Hause zu gehen, wollte ich bis 14h bleiben und der Mehrverdienst sollte mir die Fahrkarte bezahlen und mein Startgeld sein. Mein Chef Pepe Vaquero war traurig als er hörte, dass ich in 2 Monaten weggehen wollte. Er verstand, dass ich das Geld für die Reise dringend brauchte und war mit meinem Vorschlag einverstanden. Er meinte, wenn ich diese Extraarbeit machen würde, bis ein neuer Mitarbeiter kommt, würde er mir das Geld für die Fahrkarte und das Taschengeld geben. So arbeitete ich ca. 10 Tage von abends um 21h bis zum anderen Tag um 14h (17Std), aber ich war der glücklichste Junge der Welt und malte mir mein weiteres Leben in den rosigsten Farben aus.

Die 2 Monate gingen mir nicht schnell genug herum, bis endlich der Tag der Abreise kam. Es war ein Samstag im Mai 1959, als ich 3. Klasse mit dem Zug von Sevilla nach Madrid fuhr. Ein neues Abenteuer begann.

Fortsetzung folgt....

Liebe Leser,

Anders als bei den üblichen Auswanderergeschichten beginnen wir in der nächsten Ausgabe eine Serie über den „Jungen aus der Hühnerfarm“,

ein spanischer Junge, der zur Zeit der Emigration in Deutschland aufgewachsen ist, sein Leben dort gemeistert hat und nun im Alter wieder nach Andalusien zurückgekehrt ist.

Erzählungen aus der Erinnerung eines jungen Andalusiers, der in den 60er Jahren nach

Deutschland ging, dort sein Glück fand und erst im neuen Jahrtausend wieder zurückkam.

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D i e l e t z t e S e i t e S e i t e 2 2

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Aber wer glaubt schon an den Osterhasen?