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SCHMELZTIEGEL AUSGABE 2/2013 ZEITSCHRIFT FÜR EINE ÖKOLOGISCHE UND SOLIDARISCHE ALTERNATIVE Wir leben, wohnen, arbeiten in einem wundervoll wider- sprüchlichen Bezirk. Lange Zeit galt der Fünfzehnte als Problembezirk. Niedrigste Durchschnittseinkommen Wiens, höchster Anteil an MigrantInnen, schlechte Bausubstanz, hohe Bevölkerungsdichte, eine Mischung, die nur eines bedeuten konnte: hier möcht‘ man nicht mal begraben sein. Interessanterweise kamen die negativen Meinungen über den Fünfzehnten so gut wie immer von Außen. Menschen aus allen Teilen der Welt leben hier, oft mehr nebeneinander als mitei- nander. Trotz der schlechten Rahmenbedingungen war und ist der Fünfzehnte für die Menschen im Bezirk vor allem eines, nämlich IHR Bezirk. Entwicklung findet statt Manche der Entwicklungen in einer Stadt passieren einfach. Es ist leicht erklärbar, dass gerade finanziell schwächere Be- völkerungsgruppen sich Stadtteile suchen, in denen die Mieten leistbar sind. Es ist nachvollziehbar, dass sich KünstlerInnen Stadtteile suchen, wo sie billigen Raum für ihr künstlerisches Schaffen finden. Es ist klar, dass sich kleine Dienstleistungs- betriebe Gegenden suchen, in denen Büros leistbar sind. Und es ist auch klar, dass die gute Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz ein starkes Argument für den 15. Bezirk ist. Ich könnte jetzt noch einige Faktoren aufzählen, aber sie allein reichen nicht aus um zu erklären, welche Dynamik den 15. Be- zirk erfasst hat. Es ist eine spezielle Mischung entstanden, eine Stimmung des Daheim seins, ein Gefühl des Willkommen seins. Politik ist Teil Politik kann eine solche Stimmung nicht „erfinden“. Was Po- litik kann und muss, ist positive Entwicklungen erkennen und durch geeignete Maßnahmen fördern und unterstützen. Was Politik kann und muss, ist vor Problemen nicht die Augen verschließen, sondern konstruktiv und gemeinsam mit den BewohnerInnen an Verbesserungen und Lösungen arbeiten. Politik kann und muss sich als Teil eines Ganzen verstehen und entsprechend agieren. ¢ Wohnen wollen wir alle – aber können wir es uns auch leisten? Lesen Sie, mit welchen Ideen wir Grüne Wohnen für alle leistbarer machen wollen! Zur Wohnqualität gehört auch die Wohnumgebung. Daher befassen wir uns mit den Wohnstraßen, fragen AnrainerIn- nen nach ihren Wünschen und zei- gen mit ein paar Aktionen auf, wel- chen Erholungswert Wohn- und Spielstraßen haben könnten. Auch beim Dorfplatzltag, der schon zur Tradition wird, wollen wir bewusst machen, welche Möglichkeiten der öffentliche Raum uns Stadtbewoh- nerInnen bieten kann. Wichtige Voraussetzung für die Teilnahme am öffentlichen, gesell- schaftlichen Leben ist Bildung, in erster Linie die Fähigkeit, sich aus- drücken zu können. Lesen Sie in dieser Ausgabe unsere Gedanken zur Sprachförderung – ein Thema, dem gerade in unserem Bezirk viel Aufmerksamkeit geschenkt wer- den sollte! Wir wünschen spannende Lektüre und freuen uns über Ihre Rückmel- dungen! Ihre Rückmeldungen an: [email protected] p Waltraut Antonov In kaum einem anderen Bezirk Wiens ist derzeit soviel Aufbruchstimmung zu spüren wie in Rudolfsheim-Fünfhaus. Der einstige Problembezirk rückt ins Stadtzentrum. AUF DEM WEG LIEBER LESER! LIEBE LESERIN, Unser Frühjahrsschwerpunkt zu den Wohnstraßen im Bezirk hat viele Reaktionen ausgelöst. Wir haben mal aus- probiert, wie das so ist, wenn ein paar Leute eine Wohnstra- ße ihrer Bestimmung entspre- chend nutzen. Seite 2 Während SPÖ und ÖVP herumlavieren, steigen die Miet- und Eigentumspreise für Wohnungen. Was wir brau- chen ist ein neues Mietrecht. Ein Gastartikel von Maria Vassilakou Seite 3 Warum die Förderung der Erstsprachen von Kindern so wichtig für das Erlernen von weiteren Sprachen, z.B. Deutsch ist, beschreibt Felix Hofstadler. Seite 5 Die derzeitige Diskussion um die Neugestaltung der Maria- hilferstraße erinnert an die De- batten rund um die Fußgän- gerzone Kärntnerstraße in den 70er-Jahren. Was die Neu- gestaltung der MaHü bringt, beschreibt Julia Balatka. Seite 6 WOHNSTRASSEN ABER PRONTO DU NIX DEITSCH? MARIAHILFERSTRASSE

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Schmelztiegel - die Zeitschrift der Grünen Rudolfsheim-Fünfhaus

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SCHMELZTIEGELAUSGABE 2/2013

ZEITSCHrIfT für EInE ökoLoGISCHE und SoLIdarISCHE aLTErnaTIvE

Wir leben, wohnen, arbeiten in einem wundervoll wider-sprüchlichen Bezirk. Lange Zeit galt der Fünfzehnte als Problembezirk. Niedrigste Durchschnittseinkommen Wiens, höchster Anteil an MigrantInnen, schlechte Bausubstanz, hohe Bevölkerungsdichte, eine Mischung, die nur eines bedeuten konnte: hier möcht‘ man nicht mal begraben sein.

Interessanterweise kamen die negativen Meinungen über den Fünfzehnten so gut wie immer von Außen. Menschen aus allen Teilen der Welt leben hier, oft mehr nebeneinander als mitei-nander. Trotz der schlechten Rahmenbedingungen war und ist der Fünfzehnte für die Menschen im Bezirk vor allem eines, nämlich IHR Bezirk.

