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VuR Zeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht Nomos Aus dem Inhalt Editorial Schärfere Verbrauchergesetze als Schutz vor „Online-Abzocke“? RA Prof. Dr. Stefan Ernst, Freiburg/Br. 321 Aufsätze Datenschutz bei Internetveröffentlichungen Dr. Thilo Weichert, Kiel 323 Verfall- und Auszahlungsgebührenklauseln in Prepaid-Mobilfunkverträgen RA Dr. Bernd Lorenz, Essen 330 Gefangen in der (Internet-)Kostenfalle? RA Dr. Oliver Meyer-van Raay und Ass. jur. Jörg Deitermann, Karlsruhe 335 Neue Wege im Kampf gegen Kostenfallen im Internet RA Benedikt Klas und RA Philipp Schwarz, Karlsruhe 341 Beweisprobleme bei Urheberrechtsverletzungen von Tauschbörsennutzern in P2P-Netzwerken RA Armin Leicht, Wolfach 346 Rechtsprechung Multimedia Fehlende Handelsregister- und Umsatzsteuer ID-Nr. im Impressum einer Website OLG Hamm, Urt. v. 02.04.2009, Az.: 4 U 213/08 351 Blickfangwerbung für Internetdienste-Clubmitgliedschaft OLG Koblenz, Urt. v. 18.03.2009, Az.: 4 U 1173/08 352 Angabe von Auslandsversandkosten OLG Hamm, Urt. v. 12.03.2009, Az.: 4 U 225/08 353 Zusatzkosten bei Online-Ticketpreisen LG Hamburg, Urt. v. 18.06.2009, Az.: 315 O 17/09 354 Verzicht auf gesetzliches Widerrufsrecht LG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08 355 9 / 2009 Jahrgang 24 · Seiten 321–360 ISSN 0930-8369 · E 20025 www.vur-online.de In Verbindung mit Verbraucherzentrale Bundesverband und Bund der Versicherten herausgegeben von Prof. Dr. Hans-W. Micklitz Prof. Dr. Udo Reifner Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski Prof. Dr. Klaus Tonner Prof. Dr. Joachim Bornkamm Dr. Friedrich Bultmann Prof. Dr. Peter Derleder Prof. Dr. Stefan Ernst Prof. Dr. Günter Hirsch Dr. Günter Hörmann Prof. Dr. Wolfhard Kohte Dr. Rainer Metz Prof. Dr. Norbert Reich Prof. Dr. Astrid Stadler Prof. Dr. Dirk Staudenmayer Walter Stillner Andreas Tilp Verbraucher und Recht Anlegerschutz Konsumentenkredit Versicherung private Altersvorsorge Verbraucherinsolvenz Verbraucherschutz Schwerpunktheft Multimedia

und Recht VuR Drei Bände nur · VuR 9/2009 | III Karte aufnehmen kann. Solche Karten sind in Deutschland erst seit 2009 erlaubt. Das Finanzportal banktip.de rät vom Gebrauch dieser

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VuRZeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht

Nomos

Aus dem Inhalt

EditorialSchärfere Verbrauchergesetze als Schutz vor „Online-Abzocke“?RA Prof. Dr. Stefan Ernst, Freiburg/Br. 321

AufsätzeDatenschutz bei InternetveröffentlichungenDr. Thilo Weichert, Kiel 323Verfall- und Auszahlungsgebührenklauseln inPrepaid-MobilfunkverträgenRA Dr. Bernd Lorenz, Essen 330Gefangen in der (Internet-)Kostenfalle?RA Dr. Oliver Meyer-van Raay undAss. jur. Jörg Deitermann, Karlsruhe 335Neue Wege im Kampf gegen Kostenfallen im InternetRA Benedikt Klas und RA Philipp Schwarz, Karlsruhe 341Beweisprobleme bei Urheberrechtsverletzungen vonTauschbörsennutzern in P2P-NetzwerkenRA Armin Leicht, Wolfach 346

Rechtsprechung

MultimediaFehlende Handelsregister- und Umsatzsteuer ID-Nr. imImpressum einer WebsiteOLG Hamm, Urt. v. 02.04.2009, Az.: 4 U 213/08 351Blickfangwerbung für Internetdienste-ClubmitgliedschaftOLG Koblenz, Urt. v. 18.03.2009, Az.: 4 U 1173/08 352Angabe von AuslandsversandkostenOLG Hamm, Urt. v. 12.03.2009, Az.: 4 U 225/08 353Zusatzkosten bei Online-TicketpreisenLG Hamburg, Urt. v. 18.06.2009, Az.: 315 O 17/09 354Verzicht auf gesetzliches WiderrufsrechtLG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08 355

9/2009Jahrgang 24 · Seiten 321–360ISSN 0930-8369 · E 20025

www.vur-online.de

In Verbindung mitVerbraucherzentraleBundesverband undBund der Versicherten

herausgegeben vonProf. Dr. Hans-W. MicklitzProf. Dr. Udo ReifnerProf. Dr. Hans-Peter SchwintowskiProf. Dr. Klaus Tonner

Prof. Dr. Joachim BornkammDr. Friedrich BultmannProf. Dr. Peter DerlederProf. Dr. Stefan ErnstProf. Dr. Günter HirschDr. Günter HörmannProf. Dr. Wolfhard KohteDr. Rainer MetzProf. Dr. Norbert ReichProf. Dr. Astrid StadlerProf. Dr. Dirk StaudenmayerWalter StillnerAndreas Tilp

Verbraucher und Recht

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Umschlag 9_2009 31.08.2009 10:12 Uhr Seite U4

VERBRAUCHERRECHTAKTUELL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II

EDITORIAL

Schärfere Verbrauchergesetze alsSchutz vor „Online-Abzocke“?RA Prof. Dr. Stefan Ernst, Freiburg/Br. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

AUFSÄTZE

Datenschutz bei Internetveröffent-lichungenDr. Thilo Weichert, Kiel . . . . . . . . . .323

Verfall- und Auszahlungsge-bührenklauseln in Prepaid-MobilfunkverträgenRA Dr. Bernd Lorenz, Essen . . . . . . .330

Gefangen in der (Internet-)Kostenfalle?RA Dr. Oliver Meyer-van Raay undAss. jur. Jörg Deitermann, Karlsruhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .335

Neue Wege im Kampf gegenKostenfallen im InternetRA Benedikt Klas und RA Philipp Schwarz, Karlsruhe . . . . .341

Beweisprobleme bei Urheber-rechtsverletzungen von Tausch-börsennutzern in P2P-NetzwerkenRA Armin Leicht, Wolfach . . . . . . . .346

RECHTSPRECHUNG

MULTIMEDIAbearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Fehlende Handelsregister- undUmsatzsteuer ID-Nr. im Impressumeiner WebsiteOLG Hamm, Urt. v. 02.04.2009, Az.: 4 U 213/08 . . . . . . . . . . . . . . . . 351

Blickfangwerbung für Internet-dienste-ClubmitgliedschaftOLG Koblenz, Urt. v. 18.03.2009, Az.: 4 U 1173/08 . . . . . . . . . . . . . . . 352

Angabe von AuslandsversandkostenOLG Hamm, Urt. v. 12.03.2009, Az.: 4 U 225/08 . . . . . . . . . . . . . . . . 353

Zusatzkosten bei Online-Ticket-preisenLG Hamburg, Urt. v. 18.06.2009, Az.: 315 O 17/09 . . . . . . . . . . . . . . . 354

Verzicht auf gesetzlichesWiderrufsrechtLG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08 . . . . . . . . . . . . . . . . 355

Mitgliedschaft eines Minderjähri-gen in einem Online-FlirtforumAG München, Urt. v. 18.02.2009, Az.: 262 C 18519/08 . . . . . . . . . . . . 356

Keine Vertragsstrafe für Spaßbieterbei eBay aufgrund einer AGB-KlauselAG Waiblingen, Urt. v. 11.12.2008, Az.: 9 C 1000/08 . . . . . . . . . . . . . . . 357

Haftung des Betreibers eines Internet-ForumsAG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.07.2008, Az.: 31 C 2575/07-17 . . . . . . . . . . . 358

BUCHBESPRECHUNG

Isabell Conrad (Hrsg.): Inseln der Ver-nunft – Liber Amicorum für JochenSchneider, 2008Univ.-Prof. Dr. Peter Mankowski, Univer-sität Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . .359

Wolf/Lindacher/Pfeiffer: AGB-Recht,Kommentar, 5. Aufl. 2009RA Prof. Dr. Stefan Ernst, Freiburg/Br. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .360

INFORMATIONEN

Verbraucherzeitschriften im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . .V

Veranstaltungshinweise . . . . . . . .VI

I N H A LT

IMPRESSUM

Schriftleitung: Prof. Dr. Kai-Oliver Knops (V.i.S.d.P.), e-mail: [email protected]

Redaktion:Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff)Rödingsmarkt 31–33, 20459 HamburgTelefon (0 40) 30 96 91 26Telefax (0 40) 30 96 91 22e-mail: [email protected]

Die redaktionelle Arbeit der Zeitschrift wirddurch den Verbraucherzentrale Bundesver-band und den Bund der Versicherten finan-ziert.

Druck und Verlag: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Waldseestraße 3-5, D-76530 Baden-Baden, Telefon 07221/2104-0, Fax 07221/2104-27

Anzeigen: sales friendly, Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos, Siegburger Straße 123, 53229 Bonn, Telefon 0228/978980, Telefax 0228/9789820,E-Mail: [email protected]

Die Zeitschrift, sowie alle in ihr enthalteneneinzelnen Beiträge und Abbildungen sind ur-heberrechtlich geschützt. Jede Verwertung,die nicht ausdrücklich vom Urheberrechts-gesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigenZustimmung des Verlags. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssennicht die Meinung der Herausgeber/Redak-tion wiedergeben. Unverlangt eingesandteManuskripte – für die keine Haftung über-nommen wird – gelten als Veröffentlichungs-vorschlag zu den Bedingungen des Verlages.Es werden nur unveröffentlichte Originalar-beiten angenommen. Die Verfasser erklärensich mit einer nicht sinnentstellenden redak-tionellen Bearbeitung einverstanden.

Erscheinungsweise: monatlich

Bezugspreis 2009: jährlich 154,– € (inkl. MwSt),Einzelheft 18,– €. Die Preise verstehen sich incl.MwSt zzgl. Versandkosten. Bestellungen neh-men entgegen: Der Buchhandel und der Verlag.Kündigung: Drei Monate vor Kalenderjahres-ende. Zahlungen jeweils im Voraus an: NomosVerlagsgesellschaft, Postbank Karlsruhe, Konto73636-751 (BLZ 660 100 75) und Stadtspar-kasse Baden-Baden, Konto 5-002266 (BLZ662 500 30).

ISSN 0930-8369

Zeitschrift für Verbraucher und Unternehmen

24. Jahrgang, S. 321-360

9/2009

VuR V E R B R A U C H E R

U N D R E C H T

Vorschau auf Heft 10/2009AUFSÄTZEDatenschutz und Scoring: Grund-elemente der BDSG-Novelle IUniv.-Prof. Dr. Thomas Hoeren,Münster

Die aktuelle Rechtsprechung derLandgerichte zu den Aufklä-rungspflichten beratender Ban-ken beim Vertrieb von Lehmann-ZertifikatenRA Arne Maier, Esslingen

VuR 9/2009 | I

V E R B R A U C H E R R E C H T A K T U E L L

Sachverständige warnen im BVerfG-Verfahren vorMissbrauch der Vorratsdatenspeicherung

In ihren Stellungnahmen zu der beim Bundesverfassungsgerichtanhängigen Verfassungsbeschwerde zweifeln Sachverständige ander Sicherheit der seit 2008 flächendeckend auf Vorrat gespeicher-ten Daten. Ein Missbrauch der für sechs Monate gespeicherten Ver-bindungs-, Positions- und Internetzugangsdaten lasse sich durchSicherheitsvorkehrungen nicht ausschließen. Dies teilt der Arbeits-kreis Vorratsdatenspeicherung am 24.07.2008 mit. 34.000 Bürgerklagen in Karlsruhe gegen die Vorratsdatenspeicherung (Az.: 1 BvR256/08 und 1 BvR 508/08).

Aus den Stellungnahmen geht laut Arbeitskreis Vorratsdaten-speicherung unter anderem hervor, dass Lkw-Maut-Abrech-nungsgeräte die Positionen aller Lkw an T-Mobile, Vodafoneoder E-Plus melden, wo sie in regelmäßigen Abständen aufVorrat gespeichert werden. Neben Handy-Verbindungsdatengeben auch die auf Vorrat zu speichernden Kennungen vonInternetnutzern Aufschluss über die Aufenthaltsorte jedesBürgers in den letzten sechs Monaten, so die Sachverständi-gen, zu denen unter anderem der Bundesdatenschutzbeauf-tragte, Universitätsprofessoren, der Chaos Computer Clubund zwei Wirtschaftsverbände zählen.

Laut Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung vertritt dasBundesjustizministerium in seiner Stellungnahme zu den 13Fragen des Bundesverfassungsgerichts die Auffassung, öffent-liche Internetzugänge von Restaurants oder Privatpersonenseien von der Pflicht zur Verbindungsdatenspeicherung aus-genommen. Ob nicht-kommerzielle Dienste allgemein vonder Vorratsdatenspeicherung ausgenommen sind, wie zumBeispiel E-Mail- oder Anonymisierungsdienste, werde aller-dings uneinheitlich beurteilt. Die Bundesnetzagentur vernei-ne dies, während es die Europäische Kommission bejahe,heißt es in der Pressemitteilung des Arbeitskreises.

Streit bestehe auch darüber, ob man als Bürger Mitteilung dergespeicherten Kontakt- und Bewegungsdaten verlangenkönne, teilt der Arbeitskreis mit. Während der Bundesdaten-schutzbeauftragte Peter Schaar dies grundsätzlich bejahe,erkenne die Bundesnetzagentur keinen Auskunftsanspruchan. Schaar fordere deswegen eine gerichtliche Klärung. DerBranchenverband Bitkom berichtet in seiner Stellungnahme,einige Internet-Zugangsanbieter erteilten Auskünfte übermutmaßliche Tauschbörsennutzer an die Unterhaltungsin-dustrie, obwohl die Nutzung von Vorratsdaten laut Gesetzallein staatlichen Zwecken vorbehalten sei.

Den Berliner Datenschutzbeauftragten Alexander Dix zitiertder Arbeitskreis mit den Worten, es sei „zu befürchten, dassbei nächster Gelegenheit die Forderung nach einer präventi-ven anlasslosen Speicherung von Kommunikationsinhaltenerhoben wird“. Das Bundesverfassungsgericht solle die Ver-fassungsbeschwerde dazu nutzen, „eine absolute Grenze derÜberwachung technisch vermittelter Kommunikation undihrer näheren Umstände zu ziehen.“

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über dieVerfassungsbeschwerde gegen §§ 113a, 113b des Telekommu-nikationsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neurege-lung der Telekommunikationsüberwachung und anderer ver-

deckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung derRichtlinie 2006/24/EG (BGBl. I 2007, 3198 ff.) steht derzeitnoch aus. Die Beschwerdeführer haben beantragt, dem Euro-päischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob die vonDeutschland umzusetzende Richtlinie die Grundrechte derBürger unverhältnismäßig weit beschränkt.

Quelle: Beck-aktuell v. 27.07.2009

Finanzberater haben immer weniger Zeit fürBeratung

Bankberater in deutschen Kreditinstituten haben immerweniger Zeit für ihre Kunden. Im Durchschnitt wird jedezweite Arbeitsstunde durch Verwaltungsaufgaben blockiertund geht dadurch für Beratungsgespräche verloren. Das istdas Ergebnis der Studie “IT & Vertrieb in der Bankwirtschaft”des Beratungs- und Softwarehauses PPI.

Im Vergleich zum Vorjahr wuchs der Anteil der Bankange-stellten, die durch bürokratische Zwänge ausgebremst wer-den, um acht Prozent. Das Beratungsunternehmen machtdafür neben der Arbeitslast durch hausinterne Verwaltungs-aufgaben die gesetzlichen Neuregelungen infolge der Finanz-krise verantwortlich. Beispielsweise das neue Anlegerschutz-gesetz, das den Finanzvermittler verpflichtet, jedes Bera-tungsgespräch detailliert zu protokollieren.

Die Studie “IT & Vertrieb in der Bankwirtschaft” beruht aufden Ergebnissen einer Online-Befragung. Vom 2. April bis 14.Mai 2009 wurden 172 Fach- und Führungskräfte aus derBankwirtschaft befragt.

Quelle: www.banktip.de v. 27.07.2009

Gewinneinbruch durch geplatzte Kreditkarten

Der Kreditkartenanbieter American Express hat einen drama-tischen Gewinneinbruch hinnehmen müssen. Grund dafürist die Krise: Viele Amerikaner können ihre Kreditkarten-schulden nicht mehr bezahlen. Das Unternehmen habejeden zehnten Dollar an Kreditkartenschulden in den Windschreiben können, berichtet das „Handelsblatt“. Dadurchsank der Gewinn um 84 Prozent auf 102 Millionen US-Dollar(72 Millionen Euro). Hinzu komme die Rückzahlung derStaatshilfen.

Ein Ende ist nicht in Sicht: American Express stellte 1,6 Milli-arden US-Dollar (1,1 Milliarden Euro) als Kreditvorsorgezurück. Die beiden Mitbewerber im Kreditkartengeschäft,Visa und MasterCard werden demnächst ihre Quartalszahlenberichten. Mit ähnlich hohen Gewinneinbrüchen sei jedochnicht zu rechnen, heißt es im “Handelsblatt”. Im Unterschiedzu American Express kämen die beiden Konkurrenten nichtselbst für Kreditausfälle auf. Bei ihnen tragen die Banken, diedie Karten ausgeben, das Kreditrisiko.

Finanzexperten warnen seit Ausbruch der Finanz- und Wirt-schaftskrise vor einem Platzen der Kreditkartenschulden. DieAmerikaner, aber auch die Briten benutzen häufig sogenann-te „Revolving“-Karten, bei denen der Kunde nicht die gesam-ten Umsätze bezahlen muss, sondern auch Schulden auf die

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VuR 9/2009 | I I I

Karte aufnehmen kann. Solche Karten sind in Deutschlanderst seit 2009 erlaubt. Das Finanzportal banktip.de rät vomGebrauch dieser Karten ab, da sie leicht in die Schuldenfalleführen können.

Quelle: www.banktip.de v. 24.07.2009

Lehman-Zertifikate: Mehr als 1.500 Entschädigungs-angebote an Citibank-Kunden

Mehr als 1.500 geschädigten Lehman-Anlegern hat die Citibanknach Angaben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bis-lang eine Entschädigung angeboten. Dies hat „Welt-Online“ am24.07.2009 berichtet. Außerdem habe die Verbraucherzentralejetzt eine „Einigungsstelle Citibank“ eingerichtet, die Verbraucherunterstütze, wenn Streitigkeiten hinsichtlich Art und Höhe des Ent-schädigungsangebots entstehen, so „Welt-Online“ weiter. Die Ent-schädigungsangebote beruhen auf einer Kulanzregelung für betrof-fene Kunden, die im Frühjahr zwischen der VerbraucherzentraleNordrhein-Westfalen und der Citibank vereinbart wurde.

Angaben der Verbraucherzentrale zufolge stelle die Citibankfür die Kulanzlösung rund 27 Millionen Euro bereit, so «Welt-Online». Etwa ein Viertel der Lehman-Anleger solle entschä-digt werden und durchschnittlich 50 Prozent des investiertenKapitals zurückbekommen. Die Höhe der Entschädigung rich-te sich nach einem Kriterienkatalog. Als Kriterien vorgesehenseien die Anlagestrategie des Kunden, sein Alter, das Datumder Zeichnung und die Frage, wie weit der Anlageberater vomRisikoprofil des Kunden abgewichen sei, so „Welt-Online“.

Quelle: Beck-aktuell v. 24.07.2009

Soziale Netzwerke mit mangelndem Fair-Play

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nimmt dieAnbieter sozialer Netzwerke ins Visier. Gegen die PlattformenMySpace, Facebook, lokalisten.de, wer-kennt-wen.de undXing leitete der Verband Unterlassungsverfahren ein. „DieBedeutung sozialer Netzwerke nimmt stetig zu. Jetzt müssendie Betreiber ihre Hausaufgaben in Sachen Verbraucherschutzmachen“, so Vorstand Gerd Billen. Die Aktion wird koordi-niert vom neuen vzbv-Projekt „Verbraucherrechte in der digi-talen Welt“.

In der Kritik stehen Vertragsbedingungen und Datenschutzbe-stimmungen, die Nutzer benachteiligen und den Betreibernweitgehende Rechte einräumen. Gegenstand der aktuellen Ver-fahren sind insbesondere Regelungen zur umfassenden Daten-nutzung und -verarbeitung. Diese erfolgen oft ohne Einwilli-gung des Nutzers und weit über den eigentlichen Zweckhinaus. „Dem Betreiber alle Rechte – dem Verbraucher bleibtdas Schlechte: Nach diesem Motto scheinen die Sozialen Netz-werke viel zu häufig zu verfahren“, kommentiert Billen die bis-her analysierten Netzwerke. „Wir hatten angesichts einer Viel-zahl von Selbstverpflichtungen und anderen Erklärungen derBetreiber nicht mit solch schlechten Standards gerechnet.“

Verbraucher wissen oft nicht, worauf sie sich mit der Zustim-mung zu den Geschäftsbedingungen und Datenschutzrege-lungen einlassen. „Sie sind überfordert, sich mit den Bestim-mungen inhaltlich genau auseinanderzusetzen“, so CarolaElbrecht, Referentin im Projekt „Verbraucherrechte in derdigitalen Welt“. Weitreichende Klauseln zur Datenverarbei-tung seien selbst dann problematisch, wenn die Anbieterangeben, davon keinen Gebrauch zu machen. Anbieter

könnten von den Daten ohne Zustimmung und Wissen derNutzer intensiv Gebrauch machen – zum Beispiel Verhaltens-daten der Benutzer auswerten, ohne dass diese hiervon etwaswissen, oder Profildaten Dritten zugänglich machen.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert die Anbieterauf, Voreinstellungen für die Datennutzung schon bei derRegistrierung nutzerfreundlich zu gestalten. „Die Betreibermüssen sicherstellen, dass Daten nur verwendet werden dürfen,wenn der Nutzer ausdrücklich einwilligt“, so Elbrecht. Diesgelte zum einen für jede Form der Werbung. Zum anderen abermüssten die Verbraucher auch darüber entscheiden können, obsie möchten, dass ihre Daten über Suchmaschinen aufzufindensind. Auch beim Urheberrecht liegt hier einiges im Argen: Eini-ge Anbieter lassen sich laut AGB vom Nutzer umfängliche Rech-te an von ihnen erstellten Inhalten übertragen. Daraufhin kön-nen sie mit den Inhalten nach Belieben verfahren, etwa könn-te ein Privatfoto ungefragt in einer Zeitung oder im Fernsehenlanden. Außerdem behalten sich einige Anbieter das Recht vor,„aus beliebigen Gründen“ Inhalte zu löschen oder gar „ohnevorherige Mitteilung“ und „ohne Angabe von Gründen“ denZugang für Mitglieder zu sperren. „Die Anbieter müssen in sol-chen Fällen die Nutzer informieren“, erklärt Carola Elbrecht.Die Nutzer werden dazu aufgefordert, möglichst viel von sich inSozialen Netzwerken preiszugeben.

Soziale Netzwerke sind für Millionen Menschen weltweitattraktiv: Der Weltmarktführer Facebook zählt weltweit mehrals 200 Millionen Nutzer, davon in Deutschland 3,25 Millio-nen. Bei Wer-Kennt-Wen sind laut Betreiber derzeit 6,5 Milli-onen Nutzer angemeldet, bei Lokalisten laut Betreiber mehrals 3 Millionen Nutzer. Xing nennt knapp 2,7 Millionen Mit-glieder in Deutschland. Der Verbraucherzentrale Bundesver-band hat zusammen mit mehr als 80 internationalen Ver-braucherschutzverbänden im Mai 2009 ein Papier mit Forde-rungen an die Betreiber sozialer Netzwerke und die Politikerarbeitet. Es ist in englischer Sprache auf der Webseite desTrans Atlantic Consumer Dialogue abrufbar.

Seit 2009 hat sich der Verbraucherzentrale Bundesverbandmit dem Projekt „Verbraucherrechte in der digitalen Welt“den Schutz der Internetnutzer auf die Fahnen geschrieben.Finanziert vom Bundesverbraucherministerium ist es Aufga-be des Projektteams, regelwidrige Praktiken oder Vertragsbe-dingungen von Unternehmen zu identifizieren und dagegenrechtlich vorzugehen. Außerdem klärt das Projekt Verbrau-cher über ihre Rechte und Möglichkeiten, Gefahren und Fal-len im Internet auf. Informationen hierzu liefert ab August2009 eine eigene Website.

Quelle: Pressemitteilung Verbraucherzentrale Bundesverband(vzbv) v. 14.07.2009

Gesetz zum Kontenpfändungsschutz im Bundesge-setzblatt

Am 10.07.2009 ist das Gesetz zum Kontenpfändungsschutzim Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (BGBl. I S. 1707– 1712). Das Gesetz wird im Wesentlichen zum 01.07.2010 inKraft treten, sodass noch hinreichend Zeit besteht, sich aufdie wichtigen Neuregelungen einzustellen. Ein erster Über-blick von der zuständigen Ministerialdirektorin im BMJ undihrer Referentin ist bereits veröffentlicht worden (Graf-Schli-cker/Linder ZIP 2009, 989 ff.).

Prof. Dr. Wolfhard Kohte, Halle/Saale

V E R B R A U C H E R R E C H T A K T U E L L

VuR 9/2009 | 321

Herausgeber: Prof. Dr. Udo Reifner, Universität Hamburg, Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (geschäftsführend); Prof. Dr. Hans-W. Mick-litz, Universität Bamberg; Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität Berlin; Prof. Dr. Klaus Tonner, Universität Rostock

Prof. Dr. Joachim Bornkamm, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe; Dr. Friedrich Bultmann, Rechtsanwalt, Berlin; Prof. Dr. Pe-ter Derleder, Universität Bremen; Prof. Dr. Stefan Ernst, Rechtsanwalt, Freiburg; Prof. Dr. Günter Hirsch, Präsident des Bundesgerichtshofs a.D., Versicherungsombudsmann, Berlin; Dr. Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg e.V.; Prof. Dr. Wolfhard Koh-te, Universität Halle-Wittenberg; Dr. Rainer Metz, Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Berlin; Prof. Dr.Norbert Reich, Universität Bremen; Prof. Dr. Astrid Stadler, Universität Konstanz; Prof. Dr. Dirk Staudenmayer, Europäische Kommission, Re-feratsleiter Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz, Brüssel; Walter Stillner, Rechtsanwalt, Stuttgart; Andreas Tilp, Rechtsanwalt,Tübingen

Schriftleitung: Prof. Dr. Kai-Oliver Knops, Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff), Rödingsmarkt 31-33, 20459 Hamburg

9/200924. Jahrgang, Seiten 321-360

Zeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht

VuR V E R B R A U C H E R

U N D R E C H T

Verbraucher sind schutzbe-dürftige Wesen. Im Ein-kaufstrubel fürchten sie zuRecht die Taschendiebe, imOnline-Verkehr stolpern siejedoch nicht selten „überdie eigenen Füße“. Die„Niger ia -Connect ion“-Masche etwa ist schon altund soll dort angeblicheinen erheblichen Teil derDeviseneinnahmen ausma-chen (F.A.Z. 11.07.2009).Tatsächlich gab es Ver-gleichbares schon vor lan-ger Zeit, etwa sollen im 16.Jahrhundert bereits engli-sche Adlige ausgenommen

worden sein, um angeblich in spanischer Gefangenschaftbefindliche Edelleute befreien zu können (ebd.). Jüngstertrauriger Rekorderfolg ist eine unglückliche Österreicherin,die um insgesamt sage und schreibe EUR 350.000 erleichtertwurde. Mit weniger wirklichem Schaden, aber dennochnatürlich sehr ärgerlich, werden zuweilen auch Online-Spie-ler um ihre virtuellen Reichtümer gebracht (Ernst, NJW 2009,1320).

Auch andere Formen der „Abzocke“ sind inzwischen weitausausgefeilter als die ersten, noch recht unbeholfenen Phi-shing-Versuche, bei denen mit Mail-Absender „VolksbankAG“ o. ä. und vielen orthografischen Patzern versucht wurde,Bankkunden ihre PIN/TAN zu entlocken. Der Besuch von

Webseiten mit automatisierten „Beratungs“-Dienstleistungen(Horoskope, Lebenserwartungsberechnungen u. ä.) oder auchvon Download-Hilfen führt nach Ansicht der Betreiber nichtselten zu einem Abonnementvertrag (z. B. via einer versteck-ten Klausel in den AGB), deren Kosten sich allerdings so sehrin Grenzen halten (i. d. R. unter EUR 100 pro Jahr), dass sichdie Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht lohnt. Findensich dann in den professionell formulierten Briefen Rede-wendungen, bei denen für den Fall, dass das minderjährigeKind bei der Anmeldung ein falsches Alter angegeben hätte,eine Strafanzeige angedroht wird (vgl. zur Unlauterkeit sol-cher Drohungen LG Mannheim v. 12.05.2009, Az.: 2 O268/08, in diesem Heft), knicken die meisten Adressatendoch sehr schnell ein. Gegen Naivität helfen keine Gesetze.Gleiches gilt für den Leichtsinn.

Apropos Leichtsinn: „Soziale Netzwerke“ im Internet sind„in“. Wohl die Hälfte aller Deutschen zwischen zwölf undvierzig ist inzwischen in wenigstens einer dieser populärenOnline-Communitys Mitglied geworden. Aus juristischerSicht stellen sich hier nicht nur die derzeit heiß diskutiertenFragen um die zuweilen grotesk weitgehenden „Datenschut-zerklärungen“ der Anbieter solcher Sites, die – wirtschaftlichnachvollziehbar – ihren Erfolg vor allem durch individuali-sierte Werbung versilbern wollen. Darauf, dass die wichtigs-ten datenschutzrechtlichen Fragen unserer Zeit nicht bei derstaatlichen Verwaltung, sondern in erster Linie bei der priva-ten Datenmacht liegen, hatte der Unterzeichner schon vorlängerer Zeit hingewiesen (Ernst, RTkom 2000, 4, 10). Einechtes Problem für die einzelnen Teilnehmer, das sich in derZukunft erst noch vor Gericht zeigen wird, liegt in den dorteingestellten Fotos. Vor allem den Schülern ist in den eigens

Schärfere Verbrauchergesetze als Schutz vor „Online-Abzocke“?Rechtsanwalt Professor Dr. Stefan Ernst, Freiburg/Br.

RA Prof. Dr. Stefan Ernst,Freiburg/Br.

E D I T O R I A L

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für sie eingerichteten Communitys überhaupt nicht klar, wiegefährlich die Rechtslage ist, nach der schon banale Bilderdem Schutz der §§ 2, 72 UrhG unterfallen. Wer sollte sie auchaufklären, dass hier erhebliche Schadensersatzforderungenim Raume stehen? Dass eine Schule etwa den Unterzeichnereinlädt und eine Unterrichtsstunde dem Urheberrecht opfert,kommt viel zu selten vor.

An Unrechtsbewusstsein fehlt es auch hinsichtlich der Bild-nis- und Persönlichkeitsrechte der auf den Fotos abgebildetenPersonen. „Peter K. aus H. kotzt“ (mit vollem Namen) – einsolches Video wollten die entsetzten Eltern eines 16-Jährigenmit anwaltlicher Hilfe aus einem Online-Videoportal entfer-nen lassen. Der anwaltliche Rat ging allerdings dahin, sichdoch zunächst einmal an die Eltern des (ebenfalls minder-jährigen) „Kameramanns“ zu wenden, was auch umgehendausreichte. Dennoch: Die Zahl der (durchaus vom Abgebilde-ten unbemerkt, aber namentlich zu findenden) peinlichenFotos von ausschweifenden Schüler- und Studentenpartys istviel zu hoch. Viele Jugendliche präsentieren sich – „Ich binonline, also bin ich“ – auf ihren Community-Sites in einerWeise, die vielleicht ihre Altersgenossen beeindruckt, die fürihre berufliche Zukunft jedoch verheerend sein kann. Dermögliche Arbeitgeber liest mit, wenn die Bewerbung auf sei-nem Tisch liegt, denn die Personalabteilung recherchiertauch und gerade online. Wird dort ein Foto von einem Sauf-gelage o. ä. gefunden, mag es um den Traumjob geschehensein. Dem Internet fehlt auch das „heilsame Vergessen“; wervon einer Zukunft als Politiker schwärmt, sollte sich vorse-hen: Anders als ihre Vorgänger wird diese Generation überden Unsinn stolpern können, den sie in ihrer Frühzeit unbe-darft in Diskussionsforen geäußert hat. – Aber auch dagegenhilft kein Gesetz.

Überhaupt ist das Verhalten vieler Menschen nur schwernachzuvollziehen: In TV-Shows wie „Big Brother“, „DSDS“

u. a. lassen sich „Kandidaten“ mit von Beginn an zweifelhaf-ten Chancen vor laufender Kamera schlecht und schlechterbehandeln, ja demütigen – und werden von ihren Elternauch noch angespornt, weil sich diese ebensolche Illusionenüber Fähigkeiten und Aussichten ihres zuweilen noch min-derjährigen Nachwuchses machen wie dieser selbst. Dassauch solche Sendungen weniger der Promotion von künfti-gen Stars als dem Verkauf von Werbezeit dienen (oder z. T.unzulässig selbst eine Verlängerung der maximalen Werbezeitsind, Schader, F.A.Z. 14.07.2009), ist der Zielgruppe wohl nurselten klar. Die Landesmedienanstalten beschränken sich aufdie pflichtgemäße Vergabe von Lizenzen und geben still-schweigend Segen und Einverständnis zu allem, was sich aufder Mattscheibe abspielt. Diese Institutionen scheinen sichjedwedem wirksamen Zuschauerschutz (oder Teilnehmer-Schutz) zu verweigern, gleich ob bezogen auf Show-, Ver-kaufs- oder Gewinnfernsehen oder das Ignorieren von (bis-lang noch) unzulässigem Product-Placement (vgl. etwa bei-spielhaft Schader, F.A.Z. 14.07.2009, 33; Hanfeld, F.A.Z.07.04.2005, S 40; Niggemeyer, F.A.Z. 27.02.2005, S. 36; Traf-kowski, K&R 2002, 62, 67 sowie ders., Medienkartellrecht,S. 244 ff. der – wohl nicht ganz zu Unrecht - von einem zahn-losen Tiger und einer „erheblichen Insuffizienz der Medien-aufsicht im wettbewerblichen Bereich“ spricht). Auch hiergilt: Die Gesetze würden ausreichen, die beamteten Medien-wächter hingegen wenden sie nicht an.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es eines weiterenRufs nach schärferen Gesetzen für den Verbraucherschutz inden Medien nicht bedarf. Diese Forderungen sind leider zuoft nur wohlfeile Wahlkampfmittel oder populistische State-ments. Die bestehenden Gesetze könnten wohl allen derzeitin Rede stehenden Fällen gerecht werden – würden sie dennangewandt.

E D I T O R I A L

Die Beschwerden von Betroffenen über Datenschutzverstö-ße im Internet bei Datenschutzaufsichtsbehörden im nicht-öf-fentlichen Bereich haben in jüngster Zeit massiv zugenom-men. Ihr Anteil am Gesamtbeschwerdeaufkommen nähertsich der 50 %-Marke. Dabei geht es um die Verarbeitung vonDaten auf fremden Webseiten, um die distanzlose Veröffent-lichung von – im übertragenen Sinn – blauäugigen Nutzendenvon Social Communities, etwa von SchülerVZ oder Facebook,um die anonyme Anprangerung von Nachbarn, Lehrkräften inSchulen und Kollegen oder um die Zugänglichkeit von Kun-dendaten auf einer Unternehmens-Webseite. Behörden undUnternehmen veröffentlichen ungefragt Angaben zu ihrenMitarbeitern im weltweiten Netz. Sportvereine und -veran-stalter publizieren ebenso ungefragt und selbstverständlichTeilnehmerlisten und Ergebnisse. Über Webcams mit hohemAuflösungsvermögen kann per Zufall festgestellt werden, dassein Bekannter gerade in der Fußgängerzone des Ortes unter-wegs ist. In Blogs, Foren und ähnlichen Diensten erfolgen oftÄußerungen, die über das Anständige und Erlaubte hinaus-gehen. Besonders beschwerdeträchtig ist die systematischeEinstellung von Daten, etwa von Geodaten wie Google StreetView, Google Earth oder Microsoft Virtual Earth, mit denenweltweit Informationen zu Wohnungen und Häusern unddamit zum individuellen Lebensumfeld abgerufen werdenkönnen, sowie die systematische Erfassung unerwünscht imInternet veröffentlichter Daten mithilfe von Suchmaschinen.

Die Reaktionsmöglichkeiten von Kontrollstellen sind oft be-schränkt: Bei ausländischen Webseitenbetreibern ist selteneine direkte Einflussnahme möglich. Die Verantwortlichkeitfür die Datenveröffentlichung ist schwer festzustellen. Die an-zuwendenden Regelungen sind regelmäßig wenig ergiebigund ermöglichen keine adäquate staatliche Intervention. Den-noch gilt: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Es hat nichtsmit Zensur zu tun, wenn Aufsichtsbehörden oder sonstigeKontrollstellen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen imInternet aktiv werden. Die Rechtslage ist aber angesichts derneuen Sachverhalte und der weitgehend fehlenden klaren Re-gelungen weder den Internet-Nutzenden noch den Betroffe-nen eindeutig erkennbar – Grund genug, die bestehenden ge-setzlichen Rudimente darzustellen und auszufüllen unddadurch etwas mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

A. Übergeordneter Rechtsrahmen

Bei der Darstellung von datenschutzrechtlichen Betroffenen-rechten und Betreiberpflichten wird in der Regel mit den spe-zifischsten Normen begonnen. Da es im Hinblick auf Inter-netveröffentlichungen solche nur in beschränktem Maßegibt, sollen hier zunächst die verfassungsrechtlichen Rahmenbe-dingungen vorgestellt werden, bevor auf die Anwendung kon-kreter Regelungen eingegangen wird. Die Veröffentlichungenstehen jeweils im Spannungsverhältnis verschiedener Grund-rechte, die für und gegen die Datenpreisgabe, für und gegen

die Wahrung der Vertraulichkeit der Daten streiten. Dabeimuss im Blick bleiben, dass die Grundrechte gegenüber pri-vaten Personen und Stellen keine direkten Wirkungen entfal-ten. Wohl aber ergeben sich aus diesen Grundrechten, die inerster Linie Abwehrrechte gegen staatliches Handeln sind,Wertentscheidungen unserer Rechtsordnung, die bei derAnwendung einfachen Rechts, also auch des Privat- undWirtschaftsrechts, berücksichtigt werden müssen. Zudemergeben sich aus diesen Grundrechten staatliche Gewährleis-tungspflichten, also die Aufgabe für Gesetzgeber und Behör-den, sich schützend vor betroffene Bürgerinnen und Bürgerzu stellen.

Für die Veröffentlichung und gegen deren Beschränkungspricht zunächst Art. 5 Grundgesetz (GG), der drei für unserfreiheitlich-demokratisches Gemeinwesen zentrale Internet-Freiheiten beinhaltet. Diese sind das Recht auf freie Mei-nungsäußerung für alle Menschen und die Freiheit der Pres-se, also das Recht, ohne Zensur am demokratischen Aus-tausch und Meinungsbildungsprozess teilzunehmen. Damitkorrespondiert das Recht aller Menschen,1 sich aus allgemeinzugänglichen Quellen – und hierfür ist das Internet geradezudas ideale Medium – zu informieren, also die Informations-freiheit.