Entwicklung findet statt

Manche der Entwicklungen in einer Stadt passieren einfach. Es ist leicht erklärbar, dass gerade finanziell schwächere Be-völkerungsgruppen sich Stadtteile suchen, in denen die Mieten leistbar sind. Es ist nachvollziehbar, dass sich KünstlerInnen

Stadtteile suchen, wo sie billigen Raum für ihr künstlerisches Schaffen finden. Es ist klar, dass sich kleine Dienstleistungs-betriebe Gegenden suchen, in denen Büros leistbar sind. Und es ist auch klar, dass die gute Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz ein starkes Argument für den 15. Bezirk ist. Ich könnte jetzt noch einige Faktoren aufzählen, aber sie allein reichen nicht aus um zu erklären, welche Dynamik den 15. Be-zirk erfasst hat. Es ist eine spezielle Mischung entstanden, eine Stimmung des Daheim seins, ein Gefühl des Willkommen seins.

Politik ist Teil

Politik kann eine solche Stimmung nicht „erfinden“. Was Po-litik kann und muss, ist positive Entwicklungen erkennen und durch geeignete Maßnahmen fördern und unterstützen. Was Politik kann und muss, ist vor Problemen nicht die Augen verschließen, sondern konstruktiv und gemeinsam mit den BewohnerInnen an Verbesserungen und Lösungen arbeiten. Politik kann und muss sich als Teil eines Ganzen verstehen und entsprechend agieren. ¢

Wohnen wollen wir alle – aber können wir es uns auch leisten? Lesen Sie, mit welchen Ideen wir Grüne Wohnen für alle leistbarer machen wollen! Zur Wohnqualität gehört auch die Wohnumgebung. Daher befassen wir uns mit den Wohnstraßen, fragen AnrainerIn-nen nach ihren Wünschen und zei-gen mit ein paar Aktionen auf, wel-chen Erholungswert Wohn- und Spielstraßen haben könnten. Auch beim Dorfplatzltag, der schon zur Tradition wird, wollen wir bewusst machen, welche Möglichkeiten der öffentliche Raum uns Stadtbewoh-nerInnen bieten kann. Wichtige Voraussetzung für die Teilnahme am öffentlichen, gesell-schaftlichen Leben ist Bildung, in erster Linie die Fähigkeit, sich aus-drücken zu können. Lesen Sie in dieser Ausgabe unsere Gedanken zur Sprachförderung – ein Thema, dem gerade in unserem Bezirk viel Aufmerksamkeit geschenkt wer-den sollte!

Wir wünschen spannende Lektüre und freuen uns über Ihre Rückmel-dungen!

Ihre Rückmeldungen an:[email protected]

pWaltraut Antonov

In kaum einem anderen Bezirk Wiens ist derzeit soviel Aufbruchstimmung zu spüren wie in Rudolfsheim-Fünfhaus. Der einstige Problembezirk rückt ins Stadtzentrum.

auf dEM WEG

LIEBEr LESEr!LIEBE LESErIn,

Unser Frühjahrsschwerpunkt zu den Wohnstraßen im Bezirk hat viele Reaktionen ausgelöst. Wir haben mal aus-probiert, wie das so ist, wenn ein paar Leute eine Wohnstra-ße ihrer Bestimmung entspre-chend nutzen.

Seite 2

Während SPÖ und ÖVP herumlavieren, steigen die Miet- und Eigentumspreise für Wohnungen. Was wir brau-chen ist ein neues Mietrecht.Ein Gastartikel von Maria Vassilakou

Seite 3

Warum die Förderung der Erstsprachen von Kindern so wichtig für das Erlernen von weiteren Sprachen, z.B. Deutsch ist, beschreibt Felix Hofstadler.

Seite 5

Die derzeitige Diskussion um die Neugestaltung der Maria-hilferstraße erinnert an die De-batten rund um die Fußgän-gerzone Kärntnerstraße in den 70er-Jahren. Was die Neu-gestaltung der MaHü bringt, beschreibt Julia Balatka. Seite 6

wohnstrassen aber pronto du nix deitsch? mariahilferstrasse

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SCHMELZTIEGEL 02/201302

Wie schon im letzten Schmelztiegel angerissen, wird kaum eine der 17 Wohnstraßen im Bezirk als solche genutzt. Da war es doch naheliegend zu zeigen, was dort passieren kann, wenn man Straße als Lebensraum und nicht mehr in erster Linie als Verkehrsfläche und Parkplatz denkt. Wir haben mal in der Pelzgasse begonnen und für ein paar Stunden die Straße bespielt. Uns hat es Spaß gemacht, den AnrainerInnen wie man so hört auch – einer Fortset-zung in den anderen Wohnstraßen des Bezirks steht also nichts im Weg. Abgesehen vielleicht von ein paar motorisierten VerkehrsteilnehmerInnen, die auf ihren gewohnten Abkürzungen und Schleichwegen

durch die Wohnstraßen mit ungewohnten Anblicken konfrontiert werden. Was, so denke ich, durchaus zu überleben sein wird. Wir werden in den nächsten Wochen öfter in den verschiedenen Wohnstraßen zu finden sein.(Infos und Termine auf unserer Website: http://rudolfs-heim-fuenfhaus.gruene.at oder unserer Facebook-seite: www.facebook.com/gruene15) Und natürlich freuen wir uns über jede Form der Beteiligung – ein-fach hinkommen und mitmachen!

Und wir beschränken uns nicht nur darauf: Gerade was den Durchzugsverkehr angeht, tragen oft schon kleine Maßnahmen - wie zum Beispiel das Umdrehen einer Einbahn - zur Verkehrsberuhigung und damit direkt zu einer verbesserten Lebensqualität der Be-wohnerInnen bei. Auch das sehen wir uns gerade an. Sollten Sie Vorschläge haben, wir freuen uns über Ihre Rückmeldungen!

Straße ist mehr

Eigentlich ist das, was wir in der Pelzgasse veran-staltet haben, ja nichts Neues. Im Gegenteil. Bis vor wenigen Jahren war „Leben auf der Gasse“ - die Straße sozusagen als verlängertes Wohnzimmer - gewohnter Alltag in Wien. Straße ist mehr als ein Asphaltband, das für den motorisierten VerkehrsteilnehmerInnen als die

kürzeste Verbindung zwischen zwei Orten dient. Wir haben es verlernt, Straße als mehr zu sehen und sie gleichberechtigt zu nutzen, sei es als FußgängerIn, RadfahrerIn oder als AutofahrerIn. Die Generation vor uns hat es uns eingetrichtert bis wir es geglaubt haben, Straße ist gefährlich, laut, schmutzig.