Die verfassungsrechtlichen Grenzen dieser Informations- undMeinungsfreiheitsrechte dienen im Allgemeinen dem Schutzder von der Internetveröffentlichung betroffenen Personen.Diese können in ihren unterschiedlichen Grundrechtenbeeinträchtigt werden, etwa dem Art. 14 GG, dem Schutz desEigentums, durch die Verletzung von Urheberrechten odervon Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Aus Datenschutz-sicht steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Vorder-grund, das sich aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG ergibt.

Dieses allgemeine Persönlichkeitsrecht hat durch die Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) eineVielzahl von Konkretisierungen erfahren, die bei der Nutzungdes Internets relevant sein können. Zuallererst ist das im Jahr1983 begründete Recht auf informationelle Selbstbestim-mung, also das Grundrecht auf Datenschutz, zu nennen.2

Dieses begründet generell die Befugnis selbst zu bestimmen,wer was wann bei welcher Gelegenheit über einen weiß. ZweiSpezifizierungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mitInternetrelevanz haben eine erheblich ältere Geschichte,nämlich das Recht am eigenen Bild und das Recht am gespro-chenen Wort. Eine brandaktuelle Konkretisierung des allge-meinen Persönlichkeitsrechtes erfolgte durch das BVerfGanlässlich von Beschwerden gegen die Zulassung von heim-lichen Online-Durchsuchungen für den nordrhein-westfäli-schen Verfassungsschutz, durch die Ableitung eines Grund-

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Datenschutz bei InternetveröffentlichungenVon Dr. Thilo Weichert*, Kiel

* Der Verfasser ist Landesbeauftragter für Datenschutz Schleswig-Holsteinund damit Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz inKiel.

1 BGH Urt.v. 23.06.2009, Az.: VI ZR 196/08.2 BVerfGE 65, 1 ff. = NJW 1984, 419 ff.

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3 BVerfG NJW 2008, 822 = DÖV 2008, 459 = MMR 2008, 315= DVBl 2008,582.

4 Vgl. den Überblick bei Däubler/Klebe/Wedde/Weichert-Weichert, Bundes-datenschutzgesetz - BDSG, 2. Aufl. 2007, Einl. Rz. 27 ff.

5 Uerpmann-Wittzack/Jankowska-Gilberg, MMR 2008, 83 ff.; Siemen, Daten-schutz als europäisches Grundrecht, 2006; zum Verhältnis von Persönlich-keitsschutz und Pressefreiheit nach EMRK Bruns, JZ 2005, 428 ff.

6 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung perso-nenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. EG Nr. L 281/31v. 23.11.1995.

7 Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/privacy/working-group/index_de.htm.

8 Die Regelung ist bzgl. Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten iden-tisch mit den Vorgängerregelungen des § 20 MDStV.

rechtes auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integritätselbst genutzter informationstechnischer Systeme.3 Damitschuf das BVerfG, ähnlich dem Schutz der räumlichen Pri-vatsphäre Wohnung durch Art. 14 GG, eine vor allem tech-nisch definierte digitale Privatsphäre.

Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bestehenbesondere Lebensbereiche spezifisch schützende Grundrechte, diedurch die Datenverarbeitung im Internet verletzt werdenkönnen. An erster Stelle ist das Fernmeldegeheimnis des Art.10 GG zu nennen, das heute Telekommunikationsgeheimnisgenannt wird. Weitere relevante Grundrechte können sein:der Schutz von Kindern, Jugend und Familie (Art. 4 GG),politische Freiheitsrechte (Art. 8, 9 GG), die allgemeineHandlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 2 GG).4

Nicht nur nationales Verfassungsrecht, auch internationalesRecht, bindet die deutsche Gesetzgebung, Rechtsprechungund Verwaltung. Die Europäische Menschenrechtskonvention(EMRK) enthält analog zum Grundgesetz zwei bei Internet-veröffentlichungen relevante Garantien und schafft zugleicheinen gesamteuropäischen Ordnungsrahmen, der über Art. 6Abs. 2 EU-Vertrag und die Rechtsprechung des EuropäischenGerichtshofes (EuGH) den Grundrechtsschutz in der EU mit-prägt: Art. 10 EMRK gewährleistet die Meinungsfreiheit, nachder neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtsho-fes für Menschenrechte (EGMR) auch bei der Nutzung desInternets. Art. 8 EMRK sichert das Recht auf Privatsphäre undschützt Kommunikation und Persönlichkeitsentfaltung nichtnur vor staatlichen Eingriffen, sondern bietet auch Schutzvor privaten Beeinträchtigungen. Nach Art. 34 EMRK kannsich jeder, der sich in seinen Konventionsrechten verletztsieht, an den EGMR in Straßburg wenden, wenn innerstaatli-che Rechtsbehelfe keinen Erfolg haben.5

Noch keine aktuelle, aber absehbar künftige Rechtsverbind-lichkeit entwickelt die Europäische Grundrechtecharta. Art. 7sichert die Achtung des Privat- und Familienlebens: „JederMensch hat das Recht auf Achtung seines Privat- und Famili-enlebens, seiner Wohnung sowie seiner Kommunikation.“Art. 8 Abs. 1 soll personenbezogene Daten schützen: „JederMensch hat das Recht auf Schutz der ihn betreffenden perso-nenbezogenen Daten.“ Art. 11 garantiert die Freiheit der Mei-nungsäußerung und Informationsfreiheit: „(1) Jeder Menschhat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Rechtschließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informa-tionen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rück-sicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. (2)Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.“

Einen übergeordneten Rechtsrahmen für personenbezogeneInternetveröffentlichungen bietet weiterhin die EuropäischeDatenschutzrichtlinie (EU-DSRL).6 Diese EU-DSRL erging zueiner Zeit, in der das Internet noch nicht die praktische Rele-vanz hatte wie heute. Sie enthält hierzu auch keine spezifi-schen Regelungen. Wohl aber ist sie ein verbindlicher Rechts-rahmen, der bei der Auslegung des nationalen Rechts heran-gezogen werden muss. Zudem eröffnet sie eigenständigeeuropäische Handlungsmöglichkeiten, insbesondere dieKlage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Von Bedeu-tung ist u. a. Art. 9 EU-DSRL, der für die Verarbeitung perso-nenbezogener Daten, die allein zu journalistischen, künstle-rischen oder literarischen Zwecken erfolgt, Abweichungenvon den normativen Vorgaben der Richtlinie nur soweiterlaubt, “als sich dies als notwendig erweist, um das Recht aufPrivatsphäre mit den für die Freiheit der Meinungsäußerung

geltenden Vorschriften in Einklang zu bringen”. Nach Art. 29EU-DSRL wird eine Gruppe für den Schutz von Personen beider Verarbeitung personenbezogener Daten eingesetzt, dieaus Vertretern der nationalen Kontrollstellen besteht, die Prü-fungen vornimmt sowie Stellungnahmen und Empfehlungenabgibt (Art. 29-Gruppe). Diese Art. 29-Gruppe hat eine Viel-zahl von Arbeitspapieren zur Internet-Datenverarbeitungbeschlossen. Diesen Arbeitspapieren kommt eine hoheBedeutung wegen ihres nationenübergreifenden Ansatzes zu,der dem grenzüberschreitenden Charakter des Internets ent-spricht.7

B. Gesetzliche Regelungen

Nicht die Internet-Inhalte, sondern die dort anfallendenBestands-, Verkehrs- bzw. Nutzungsdaten (einschließlich Stand-ortdaten) betreffen die Regelungen des für Zugangsanbieter(Access-Provider) geltenden Telekommunikationsgesetzes(TKG). Die Verarbeitung solcher Daten durch Inhaltsanbieter(Content-Provider) ist im Telemediengesetz (TMG) geregelt.

Das Recht auf Pressefreiheit wird durch die Landespressege-setze sowie durch den Rundfunkstaatsvertrag (RStV)geschützt. Im 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag haben dieLandesgesetzgeber mit dem § 57 RStV eine Norm über diejournalistisch-redaktionelle Datenverarbeitung von Inhalts-daten durch Anbieter von Telemedien, also für den Online-bereich, verabschiedet.8 § 57 RStV konkretisiert die Rahmen-vorschrift des § 41 BDSG. Dem § 57 RStV für die Unterneh-men oder Hilfsunternehmen der Telemedien entsprecheninhaltlich bzgl. der sonstigen Medien die Regelungen derLandespressegesetze für die Printmedien sowie § 41 Abs. 2, 3BDSG für den Bundesrundfunk (Deutsche Welle). DieGesamtheit dieser Regelungen wird als datenschutzrechtli-ches „Medienprivileg” bezeichnet. Privilegiert sind im Bereichdes Internets nur Online-Verlage mit redaktionellen Struktu-ren. Presseabteilungen von Unternehmen, Verbänden, Par-teien und anderen Organisationen, die Onlineausgaben pro-duzieren, fallen nur dann unter den Schutzbereich, wenn sievon der übrigen Struktur eine abgetrennte Organisationsein-heit bilden. Mit privilegiert als Hilfsorganisationen sindBetriebe mit dem Geschäftszweck der ständigen Unterstüt-zung von Verlagen und Redaktionen. Nach § 57 Abs. 1 RStVgelten im journalistisch-redaktionellen Bereich nur die §§ 5,7, 9, 38a BDSG. Die Ausnahmevorschrift setzt voraus, dassausschließlich journalistisch-redaktionelle Zwecke verfolgtwerden, erfasst dann aber den gesamten Vorgang beginnendbei der Recherche über die Herstellung und Verbreitung bzw.Sendung und Speicherung. Gleiches gilt bei literarischenZwecken. Auf die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung kommtes in diesem Bereich, also bei Beiträgen zum öffentlichenMeinungskampf, nicht an.

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Die Medienprivilegierung entfällt, wenn weitere Zwecke ver-folgt werden, die nicht mehr von der Pressefreiheit des Art. 5GG gedeckt sind, z. B. die Erstellung von Nutzer- bzw.Leseranalysen, die Werbung, die technische Optimierung derDatenbanken, das Verfolgen von privaten Motiven einesJournalisten oder die kommerzielle Verwertung von redaktio-nellen Datenbeständen. Über die Erwähnung des § 38a BDSGwird den Berufsverbänden die Möglichkeit eröffnet, daten-schutzbezogene Verhaltensregeln für ihre Mitglieder im Rah-men von Onlineangeboten zu schaffen. Die bisher ausdrück-lich nur für die gedruckte Presse geltenden publizistischenGrundsätze des Pressekodex des Deutschen Presserates sindnunmehr anwendbar für das journalistisch-redaktionelleInternetangebot der Presseverlage.9 Bei Verstößen gegen dasDatengeheimnis nach § 5 BDSG, technisch-organisatorischgeforderte Datensicherheitsmaßnahmen nach § 9 BDSGsowie bei Verletzungen der Verhaltensregeln nach § 38aBDSG besteht gem. § 7 BDSG ein Schadenersatzanspruch.10

Nichtredaktionelle Meinungsäußerungen im Internet – unddies ist der ganz große Anteil bei den Internetveröffentli-chungen mit personenbezogenen Daten – genießen nichtden Schutz der Pressefreiheit, sondern allenfalls den allge-meinen Schutz des jedem Menschen nach Art. 5 GG zuste-henden Rechts auf freie Meinungsäußerung. Die zentraleneinfachgesetzlichen Regelungen zur Wahrung des Daten-schutzes bei Internetveröffentlichungen finden sich imBundesdatenschutzgesetz (BDSG) und dort insbesondere im 4.Abschnitt (§§ 27 ff.). Das BDSG stammt in seiner bis heuteerhaltenen Struktur und den wesentlichen für Internetveröf-fentlichungen einschlägigen Normen aus dem Jahr 1990, alsoaus einer Zeit, in der das Internet für personenbezogeneDatenverarbeitung noch keine Rolle gespielt hat.11

Zivilrechtliche Normen zum Verhältnis zwischen Webseiten-oder Inhaltsanbietern und den Betroffenen finden sich imBürgerlichen Gesetzbuch (BGB), und zwar insbesondere imRecht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB, §§ 305ff. BGB). Die Nutzungs-AGB enthalten oft Aussagen zur Ver-arbeitung nicht nur von Bestands- und Nutzungsdaten, son-dern auch von Inhaltsdaten, also z. B. von in Webformularengemachten Angaben. Soweit es sich bei den Betroffenen umVerbraucher handelt, kann weiterhin das Verbraucherschutz-recht anwendbar sein,12 handelt es sich bei diesen um Arbeit-nehmer, das Arbeitnehmerdatenschutzrecht.

Auch können je nach Art der Daten weitere spezielle Rege-lungen anwendbar sein, so bei der Veröffentlichung von Bil-dern das Kunsturhebergesetz (§§ 22 ff. KUG) sowie bei Veröf-fentlichung spezifischer Daten, Bilder oder Tonaufnahmendas Strafgesetzbuch (§§ 201 ff. StGB). Von Relevanz sindschließlich die strafrechtlichen Verbote der Beleidigung, derVerleumdung sowie allgemein des strafrechtlichen Ehrschut-zes (§§ 185 ff. StGB).

Schließlich gibt es eine Vielzahl von öffentlich-rechtlichenNormen, welche die Veröffentlichung von personenbezoge-nen Daten durch Behörden und sonstige öffentliche Stellenregeln.13 Weitere rechtliche Fragen ergeben sich bei der Ver-öffentlichung von personenbezogenen Daten, die Privatevon öffentlichen Stellen erhalten haben.14

C. Der Personenbezug von Sachdaten

Voraussetzung für die Anwendung des Datenschutzrechtesbei Internetveröffentlichungen ist, dass hiervon personenbe-

zogene Daten betroffen sind, d. h. Angaben zu den persön-lichen oder sachlichen Verhältnissen einer identifizierbarennatürlichen Person (§ 3 Abs. 1 BDSG). Personenbeziehbarkeitgenügt, d. h. es muss nicht ausdrücklich der Name genanntwerden. Diese Personenbeziehbarkeit ist nicht mehr gegeben,wenn die Einzelangaben nicht mehr oder nur mit unverhält-nismäßig großem Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskrafteiner bestimmten Person zugeordnet werden können(Anonymisierung, § 3 Abs. 6 BDSG). Bei Internetveröffentli-chungen ist zu berücksichtigen, dass diese grds. weltweitabrufbar sind, d. h. Daten werden dadurch personenbezogen,dass irgendwo auf der Welt jemand eine Zuordnung zu einerPerson vornehmen kann. Dies hat zur Folge, dass z. B. dieÜbertragung von Bildern einer Webcam personenbezogen ist,wenn die dargestellten Personen beispielsweise anhand ihresGesichts oder ihrer Kleidung eindeutig identifiziert werdenkönnen. Es ist nicht nötig, dass der Betreiber der Webcam dieZuordnung vornehmen kann oder dies einem großen Teil derInternet-Community möglich ist. Die Identifizierungsmög-lichkeit durch wenige mögliche Nutzer genügt, z. B. durchnähere Bekannte dieser Person oder durch Behördenmitar-beiter oder einen Arbeitgeber, die über relevantes Zusatzwis-sen verfügen (etwa Kenntnis der Kleidung, des Kfzs, des kon-kreten Aufenthalts).

Personenbezogen sind auch Angaben über sachliche Verhält-nisse einer Person, wie über das eigene Auto, das Handy, daseigene Haus oder Grundstück und die genutzte Wohnung.Daher kann es sich bei Veröffentlichungen von Straßenan-sichten im Internet, wie etwa durch den Dienst Google StreetView, um personenbezogene Daten handeln, zumal die Bilderauf elektronischen Kartendiensten genau einer Geokoordina-te zugewiesen werden können, welche wieder einer Adresseund diese wieder Bewohnern oder Eigentümern zugeordnetwerden können.15 Sachdaten ohne persönlichkeitsrechtlicheRelevanz, die aber dennoch einer Person zugeordnet werdenkönnen, unterliegen nicht dem Datenschutzrecht. Nötig isteine Angabe zur Identität, zu Merkmalen oder zum Verhalteneiner Person. Informationen über eine Sache können sich aufdie Rechte oder zumindest auf die Interessen einer natür-lichen Person auswirken und entfalten dadurch Persönlich-keitsrelevanz. Zumindest einer der folgenden Kontexte mussbestehen:

1. Beim Ergebniskontext wirkt das Datum auf Rechte undInteressen einer Person ein. 2. Daten mit Zweckkontext zie-len auf das Beschreiben oder Beeinflussen des sozialen, kul-turellen, wirtschaftlichen oder sonstigen gesellschaftlichenAgierens einer natürlichen Person ab. 3. Der Inhaltskontextist dann gegeben, wenn ein Datum eine inhaltliche Aussageüber eine Person trifft.16

Kein Personenbezug besteht, wenn die Daten so verschleiertbzw. anonymisiert oder Daten in einer Gruppe so zusammen-gefasst, d. h. aggregiert wurden, dass eine genaue Zuordnung

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9 Zum Datenschutz durch den Deutschen Presserat Münch, AfP 2002, 18 ff.;Thomale, Die Privilegierung der Medien im deutschen Datenschutzrecht,2006, Ziff. 7.

10 So richtig Thomale, AfP 2009, 107.11 Weichert, DuD 2009, 7 f.12 Klumpp/Kubicek/Roßnagel/Schulz-Weichert, Informationelles Vertrauen für

die Informationsgesellschaft, 2008, S. 317 ff; ders., VuR 2006, 377 ff.13 Z.B. aktuell Agrar- und Fischereifonds-Informationengesetz v. 26.11.2008,

BGBl. I 2008, 2330.14 Z.B. zur Veröffentlichung von identifizierenden Gerichtsurteilen Flechsig,

AfP 2008, 284 ff.15 Weichert, DuD 2007, 113 ff.16 Art. 29-Datenschutzgruppe, Stellungnahme 4/2007 v. 20.06.2007, WP 136.

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17 Weichert, DuD 2009, 351; a.A. Forgó/Krügel/Reiners, Geoinformation undDatenschutz, Gutachten v. 20.12.2008.

18 Däubler/Klebe/Wedde/Weichert-Weichert, a.a.O. (s. Fn. 4), § 3 Rz. 3;a.A. Marian/Forgó/Krügel, DuD 2006, 704.

19 Breyer, MMR 2009, 16; Däubler/Klebe/Wedde/Weichert-Weichert, a.a.O.(s. Fn. 4), § 3 Rz. 4; a.A. Meyerdierks, MMR 2009, 8 ff.

20 Jotzo, MMR 2009, 234.21 Jotzo, MMR 2009, 237; Ott, MMR 2009, 160.22 Jotzo, MMR 2009, 234 f.23 31. Tätigkeitsbericht - TB - des ULD, 2009, Kap. 7.4, S. 137 ff.24 Schneider-Hoeren, FS Heussen, 2009, 215.25 BGH MMR 2007, 518 f.

zu einzelnen Personen nicht mehr möglich ist. Eine solcheAnonymisierung ist möglich durch das Verschleiern bzw. Ver-pixeln von Gesichtern, Kfz-Kennzeichen oder Hausnum-mern.

Es kommt bei der Frage der Personenbeziehbarkeit nichtdarauf an, welchen Zweck die verarbeitende Stelle mit denDaten verfolgt.17 Relevant ist auch nicht, dass das zur Identi-fizierung nötige Zusatzwissen nur mit unzulässigen Metho-den beschafft werden kann.18 Da zumindest für Internet-Anbieter durch Anfrage bei den Zugangsanbietern bei Anga-be des konkreten Zeitpunktes die Zuordnung einer dynami-schen IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber möglich ist,handelt es sich hierbei um ein personenbezogenes Datum.19

Ist durch ein wirksames Identitätsmanagement des Betroffe-nen nur durch diesen ein verwendetes Pseudonym zuorden-bar, so ist dieses für andere Personen und Stellen nicht perso-nenbezogen.

D. Anwendbares Recht

Bevor eine weitere rechtliche Prüfung stattfindet, muss erstfestgestellt werden, ob wegen des globalen Charakters desInternets überhaupt nationales deutsches Recht anwendbarist. Für die Anwendbarkeit des Telemediengesetzes wird nach§ 3 Abs. 1 TMG auf das Herkunftsland abgestellt. § 1 Abs.1 5TMG stellt jedoch klar, dass damit keine Kollisionsregelngeschaffen werden, sodass die allgemeinen Kollisionsnormengelten.20 § 1 Abs. 5 BDSG knüpft an dem Ort der Datenverar-beitung der verantwortlichen Stelle an. Teilweise wird dieAnsicht vertreten, dass es für die Anwendung des deutschenDatenschutzrechts auf den Serverstandort oder den Sitz desUnternehmens ankommt, da der Anbieter keine Vorstellungdavon habe, wer von seinem Angebot Gebrauch macht. Esfehle ihm bzgl. der Verarbeitung von Nutzungsdaten undvon Inhaltsdaten, z. B. aus Deutschland, ein konkretisierterErhebungswille. Richtig ist aber, dass für die Anwendbarkeitdes Datenschutzrechtes der Ort der Datenverarbeitung maß-geblich ist. Dies kann u. U. sogar der Standort des Clientssein, wenn dort etwa Cookies eines Betreibers verarbeitet wer-den.21 Haben Internetunternehmen Töchter oder Filialen inDeutschland und zielt deren Angebot auf den deutschenMarkt, etwa, indem sie ein deutschsprachiges Angebot bereit-halten oder unter deutscher Länderkennung (xx.de) auftre-ten, so verfolgen sie gezielt die Erhebung und Verarbeitungvon Nutzerdaten; sie können nicht behaupten, die bei ihnenverarbeiteten Daten seien aufgedrängt.

Es ist die Zielsetzung der EU-DSRL, eine möglichst einheitli-che rechtliche Verantwortlichkeit für Unternehmen inner-halb der Europäischen Union (EU) zu gewährleisten, um dengrenzüberschreitenden Datenverkehr nicht übermäßig zubeschränken. Insofern stellt § 1 Abs. 5 S. 1 BDSG auf das Sitz-land ab, es sei denn, die Verarbeitung erfolgt durch eineNiederlassung im Inland.22 Im letztgenannten Fall gilt auchdas BDSG. Es war nicht Intention der EU-DSRL, bei einer Ver-arbeitung außerhalb der EU, also in einem sog. Drittland, dasdortige Rechtsregime ausschließlich für anwendbar zu erklä-ren und dadurch den Schutz des Rechts auf informationelleSelbstbestimmung möglicherweise vollständig auszuschlie-ßen. Das BDSG ist nach § 1 Abs. 5 S. 2 BDSG daher auch dannanwendbar, wenn die verantwortliche Stelle nicht im Bereichder EU bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) einenSitz hat, in Deutschland aber die Daten erhebt, verarbeitetoder nutzt. Dies ist z. B. bei vielen Anbietern in den USA der

Fall, die innerhalb der EU keine eigenen Niederlassungenhaben. Nach § 1 Abs. 5 S. 3 können derartige Unternehmenaußerhalb der EU einen im Ausland ansässigen Vertreterbenennen, dem gegenüber die Datenschutzrechte geltendgemacht werden können und müssen.

Der Regelungsansatz der EU-DSRL und des BDSG führt dazu,dass in vielen, ja in den meisten Fällen einer Internetveröf-fentlichung mit einem deutschen Bezug deutsches oderzumindest sonstiges europäisches nationales Recht zurAnwendung kommt. Es gibt aber Fälle, in denen Webseitenin den USA gehostet werden und in Europa weder eineNiederlassung noch eine Vertretung existiert und hier auchkeine Stelle ausgemacht werden kann, die für die Verarbei-tung verantwortlich zu machen ist, obwohl das Angebotauch auf den deutschen Markt abzielt. In diesen Fällen gibt esu. U. keine rechtlichen europäischen Ansatzpunkte zum Tätig-werden. Ein solches Beispiel war die Prangerseite rotten-neighbor.com in den USA, auf der deutsche Nutzer anonym(diffamierende) Daten über Nachbarn einstellen konnten. Imkonkreten Fall konnte dennoch über aufsichtsbehördlicheAktivitäten erreicht werden, dass dieser Anbieter sein deut-sches Angebot aus dem Netz nahm.23

E. Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit fürInternetveröffentlichungen

Die Klärung der Verantwortlichkeit für Internetveröffentli-chungen kann unterschiedliche Zielrichtungen verfolgen.Geht es um die Haftung für Veröffentlichungen, so gelten dieRegelungen der §§ 7 ff. TMG.24 Relevant sein kann die Frageder Verantwortlichkeit aus zivilrechtlicher Sicht, im Hinblickauf die Sanktionierbarkeit nach Ordnungswidrigkeiten- undnach Strafrecht, als Adressat von behördlichen Verfügungen,z. B. zur Gefahrenabwehr und natürlich aus Datenschutz-sicht. Bei von einer Person selbst ins Netz gestellten Inhalten istdie Verantwortlichkeit in jeder rechtlichen Hinsicht selbst-verständlich durch sie selbst gegeben.

Fraglich ist dagegen die Verantwortlichkeit, wenn der für einPortal, einen Dienst oder eine Seite Verantwortliche nur diePlattform zur Verfügung stellt und andere, evtl. gar anonym,Informationen einstellen. Nach § 10 TMG ist der Anbieter fürfremde Informationen nur insofern verantwortlich, als erKenntnis von den rechtswidrigen Inhalten erlangt hat undnicht unverzüglich tätig geworden ist, um die Informationenzu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren. DieseRegelungen setzen im Grunde die Kenntnisnahme der jewei-ligen Inhalte voraus. Dies gilt auch für die strafrechtliche Ver-antwortlichkeit, wobei neben der Kenntnis ein Willensele-ment des Veröffentlichers hinzukommen muss, also Absicht,Vorsatz oder zumindest Fahrlässigkeit.25 Für die Verantwort-lichkeit für zivilrechtliche Ansprüche auf Schadenersatz ist§ 10 TMG nicht direkt anwendbar. Da ein Webseitenbetreiberdie Möglichkeit hat, schnell rechtsverletzende Beiträge zu

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entfernen und evtl. bestimmte Nutzungsformen zu sperren,bestehen gegen ihn die zivilrechtlichen Beseitigungs- undUnterlassungsansprüche. Anwendbare Kollisionsnorm fürzivilrechtlich geltend zu machende Persönlichkeitsverletzun-gen ist Art. 40 EGBGB.26 Der Bundesgerichtshof hat diese Stö-rerhaftung durch das Kriterium der “Zumutbarkeit” einge-schränkt. Nur wenn er zumutbare Prüfungspflichten im Hin-blick auf mögliche rechtswidrige Inhalte verletzt hat, kann erwegen Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genom-men werden).27 Es ist klar, dass der Betreiber ab dem Zeit-punkt der Kenntnis einer Rechtsverletzung tätig werdenmuss. Die Rechtsprechung nimmt umso mehr eine Prüfungs-pflicht an, je höher die Gefahr der Rechtsverletzung ist. Diesgilt besonders, wenn ein Rechtsverstoß provoziert wurde.28

Dass ein Betreiber die von anderen auf seiner Webseite einge-stellten Inhalte regelmäßig überprüfen müsste,29 ohne zuvorvon Verstößen in Kenntnis gesetzt worden zu sein, ist ange-sichts der verwendeten Internet-Technologie und dem sichdaraus ergebenden Massengeschäft nicht zumutbar, ja oftnicht einmal objektiv möglich.30

Demgegenüber ist die datenschutzrechtliche Verantwortungnicht von einer Kenntnis der Daten abhängig. Die daten-schutzrechtliche Verantwortlichkeit hat in vieler HinsichtBedeutung. Sie ist relevant bei Kontrollmaßnahmen nach§ 38 BDSG sowie bei der Wahrnehmung von Betroffenen-rechten nach § 33 ff. BDSG, also auch bei Ansprüchen aufAuskunft, Sperrung oder Löschung. Nach § 3 Abs. 7 BDSG istverantwortliche Stelle, wer personenbezogene Daten für sichselbst verarbeitet oder dies durch andere im Auftrag vorneh-men lässt. In Art. 2d) EU-DSRL wird darauf abgestellt, wer“über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personen-bezogenen Daten entscheidet”. D. h., im Datenschutzrechtwird unabhängig vom Wissen über die Daten darauf abge-stellt, wer objektiv über die Daten bestimmen kann, wer dieEntscheidungsgewalt über den Zweck und die Mittel derDatenverarbeitung hat.31 Der Rückgriff auf eine Datenverar-beitung im Auftrag nach § 11 BDSG ist bei Internetveröffent-lichungen schon deshalb nicht möglich, weil ein explizitesvertragliches Auftragsverhältnis zwischen dem Seitenbetrei-ber und demjenigen, der einen Inhalt eingestellt hat, in derRegel nicht besteht. Auch die weiteren Anforderungen des§ 11 BDSG liegen zumeist nicht vor. Dies hat zur Folge, dassjeder Inhaltsanbieter in datenschutzrechtlicher Hinsicht fürsämtliche gehosteten Daten verantwortlich ist. Dies führt beidas ganze öffentliche Web umfassenden Suchmaschinen miteigenem Cache dazu, dass rechtlich eine Verantwortlichkeitfür alle erfassten Webinhalte besteht.32

Die Identität des verantwortlichen Seitenbetreibers lässt sich beideutschen Anbietern relativ einfach über das Impressum fest-stellen (§ 5 TMG, § 55 RStV).

F. Einwilligung in die Veröffentlichung

Die Veröffentlichung von Daten im Internet ist zulässig,wenn die betroffene Person eingewilligt hat (§ 4 Abs. 1BDSG). Gemäß § 4a Abs. 1 S. 2 BDSG setzt eine wirksame Ein-willigung eine besonders hervorgehobene schriftliche Erklä-rung voraus, „soweit nicht wegen besonderer Umstände eineandere Form angemessen ist”. Bei der digitalen Kommunika-tion, die der Internet-Veröffentlichung oft vorangeht, kanneine konventionelle schriftliche Einwilligung oft nicht mehrals angemessen angesehen werden, insbesondere wenn derBetroffene sich räumlich weit entfernt vom Inhaltsanbieter

befindet. Etwas anderes gilt bei einem persönlichen Kontaktzwischen Anbieter und Betroffenen, etwa bei Veröffentli-chungen auf der Seite einer Schule, eines Sportvereins, desVeranstalters eines Ereignisses oder des Arbeitgebers. Nach§ 13 Abs. 2 TMG kann eine Einwilligung elektronisch erteiltwerden. Diese explizit nur für Mediendienste geltende Rege-lung ist auch auf Internetveröffentlichungen anwendbar.Voraussetzung für die Wirksamkeit ist, dass die Einwilligungbewusst und eindeutig ist. Damit sollen versehentliche Maus-clicks nicht mit Rechtsfolgen verknüpft sein. Dem Erforder-nis genügt z. B. eine wiederholte Bestätigung und die zumin-dest das Wesentliche enthaltende Darstellung des Erklärungs-inhaltes.33 Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 TMG muss der Anbieter dieEinwilligung protokollieren. Der Nutzer muss die Möglich-keit haben, die elektronische Einwilligung abzurufen, etwaindem sie ihm über einen Link im Volltext zur Verfügunggestellt wird (Abs. 2 Nr. 3). Nach Abs. 2 Nr. 4 muss der Betrof-fene jederzeit die Einwilligung für die Zukunft widerrufenkönnen. Auf diese Möglichkeit ist er vor der Einwilligunghinzuweisen; auch dieser Hinweis muss so zugänglich gespei-chert sein, dass er vom Betroffenen jederzeit abrufbar ist (§ 13Abs. 3 TMG).

Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungenerteilt werden, so ist sie besonders hervorzuheben (§ 4a Abs. 1S. 3 BDSG). Soll die Einwilligung in die Veröffentlichung imRahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)erklärt werden, so muss die Einwilligungserklärung in direk-tem Zusammenhang zur Unterschrift stehen.

Die einwilligende Person muss eine hinreichende Vorstellungüber die Art der Daten, deren Adressaten und die damit ver-folgten Zwecke haben (Bestimmtheitserfordernis).34 Da miteiner Internetveröffentlichung eine weltweite Verfügbarkeitgegeben ist und Zwecke nicht mehr eingegrenzt werden kön-nen, muss sich die Einwilligung hierauf ausdrücklich bezie-hen und die Art der Daten möglichst präzise beschrieben wer-den. Für eine Einwilligung genügt z. B. nicht die Teilnahmean einer Sportveranstaltung, auch wenn den Teilnehmendenin allgemeiner Form bekannt gemacht wurde, dass derenNamen und Ergebnisse im Web veröffentlicht werden. Viel-mehr muss diese Bekanntmachung so erfolgen, dass jederTeilnehmer diese tatsächlich zur Kenntnis nimmt und mitder Teilnahmeerklärung seine Zustimmung zur Veröffentli-chung erklärt.

Eine Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie freiwillig erfolgt(§ 4a Abs. 1 S. 1 BDSG). Wann dies der Fall ist, kann streitigsein. Wenn eine soziale Drucksituation gegeben ist, kann dienötige Freiwilligkeit ausgeschlossen sein, etwa, wenn in einemKlassenverbund einer Schule eine gemeinsame Teilnahme aneiner mit einer Internetveröffentlichung verbundenen Sport-veranstaltung erfolgt. Keine Freiwilligkeit ist mehr gegeben,wenn ein Sportverband in seiner Satzung zwangsweise undohne Wahlmöglichkeit die Veröffentlichung der Namen vonTeilnehmern an Sportveranstaltungen und deren Ergebnisse

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26 Jotzo, MMR 2009, 233.27 BGH NJW 2001, 3265 ff.28 OLG Hamburg CR 2007, 44 ff.29 So wohl LG Hamburg MMR 2007, 450 ff. u. 726 ff.30 Breyer, MMR 2009, 14 ff. gegen OLG Hamburg MMR 2008, 823.31 Weichert, DuD 2009, 10; Jotzo, MMR 2009, 233.32 Lewandowski-Weichert, Handbuch Internet-Suchmaschinen, 2009, S. 293 f.;

a.A. wohl Ott für reine Vermittlungsdienste ohne Cache-Speicherung undim Licht von Art. 5 GG, MMR 2009, 162.

33 Schneider-Hoeren, a.a.O. (s. Fn. 24), S. 213.34 Däubler/Klebe/Wedde/Weichert-Däubler, a.a.O. (s. Fn. 4), § 4a Rz. 18.

Weichert , Datenschutz be i Internetveröf fent l ichungen | A U F S Ä T Z E

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35 Dazu Schneider-Hoeren, a.a.O. (s. Fn. 24), S. 213.36 Weichert, MR-Int 2007, 191.37 Dies fordert Weichert, DuD 2009, 11 f.38 Weichert, Online Reputation Management, 1/2009, abzurufen unter:

https://www.datenschutzzentrum.de/vortraege/20090213-weichert-reputa-tion-management.html; zu den praktischen Problemen und den rechtspo-litischen Konsequenzen bei Betroffenenrechten Weichert, DuD 2009, 11 f.

vorsieht, da hierdurch alle ausgeschlossen werden, die ihreDaten unveröffentlicht sehen und dennoch einen bestimm-ten Sport gemeinsam mit anderen, d. h. organisiert, ausübenwollen. Die Freiwilligkeit kann auch dadurch eingeschränktsein, dass die Einwilligung zur Verarbeitung von personenbe-zogenen Daten bis hin zur Internetveröffentlichung, zur Vor-aussetzung gemacht wird zur Erlangung von bestimmtenDiensten und Leistungen. Dem versucht das Recht mit Kop-pelungsverboten entgegenzuwirken (§ 12 Abs. 1 TMG, künf-tig § 28 Abs. 3b BDSG).35

Für die Feststellung der Freiwilligkeit kann es von Bedeutungsein, ob den Betroffenen eine nichtpersonenbezogene Alter-native angeboten wird. Diese kann in einer einfachen Formeines sog. Identitätsmanagements liegen, also darin, dass derName durch ein Pseudonym (z. B. Spieler/Mitglied/Teilneh-mer/Schüler 1, 2, 3 ... oder A, B, C ...) ersetzt wird und für denBetroffenen insofern eine Wahlmöglichkeit besteht.

G. Gesetzliche Verarbeitungsnormen

Die §§ 28 Abs. 1 Nr. 3, 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG erlauben die Ver-arbeitung von Daten, wenn diese “allgemein zugänglichsind”. Nicht möglich ist aber der Zirkelschluss, dass unzuläs-sig ins Netz gestellte Daten allgemein zugänglich sind unddaher deren weitere Verarbeitung erlaubt wäre. Eine solcheAuslegung würde sämtliche Inhalte im Web zulässig machen;Datenschutz gäbe es bei Internetveröffentlichung nicht mehr.Die gesetzlichen Regelungen enthalten daher auch dieBeschränkung, dass das „schutzwürdige Interesse des Betroffe-nen” an der Verarbeitung nicht offensichtlich überwiegt. DasGesetz verlangt damit etwas bei Internetinhalten objektiv fastUnmögliches: Die Abwägung zwischen dem schutzwürdigenBetroffeneninteresse und dem berechtigten Interesse nichtbekannter, möglicherweise millionenfacher Nutzender. DasSchutzinteresse ist für die meisten Verantwortlichkeiten kaumeinschätzbar, da diese die Betroffenen zumeist nicht kennen,schon gar nicht deren individuelle Interessen.

Im Internet veröffentlichte Daten sind solche, die zum Zweckder Übermittlung verarbeitet werden, was in § 29 BDSG gere-gelt ist. Nach dieser Norm müssten hohe Anforderungengestellt werden: Glaubhaftmachung eines berechtigten Inter-esses, Festlegung eines Zweckes, Abwägung der Interessen,Dokumentation und stichprobenhafte Prüfung der Abrufe.Nähme man das BDSG wörtlich, so wären Bewertungsporta-le, Blogs, Chatbeiträge über Dritte, Suchmaschinen und vie-les mehr rechtswidrig.36 Die Rechte aus Art. 5 GG werden in§ 29 BDSG nicht ausdrücklich erwähnt. Einige der in § 29genannten Anforderungen lassen sich selbst über eine verfas-sungskonforme Auslegung nicht erfüllen. Dies hat zur Folge,dass, solange für Internetveröffentlichung keine spezialge-setzlichen Regelungen bestehen,37 von diesen Anforderun-gen Abstriche gemacht werden müssen, soweit anderenfallsArt. 5 GG unverhältnismäßig beschnitten würde. Bei der vor-zunehmenden Abwägung spielen folgende Aspekte einewichtige Rolle: vorherige individuelle oder allgemeineBenachrichtigung der Betroffenen, Möglichkeit des Wider-spruchs der Betroffenen, keine Aufnahme auf Widerspruchs-listen (vgl. § 29 Abs. 3 BDSG), relativ geringe Sensibilität,Erkennbarkeit des Wertungscharakters der Daten, Betroffen-heit der Person als Funktionsträger, keine Schmähkritik.

Redaktionell-journalistische Tätigkeit unterliegt dem besonde-ren Schutz der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2, 3 GG.

Absolute materiell-rechtliche Restriktionen bestehen nicht.Vielmehr unterliegen Veröffentlichungen der Abwägung zwi-schen dem Veröffentlichungs- und dem Schutzinteresse desBetroffenen. Ein präventiver Schutz ist nicht zulässig; nach-trägliche Schutzvorkehrungen liegen insbesondere in denBetroffenenrechten. Es gilt Ziff. 8 des Pressekodexes des Deut-schen Presserats: „Die Presse achtet das Privatleben und dieIntimsphäre des Menschen. Berührt jedoch das private Ver-halten öffentliche Interessen, so kann es im Einzelfall in derPresse erörtert werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Ver-öffentlichung Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletztwerden. Die Presse achtet das Recht auf informationelleSelbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellenDatenschutz.” Damit wird die Veröffentlichung von perso-nenbezogenen Daten immer von einer Abwägung abhängiggemacht, auch wenn nicht die Privat- oder Intimsphärebetroffen sind.