Straße ist mehr als ein graues Verkehrsband eines in PKW-Einheiten denkenden Stadtplaners. Sie ist ein Ort der Begegnung, der vielfältig genutzt werden kann. Lasst uns die Straßen wieder mit Leben befüllen.

pEsther Lang, Aktivistin

In den letzten zweieinhalb Jahren ist uns eine ganze Menge gelungen. Viele Maßnahmen wurden gesetzt, um das Zusammenleben im Bezirk zu fördern. So ist Rudolfsheim-Fünfhaus der einzige Bezirk Wiens, der über ein ganzjährig arbeitendes Fair-Play-Team verfügt. Das Fair-Play-Team 15+ arbeitet in der Konfliktprävention im öffentlichen Raum. Durch die regelmäßige Anwesenheit auf den Plätzen und in den Parks im Bezirk können mögliche Konfliktherde frühzeitig erkannt und mit den Beteiligten an Lösun-gen gearbeitet werden bevor Situationen eskalieren.

Der Fünfzehnte war der erste Bezirk, der an seinen Schulen Workshops zu den Themen Diskriminierung und Zivilcourage anbot. In Zusammenarbeit mit dem Verein ZARA finden seit 2011 jedes Jahr 15 Work-shops an verschiedenen Schulen im Bezirk statt. Mehrere hundert Schülerinnen und Schüler nahmen bereits an den Workshops teil.

Eine Bezirkskommission für Integration, Zusammen-leben und Teilhabe, ein Integrationsleitbild für die Bezirkspolitik, Förderung sozio-kultureller Stadtteil-projekte, wie Samstag in der Stadt am Schwender-markt oder z.B. das Projekt „Garteln ums Eck“, es ist eine beachtliche Liste an kleineren und größeren Grünen Erfolgen, die da in den letzten Jahren zu-sammen gekommen ist. Möglich wurde diese Liste durch gründliche sachliche Vorarbeit, offene und

ehrliche Diskussion mit den BewohnerInnen und eine über weite Strecken konstruktive Zusammenarbeit mit der Bezirks-SP.

Kein Grund Auszuruhen

Die positive Stimmung im Bezirk darf für uns aber kein Grund sein uns auszuruhen. Es gibt viel zu tun. Eines der vordringlichsten Probleme ist das Steigen der Mietpreise. Die neue Anziehungskraft des 15. Bezirks führt auch dazu, dass allerorts Gebäude und Wohnungen saniert, Dachgeschosse ausgebaut und alte durch neue Gebäude ersetzt werden. Einerseits gut, denn neue bzw. sanierte Gebäude weisen eine wesentlich bessere Energiebilanz auf. Die Kehrsei-te, vor allem für jene BewohnerInnen die über ein niedriges Einkommen verfügen, sind die steigen-den Mietpreise. Hier sind Bund und Land gefordert Schritte zu setzen, damit Wohnen leistbar bleibt. Es braucht ein neues Mietrecht, aber auch Investitionen in kommunalen Wohnbau, damit die eigenen vier Wände nicht zum Luxus werden.

Doch auch im Bezirk gibt’s einiges zu tun. Ein großer Bereich, in dem aus unserer Sicht noch zu wenig weitergeht, ist der Verkehr. Jahrzehntelang war im 15. Bezirk alles aufs Auto fahren ausgerich-tet. Dabei könnte der Bezirk Verbesserungen für

FußgeherInnen gut brauchen. Schmale Gehsteige, versteckte und offensichtliche Barrieren sind (noch) Hindernisse, um das zu Fuß gehen attraktiver zu machen. Auch der Radverkehr ist ein Stiefkind der Bezirksverkehrspolitik. Rudolfsheim-Fünfhaus ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen, es ist der Bezirk mit den wenigsten PKW-Zulassungen pro EinwohnerIn. Trotzdem ist es nahezu unmöglich Mehrheiten für Verkehrsmaßnahmen zu finden, die nicht das Auto als Mittelpunkt haben.

Rudolfsheim-Fünfhaus ist ein Bezirk mitten in der Stadt. Wir werden weiter unseren Beitrag leisten, damit der Weg ins Stadtzentrum ein erfreulicher Weg wird.

pChristian Tesar, Klubobmann der Grünen 15

Straße kann viel mehr sein als ein graues Asphaltband. Die Bestimmungen in Wohnstraßen sollen dieses Mehr fördern.

WoHnSTraSSEnLEBEn In dIE

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SCHMELZTIEGEL 02/2013 03

In Wien verzeichneten wir seit dem Jahr 2000 auf dem privaten Mietwohnungsmarkt Preisanstiege von fast 40 Prozent, in bestimmten Segmenten des Wohnungsmarktes von fast 60 Prozent. Die Finanz-krise hat auch hier ihr Maß dazu beigetragen: Grund-buch statt Sparbuch lautet die derzeitige Devise der FinanzberaterInnen. Das ist hoch gefährlich. Banken, Fonds werben mit dem Versprechen an private Anleger, hohe Renditen am Immobilienmarkt für ihr Geld erzielen zu können. In Zeiten der Finanzkrise scheint das für viele der Rettungsanker. Kredite wer-den aufgenommen, um in diese Art der Vorsorge zu investieren. Für den Wohnungsmarkt ist es fatal: Die versprochenen Renditen lassen sich nur mit ständig steigenden, hohen Mieten erzielen. Damit steigen die Erwartungen. Und mit den Erwartungen steigen die Grundpreise.

Wohnen ist ein Grundrecht

Wohnen darf kein Luxus sein, Wohnen ist ein Grund-bedürfnis. Wohnen muss leistbar bleiben. Deshalb brauchen wir ein neues, effektives Mietrecht, denn die derzeitigen gesetzlichen Instrumente funktionie-ren nicht. Es gibt zwar einen gesetzlichen Richtwert für die Miete, dieser wird aber aufgrund einer Fülle von Zuschlägen die verlangt werden dürfen, so gut

wie nie auch nur annähernd eingehalten. Mittlerweile werden Phantasiemieten von 11 bis 15 Euro pro Qua-dratmeter für einfache Wohnungen in nicht-privile-gierter Lage verlangt.