H. Betroffenenrechte

Wegen der oft schwer zu klärenden tatsächlichen Verant-wortlichkeit und den Möglichkeiten des Kopierens undUmadressierens von Inhalten, ist es äußerst schwierig, dieeigenen Betroffenenrechte im Internet durchzusetzen.Besonders problematisch ist es, wenn Betroffene selbst kei-nen Internetzugang haben und dadurch selbst praktischüberhaupt nicht ihre Betroffenheit feststellen können.Zumindest hinsichtlich der Auskunftserlangung über im Webzur eigenen Person gespeicherten Daten gibt es ein – techni-sches, nicht rechtlich fundiertes – Instrument: Mithilfe vonSuchmaschinen kann festgestellt werden, auf welchen SeitenDaten über einen selbst wie über andere gespeichert sind.Erheblich schwieriger ist die praktische Durchsetzung vonAnsprüchen auf Berichtigung, Löschung und Sperrung. Nurselten bieten Internetangebote eine Kommentar-Funktionan, über die abweichende Sichtsweisen dargestellt werdenkönnen. Dies hat dazu geführt, dass private Firmen als “Repu-tation Defender” ihre Dienste anbieten, um inkriminierendeInhalte aus dem Netz zu bekommen oder nicht zwangsläufigkorrekte eigene positive Darstellungen vorzunehmen.38

Der Anspruch auf Auskunft über die zur eigenen Person gespei-cherten Daten ergibt sich direkt aus dem Grundrecht aufinformationelle Selbstbestimmung, es handelt sich beim Aus-kunftsanspruch sozusagen um die Magna Charta des Daten-schutzes.39 Im Hinblick auf gespeicherte Bestands- und Nut-zungsdaten besteht der Anspruch auf Auskunft nach § 13Abs. 7 TMG. Der Auskunftsanspruch zu Inhaltsdaten ergibtsich gegenüber der verantwortlichen Stelle aus § 34 BDSG.Als Einwand gegen eine Auskunftspflicht können bei Inter-netdatenspeicherungen regelmäßig keine Geschäftsgeheim-nisse vorgetragen werden (vgl. § 34 Abs. 1 S. 3); auch eineKostenerhebung ist regelmäßig ausgeschlossen, selbst beiInternet-Auskunfteien, da hier das ideelle Informationsinte-resse das wirtschaftliche Eigeninteresse regelmäßig zurück-drängt (vgl. § 34 Abs. 5 S. 2 BDSG). Bzgl. geschützt gespei-cherter Inhalte bieten Internet-Suchmaschinen keine Hilfe;hier muss der Anspruch über ein Auskunftsbegehren des

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Betroffenen geltend gemacht werden. Da der gesetzliche Aus-kunftsanspruch nicht von der technischen Kompetenz desBetroffenen abhängig gemacht wird, kann dieser auchschriftlich geltend gemacht werden. Er hat sich an die imImpressum genannte Adresse zu richten. Um eine schnelleund erfolgreiche Bearbeitung zu gewährleisten, sollte jederAuskunftsanspruch an den betrieblichen Datenschutzbeauf-tragten gerichtet werden (vgl. §§ 4f, 4g BDSG). Ein Anspruchauf Löschung von selbst ins Netz gestellten Überzeugungenbesteht in den engen Grenzen des § 42 UrhG. Danach mussein Werk urheberrechtlich geschützt sein und der Inhaltmuss von der inzwischen bestehenden Überzeugung desUrhebers abweichen.40

Weiterhin hat jeder Betroffene einen Anspruch auf Berichti-gung unrichtiger Angaben im Internet (§ 35 Abs. 1 BDSG).Unzulässig gespeicherte Daten sind zu löschen (§ 35 Abs. 2Nr. 1 BDSG). Dass die Lösch- bzw. Prüfpflicht am Ende des4. Jahres nach der erstmaligen Speicherung besteht (§ 35Abs. 2 Nr. 4 BDSG), lässt sich zwar aus dem Gesetz ableiten.Es ist aber fraglich, ob diese nicht auf das Internet ausgerich-tete Regelung auf Webangebote übertragbar, d. h. eine solchePrüfpflicht zumutbar ist.

Bzgl. redaktionell-journalistischer Onlineangebote gewährt§ 57 Abs. 2 RStV unter bestimmten Voraussetzungen einenAuskunfts- und Berichtigungsanspruch. Der Auskunftsan-spruch besteht grds. bereits vor einer Berichterstattung. Teil-weise oder gar völlig eingeschränkt ist der Auskunftsanspruchaber, wenn die journalistische Aufgabe des Veranstaltersbeeinträchtigt würde. Daher ist in der Praxis ein Auskunfts-anspruch vor Berichterstattung i. d. R. ausgeschlossen. Esmuss ein schutzwürdiges Auskunftsinteresse geltend gemachtwerden. Es ist dabei eine Abwägung zwischen der durch Art. 5Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit und dem Persönlichkeits-schutz nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG vorzunehmen.Eine reine Interessenbehauptung oder ein subjektiver Vortraggenügt nicht. Nötig ist aber auch nicht eine erfolgte Rechts-beeinträchtigung. Der Anspruch erstreckt sich nur auf diegespeicherten Daten, nicht auf die Quelle der Informatio-nen.41 Eine Auskunftsverweigerung ist möglich, wenn durchdie Auskunft eine Ausforschung der journalistischen Tätig-keit erfolgen würde, also z. B. die Recherchemethode, dieHerkunft, der Umfang und die Zusammensetzung der vor-handenen Informationen aufgedeckt würden. Geschützt wer-den die an der Veröffentlichung beteiligten Mitarbeiter, Ein-sender bzw. Auskunftspersonen und sonstige Quellen (§ 57Abs. 2 Nr. 1, 2 RStV). In jedem Fall ist eine Interessenabwä-gung vorzunehmen. Auch gemäß dem Pressekodex hat dasverantwortliche Publikationsorgan dem Betroffenen Aus-kunft über die der Berichterstattung zugrunde liegendenDaten zu erteilen. Verweigerungsgründe bestehen dann,wenn auf Informanten oder sonstige Quellen geschlossenwerden kann oder wenn nur so das Recht auf Privatsphäremit der Freiheit der Meinungsäußerung in Einklang gebrachtwerden kann.

§ 57 Abs. 2 S. 3 RStV legt zudem einen Berichtigungsanspruchfest, also auf die Korrektur von unrichtigen Daten. DerBetroffene trägt die Beweislast für die Unrichtigkeit. Alterna-tiv kann der Betroffene auch verlangen, dass den Daten eineeigene Darstellung von angemessenem Umfang hinzugefügtwird. § 57 Abs. 3 RStV verpflichtet Telemedienanbieter zurZuspeicherung von Gegendarstellungen bei den über denBetroffenen gespeicherten Daten – unverzüglich, ohne Kos-ten für den Betroffenen und ohne Abrufentgelt. Die Gegen-

darstellung ist über denselben Zeitraum aufzubewahren wieder Originaldatensatz. Dies zielt auf die kommunikativeChancengleichheit des Betroffenen mit dem Anbieter ab.42

Der Anbieter ist verpflichtet, die Gegendarstellungen beieiner Übermittlung der Daten gemeinsam mit diesen weiter-zugeben. Ergänzend enthält Ziff. 3 des Pressekodex eine Rich-tigstellungsverpflichtung unrichtiger Presseberichte. Gem.Ziff. 4 muss das Publikationsorgan die Richtigstellungen,Widerrufe, Gegendarstellungen oder Rügen des Presserates zuden gespeicherten Daten nehmen und für dieselbe Zeitdauerdokumentieren. Bei Verstößen gegen den Pressekodexbesteht weiterhin die Pflicht zur Sperrung oder zur Löschung.

I. Anrufung der Aufsichtsbehörde

Bei der behördlichen Aufsicht über das Internet ist zwischenverschiedenen Zielsetzungen zu unterscheiden. Es gibt keineeinheitliche Internetaufsicht; zu unterscheiden ist u. a. zwi-schen Jugendschutz, der wirtschaftsrechtlichen Aufsicht überTelemedien43 und der Datenschutzaufsicht.

Bestehen Hinweise auf eine unzulässige Datenverarbeitung,so kann sich der Betroffene an die zuständige Datenschutzkon-trollinstanz wenden. Dieser Anspruch ergibt sich aus demPetitionsrecht des Art. 17 GG sowie aus einfachgesetzlichenRegelungen (z. B. § 21 BDSG, § 40 LDSG SH). Zuständig fürdie Datenschutzkontrolle von Internetveröffentlichungendurch private Stellen sind die Länderbehörden nach § 38BDSG. Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit istregelmäßig der Ort der Datenverarbeitung bzw. der Sitz derverantwortlichen Stelle. Liegt der Sitz im europäischen Aus-land und gibt es keine nationale Niederlassung, so muss sichder Betroffene an die Aufsichtsbehörde des Sitzlandes wen-den.44 Die in Deutschland örtlich zuständigen Aufsichtsbe-hörden sind im Internet zu finden unter http:www.daten-schutz.de (dort „Institutionen”, dann „Deutschland (nicht-öffentlicher Bereich)”.45

Bei redaktionell-journalistischen Beiträgen im Internet tritt andie Stelle der Datenschutzaufsichtsbehörde nach § 38 BDSGder Deutsche Presserat (§ 57 Abs. 1 i. V. m. § 38 BDSG).46 Die-ser ist zunächst Standesorganisation und damit zur Wahrungder Interessen der Presse verpflichtet. Er sieht hierin die Legi-timation zur Feststellung von Missständen im Pressewesenund fungiert damit auch als Beschwerdeinstanz. Anzuwen-den sind die „publizistischen Grundsätze” des 1973 aufge-stellten Pressekodex. Der Deutsche Presserat hat 2001 seineBeschwerdeordnung um rundfunkrechtliche Elementeerweitert. Hierzu gehören: Zuspeicherungspflicht von Gegen-darstellungen, Auskunftsanspruch nach Berichterstattung,Sperrung und Löschung kodexwidriger Inhalte, Sicherungdes Redaktionsgeheimnisses und ein Beschwerderecht bei derAnnahme von Datenschutzverstößen.47 Die Beschwerdeord-nung des Deutschen Presserates ermöglicht nicht nur die

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39 Hahn/Vesting-Herb, Rundfunkrecht, 2008, § 57 Rz. 20; zur verfassungs-rechtlichen Verortung Weichert, NVwZ 2007, 1005 f.

40 Ott, MMR 2009, 163.41 Simitis-Walz, BDSG, 6. Aufl. 2006, § 41 Rz. 39.42 BVerfGE 63, 142 ff.43 Dazu Holznagel/Ricke, MMR 2008, 18 ff.44 Die aktuellen Adressen sind abrufbar unter http://ec.europa.eu/justice_ho-

me/fsj/privacy/nationalcomm/index_de.htm.45 Abzurufen unter der Internetadresse: http://www.bfdi.bund.de/cln_030/nn

_531524/DE/AnschriftenUndLinks/AufsBehoerdFuerDenNichtOeffBe-reich/AufsBehoerdFuerDenNichtOeffBereich_node.html_nnn=true; zumReformbedarf Weichert, DuD 2009, 13.

46 Vgl. http://www.presserat.de; Münch, AfP 2002, 18 ff.47 Thomale, AfP 2009, 107 f.

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48 Münch, AfP 2002, 18.49 Thomale, AfP 2009, 109.50 Thomale, AfP 2009, 109.51 Weichert, RDV 2007, 54 ff.52 Hermann, AfP 2003, 233 ff.53 Weichert, DuD 2009, 7 ff.

Anrufung durch den Betroffenen, sondern auch – kostenlosund ohne bürokratische Einschränkungen – für jede drittePerson.48 Ist eine Beschwerde begründet, so spricht der Pres-serat eine Sanktion in Form einer öffentlichen Rüge bzw.u. U. aus Gründen des Opferschutzes, eine nichtöffentlicheRüge, eine Missbilligung oder einen Hinweis aus. Wird eineöffentliche Rüge ausgesprochen, so liegen meistens Persön-lichkeitsverletzungen vor, die nach der Rechtsprechung aucheinen Schadenersatzanspruch auslösen.49 Hat das Presseor-gan eine entsprechende Selbstverpflichtungserklärung unter-schrieben, so muss es im Fall einer Rüge diese abdrucken. DerPresserat hat einen entsprechenden einklagbaren Anspruch.Ein hieraus ableitbarer Anspruch für den Betroffenen selbstwird demgegenüber aber nicht angenommen.50

J. Perspektiven

Der Schutz vor unzulässigen Inhalten im Internet ist – tech-nisch bedingt – nur unzureichend zu gewährleisten.51 Diesdarf keineswegs ein Grund für eine Kapitulation vor der Auf-gabe des Staates sein, seiner Gewährleistungspflicht insbe-sondere im grundrechtlichen Bereich nachzukommen. Esbesteht zweifellos schon heute ein normativer und organisa-

torischer Rahmen zum Schutz des Rechts auf informationelleSelbstbestimmung bei Internetveröffentlichungen. Diesekönnen und sollten die Betroffenen in Anspruch nehmen.Nur dadurch erweisen sich die Unzulänglichkeiten und ergibtsich der notwendige politische Leidensdruck für die Umset-zung von Verbesserungen. Derartige Verbesserungen könnenauf allen Ebenen ansetzen: rechtlich, organisatorisch, tech-nisch, pädagogisch, beim Betroffenen, bei Datenschutz- undVerbraucherschutz-Interessenvertretern, bei den Internetan-bietern und bei der Politik, national, auf europäischer Ebenewie auch global.52 Als Nadelöhr muss aber derzeit die natio-nale Gesetzgebung ausgemacht werden: Ohne Anpassung desnationalen Rechts kann es weder auf den untergeordnetennoch auf den übergeordneten Ebenen nennenswerte Fort-schritte geben. Alle Beteiligten sind gefordert, Beiträge zurGewährleistung des Datenschutzes im Internet zu liefern; anerster Stelle kommt aber dem Bundesgesetzgeber eine solchePflicht zu.53

A U F S Ä T Z E | Lorenz, Ver fa l l - und Auszahlungsgebührenk lause ln in Prepa id-Mobi l funkvert rägen

Nach der Rechtsprechung sind Verfallklauseln in Mobilfunk-verträgen unwirksam. Danach darf Prepaid-Guthaben nichtverfallen. Der folgende Beitrag stellt die in den letzten Jah-ren ergangene Rechtsprechung zu den Verfallklauseln dar.Gleichzeitig analysiert er vor dem Hintergrund dieser Recht-sprechung die aktuellen Klauseln der Mobilfunkanbieter.

A. Einleitung

Als die Mobilfunkanbieter in den Neunzigerjahren Prepaid-Verträge als Geschäftsmodell entdeckten, wussten sie nochnichts von den rechtlichen Risiken ihres damaligenGeschäftsmodells. Den Kunden wollte man glaubhaftmachen, dass Prepaid-Verträge ohne Grundgebühr und Min-destumsatz auskommen. Gleichzeitig führte man über dieHintertür in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Verfall-klauseln ein. Wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraumskein neues Guthaben aufgeladen wurde, verfiel das Guthabeneinfach. So lag dann doch ein versteckter Mindestumsatz vor,weil ohne Mindestumsatz der Vertrag eben nicht rentabel war.Und bei einer Vertragsbeendigung wurde gleich das ganzeRestguthaben einbehalten. Die Rechtsprechung hat in denletzten Jahren in einer Reihe von Entscheidungen festgestellt,dass derartige Verfallklauseln unwirksam sind. Gleichwohlsahen einige Mobilfunkanbieter keine Verpflichtung zur Rück-zahlung des verfallenen Guthabens. Allerdings zahlten sie seit2006 altes Guthaben „freiwillig“ an die Kunden zurück.1

Während die schon länger am Markt etablierten Mobilfunk-anbieter, wie T-Mobile, Vodafone, E-plus und O2, inzwischenvollständig auf Verfallklauseln verzichten, sind es nun einigeder neuen Mobilfunkdiscounter, deren Verträge Verfallklau-seln für bestimmte Fälle vorsehen. Auch bei den meistenMobilfunkdiscountern verfällt kein Guthaben, wenn eineAufladung nicht in einer bestimmten Zeitspanne erfolgt.Doch es gibt eine Reihe von Ausnahmen in den AllgemeinenGeschäftsbedingungen, wann das Guthaben dann doch ver-fallen soll. Hierauf wird im Folgenden eingegangen.

Nachdem die Mobilfunkanbieter nun vielfach dazu überge-gangen sind, das Restguthaben bei einer Vertragsbeendigungzurückzuzahlen, verlangen einige Mobilfunkanbieter eineBearbeitungsgebühr für die Auszahlung des Guthabens. Hierstellt sich die Frage nach der Wirksamkeit von Auszahlungs-gebührenklauseln.

Verfall- und Auszahlungsgebührenklauseln in Prepaid-MobilfunkverträgenVon Rechtsanwalt Dr. Bernd Lorenz,* Essen

* Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht bei STS SchulzTegtmeyer Sozien in Essen.

1 Gramespacher, MIR 2006 Dok. 140, abrufbar unter: http://miur.de/dok/356.html.

2 Säcker/Rixecker/Kieninger, MünchKomm BGB, 5. Aufl. 2007, § 307 Nr. 12.

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Lorenz, Ver fa l l - und Auszahlungsgebührenk lause ln in Prepa id-Mobi l funkvert rägen | A U F S Ä T Z E

B. Verfallklauseln

I. Kontrollfähigkeit von Verfallklauseln

Vorab stellt sich die Frage nach der Kontrollfähigkeit von Ver-fallklauseln. Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB unterliegen nur sol-che Klauseln der Inhaltskontrolle, durch die eine Regelunggetroffen wird, die von Rechtsvorschriften abweicht oder sieergänzt.

Keiner Inhaltskontrolle unterliegen Leistungsbeschreibungenim Unterschied zu Nebenabreden. Leistungsbeschreibungensind Beschreibungen, die die Hauptleistungspflicht bestim-men, also den Umfang der von den Parteien geschuldetenVertragsleistungen.2 Die Hauptleistungspflicht von Mobil-funkverträgen besteht einerseits in dem Bereitstellen vonTelekommunikationsdienstleistungen, wofür der Kundeandererseits ein bestimmtes Entgelt zu zahlen hat. Der Verfallvon vorausbezahltem Guthaben betrifft diese Hauptleis-tungspflichten nicht. Auch ohne Verfallklauseln liegt nochein hinreichend bestimmter wirksamer Vertrag vor. Aus die-sem Grunde stellen Verfallklauseln kontrollfähige Nebenab-reden dar.3

Keiner Inhaltskontrolle unterliegen ferner unmittelbare Preis-abreden im Unterschied zu Preisnebenabreden. Zu denunmittelbaren Preisabreden zählen Klauseln, die den Preisunmittelbar festlegen. Dagegen stellen Klauseln, an derenStelle dispositives Recht treten kann, Preisnebenabreden dar.4

Verfallklauseln regeln nicht eine bestimmte Höhe eines zuzahlenden Entgelts. Sie betreffen vielmehr den Anspruch aufRückzahlung von vorausbezahltem Guthaben. Aus diesemGrunde stellen Verfallklauseln keine kontrollfreien Preisabre-den dar.5

II. Früher verwandte Klauseln

Zunächst soll ein Blick auf die Rechtsprechung der letztenJahre geworfen werden. Früher wurden in Prepaid-Mobil-funkverträgen die folgenden Klauseln verwandt, die dieRechtsprechung zu beurteilen hatte:

1. Verfall bei nicht rechtzeitiger Aufladung

Früher waren Klauseln in den Prepaid-Verträgen üblich, dassinnerhalb eines bestimmten Zeitraums neues Guthaben auf-geladen werden muss. Andernfalls sollte das vorhandeneGuthaben verfallen. Die Rechtsprechung hat derartige Klau-sel für unwirksam erklärt.6 Beispiele aus der Rechtsprechungsind folgende Klauseln:

„Ein Restguthaben auf Ihrer [Prepaid-Karte] können Sie ein-fach durch erneutes Aufladen vor Ablauf des Zeitfensters indas nächste Guthabenzeitfenster mitnehmen. Erfolgt keinerneutes Aufladen innerhalb des Zeitfensters, verfällt dasRestguthaben.“

„Ein Guthaben, dessen Übertragung auf das Guthabenkontomehr als 365 Tage zurückliegt, verfällt, sofern es nicht durcheine weitere Aufladung, die binnen eines Monats nach Ablaufder 365 Tage erfolgen muss, wieder nutzbar gemacht wird.“

Die Rechtsprechung hat derartige Klauseln für unwirksamangesehen, weil sie die gesetzliche Verjährungsfrist verkür-zen. Dieser Umstand führt unter zweierlei Gesichtspunktenzu einer Unwirksamkeit der Klauseln. Zum einen weichenderartige Klauseln in unzulässiger Weise vom gesetzlichenLeitbild der Regelung ab. Unwirksam sind nach § 307 Abs. 2

Nr. 1 BGB Klauseln, die mit dem wesentlichen Grundgedan-ken der gesetzlichen Regelung unvereinbar sind. Eine Aus-schlussfrist für das Geltendmachen von Ansprüchen ist nurim Verjährungsrecht vorgesehen. Eine erhebliche Verkürzungder Verjährungsfrist weicht von dem wesentlichen Grundge-danken des Verjährungsrechts ab. Zum anderen sind derarti-ge Klauseln nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil derGuthabenverfall gegen das Äquivalenzprinzip verstößt. DasÄquivalenzprinzip beschreibt das Gleichgewicht der vertrag-lichen Rechte und Leistungen. Eine Verletzung des Äquiva-lenzprinzips liegt vor, wenn die Klausel in marginalen Situa-tionen, die bei Vertragsschluss unberücksichtigt bleiben, zueiner grundlegenden Störung des Gleichgewichts führt.7 Eineerhebliche Verkürzung der Verjährungsfrist führt zu einer sol-chen grundlegenden Störung. Dem Kunden wird durch der-artige Klauseln nach relativ kurzer Zeit sein Anspruch auf dievertraglich geschuldete Leistung entzogen.

Schließlich liegt in derartigen Klauseln auch ein Verstoßgegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. In demvorgesehenen Verfall des Guthabens liegt ein versteckterMindestumsatz. Dieser Mindestumsatz wird durch die Ver-fallklauseln verschleiert. Ein monatlicher Mindestumsatz istvertraglich nicht vorgesehen. Hierdurch entsteht für denKunden der Eindruck, dass es bei dem Prepaid-Vertrag keinenMindestumsatz gibt. Tatsächlich wird der Mindestumsatzjedoch dadurch generiert, dass Guthaben, das in einerbestimmten Zeitspanne nicht abtelefoniert wurde, verfällt.Eine solche Regelung ist für den Kunden nicht hinreichendklar und verständlich.

2. Befristete Gültigkeit des Guthabens

In einer anderen Variante sahen die Klauseln früher vor, dassdas Guthaben von vorneherein befristet wird. Die Recht-sprechung hat auch die Befristung von Guthaben für unwirk-sam erklärt.8 Beispiele aus der Rechtsprechung sind folgendeKlauseln:

„Gültig bis [...]“ (aufgedruckt auf der Prepaid-Karte)

„Eine Vorauszahlung bewirkt eine befristete Gültigkeit der[Prepaid-Karte] und des vorausgezahlten Betrags.“

Der BGH hat mit Urteil vom 12.06.2001 festgestellt, dass eineGültigkeitsbefristung von Telefonkarten unwirksam ist.9 EineGültigkeitsbefristung von Telefonkarten verstößt wegen der

3 OLG München, Urt. v. 22.06.2006, Az.: 29 U 2294/06, VuR 2006, 399, 400,vorgehend LG München I, Urt. v. 26.01.2006, Az.: 12 O 16098/05, VuR2006, 104; OLG Köln, Urt. v. 01.12.2000, Az.: 6 U 63/00, CR 2001, 232;OLG Brandenburg, Urt. v. 01.12.1999, Az.: 3 U 251/98, VuR 2000, 147, 148f.; LG Düsseldorf, Urt. v. 23.08.2006, Az.: 12 O 458/05, MMR 2007, 62, 62f.; LG Bonn, Urt. v. 28.06.2002, Az.: 10 O 181/02, WRP 2003, 408, 410;Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 221.

4 Säcker/Rixecker/Kieninger, a.a.O. (s. Fn. 2), § 307 Nr. 16.5 OLG München, Urt. v. 22.06.2006, Az.: 29 U 2294/06, VuR 2006, 399, 400;

OLG Brandenburg, Urt. v. 01.12.1999, Az.: 3 U 251/98, VuR 2000, 147,149; LG Düsseldorf, Urt. v. 23.08.2006, Az.: 12 O 458/05, MMR 2007, 62,62 f.; LG Bonn, Urt. v. 28.06.2002, Az.: 10 O 181/02, WRP 2003, 408, 410;LG Köln, Urt. v. 08.03.2000, AZ.: 26 O 122/99, VuR 2000, 223; Köhler,a.a.O. (s. Fn. 3), S. 221.

6 OLG München, Urt. v. 22.06.2006, Az.: 29 U 2294/06, VuR 2006, 399, vor-gehend LG München I, Urt. v. 26.01.2006, AZ.: 12 O 16098/05, VuR 2006,104; OLG Brandenburg, Urt. v. 01.12.1999, Az.: 3 U 251/98, VuR 2000,147.

7 Säcker/Rixecker/Kieninger, a.a.O. (s. Fn. 2), § 307 Rn. 50.8 OLG Köln, Urt. v. 07.03.2003, Az.: 6 U 137/02, JR 2004, 328, vorgehend

LG Bonn, Urt. v. 28.06.2002, Az.: 10 O 181/02, WRP 2003, 408; LG Düs-seldorf, Urt. v. 23.08.2006, Az.: 12 O 458/05, MMR 2007, 62.

9 BGH, Urt. v. 12.06.2001, Az.: XI ZR 274/00, VuR 2001, 411, vorgehendOLG Köln, Urt. v. 23.08.2000, Az.: 6 U 202/99, MMR 2001, 167, vorgehendLG Köln, Urt. v. 27.10.1999, Az.: 26 O 42/99, VuR 2000, 73.

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10 OLG München, Urt. v. 22.06.2006, Az.: 29 U 2294/06, VuR 2006, 399, vor-gehend LG München I, Urt. v. 26.01.2006, Az.: 12 O 16098/05, VuR 2006,104; OLG Köln, Urt. v. 01.12.2000, Az.: 6 U 63/00, CR 2001, 232, vorge-hend LG Köln, Urt. v. 08.03.2000, Az.: 26 O 122/99, VuR 2000, 223.

11 Nr. 6.7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von BILDmobil,Stand 11/2008, abrufbar unter: http://www.bildmobil.de.

12 Nr. III 5. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der MS Mobile ServicesGmbH für „maXXim“, Stand: 12/2008, abrufbar unter: http://www.max-xim.de/download/AGB_MaXXim.pdf.

13 Nr. 4.9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen klarmobil Prepaid, abgeru-fen am 15.11.2008, abrufbar unter: http://www.klarmobil.de/pdf/AGB_Prepaid.pdf.

14 BGH, Urt. v. 12.06.2001, Az.: XI ZR 274/00, VuR 2001, 411, 415.

Verkürzung der Verjährungsfrist gegen das Leitbild der gesetz-lichen Regelung und gegen das Äquivalenzprinzip. Für dieGültigkeitsbefristung von Prepaid-Guthaben gilt nichts ande-res. Derartige Gültigkeitsbefristungen sind nach § 307 Abs. 2Nr. 1 BGB und § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

3. Verfall bei Vertragsbeendigung

Weiterhin war es in den Prepaid-Verträgen vorgesehen, dassbei einer Vertragsbeendigung der Mobilfunkanbieter dasgesamte Restguthaben einbehalten darf. Die Rechtsprechunghat auch diese Klauseln für unwirksam erklärt.10 Ein Beispielaus der Rechtsprechung ist folgende Klausel:

„Mit Beendigung des Vertrags verfällt ein etwaiges Restgutha-ben auf dem Guthabenkonto, es sei denn, [der Mobilfunkan-bieter] hat den Vertrag aus nicht vom Kunden zu vertreten-den Gründen gekündigt oder der Kunde hat den Vertrag aus[vom Mobilfunkanbieter] zu vertretenden Gründen gekün-digt.“

Auch diese Klausel verletzt das Äquivalenzprinzip und istgemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Der Kunde erhältnämlich für seine Leistung, das im Voraus bezahlte Gutha-ben, keine Gegenleistung. Die Gegenleistung, die Möglich-keit Telekommunikationsdienstleistungen in Anspruch zunehmen, verfällt vielmehr mit der Vertragsbeendigung.Damit erhält der Kunde für noch nicht verbrauchtes Gutha-ben keine Gegenleistung.

Gleichzeitig verstößt die Klausel gegen das gesetzliche Leit-bild der Kündigungsregelungen und ist gemäß § 307 Abs. 2Nr. 1 BGB unwirksam. Das gesetzliche Leitbild sieht vor, dassder Kunde bei der Kündigung eines DauerschuldverhältnissesVorausleistungen zurückerhält. Insofern steht dem Kundenein Anspruch auf Rückzahlung von nicht verbrauchtem Gut-haben aus § 812 Abs. 1 S. 2 Fall 1 BGB zu. Ein Verfall des Rest-guthabens erschwert dem Kunden die Kündigungsmöglich-keit. Ein Kunde, der kündigen möchte, kann sich darangehindert sehen, insbesondere wenn das noch nicht abtele-fonierte Guthaben eine nicht unerhebliche Höhe aufweist.

Schließlich ist eine derartige Klausel nach der Recht-sprechung nach § 308 Nr. 7 BGB unwirksam. Danach ist eineBestimmung unwirksam, die für den Fall der Kündigung, eineunangemessen hohe Vergütung für erbrachte Leistungenbzw. einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungenvorsieht. Dies ist der Fall, weil die Klausel mangels einerObergrenze des dem Verfall unterliegenden Guthabens beiauch nur kurzer Vertragslaufzeit dem Kunden unangemessenhohe Kosten auferlegt.

III. Heute verwandte Klauseln

Die gegenwärtigen Klauseln der Mobilfunkanbieter seheneinen Verfall von Guthaben bei einer nicht rechtzeitigen Auf-ladung von neuem Guthaben oder bei einer Vertragsbeendi-gung in den meisten Fällen nicht mehr vor. Gleichwohl gibtes bei einigen Mobilfunkanbietern noch Klauseln, nachdenen in bestimmten Fällen Guthaben verfallen kann. Dabeihandelt es sich um die folgenden Klauseln:

1. Verfall des Startguthabens

Einige Mobilfunkanbieter sehen in den AllgemeinenGeschäftsbedingungen vor, dass das Restguthaben verfällt,sofern es sich hierbei um das Startguthaben handelt. Bei

Abschluss eines Prepaid-Vertrags erhält der Kunde vielfachein Startguthaben. Sofern dieses Guthaben nicht abtelefo-niert worden ist, soll es bei einer Vertragsbeendigung verfal-len. Beispiele für derartige Verfallklauseln sind die folgendenKlauseln:

„Eine Erstattung erfolgt nicht, soweit das Restguthaben aufeinem bei Kauf der SIM-Karte gewährten Startguthabenberuht.“11

„Nach der Kündigung auf schriftlichen Antrag des Kundenhin wird ein eventuell vorhandenes Restguthaben bei end-gültiger Deaktivierung der Karte erstattet, es sei denn, diesesRestguthaben beruht auf einem bei Kauf gewährten Startgut-haben.“12

„Eine Auszahlung von Guthaben ist nur im Falle einer Ver-tragsbeendigung möglich. Eine Auszahlung ist nur für dievom Kunden eingezahlten Guthaben, d. h. nicht für das [...]gewährte Startguthaben [...] möglich.“13

Auch bei diesen Klauseln stellt sich die Frage, ob ein Verstoßgegen das Äquivalenzprinzip vorliegt. Das ist der Fall, wennes zu einer Störung des Gleichgewichts von Leistung undGegenleistung kommt. Die Leistung des Kunden besteht inder Bezahlung des Entgelts für das Starterpaket von derzeit ca.10,00 B. Im Starterpaket ist dann das Startguthaben von ca.5,00 B enthalten. Für das Startguthaben erbringt der Kundealso eine Leistung. Für diese Leistung erhält der Kunde beieiner Vertragsbeendigung, die jederzeit möglich ist, keineGegenleistung.

Eine Störung des Gleichgewichts von Leistung und Gegen-leistung könnte hier jedoch ausgeschlossen sein, weil es sichbei dem Startguthaben um einen verhältnismäßig geringenBetrag handelt, der verfällt. Die Rechtsprechung hat in ihrenUrteilen immer wieder betont, dass auch die Höhe des verfal-lenden Betrags eine Rolle spielt. Die früheren Verfallklauselnwurden nicht zuletzt deshalb für unwirksam erklärt, weilauch größere Beträge im dreistelligen Bereich verfallen konn-ten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, bei wel-chem Betrag die Geringfügigkeitsgrenze anzusetzen ist. DerBGH sieht den Verfall von 12 DM bereits als einen beacht-lichen Betrag an.14 Aus diesem Grunde wird man den mög-lichen Verfall von 5,00 B als beachtlich einstufen müssen.Von einem geringfügigen Betrag kann man meines Erachtensnur bei Beträgen im Centbereich, also unter 1,00 B, sprechen.

Weiterhin könnte eine Störung von Leistung und Gegenleis-tung ausgeschlossen sein, weil der Kunde bei Vertragsab-schluss das Startguthaben kennt und weiß, dass er dieses nurabtelefonieren kann. Hiergegen spricht jedoch, dass die Pre-paid-Mobilfunkverträge keine vertragliche Verpflichtung ent-halten, das Startguthaben abzutelefonieren. Einen Mindest-umsatz gibt es bei Prepaid-Mobilfunkverträgen gerade nicht.Wenn es aber keinen Mindestumsatz gibt, dann kann derKunde das nicht verbrauchte Guthaben bei einer Vertrags-

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beendigung zurückverlangen. Durch den Verfall des Startgut-habens kommt es zu einer Störung von Leistung und Gegen-leistung und damit zu einer Verletzung des Äquivalenzprin-zips. Derartige Klauseln sind nach der hier vertretenen Auf-fassung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

2. Verfall von nicht bezahltem Guthaben

Einige Mobilfunkanbieter sehen in den AllgemeinenGeschäftsbedingungen vor, dass das Restguthaben verfällt,sofern es von dem Kunden nicht bezahlt wurde. Demnachsoll nicht bezahltes Guthaben verfallen, wenn es bei einerVertragsbeendigung nicht abtelefoniert worden ist. Beispielefür derartige Verfallklauseln sind die folgenden Klauseln:

„Eine Auszahlung von Guthaben ist nur im Falle einer Ver-tragsbeendigung möglich. Eine Auszahlung ist nur für dievom Kunden eingezahlten Guthaben, d. h. nicht [...] für [...]gewährte Bonusguthaben möglich.“15

„Eine Auszahlung von Guthaben, das [der Mobilfunkanbie-ter] dem Kunden gewährt hat, ohne dass der Kunde hierfüreine Zahlung geleistet hat (z. B. im Rahmen von Werbeaktio-nen), ist ausgeschlossen.“16

„Dem Kunden unentgeltlich überlassenes Guthaben(geschenktes Guthaben) wird nicht erstattet.“17

Auch hier stellt sich die Frage, ob ein Verstoß gegen das Äqui-valenzprinzip vorliegt. Das ist der Fall, wenn es zu einer Stö-rung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistungkommt. Die Besonderheit in diesem Fall liegt darin, dass derKunde für das Guthaben keine Leistung erbracht hat. Er hatdas Guthaben nicht bezahlt, sondern aus einem anderenGrunde erhalten. Hierbei kann es sich z. B. um Werbeaktio-nen handeln, bei denen der Kunde sich selbst oder einenFreund wirbt. Auch kann es sich um Treueaktionen handeln,bei denen dem Kunden ein Treuebonus gutgeschrieben wird.In diesen Fällen hat der Kunde kein Entgelt für das Guthabenentrichtet, für das er eine Gegenleistung zu beanspruchenhätte. Mangels einer vom Kunden erbrachten Leistung schei-det eine Verletzung des Äquivalenzprinzips aus. DerartigeKlauseln sind meines Erachtens wirksam.

3. Verfall des Guthabens bei außerordentlicher Kündigung

Einige Mobilfunkanbieter sehen vor, dass das Restguthabenverfällt, sofern eine außerordentliche Kündigung des Mobil-funkanbieters vorliegt. Demnach soll das Restguthaben ver-fallen, wenn das Vertragsverhältnis aus einem vom Kundenzu vertretenden Grund außerordentlich gekündigt wurde.Ein Beispiel für eine solche Klausel ist folgende Klausel:

„Die Auszahlung von Guthaben ist nur im Falle einer Ver-tragsbeendigung möglich, es sei denn, der [Mobilfunkanbie-ter] hat das Vertragsverhältnis aus einem vom Kunden zu ver-tretenden Grund außerordentlich gekündigt. Der Kunde hatdie Möglichkeit nachzuweisen, dass durch die außerordentli-che Kündigung ein geringerer Schaden als der Betrag in Höhedes Guthabens entstanden ist.“18

Bei derartigen Klauseln handelt es sich um pauschalierteSchadensersatzansprüche. Der Mobilfunkanbieter will dasGuthaben als Schadensersatz für die außerordentliche Kündi-gung einbehalten. Es stellt sich die Frage, ob derartige Klau-seln unwirksam sind, weil überhöhte Schadenspauschalengeltend gemacht werden. Unwirksam sind nach § 309 Nr. 5lit. a BGB Pauschalen, die in den geregelten Fällen den nach

dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schadenübersteigen. Schadenspauschalen müssen auf den branchen-üblichen Durchschnittsschaden beschränkt sein.19 Insofernstellt sich die Frage nach dem branchenüblichen Durch-schnittsschaden bei Prepaid-Mobilfunkverträgen.

Auf den ersten Blick mag man denken, dass die Folgen desZahlungsverzugs als Schaden ausscheiden, da der Kunde nurvorher aufgeladenes Guthaben abtelefonieren kann. Aller-dings kann es bei Auslandsgesprächen im Wege des Roamingoder bei Verbindungen zu Premiumdiensten zu einer verzö-gerten Abrechnung der Gespräche kommen. Hierdurch kannein negativer Saldo entstehen. Insofern kann es durchaus zueinem Zahlungsverzug des Kunden kommen. Hinsichtlichdes negativen Saldos besteht allerdings nur ein vertraglicherZahlungsanspruch und kein Schadensersatzanspruch. ZumSchadensersatzanspruch zählen bspw. die Kosten der Rechts-verfolgung20 oder die Kosten für die Sperrung des Anschlus-ses nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 S. 1 BGB oder die Ver-zugszinsen nach § 288 BGB. Für solche Schäden sind derarti-ge Klauseln jedoch regelmäßig nicht relevant. Im Falle desZahlungsverzugs ist kein Guthaben mehr vorhanden, sodassauch kein Guthaben verfallen kann. In den Anwendungsbe-reich derartiger Klauseln können im Regelfall nur andereGründe als der Zahlungsverzug fallen.

Problematisch ist es, dass einige Mobilfunkanbieter in ihrenAllgemeinen Geschäftsbedingungen vorsehen, dass das Ver-tragsverhältnis gekündigt werden kann, wenn in einembestimmten Zeitraum keine neue Aufladung erfolgt und diePrepaid-Karte eine bestimmte Zeit nicht genutzt wird.21 Einesolche Kündigung stellt eine Kündigung aus einem von Kun-den zu vertretenden Grund dar. Der Kunde hat durch dieunterlassene Aufladung und Nutzung der Prepaid-Karte dieKündigung verursacht. Eine solche Kündigung stellt aucheine außerordentliche Kündigung dar. Eine Kündigungsfrist,die bei ordentlichen Kündigungen nach §§ 620 Abs. 2, 621BGB einzuhalten ist, ist in der Kündigungsklausel nämlichnicht vorgesehen. Wenn der Kunde in einem bestimmtenZeitraum keine neue Aufladung vornimmt und die Prepaid-Karte nicht nutzt, kann der Mobilfunkanbieter somit denVertrag kündigen mit der Folge, dass das Restguthaben ver-fällt.