Der Markt für leistbares Wohnen würde in Wien ohne die SteuerzahlerInnen nicht existieren. Rund 500 Millionen Euro an Steuergeld fließen in Wien jedes Jahr in Förderungen für Wohnbau - öffentlich und genossenschaftlich. Damit gibt es ein Segment, das für junge Familien mit durchschnittlichen Ein-kommen erschwinglich bleibt. Doch die Wartelisten für derart geförderte Wohnungen sind lang, auch weil am privaten Wohnungsmarkt die Lage für Men-schen, die eine leistbare Wohnung suchen, immer schwieriger wird.

Machen statt Rumreden

Wir brauchen daher ein neues Mietrecht. Und zwar pronto! Mit einem fairen, transparenten Mietrecht können wir den Phantasiemieten am freien Woh-nungsmarkt endlich den Garaus machen. Maßnah-men wie Zweckbindung der Wohnbauförderung sind für Wien völlig irrelevant. Wir geben die gesamte Wohnbauförderung ohnedies für Wohnbau aus. Während SPÖ und ÖVP herumlavieren, steigen die

Miet- und Eigentumspreise munter weiter. Ja, wir brauchen Neubau. Ja, wir brauchen vielleicht andere Wohnungen auf dem Markt. Ja, wir brauchen neue Widmungskategorien. Aber das dauert alles. Was wir JETZT brauchen, was wir JETZT tun können, um leistbares Wohnen für unsere Kinder und Enkelkin-

der sicher zu stellen, ist eine rasche Reform dieses völlig veralteten, kaputten Mietrechts.

Wir könnten längst am Weg sein.

pMaria Vassilakou, Amtsführende Stadträtin Geschäftsgruppe Stadtentwicklung, Verkehr, Klima-schutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung

Ich wohne seit sechs Jahren an der Sechshauserstra-ße. Als ich hergezogen bin, gab es noch eine Bank an der Ecke zum Gürtel, einen Schlecker, ein Anti-quitätengeschäft. Sie alle haben in der Zwischenzeit zugesperrt. Dafür sind neue Geschäfte entstanden: türkische Supermärkte, asiatische Greißler, indische DVD-Geschäfte. Natürlich ist die Sechshauserstraße immer noch keine Einkaufstraße. Viele Geschäfte stehen leer, viele sehen zwielichtig aus. Aber man sieht, dass sich etwas tut in Sechshaus. Die Entwick-lungen in der Reindorfgasse strahlen positiv in die Umgebung aus.

Gleichzeitig verändert sich die Bevölkerungsstruktur. Als ich vor sechs Jahren einzog, war ich die einzige „Junge“ im Haus. Einige ältere Ehepaare und viele Familien mit Migrationshintergrund wohnten hier. Nun spürt man deutlich, dass die Mieten in Wien steigen. Viele Studierende können sich Wohnungen in den Innenbezirken nicht mehr leisten und zie-hen in den Fünfzehnten. Fünfhaus und Sechshaus bieten interessante Angebote. Beide Grätzln liegen am Gürtel und sind öffentlich gut an die Innenstadt

angebunden. Man lebt noch günstig und dennoch unweit vom Zentrum.Diese Entwicklung wird sich auch noch fortsetzen. Die bevorstehende Blocksanierung in Sechshaus wird ihren Teil dazu beitragen. In den nächsten Jah-ren sollen viele Häuser südlich der Sechshauserstra-ße rundum saniert werden. Es gibt hier noch viele Substandardwohnungen, diese werden renoviert und zusammengelegt, in der Folge also teurer wer-den. Illegale Hofverbauungen werden zurückgebaut, Dachböden ausgebaut. Neuer urbaner Lebensraum entsteht.

Zwei Seiten der Medaille

Auch dies wird neue MieterInnen anlocken. Immer mehr Wohngemeinschaften, junge Familien, „Krea-tive“ werden nach Sechshaus ziehen und mit ihnen wird sich das Grätzl verändern. Die Infrastruktur wird sich ihnen anpassen. Schon jetzt kann man auf der Mariahilferstraße bemerken, dass immer mehr neue Lokale entstehen. Neue Bevölkerungsschichten

werden ganz anders einkaufen gehen und entspre-chende Geschäfte anlocken. Die Veränderung stellt eine Chance für Sechshaus dar.

Wir konnten solche Veränderungen schon in ande-ren Stadtteilen beobachten. Das Viertel rund um den Brunnenmarkt im 16. machte in den letzten Jahren so eine Veränderung mit. Es ist nun hip, der Wohn-raum teuer geworden. Gentrifizierung nennt man das. Das Prinzip ist bekannt: Gut Situierte und junge Kreative ziehen in Gegenden, in denen Wohnen noch billig ist, die Infrastruktur folgt ihnen, das Viertel wird trendig, die Wohnungen teurer und viele Altein-gesessene ohne finanziellen Spielraum müssen sich ein neues Viertel suchen.

Die Veränderungen in Sechshaus sind eine Chance für den Bezirk. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass solche Veränderungen auch negative Auswirkungen haben können. Und davor dürfen wir die Augen nicht verschließen.

p Maxie Klein, Bezirksparteisprecherin

WoHnEn IST EIn GrundBEdürfnIS

SECHSHauS

WoHnEn IST kEIn LuxuS,

PErSPEkTIvEn für

Das Bild ist dasselbe von Wien bis Klagenfurt, von Eisenstadt bis Bregenz: Wohnen wird teurer, der finanzielle Aufwand für das Wohnen steigt über die allgemeine Teuerung und heizt die Inflation noch an. Die Städte geraten unter Druck.

Rudolfsheim-Fünfhaus verändert sich. Das ist eine Chance für den Bezirk, aber auch ein Risiko für die bisherigen BewohnerInnen.

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SCHMELZTIEGEL 02/201304

Anna, 27 Jahre alt, abgeschlossenes Studium und viel Praxiserfahrung, aber ohne sicheres Einkommen, sucht eine Wohnung. Der befristete Mietvertrag ihrer kleinen Substandardwohnung wurde nicht verlän-gert: Ein Investor hat das Haus gekauft und plant eine Generalsanierung. An sich eine gute Sache, denn ein Leben mit Gang-WC, Duschkabine in der schmalen Küche und Kohleofen ist nicht angenehm. Anna wird sich die Miete nach der Sanierung nicht mehr leisten können. Für einen Wohnungskredit bräuchte sie ein sicheres Einkommen. Ihre Eltern, bei denen sie wieder wohnt, können ihr mit so großen Summen nicht aushelfen. Christa und Herbert leben mit ihren zwei Kindern in einer Genossenschaftswohnung. Kürzlich wurde Christa arbeitslos. Kreditrückzahlung, Miete und Be-triebskosten gehen sich mit nur einem Gehalt nicht mehr aus.