Wenn der Mobilfunkanbieter in einem solchen Fall kündigt,ist jedoch nicht ersichtlich, dass ihm überhaupt ein Schadenentstanden ist. Die bloße Nichtnutzung der Prepaid-Kartestellt keinen Schaden dar, weil es einen vertraglich vorgese-henen Mindestumsatz nicht gibt. Es handelt sich vielmehr

VuR 9/2009 | 333

15 Nr. 4.9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen klarmobil Prepaid, abgeru-fen am 15.11.2008, abrufbar unter: http://www.klarmobil.de/pdf/AGB_Prepaid.pdf.

16 Nr. 7.4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Mobilfunkdienstleis-tungen „blau.de“, Stand: 01.12.2007, abrufbar unter: http://www.blau.de;Nr. 7.4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Mobilfunkdienstleis-tungen „simyo“ Prepaid, Stand: 28.04.2008, abrufbar unter www.simyo.de.

17 Nr. 13.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen congstar Prepaid, Stand:15.06.2008, abrufbar unter: http://www.congstar.de.

18 Nr. VII 7. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der MS Mobile ServicesGmbH für „maXXim“, Stand: 10/2008, abrufbar unter: http://www.max-xim.de/download/AGB_MaXXim.pdf; Nr. VII 7. der AllgemeinenGeschäftsbedingungen der SIMply Communication GmbH für simply-Mobilfunk (Prepaid), Stand: 8/2008, abrufbar unter: http://www.simply-tel.de/download/simplyAGB_Prepaid.pdf.

19 Säcker/Rixecker/Kieninger, a.a.O. (s. Fn. 2), § 309 Nr. 5 Rn. 10.20 Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl. 2009, § 286 Rn. 44 ff.; Säcker/Rixe-

cker/Ernst, a.a.O. (s. Fn. 2), § 286 Rn. 154 ff.21 Nr. III. 4. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der MS Mobile Services

GmbH für „maXXim“, Stand: 12/2008, abrufbar unter: http://www.max-xim.de/download/AGB_MaXXim.pdf.

Lorenz, Ver fa l l - und Auszahlungsgebührenk lause ln in Prepa id-Mobi l funkvert rägen | A U F S Ä T Z E

334 | VuR 9/2009

22 LG Hamburg, Urt. v. 10.06.2008, Az.: 312 O 196/08.23 Nr. VII 7. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der MS Mobile Services

GmbH für „maXXim“, Stand: 12/2008, abrufbar unter: http://www.max-xim.de/download/AGB_MaXXim.pdf.

24 A.A. LG Hamburg, Urt. v. 10.06.2008, Az.: 312 O 196/08.25 OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 19.07.2001, Az.: 2 U 40/00, MMR 2002,

174; Stoffels, AGB-Recht, 2. Aufl. 2009, Rn. 994; Ulmer/Brandner/Hen-sen/Schmidt, AGB-Recht, 10. Aufl. 2006, § 308 Nr. 7 Rn. 1; a.A. Wolf/Lin-dacher/Pfeiffer/Dammann, AGB-Recht, 5. Aufl. 2009, § 308 Nr. 7 Rn. 1Fn. 1.

26 Erman/Roloff, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl. 2008, § 308 Rn. 59.27 BGH, Urt. v. 18.04.2002, Az.: III ZR 199/01, VuR 2002, 298.

um eine unzulässige Schadenspauschalierung, weil es aneinem branchenüblichen Durchschnittsschaden fehlt. DieKlausel ist deshalb nach der hier vertretenen Auffassung nach§ 309 Nr. 5 lit. a BGB unwirksam, wenn sie in Verbindung miteiner Kündigungsklausel verwandt wird.

Letztlich handelt es sich hierbei auch um eine Verletzung desÄquivalenzprinzips. Wenn der Mobilfunkanbieter kündigt,weil der Kunde in einem bestimmten Zeitraum keine neueAufladung vorgenommen hat und die Prepaid-Karte nichtgenutzt hat, verfällt das Restguthaben. Dies ist zwar nichtausdrücklich in einer Klausel geregelt. Es folgt aber aus demZusammenspiel der Verfall- und der Kündigungsklausel. Einederartige Verfallklausel ist meines Erachtens auch nach § 307Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

4. Folgen der Unwirksamkeit für den Rückzahlungsanspruch

Wenn der Verfall von Guthaben unwirksam ist, stellt sich dieFrage, ob der Kunde einen Anspruch auf Rückzahlung vonnicht verbrauchtem Guthaben hat. Nach der Entscheidungdes LG Hamburg vom 10.06.2008 besteht kein Anspruch aufRückzahlung von nicht verbrauchtem Guthaben.22 DieseAnsicht vermag nicht zu überzeugen. Wenn die Verfallklauselunwirksam ist, besteht vielmehr ein bereicherungsrechtlicherAnspruch aus § 812 Abs. 1 S. 2 Fall 1 BGB wegen des nach-träglichen Wegfalls des rechtlichen Grundes. Für die Aufla-dung von Guthaben besteht zunächst ein rechtlicher Grund,nämlich der Mobilfunkvertrag. Wenn dieser beendet wird,fällt der rechtliche Grund für das vorausbezahlte Guthabennachträglich weg. Für eine Einbehaltung des Restguthabensgibt es keinen Rechtsgrund, da hinsichtlich des Restgutha-bens eine vertragliche Leistung nicht erbracht wurde.

Der Anspruch auf Rückzahlung wird allerdings durch das Ver-jährungsrecht begrenzt. Dabei hat die Schuldrechtsreform zueiner erheblichen Verkürzung der Verjährungsfrist geführt.Die Verjährungsfrist des § 195 BGB wurde von 30 auf dreiJahre verkürzt. Danach können sich die Mobilfunkanbieterhinsichtlich des Guthabens, das nicht innerhalb von dreiJahren nach der Aufladung abtelefoniert wurde, auf die Ein-rede der Verjährung berufen. Maßgeblich für den Beginn derVerjährungsfrist ist gemäß § 199 Abs. 1 BGB der Schluss desJahres, in dem die Aufladung erfolgt ist.

C. Auszahlungsgebührenklauseln

Einige Mobilfunkanbieter erheben eine Bearbeitungsgebührfür die Auszahlung des Guthabens, die in den AllgemeinenGeschäftsbedingungen vereinbart wird. Ein Beispiel für einederartige Klausel ist die folgende Klausel:

„Der Diensteanbieter erhebt für die Auszahlung des Gutha-bens eine Bearbeitungsgebühr gemäß der zum Zeitpunkt derAuszahlung gültigen Servicepreisliste. Dies gilt nicht, sofernder Kunde nachweist, dass kein Aufwand entstanden ist oderder tatsächlich entstandene Schaden wesentlich geringer alsdie Pauschale ist.“23

I. Kontrollfähigkeit von Auszahlungsgebührenklauseln

Hier stellt sich zunächst die Frage nach der Kontrollfähigkeitderartiger Klauseln. Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB unterliegennur solche Klauseln der Inhaltskontrolle, durch die eine Rege-lung getroffen wird, die von Rechtsvorschriften abweichtoder sie ergänzt. Wie bereits dargestellt wurde, hat der Kunde

einen Anspruch auf Rückzahlung des Restguthabens aus§ 812 Abs. 1 S. 2 Fall 1 BGB. Eine Klausel, die ein Entgelt fürdie Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht verlangt, weicht vonder gesetzlichen Regelung ab. Folglich sind Auszahlungsge-bührenklauseln als Preisnebenabreden kontrollfähig.24

II. Wirksamkeit von Auszahlungsgebührenklauseln

Bei derartigen Auszahlungsgebührenklauseln kommt ein Ver-stoß nach § 308 Nr. 7 lit. a BGB in Betracht. Danach ist eineBestimmung unwirksam, wenn der Verwender im Falle desRücktritts oder der Kündigung eine unangemessen hohe Ver-gütung für erbrachte Leistungen verlangen kann. Allerdingsfindet § 308 Nr. 7 lit. a BGB nicht allgemein auf die Abwick-lung von Verträgen Anwendung, sondern lediglich auf derenRückabwicklung oder vorzeitige Abwicklung.25 Die Vorschrifterfasst damit neben dem Rücktritt nur Fälle der außerordent-lichen Kündigung. Die hier vorliegende Klausel ist jedochnicht auf außerordentliche Kündigungen beschränkt. Viel-mehr gilt sie vor allen Dingen auch für ordentliche Kündi-gungen, die den Hauptanwendungsfall darstellen dürften.Aus diesem Grunde findet eine Inhaltskontrolle nach § 308Nr. 7 lit. a BGB nicht statt.

Außerhalb des Geltungsbereichs des § 308 Nr. 7 BGB erfolgtdie Inhaltskontrolle nach § 307 BGB.26 Ausgangspunkt derInhaltskontrolle, ist die Frage, welcher Betrag nach demGesetz geschuldet wäre. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist esnicht vorgesehen, dass der Arbeits- und Verwaltungsaufwandfür die Abwicklung eines Vertragsverhältnisses vergütet wird.Es gibt keine Vertragsbeendigungsgebühren. Hierbei handeltes sich vielmehr um Gemeinkosten, die jede Partei selbst zutragen hat.

Es stellt eine unangemessene Benachteiligung dar, wenn derMobilfunkanbieter seine Gemeinkosten auf den Kundenabwälzt. Der BGH hat bereits mit Urteil vom 18.04.2002 ent-schieden, dass Deaktivierungsgebühren für einen Telefonan-schluss eine unangemessene Benachteiligung darstellen.27

Hierzu hat er ausgeführt, dass es jedem der Beteiligtenobliegt, seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen, ohnedass dieser dafür ein gesondertes Entgelt verlangen kann.Klauseln, die Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflich-ten auf rechtsgeschäftlicher Grundlage auf den Kundenabwälzen, sind mit dem gesetzlichen Leitbild nicht vereinbar.Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung halte ich Aus-zahlungsgebührenklauseln für unwirksam nach § 307 Abs. 2Nr. 1 BGB. Die Geltendmachung des bereicherungsrecht-lichen Rückzahlungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 2 Fall 1BGB darf nicht durch eine Auszahlungsgebühr erschwertoder bei geringem Restguthaben zunichtegemacht werden.

Dem stehen berechtigte Interessen des Mobilfunkanbietersnicht entgegen. Soweit ihm für die Auszahlung des Gutha-bens Kosten entstehen, wie z. B. Arbeitszeit von Mitarbeiternoder Überweisungsgebühren, obliegt es dem Mobilfunkan-

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bieter diese Kosten bei der Kalkulation der Gesprächsentgeltezu berücksichtigen.

D. Fazit

Klauseln, nach denen das Prepaid-Guthaben nach einerbestimmten Zeit verfällt, sind unwirksam, wenn die Klauselnnicht im Einklang mit den Verjährungsvorschriften stehen.Hier hat sich eine wesentliche Änderung durch die Schuld-rechtsreform ergeben. Durch die Verkürzung der gesetzlichenVerjährungsfrist in § 195 BGB von 30 auf drei Jahre dürftennun Klauseln zulässig sein, wonach aufgeladenes Guthaben

nach drei Jahren nach dem Erwerb des Guthabens verfällt.Dabei ist gemäß § 199 Abs. 1 BGB auf den Schluss des Jahresabzustellen. Eine Klausel, die vorsieht, dass Guthaben mitAblauf der Verjährungsfrist verfällt, verstößt weder gegen dasLeitbild der gesetzlichen Regelung noch gegen das Äquiva-lenzprinzip.

Klauseln, nach denen bezahltes Guthaben bei der Vertrags-beendigung verfällt, sind unwirksam. Das gilt auch hinsicht-lich des Startguthabens. Soweit Verfallklauseln unwirksamsind, besteht ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aufRückzahlung des Guthabens. Dagegen sind Klauseln über denVerfall von nicht bezahltem Guthaben wirksam.

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Meyer-van Raay/Dei termann, Gefangen in der ( Internet - )Kostenfa l le? | A U F S Ä T Z E

Online-Portale mit verschleierter Kostenpflichtigkeit und zwei-felhafter Werthaltigkeit der auf ihnen angebotenen Dienst-leistungen (sog. Kosten- oder Abofallen) scheinen inzwischenzum Internet zu gehören wie Hyperlinks und Suchmaschinen.Vertragliche Ansprüche der Anbieter verneinende und Unter-lassungsansprüche der Verbraucherverbände bejahende Ge-richtsurteile haben bislang allenfalls dazu geführt, dass dasErscheinungsbild der Websites leicht angepasst oder der Be-treiber ausgetauscht wurde. Nun zeichnet sich jedoch ein deut-licher Einschnitt ab: Auf der einen Seite wird das in § 312dAbs. 3 BGB geregelte Erlöschen des Widerrufsrechts bei Fern-absatzverträgen über Dienstleistungen, mit deren Ausfüh-rung bereits begonnen wurde, neu gefasst; zum anderen – undsich unmittelbar auf die Lukrativität des Geschäftsmodellsauswirkend – hat man ein rechtliches Instrument entdeckt,mit dem man über Schadensersatzansprüche einzelner Be-troffener und auf die Zukunft gerichteter Unterlassungsan-sprüche von Verbänden hinausgehend den Betreiber einersolchen Abofalle in die Pflicht nehmen kann: den Gewinnab-schöpfungsanspruch nach § 10 UWG.

A. Erscheinungsformen und Entwicklung sog.Kostenfallen

So neu ist die Masche eigentlich nicht mehr: Dienstleistungs-angebote im Internet, die von ihrem Erscheinungsbild undorganisatorischen Ablauf so gestaltet sind, dass sich Nutzer vorInanspruchnahme der Leistungen unter Angabe ihrer persön-lichen Daten beim Anbieter anmelden müssen, ohne zuvorhinreichend deutlich auf die Entgeltlichkeit der Leistung undihren Dauerschuldcharakter hingewiesen worden zu sein. DieBandbreite angebotener Leistungen reicht dabei von Berech-nungen zur Lebenserwartung über die Ahnenforschung, denVersand von Grußkarten und SMS sowie den Bezug von DVDsbis hin zum Angebot von Software-Downloads.

Üblicherweise werden die Nutzer über Online-Anzeigen inSuchmaschinen oder Lockangebote wie z. B. Gewinnspieleoder Gratisleistungen auf die entsprechenden Websitesgelotst. Auf der Eingangsseite begegnet dem Besucher

zunächst meist ein Eingabeformular, in das er seine persön-lichen Daten einzutragen hat. Räumlich unterhalb dieserauszufüllenden Eingabefelder befindet sich ein Hinweis, dassder Nutzer die AGB des Anbieters zu akzeptieren habe, bevorer sich anmelden und die Leistungen nutzen könne. Teil derAGB ist dann gewöhnlich eine Klausel, wonach das Angebotkostenpflichtig ist und der Nutzer ein Dauerschuldverhältnis(„Abo“) mit dem Anbieter eingeht.

Hinweise auf die Kostenpflichtigkeit der Inanspruchnahmeder Dienste finden sich auf der Eingangsseite regelmäßig nuram unteren Ende der Website in einem kleingedrucktenFließtext, der erst nach entsprechendem Scrollen sichtbarwird. Teilweise wird im oberen Seitenbereich mittels einessog. Sternchenhinweises auf diesen Fließtext verwiesen. Nacheinigen mehr oder weniger interessanten und relevantenInformationen (z. B. zur Speicherung der IP-Adresse), durchdie die Aufmerksamkeit des Nutzers bewusst herabgesetztwird, ist im Fließtext die Vertragslaufzeit von einem oderzwei Jahr(en) angegeben, das dort vorgesehene – und mitun-ter in Fettdruck angezeigte – Entgelt summiert sich dadurchnicht selten auf einen dreistelligen Betrag.

Offensichtlich als Reaktion auf einige in der Vergangenheitergangene Urteile gehen einige Anbieter von Kostenfalleninzwischen dazu über, den Hinweis auf die Entgeltlichkeit aufden jeweiligen Eingangsseiten räumlich heraufzusetzen undbereits über oder neben den vom Nutzer auszufüllenden Ein-gabefeldern zu platzieren.

Opfer derartiger Kostenfallen sehen sich nach Registrierungeinem Zahlungsbegehren des Anbieters ausgesetzt, dem eineVielzahl der Nutzer aus unterschiedlichsten Gründen nach-kommt. Trotz der gestiegenen öffentlichen Aufmerksamkeit1

scheint es sich für die Anbieter nach wie vor um ein sehr

Gefangen in der (Internet-)Kostenfalle?Von Rechtsanwalt Dr. Oliver Meyer-van Raay und Ass. jur. Jörg Deitermann*, Karlsruhe

* Dr. Oliver Meyer-van Raay ist Rechtsanwalt, Jörg Deitermann Rechtsasses-sor und freier Mitarbeiter in der Kanzlei Bartsch und Partner, Karlsruhe; dieAutoren danken Frau Apolline Schmitt für ihre tatkräftige Mithilfe bei derVerfassung dieses Beitrages.

1 Vgl. z.B. Bleich, Angelockt und abkassiert – Der Nepp mit Abofallen imWeb floriert, c´t – Magazin für Computertechnik 2009, Heft 11, S. 90 ff.;Bild-Zeitung, v. 04.08.2009: „So wehren Sie sich gegen Internetabzocke!Die schlimmsten Fallen im Netz”.

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lukratives Geschäft zu handeln. Die Verbraucherzentralenschätzen, dass 20.000 Nutzer monatlich in solche Abofallengeraten2 und sich danach Rechnungen, Mahnungen undSchreiben von Inkassobüros und/oder Rechtsanwälten – ver-bunden z. B. mit der Androhung eines negativen SCHUFA-Eintrags oder sogar des persönlichen Besuchs durch ein „Mit-arbeiter-Team“ in den Abendstunden – ausgesetzt sehen. Lauteiner Dokumentation eines deutschen Privatsenders sollenbei der für etliche Anbieter solcher Kostenfallen tätigenRechtsanwältin, die es im Internet inzwischen zu einigerBerühmtheit gebracht hat, banktäglich (!) Zahlungen inHöhe von 15.000,- EUR bis 20.000,- EUR eingehen.3

B. Bestehen eines Vertragsverhältnisses

Die – soweit ersichtlich – erste gerichtliche Entscheidung, diesich mit der Frage eines wirksamen Vertragsschlusses zwi-schen dem Anbieter einer Kostenfalle und dem Nutzer aus-einander setzte, stammt bereits von Anfang 2007, wurdedurch das AG München4 getroffen und stieß seinerzeit imInternet auf große Resonanz: Werde dem Besucher einerWebsite zunächst bewusst vorenthalten, dass es sich bei einerLebenserwartungs-Berechnung um eine kostenpflichtigeLeistung handele, werde der Nutzer vielmehr mit einemGewinnspiel und einem Gutschein angelockt, ohne auf Kos-ten hingewiesen zu werden, müsse er bei Anklicken undBestätigen der AGB nicht damit rechnen, dass gerade hiersich versteckt die Zahlungspflicht befinde. Die die Zahlungs-pflicht betreffende Klausel in den AGB sei daher überra-schend und werde nicht Bestandteil des Vertrages.

Zwar haben sich im Anschluss an – und vermutlich auch alsReaktion auf – dieses Urteil die Gestaltungen vieler Websiteshinsichtlich der Hinweise auf die Entgeltlichkeit verändert(Aufnahme von Sternchenhinweisen, Fettdruck des Preisesetc.), entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse der imAnschluss ergangenen Urteile hat dies jedoch nicht gehabt.Die folgenden Gerichtsentscheidungen beschäftigten sich vorallem mit der Frage, ob Angaben zur Kostenpflichtigkeit unterVerwendung von Sternchenhinweisen den Anforderungen derPreisangabenverordnung entsprechen und deshalb eine Täu-schung oder Irreführung der Verbraucher über die Entgeltlich-keit des Angebots nicht mehr angenommen werden könne.

I. Anforderungen nach der Preisangabenverordnung (PAngV)

Nach den in § 1 Abs. 6 PAngV geregelten Grundsätzen vonPreisklarheit und Preiswahrheit müssen Preisangaben der all-gemeinen Verkehrsauffassung entsprechen und dem Angebotoder der Werbung eindeutig zugeordnet sowie leicht erkenn-bar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sein.Dies setzt voraus, dass sich der Preis und seine Bestandteileentweder in unmittelbarer räumlicher Nähe zu dem Angebotoder der Werbung befinden oder der Nutzer jedenfalls inunmittelbarer räumlicher Nähe unzweideutig zu dem Preishingeführt wird.5 Bei einem Online-Angebot von Waren undLeistungen des täglichen Bedarfs ist hierbei als Maßstab ent-scheidend auf den durchschnittlichen Nutzer des Internetsabzustellen.6 Zur Feststellung der nach § 1 Abs. 6 PAngVmaßgeblichen allgemeinen Verkehrsauffassung ist zu fragen,ob dieser sich die gewünschten Informationen ohne nen-nenswerten Aufwand beschaffen kann, was voraussetzt, dasssich die Preisangaben an einem Ort befinden, an dem mandiese auch vermutet, und darüber hinaus überhaupt einAnlass für eine solche Suche besteht.7

1. Sternchenhinweis

Zur Erfüllung der Anforderungen des § 1 Abs. 6 PAngV ist imInternet die Verwendung von unmissverständlichen Stern-chenhinweisen oder einer übersichtlichen Link-Struktur,durch die sich der Nutzer „hindurch klickt“,8 zwar nicht vonvornherein ausgeschlossen.9 Ob insbesondere ein Sternchen-hinweis aber im jeweiligen Einzelfall ausreichend ist, um denNutzer hinreichend deutlich auf die Entgeltlichkeit des Ange-bots hinzuweisen, hängt in erster Linie davon ab, wie und woein solches Sternchen vom Anbieter platziert wird und wieder verbundene Hinweistext inhaltlich und optisch gestaltetist.

Hinsichtlich der Platzierung ist in der Rechtsprechung insbe-sondere anerkannt, dass jedenfalls ein Sternchen in unmittel-barem Zusammenhang mit der an den Nutzer gerichtetenAufforderung, seine Daten vollständig einzugeben, diesennicht vermuten lässt, dass sich in dem verbundenen Textirgendwelche Hinweise zu einer – für ihn unerwarteten – Ent-geltlichkeit des Angebots befinden; vielmehr und zu Rechterwartet der Nutzer hier allenfalls Angaben zur Ausfüllungdes Formulars oder zum Umgang mit seinen Daten.10 Sindaber solche Informationen für ihn von vornherein nicht vonInteresse, hat er auch keinen Anlass, den Hinweistext zusuchen und zu lesen.11 Folglich muss bereits die Angabeselbst, der das Sternchen zugeordnet ist, einen deutlichenHinweis auf die Entgeltlichkeit enthalten; die nähere Ausge-staltung kann dann dem Hinweistext vorbehalten bleiben.12

Was die Ausgestaltung des Sternchen-Textes angeht, reichtein Hinweis auf die Entgeltlichkeit erst im letzten Satz einesaus mehreren Sätzen bestehenden kleingedruckten Fließtex-tes ohne Bildung eines weiteren Absatzes selbst dann nichtaus, wenn der Preis im Fettdruck dargestellt wird.13 Allein einsolcher Fettdruck ist also nicht geeignet, für die notwendigePreisklarheit zu sorgen, wenn die Informationen über dasanfallende Entgelt im Fließtext nicht von den sonstigenInformationen räumlich getrennt werden. Ein solcher Hin-weis wird vielmehr von einem nicht unerheblichen Teil derVerbraucher schlicht übersehen. Ein redlicher Verbraucherwird schon aufgrund des Inhalts der ersten Sätze (z. B. Spei-cherung der IP-Adresse zur Verhinderung von Missbrauchetc.) häufig den Eindruck gewinnen, dass der Sternchen-Textfür ihn keine relevanten Informationen beinhaltet. Durcheine solche Einbettung der Preisangabe in für den redlichenVerbraucher irrelevante Informationen ist der Sternchen-Textinsbesondere geeignet, „die Lesebereitschaft des Internet-

2 Siehe hierzu: http://www.heise.de/newsticker/Ermittlungen-gegen-Inter-net-Abzocker—/meldung/141096.

3 Bericht akte 09 / Sat 1 v. 12.05.2009.4 AG München VuR 2008, 398 m. Anm. Ernst.5 LG Hanau MMR 2008, 488.6 BGH GRUR 2008, 84, 86 – Versandkosten; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-

Köhler, UWG, 27. Aufl. 2009, § 1 PAngV Rn. 13.7 Wekwerth, MMR 2008, 378, 380.8 Nach BGH GRUR 2008, 84, 86 – Versandkosten ist der durchschnittliche

Internetnutzer mit den Besonderheiten des Internets vertraut; er wisse,dass Informationen zu angebotenen Waren auf mehrere Seiten verteilt seinkönnten, die untereinander durch Links verbunden sind; vgl. auch OLGHamburg GRUR-RR 2009, 268, 269 – Sternchen oder Link.

9 Vgl. auch LG Hanau MMR 2008, 488.10 LG Hanau MMR 2008, 488.11 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen (nicht rechtskräftig).12 So auch Ellbogen/Saerbeck, CR 2009, 131, 133; Blasek, GRUR-RR 2009, 241,

242.13 So überzeugend LG Hanau MMR 2008, 488; a.A. LG Frankfurt K&R 2009,

348, 350: Auch beim bloßen Überfliegen könne der Preis problemlos zurKenntnis genommen werden; Härting, K&R 2009, 351 hält dies zu Rechtfür „lebensfremd“.

Nutzers erlahmen zu lassen“14, bevor er sich den relevantenInformationen überhaupt nähert.

2. Erwartungshorizont des Nutzers

Mit überzeugender Begründung hat das OLG Frankfurt dar-gelegt, dass es gerade angesichts des dem durchschnittlichenInternetnutzer bekannten Vorhandenseins entsprechenderkostenloser Angebote im Internet eines deutlichen Hinweisesauf die Entgeltlichkeit bedarf. Dabei sei insbesondere zuberücksichtigen, dass die situationsadäquate Aufmerksamkeiteines Durchschnittsverbrauchers, der lediglich im Internetsurfe und so auf die fraglichen Websites gelange, eher geringsei. Zahlreiche Informationen würden vom Nutzer nur frag-mentarisch wahrgenommen. Solange es dem Verbrauchernicht um eine konkrete Kaufentscheidung gehe – so das OLGFrankfurt weiter –, solange er insbesondere nicht bemerke,dass die Wahrnehmung von Informationsangeboten zurBegründung einer Kostenpflicht führen könne, werde er imRegelfall keinen Anlass sehen, sich um eine gründliche undvollständige Wahrnehmung der auf dem Bildschirm erkenn-baren Informationen zu bemühen.15

Dies gilt selbst dann, wenn der Nutzer sich unter Eingabe sei-ner Daten registrieren muss. Dieser Umstand mag zwar geeig-net sein, beim Nutzer ein „gewisses Misstrauen“16 zuwecken;17 von einer Kostenpflichtigkeit muss der Nutzerjedoch nicht zwingend ausgehen, wenn es insoweit an einemklaren Hinweis fehlt oder auch noch andere Gründe für dieEingabe der Daten denkbar und plausibel sind (z. B. eineGewinnspielteilnahme).18

Dies hat auch nichts mit einem – natürlich – nicht bestehen-den allgemeinen Vertrauensschutz dahingehend zu tun, dassman bei Dienstleistungen generell die Kostenpflichtigkeit aufden ersten Blick erkennen können muss oder dass gar jeglicheInformation im Internet kostenlos zur Verfügung gestelltwird.19 Bei Abgabe seines Angebots durch Drücken desAnmelde-Buttons muss jedoch der situationsadäquat auf-merksame Nutzer hinreichend deutlich auf die Entgeltlichkeithingewiesen worden sein, damit er diese in seine Willenser-klärung überhaupt aufnimmt. Selbst aus Sicht eines grund-sätzlich mit einer Kostenpflicht rechnenden Verbrauchersliegt es überdies fern, bereits mit Betätigung des Anmelde-But-tons eine mehrmonatige Vertragsbindung einzugehen, ohnedass er sich zu diesem Zeitpunkt über die Werthaltigkeit derangebotenen Leistung überhaupt ein Bild machen konnte.20

In Anwendung dieser Grundsätze gelangt man auch bei derneuerdings festzustellenden Gestaltung entsprechenderAngebote, die einen Hinweis auf die Entgeltlichkeit nichtmehr eingebunden in einen Fließtext am Ende der Seite, son-dern kleingedruckt bereits neben der Eingabemaske enthal-ten, zu einem sachgerechten Ergebnis: Auch eine solcheGestaltung dürfte im Regelfall nicht dem Gebot der Preisklar-heit entsprechen, wenn der Nutzer nicht mit einer Kosten-pflichtigkeit zu rechnen braucht, z. B. weil er sich Program-me aus dem Internet laden möchte, die dort üblicherweisekostenlos angeboten werden, insbesondere weil sie untereiner Open Source Software-Lizenz wie der GNU GeneralPublic Licence (GPL) stehen oder Freeware sind.

II. AGB

Erfüllt die Gestaltung einer Website nicht die dargestelltenAnforderungen an die aus der Preisabgabenverordnung resul-

tierenden Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahrheit –unter Berücksichtigung der situationsadäquaten Aufmerk-samkeit eines Nutzers, der mit dem Angebot einer entgelt-lichen Leistung nicht rechnet – führt dies im Ergebnis dazu,dass entsprechende Vergütungsklauseln in den AllgemeinenGeschäftsbedingungen der Anbieter im Regelfall als überra-schende Klauseln im Sinne des § 305c BGB nicht Vertragsbe-standteil werden und damit ein Vertrag aufgrund des Fehlenseiner Einigung über einen wesentlichen Bestandteil insge-samt nicht zustande kommt.21

Ein Verbraucher muss nicht damit rechnen, dass sich in denAGB Angaben zu einer Entgeltlichkeit der Leistung unddamit zu einer vertraglichen Hauptleistungspflicht befinden,wenn die Anmeldeseite selbst keinen ausreichenden Hinweisauf dort befindliche Preisinformationen enthält.22 Dies musserst Recht gelten, wenn auf der Eingangsseite durch Verwen-dung von Begriffen wie „free“, „gratis“ und „umsonst“ gezieltder Eindruck einer unentgeltlichen Leistung erweckt wird.23

III. Widerrufsrecht

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen dürfte esin den meisten Fällen bereits an dem Zustandekommen einesentgeltlichen Vertrages fehlen. Unabhängig davon hat der Ver-braucher jedoch die Möglichkeit, eventuelle vertragliche Bin-dungen mittels des ihm im Rahmen von Fernabsatzgeschäftenzustehenden Widerrufsrechts aufzuheben. Durch das am26.03.2009 vom Deutschen Bundestag beschlossene und am04.08.2009 in Kraft getretene „Gesetz zur Bekämpfung unerlaub-ter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzesbei besonderen Vertriebsformen“24 hat das Widerrufsrecht einigeÄnderungen erfahren, mit denen der Gesetzgeber ausdrücklichdas Anliegen verfolgte, den Schutz der Verbraucher vor Kos-tenfallen im Internet zu verbessern.25

1. Dienstleistungen

Bei Kostenfallen im Internet handelt es sich klassischerweiseum zwischen Unternehmern und Verbrauchern geschlosseneFernabsatzverträge i. S. d. § 312b BGB, sodass dem Verbrau-cher gemäß § 312d Abs. 1 i. V. m. § 355 BGB grundsätzlichein Widerrufsrecht zusteht. Unter den vielfältigen Erschei-nungsformen der Kostenfallen kommt den Dienstleistungs-angeboten, vorzugsweise in Gestalt von Abonnements,besondere Bedeutung zu. Wenngleich sich die rechtlicheQualifizierung des Downloads von Standardsoftware als

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Meyer-van Raay/Dei termann, Gefangen in der ( Internet - )Kostenfa l le? | A U F S Ä T Z E

14 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen.15 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen; zustimmend Blasek, GRUR-

RR 2009, 241, 242.16 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen.17 Das LG Frankfurt K&R 2009, 348, 350 zieht hier einen zweifelhaften Ver-

gleich mit dem Ausfüllen eines Papierformulars, bei dem man grundsätz-lich auch mit erhöhter Aufmerksamkeit den Inhalt des Schriftstücks prüfebzw. zur Kenntnis nehme. Gegen einen solchen Vergleich spricht aberschon der Umstand, dass man ein Online-Formular wesentlich schnellerausfüllt und nicht unterschreibt.

18 Blasek, GRUR-RR 2009, 241, 242.19 Vgl. LG Frankfurt K&R 2009, 348, 349 f.20 Überzeugend OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen.21 Vgl. z.B. AG München VuR 2008, 398 m. Anm. Ernst.22 LG Hanau MMR 2008, 488.23 Vgl. AG Hamm VuR 2009, 37.24 BT-Drucksache 16/10734.25 Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 16/10734.26 Eine spezielle Betrachtung der sehr beliebten Download-Portale und der

Frage der fernabsatzrechtlichen Qualifizierung des Downloads von Stan-dardsoftware kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Stellvertretend sei inso-fern auf die Darstellung von Bunz, ZGS 2009, 111 ff. verwiesen.

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27 Vgl. MüKo-Wendehorst, BGB, Band 2, 5. Aufl. 2007, § 312b Rn. 36.28 MüKo-Wendehorst, a.a.O. (s. Fn. 27), § 312d Rn. 55 f.29 MüKo-Wendehorst, a.a.O. (s. Fn. 27), § 312d Rn. 55 f.30 LG Kiel, Urt. v. 25.03.2009, Az.: 5 O 206/08; a.A. OLG Brandenburg K&R

2009, 408, 409.31 Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 16/10734, S. 7.32 Staudinger-Thüsing, BGB, Band §§ 311, 311a, 312, 312a-f, Stand 2005,

§ 312d Rn. 37.33 Erman-Saenger, BGB, 12. Aufl. 2008, § 312d Rn. 17; MüKo-Wendehorst,

a.a.O. (s. Fn. 27), § 312d Rn. 57.34 LG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08.35 Staudinger-Thüsing, a.a.O. (s. Fn. 32), § 312d Rn. 40.36 Erman-Saenger, a.a.O. (s. Fn. 33), § 312d Rn. 18; Staudinger-Thüsing, a.a.O.

(s. Fn. 32), § 312d Rn. 39; BT-Drucksache 14/6040, S. 169.37 Erman-Saenger, a.a.O. (s. Fn. 33), § 312d Rn. 18.38 BGH NJW 2006, 1971, 1975.39 LG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08.

schwierig erweist,26 besteht wohl jedenfalls insofern Einig-keit, als Genealogie-Recherchen, Horoskope o. ä. als „Dienst-leistungen“ i. S. d. § 312d Abs. 3 BGB einzuordnen sind, dadie Leistung des Unternehmers in diesen Fällen in der Zusam-men- und dauerhaften Bereitstellung der Daten im Rahmeneiner Datenbank besteht.27

2. Erlöschen des Widerrufsrechts nach bisheriger Rechtslage

Kernstück der gesetzlichen Neuregelung des Widerrufsrechtsbei Fernabsatzverträgen ist die Neufassung des § 312d Abs. 3BGB. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers erfuhr im Rahmenvon Dienstleistungen durch diese Regelung bislang einenicht unerhebliche Einschränkung. Da eine gegenständlicheRückgewähr von Dienstleistungen nicht möglich ist, sah sichder Gesetzgeber seinerzeit veranlasst, den Unternehmer voreiner unzumutbaren Beeinträchtigung durch ein uneinge-schränktes Widerrufsrecht des Verbrauchers zu schützen.Während im Rahmen von Finanzdienstleistungen das Wider-rufsrecht erst dann erlosch, wenn der Vertrag von beiden Sei-ten „vollständig“ und auf „ausdrücklichen Wunsch“ des Ver-brauchers vor Ausübung seines Widerrufsrechts erfüllt wurde(§ 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB), brachte im Rahmen von sonstigenDienstleistungen schon der Beginn ihrer Ausführung auf„Veranlassung“ oder mit „ausdrücklicher Zustimmung“ des Ver-brauchers vor Ende der Widerrufsfrist das Widerrufsrechtzum Erlöschen (§ 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB).

Die bisherige Regelung des § 312d Abs. 3 BGB sah sich imWesentlichen in zweierlei Hinsicht Kritik ausgesetzt: Zumeinen war die Einschränkung des Widerrufsrechts schon fürsich genommen rechtspolitisch umstritten,28 besonders imHinblick auf Dauerschuldverhältnisse. Obwohl der Verbrau-cher gerade mit Blick auf letztere besonders schutzwürdigerschien, ging sein Widerrufsrecht schon mit Beginn der Aus-führung der ersten Dienstleistung verloren. Vor dem Hinter-grund des Schutzzweckes des Fernabsatzgesetzes schien dieseine sehr fragwürdige Konsequenz, sodass ein Teil der Litera-tur29 und Rechtsprechung30 sich dafür aussprach, die Rege-lung des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB im Falle von teilbarenDienstleistungen teleologisch zu reduzieren. Die Verbesse-rung des Verbraucherschutzes im Bereich von Dauerschuld-verhältnissen war insofern dann auch ausdrückliches Ziel dergesetzlichen Neuregelung.31

Um den Reformbedarf im Einzelnen nachvollziehen zu kön-nen, lohnt sich ein Blick auf die einzelnen Probleme, die dieAnwendung des § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB der Praxis bereitete.Nach seinem Wortlaut schien die Aussage klar: Hat der Unter-nehmer mit „ausdrücklicher Zustimmung“ oder auf „Veranlas-sung“ des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist mit der„Ausführung der Dienstleistung begonnen“, erlischt das Wider-rufsrecht. Indes begegnete schon die Beantwortung der Frage,wann denn mit der Ausführung einer Dienstleistung begon-nen wurde, nicht unerheblichen Schwierigkeiten. DieAbgrenzung zwischen bloßen vorbereitenden Handlungenund der eigentlichen Leistungserbringung war gerade imBereich der im Internet abgeschlossenen und zu erfüllendenVerträge schwer durchzuführen.32

Maßgebliches Kriterium muss in diesem Zusammenhangsein, ob der Verbraucher durch die Handlung des Unterneh-mers bereits einen mit dem Vertragsschluss erstrebtenunmittelbaren Vorteil erlangt.33 Für den Bereich der hier inRede stehenden Rechtsgeschäfte hat jüngst das LG Mann-heim34 eine überzeugende Abgrenzung vorgenommen. Dem-

zufolge könne in dem Freischalten einer Datenbibliothek fürsich genommen noch kein Beginn mit der Ausführung derDienstleistung i. S. d. § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB gesehen wer-den, da die Freischaltung eben noch keine Leistung darstelle.Nach Auffassung des Gerichts werde dies insbesondere vordem Hintergrund des Zwecks der Vorschrift deutlich, denUnternehmer davor zu schützen, dass sich der Verbraucherden wirtschaftlichen Wert einer Sache vor Ausübung seinesWiderrufsrechts unwiederbringlich zuführt. Mit der Schaf-fung einer reinen Zugangsmöglichkeit habe der Verbrauchereben noch keinen wirtschaftlichen Wert erlangt.

Weitere Probleme bereitete bislang die Auslegung des Begriffsder „ausdrücklichen Zustimmung“. Eine solche kann jedenfallsnur dann angenommen werden, wenn das Einverständnisdes Verbrauchers in bewusster und eindeutiger Weise abgege-ben wird.35 Einigkeit besteht insofern, als jedenfalls eine kon-kludente Zustimmung nicht ausreichend ist.36 Der Einwanddes Unternehmers, eine entsprechende ausdrücklicheZustimmung des Verbrauchers sei jedenfalls mit Abschlussdes Vertrages zustande gekommen, ist damit ebenso unbe-achtlich wie der Verweis auf eine entsprechend vorformulier-te Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, derenUnwirksamkeit sich aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergibt.37

Von größerer praktischer Bedeutung war bislang das Erlö-schen des Widerrufsrechts durch Beginn mit der Ausführungder Dienstleistung auf „Veranlassung“ des Verbrauchers. DieAbgrenzung zwischen einer „Veranlassung“ und einer nichtausreichenden konkludenten Zustimmung bereitete großeSchwierigkeiten. Entscheidend ist, dass der Leistungsvorgangdurch eine eigene Handlung des Verbrauchers bewusst ausge-löst wird.38 Dies ist unzweifelhaft dann der Fall, wenn bereitsLeistungen in Anspruch genommen werden, z. B. mittelseines Abrufs von Informationen aus einer Datenbank. Nichtzuletzt wird man ein „Veranlassen“ aber auch schon zum Zeit-punkt des ersten Einloggens mit den im Anschluss an dieAnmeldung erlangten Zugangsdaten bejahen können,39 dadem Verbraucher damit der unmittelbare Zugriff auf die sei-tens des Unternehmers bereitgestellten Daten ermöglichtwird.

3. Neuregelung des § 312d Abs. 3 BGB

Durch die gesetzliche Neufassung entfällt die bisherige Rege-lung zu den „sonstigen Dienstleistungen“ ersatzlos; durch diegleichzeitige Ersetzung des Begriffs der „Finanzdienstleistun-gen“ durch den der „Dienstleistungen“ wird die vormalige Aus-nahme für Finanzdienstleistungen zur neuen Regel. ErklärtesAnliegen des Gesetzgebers war es, durch die Neufassung des§ 312d Abs. 3 BGB die gerade im Rahmen von Kostenfallensehr beliebten Dauerschuldverhältnisse zu erfassen.

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Gemäß § 312d Abs. 3 BGB n. F. muss nun also eine vollständi-ge Erfüllung der Dienstleistung – auf den Zeitpunkt desBeginns der Ausführung kommt es also nicht mehr an – auf„ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers“ erfolgt sein. Was hier-bei unter einem ausdrücklichen Wunsch zu verstehen ist, warschon zur alten Rechtslage umstritten. Während eine Auffas-sung die Formulierung des bisherigen § 312d Abs. 3 Nr. 1 BGBals Oberbegriff zu den in § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB enthaltenenBegriffen „veranlassen“ und „ausdrückliche Zustimmung“ ein-ordnete,40 stellte sich die Gegenansicht auf den Standpunkt,ein „ausdrücklicher Wunsch“ sei eben mehr als ein „veranlas-sen“ oder „ausdrückliche Zustimmung“, da letztere begriffsnot-wendig in Reaktion auf eine Handlung des Unternehmerserfolge.41 Ungeachtet begrifflicher Differenzierungen geltenhier jedenfalls erst recht die bzgl. der „ausdrücklichen Zustim-mung“ dargestellten Grundsätze, d. h. auch hier scheiternsowohl entsprechende Klauseln in den AGB, als auch separatvorformulierte Einverständniserklärungen an § 307 BGB.42

4. Bewertung der Neufassung

Obwohl die gesetzlichen Neuerungen grundsätzlich zu begrü-ßen sind, bestehen gleichwohl erhebliche Zweifel, ob sie demZiel, den Schutz des Verbrauchers vor Kostenfallen zu verbes-sern, effektiv näherkommen. In den Fällen, in denen eineBelehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht nichtoder nur fehlerhaft erfolgt, führt die gesetzliche Neuregelungohne Zweifel zu einer Stärkung der Position des Verbrauchers.Ursache der massenhaften Verbreitung dieser unseriösen„Geschäftsmodelle“ und ihres Erfolges ist allerdings geradenicht in erster Linie eine etwaige Unzulänglichkeit des gel-tenden Widerrufsrechts. So hat der VerbraucherzentraleBundesverband (vzbv) in seiner Stellungnahme vom22.01.2009 zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Kos-tenfallenbetreiber den Umstand zunutze machen, dass sichder Verbraucher in der Mehrzahl der Fälle gar nicht im Klarendarüber sei, dass er durch eine Anmeldung auf den einschlä-gigen Internetseiten einen entgeltlichen Vertrag abgeschlos-sen habe. Aus diesem Grunde hat der Verbraucher zunächstkeine Veranlassung, sich überhaupt Gedanken über die Aus-übung eines etwaigen Widerrufsrechts zu machen. Wird demVerbraucher dann die Entgeltlichkeit nach einiger Zeit durchZusendung einer Rechnung bewusst, ist es für einen Widerrufmeist schon zu spät.

Ein effektiver Schutz des Verbrauchers sollte daher eher imRahmen des Zustandekommens des Vertrages ansetzen.Daran anknüpfend hat der Bundesrat in seiner Stellungnah-me vom 19.09.200843 eine Ergänzung des § 312e BGB umeine Regelung vorgeschlagen, nach der eine Vertragserklä-rung des Verbrauchers schwebend unwirksam ist, soweit ernicht vor Abgabe derselben auf die Entgeltlichkeit des Ange-botes hingewiesen worden ist und dies im Anschluss durchgesonderte Erklärung bestätigt hat. Dieser Vorschlag wurdejedoch seitens der Bundesregierung mit Verweis auf den euro-parechtlichen Bezug einer solchen Lösung und der damiteinhergehenden Verzögerung des Gesetzgebungsverfahrensnicht berücksichtigt.44 Als effektives Mittel zur Eindämmungdes Phänomens der Internet-Kostenfallen könnte sich jedochauch die konsequente Ausschöpfung des bereits bestehendengesetzlichen Instrumentariums herausstellen, nämlich dieAbschöpfung des „erwirtschafteten“ Gewinns bei den Betrei-bern.

C. Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG

Bislang haben sich die Anbieter von Abofallen von gegen siegerichteten Gerichtsurteilen nicht abschrecken lassen und alsReaktion auf solche Entscheidungen allenfalls die Gestaltungihrer Website leicht angepasst und den Geschäftsführer bzw.„Direktor“ ausgetauscht. Das OLG Frankfurt45 hat nun in sei-ner Entscheidung jedoch eine Möglichkeit aufgezeigt, Kosten-fallen wirksamer als bislang zu bekämpfen: Das Gericht hatdem klagenden Verbraucherverband einen Anspruch aus§ 10 UWG auf Gewinnabschöpfung zugunsten der Staatskassegegen den Betreiber der beklagten Kostenfalle zugesprochenund damit der 2004 neu in das UWG eingefügten Sanktion derGewinnabschöpfung gleichzeitig neues Leben eingehaucht.

Wer danach vorsätzlich eine nach § 3 oder § 7 UWG unzuläs-sige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch zulas-ten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt,kann von den gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2-4 UWG zur Geltendma-chung eines Unterlassungsanspruches Berechtigten auf Her-ausgabe dieses Gewinns, und zwar an den Bundeshaushalt, inAnspruch genommen werden. Diese Voraussetzungen hat dasOLG Frankfurt in der von ihm entschiedenen Konstellationeiner Internet-Kostenfalle als erfüllt angesehen.46

I. Gewinn zulasten einer Vielzahl von Abnehmern

Durch den Verstoß gegen die PAngV und das Verbot irrefüh-render Werbung47 erzielt der Anbieter einer Kostenfalle einenGewinn zulasten einer Vielzahl von Abnehmern. Betroffensind diejenigen Nutzer, die sich auf dem Portal registrierthaben, ohne die Entgeltlichkeit der fraglichen Dienstleistungzu erkennen, und die sodann an den Anbieter Zahlung geleis-tet haben. Bezüglich dieser Kunden ist das Kausalitätserfor-dernis zwischen Wettbewerbsverstoß und erzieltem Gewinnerfüllt. Der Umstand „kommentarloser“ Zahlung indiziertdabei richtigerweise nicht, dass der Nutzer sich bei seinerAnmeldung über die Kostenpflichtigkeit im Klaren gewesenist.48 Denn insbesondere die teils massiven Drohungen undEinschüchterungsversuche durch die Betreiber werden vieleBetroffene zur Zahlung bewegen.

Seinen Gewinn erzielt der Betreiber einer Kostenfalle auchzulasten der getäuschten und zahlenden Nutzer. Zur Erfüllungdes Merkmals „zulasten“ ist eine wirtschaftliche Schlechter-stellung der Abnehmer notwendig, die entweder schon imAbschluss des entsprechenden Vertrages gesehen wird,49 oderaber einen Vermögensnachteil voraussetzen soll, an dem esdann fehle, wenn die Leistung ihren Preis wert und für denAbnehmer voll brauchbar sei.50 Von einem Teil der Literaturwird zusätzlich verlangt, dass den Abnehmern aufgrund desGeschäfts, das für den Verletzer einen Gewinn abwirft, an sichzivilrechtliche Rechte und Ansprüche zur Sicherung ihrer Ver-mögensinteressen gegen den Verletzer zustehen, weil durch§ 10 UWG gerade der Gewinn abgeschöpft werden solle, der

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40 Staudinger-Thüsing, a.a.O. (s. Fn. 32), § 312d Rn. 34.41 MüKo-Wendehorst, a.a.O. (s. Fn. 27), § 312d Rn. 52.42 Staudinger-Thüsing, a.a.O. (s. Fn. 32), § 312d Rn. 35.43 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucksache 16/10734, S. 18.44 Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucksache 16/10734, S. 23.45 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen (nicht rechtskräftig).46 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen; zustimmend Seichter, jurisPR-

WettbR 6/2009 Anm. 5 und Wenn, jurisPR-ITR 5/2009 Anm. 4 (zu einerParallelentscheidung zum zitierten Urteil des OLG Frankfurt).

47 Vgl. dazu Blasek, GRUR-RR 2009, 241, 242 f. 48 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen.49 OLG Stuttgart GRUR 2007, 435, 437 – Veralteter Matratzentest.50 Piper/Ohly-Piper, UWG, 4. Aufl. 2006, § 10 Rn. 8 f.

Meyer-van Raay/Dei termann, Gefangen in der ( Internet - )Kostenfa l le? | A U F S Ä T Z E

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51 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O. (s. Fn. 6), § 10 Rn. 10; kritischzu diesem Erfordernis z.B. Piper/Ohly-Piper a.a.O. (s. Fn. 50), § 10 Rn. 8und Seichter, jurisPR-WettbR 6/2009 Anm. 5.

52 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen.53 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen.54 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O. (s. Fn. 6), § 10 Rn. 6.55 Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, a.a.O. (s. Fn. 6), § 10 Rn. 6; LG Ber-

lin CR 2008, 192 m. Anm. Klees; LG Hanau CR 2009, 124.56 OLG Stuttgart GRUR 2007, 435, 436 – Veralteter Matratzentest.57 Seichter, jurisPR-WettbR 6/2009 Anm. 5.58 OLG Frankfurt VuR 2009, 151 f. – Abo-Fallen; anders z.B. LG Berlin CR

2008, 192 m. Anm. Klees für einen vergleichbaren Fall: Es erscheine mög-lich, dass der Anbieter davon ausgegangen sei, dass durch die unstreitigvorhandenen Hinweise darauf, dass der Nutzer ein Abonnement und nichtnur einen einzelnen Klingelton erwerbe, eine Irreführung ausgeschlossenwerde.

59 Klees, Anm. z. Urt. d. LG Berlin v. 25.09.2007, CR 2008, 192, 193; vgl. hier-zu ausführlich van Raay, VuR 2007, 47 ff.: An der Handhabung des Vorsat-zerfordernisses durch die Rechtsprechung werde sich in Zukunft die Effi-zienz und Tauglichkeit der Gewinnabschöpfung möglicherweise insgesamterweisen.

60 Vgl. hierzu LG Hanau CR 2009, 124 und LG Hanau MMR 2009, 142; vgl.auch LG Berlin CR 2008, 192 m. Anm. Klees: Auch aufgrund einer Abmah-nung sei von Vorsatz nur auszugehen, wenn die Abmahnung in derselbenSache erfolgt sei.

61 Klees, Anm. z. Urt. d. LG Berlin v. 25.09.2007, CR 2008, 192, 193.62 Härting, K&R 2009, 351, 352.

dem Verletzer verbleibe, weil seine Abnehmer die ihnen zuste-henden Rechte und Ansprüche nicht geltend machten.51

Zu Recht hat das OLG Frankfurt jedoch festgestellt, dass es vor-liegend auf eine Entscheidung dieser Streitfrage nichtankommt, da selbst bei Zugrundelegung der engsten Ausle-gung die Voraussetzungen des § 10 UWG insoweit erfüllt sind.Die Kunden einer Kostenfalle erhalten schon keine adäquateGegenleistung, da zum einen das verlangte Entgelt – für eineim Regelfall auch kostenlos im Internet zu beziehende Leis-tung (z. B. Grußkarten, Gedichte, Open Source Software) –bereits unangemessen hoch ist; zum anderen wird den Nut-zern aufgrund der von ihnen nicht gewünschten mehrmona-tigen Vertragsbindung eine nicht voll brauchbare Leistung auf-gedrängt.52 Außerdem stehen dem Nutzer aufgrund der arglis-tigen Täuschung des Anbieters – abgesehen von seinem Wider-rufsrecht – auch Anfechtungsrechte zu, von denen durch diezahlenden Geschädigten kein Gebrauch gemacht wird.

Denn die Betreiber der Abofalle handelten nach Überzeugungdes OLG Frankfurt in dem von ihm entschiedenen Fall vonAnfang an in der Absicht, zumindest einen Teil der Verbraucherüber die Entgeltlichkeit des Angebots zu täuschen. Dass dieBetreiber überhaupt eine Preisangabe gemacht und den Preisüberdies in Fettschrift angegeben hätten, stehe der Annahmeeiner Täuschungsabsicht nicht entgegen, weil so eine Situationgeschaffen worden sei, bei der einerseits damit zu rechnen war,dass eine große Zahl von Verbrauchern die Preisangabe überse-hen würde, andererseits diesen Verbrauchern aber auch mitAussicht auf Erfolg das Bestehen einer Zahlungspflicht sugge-riert werden konnte. Überdies erscheine ein anderweitigesGeschäftskonzept von vornherein nicht plausibel; es könne beider Gestaltung der Website nicht angenommen werden, dasssich die Betreiber ernsthaft an Verbraucher wendeten, die dieEntgeltlichkeit des Angebotes erkennen.53 Vor diesem Hinter-grund bejahte das Gericht auch den Vorsatz des Anbieters.

II. Vorsätzlicher Wettbewerbsverstoß

Die Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG setzt einen vor-sätzlichen Wettbewerbsverstoß voraus. Vorsatz liegt vor,wenn der Täter weiß, dass er den Tatbestand des § 3 UWGverwirklicht und dies auch will. Es genügt dabei auch, dass erdie Verwirklichung für möglich hält und billigend in Kaufnimmt (bedingter Vorsatz).54 Der Vorsatz umfasst auch dasBewusstsein der Rechtswidrigkeit, wobei eine sog. Parallel-wertung in der Laiensphäre genügt, wenn sich also dem Han-delnden aufgrund der Kenntnis der Tatsachen die Unlauter-keit seines Tuns geradezu aufdrängt55 oder – anders ausge-drückt – er sich aufgrund der ihm bekannten Tatsachen die-ser Einsicht nicht verschließen kann.56

Von einem solchen Aufdrängen kann man bei einem grobenWettbewerbsverstoß ausgehen, wenn das Handeln des Verlet-zers letztlich allein auf eine Täuschung der Verbraucherabzielt.57 Das OLG Frankfurt hat insoweit festgestellt, dasskeine Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, dass derAnbieter der Abofalle sein allein auf Täuschung und wirt-schaftliche Schädigung von Verbrauchern angelegtes Verhal-ten für rechtlich zulässig gehalten haben könnte. Der Betrei-ber habe – ohne dass es zuvor einer entsprechenden Abmah-nung bedurft hätte – im Sinne eines dolus eventualis vonAnfang an zumindest billigend in Kauf genommen, dass seinVerhalten auch die am Leitbild des Durchschnittsverbrau-chers zu messenden Voraussetzungen eines Wettbewerbsver-stoßes erfüllen könnten.58

In dem Vorsatzerfordernis lag – neben der Kostentragungs-pflicht der klagenden Verbände für den Fall einer Klageab-weisung – bislang ein Haupthindernis für die Einreichungvon auf § 10 UWG gestützten Klagen.59 Mit der Argumenta-tion des OLG Frankfurt lässt sich jedoch überzeugendbegründen, dass von einem Vorsatz der Anbieter solcher Kos-tenfallen nicht erst nach einer entsprechenden Abmahnungausgegangen werden kann,60 sondern bereits mit Aufnahmeder Geschäftstätigkeit. Bei der Frage, ob der Täter zumindestbedingt vorsätzlich gehandelt hat, darf generell die Bedeu-tung der Abmahnung nicht überspannt werden. Insbesonde-re entbindet eine ausgesprochene Abmahnung den Richternicht von der Prüfung, ob im Einzelfall bereits vorherzumindest ein bedingt vorsätzliches Handeln vorlag.61 Undein solches kann nicht ernsthaft verneint werden, wenn einGeschäftsmodell einzig und allein darauf angelegt ist, dassdie Nutzer bzw. zumindest ein Teil der Nutzer die verstecktenHinweise zur Kostenpflichtigkeit übersieht und seitens desBetreibers von vornherein offensichtlich gar nicht das Zielbesteht, die „erkennenden“ und zahlungswilligen Verbrau-cher anzusprechen. Auch das Verhältnis zwischen Leistungund Gegenleistung (insb. beim Download freier Software)stellt hier ein klares Indiz für eine Täuschungsabsicht desBetreibers dar.62

D. Zusammenfassung und Ausblick

Mit der gesetzlichen Neuregelung des Erlöschens des fernab-satzrechtlichen Widerrufsrechts bei Dienstleistungen hat derGesetzgeber eine grundsätzlich zu begrüßende Richtung ein-geschlagen und zumindest einen Grund für den Erfolg vonKostenfallen – und damit gleichzeitig ein Argument ihrerBetreiber – beseitigt. Dies allein wird in der Praxis allerdingsnicht dazu führen, dass diese endlich von der Bildfläche ver-schwinden.

Wie die Entscheidung des OLG Frankfurt demonstriert,könnte jedoch die Sanktion der wettbewerbsrechtlichenGewinnabschöpfung – richtig angewendet – ein geeignetesund wirksames (vielleicht das einzige) Mittel darstellen, denBetreibern von Kostenfallen das Leben endlich schwerer zumachen. Das OLG hat in seiner Entscheidung insbesondereeinen Weg aufgezeigt, wie man das Vorsatzerfordernis des

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§ 10 UWG vernünftig anwendet. Nur durch eine solche –lebensnahe – Auslegung lässt sich auch die Botschaft des § 10UWG transportieren, dass sich rechtswidriges Verhaltennicht lohnt. Es bleibt nun abzuwarten, ob der BGH diesgenauso sehen wird.

Hingewiesen werden soll abschließend noch darauf, dass essich bei den Kostenfallen im Internet scheinbar um ein spe-zifisch deutsches Problem handelt. Angesichts des zumindestinnerhalb Europas weitgehend harmonisierten Rechtsrah-mens für Informationspflichten im E-Commerce und Fernab-

satz lässt sich vermuten, dass dies vor allem damitzusammenhängt, dass in anderen Ländern effektivere Sank-tionsmöglichkeiten bestehen, sodass entsprechende„Geschäftsmodelle“ dort nicht die gleiche Attraktivität besit-zen wie bei uns (in Frankreich können Verbände die vorGericht im Namen der Verbraucher erstrittenen Beträge z. B.behalten und nach eigenem Ermessen verwenden). Diesführt wiederum unmittelbar zu Fragen des richtigenZuschnitts von § 10 UWG, die hier jedoch nicht weiter ver-tieft werden können und sollen.

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Klas/Schwarz , Neue Wege im Kampf gegen Kostenfa l len im Internet | A U F S Ä T Z E

Mit zunehmenden Aktivitäten der Verbraucher im elektroni-schen Geschäftsverkehr hat sich das Internet auch zu einemTummelplatz für Betrüger und Abzocker unterschiedlichsterArt entwickelt. Wurde vor einigen Jahren vorwiegend mit Di-aler-Programmen versucht, an das Geld der Verbraucher zugelangen,1 hat sich in den letzten Jahren ein neues „Ge-schäftsmodell“ in Gestalt so genannter „Kosten- bzw. Abofal-len“ entwickelt.

Ist der Verbraucher erst einmal durch die Anmeldung mit sei-nen persönlichen Daten in die ausgebreitete Kostenfalle ge-tappt, erhält er wenige Wochen nach der Eingabe seiner Da-ten eine Rechnung, häufig unmittelbar gefolgt vonanwaltlichen Mahnschreiben mit zum Teil erheblichen Dro-hungen. Viele Verbraucher lassen sich von dieser Drohkulisseeinschüchtern und zahlen die an sie gerichteten Rechnungen.

Selbst wenn die Betreiber der Kostenfallen – zumeist infolgeeiner Reaktion des durch den Verbraucher eingeschaltetenRechtsanwalts – von ihrer Forderung abrücken, steht der Ver-braucher letztlich vor der Frage, ob ihm ein Erstattungsan-spruch hinsichtlich der zur Abwehr des unberechtigten An-spruchs aufgewendeten Anwaltskosten zusteht. Dabei liegtauf der Hand, dass eine derartige Erstattungspflicht das „Ge-schäftsmodell“ der Abzocker gefährdet und geeignet ist, die-ses deutlich unattraktiver zu machen.

In diesem Beitrag soll zunächst ein kurzer Überblick über das„Geschäftsmodell“ der Kostenfallen-Betreiber gegeben (A.)und die wirtschaftliche Dimension der Kostenfallen beleuch-tet werden (B.). Sodann wird auf die zivilrechtliche Lage be-züglich der Ansprüche der Kostenfallen-Betreiber eingegan-gen (C.). Im Anschluss wird untersucht, inwieweit fürVerbraucher Möglichkeiten bestehen, Ersatz der zur Abwehrder Forderungen entstandenen Anwaltskosten zu verlangen(D.).

A. Das „Geschäftsmodell“ der Kostenfallen-Betreiber

Auch wenn es im Detail Unterschiede zwischen den„Geschäftsmodellen“ der Kostenfallen-Betreiber gibt, sinddiese doch im Kern vergleichbar:

Ausgangspunkt für das Kostenfallen-Geschäft sind zumeistWebsites, die Alltagsthemen aufgreifen und auf ein breitesInteresse unterschiedlicher Zielgruppen stoßen. Besondersbeliebt sind dabei Themen wie Ahnen- bzw. Namensfor-schung, Altersprognosen, Horoskope, Rezeptsammlungen,Routenplaner oder Download-Portale.

Meistens gelangen die Nutzer auf der Suche nach kostenlosenAngeboten über Suchmaschinen oder über Werbebanner aufdie Seiten der Kostenfallen-Betreiber. Durch die Gestaltungder Websites wird der Eindruck vermittelt, die Nutzung seikostenfrei. Dabei ist je nachdem ein auffälliger Hinweis aufein Gewinnspiel oder eine Meinungsumfrage vorhandenoder es werden irreführende Begriffe wie z. B. „Free“ oder„Open“ grafisch hervorgehoben, damit der Blick des Nutzersvon den Hinweisen auf die Kostenpflichtigkeit des Angebotsgeschickt abgelenkt wird.

In der weiteren Folge erscheint eine Anmeldemaske, in dieder Nutzer seine persönlichen Daten eingeben soll. Aufgrundder Gesamtgestaltung der Website wird dies – wie beabsich-tigt – nicht mit einer Zahlungspflicht in Verbindunggebracht. Da eine Registrierung bei Angeboten im Internetnichts Ungewöhnliches ist und keineswegs zwingend eineKostenpflichtigkeit nach sich zieht,2 schöpfen die Nutzer kei-nen Verdacht und geben ihre persönlichen Daten preis.

Ein deutlich gestalteter und gut erkennbarer Hinweis auf eineZahlungsverpflichtung ist in nahezu allen Fällen nicht vor-handen. Vielmehr findet sich ein Hinweis auf die Kosten-pflichtigkeit entweder nur in den AGB oder wird erst unter-halb des Anmeldebuttons mittels eines „Sternchenhinweises“gegeben. Ein derartiger – meist durch kleine oder wenigkontrastreiche Schrift verschleierter – „Hinweis“ ist jedochnicht geeignet, die Nutzer auf die Folgen ihrer Anmeldungaufmerksam zu machen.3 Durch die thematische Auswahlsowie die Gestaltung der Websites mit den zuvor genanntenMerkmalen assoziieren die durchschnittlichen Nutzer zu

Neue Wege im Kampf gegen Kostenfallen im InternetVon Rechtsanwalt Benedikt Klas und Rechtsanwalt Philipp Schwarz*, Karlsruhe

* Die Autoren sind Rechtsanwälte in der Rechtsanwaltskanzlei Martin &Küster, Karlsruhe, wobei das IT-Recht einen der Tätigkeitsschwerpunkteder Autoren bildet.

1 Vgl. hierzu ausführlich Braun, VuR 2002, 429 ff.; Ernst, CR 2006, 590 ff.;Kunczik, VuR 2004, 303 ff.

2 Vgl. nur die viel genutzten Websites „StudiVZ“, „Facebook“ sowie zahlrei-che Chatforen und Online-Spiele.

3 OLG Hamm, Beschl. v. 13.10.2008, Az.: 31 W 38/08, MMR 2009, 122.

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4 Vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, CR 2009, 253; AGBerlin-Charlottenburg, Urt. v. 13.08.2008, Az.: 203 C 88/08.

5 LG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/ VUR 2009 (in diesemHeft), 355 f.

6 LG München I, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 28 O 398/09.7 Der entsprechende Artikel ist im Internet abrufbar unter: http://www.net-

zwelt.de/news/79739-fabriken-de-670-000-euro-eingefroren-2-000-anzei-gen.html, zuletzt aufgerufen am 14.07.2009.

8 Vgl. nur Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl. 2009, Einf. v. § 145 BGB Rn. 3.9 OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, CR 2009, 253; Ellbo-

gen/Saerbeck, CR 2009, 131, 132 f.10 OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, CR 2009, 253; LG

Hanau, Urt. v. 07.12.2007, Az.: 9 O 870/07, MMR 2008, 488, 489; AG Ber-lin-Charlottenburg, Urt. v. 13.08.2008, Az.: 203 C 88/08; AG Gummers-bach, Urt. v. 10.03.2009, Az.: 10 C 221/08.

11 Vgl. AG Gummersbach, Urt. v.10.03.2009, Az.: 10 C 221/08; AG Berlin-Mitte, Urt. v. 05.11.2008, Az.: 17 C 298/08; AG Berlin-Charlottenburg, Urt.v. 13.08.2008, Az.:203 C 88/08; AG Hamm, Urt. v. 26.03.2008, Az.: 17 C62/08, VuR 2009, 37; AG München, Urt. v. 16.01.2007, Az.:161 C23695/06, VuR 2008, 398 mit zustimmender Anmerkung Ernst. EbensoHärting, Internetrecht, 3. Aufl. 2008, Rn. 317; Heckmann, jurisPK-Internet-recht, Kapitel 4.2., Rn. 184; Ellbogen/Saerbeck, CR 2009, 131, 134.

12 AG München, Urt. v. 16.01.2007, Az.: 161 C 23695/06, VuR 2008, 398 mitzustimmender Anmerkung Ernst.

13 Vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, AZ.: 6 U 187/07, CR 2009, 253.14 OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, CR 2009, 253; ebenso

Härting, K&R 2009, 351.

Recht ein kostenfreies Angebot, zumal es im Internet ausrei-chend (tatsächlich) kostenlose Alternativen gibt.4

Hat der Nutzer seine Daten eingegeben, erhält er in der Regelca. zwei Wochen nach dem angeblichen Vertragsschluss erst-mals eine Zahlungsaufforderung. Je nach Machart der Kos-tenfalle wird darin der Abschluss eines Zwei-Jahres-Abos mitVorauszahlungspflicht behauptet oder eine Einmalzahlungfür in aller Regel wertlose und nicht nachvollziehbare „Leis-tungen“ gefordert. Durch die Drohung mit einem negativenSCHUFA-Eintrag oder sogar mit einer Strafanzeige wegenBetruges für den Fall, dass die persönlichen Daten nichtwahrheitsgemäß eingetragen wurden, wird erheblicher Druckauf die Verbraucher ausgeübt, die angebliche Forderung zubezahlen. Diese Vorgehensweise war bereits Gegenstandmehrerer Verbandsklageverfahren der Verbraucherzentralen.So entschied das LG Mannheim erst kürzlich, dass eine der-artige Drohung in einem Rechnungsschreiben insbesonderegegen § 3 UWG i. V. m. § 4 Nr. 11 UWG verstößt.5

B. Die wirtschaftliche Dimension

Lange konnte nur gemutmaßt werden, welche Umsätzedurch diese Kostenfallen erzielt werden. Als Ergebnis unter-schiedlicher Maßnahmen wie Kontopfändungen bei Kosten-fallen-Anbietern im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungenund Kontokündigungen der kontoführenden Banken gegen-über den Inkasso-Anwälten der Kostenfallen-Betreiber ist nunan die Öffentlichkeit gelangt, dass die betreffenden Kontenteilweise erhebliche Geldeingänge und Guthaben auswiesen.

Beispielsweise hat das LG München I in einem Verfahrenwegen der Kündigung eines Anderkontos der für ihre Inkas-sotätigkeit für die Kostenfallen-Betreiber bundesweit bekann-ten Münchner Rechtsanwältin Katja Günther festgestellt,dass auf dem streitgegenständlichen Anderkonto in einemZeitraum von ca. sechs Monaten Zahlungen in Höhe vonmehr als 2,2 Mio. B durch ca. 25.000 Einzelüberweisungeneingingen.6 In einem anderen Fall wurde durch die Staatsan-waltschaft Düsseldorf ein Konto der „Connects 2 ContentGmbH“ im Wege des dinglichen Arrests blockiert. Auf diesemKonto gingen gemäß den Angaben des Sprechers der Staats-anwaltschaft gegenüber dem Internetportal „netzwelt.de“insgesamt 670.000 B ein, dabei allein in drei Tagen bis zu50.000 B.7

Viele der Nutzer lassen sich durch die Androhung von recht-lichen Schritten einschüchtern und bezahlen, um sich ver-meintlichen Ärger zu ersparen. Klar ist dabei, dass jeder Ver-braucher, der eine derartige unberechtigte Forderungbegleicht, das Geschäftsmodell der Zusammenwirkendenbestätigt und bestärkt.

C. Zivilrechtliche Beurteilung der Ansprüche derKostenfallen-Betreiber

Ein Zahlungsanspruch steht den Kostenfallen-Betreiberngegen die Nutzer ihrer „Angebote“ grundsätzlich nicht zu.Dies wurde von den Gerichten auch in der weit überwiegen-den Anzahl der Verfahren bestätigt und mit den verschieden-sten rechtlichen Erwägungen begründet:

1. Damit überhaupt ein kostenpflichtiger Vertrag zwischendem Nutzer und dem Betreiber einer Kostenfalle zustandekommen kann, sind zwei übereinstimmende Willenserklä-

rungen erforderlich, welche die wesentlichen Vertragsbe-standteile – insbesondere den Preis – umfassen müssen.8

Entsprechend der oben unter A. beschriebenen Vorgehens-weise der Betreiber sind Hinweise auf die Kostenpflichtigkeit– wenn überhaupt – nur in versteckter Form vorhanden.Dabei werden auch die Vorgaben der Preisangabeverordnung(PAngV) nicht eingehalten. Werden im Internet kosten-pflichtige Angebote unterbreitet, bei denen der durchschnitt-lich verständige Internetnutzer wegen der Art des Angebotsund der weiteren Umstände der Präsentation mit einer Kos-tenpflichtigkeit nicht rechnet, sind an die erforderlichenHinweise auch gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 6 S. 2 PAngVi. V. m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG erhöhte Anforderungen zu stel-len.9 Es besteht daher eine berechtigte Erwartung der Ver-braucher, dass ein kostenpflichtiges Angebot als solches deut-lich gekennzeichnet ist.10

Kann der Verbraucher demnach von einer kostenfreien Leis-tung ausgehen, mangelt es an einer Willensübereinstimmunghinsichtlich des Abschlusses eines entgeltlichen Vertrages,sodass in der Folge kein wirksamer Vertrag über entgeltlicheLeistungen zustande kommt. Dementsprechend wurde vonvielen Gerichten eine Zahlungspflicht der Nutzer bereitsmangels eines wirksamen Vertragsschlusses abgelehnt.11

2. Zudem werden die versteckten Hinweise auf die Kosten-pflichtigkeit als überraschende Klauseln i. S. d. § 305 c BGBnicht Vertragsbestandteil.12 Weiter sind die entsprechendenAGB-Klauseln in der Regel wegen unangemessener Benach-teiligung der Nutzer (§ 307 BGB) unwirksam, da ihnen meisteine sachlich nicht gerechtfertigte Vorleistungspflicht fürihre Zahlungen auferlegt wird.13

3. Selbst wenn man entgegen der herrschenden Meinungvom Vorliegen eines wirksamen Vertragsschlusses ausginge,stünde den Nutzern aufgrund der vorstehend beschriebenenGestaltung der Kostenfallen-Websites jedenfalls ein Anfech-tungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täu-schung zu.14

4. Darüber hinaus können die Verbraucher meist ein Wider-rufsrecht gemäß § 312 d Abs. 1 i. V. m. § 355 BGB geltendmachen, wobei die zweiwöchige Widerrufsfrist erst mit derErfüllung der Informationspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 BGBbeginnt. Ein obligatorisch geforderter Verzicht auf das Wider-rufsrecht durch Setzen eines „Häkchens“ im Rahmen der

A U F S Ä T Z E | K las/Schwarz , Neue Wege im Kampf gegen Kostenfa l len im Internet

Registrierung – wie teilweise praktiziert – ist jedenfalls nichtwirksam (§ 312 f BGB) und zudem wettbewerbswidrig.15 Ins-besondere ist allein die Freischaltung des Nutzeraccounts nochnicht die Dienstleistung, sondern erst der Download der ange-botenen Inhalte oder bestenfalls das erstmalige Einloggen derNutzer mittels der übersandten Zugangsdaten, sodass ihrWiderrufsrecht nicht gemäß § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB erlischt,solange die übersandten Zugangsdaten nicht genutzt wer-den.16 Um die Problematik des Erlöschens des Widerrufsrechtsnach § 312 d Abs. 3 Nr. 2 BGB für den Fall, dass der Verbrau-cher bereits auf das Internetangebot des Kostenfallen-Betrei-bers zugegriffen hat, zu lösen, hat der Bundestag im März 2009zudem eine Neuregelung des § 312 d BGB verabschiedet.17

5. Wurden über einen längeren Zeitraum lediglich gewöhnli-che Mahnschreiben an die Nutzer geschickt, sind nun vonden Kostenfallen-Betreibern und den sie vertretenden Anwäl-ten erstmals Mahnbescheide gegen Verbraucher imZusammenhang mit den angeblichen Vertragsabschlüssenbeantragt worden.18 Nicht allen Verbrauchern ist dabeibewusst, dass sie nach Zustellung eines Mahnbescheides dieWiderspruchsfrist des § 692 I Nr. 3 ZPO beachten müssen, daansonsten die Gefahr besteht, dass ein Vollstreckungsbe-scheid beantragt wird, der rechtskräftig und damit vollstreck-bar werden kann.

D. Erstattung der Rechtsanwaltskosten

I. Problemstellung

Selbst wenn die unberechtigte Forderung der Kostenfallen-Betreiber durch Anwaltsschreiben erfolgreich abgewehrt wer-den konnte, steht der Verbraucher vor der Frage, ob undgegebenenfalls von wem er Ersatz seiner aufgewendetenAnwaltskosten verlangen kann.

Ein direktes Vorgehen gegenüber den Betreibern der Kosten-fallen ist aus tatsächlichen Gründen und unter Berücksichti-gung des Kostenrisikos nur schwer möglich. Bei vielen derBetreiber handelt es sich um Unternehmen mit Sitz im Aus-land, meist Briefkastenfirmen in der Rechtsform einer Limi-ted (Ltd.). Hinzu kommt, dass die im Impressum aufgeführ-ten Betreiber sehr häufig wechseln und durch neue Gesell-schaften ersetzt werden.19 In diesem Zusammenhang ist auchzu beobachten, dass die Versendung der Mahnschreibenimmer wieder von denselben Rechtsanwälten oder Inkasso-büros vorgenommen wird. Dabei haben unter anderemRechtsanwalt Olaf Tank aus Osnabrück sowie die MünchnerRechtsanwältin Katja Günther und deren Vertreter RA Bern-hard Syndikus eine gewisse Bekanntheit erlangt.20

Es ist für die mit der Abwehr der unberechtigten Forderungenbeauftragen Rechtsanwälte häufig schwer, den betroffenenMandanten zu vermitteln, dass sie sich zwar letztlich außer-gerichtlich erfolgreich gegen die Forderungen der Kostenfal-len-Betreiber gewehrt haben, jedoch auf den in diesemZusammenhang entstandenen Anwaltskosten „sitzen blei-ben“ sollen. Nachdem oben unter C. aufgezeigt wurde, dassZahlungsansprüche der Kostenfallen-Betreiber in der Regelnicht bestehen, ist das Verhalten der Anwälte der Kostenfal-len-Betreiber, die in Kenntnis dieser Sach- und Rechtslagefortgesetzt anmahnen und die Einleitung gerichtlicher Maß-nahmen androhen, juristisch zu bewerten. Daher soll im Fol-genden geprüft werden, ob und inwieweit ein direktes Vorge-hen gegenüber den Rechtsanwälten der Kostenfallen-Betrei-ber möglich und Erfolg versprechend erscheint.

II. Anspruchsgrundlagen gegenüber den Anwälten der Abofal-len-Betreiber

Direkte vertragliche Anspruchsgrundlagen zwischen dengeschädigten Verbrauchern und den Rechtsanwälten derAbofallen-Betreiber sind zwar mangels einer vertraglichenSonderverbindung nicht gegeben.21 Es kommen aber außer-vertragliche Ansprüche – insbesondere aufgrund unerlaubterHandlung – in Betracht. Vorteilhaft ist, dass bei der gericht-lichen Geltendmachung dieser Ansprüche der besondereGerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPOeinschlägig ist. Die entstandenen Rechtsanwaltskosten sindbeim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen als kausalerSchaden grundsätzlich ersatzfähig.22

1. Eine mögliche Anspruchsgrundlage bildet § 823 Abs. 2BGB i. V. m. §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23, 27 StGB.

a) Das Verhalten der Kostenfallen-Betreiber stellt eine vor-sätzliche, rechtswidrige Haupttat – nämlich einen (versuch-ten) Betrug – dar.23

In der oben unter A. beschriebenen Vorgehensweise der Kos-tenfallen-Betreiber – insbesondere der Gesamtgestaltung derWebsites – liegt eine relevante Täuschungshandlung, die zueinem entsprechenden Irrtum der Nutzer führt bzw. führensoll.

Insoweit ist die Situation teilweise mit dem typischen „For-mular- bzw. Adressbuchbetrug“ vergleichbar. Formular- bzw.Adressbuchbetrüger arbeiten mit offiziell wirkenden Schrei-ben, in denen Gebühren für die Eintragung einer Firmen-adresse in einem gedruckten Firmenverzeichnis oder einemInternetverzeichnis gefordert werden. Dabei wird ebenfallsim “Kleingedruckten” oder als “Sternchenhinweis” auf dieKostenpflichtigkeit dieser Angebote hingewiesen. Die Straf-barkeit eines solchen Vorgehens als Betrug gemäß § 263 StGBwurde mehrfach höchstrichterlich bestätigt.24 Eine Täu-schungshandlung kann somit auch dann gegeben sein, wennsich der Täter hierzu – isoliert betrachtet – wahrer Tatsachen-behauptungen bedient, also irgendwo auf die Kostenpflich-tigkeit des Angebots hinweist. In solchen Fällen wird ein Ver-halten dann zur tatbestandlichen Täuschung, wenn der Täterwie hier die Eignung der inhaltlich richtigen Erklärung, einenIrrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unterdem Anschein „äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens”

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15 OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, CR 2009, 253;LG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08.