Der freie WohnungsmarktSeit 2000 ist der Durchschnittspreis pro m2 für Wohnungen am freien Markt um fast 40 % gestie-gen, die Inflation um 21% und die Löhne und Gehäl-ter um 22%. Zurückzuführen ist die Steigerung auf die Erhöhung des Hauptmietzinses (ohne Betriebs-kosten und ohne Umsatzsteuer). Immer wieder weist auch die Arbeiterkammer auf ungerechtfertigt hohe Mietkosten hin.

Anlageberater versprechen sichere Renditen beim Ankauf von Vorsorgewohnungen. Investmentge-sellschaften kaufen Gründerzeithäuser auf, führen Sanierungen durch und verkaufen die Wohnungen dann teuer. Auch Genossenschaftswohnungen kön-nen sich nur mehr Menschen leisten, die finanzielle Rücklagen und ein sicheres Einkommen haben.

Nicht nur die Mieten sind hoch: Kaution, Maklerge-bühren und andere bei Unterzeichnung des Mietver-trages anfallende Zahlungen läppern sich zusam-men. Darüber hinaus stieg die Zahl der befristeten

Mieten in den letzten 10 Jahren. Geförderte Wohnun-gen, die nach einem bestimmten Zeitraum in Eigen-tum erworben werden können, stehen ebenfalls als leistbare Wohnungen nicht mehr zur Verfügung, der soziale Wohnbau wurde – auch auf Grund der Auf-hebung der Zweckbindung der Wohnbauförderung – vernachlässigt.

Wohnen ist ein Menschenrecht und Menschenrech-te dürfen nicht dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen werden. Um dieses Recht durchzusetzen müssen wir an mehreren Schrauben drehen: Faire, transparente, überprüfbare Mietzinsobergrenzen, ein überschaubares Mietrecht, die Zweckbindung der Wohnbauförderung, die Reduzierung der Befristun-gen sind nur einige der Möglichkeiten.

Anna hat schließlich eine kleine Wohnung gefunden: Ein Bekannter, dessen Vater mit einem Hausbesitzer befreundet ist, hat ihr eine Altbauwohnung vermit-telt. Christa und Herbert suchen immer noch.

pMarianne Geets, Bezirksrätin

EInE WoHnunGanna SuCHT

In den letzten Jahren kam viel Bewegung in die Gürtelmittelzonen. An der Grenze zwischen fünf-tem und zwölftem Bezirk wurden Möglichkeiten für Fußball, Basketball und Volleyball geschaffen, in der Mittelzone zwischen Westbahnhof und Urban-Loritz-Platz entsteht auf Gebiet des siebten Bezirks gerade eine neue Gestaltung mit Skatepark und Ruhezonen. Jetzt springt der Funke auch in den 15. Bezirk über.

Bis 2015 entsteht auf der Fläche unter der Otto-Wagner-Brücke ein weiteres Angebot zur Freizeit-nutzung. Was genau auf der zukünftigen Aktivzone entstehen wird, werden die zukünftigen NutzerInnen bis Jahresende selbst erarbeiten, diskutieren, mitein-ander verhandeln und schlussendlich bestimmen.

Eigentlich erscheint es sonnenklar, dass bei der Planung und Gestaltung einer Freifläche die zukünf-

tigen NutzerInnen eine zentrale Rolle spielen sollten. Trotzdem sind derartige partizipative Planungspro-zesse noch immer eher die Ausnahme. Erst langsam setzt sich diese Form der BürgerInnenbeteiligung durch. Gemeinsam mit der Bezirks-SP haben wir entschieden, für die Gestaltung der Jugendaktivzone den Weg der partizipativen Planung zu gehen. Das heisst, Kinder und Jugendliche werden von Beginn an in den Planungsprozess einbezogen. Derzeit laufen noch die Vorbereitungen, ab Herbst beginnt dann die Beteiligungsphase.

Schritt für Schritt

Bevor die Beteiligungsphase losgehen kann, sind noch einige Dinge zu klären, Zuständigkeiten, tech-nische Rahmenbedingungen und nicht zuletzt die

Finanzierungsfrage. Rund 300.000 Euro wird der Bezirk in den nächsten Jahren für die Gestaltung der Fläche zur Verfügung stellen. Den Sommer über werden die Vorbereitungen abgeschlossen. Eine Freiraumanalyse, durchgeführt von der Gebietsbe-treuung wird veranschaulichen, welche Angebote es in welchem Umkreis gibt und die außerschulische Jugendbetreuung wird gemeinsam mit der Bezirks-vertretung die Beteiligung vorbereiten.

Ab Herbst sind dann die Kids und Jugendlichen am Wort. Selbstverständlich steht es auch älteren Se-mestern frei sich an der Gestaltung der Freifläche zu beteiligen. Aber ganz ehrlich, ich wünsche mir, dass sich viele junge Menschen finden, die ein Stück Zukunft ihres Bezirkes in die Hand nehmen.

pChristian Tesar, Klubobmann

WIrd akTIvdIE WIEnZEILE

faST jEdE von unS HaT ES GESEHEn und WIr aLLE HaBEn ES auCH SCHon üBErSEHEn, daS arEaL an dEr LInkEn WIEnZEILE unTEr dEr oTTo-WaGnEr-BrüCkE. rund 1.800M2 frEIfLäCHE WarTEn auf EInE nuTZunG.

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SCHMELZTIEGEL 02/2013 05

2009 wurde im Auftrag der Stadt Wien und in Ko-operation mit dem Verein Zeit!Raum im 15. Bezirk der Wiener Forschungskindergarten gegründet. Dort wird gemeinsam mit der Universität Wien das Projekt “Spracherwerb und lebensweltliche Mehr-sprachigkeit im Kindergarten” durchgeführt. Ziel des Projekts ist es, Möglichkeiten zur Förderung der sprachlichen Entwicklung von Kindern zu ermitteln. Die Kindergärten in Wien sind vielsprachig. Mehr als die Hälfte der Kindergartenkinder im Bezirk hat eine andere Erstsprache als Deutsch. Bei den Päda-gogInnen und AssistentInnen ist der Anteil deutlich geringer. Personalknappheit, der hohe Pädagogin-Kind-Schlüssel und das schlechte Sozialprestige des Berufs der KindergartenpädagogInnen einerseits,

sowie die hohen Anforderungen an die Kindergärten andererseits stellen eine große Herausforderung dar.