16 OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, CR 2009, 253.17 Die Neuregelung erfolgte im Rahmen des „Gesetzes zur Bekämpfung uner-

laubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes beibesonderen Vertriebsformen“ (BGBl. 2009 I S. 2413), in Kraft seit04.08.2009.

18 Vgl. hierzu Artikel „Angelockt und abkassiert“ in c’t magazin 11/2009,S. 93, im Internet kostenpflichtig abrufbar unter: http://www.heise.de/kiosk/archiv/ct/09/11/090, zuletzt aufgerufen am 16.07.2009.

19 Vgl. Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv)vom 28.05.2009, im Internet abrufbar unter: http://www.vzbv.de/go/pres-se/1160/index.html, zuletzt aufgerufen am 16.07.2009.

20 Presse- und Fernsehberichterstattung, etwa in der Sat1-Sendung Akte 09v. 12.05.2009, im Internet abrufbar unter: http://www.sat1.de/ratgeber_magazine/akte/topthemen/internet/content/38827/ und der ZDF-Sendung„WISO“ vom 25.05.2009, abrufbar unter: http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/25/0, 1872, 1001625_idDispatch: 8647923,00.html.

21 Siehe hierzu auch BGH, Urt. v. 12.12.2006, AZ.: VI ZR 224/05, NJW 2007,1458.

22 Vgl. nur Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl.2009, § 249 Rn. 38.23 So auch Ellbogen/Saerbeck, CR 2009, 131, 134; Härting, K&R 2009, 351; a. A.

LG Frankfurt, Beschl. v. 05.03.2009, Az.: 5/27 Kls 3330 Js 212484/07 KLs –12/08 – K&R 2009, 348; gegen diesen Beschluss wurden allerdings Rechts-mittel eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

24 BGH, Urt. v. 26.04.2001, Az.: 4 StR 439/00, NJW 2001, 2187; BGH, Urt.v. 04.12.2003, Az.: 5 StR 308/03, MMR 2004, 241.

Klas/Schwarz , Neue Wege im Kampf gegen Kostenfa l len im Internet | A U F S Ä T Z E

344 | VuR 9/2009

25 BGH, Urt. v. 04.12.2003, Az.: 5 StR 308/03, MMR 2004, 241.26 So aber LG Frankfurt, Beschl. v. 05.03.2009, Az.: 5/27 Kls 3330 Js

212484/07 KLs – 12/08 – K&R 2009, 348 mit ablehnender Anmerkung Här-ting.

27 Ebenso Ellbogen/Saerbeck, CR 2009, 131, 134 m.w.N. und Härting, K&R2009, 351.

28 BGHSt 34, 199, 201; BGH, Urt. v. 04.12.2003, Az.: 5 StR 308/03,MMR 2004, 241.

29 OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, CR 2009, 253.30 Ebenso im Grundsatz Ellbogen/Saerbeck, CR 2009, 131, 135 m.w.N.31 BGH, Urt. v. 01.09.1993, Az.: 2 StR 258/93, NStZ 1994, 188;

Schönke/Schröder-Cramer/Perron, Strafgesetzbuch, 27. Aufl. 2006, § 263Rn. 16c.

32 Vgl. hierzu Artikel „Angelockt und abkassiert“ in c’t magazin 11/2009,S. 93, im Internet kostenpflichtig abrufbar unter: http://www.heise.de/kiosk/archiv/ct/09/11/090, zuletzt aufgerufen am 16.07.2009.

33 Vgl. nur OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, CR 2009, 253;LG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08; AG Gummersbach,Urt. v. 10.03.2009, Az.: 10 C 221/08; AG Berlin-Mitte, Urt. v. 05.11.2008,Az.: 17 C 298/08; AG Berlin-Charlottenburg, Urt. v, 13.08.2008, Az.: 203 C88/08; AG Hamm, Urt. v. 26.03.2008, Az.: 17 C 62/08, VuR 2009, 37; AGMünchen, Urt. v. 16.01.2007, Az.: 161 C 23695/06, VuR 2008, 398 mitzustimmender Anmerkung Ernst.

34 Vgl. Fischer-Fischer, 55. Aufl. 2008, § 27 StGB Rn. 18.

gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, wenn also dieIrrtumserregung nicht die bloße Folge, sondern der Zweckder Handlung ist.25 Eben diese Merkmale sind bei der Ver-wendung der Websites durch die Kostenfallen-Betreiber gege-ben. Das „Geschäftsmodell“ ist gerade darauf angelegt, dieNutzer zunächst durch Anklicken eines Buttons in die Kos-tenfalle zu locken, um sie sodann durch Rechnungen undMahnschreiben mit zum Teil erheblichen Drohungen zurZahlung der unberechtigten Forderungen – und somit zueiner Vermögensverfügung – zu bewegen.

Auch der Einwand, die Nutzer könnten die Hinweise auf dieKostenpflichtigkeit bei hinreichend sorgfältiger Prüfung – diespätestens bei einer Aufforderung zur Eingabe der persön-lichen Daten angebracht gewesen wäre – erkennen,26 gehtfehl. Personen werden sub specie § 263 StGB nicht nur bei(ohnehin kaum vorstellbaren) unvermeidbaren Irrtümerngeschützt. Tatsächlich genügt, dass tausende Nutzer die Kos-tenpflichtigkeit infolge der bewusst auf Irreführung und Ver-schleierung angelegten Online-Auftritte konkret nicht erken-nen.27 Selbst eine gewisse Leichtgläubigkeit oder Erkennbar-keit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfungschließt die Schutzbedürftigkeit des potenziellen Opfers unddamit eine Täuschung nicht aus.28

Die Täuschung und der darauf beruhende zu einer Vermö-gensverfügung und zum Vermögensschaden führende Irrtumder Nutzer ist von den Betreibern der Kostenfallen auch beab-sichtigt, ebenso die rechtswidrige stoffgleiche Bereicherung.Eine andere Absicht als diese ist angesichts der insoweit ein-deutigen Gestaltung der Websites und der nachfolgendenRechnungsschreiben nicht denkbar.29 Kostenfallen-Betrei-bern geht es gerade nicht darum, für die von ihnen angebo-tenen „Leistungen“ zufriedene Nutzer zu gewinnen (dieinfolge dieser Zufriedenheit sodann möglicherweise auch einabgeschlossenes Abonnement verlängern). Dies zeigt sichetwa daran, wie diese Firmen auf die massive Kritik an derGestaltung ihrer diversen Websites reagieren – oder besser:wir diese Firmen gerade nicht reagieren. In der breiten Öffent-lichkeit fallen die Urteile über das Geschäftsgebahren derKostenfallen Betreiber – wie auch die zahlreichen Medienbe-richte belegen – verheerend aus. Auch nur ansatzweise aufSeriosität bedachte Unternehmen würden weit weniger kriti-sche Stellungnahmen zum Anlass nehmen, die Vertragsan-bahnung über ihre Websites so umzugestalten, dass tausend-fach auftretende “Missverständnisse” über die Kostenpflich-tigkeit der Angebote durch eine entsprechende Gestaltungverhindert würden.

b) Im Verhalten der das Inkasso der vermeintlichen Forde-rungen übernehmenden Rechtsanwälte der Kostenfallen-Betreiber liegt auch eine vorsätzliche Beihilfehandlung zum(versuchten) Betrug.30

Beim Einfordern einer Leistung wird zumindest schlüssigerklärt, dass ein entsprechender Anspruch gegenüber demSchuldner besteht.31 Die Inkassoanwälte – die jeweils fürmehrere Kostenfallen-Betreiber tätig sind32 – wissen nichtzuletzt aufgrund zahlreicher eindeutiger Gerichtsurteile,33

auf welche Weise ihre Mandanten ihre Websites ausgestaltethaben und dass durch eine derartige Gestaltung einer Websi-te kein wirksames Vertragsverhältnis begründet wird, son-dern dass das Handeln ihrer Mandanten vielmehr von vor-neherein auf gänzlich andere Zwecke abzielt. Trotz diesesWissens um die eigentliche, einzig deliktische Zielsetzung derKostenfallen-Betreiber, in strafrechtlich relevanter Weise

unberechtigte Forderungen geltend zu machen und durchVersand zahlreicher Mahnungen darauf zu hoffen, dass sichein Teil der Rechnungsempfänger einschüchtern lässt undzahlt, werden die Inkassoanwälte in der Folge selbst miteinem entsprechenden Förderungswillen tätig.

Auch der Einwand der die Inkassoanwälte vertretendenRechtsanwälte, ein Anwalt dürfe ganz allgemein auf die Rich-tigkeit von Informationen seines Mandanten vertrauen, istnicht zielführend. Zunächst kann kein Zweifel bestehen, dassdie rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts Aufgabe desRechtsanwalts, nicht hingegen des Mandanten ist. Das Beste-hen eines Vertragsverhältnisses zwischen den Kostenfallen-Betreibern und den Nutzern ist eine solche rechtliche Frage.Aber auch unabhängig davon kann sich nicht auf ein Ver-trauen auf Informationen Dritter berufen, wer positiveKenntnis von den wahren Gegebenheiten hat. Durch denvon ihnen erkannten deliktischen Bezug verliert das Handelnder Inkassoanwälte als vermeintlich „normale” Anwaltstätig-keit seinen berufstypischen und alltäglichen Charakter.34

Demgegenüber ist die Annahme einer Tatsachen- und Rechts-blindheit der Inkassoanwälte dergestalt, dass sie ungeachtetder tausendfachen Beschwerden über das Geschäftsgebahrenihrer Mandanten, trotz diverser Gerichtsurteile, die in ent-sprechenden Fällen allesamt das Zustandekommen eineswirksamen Vertrages verneint haben, trotz laufender Ermitt-lungsverfahren gegen ihre Mandanten, trotz der zahlreichenMedienberichte, in denen die Vorgehensweise ihrer Mandan-ten unisono also „Abzocke” und „Betrug” bezeichnet werden,gleichwohl darauf vertraut haben, es bestünden rechtmäßigeAnsprüche ihrer Mandanten, schlicht lebensfremd.

Vielmehr spricht auch der Umstand, dass nach Androhungeiner negativen Feststellungsklage in den meisten Fällenunverzüglich erklärt wird, dass die Rechnung storniert wirdund keine weiteren Ansprüche geltend gemacht werden,dafür, dass die Inkassoanwälte von Anfang an positive Kennt-nis davon haben, dass ihren Mandanten keinerlei Ansprüchezustehen. Denn würden die Inkassoanwälte – wie in den ent-sprechenden Gerichtsverfahren von ihnen regelmäßig vorge-tragen wird – das Zustandekommen eines Vertrages geprüftund vor allem auch bejaht haben, so überraschte doch die„plötzliche Eingebung” der Inkassoanwälte, angesichts einerdrohenden negativen Feststellungsklage zu einer gänzlichanderen rechtlichen Wertung zu gelangen.

A U F S Ä T Z E | K las/Schwarz , Neue Wege im Kampf gegen Kostenfa l len im Internet

Zudem wurden von den Inkassoanwälten neben der allge-meinen Androhung der gerichtlichen Geltendmachung derangeblichen Forderungen bisweilen sogar Urteile bewusstunrichtig zitiert.35 Weiter wurde auf angeblich für den kon-kreten Fall relevante, allerdings tatsächlich nicht einschlägi-ge höchstrichterliche Rechtsprechung verwiesen, um gegen-über den juristisch nicht geschulten Verbrauchern den unzu-treffenden Eindruck zu erwecken, es bestünde eine ohne Wei-teres gerichtlich durchsetzbare Forderung.

Dieses Handeln der Inkassoanwälte lässt dabei nur denSchluss auf den Förderungswillen hinsichtlich der Haupttatzu, sodass in der Gesamtschau – insbesondere unter Berück-sichtigung des dauerhaften Zusammenwirkens mit denBetreibern der Kostenfallen – eine Beihilfe zum (versuchten)Betrug i. S. v. §§ 263 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23, 27 StGB gegebenist. Demnach besteht gegen die Inkassoanwälte ein Anspruchder Verbraucher auf Erstattung ihrer Anwaltskosten gemäߧ 823 Abs. 2 BGB.

2. Eine weitere mögliche Anspruchsgrundlage bildet § 826BGB, wobei für diesen Anspruch wegen vorsätzlicher sitten-widriger Schädigung die vorstehenden Erwägungen undArgumente sinngemäß gelten.

Sittenwidrig ist dabei ein Verhalten, das entweder nach sei-nem Inhalt oder nach seinem Gesamtcharakter mit grundle-genden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht ver-einbar ist.36 Hierbei kommt insbesondere zum Tragen, dassdie Geltendmachung von Forderungen, deren Nichtberechti-gung dem beauftragten Rechtsanwalt positiv bekannt ist, alsAusnutzung seiner Stellung als unabhängiges Organ derRechtspflege37 anzusehen ist. Rechtsanwälte genießen beijuristischen Laien eine Vertrauensstellung. Vorliegend wirdbewusst die Wirkung ausgenutzt, die anwaltliche Schreibenauf den Durchschnittsbürger haben. Diese sind dazu geeig-net, den juristischen Laien, der sich einer Forderung ausge-setzt sieht, dergestalt zu beeinflussen, dass er, obwohl erberechtigte Zweifel an deren Bestehen hat, die Forderungenallein um des Rechtsfriedens willen begleicht.

Ein Erstattungsanspruch der Verbraucher gegen die Inkasso-anwälte der Kostenfallen-Betreiber auf Grundlage des § 826BGB ist somit gegeben.

3. Der von den Inkassoanwälten teilweise vorgebrachte Ein-wand, eine Anspruchsgrundlage hinsichtlich der Kostener-stattung sei aufgrund der Rechtsprechung des BGH (insbe-sondere dem Urteil des BGH vom 12.12.2006, Az.: VI ZR224/05, NJW 2007, 1458) nicht gegeben, geht ersichtlichfehl. Der BGH stellt in der angeführten Entscheidung ledig-lich klar, dass die Inanspruchnahme wegen einer Geldforde-rung nicht ohne Weiteres einen generellen, materiellen Kos-tenerstattungsanspruch des in Anspruch Genommenen hin-sichtlich der für die außergerichtliche Abwehr des Anspruchs

aufgewendeten Anwaltskosten auslöst, sondern dass hierzueine spezielle Haftungsnorm einschlägig sein muss. Weiterführt der BGH sogar explizit aus, dass es als Betrugsversuchund vorsätzliche sittenwidrige Schädigung anzusehen seinkann, wenn [wie hier] Forderungen nachweislich ohne tat-sächliche oder rechtliche Grundlage geltend gemacht wer-den.38

Ergänzend hierzu wird in der Literatur auch die zustim-mungswürdige Ansicht vertreten, dass derjenige, welcher sicheines Vertragsschlusses berühmt, im Falle der Unerweislich-keit oder Nichtigkeit des Vertrages regelmäßig genauso haf-ten sollte wie in dem Fall, dass sich zwar die Wirksamkeit desVertrages, nicht jedoch der daraus abgeleitete Anspruch dar-legen lässt. Es liegt demnach Treuwidrigkeit (Verstoß gegen§ 242 BGB) nahe, wenn jemand zunächst Rechte aus einembehaupteten Vertrag ableitet, sich dann aber hinsichtlich dereigenen Haftung auf dessen Nichtexistenz berufen will.39

E. Ergebnis

Eine Vielzahl guter Argumente spricht dafür, einen Scha-densersatzanspruch der Verbraucher gegen die Inkassoanwäl-te der Kostenfallen-Betreiber anzunehmen, wobei selbstver-ständlich jeder Einzelfall im Hinblick auf das Vorliegen derjeweiligen Anspruchsvoraussetzungen gesondert zu prüfenist. Nach Kenntnis der Verfasser sind derzeit mehrere ent-sprechende Zivilprozesse anhängig, deren Ausgang mit gro-ßem Interesse erwartet wird.

In einem beim AG Karlsruhe von den Verfassern durchge-führten Verfahren (Az.: 9 C 93/09) beglich die beklagteMünchner Rechtsanwältin nach Schluss der mündlichen Ver-handlung den eingeforderten Gesamtbetrag einschließlichKosten und Gerichtsgebühren, obwohl zuvor ein Anspruchvon ihr und dem sie vertretenden Münchner Rechtsanwaltvehement zurückgewiesen worden war. Gleichzeitig wurdendie Verfasser von der Beklagten – die sich verpflichtete, kei-nen Kostenantrag gemäß § 269 Abs. 4 ZPO zu stellen – wegen(angeblich) entfallenen Rechtsschutzinteresses zur Klagerück-nahme aufgefordert. Die Beklagte scheute offensichtlich einegerichtliche Entscheidung. Die Verfasser kamen der Auffor-derung zur Klagerücknahme nicht nach. Termin zur Verkün-dung einer Entscheidung ist Mitte August 2009.

VuR 9/2009 | 345

35 Siehe Pressemitteilung des AG Wiesbaden vom 15.09.2008, abrufbar unter:http://www.ag-wiesbaden.justiz.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdJ_15/AMG_Wiesbaden_Internet/med/b31/b3120fad-a56b-4c11-f3ef-ef97ccf4e69f,22222222-2222-2222-2222-222222222222,true.pdf, zuletzt abgerufen am 16.07.2009.

36 Vgl. nur Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl. 2009, § 826 BGB Rn. 4.37 Vgl. § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO).38 BGH, Urt. v. 12.12.2006, Az.: VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458, 1459.39 Hau, Beck-Online, LMK 2009, 278712.

Klas/Schwarz , Neue Wege im Kampf gegen Kostenfa l len im Internet | A U F S Ä T Z E

346 | VuR 9/2009

A U F S Ä T Z E | Le icht , Beweisprobleme b. Urheberrechtsver le tzungen v. Tauschbörsennutzern i . P2P-Netzw.

In den vergangenen Jahren wurden und werden heute nochviele tausende Inhaber von Telefonanschlüssen, über dieComputerverbindungen zum Internet hergestellt werden,wegen Urheberrechtsverletzungen aufgrund rechtswidrigemZurverfügungstellen von Musikangeboten oder auch Video-angeboten im Internet (sogenanntes Uploaden von Musik-/Videofiles beziehungsweise Bereitstellen zum Download) inAnspruch genommen. Sogenannte „Tauschbörsen“ bietenden Internetnutzern über die Anwendung von Filesharing-Systemen die Möglichkeit, mittels Vernetzung der in dieserTauschbörse online befindlichen Nutzer, gewünschte Musik-files oder auch Videofiles auf den eigenen Computer her-unterzuladen, aber auch gleichzeitig auf dem eigenen Rech-ner befindliche Inhalte den anderen Nutzern zum Downloadbereitzuhalten. Agiert ein solcher Internetnutzer also auchals Anbieter der auf seinem Rechner befindlichen Musikda-teien, dann bietet dieser Nutzer ohne Einwilligung der Rechte-inhaber (Komponisten, Tonträgerhersteller, Textdichter) die-se Musikaufnahmen im Internet unter Verletzung vonUrheber- und Leistungsschutzrechten an.

Um von sogenannten Internetdetektiven nicht identifiziertwerden zu können, nutzen Täter, die in großem Umfang Fi-les auf diese Weise downloaden wollen, die zahlreichen Mög-lichkeiten zur Verschleierung der Identifizierbarkeit ihresRechners und damit ihrer Person. Im Folgenden sollen aus-schließlich die zivilrechtlichen Beweisprobleme dargestelltwerden, die sich im Rahmen der Inanspruchnahme von An-schlussinhabern, die der Überzeugung sind, dass von ihremRechner keinerlei Filesharing-Systeme genutzt wurden, erge-ben.

Die möglicherweise parallel hierzu bestehende Verantwort-lichkeit im Rahmen der Störerhaftung des Sharehosters sollhier außer Betracht bleiben, weil es hierzu entsprechendeneue Rechtsprechung gibt1 und in diesem Bereich eigene Be-weisprobleme existieren.

A. Vorschriften der Verletzung von Urheberrechten

Das zur Verfügung stellen von geschützten Tonaufnahmenim Internet mittels Filesharing-Systemen stellt eine unerlaub-te Verwertung dieser Musikstücke dar (§§ 97, 77, 78 Nr. 1, 58,16, 19a UrhG). Da diese Musikstücke zugleich auf diesemWeg unerlaubt verbreitet werden, stellt dies in der Regel aucheine Straftat dar (§§ 106, 108a UrhG).

B. Feststellung des „Täters“

Inzwischen haben sich spezialisierte Internet-Detekteien(Recherche-Gesellschaften) mit zum Teil mehr als 100 Mitar-beitern etabliert, die mithilfe speziell hierfür entwickelterIndividualsoftware 24 Std. am Tag Nutzer von diesen Filesha-ring-Systemen ermitteln. Protokolliert wird hierbei der Datei-

name, die Art des Files, d. h., ob es sich um ein Musik- oderVideo- oder Game-File handelt, die Host- bzw. IP-Adresse deseingeloggten Computers, sowie die Einlogzeit des Internetan-schlusses.

Der Anspruch der Urheberrechtsinhaber auf Mitteilung vonName und Anschrift des Anschlussinhabers findet seine Stüt-ze in § 101 Abs. 9 UrhG, wonach ausdrücklich diese Datennur aufgrund eines Antrages der verletzten Urheberrechtsin-haber beim für den Wohnsitz des Anschlussinhabers zustän-digen Landgericht auf Erlass einer richterlichen Anordnungerhoben und weitergegeben werden dürfen. Diese Verkehrs-daten beschränken sich auf die zulässigen Angaben nach demTelekommunikationsgesetz (TKG), dort § 3 Nr. 30, § 96 Abs. 1TKG. Verkehrsdaten sind demnach solche, die in § 96 Abs. 1des TKG enumerativ abschließend aufgeführt sind. Gespei-cherte Daten, die auch nach § 113a TKG gespeichert werden,dürfen nicht erhoben und an die Urheberrechtsinhaberweitergegeben werden.2 Hinsichtlich der nach § 113a TKGgespeicherten Daten existiert also ein entsprechendes Beweis-erhebungs- und Beweisverwertungsverbot.

Der so verpflichtete Provider teilt der von dem Urheber-rechtsinhaber beauftragten Anwaltskanzlei die entsprechen-den Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG) mit: die Nummer oderKennung des hinsichtlich der angefragten IP-Adresse betei-ligten Telefonanschlusses, die personenbezogenen Berechti-gungserkennungen (Name und Anschrift des Telefonan-schlussinhabers, bei Verwendung von Kundenkarten auchdie Kartennummer, bei mobilen Anschlüssen sogar auch dieStandortdaten), Beginn und das Ende der jeweiligen Verbin-dung sowie die Endpunkte von festgeschalteten Verbindun-gen und sonstige zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung derTelekommunikation sowie zur Entgeltabrechnung notwendi-gen Verkehrsdaten.

Aufgrund der Mitteilung dieser Verkehrsdaten ist es demUrheberrechtsinhaber also nicht möglich, einen konkretenTäter als Person festzustellen. Es wird lediglich Name undAnschrift des Anschlussinhabers mitgeteilt, der jedoch nichtunbedingt der Täter sein muss. Bestreitet der Anschlussinha-ber der Täter zu sein, hat der Verletzte keine zivilrechtlicheMöglichkeit, den wahren Täter zu ermitteln.

C. Inanspruchnahme des Anschlussinhabers

Durch spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien, die sehr große,kapitalkräftige deutsche und auch weltweit agierende Gesell-schaften vertreten, die Inhaber der jeweiligen Urheberrechtesind (oder eventuell nur vorgeben zu sein), werden dieAnschlussinhaber nach den Vorschriften des UrhG inAnspruch genommen und abgemahnt.

Beweisprobleme bei Urheberrechtsverletzungen vonTauschbörsennutzern in P2P-NetzwerkenVon Rechtsanwalt Armin Leicht,* Wolfach

* Der Autor ist Rechtsanwalt in Wolfach.1 OLG Köln, Urt. v. 21.09.2007, Az.: 6 U 86/07; OLG Hamburg,

Urt. v. 28.01.2009, Az.: 5 U 255/07.2 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.05.2009, Az.: 11 W 21/09.

Sollte später im zivilgerichtlichen Verfahren gegen denAnschlussinhaber von diesem die Inhaberschaft der Urheber-rechte der klagenden Gesellschaft bestritten werden, so istklägerseits der Vollbeweis über sämtliche Urheberrechte allerim Klageverfahren angeführten Musikstücke zu erbringen,was sehr genau geprüft werden sollte.

D. Einwendungen des Anschlussinhabers/Beklagten

Der Anschlussinhaber, der zumeist im nachfolgendengerichtlichen Verfahren auch der Beklagte ist, bestreitet seineTäterschaft, weil er der absoluten Überzeugung ist, dass erkein Filesharing-System benutzt hat und auch ein derartigesSystem sich nach seiner Kenntnis nicht auf seinem Compu-ter befindet und er auch keine Vorstellung davon hat, wer derTäter in diesem Falle sein könnte. Insoweit tappt derAnschlussinhaber oftmals im Dunkeln.

Damit kommen alternative Täter in Betracht, für die jedochder Anschlussinhaber im Falle eigener Sorgfaltspflichtverlet-zung haftet.

I. Filesharing durch Mitbewohner oder Angehörige

Die klagenden Urheberrechtsinhaber müssen grundsätzlichden Vollbeweis dafür erbringen, dass der Anschlussinhaberoder eine andere konkret zu benennende Person der Täter derUrheberrechtsverletzung ist.

Da ihnen dieser Nachweis mit Ausnahme beim Eingeständnisdes Täters regelmäßig nicht gelingt, hat die höchstrichterli-che Rechtsprechung eine Beweiserleichterung mit der Störer-haftung des Telefonanschlussinhabers eingeführt.3 Allerdingshaftet er nur als Störer, wenn er selbst ihm obliegende Prü-fungs- und Überwachungspflichten verletzt hat, wobei inBezug auf Familienangehörige und insbesondere seinen Kin-dern gegenüber, Prüfungs- und Überwachungspflichten nurim Rahmen der Erziehung von Kindern in Abhängigkeit vonderen Alter bestehen.4 Dabei ist auch eine dauerhafte Über-prüfung des Handelns der eigenen Kinder oder des Ehepart-ners ohne konkreten Anlass für den Anschlussinhaber nichtzumutbar und bei volljährigen Kindern ist eine einweisendeBelehrung nicht notwendig,5 falls es hierzu keinen sonder-lichen Anlass gibt. Begeht also ein volljähriges Kind, bei demes einer einweisenden Belehrung aufgrund dessen eigenerComputer- und Internetkenntnisse nicht bedarf, eine Urhe-berrechtsverletzung und wird lediglich der Anschlussinhaberals Störer in die Haftung genommen, geht die Klage ins Leere.

Im Hinblick auf Mitbewohner und/oder Angehörige ist eineStörerhaftung des Anschlussinhabers auch dann ausgeschlos-sen, wenn der in Anspruch genommene Anschlussinhaberdarlegen und beweisen kann, dass er selbst zur Tatzeit den PCnicht genutzt hat und dass der Computer aufgrund einesgesicherten Zugangspasswortschutzes und/oder ständig ver-schlossenen Raumes in dem der PC steht oder aufgrund ande-rer Sicherungsvorrichtungen auch durch Familienangehörigeoder andere Mitbewohner nicht nutzbar war. Der Nachweisder Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten zur Tatzeit schließtalso die Anschlussinhaberhaftung als Störer aus.

II. Fehlkonfiguration durch den Provider

Bei Straf- und Zivilrichtern und bei den Staatsanwaltschaftenwird bisher ohne jegliche Reflektion auf die absolute Beweis-geeignetheit und Beweiskraft der festgestellten Verkehrsda-ten, insbesondere der IP-Adresse, vertraut.

So sind jedoch Fälle von Fehlkonfiguration des Switches beimProvider bekannt geworden, wobei mehrere Kunden des Pro-viders an einem Gerät hingen, das sich wie ein ganz norma-ler Switch verhielt. Hier erreichten die Broadcasts sämtlicheProviderkunden. Für einen rekursiv suchenden Recherche-Dienst erscheint somit die Internetverbindung in einem P2P-Netzwerk wie von dem Anschlussinhaber kommend.6

Dies fällt weder dem Anschlussinhaber auf noch dem Recher-che-Dienst.

Bei einer derartigen – versehentlichen – Doppelbelegung desSwitches beim Provider kann also der Parallel-Kunde dieUrheberrechtsverletzung begangen haben, wobei für denRecherche-Dienst nur die IP-Adresse des Anschlussinhabers,der später ermittelt wird, erscheint.

Diese extreme Schwachstelle in dem technischen System derFeststellung von IP-Adressen lässt große Zweifel an derBeweisgeeignetheit der IP-Adresse aufkommen.

III. Internetzugang über W-LAN-Systeme

Gerade Internetnutzer, die sich mittels Filesharing-Systemenmassenhaft rechtswidrigerweise Musiktitel beschaffen, sindbestens über die Möglichkeiten der Manipulation von W-LAN-Systemen und anderen Missbrauchsmöglichkeiten derManipulation von IP-Adressen informiert und nutzen diesein großem Umfang. Ziel solcher Angriffe ist es, über die eige-ne Identität zu täuschen und andere Anschlussinhaber alsVerletzer der Urheberrechte vorzutäuschen. Ist also der Com-puter des Anschlussinhabers nicht per Kabel mit dem DSL-Router oder mit dem Modem in der Wohnung verbunden,sondern wird die Verbindung drahtlos über ein W-LAN-Sys-tem hergestellt, bestehen besondere Gefahren, weil der sicheinloggende Dritte über die tatsächliche IP-Adresse desAnschlussinhabers Urheberrechtsverletzungen begeht. DieDrahtlosnetzwerke reichen mehrere hundert Meter weit, jenach Bebauung, sodass Täter außerhalb des Wohn-/Herr-schaftsbereiches des Anschlussinhabers in Betracht kommen.Es muss jedoch hinsichtlich der verschiedenen W-LAN-Syste-me differenziert werden. Dabei spielt die Rechtsprechung zurStörerhaftung des Anschlussinhabers eine wesentliche Rolle.

1. Ältere W-LAN-Systeme ohne Verschlüsselung

Alte W-LAN-Systeme, die keinen Verschlüsselungsalgorith-mus besitzen, können im Umkreis von bis zu mehreren 100Metern durch Einloggen Dritter mitgenutzt werden, um imSchutz der von ihnen so geschaffenen Anonymität, ohneAngst vor Entdeckung, ungestraft Urheberrechtsverletzungenzu begehen.7

Bereits mit Urteil des LG Hamburg vom 26.07.2006 (Az.: 308O 407/06) wurde der Inhaber eines W-LAN-Internetzugangeszum allgemeinen Schutz vor Urheberrechtsverletzungen imInternet verpflichtet, seinen Computer vor einer unkontrol-lierten öffentlichen Nutzung etwa durch eine Passwortein-richtung technisch zu sichern.8 Diese Verpflichtung kannjedoch nur einem Anschlussinhaber auferlegt werden, dessenW-LAN-System überhaupt über eine derartige Passwortein-

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3 BGH GRUR 1999, 418, 419.4 LG Mannheim, Urt. v. 29.09.2006, Az.: 7 O 76/06.5 LG Mannheim, Urt. v. 29.09.2006, Az.: 7 O 76/06.6 Ausführlich hierzu: CT 2007, Heft 16, 164.7 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.12.2007, Az.: I-20 W 157/07.8 LG Hamburg, Urt. v. 26.07.2006, Az.: 308 O 407/06.

Le icht , Beweisprobleme b. Urheberrechtsver le tzungen v. Tauschbörsennutzern i . P2P-Netzw. | A U F S Ä T Z E

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9 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Wired_Equivalent_Privacy,abgerufen am 16.07.2009.

10 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Wired_Equivalent_Privacy,abgerufen am 16.07.2009.

11 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Wired_Equivalent_Privacy,abgerufen am 16.07.2009.

12 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/WPA2, abgerufen am 16.07.2009.

13 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Ip-adresse, abgerufen am 16.07.2009.

richtung und einen Verschlüsselungsalgorithmus verfügt.Jedenfalls wurde durch das Urteil des LG Düsseldorf vom16.07.2008 (Az.: 12 O 195/08) klargestellt, dass der Anschluss-inhaber die Standardmaßnahmen zur Verschlüsselung seinesW-LAN-Netzwerkes ergreifen muss, um entsprechende Uplo-ads, die zu Urheberrechtsverletzungen durch dritte W-LAN-Nutzer des eigenen Netzwerkes führen, zu verhindern.

Dies bedeutet letztlich, dass Anschlussinhaber, die über nichtverschlüsselbare W-LAN-Systeme verfügen, keine Sorgfalts-pflichtverletzung im Sinne der Störerhaftung als Anschluss-inhaber begehen können, da die entsprechenden Sorgfalts-pflichten, die die Rechtsprechung aufgestellt hat, technischnicht durchführbar sind.

Hierfür obliegt allerdings dem Anschlussinhaber die Darle-gungs- und Beweislast, dass er ein derartiges nicht verschlüs-selbares W-LAN-System im Zeitpunkt der angeblichen Tatbenutzt hat. Jedenfalls reicht dies als Entlastungsbeweisgegenüber dem Anscheinsbeweis der Urheberrechtsverlet-zung über seine IP-Adresse aus.

2. W-LAN-Systeme mit Verschlüsselung

a) WEP-Verschlüsselung

W-LAN-Router mit dem Verschlüsselungsalgorithmus WiredEquivalent Privacy (WEP) gelten inzwischen auch schon alssehr unsicher.9 Dieser Schlüssel kann durch verschiedeneMethoden gebrochen werden: Mittels des Systems „Aircrack“oder „Airsnort“, wobei es gelingt, eine WEP-Verschlüsselungin unter einer Minute zu knacken.10 Verbessert und ausge-weitet wurden die Angriffe z. B. durch den sogenanntenKoreK-Angriff sowie durch Forcieren der Antworten desAccess-Points.11

Für Anschlussinhaber und Recherche-Dienste ist dieser Tat-vorgang nicht feststellbar.

Ein hierzu vom Recherche-Dienst notwendiger daten-techni-scher oder physikalischer – allerdings illegaler – Eingriff indas Computersystem des Einwahlknotens (Einloghosts) odergar in den Computer des Anschlussinhabers soll nach eige-nen Angaben der Internet-Detekteien von diesen mittels dereingesetzten Individualsoftware nicht möglich sein. Über-prüft hat dies wohl noch niemand.

Da also der Anschlussinhaber einen nach der Recht-sprechung notwendigen Verschlüsselungsmechanismusbenutzt, der generell geeignet ist, Dritte vom Zugang zu sei-ner IP-Adresse abzuhalten, hat der Anschlussinhaber keineSorgfaltspflichtverletzung begangen und kann nicht als Stö-rer in die Haftung genommen werden.

Allerdings obliegt dem Anschlussinhaber hierbei die Darle-gungs- und Beweislast für den Einsatz des W-LAN-Systemsmit eingeschalteter WEP-Verschlüsselung zum Tatzeitpunkt.Mehr kann allerdings von dem Anschlussinhaber nichterwartet werden. Auch im Nachhinein kann nicht festgestelltwerden, dass ein Dritter über die Entschlüsselung seinesWEP-W-LAN-Systems Zugang über seine IP-Adresse im Inter-net hatte.

Ebenso wenig kann dem normalen Internetnutzer, der überkeinerlei vertieften Kenntnisse über Hacker- und Cracker-Möglichkeiten verfügt, zur Auflage gemacht werden, sichständig über inzwischen geknackte Verschlüsselungscodes zuinformieren und ggf. Systeme mit höherem Sicherheitsstan-dard anzuschaffen.

b) WPA/WPA2-Verschlüsselung

Dasselbe gilt für die Verschlüsselungsmethode des Wi-Fi Pro-tected Access (WPA) und die neuere WPA2-Verschlüsselung,die die grundlegenden Funktionen des neuen Sicherheits-standards IEEE 802.11i (IEEE 802.11n) implementiert hat.WPA2 erfüllt hierbei die strengen Sicherheitsvorschriften fürden Datenaustausch in US-Behörden nach FIPS 140/2.12

Sollte also der Anschlussinhaber nachweislich über ein W-LAN-System mit WPA- oder WPA2- Verschlüsselung verfügen,ist der Anschlussinhaber seiner Sorgfaltspflicht nachgekom-men und es ist nicht davon auszugehen, dass der Angriff desDritten über dieses W-LAN-System erfolgte.

IV. Missbrauch der IP-Adresse

Die Internet-Detekteien sind aus technischer Sicht nur in derLage, die sogenannte IP-Adresse, die einem konkreten Tele-fonanschlussinhaber zugeordnet werden kann, zu ermitteln.Bisher wurde von sämtlichen Gerichten und von den betei-ligten Parteien und ihren Vertretern sowie den Staatsanwalt-schaften die IP-Adresse ausschließlich als das Beweismittelbehandelt, das absolut beweiskräftig Täterschaft oder Störer-eigenschaft des Anschlussinhabers nachweisen würde. Diesist jedoch mit guten Gründen infrage zu stellen.

1. Beweisgeeignetheit der IP-Adresse

Grundsätzlich ist die IP-Adresse geeignet, auch wenn es sichum eine dynamische IP-Adresse handelt, einen konkreten Tele-fonanschlussinhaber zu ermitteln. Diese IP-Adresse zählt zuden Verkehrsdaten, die gemäß § 96 Abs. 1 TKG zu den gespei-cherten und zu offenbarenden Verkehrsdaten zählt. Es habensich jedoch in den letzten Jahren zahlreiche Methoden her-ausgestellt, womit gerade Internetnutzer, die es auf massenhaf-ten Austausch von Musikstücken anlegen, in der Lage sind, dieIP-Adresse auszuspionieren und/oder zu manipulieren bzw.den entsprechenden Datenverkehr damit zu manipulieren.

a) Erzeugung der dynamischen IP-Adresse

Im Normalfall wird nur einem Computer auch nur eine IP-Adresse zugeordnet. Überwiegend werden im Internet IPv4-Adressen, bestehend aus 32 Bits, verwendet. Aufgrund desbeschränkt nutzbaren Adressraums von lediglich4.294.967.296 Adressen, wurde inzwischen der IPv6-Standardmit 2128 Adressmöglichkeiten entwickelt. Jede IPv4-Adressewird durch eine Netzmaske in ein Netzwerk- und Geräteteilgetrennt.13 Die 32 Bit-Adresse teilt sich auf in eine MAC-Adresse der jeweiligen Computer-Netzwerkkarte des Internet-nutzers, die den Zugang zum Internet herstellt und in denHostteil, der die Kennung des Netzwerkknotens enthält, wo-rüber der Internetnutzer den Zugang über seinen jeweiligenProvider zum Internet herstellt. Bis zum Endgerät/Empfängerkann dann nach dem Einwahl-Router das IP-Paket viele Netzeund sehr viele Router durchlaufen, die nicht unbedingt aufdem Boden der BRD stehen müssen. In aller Regel wird demnormalen Internet-Nutzer, der ja gerade nicht über eine

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Standleitung zu seinem Provider verfügt, bei jeder neuen Ver-bindung mit dem Internet eine neue IP-Adresse zugewiesen,was „dynamische Adressierung“ genannt wird.

b) Routing im Internet

Loggt sich also der Anschlussinhaber über seine LAN-Netz-werkkarte mittels Kabel oder W-LAN über den Internet-Rou-ter in seiner Wohnung zum Einwahlknoten-Router seinesBezirks ein und erhält eine dynamische IP-Adresse, werdendie von ihm versandten Datenpakete über zahlreiche Netzeund zumeist Proxyserver zum gewünschten Empfänger gelei-tet. Hier bieten vor allem die Proxyserver gut geeignete Mög-lichkeiten für urheberrechtsverletzende Internetnutzer, umz. B. Phishing von IP-Adressen zu betreiben. Dieses Phishingdynamisch erzeugter IP-Adressen, das inzwischen auch Spoo-fing genannt wird, bleibt dem Anschlussinhaber als Internet-nutzer wie auch dem Recherche-Dienst, der die im Internetgenutzten Filesharing-Systeme „abhört“, völlig verborgen.Ein Nachweis ist weder während der Recherchedienst-Sitzungnoch im Nachhinein in irgendeiner Weise zu führen.

c) Missbrauch durch Spoofing-Attacken

Täuschungsversuche in Computernetzwerken zur Verschleie-rung der eigenen Identität nennt man Spoofing. Spoofingumfasst heutzutage alle Methoden, mit denen sich Authenti-fizierungs- und Identifikationsverfahren untergraben lassen,welche auf der Verwendung vertrauenswürdiger Adressenoder Hostnamen in Netzwerkprotokollen beruhen.14 Unterden vielen Spoofing-Methoden kommen das sogenannteARP-Spoofing, das MAC-Spoofing und das IP-Spoofing hin-sichtlich der Verfälschung bzw. Verschleierung der eigenenIdentität bei Nutzung von Filesharing-Systemen, in denenUrheberrechtsverletzungen möglich sind, in Betracht.

aa) MAC-Spoofing

Beim sogenannten MAC-Spoofing lässt sich vom Täter dieMAC-Adresse, die die eindeutige Adresse der Netzwerkkartedes Anschlussinhabers darstellt und zusammen mit der IP-Adresse über das Internet an den Empfänger weitergeleitetwird, durch entsprechende Software sehr einfach auslesenund verändern,15 um sie als Spiegel vor oder besser anstelleseiner eigenen MAC-Adresse zu verwenden.

bb) ARP-Spoofing

ARP-Spoofing oder auch ARP-Request-Poisoning wird dazubenutzt, um die ARP-Tabellen in einem Netzwerk so zu ver-ändern, dass anschließend der Datenverkehr zwischen zweiRechnern in einem geswitchten oder ungeswitchten Netz-werk abgehört und manipuliert werden kann (Man-in-the-middle-Angriff).16 Inzwischen existiert für diese Art der Spio-nage professionelle Software, die kostenlos im Interneterhältlich ist und zudem relativ leicht zu bedienen ist.17

cc) IP-Spoofing

Mittels IP-Spoofing werden IP-Pakete mit gefälschter Quell-IP-Adresse versandt. Für den Empfänger stellt sich dies dann sodar, als würde der tatsächliche Anschlussinhaber der entspre-chende Absender sein. Das inzwischen massenhaft verbreiteteIP-Spoofing18 wird erleichtert über das Fyodors-Idle-Scan, dasauch innerhalb der relativ sicheren TCP-Verbindung das Sen-den von SYN/ACK-Paketen ausnutzt, um die Reihenfolge derIdentification Numbers (IP-ID) vorhersagen zu können.

dd) Zwischenergebnis

Das Einloggen in die Filesharing-Systeme zum Down- undUpload von Musikfiles geht also immer von einem Angreifer

aus, der niemals und nirgendwo lokalisiert werden kann undsich meistens über einen irgendwo im Internet-Routing-Sys-tem befindlichen fremden Proxyserver eingeloggt hat. Dereigentliche Urheberrechtsverletzer lässt also das Datenpaketso aussehen, als ob es von einer anderen Maschine, also voneinem anderen Host gesendet würde. Damit wird also die IP-adressbasierte Authentifizierung im Netzwerk ausgetrickst.

Sämtliche IP-Spoofing-Angriffe können von den Recherche-diensten nicht erkannt werden, auch nicht mit der Software„Argus“, die im Zeitraum der Übertragung der Musikfileseinen Zugang zum Subnetz des Anschlussinhabers voraus-setzt, was aber von den Recherchediensten legal nichtgenutzt werden kann.

Die von den Urheberrechtsinhabern beauftragten Rechtsan-waltskanzleien behaupten pauschal, die von ihren Mandan-ten eingeschalteten Internet-Detekteien hätten bisher nochnie Spoofing-Angriffe festgestellt. Diese Aussage ist nur zumTeil richtig, weil es objektiv, d. h. technisch weder währendder Recherche-Sitzung noch nachträglich vom Recherche-Dienst möglich ist, festzustellen, ob und in welcher Formund von welchem Ort, d. h. von welchem Router, und letzt-lich von welchem konkreten Nutzer ein derartiger Angrifferfolgt. Hieraus kann auch nicht von den Urheberrechtsin-habern der Schluss gezogen werden, dass solche Manipula-tionen tatsächlich nicht oder nur selten vorgekommen sind.Die Realität sieht wohl ganz anders aus.

Die Recherche-Dienste können somit lediglich die zum Emp-fänger geleiteten Datenpakete der zum Download bereitge-stellten Dateien inklusive IP-Adresse abfragen, ohne jedochphysikalisch exakt den vom Urheberrechtsverletzer benutz-ten Einwahl-Host lokalisieren zu können. Der tatsächlicheFilesharing-Nutzer ist weder datentechnisch noch elektro-nisch feststellbar.

Den den Anspruch stellenden Urheberrechtsinhabern gelingtes also im Bestreitensfalle nicht, den Nachweis zu führen,dass die Urheberrechtsverletzung ausschließlich vomAnschluss des beklagten Anschlussinhabers aus begangenwurde.

Das geringe Interesse der Verletzten an einer solchen Feststel-lung eventuell vom Ausland aus begangener Taten und Täterbasiert darauf, dass es viel einfacher und schneller für dieUrheberrechtsinhaber ist, über die scheinbar festgestellte IP-Adresse den in Deutschland ansässigen Anschlussinhaber alsStörer in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der fatalenUnkenntnis der Manipulationsmöglichkeiten seiner IP-Adresse gelingt es diesem auch nicht, aufgrund der derzeiti-gen Rechtsprechungspraxis konkrete Argumente gegen denAnscheinsbeweis der IP-Adresse vorzutragen.

Festzuhalten ist jedoch, dass aufgrund der fast zahllosen (hierwerden nur die gängigsten IP-Adress-Attacken dargestellt)Möglichkeiten, die IP-Adresse eines Anschlussinhabers vonDritten im Wege der Täuschung benutzen zu können, dieRechtsprechung dazu übergehen sollte, die IP-Adresse grund-

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14 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/spoofing.15 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/MAC-Filter, abgerufen am

14.07.2009.16 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/ARP -Spoofing, abgerufen am

16.07.2009.17 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/ARP-Spoofing, abgerufen am

16.07.2009.18 Siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/IP-spoofing, abgerufen am

16.07.2009.

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19 Zöller-Greger, 26. Aufl. 2007, vor § 284 Rn. 29.20 Zöller-Greger, a.a.O. (s. Fn. 19), vor § 284 Rn. 29.21 OLG Celle, Urt. v. 10.06.2009, Az.: 3 U 2/09.22 Zöller-Greger, a.a.O. (s. Fn. 19), vor § 284 Rn. 29.

sätzlich nicht mehr als beweistauglich anzusehen. Jedenfallshaben die bisher veröffentlichten Urteile hierauf keinerleiBezug genommen, weil möglicherweise diese Ansatzpunktebisher vor den Instanzgerichten beklagtenseits nicht vorge-tragen wurden.

Im Sinne des Schutzes tausender Internetnutzer, die als nichtrechtsverletzende Nutzer das Internet besuchen und im Zugedessen deren IP-Adresse gespooft wird, sollte wegen der mas-senhaften Betroffenheit der Verbraucher die Rechtsprechungdie IP-Adresse als grundsätzlich beweisuntauglich qualifizie-ren. Dies gilt für Zivilverfahren ebenso wie für Strafverfahren.

2. Beweislast bei Spoofing-Attacken

Geht das erkennende Gericht nicht von einer grundsätz-lichen Untauglichkeit der IP-Adresse als Beweis für die vomAnschluss des Beklagten angeblich ausgehende Urheber-rechtsverletzung aus, stellt sich die Frage, ob die IP-Adresseüberhaupt noch als Beweis des ersten Anscheins (so wohl diePraxis der bisherigen Rechtsprechung) tauglich ist und selbstwenn ja, ob der beklagte Anschlussinhaber verpflichtet wer-den kann, diesen nach den bisherigen Regeln des vereinfach-ten Gegenbeweises zu erschüttern.

Die im unendlichen World-Wide-Web durchführbaren Mani-pulationsmöglichkeiten zum Vortäuschen der eigenen Iden-tität werfen daher rechtliche Fragen hinsichtlich der Beweis-last bei der Inanspruchnahme eines Anschlussinhabers alsTäter/Störer auf.

a) Anscheinsbeweis der IP-Adresse

Der Beweis des ersten Anscheins erlaubt bei „typischenGeschehensabläufen“ den Nachweis eines kausalenZusammenhangs oder eines schuldhaften Verhaltens ohneexakte Tatsachengrundlage, sondern aufgrund von Erfah-rungsgrundsätzen. Hierzu muss ein typischer Geschehensab-lauf unstreitig oder mit Vollbeweis feststehen, bei dem nachder Lebenserfahrung auf die Verursachung durch einbestimmtes Verhalten geschlossen werden kann.19

Als typischer Geschehensablauf wäre also hier die Feststel-lung der IP-Adresse durch die Internet-Detekteien im Rah-men des Abgreifens des Datenpaketes während einer Filesha-ring-Sitzung eines Urheberrechtsverletzers zu nennen, wo-raus dann die Identität des Anschlussinhabers ermittelt wird.Hieraus könnte dann geschlossen werden, dass derAnschlussinhaber selbst oder – aufgrund einer Sorgfalts-pflichtverletzung desselben – eventuell Dritte die Urheber-rechtsverletzung begangen haben. Zunächst erscheint dieserGeschehensablauf relativ lebensnah, er ist jedoch nicht alstypisch anzusehen, weil es – wie oben dargestellt – zahlreichpraktizierte Methoden der unerlaubten Nutzung der IP-Adresse eines Anschlussinhabers gibt, um die eigene Identität(des wahren Täters) zu verschleiern. Es stellt sich also durch-aus die kritische Frage, ob durch die bloße Feststellung der IP-Adresse, die die Identität des (scheinbaren) Anschlussinha-bers vermittelt, der notwendige Vollbeweis durch den Klägererbracht ist. Dies ist aufgrund der allzu fehlerbehaftetenErmittlungsmöglichkeit der IP-Adresse eindeutig zu vernei-nen.

Bestreitet der Beklagte trotz Feststellung seiner Identität seineTäterschaft oder Störereigenschaft, so ist das Gericht grund-sätzlich verpflichtet, in die Bewertung des Geschehens als„typisch“ alle bekannten Umstände (durch Klägervortrag,unstreitigen Vortrag oder vom Gericht festgestellt) einzube-

ziehen.20 Es wären also die Manipulationsmöglichkeiten hin-sichtlich der IP-Adresse zu berücksichtigen, wobei sie aller-dings weder vom Kläger noch vom Beklagten für den kon-kreten Fall (Manipulationsattacken während der Filesharing-Sitzung) als „tatsächlich geschehen“ vorgetragen werdenkönnen, da sie schließlich objektiv zu keinem Zeitpunkt fest-stellbar sind, und auch deshalb vom Gericht oder von einemSachverständigen nicht festgestellt werden können.

Der prima-facie-Beweis scheidet jedenfalls auch dann aus,wenn mehrere plausible Geschehensabläufe denkbar sindund ein Missbrauch der Daten nicht ausgeschlossen werdenkann.21

Gerade wegen der vielfältigen perfiden Formen der Identi-tätstäuschung im Internet, die zu einem Missbrauch der IP-Adresse führen und dieser niemals ausgeschlossen werdenkann, entfällt die Annahme eines typischen Geschehensab-laufes und somit die Annahme eines Anscheinsbeweises fürdie IP-Adresse.

Folgerichtig müsste vom Kläger weiterer Vortrag unterBeweisantritt gebracht werden, der den Computer des inAnspruch genommenen Anschlussinhabers als den tatsäch-lichen Ausgangspunkt für die Urheberrechtsverletzung imWege des Vollbeweises identifiziert. Dies ist zumindest daten-technisch und physikalisch unter Anwendung legaler Metho-den nicht möglich.

b) Erschüttern des Anscheinsbeweises

Sollte das erkennende Gericht dennoch weiterhin von einemAnscheinsbeweis der IP-Adresse für die Inanspruchnahme desAnschlussinhabers als Täter oder Störer ausgehen, so istzunächst nur ein vorläufiger Beweis erbracht, den der Beklag-te durch einen vereinfachten Gegenbeweis erschüttern kann.Er braucht zwar nur die Möglichkeit eines anderen als deserfahrungsgemäßen Ablaufs zu beweisen, allerdings unterlie-gen die Tatsachen, aus denen eine solche Möglichkeit abge-leitet werden soll, dem Vollbeweis.22

aa) Technische Tatsachen

Dem Beklagten ist es während der angeblich festgestelltenFilesharing-Sitzung seiner oder einer dritten Person von sei-nem Anschluss aus als normalem Internet-Nutzer technischnicht möglich, derartige Angriffe, auf die er zudem nicht vor-bereitet ist, zu eruieren, noch hat er hierzu jegliche Veranlas-sung.

Auch können solche Tatsachen, aus denen die Möglichkeitder illegalen Identitätsnutzung durch einen dritten Täterabgeleitet werden könnte, von den Internet-Detekteien wäh-rend ihrer Recherche-Sitzung legal nicht festgestellt werden.

Deshalb laufen letztlich auch die Grundsätze zu Beweiser-leichterungen beim Beklagten und sogar eine Beweislastum-kehr zulasten des Klägers in Bezug auf technische Nachweiseins Leere.

bb) Anderweitige Tatsachen

Des Weiteren bleibt noch der Vortrag des beklagtenAnschlussinhabers, unter Beweisantritt darzulegen, dass es

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ihm zu der angeblichen Tatzeit nicht möglich war, seinenComputer via Internet zu nutzen.

Hat nur er alleine Zugang zu seinem Computer und gelingtihm dieser Nachweis nicht, ist dennoch seitens des Gerichtsob der nicht feststellbaren perfiden technischen Manipula-tionsmöglichkeiten Dritter grundsätzlich im Wege derBeweiserleichterung (aufgrund Unbilligkeit der vorgezeichne-ten Konsequenz der Verurteilung als Störer) die Vernehmungder beklagten Partei von Amts wegen (§ 448 ZPO) durchzu-führen. Dem sollte (nicht muss) allerdings ein entsprechen-der Antrag des Beklagten mit erläuterndem Vortrag vorausge-hen. Die Entscheidung bleibt dann der Beweiswürdigung desGerichts überlassen.

Hinsichtlich eventueller Mitbewohner/Angehöriger desAnschlussinhabers kann der beklagte Anschlussinhaber diesePersonen unter entsprechendem Vortrag der von der Recht-sprechung entwickelten Sorgfaltspflichten des Anschlussin-habers als Zeugen benennen, wenn auch diese aufgrundZugangs-Passwortschutzes oder ähnlicher Sicherungseinrich-

tungen oder wegen Abwesenheit nicht in der Lage waren, zudem vom Kläger behaupteten Tatzeitpunkt vom festgestelltenAnschluss aus das Internet zu nutzen.

Auf diese Weise wäre dem vereinfachten Gegenbeweis Rech-nung getragen und zumindest unter dem Aspekt der IP-Adresse die Klage abzuweisen.

E. Ergebnis

Zumindest die hier aufgezeigten technischen Manipulations-möglichkeiten zur Verschleierung der wirklichen Täteridentitätsollten Gerichte wie auch Rechtsanwälte als Vertreter inAnspruch genommener Personen veranlassen, von der bisheri-gen Praxis der Technikhörigkeit abzurücken und in den prob-lematisierten Fallkonstellationen mehr Sensibilität zu entwi-ckeln und vor allem mehr Sachverhaltsaufklärung zugunstender wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung zivil- wie straf-rechtlich in Anspruch genommenen Personen zu betreiben.

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M U LT I M E D I A

Fehlende Handelsregister- und Umsatzsteuer ID-Nr.im Impressum einer Website

1. Der Betreiber eines Web-Shops, der im Impressum seinerWebsite die Angabe der Handelsregister- und der Umsatz-steuer- (bzw. Wirtschafts-) identifikationsnummer unterlässt,handelt wettbewerbswidrig.

2. Spätestens seit der Umsetzung von Art. 7 Abs. 5 der UGP-Richtlinie am 30.12.2008 kann bei einem derartigen Handelngegen die Informationspflichten nicht mehr von einem Baga-tellverstoß i. S. v. § 3 Abs. 1 UWG ausgegangen werden.

(Leitsätze des Bearbeiters)

OLG Hamm, Urt. v. 02.04.2009, Az.: 4 U 213/08

(ID 43873)

bearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Sachverhalt (zusammengefasst):

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung vorgerichtlicher Ab-mahnkosten in Höhe von 755,80 Euro in Anspruch. Sie mahntediese wegen unterlassener Angaben des Handelsregisters nebst zu-gehöriger Nummer und einer Umsatzsteueridentitätsnummernach dem UStG oder einer Wirtschaftsidentitätsnummer nachder AO im Impressum ihrer Website wegen Verstoßes gegen § 5TMG und §§ 312 c BGB, 1 Info-VO ab.

Das Landgericht hat der Klage aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG stattge-geben, weil die Abmahnung gemäß §§ 8 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG;312 c BGB i. V. m. §§ 5 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 6 TMG berechtigt gewesensei. Die Beklagte greift das Urteil mit der Begründung an, dass essich lediglich um Bagatellverstöße i. S. v. § 3 UWG handele. Diefehlenden Angaben seien unter Gesichtspunkten des Verbrau-cherschutzes „völlig irrelevant”.

Gründe (zusammengefasst):

Das OLG Hamm hat die Berufung der Beklagten als unbe-gründet zurückgewiesen.

Die Klägerin ist als unmittelbare Mitbewerberin zur Geltend-machung der unstreitig gegebenen Verstöße gegen dieImpressumspflicht (§§ 312 c BGB i. V. m. §§ 5 Abs. 1 Nr. 4,Nr. 6 TMG) gemäß § 8 Abs. 1 UWG befugt. Bei der Ver-pflichtung, Angaben wie die Handelsregistereintragung undUmsatzsteueridentifikationsnummer leicht erkennbar,unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten, han-delt es sich um Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 4 Nr. 11UWG. Die geforderten Informationen dienen dem Verbrau-cherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrach-ten Telediensten (vgl. BGH GRUR 2007, 159, - Anbieterkenn-zeichnung im Internet; Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler,UWG, 27. Aufl. 2009, § 4 Rn. 11.169 m. w. N.).

Es handelt sich nicht lediglich um Bagatellverstöße i. S. v. § 3Abs. 1 UWG, zumal hierbei bereits seit dem 12.12.2007 dieVorschriften der Richtlinie 2005/29/EG über unlautereGeschäftspraktiken zu berücksichtigen sind, die in das neue,am 30.12.2008 in Kraft getretene UWG eingeflossen sind.

Die Angabe der Handelsregisternummer dient einerseits derIdentifizierung des Anbieters und andererseits einer Art Exis-tenznachweis. Wer im Handelsregister eingetragen ist, exis-tiert zumindest formell und ist nicht nur ein Phantasiegebil-de (Fezer-Mankowski, UWG, 2005, § 4, S12 Rn. 168). Außer-dem ergeben sich hieraus die gesellschaftsrechtlichen Haf-tungsgrundlagen. Diese Umstände sind für den Verbraucher,der den Anbieter nötigenfalls in Anspruch nehmen und ver-klagen will, von überaus großer Bedeutung. Allein die Mög-

R E C H T S P R E C H U N G *

* Alle Urteile sind im Volltext in der FIS-Datenbank mit der jeweiligen IDabrufbar unter: www.iff-hamburg.de

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R E C H T S P R E C H U N G | Mult imedia

lichkeit der Kontaktierung durch die Angabe des Namensund der Adressdaten reicht insofern keinesfalls aus. Das – völ-lige – Fehlen der Angabe des Handelsregisters und der Regis-ternummer kann jedenfalls seit Inkrafttreten der UGP-Richt-linie und damit auch zum Zeitpunkt des Verstoßes nichtmehr als eine wettbewerbsrechtliche Bagatelle angesehenwerden.

Der Verstoß ist geeignet, das wirtschaftliche Verhalten desDurchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. NachArt. 7 Abs. 5 der UGP- Richtlinie werden als wesentlich alleInformationen eingestuft, die das Gemeinschaftsrecht inBezug auf die kommerzielle Kommunikation vorsieht, soauch nach Anhang II zu dieser Vorschrift die Pflichtangabendes Art. 5 der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte Aspekteder Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere deselektronischen Verkehrs im Binnenmarkt. Diese ist damals in§ 6 TDG umgesetzt worden, der Vorschrift, die dem § 5 TMGentspricht. Sie verlangt die Angabe des Handelsregisters undder entsprechenden Registernummer.

Unabhängig von dieser eindeutigen europarechtlichen Vor-gabe, ist es auch gerade Zweck der Anbieterkennzeichnung,darauf hinzuwirken, dass gewisse Standards bei der Angabevon dem Verbraucherschutz dienenden Informationen gebil-det und eingehalten werden. Dies schließt es aus, bei einemVerstoß gegen den Kern einer Schutzvorschrift danach zuunterscheiden, welche der Pflichtangaben, die der Gesetzge-ber im TMG für erforderlich hält, wesentlich sind und welchenicht.

Da sich eine Differenzierung nach den einzelnen Informa-tionsangaben verbietet, gilt entsprechendes auch in Bezugauf die Umsatzsteueridentifikationsnummer oder die Wirt-schaftsidentifikationsnummer i. S. v. § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG.Diese mögen weniger dem Kunden- bzw. Verbraucherschutzals vielmehr dem Fiskus dienen (vgl. Spindler/Schuster, Rechtder elektronischen Medien, 2008, TMG, § 5 Rn. 65). Gegendie Annahme eines Bagatellverstoßes spricht jedoch ent-scheidend, dass sich das Gericht als Rechtsprechungsorgannicht erheben und abweichend von den europarechtlichenVorgaben nunmehr aus eigener Machtvollkommenheit ent-scheiden kann, dass die geforderten Angaben eben dochunwesentlich und von daher nicht zu ahnden sind.

Praxistipp:

Untersuchungen zeigen in regelmäßigen Abständen, dasseine Vielzahl von Anbietern von Telemedien den gesetz-lichen Anforderungen an die Impressumspflicht nicht voll-umfänglich genügen (ausführlicher zu diesen Ott,http://www.linksandlaw.info). Ein vorsätzlicher oder fahrläs-siger Verstoß kann aber als Ordnungswidrigkeit mit einemBußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden (§ 16 IINr. 1, III TMG). Daneben können die nach § 3 UKlaGanspruchsberechtigten Stellen einen Unterlassungsanspruchgeltend machen, weil ein Verstoß gegen die Impressums-pflicht eine Zuwiderhandlung gegen eine Vorschrift darstellt,die dem Schutz der Verbraucher dient. Schließlich drohenkostenpflichtige Abmahnungen von Konkurrenten. Wie dasUrteil des OLG Hamm zeigt, ist dabei die Argumentationeines Bagatellverstoßes bei fehlenden Angaben nicht (mehr)möglich.

Blickfangwerbung für Internetdienste-Clubmitgliedschaft

1. Eine kostenlose „Premium Funktion” für besonders treueKunden ist kein Geschenk, sondern eine irreführende Blick-fangwerbung, wenn Kunden eine Art Probeabonnement an-gedient wird, an das sich, falls nicht rechtzeitig die Kündigungerfolgt, nahtlos ein kostenpflichtiges Abonnement anschließt.

2. Blickfangwerbung setzt nicht voraus, dass verschiedeneProdukte beworben werden. Es genügt, dass im Rahmen ei-ner Werbeanzeige einzelne Aussagen besonders hervorgeho-ben werden.

3. Ob ein aufklärender Sternchen-Hinweis eine Irreführungausschließt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. DerHinweis ist jedoch dann nicht genügend, wenn er an einemWort festgemacht ist, das selbst nicht hinreichend am Blick-fang teilnimmt.(Leitsätze des Bearbeiters)

OLG Koblenz, Urt. v. 18.03.2009, Az.: 4 U 1173/08

(ID 43874)

bearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Sachverhalt (zusammengefasst):

Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeiteiner Internetwerbung der Beklagten. Diese hatte Kunden per E-Mail Werbemitteilungen übermittelt, die als Treuegeschenk einedreimonatige kostenlose Nutzung der Premium-Funktion der E-Mail-Dienstleistungen der Beklagten anpreisen. Die Überschrift„Dankeschön! Vielen Dank für Ihre Treue!” ist dabei deutlich her-vorgehoben. Es folgt in um ein vielfaches kleinerer Schrift die An-gabe der Gründe, warum ein Dankeschön für die Treue gewährtwerden soll, danach der Satz „Genießen Sie drei Monate lang allePremium-Funktionen rund um W... Freemail kostenlos*!”. Darun-ter aufgeführt heißt es abermals in großen Buchstaben „UnserDankeschön exklusiv für Sie!”, daneben finden sich sowohl durchein auffälliges Aufzählungszeichen als auch durch Fettdruckblickfangmäßig herausgestellt vier Vorteile, die dem Kunden ge-währt werden sollen. Darunter befindet sich ein ebenfalls farblichund durch ein Logo deutlich betonter Button mit der in Fettdruckgehaltenen Aufschrift „Dankeschön auspacken”. Durch das Betä-tigen des Buttons bestätigt ein Nutzer eine Mitgliedschaft in demW...-Club, wobei sich die dreimonatige kostenlose Mitgliedschaftautomatisch um 12 Monate zum Preis von fünf pro Monat ver-längert, wenn der Verbraucher nicht innerhalb der ersten dreiMonate den Vertrag kündigt. Hierauf wird in einem Hinweis zudem Treuegeschenk unterhalb des Buttons hingewiesen. Der ent-sprechende Text löst das Sternchen neben dem Wörtchen „kos-tenlos“ auf.

Der Kläger, der bundesweit tätige Dachverband aller 16 Verbrau-cherzentralen, sieht hierin einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11UWG i. V. m. §§ 1 Abs. 1 PAngV, 5 UWG, da die Gestaltung derWerbung den Eindruck einer Geschenkaktion erwecke, obwohlletztlich eine kostenpflichtige Clubmitgliedschaft angeboten wer-de. Auch werde nur der Monatspreis für die Clubmitgliedschaftgenannt, nicht jedoch der Endpreis, der für die Leistung insge-samt zu zahlen ist.

Gründe (zusammengefasst):

Das OLG Koblenz hat einen Unterlassungsanspruch aufgrundder von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zurBlickfangwerbung bejaht.

Von Blickfangwerbung wird gesprochen, wenn im Rahmeneiner Gesamtankündigung einzelne Angaben im Vergleich zu

VuR 9/2009 | 353

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sonstigen Angaben besonders herausgestellt sind, wodurchdie Aufmerksamkeit des Publikums erweckt werden soll(Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 5 Rn. 2.93). Dabei ist esnicht erforderlich, dass verschiedene Produkte beworbenwerden. Es genügt vielmehr, dass – wie bei der Werbung derBeklagten – im Rahmen einer Werbeanzeige einzelne Aussa-gen besonders hervorgehoben werden. Der angeblicheGeschenkcharakter ist mit übereinander gestapeltenGeschenkpäckchen, einem festtagsmäßig mit einem Hutgeschmückten Hund und durch das in großen Buchstaben inFettdruck geschriebene „Dankeschön” mehrfach betont.

Der Geschenkcharakter ist irreführend. Dem Kunden wirdkeine Vergünstigung gewährt, vielmehr wird ihm eine ArtProbeabonnement angedient, an das sich, falls nicht recht-zeitig die Kündigung erfolgt, nahtlos ein kostenpflichtigesAbonnement der von der Beklagten zur Verfügung gestelltenLeistungen anschließt.

Eine irrtumsausschließende Aufklärung ist nicht erfolgt. Einesolche kann nach der Rechtsprechung des BGH durch einenklaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen, wenndieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zuden herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (vgl. BGHZ 139,368, 376 - Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 17.02.2000, Az.:I ZR 254/97, GRUR 2000, 911, 912 = WRP 2000, 1248 – Com-puterwerbung I; Urt. v. 24.10.2002, Az.: I ZR 50/00 – Compu-terwerbung II, NJW 2003, 894).

Der Sternchenhinweis ist jedoch im konkreten Fall nicht hin-reichend deutlich. Die Anordnung der Schriftzeichen birgtauch für den situationsangemessen aufmerksamen Kundendie Gefahr, lediglich die Titelleiste, die abgesetzte und her-vorgehobene Aufzählung der Vorteile und den Dankeschön-Button zu registrieren, während die in kleiner Schrift gehal-tene Aussage zu den Premium- Funktionen nebst dem in sieintegrierten Sternchenhinweis leicht überlesen werden. Dassder Hinweis “kostenlos*” in Fettdruck gehalten ist, reicht imHinblick auf die geringe Größe der Schrift dieses Wortes unddie allein aufgrund ihres Umfangs den Blick auf sich ziehen-de Aufzählung darunter nicht aus, ein Überlesen zu verhin-dern. Darauf, ob die Einteilung des Bildschirms auch noch sogehalten war, dass der Kunde scrollen musste, um den Stern-chenhinweis zu finden, d. h. dieser nur bei sorgfältigererUntersuchung der Seite auffindbar war, kommt es dahernicht mehr an.

In der Darstellung des Preises für eine Club-Mitgliedschaft inder Form „Sofern Sie Ihre Club-Mitgliedschaft nicht inner-halb von drei Monaten beenden, verlängert sich Ihr Vertragum weitere 12 Monate zum Preis von nur 5,- Euro/Monat”sah das OLG keinen Verstoß gegen die Preisangabenverord-nung. Die Mitgliedschaft verschafft dem Kunden vor allenDingen Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommuni-kation, z. B. die Nutzung von E-Mail oder die sog. MaxdomeMOVIE-FLAT. Bei sog. Flatrates ist es üblich, die Kosten proMonat anzugeben. Die Angabe jährlicher Preise beziehungs-weise der über die (Mindest-) Vertragslaufzeit hinweg anfal-lende Preis würde die Vergleichbarkeit der Leistungen für denKunden somit nicht erleichtern, sondern erschweren. Hinzukommt, dass ein Endpreis auch deswegen nicht zuverlässiggenannt werden kann, weil es sich bei der Mitgliedschaft umein Dauerschuldverhältnis handelt, dessen Ende bei Vertrags-schluss nicht abzusehen ist. Die Mitgliedschaft endet nichtautomatisch nach einem Jahr, sondern verlängert sich überdiesen Zeitraum hinaus, wenn der Kunde nicht kündigt.

Praxistipp:

Abofallen oder als „Geschenk” beworbene Werbeversprechenwerden zunehmend Gegenstand von Gerichtsverfahren(siehe zuletzt auch OLG Frankfurt, Urt. v. 04.12.2008, Az.:6 U 186/07, in VuR 2009, 151). Die bisherige oberlandesge-richtliche Rechtsprechung schiebt derartigen Geschäftsmo-dellen mit erfreulich klaren Worten einen Riegel vor, so auchdas OLG Koblenz in dem Verfahren um eine irreführendeGeschenkwerbung für eine Club-Mitgliedschaft. Verbraucherhaben daher gute Chancen, entsprechende Rechnungennicht zahlen zu müssen und sollten sich gegen Zahlungsauf-orderungen/Mahnungen zur Wehr setzen. Anbieter könnensich bei Blickfangwerbung nicht darauf berufen, dass dieGefahr einer Irreführung durch die als Blickfang eingesetztenAngaben durch den übrigen Text beseitigt würde. Der Blick-fang für sich genommen muss zutreffend sein.

Angabe von Auslandsversandkosten

1. Sowohl die alte als auch die neue Musterbelehrung nachder BGB-InfoV regeln nur die Belehrung in Textform, nichtaber die Vorausbelehrung nach § 312 c Abs. 1 BGB.

2. Die Nichtangabe von Auslandsversandkosten ist wettbe-werbswidrig, wenn der Händler auch ins Ausland liefert.(Leitsätze des Bearbeiters)

OLG Hamm, Urt. v. 12.03.2009, Az.: 4 U 225/08

(ID 43875)

bearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Sachverhalt (zusammengefasst):

Die Parteien handeln mit Garten- und Terrassenartikeln, die sieauch über eine Internet-Handelsplattform vertreiben. Am30.08.2008 bot die Antragsgegnerin dort einen Faltpavillon an.Dabei verwandte sie eine Widerrufsbelehrung, die dem Muster zu§ 14 BGB-InfoV in der bis zum 31.3.2008 gültigen Fassung ent-sprach. Die Antragsgegnerin, die einen weltweiten Versand anbot,teilte die Versandkosten ferner lediglich für Deutschland und 13europäische Länder mit. Der Antragsteller mahnte die Antrags-gegnerin daraufhin ab und beanstandete, dass in der Widerrufsbe-lehrung entgegen §§ 312 c Abs. 1 BGB i. V. m. § 1 BGB-InfoV nichtdarüber informiert wurde, dass die Frist zum Widerruf nicht vorErhalt der Belehrung in Textform und nicht vor Erhalt der Warebeginne und dass eine Wertersatzpflicht für eine Verschlechte-rung der Sache durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahmenicht bestehe, wenn nicht bis zum Abschluss des Vertrages die Be-lehrung über die Wertersatzverpflichtung in Textform erfolge.Außerdem hat der Antragsteller die Angaben zu den Versandkos-ten bemängelt (§ 1 Abs. 2 PAngV und § 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV).Die Antragsgegnerin verwies darauf, sich an das gesetzliche Mus-ter gehalten zu haben.

Das Landgericht hat das Verfügungsbegehren als unbegründet zu-rückgewiesen.

Gründe (zusammengefasst):

Das OLG Hamm hat der Berufung des Antragstellers stattge-geben und das Verbotsbegehren für begründet erachtet.

Hinsichtlich der richtigen Belehrung über den Beginn derWiderrufsfrist ging es um die Formulierung „die Frist beginntfrühestens mit Erhalt dieser Belehrung”. Es handelt sich beider beanstandeten Klausel um die Belehrung nach § 312 cAbs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer den

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R E C H T S P R E C H U N G | Mult imedia

Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklä-rungen in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmit-tel entsprechenden Weise klar und verständlich die geforder-ten Informationen zur Verfügung zu stellen. Es handelt sichum eine Vorabbelehrung, die der Unternehmer dem Verbrau-cher zukommen lassen muss, bevor dieser rechtsgeschäftlicheErklärungen abgibt. Regelmäßig wird sie bereits bei denAngeboten im Internet erteilt. Sie kann aber noch keinenFristbeginn auslösen und schon gar nicht, wie in der Klauselgesagt wird „frühestens“. Denn nach § 355 Abs. 2 BGB kannimmer erst „frühestens” die Belehrung in Textform dieWiderrufsfrist für den Kunden auslösen. Die beanstandeteKlausel ist daher von vornherein falsch.

Die Antragsgegnerin kann sich nicht mit Erfolg auf die Mus-terbelehrung nach der BGB-InfoV berufen, und zwar wederauf die alte noch auf die neue. Diese regeln nur die Belehrungin Textform, nicht aber die Vorausbelehrung nach § 312 cAbs. 1 BGB. Für den Kunden bedeutsam im Hinblick auf dieAuslösung von Widerrufsfristen ist nur die Belehrung in Text-form. Um diese Belehrung geht es aber im vorliegenden Fallnicht. Hier geht es nur um die Belehrung des Kundendarüber, welche Auswirkungen es hat, wenn er demnächst inTextform über sein Widerrufsrecht belehrt wird. Dies machtdie beanstandete Klausel nicht deutlich, wenn es dort heißt,dass die Widerrufsfrist mit Erhalt dieser Belehrung beginnt,was der Kunde nur auf die Vorausbelehrung beziehen kann,die er bei dem Internetangebot sieht, die aber eben keineBelehrung in Textform darstellt. Es geht also gerade nicht umdie Ungenauigkeit, die der alten Widerrufsbelehrung vorge-worfen wurde, sondern darum, dass die Antragsgegnerinihrer Vorabinformation nach § 312 c Abs. 1 BGB eine Wir-kung beigemessen hat, die auch die alte Musterbelehrung ihrnie beigemessen hat.

Die zweite Beanstandung betrifft die Belehrung zur Werter-satzpflicht des Käufers, wenn er die Kaufsache bestimmungs-gemäß gebraucht. Die Antragsgegnerin verteidigt dieseerneut mit der Formulierung der alten Widerrufsbelehrung.Diese geht allerdings davon aus, dass die Belehrung dem Ver-braucher spätestens bei Vertragsschluss in Textform vorliegt.Nur dann greift nach § 357 Abs. 3 BGB die Wertersatzpflicht.Andernfalls braucht nicht belehrt zu werden. Denn danngreift die allgemeine gesetzliche Regelung ein, wonach für dieIngebrauchnahme eben kein Wertersatz geschuldet wird,§ 346 Abs. 2 Ziff. 3 BGB. Die Belehrung der Antragsgegnerinstellt aber wiederum keine Belehrung in Textform dar, son-dern die Vorausbelehrung nach § 312 c Abs. 1 BGB. DieseBelehrung reicht mithin nicht aus, um die Wertersatzpflichtdes Käufers bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme derKaufsache zu begründen.

Bei beiden Verstößen sind elementare Verbraucherschutz-rechte betroffen, sodass kein Bagatellverstoß i. S. d. § 3 UWGvorliegt.

Bei einem weltweit angebotenen Versand nur die Versand-kosten für einige Länder anzugeben, genügt den Anforderun-gen der Preisangabenverordnung nicht (zuletzt Urt. v. 10.02.2009, Az.: 4 U 185/08). Es müssen die Versandkosten füralle Länder angegeben werden, in die Waren versandt wer-den. Eine solche Angabe kann auch recht knapp erfolgen,wenn Regeln für ganze Ländergruppen aufgestellt werden.Fehlen dürfen solche Angaben aber nicht.

Praxistipp:

Die §§ 312b ff. BGB legen Unternehmern gegenüber Verbrau-chern umfangreiche vorvertragliche, wie auch nachvertragli-che Informationspflichten auf. Wie das Urteil zeigt, könnendie auf letztere Pflicht zugeschnittenen Formulierungen derMusterwiderrufsbelehrung nach der BGB-InfoV nicht 1:1 aufdie Vorausbelehrung übernommen werde.

Schließlich bestätigt das Urteil die bisherige Rechtsprechungdes Gerichts, dass es für Shop-Betreiber zwingend erforderlichist, für jedes Land, in welches Waren exportiert werden, anzu-geben, in welcher Höhe Liefer- und Versandkosten anfallen(a. A. allerdings z. B. das LG Augsburg, Beschl. v. 11.03.2009,Az.: 2HK O 777/09).

Zusatzkosten bei Online-Ticketpreisen

Beim Verkauf von Online-Tickets müssen evtl. anfallende Zu-satzkosten wie z. B. Vorverkaufs- und Systemgebühren in Zu-sammenhang mit dem Kartenpreis gut erkennbar sein. (Leitsatz des Bearbeiters)

LG Hamburg, Urt. v. 18.06.2009, Az.: 315 O 17/09

(ID 43991)

bearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Sachverhalt (zusammengefasst):

Die Beklagte vertreibt Tickets für Show-Veranstaltungen. Am14.08.2008 präsentierte sie auf einer ihrer Internetseiten verschie-dene Angebote. Besonders herausgestellt war die Präsentation ei-nes Musicals in Stuttgart. Darin war blickfangmäßig eingebaut:„Tickets ab 19,90 EUR*”. Daneben war ein Link mit dem Text„Hier online buchen”. Der Verbraucher, der das Ticket über denLink „Hier online buchen” bestellt, hat zusätzlich eine Vorver-kaufsgebühr von 15 % des dargestellten Ticketpreises zu entrich-ten; des Weiteren wird eine Systemgebühr in Höhe von 2,– EURhinzugerechnet.