Ergebnisse des Projekts

Bei der Untersuchung hat sich gezeigt, dass ein Kind mit einer anderen Erstsprache als Deutsch in seiner sprachlichen Entwicklung am besten gefördert wird, wenn alle seine Sprachen geschätzt und anerkannt werden. Konkrete Sprachförderung sollte an den Interessen des Kindes anknüpfen. Für die meisten PädagogInnen und AssistentInnen ist die Mehrspra-chigkeit der Kinder ein selbstverständlicher Aspekt der täglichen Arbeit, sie versuchen den Kindern zu vermitteln, dass ihre Erstsprachen wichtig sind.Aber durch die einseitige Konzentration auf das Erlernen der deutschen Sprache im öffentlichen

Diskurs fehlt dennoch oft die Anerkennung der Erstsprache, wodurch die sprachliche Entwicklung der Kinder gehemmt wird. Ein optimaler Erwerb der Zweitsprache Deutsch setzt aber eine gleichzeitige Förderung der Erstsprache voraus.

Empfehlungen für die Zukunft In den Kindergärten sollte die Verwendung aller Erstsprachen der Kinder und MitarbeiterInnen selbst-verständlich sein. Die Sprachen der Kinder müssen sich sowohl im pädagogischen Alltag bei Liedern, Sprechspielen, etc. als auch in der Ausstattung mit Büchern und anderen Medien wieder finden.

Die Mehrsprachigkeit der Kinder in unserem Bezirk und in ganz Wien ist eine wertvolle Ressource, die Anerkennung, Wertschätzung und Förderung ver-dient.Um ein möglichst hohes Sprachniveau zu erreichen, müssen alle Sprachen gefördert werden. Die einsei-tige Konzentration auf eine Sprache beschneidet die Potentiale der Kinder und nimmt ihnen Chancen auf dem Bildungsweg.

pFelix Hofstadler, Aktivist

vErSTEHST du MICH?ICH vErSTEH dICH

Die Förderung der Erstsprache ist der Schlüssel für die Sprachentwicklung

und das Erlernen von weiteren Sprachen, bereits im Kindergarten.

Das Projekt „Garteln ums Eck“ geht in sein drittes Jahr. Und die Zahl der Gärt-nerinnen und Gärtner sowie der betreuten Baumscheiben nimmt weiter zu. Waren es 2012 zwanzig GärtnerInnen, die insgesamt dreißig Beete betreuten, ist diese Zahl heuer bereits überschritten. Aber es gibt noch genug Baumscheiben im Bezirk, die nur auf gärtnerische Betreung warten.

Und so einfach geht’s: Baumscheibe aussuchen – genaue Adresse notieren –Kontakt mit der Gebietsbetreuung aufnehmen – Baumpatenschaft unterzeichnen

Gut für die Umwelt• Belebt die Umwelt (Biodiversität)• Bietet Lebensraum für Insekten• Nützt dem Baum durch bessere Wasserversorung und Bodendurchlüftung.

Gut fürs Zusammenleben• fördert das Miteinander in der Nachbarschaft • Menschen bekommen einen neuen Blick für ihre Umgebung• Menschen kommen wieder miteinander ins Reden

...und Freude machts auch!

Mitten in Fünfhaus betreibt Tom Epple – unter Schallplatten-Afficionados bes-ser bekannt unter seinem Markennamen „Vinyltom“ – seit sieben Jahren einen weltweiten Versandhandel für Schallplatten: ausgewählte Vintage Raritäten aus den Bereichen Jazz, Rock/Pop, Austropop, Soul/Funk, Avantgarde, etc. und HiFi-Geräte vom Plattenspieler bis zur Komplettanlage. „Der Standort ist sowohl für mein Business als auch für mich als Fußgänger und Radfahrer ideal durch seine Nähe zu den Öffis und bietet mir dadurch auch eine optimale Anbindung für Freizeitaktivitäten. Nicht nur die Schallplatte, sondern auch Rudolfsheim-Fünfhaus erleben zur Zeit ein erfreuliches Revival!“.

vinyltom.comwholelottasound.eufacebook.com/vinyltomtherecordking

GarTELn uMS ECk

vInyLToM

BEST of fIfTEEn

Quelle und Lesetipp: „Mehrsprachigkeit im Kin-dergarten leben - Anregungen zur sprachlichen Bildung und Förderung ein- und mehrsprachi-ger Kinder im Kindergarten“ von Wilfried Dat-ler, Rudolf de Cillia, Ines Garnitschnig, Ewelina Sobczak, Regina Studener-Kuras, Katrin Zell

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06 schmelZtieGel 02/201306

dIE MarIaHILfErSTraSSEStell Dir eine Straße vor, in der du unbekümmert gehen kannst wo du willst. RadlerInnen fahren mit entspre-chender Vorsicht ebenfalls wo sie möchten. Gelegentlich kommt ein Auto langsam vorbei gefahren...

Wie in der letzten Ausgabe berichtet, arbeitet die Kommission für Integration, Zusammenleben und Teilhabe daran die Chancengleichheit der Bezirks-bewohnerInnen zu verbessern. Dafür wurden zwei wichtige Institutionen im Bezirk beauftragt, für die Bezirksvertretung eine Liste von Themen zusam-menzutragen. Die erste Institution ist das Regionalforum, ein Zu-sammenschluss der im Bezirk tätigen Sozialinitia-tiven. Die Mitglieder des Regionalforums sind also beruflich großteils in sozialen Organisationen tätig. Man erstellte eine Liste von 24 Punkten in sechs Themengruppen. Diese ExpertInnen zeigen auf, wo und warum es in unserem Bezirk heute an Chancen-gleichheit mangelt:Staatsbürgerschaft (immer noch Voraussetzung für vieles), Zugangskriterien zu öffentlichen Leistungen

(sie passen nicht zu den unterschiedlichen Lebens-realitäten der BezirksbewohnerInnen), Schule und Lernen (bei der Deutschkurseuphorie gehen allge-meine Lernangebote, etwa wie man Lernen lernt, unter), mehr Transparenz über öffentliche Angebote und Einrichtungen, SeniorInnen (die Vereinsamung nimmt eher zu als ab) und Behinderung (auch hier klaffen die Lebensrealitäten und die Administration auseinander).

Als zweite Institution haben MitarbeiterInnen der MA 17, das Magistrat für Integration und Diversität, den Kontakt zu MigrantInnenvereinen im Bezirk gesucht. Im direkten Gespräch versuchten sie die Schwierig-keiten und Hindernisse, die im Alltag erfahren wer-den, zusammenzufassen.

Zwar waren die genannten Hindernisse sehr punk-tuell, einige ließen sich aber zu einem zentralen Themenbereich zusammenfassen: Wohnen und Mieten. Beklagt wird hierbei, dass Mietverträge und Betriebskostenabrechnungen zu undurchsichtig sind. Auch sind die Mieten im 15. Bezirk stark gestiegen.

Die Kommission für Integration, Zusammenleben und Teilhabe wird sich in den kommenden Monaten auf Grundlage der oben genanten Themen weiter mit Chancengleichheit beschäftigen.

Wir werden berichten.

pHaroun Moalla, Bezirksrat, Vorsitzender der Kommission für Integration, Zusammenleben und Teilhabe

LErnT CHanCEnGLEICHHEITrudoLfSHEIM-fünfHauS

Es gibt Bäume und Bänke und gemütliche Plätz-chen, wo man sich jederzeit ausruhen oder zu einem Pläuschchen treffen kann. Gelegentlich kommt ein Auto langsam vorbei gefahren, aber außer zum Laden verstellt kein einziges Auto die Sicht auf die Häuserfronten und die Geschäfte.So in etwa soll die Mariahilferstraße demnächst aussehen. Möglich ist das unter anderem, weil es seit heuer in der Straßenverkehrsordnung nun „Begeg-nungszonen“ gibt*.

Im Kernbereich der Marihilferstraße - also zwischen Kirchengasse und Andreasgasse - soll sie eine Fuß-gängerzone werden, allerdings mit einem öffent-lichen Bus. Denn die Route des 13A soll natürlich erhalten bleiben.

Die angrenzenden Bereiche werden Begegnungszo-nen. In diesen Bereichen gibt es nämlich sehr viele Garagen- bzw. Hofeinfahrten. Daher war es notwen-dig eine Lösung zu finden, die einerseits dem extrem erhöhten Bedarf für FußgängerInnen als auch den weiterhin zu privaten Stellplätzen fahrenden Autos gerecht wird.Um mit Knoflachers Worten zu sprechen: „Nur als Bewegungsprothese, das es ja ist, hat ein Auto Zu-fahrt für jene, die es wirklich brauchen.“

Es sind jetzt schon an normalen Tagen mehr als 5mal soviel Menschen zu Fuß als mit Auto auf der Maria-hilferstraße unterwegs – Tendenz steigend.Daher ist es notwendig, um die Attraktivität der Straße zu erhalten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Schon jetzt gibt es viele BewohnerInnen der angrenzenden Bezirke, die die Mariahilferstraße wegen „Überfüllung“ meiden.

Mitte August 2013 sollen die verkehrlichen Verän-derungen verordnet werden. Es sind mit der neuen Regelung auch eine Menge Begleitmaßnahmen im 6.+7. Bezirk notwendig, um nicht einfach eine Verdrängung des Verkehrs in die Bezirke zu haben, sondern um wirklich eine Reduktion von etwa 30% zu schaffen.

Im Frühjahr 2014 soll dann mit dem Umbau der Ma-riahilferstraße begonnen werden. Um sie nach den Wünschen und Bedürfnissen der NutzerInnen umzu-gestalten, gab es und gibt es die Möglichkeit sich bei verschiedenen Veranstaltungen oder per Mail oder Webseite http://www.dialog-mariahilferstrasse.at/ einzubringen.

pJulia Balatka, Vorsitzende der Mobilitätskommission Wien Neubau

*Begegnungszonen sind gewissermaßen eine Erweiterung der Wohnstraßen – alle Verkehrs-teilnehmerInnen (zu Fuß, mit Rad oder Auto) sind gleichberechtigt. Es gilt eine Höchstge-schwindigkeit von 20km/h oder 30km/h (die jeweilige Verordnung ist im Verkehrschild er-kennbar!), Parken ist nicht erlaubt, außer auf extra gekennzeichneten Flächen.

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SCHMELZTIEGEL 02/2013 07

Zu Beginn stellte Silja Ómarsdóttir, Mitglied des Beirates für eine neue isländische Verfassung den partizipativen Erarbeitungsprozess vor. Die Journa-listin Sybille Hamann interviewte Maria Vassilakou und Kathrin Stainer-Hämmerle (Professorin für Poli-tikwissenschaft) zu aktuellen demokratiepolitischen Entwicklungen.

Eigentlicher Mittelpunkt dieses Tages waren aber die zahlreichen Workshops, deren Themen Mitte Februar in einem offenen Vorbereitungsworkshop erarbeitet wurden. So wurde etwa über den sinnvollen Einsatz von Online Medien in der BürgerInnenbeteiligung ebenso diskutiert, wie über Demokratie am Arbeits-platz oder die jüngsten demokratiepolitischen Ent-wicklungen in Europa. Aber auch spielerisch-kreative Ansätze kamen zum Einsatz: Stadtplanung konnte am Brett geübt und Demokratie in Theaterform inszeniert werden.

150 TeilnehmerInnen aus unterschiedlichen zivilge-sellschaftlichen Zusammenhängen diskutierten so über Facetten und Notwendigkeiten um in der Stadt, im Bund oder auf Ebene der EU demokratiepoliti-sche Fortschritte zu erzielen. Bereichernd war dabei das „ins Gespräch kommen“ und Kennenlernen unterschiedlicher Standpunkte. Eine Qualität, die in dieser Form nur ein Kongress bieten kann.

Und ganz aktuell

Helmut Hüttinger, Klubobmann der Bürgerliste Salzburg, präsentierte das kürzlich vom Salzbur-ger Gemeinderat beschlossene „Modell für mehr direkte Demokratie“. Dieses ersetzt das Instrument der Bürgerbefragung. Das dreistufige Modell sieht als ersten Schritt einen Initiativantrag vor. Dafür braucht es so viele Unterschriften, wie Stimmen notwendig sind um ein Mandat im Gemeinderat zu erlangen. Bleibt der Initiativantrag ohne die von den BürgerInnen gewünschten Folgen, kann mit einer Verdoppelung der Stimmen ein „Bürgerbegehren“ folgen, das im Gemeinderat behandelt werden muss. Wenn das Begehren auch dort abschlägig beurteilt werden sollte, kann schließlich mit der verdreifach-ten Anzahl an Stimmen ein Bürgerentscheid zu einer Sache herbeigeführt werden. Es wird spannend sein, zu beobachten, wie sich dieses neue Instrument in Salzburg bewährt.

Für alle, die ich jetzt neugierig gemacht haben sollte: Es gibt Informationen zum nachlesen und den Eröff-nungsvortrag und das Interview sogar nachschauen – auf der Website der Grünen Bildungswerkstatt unter www.gbw.at.

pJennifer Kickert, Gemeinderätin

MISCH dICH EIn!Unter diesem Motto stand unser Zukunftskongress Demokratie, der am 13. April in der Wiener Urania stattfand.

adE, aLTE BäuMEG‘ MISCHTEr SaLaT

Auf dem Areal des Kaiserin Elisabeth Spitals werden demnächst 57 alte Bäume dem Neubau eines Pfle-gewohnhauses mit Kindergarten weichen müssen. Es handelt sich um Birkenpappeln, Linden, Blutpflau-men, Sandbirken, Fichten, Föhren und Roßkastanien.117 Ersatzpflanzungen sollen auf der Liegenschaft untergebracht werden, für 30 Bäume ist eine Aus-gleichsabgabe geplant.

Auf der Liste der Ersatzbaumpflanzungen finden sich neben Säulenspitzahorn, Bergahorn, Hainbu-chen, Mehlbeere, Elsbeere und Winterlinde, also schönen, ökologisch wertvollen Gehölzen, auch kleinwüchsige Zieräpfel und Zierbirnen, die vielleicht den „Lichtraub“ in manchen Bauteilen verhindern sollen.

Schade ist, dass keine Kastanien mehr vorgesehen sind. Wir Grünen haben schon öfter, auch in Anträ-gen, gefordert, dass diese Wiener Charakterbaumart nicht dem Aussterben preisgegeben werden darf!

auch in Zukunft

Im alten Krankenhaus wurde Wert auf Ökologie und Umweltschutz gelegt. In Zusammenarbeit mit „Netzwerk Natur“ wurde das Areal begangen und ein Maßnahmenkatalog ausgearbeitet: Nistkästen für Fledermäuse und Insektenhotels wurden organisiert. Die Aufstellung mit Beschriftung erfolgte mit Ende Oktober 2009. Baumstümpfe sollten als Nistplätze für Insekten behalten und mit einer Informationstafel versehen werden.

Dies und noch mehr soll auch nach der Neubebauun möglich sein: Hochbeete zum Gartl’n für Alt und Jung, Totholzhaufen als Wohnanlage für Käfer, Wild-bienen, Futterhäuschen, Nistkästen.Und wenn dann erst die Mauer rund ums Grundstück weg ist, werden wir den Bäumen beim Wachsen zuschauen.

Heißen wir die neuen BewohnerInnen und die jungen Bäume willkommen!

pLidia Brandstätter, Bezirksrätin

Flussdiagramm Salzburger Modell für direkte Demokratie, 2013, vereinfachtInitiativantrag, Bürgerbegehren und Volksentscheid sind nicht zwingend aufeinander folgend

sondern können jeweils separat angestrebt werden.

Initiativantrag

(1 Mandat)

Initiativantrag

(1 Mandat)

negativ

Fortsetzung der

Initiative

(+ 1 Mandat)

Bürgerbegehren

(2 Mandate)

Bürgerbegehren

(2 Mandate)

Verhandlungen

GR-Abstimmung

Volksentscheid

(3 bzw. 5 Mandate)

Volksentscheid

(3 bzw. 5 Mandate)

negativ

Verhandlungen / Antrag an Gemeinderat

GR-Abstimmung

1 Mandat

2 Mandate

5 Mandate

Ko

ns

ult

ati

on

sg

es

prä

ch

vo

r E

inre

ich

un

g

positiv – Ende

positiv – Ende

negativ

Fortsetzung des

Begehrens

(+ 1 Mandat)

positiv – Ende

Verbindliches

Ergebnis(ab Wahlbeteiligung

von 10 Prozent)

Erläuterung:

1 "Mandat" d. i. die Zahl für

die benötigten Unterstützungs-

erklärungen. Sie wird aus der

Summe aller gültigen

Stimmen der jeweils letzten

Gemeinderatswahl, geteilt

durch die Zahl der Sitze im

Gemeinderat [=40], errechnet

(= fiktive Wahlzahl).

BürgerInnen-Information

mehr zum Salzburger Modell finden Sie unter

http://mehr-demokratie.at

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IMPRESSUMSchmelztiegel 2/2013

Medieninhaberin: Die Grünen – Grüne Alternative Wien,

Lindengasse 40, 1071 Wien.

Herausgeberin: Die Grünen – Grüne Alternative

Rudolfsheim-Fünfhaus, Kriemhildplatz 10, 1150 Wien.

Grafik: Gregor Rührer graphisches Handwerk

alleswiedergut.at

Druck: Donau Forum Druck, 1120 Wien.Verlagspostamt: 1070 Wien. Herstellungsort:

Wien. DVR: 102 11 84.Alle Fotos (sofern nicht anders gekennzeichnet):

Die Grünen

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e-mail: [email protected] oder telefonisch: 01-942 44 39

Sie finden uns auch im Internet unter:

rudolfsheim-fuenfhaus.gruene.at und facebook.com/gruene15

Oder Sie kommen zu einer unserer Sprechstunden in unser Bezirkslokal,

Kriemhildplatz 10/1: dienstag, 17:00-19:00 & freitag, 10:00-12:00 uhr

samstaG, 1. Juni 2013, 15:00 – 21:00 UHR

sparKassaplatZ, 1150 wien

Mit: Grüne Radrettung, Pflanzentauschbörse, Ideentauschbörse

tHE PoP UP CIRCUS präsentiert:

> Listen to Leena

> Clara Blume & Werner Eichhorn

> Die feinen Leute

In Zusammenarbeit mit:

Pier15 open Shop,

dieLichtfabrik,

the Pop Up Circus,

Papertown, Checkpot, uvm.

EInLadunG ZuM

dorfPLaTZL-fEST 2013

MITrEdEn, MITMaCHEn

MITGESTaLTEn, So GEHT‘S.