Der * Hinweis hinter „Tickets ab 19,90 EUR“ verwies auf eine Fuß-zeile mit folgendem Inhalt: „… Alle Preise verstehen sich zzgl.Vorverkaufsgebühr und 2,– EUR Systemgebühr pro Ticket ...”

Der Kläger macht geltend, mit der Angabe „ab 19,90 EUR” erwe-cke die Beklagte den Eindruck, es sei zumindest eine bestimmteAnzahl von Tickets für den genannten Preis erhältlich. Jedochkönne ein Verbraucher, der ein Ticket auf der Internetseite bestel-le, dieses zu dem von der Beklagten hervorgehobenen Preis (hier19,90 EUR) nicht erhalten.

Gründe (zusammengefasst):

Das LG Hamburg hielt das Unterlassungsbegehren des Klägersfür begründet. Nach §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2, 8 UWG kannauf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eineirreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine solcheliegt vor, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täu-schung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Aussage „Tickets ab19,90 EUR“ wäre wahr, wenn Tickets zu diesem Preis zu erwer-ben wären. Der Verkehr erwartet bei einer Preisaussage „ab …“,dass zumindest im eingeschränkten Ausmaß Tickets zu diesenPreisen zu erhalten sind. Diese Erwartung wird jedenfalls danngetäuscht, wenn der Verbraucher das Ticket über den Link„Hier online buchen” bestellt: Dann treten Vorverkaufsgebüh-ren von 15 % und eine Systemgebühr von 2 EUR hinzu.

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Unerheblich ist dabei, dass ein Verbraucher zu dem Preis von19,90 EUR eine Karte an der Abendkasse hätte erwerben kön-nen, weil die konkrete Verletzungsform angegriffen wurde,bei der der blickfangmäßig herausgestellte Link „Hier onlinebuchen” Gelegenheit zum sofortigen Bestellen gibt und dazuauffordert.

Die Kammer gab der Beklagten insoweit recht, als dass derVerkehr davon ausgeht, dass im Vorverkauf an der Theater-kasse Vorverkaufsgebühren zu zahlen sind, wohl wissend,dass Theaterkassen eigenständige Unternehmen sind, dieihre Dienstleistungen (Vorverkauf) erbringen und dafür Vor-verkaufsgebühren einnehmen. Bei einer Online-Bestellungkann davon nicht ausgegangen werden. Es ist zu bedenken,dass die Beklagte selbst vorträgt, dass für die Dienstleistungdes Ticketverkaufs über das Internet die – ebenfalls erhobene– Systemgebühr anfällt; der Kammer erschließt sich nicht,dass der Verkehr erwartet, dass dann noch eine Vorverkaufs-gebühr anfällt.

Auch erwarte der Verkehr nicht einmal das Anfallen einerSystemgebühr. Erhebliche Teile des Verkehrs werden nichteinmal wissen, was eine Systemgebühr ist und wofür sie erho-ben wird; erst recht nicht wird erwartet werden, dass sie beider Online-Bestellung einer Eintrittskarte erhoben wird,zumal es eine Vielzahl von Portalen im Internet gibt, die kos-tenlos genutzt werden können.

Der Sternchenhinweis ändert an der Irreführung nichts.Grundsätzlich muss in Fällen, in denen der Blickfang zwarnicht objektiv unrichtig ist, aber nur die halbe Wahrheit ent-hält, ein Stern oder ein anderes hinreichend deutliches Zei-chen den Betrachter zu dem aufklärenden Hinweis führen(Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl.,§ 5 Rn.. 2.98 m. w. N.). Insoweit trifft den Werbenden diePflicht, die anderen belastenden Bestandteile klar zugeordnetund ähnlich deutlich herauszustellen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., m. w. N., zunächst für Kopplungsange-bote), wobei es von den Umständen des Einzelfalls abhängt,wie deutlich Stern und aufklärender Hinweis gestaltet seinmüssen.

Zum einen ist der Hinweistext auf der streitgegenständlichenSeite jedoch so klein, dass er schwer zu erkennen ist undnicht ansatzweise die Anforderungen an die deutliche Her-ausstellung der Aufklärung erfüllt; zum anderen wird der Ver-braucher über den blickfangmäßig präsentierten Link „Hieronline buchen” ohnehin dazu verführt, sich sogleich in denBestellvorgang zu begeben. Vor allem aber erscheint der Hin-weis darauf, dass eine Vorverkaufsgebühr und eine Systemge-bühr anfallen, in dem gesamten Hinweistext erst am Endeund ist so eingebaut, dass auch dadurch die Wahrnehmungzusätzlich erschwert wird. Es erscheint fraglich, ob der Leserüberhaupt bis zum Ende dieses Textes vordringt.

Praxistipp:

Bei der Angabe von Ticket-Preisen haben Anbieter sehr genaudarauf zu achten, dass sie Verbraucher nicht durch nurschlecht erkennbare Zusatzkosten in die Irre führen. Neben derhier vorliegenden Variante mit dem nicht hinreichend deut-lichen Sternchenhinweis bei einer Blinkfangwerbung, hat dasKG Berlin (Urt. v. 27.02.2009, Az.: 5 U 162/07) im Zusammen-hang mit Preisangaben die Formulierung “Hinweis: Im Ticket-preis ist eine Buchungsgebühr von 2,00 EUR enthalten” fürirreführend erachtet. Der Kunde gehe dann davon aus, dass der

auf den Karten aufgedruckte Preis bereits eine von jedem Käu-fer zwingend zu zahlende Buchungsgebühr enthalte. Damitentfalle für ihn die Notwendigkeit, Preisvergleiche zwischenden einzelnen Verkaufsstellen vorzunehmen.

Verzicht auf gesetzliches Widerrufsrecht

1. Der Hinweis in einer Rechnung auf eine Strafbarkeit wegenBetruges aufgrund falscher Altersangabe beim Vertrags-schluss kann einen Wettbewerbsverstoß darstellen.

2. Eine Klausel, die einen Verzicht auf ein gesetzliches Wider-rufsrecht enthält, ist schon deswegen unwirksam, weil sie ge-gen die gesetzliche und nach §§ 312 f. BGB nicht dispositiveEinräumung eines Widerrufsrechts (§ 355 BGB) gemäߧ§ 312d Abs. 1 BGB verstößt.(Leitsätze des Bearbeiters)

LG Mannheim, Urt. v. 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08

(ID 43876)

bearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Sachverhalt (zusammengefasst):

Auf dem von der Klägerin betriebenen Internetportal besteht dieMöglichkeit zum kostenpflichtigen Download, insbesondere vonSoftware. Hierzu ist zunächst erforderlich, dass der Kunde sich un-ter Angabe auch seines Geburtsdatums online anmeldet. Unter-halb der Anmeldemaske befindet sich ein Textfeld mit folgendemInhalt: „Ich akzeptiere die AGB und die Datenschutzerklärungund verzichte auf mein Widerrufsrecht.“

Nach erfolgreicher Anmeldung werden dem Kunden die erforder-lichen Zugangsdaten per E-Mail zugesandt. Die dazugehörigeRechnung enthält den Hinweis: „Sollten Sie bei der Angabe ihresGeburtsdatums […] falsche Angaben gemacht haben, liegt ein Be-trugsdelikt vor. Eine Strafanzeige behalten wir uns diesbezüglichvor.“

Der Beklagte, der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen so-wie 25 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisatio-nen in Deutschland, verwarnte die Klägerin mit zwei Schreibenund forderte diese u. a. zur Abgabe von strafbewehrten Unterlas-sungserklärungen auf. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr Verhal-ten sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden und erhob ei-ne negative Feststellungsklage.

Gründe (zusammengefasst):

Der Hinweis in der Berechnung der Klägerin auf eine Betrug-strafbarkeit wegen falscher Angabe des Geburtsdatums ver-stößt gegen § 3 UWG i. V. m. § 4 Nr. 1 UWG. Danach handeltunlauter, wer geschäftliche Handlungen vornimmt, diegeeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher odersonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, inmenschenrechtsverachtender Weise oder durch sonstigenunangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen.An diesem Maßstab sind auch Wettbewerbshandlungen zumessen, die vor, bei oder nach einem Geschäftsabschlusserfolgen und die objektiv mit dem Abschluss oder der Durch-führung eines Vertrages zusammenhängen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1UWG n. F.). Für den Zeitraum vor der Änderung von § 2 Nr. 1UWG ergibt sich dies aus einer richtlinienkonformen Ausle-gung im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie über unlau-tere Geschäftspraktiken 2005/29/EG.

Mit dem Verweis auf eine Strafbarkeit wegen Betruges bei fal-scher Altersangabe übt die Klägerin in unangemessener Weise

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R E C H T S P R E C H U N G | Mult imedia

unsachlichen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit ihrerKunden aus. Seine Wirkung entfaltet dieser Hinweis insbe-sondere bei Minderjährigen, die ihre Volljährigkeit „vorge-täuscht“ haben, weil bei einer wahren, also die Minderjährig-keit offenbarenden Altersangabe die Anmeldeprozedur derKlägerin keinen Vertragsschluss zulässt. Ein von Minderjähri-gen abgeschlossener Vertrag ist nach §§ 106 ff. BGB schwe-bend unwirksam und die Klägerin kann zunächst keinen ver-traglichen Vergütungsanspruch geltend machen. Will derMinderjährige sich unter Berufung hierauf einer Bezahlungentziehen, muss er seine Täuschung offenlegen. Der Verweisauf eine Anzeige ist nun jedoch geeignet, den minderjährigenKunden zur Erfüllung einer vertraglichen Leistungspflicht zubewegen, die wegen der schwebenden Unwirksamkeit desVertrages gar nicht besteht. Die Verknüpfung des Hinweisesmit der Rechnungsstellung stellt daher eine sachlich nichtgerechtfertigte Beeinflussung der Entscheidung mancherKunden darüber dar, ob die Rechnungsforderung beglichenwird. Diese ist nicht davon abhängig, ob in derartigen Fälleneine Strafbarkeit wegen Betruges nach § 263 StGB (wohl eherComputerbetruges, § 263a StGB) gegeben ist oder nicht.

Die einen Verzicht auf das Widerrufsrecht enthaltende Klau-sel ist ferner schon deswegen unwirksam und begründeteinen Wettbewerbsverstoß (§ 8 Abs. 1, 3 UWG i. V. m. §§ 3, 4Nr. 11 UWG), weil sie gegen die gesetzliche und nach § 312 fBGB nicht dispositive Einräumung eines Widerrufsrechtesi.S.v. § 355 BGB gemäß §§ 312 d Abs. 1 BGB verstößt. Sie istdamit auch nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB als unan-gemessen benachteiligende Geschäftsbedingung unwirksam.

Das LG Mannheim konnte hierbei offen lassen, ob das Abver-langen eines Verzichts auf das Widerrufsrecht zulässig wäre,wenn das Widerrufsrecht ohnehin bereits mit seiner Entste-hung, also schon mit dem Vertragsschluss, kraft Gesetzeserlischt. Denn vorliegend erlischt das Widerrufsrecht nichtschon mit Absenden der Anmeldung durch den Verbraucher.Auch wenn unmittelbar nach dieser Anmeldung dem Ver-braucher die Zugangsdaten für die Download-Bibliothekübersandt werden, erfüllt dies noch nicht den zum Erlöschendes Widerrufsrechts führenden Tatbestand des § 312 d Abs. 2Nr. 2 BGB. Dieser setzt voraus, dass der Unternehmer mit derAusführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustim-mung des Verbrauchers begonnen hat oder der Verbraucherdiese selbst veranlasst hat. Diese Voraussetzungen treten hiernicht in unmittelbarer zeitlicher Folge auf das Absenden derAnmeldung ein, sodass ein Widerrufsrecht zunächst tatsäch-lich und auch nicht etwa nur für eine „logische Sekunde“besteht.

Auch ist allein die Freischaltung der Datenbibliothek nochnicht die Dienstleistung, sondern erst der Download einesihrer Inhalte oder bestenfalls das erstmalige Einloggen desKunden mittels der übersandten Zugangsdaten. Sinn undZweck der Erlöschensregel in § 312 d Abs. 2 Nr. 2 BGB ist esinsbesondere, der Gefahr zu begegnen, dass der Verbrauchersich den wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung innerhalbder Widerrufsfrist unwiederbringlich zuführt (vgl. Münche-ner Kommentar/Wendehorst, BGB, 5. A., 2007, § 312d Rn 63 -zu § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB). Als Dienstleistung des Unter-nehmers im Sinne dieser Vorschrift genügt daher noch nichtdie Schaffung einer abstrakten Zugangsmöglichkeit zu Daten,sondern erst der Download, mit dem der Verbraucher denwirtschaftlichen Wert dieser Daten erlangt, bestenfalls aberdie konkrete Zugriffsvermittlung bei einem ersten Einloggendes Verbrauchers. Bis dahin kann der Vertrag durch Widerruf

aufgelöst werden, ohne dass der Unternehmer seine Dienst-leistung „verloren“ hätte. Solange die übersandten Zugangs-daten vom Verbraucher nicht genutzt werden, werden nochkeine vollendeten Tatsachen geschaffen, die das Erlöschendes Widerrufsrechts rechtfertigen.

Praxistipp:

Nicht selten sind es Minderjährige, die Opfer von Abofallenim Internet werden. Die von ihnen geschlossenen Verträgesind zwar i. d. R. schwebend unwirksam (siehe auch AG Mün-chen, Urt. v. 18.02.2009, Az.: 262 C 18519/08, in dieser Aus-gabe, VuR 2009‚ 356 f.). Einige Anbieter versuchen aber denDruck, eine Rechnung zu begleichen, durch die Behauptungzu erhöhen, dass die Angabe eines falschen Geburtsdatumsbei der Anmeldung Betrug sei und „böse Folgen” habenwerde. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) istgegen diese Praxis erfolgreich vor Gericht gezogen und hatdie Feststellung erreicht, dass die Drohung mit einer Strafan-zeige unlauter ist. Trotz einer zunehmenden Zahl von Urtei-len gegen Abofallen, sind es aber nur einzelne Nadelstichegegen deren Betreiber. Ein besserer Verbraucherschutz ließesich einer Forderung des vzbv Vorstandes (Gerd Billen) ent-sprechend, z. B. damit erreichen, dass im Internet geschlosse-ne Verträge nur gültig sind, wenn der Kunde z. B. durch dasAnkreuzen eines Kästchens bestätigt, dass er den Preis zurKenntnis genommen hat.

Mitgliedschaft eines Minderjährigen in einem Online-Flirtforum

1. Eine Mitgliedschaft in einem Online-Flirtforum wird nurdann mit einem Minderjährigen wirksam vereinbart, wenndiese entweder von seinen Eltern oder von ihm selbst nachseinem 18. Geburtstag genehmigt wird.

2. Eine Verlängerungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen unter dem Punkt „Zahlung und Preise” ist überra-schend und daher unwirksam.

3. Wird ein geringer Preis für eine „Probemitgliedschaft” her-vorgehoben dargestellt, dann ist eine im nachfolgendenFließtext versteckte – darüber hinausgehende – Entgeltlich-keitsklausel überraschend.

(Leitsätze des Bearbeiters)

AG München, Urt. v. 18.02.2009, Az.: 262 C 18519/08

(ID 43877)

bearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Sachverhalt (zusammengefasst):

Der damals noch minderjährige spätere Kläger rief Anfang 2006 imInternet eine Flirtseite auf. Dort war ein Angebot für 99 Cent für ei-ne Probemitgliedschaft enthalten, das er durch Angabe seiner per-sönlichen Daten und dem Anklicken eines Kästchens annahm. Ei-nige Zeit später wurden dann auf seinem Konto 72 Euro abge-bucht. Dieser Abbuchung widersprach er. 2007 und 2008 wurdenerneut 72 Euro abgebucht. Hier versäumte es der spätere Kläger je-doch, rechtzeitig zu widersprechen. Deshalb verlangte er von derAnbieterin die Rückzahlung des Betrages. Er habe die Seite schließ-lich auch nicht genutzt. Diese berief sich auf die Mitgliedschaft.

VuR 9/2009 | 357

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Gründe (zusammengefasst):

Das AG München hat der Klage stattgegeben und einenAnspruch auf den abgebuchten Mitgliedsbeitrag aus ungerecht-fertigter Bereicherung bejaht, weil eine Mitgliedschaft nicht wirk-sam vereinbart wurde. Der Kläger war bei Vertragsschluss nochminderjährig. Daher war dieser gem. §§ 106, 108 BGB schwebendunwirksam und wurde vom Kläger auch nicht nachträglich gem.§ 108 Abs. 3 BGB genehmigt. Der bloße Umstand, dass er die Sei-ten der Beklagten danach noch aufgerufen hat, ohne nachweis-bar das Portal auch genutzt zu haben, genügt hierfür nicht.

Ferner wäre auch eine über 0,99 B hinausgehende Entgelt-lichkeit nicht wirksam vereinbart worden. Angesichts derHervorhebung des Preises von 0,99 B ist bereits die auf derAuthentifizierungsseite im nachfolgenden, ungegliedertenFließtext versteckte Entgeltlichkeitsklausel überraschend.

Darüber hinaus gilt dasselbe für die in Ziffer 3.3. der AGB derBeklagten vorgesehene Verlängerungsklausel, denn diesebefindet sich unter „Zahlung und Preise”, und ist nicht etwamit „Vertragslaufzeit und Verlängerung” überschrieben.

Praxistipp:

Der Schutz Minderjähriger nach den §§ 106 ff. BGB hatgrundsätzlich Vorrang vor dem Schutz des Rechtsverkehrs.Einen Schutz des guten Glaubens an die Geschäftsfähigkeitkennt das Gesetz nicht, auch nicht im Internet, wo dieGeschäftsfähigkeit i. d. R. nicht zu erkennen ist, soweit einAnbieter nicht auf technische Schutzmaßnahmen, wie z. B.Altersverifikationssysteme zurückgreift. Vom AG Münchennicht angesprochen wird allerdings der sog. Taschengeldpa-ragraf, § 110 BGB, auf den sich Anbieter gerne berufen. Die-ser greift jedoch nur dann, wenn das Geld bereits geflossen ist(dies wäre bei der Bezahlung 2007 und 2008 zu bejahengewesen). Der Vertrag ist aber trotzdem schwebend unwirk-sam, sofern die elterliche Einwilligung Vertragsschlüsse dervorliegenden Art nicht umfasst. Das Gegenteil müsste derAnbieter beweisen, was ihm nur schwer gelingen wird.

Keine Vertragsstrafe für Spaßbieter bei eBay aufgrundeiner AGB-Klausel

Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für Spaßbieter in ei-nem eBay-Angebot stellt eine nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksa-me AGB-Klausel dar.(Leitsatz des Bearbeiters)

AG Waiblingen, Urt. v. 11.12.2008, Az.: 9 C 1000/08

(ID 43878)

bearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Sachverhalt (zusammengefasst):

Der Kläger begehrt Zahlung einer Vertragsstrafe, weil der Beklagteein Gebot auf einer Internetauktion zurückgezogen hat. Der Klä-ger hat über eBay seinen Oldtimer Karmann Ghia zum Verkaufangeboten. Neben der Beschreibung des Fahrzeugs fand sich dortu. a. auch folgende Formulierung: „Spaßbieter erklären sich mitAbgabe ihres Gebotes mit einer Entschädigungsstrafe von 25 %des Verkaufspreises einverstanden.“

Im Verlauf der Auktion hatte der Beklagte ein Höchstgebot von8.500,00 Euro abgegeben, das er kurz danach wieder zurückgezo-gen hat, mit der Begründung, er habe die Auktionsbeschreibungnicht richtig gelesen.

Nach Beendigung der Auktion wurde der Zuschlag für einen Kauf-preis von 7.450,00 Euro erteilt. Wie hoch das Höchstgebot desje-nigen war, der zuletzt den Zuschlag erhalten hat, ist nicht be-kannt. Der Kläger verlangt vom Beklagten 25 % des letztlich er-zielten Verkaufspreises, mithin 1.862,50 Euro.

Gründe (zusammengefasst):

Das AG Waiblingen verneinte einen Anspruch auf Bezahlungeiner Vertragsstrafe (§ 339 BGB). Die wirksame Vereinbarungsetzt das Zustandekommen eines Vertrags voraus. Ein solcherkönnte zwar zustande gekommen sein, wenn die Rücknahmedes Gebotes des Beklagten unwirksam gewesen und derBeklagte am Ende der Auktion Höchstbietender gebliebenwäre. Diesen rechtlichen Ansatz haben die Parteien jedochnicht weiter verfolgt und insbesondere nichts dazu vorgetra-gen, ob möglicherweise aufgrund der Unwirksamkeit derRücknahme des Gebotes der Beklagte im Zeitpunkt desSchlusses der Auktion Höchstbietender geblieben ist. Es istinsbesondere nicht vorgetragen, in welcher Höhe derjenige,der zuletzt den Zuschlag erhalten hat, ein Höchstgebot abge-geben hat. Es ist nach den Mechanismen bei eBay durchausmöglich, dass dieser einen höheren Betrag geboten hat, alsder Beklagte in seinem zurückgezogenen Gebot genannt hat.

Der Kläger selbst geht davon aus, dass ein Vertrag mit demBeklagten nicht zustande gekommen ist, weswegen dasGericht das Vorliegen eines möglichen Anfechtungsgrundesauch nicht weiter vertieft hat.

Durch die Abgabe eines Gebotes im Rahmen der Auktionkommt jedoch dennoch ein mindestens vertragsähnlichesSchuldverhältnis zwischen den beteiligten Parteien zustande.Allerdings kann die Vertragsstrafenklausel, die im Text desAngebotes enthalten ist, unter keinem rechtlichen Gesichts-punkt wirksam geworden sein. Die Klausel stellt eine in All-gemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Vertragsstra-fenbestimmung dar, die der Inhaltskontrolle unterliegt undgegen § 309 Nr. 6 BGB verstößt.

Adressaten der Klausel sind alle potenziellen Bieter und ins-besondere diejenigen, die im Verlaufe der auf mehrere Tageangelegten Auktion ein Gebot abgeben. Unabhängig davon,ob ein Vertragsverhältnis oder lediglich ein vertragsähnlichesSchuldverhältnis zwischen dem Anbietenden und allen Bie-ters zustande kommt, richtet sich die Klausel daher an eineunbestimmte Vielzahl von Personen. Es handelt sich daherum vorformulierte Vertragsbedingungen, die für eine Viel-zahl von Verträgen bzw. vertragsähnlichen Schuldverhältnis-sen vorformuliert worden sind und mithin um der Inhalts-kontrolle unterliegende Allgemeine Geschäftsbedingungenim Sinne des § 305 BGB.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine so weitreichendeFolge, wie sie ein Vertragsstrafeversprechen darstellt, geradenicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart wer-den können, sondern nur aufgrund einer individuellen Ver-einbarung. Die Klausel verstößt gegen ein ausdrücklichesKlauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309 Nr. 6 BGB)und ist unwirksam. Dem Vertragspartner, der ein Vertrags-strafeversprechen abgibt, muss deutlich zum Bewusstseingebracht werden, dass er eine über die ohnehin bestehendevertragliche Bindung hinausgehende zusätzliche Verpflich-tung übernimmt. Dies ist nicht der Fall, wenn ohne deutlicheHervorhebung und ohne besonderen Hinweis auf AllgemeineGeschäftsbedingungen eine Verpflichtung geschaffen werden

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R E C H T S P R E C H U N G | Mult imedia

soll, ggf. über den geschuldeten Schadensersatz hinaus, einehiervon unabhängige zusätzliche Vertragsstrafe bezahlen zumüssen.

Praxistipp:

Das AG Waiblingen stellt zutreffend heraus, dass eine „Spaß-bieterklausel“ in AGB unzulässig ist. Allerdings ist äußerstzweifelhaft, ob im konkreten Fall überhaupt AGB vorlagen.Der gesetzgeberische Zweck der §§ 305 ff. BGB ist es nicht,einer Privatperson, die einmalig sein privates Kfz bei eBayverkauft, bestimmte vertragliche Formulierungen zu verbie-ten. Eine mehrfache Verwendung der Klausel, wie es Voraus-setzung für AGB ist, ist nicht ersichtlich. Das AG Bremen hatz. B. auch einen Spaßbieter zur Zahlung einer Vertragsstrafevon rund 1.700 Euro verurteilt (AG Bremen, Urt. v.20.10.2006, Az.: 16 C 168/05). Wer nur einmalig Gegenstän-de verkauft, kann daher durchaus wirksam eine Vertragsstra-fe für Spaßbieter vorsehen. Nur in AGB bei mehrfacher Ver-wendung ist dies nicht möglich.

Haftung des Betreibers eines Internet-Forums

Den Administrator eines Internetforums trifft keine generellePflicht zur Überprüfung von Nutzerkommentaren auf rechts-widrige Äußerungen. Dies gilt auch bei Beiträgen mit kriti-schen oder provozierenden Inhalt. Bis zur Kenntnis von Bean-standungen darf er darauf vertrauen, dass Nutzer keinerechtsverletzenden Kommentare veröffentlichen.(Leitsatz des Berbeiters)

AG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.07.2008, Az.: 31 C 2575/07 – 17

(ID 43879)

bearbeitet von Dr. Stephan Ott, Bayreuth

Sachverhalt (zusammengefasst):

Die Parteien streiten um die Freistellung des Klägers von Anwalts-kosten aufgrund einer Aufforderung zur Abgabe einer strafbe-wehrten Unterlassungserklärung wegen ehrverletzender Äuße-rungen in einem nicht kommerziellen Blog.

In einem Artikel wurde u. a. dargestellt, dass der Kläger zum Terroranstifte. In den dazu veröffentlichten Kommentaren verschiede-ner Nutzer wird ausgeführt, dass „der Kläger es gar nicht möge als... rassistisch bezeichnet zu werden”. Zudem wird mehrfach dasWort Hassprediger verwendet und der Name des Klägers im Zu-sammenhang mit dem Vornamen „Adolf“ genannt. Nachdemvon einem Kommentator die Telefonnummer des Klägers ge-nannt wurde, wurde diese durch einen Administrator gekürzt undzudem der Hinweis in den Blog eingestellt: „Keine Telefonnum-mern von [Kläger] etc.”

Der Beklagte selbst hat weder den Artikel noch die Kommentareverfasst. Er wird auf der Internetseite unter der Rubrik „Kontakt”für den Bereich „technische Betreuung und Administration” ge-nannt.

Er löschte den Artikel am 22.08.2007 auf Aufforderung der Ver-fahrensbevollmächtigten des Beklagten vom 21.08.2007 hin.Durch Schreiben vom 27.08.2007 gab der Beklagte die gefordertestrafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Gründe (zusammengefasst):

Das AG Frankfurt a. M. verneinte einen Anspruch auf Frei-stellung von den Rechtsanwaltskosten. Ein solcher ergäbesich nur dann, wenn die Abmahnung berechtigt war, was

wiederum einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen-über dem Beklagten voraussetzt.

Zwar greifen die Äußerungen im Blog rechtswidrig in das Per-sönlichkeitsrecht des Klägers ein, doch ist der Beklagte wederTäter oder Teilnehmer der Ehrverletzung, noch haftet ermangels Verletzung von Prüfpflichten als Störer. Eine einge-schränkte Verantwortlichkeit des Beklagten lässt sich dabeiallerdings nicht schon aus der Haftungsprivilegierung nach§ 10 TMG herleiten, weil diese Vorschrift auf Unterlassungs-ansprüche keine Anwendung findet (BGH, Urt. v. 27.03.2007,Az.: VI ZR 101/06).

Eine eigene Rechtsgutverletzung des Beklagten als Täter oderTeilnehmer ist durch den darlegungs- und beweisbelasteten Klä-ger nicht bewiesen. Zwar wurde vorgetragen, dass der Beklagtesich die streitgegenständlichen Äußerungen dadurch zu eigengemacht habe, dass er einen der Kommentare als Administratorgekürzt habe. Dies wurde jedoch bestritten. Es kann auch nichtohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die fraglicheEditierung durch den Beklagten erfolgte. Dieser ist lediglich derAnsprechpartner für Probleme technischer Natur.

Auch eine Störerhaftung des Beklagten ist nicht gegeben.Nach den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung kannderjenige als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommenwerden, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendei-ner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzungeines absolut geschützten Rechtes beiträgt (BGH, GRUR 2004,860, 864 m. w. N.; BGH, GRUR 2001, 1038, 1039). Selbstwenn man davon ausgeht, dass der Beklagte als technischerAdministrator zumindest einen Beitrag zur Aufrechterhal-tung der Funktionsfähigkeit des Blogs geleistet und die Ver-breitung der streitgegenständlichen Äußerungen damit geför-dert hat, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prü-fungspflichten voraus, um eine ausufernde Ausdehnung derStörerhaftung auf Personen, die nicht selbst die rechtswidrigeBeeinträchtigung vorgenommen haben, zu verhindern.

Der Umfang der Prüfpflichten bestimmt sich danach, ob undinwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nachden Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt.v. 11.03.2004, Az.: I ZR 304/01). Entscheidend sind dieUmstände des Einzelfalls. Wird eine Rechtsverletzungbekannt, so muss der jeweilige Störer den ihm bekanntgewordenen Beitrag nicht nur löschen oder sperren, sondernauch nachfolgend ihm technisch mögliche, zumutbare Maß-nahmen ergreifen, um Vorsorge dafür zu treffen, dass es nichtzu weiteren Rechtsverletzungen kommt.

Der Beklagten hat keine Überwachungspflichten verletzt. VorKenntniserlangung von dem streitgegenständlichen Beitragoblagen ihm solche Pflichten nicht. Vor den streitgegen-ständlichen Äußerungen gab es keine Beanstandungen durchDritte. Ausgehend davon durfte der Beklagte bis zur Kenntnisder Beanstandungen darauf vertrauen, dass die Nutzer desBlogs lediglich politische Diskussionen führen, sich bei derAbfassung ihrer Kommentare aber ehrverletzenden Äußerun-gen enthalten.

Einer generellen Prüfpflicht bei Blogs mit kritischem Inhaltund Diskussionen mit provozierendem Inhalt, steht derSchutz der Presse und die Meinungsäußerungsfreiheit entge-gen. Zudem ist die Existenz eines derartigen Forums bei Über-spannung der Überwachungspflichten und das Modell deslnternetforums/blogs insgesamt gefährdet (vgl. OLG Ham-burg, Urt. v. 22.08.2006, Az.: 7 U 50/06).

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Inseln der Vernunft – Liber Amicorum fürJochen Schneider.Herausgegeben von Isabell Conrad. OttoSchmidt.Köln 2008. XVI + 198 Seiten. Leinen. 1 79,80.

1. In der katholischen Kirche wird mangemeinhin erst in vorgerücktem Alter Papst.In einzelnen Rechtsgebieten erlangt mandiese Würde weit früher. Seit Jahrzehntengilt Jochen Schneider als der Computerrechts-papst. Inzwischen kann er die zusätzlicheWürde eines IT-Rechtspapstes für sich rekla-mieren. Ihn einfach als „Anwalt in Mün-chen“ zu bezeichnen würde seiner Bedeu-tung nicht gerecht. Auch früh gekorene Päp-ste können indes nicht vermeiden, 65 zuwerden. Bei Anwälten ist dies ein Alter, indenen Päpsten eine Festschrift „droht“.Anzuzeigen ist daher die Festschrift, pardon:das Liber Amicorum für Jochen Schneiderzum 65. Geburtstag. Es ehrt einen der ausge-wiesensten Spezialisten, der wie selten eineinzelner Anwalt Pionier, Vorreiter undMotor einer Entwicklung gewesen ist.

2. Ein Liber amicorum hebt sich häufigdurch seinen geringeren Umfang von denauch tatsächlich so genannten Festschriftenab. So auch dieses: Knapp 200 Seiten bietetes. Zierlich, fast wie ein Geschenkbandkommt es äußerlich daher. Formell-struktu-rell bietet es eine Überraschung: Auf 200 Sei-ten erwartet man vielleicht 8-12 Beiträge (soetwa im Liber amicorum Walter F. Lindacher

von 2007). Hier aber findet man deren 31und einen Prolog. Das ist extrem ungewöhn-lich. Ebenso ungewöhnlich ist die extremeKürze der Beiträge. 5 Seiten müssen das vor-gegebene Maximum gewesen sein, an dassich die weitaus meisten der Autoren gehal-ten haben. In der Kürze soll die Würze lie-gen. Juristische Praktiker haben bekanntlichkeine Zeit mehr zu lesen und wollen kurzeund saftige Artikel. Hier wird ihnen diesgeboten, gleichsam als Höhepunkt einerjuristischen Häppchenkultur. In formellerHinsicht kann man sagen: „Dinner for one“begegnet einem jedes Jahr wieder als „dasungewöhnlichste Geburtstagsdinner, das esje gab“. Dieses Liber Amicorum zählt zu denungewöhnlichsten Festschriften, die es jegab. Diesen Eindruck verstärkt noch der Pro-log, verfasst von der Herausgeberin: ein fikti-ver Dialog zwischen Kant und dem IT-Philo-sophen Weizenbaum.

3. Der „Inseln der Vernunft“ (so der Hauptti-tel, hergeleitet aus einem verkürzten ZitatWeizenbaums) sind acht. Denn acht Kapitelhat das Buch, je entsprechend Interessenge-bieten oder Unterthemen des Jubilars zuge-ordnet. Das erste ist der Rechtsphilosophiegewidmet, eher ungewöhnlich für einenPraktiker. Es wird denn auch vornehmlichvon echten Professoren bestritten, einerallerdings auch in den anderen Kapiteln ver-einzelt auftretenden Spezies. Das zweitebefasst sich mit IT-Vertragstypen und IT-Pro-jekten, gleichsam eine Insel des Software-

rechts; das fünfte mit Immaterialgüterrech-ten als Spannungsfeldern im Netz; das sech-ste mit Europarecht, Kartellrecht, Vergabe-recht; das siebte mit Datenschutz und Per-sönlichkeitsrecht. Etwas aus dem Rahmenfällt der letzte Abschnitt zu IT-Anwaltschaft,Recht und praktischer Vernunft, der zu zweiDritteln Selbstbespiegelungen der IT-Anwalt-schaft umfasst. Zusammenfassende, systema-tisierende Querbezüge lassen sich kaum her-stellen. Die meisten Beiträge stehen thema-tisch für sich alleine. Dadurch hat man ande-rerseits den Vorteil einer besonders großenVariationsbreite und einer besonders buntenPalette. Die Herausgeberin hat sich nachKräften gemüht, die Beiträge zu möglichstsinnvollen Gruppen zu vereinen.

4. Von Interesse für die Leser der VuR sindvornehmlich das dritte und das vierte Kapi-tel, betitelt „AGB in der IT-Branche, Rechts-wahl, Fliegender Gerichtsstand“ und„Elektronischer Geschäftsverkehr, Informa-tionspflichten, Werbeaussagen“. Dort kon-zentrieren sich die verbraucherrelevantenThemen, sofern man nicht auch das späternachfolgende Datenschutzrecht schon zumVerbraucherrecht im weiteren Sinne zählenwill. Es paradieren „gute“ AGB für die IT(Matthias Hartmann), Rechtswahl in AGB(Schweinoch), der fliegende Gerichtsstand der§§ 24 UWG; 32 ZPO (Hertneck/Backu), derZugang von Willenserklärungen vornehm-lich im Internet (Witte), die neue Muster-Widerrufsbelehrung nach § 14 BGB-InfoV

B U C H B E S P R E C H U N G E N

Berücksichtigung muss auch finden, dass das vorliegendeForum nicht gewerblich betrieben wird, und der Beklagte alstechnischer Administrator mit der rechtsverletzenden Äuße-rung weder direkt noch indirekt Umsatz erzielt, worauf derBGH jedoch bei der Feststellung der Prüfungspflichten maß-geblich abgestellt hat (vgl. BGH, Urt. v. 19.04.2007, Az.: I ZR35/04).

Nach Kenntniserlangung der fraglichen ehrverletzendenÄußerungen durch das Schreiben vom 21.08.2007 wurdendie Äußerungen durch den Beklagten entfernt. Der Einwand,dass der Beklagte bereits durch die Editierung des Blogs vonden streitgegenständlichen Äußerungen Kenntnis hatte bzw.sich diese Kenntnis über § 831 BGB zurechnen lassen müsse,geht fehl. Eine eigene Editierung wurde nicht bewiesen unddie Voraussetzungen für eine Zurechnung über § 831 BGBsind nicht gegeben. Die Einordnung als Verrichtungsgehilfesetzt u. a. voraus, dass zwischen dem Beklagten und demanderen Administrator ein Abhängigkeitsverhältnis besteht.Ein solches, das ein irgendwie geartetes Weisungsrecht desBeklagten gegenüber den anderen Administratoren vorausset-zen würde, ist nicht ersichtlich.

Praxistipp:

Das Urteil des AG Frankfurt a. M. unterstreicht, das es grund-sätzlich keine Pflicht zur proaktiven Kontrolle von Beiträgenin einem Forum gibt, bevor sie online gestellt werden! Erstwenn ein Forenbetreiber auf einen rechtswidrigen Beitrag auf-merksam gemacht wird (ein pauschaler Hinweis auf einenirgendwo im Forum befindlichen Rechtsverstoß genügt dabeikeinesfalls), hat er ihn zu entfernen, wenn er einen klaren,ohne Weiteres erkennbaren Rechtsverstoß enthält (ausführ-licher zur Haftung für Forenbeiträge siehe Ott, Haftungsrechtim Internet – Ein Ratgeber für Forenbetreiber, 2008). Ob jetztauch eine Pflicht einsetzt, gleichartige Verletzungen inZukunft zu unterbinden, ist bislang durch die Rechtsprechungnicht abschließend geklärt. Angesichts der Vielzahl von Mög-lichkeiten, beleidigende Äußerungen zu formulieren, ist derEinsatz von Filtern nicht zielführend. Vom Betreiber wird aberwohl zu fordern sein, dass er zukünftig zumindest den kon-kreten Beitrag mit seinen Kommentaren auf neue Rechtsver-letzungen überwacht – jedenfalls solange dieser aktuell ist.

B U C H B E S P R E C H U N G E N

(Ernst) und Werbung, Enttäuschung undInformation (Michael Hassemer). Der kleinejeweils zur Verfügung stehende Platz lässtnatürlich keinen Raum für umfassende odervertiefende Erörterungen. Vielmehr muss esum pointierte Anrisse und Skizzen gehen.Mit spitzen Fingern und völlig subjektiv-willkürlich sei darauf hingewiesen, dass derBeitrag über den Zugang von Willenserklä-rungen sehr amüsant auf Papua-Neuguineaund Pidgin-Englisch eingeht – was man soangesichts der Überschrift sicherlich nichterwartet hatte. Papua-Neuguinea ist abereine Insel und wird so gleichsam zu einer„Insel der Vernunft“. Der Beitrag zu AGB-Rechtswahlklauseln ist für den gelerntenInternationalprivatrechtler sehr interessant,weil er in selten so offen gesehener Manierzeigt, wie Pratiker „ticken“ und wahrschein-lich sogar „ticken“ müssen. Zur gewinnbrin-genden Lektüre empfohlen seien in jedemFall die Ausführungen zum fliegendenGerichtsstand und zur novellierten Muster-Widerrufsbelehrung.

5. Die Autoren rekrutieren sich in der Mehr-zahl aus den spezialisierten IT-Anwälten,gern aus der Arbeitsgemeinschaft IT-Rechtim DAV (davit) oder aus den Fachausschüs-sen der DGRI (Deutsche Gesellschaft fürRecht und Informatik). Anders ausgedrückt:Die crème de la crème der deutschen IT-Anwälte gibt sich ein Stelldichein. Alle, diein diesem Bereich Rang und Namen haben(oder gar einen Honorarprofessorentitel),findet man. Ihnen gesellen sich einige derim IT-Recht bekannten Professoren zu:Dreier, Michael Lehmann, Hoeren, Taeger.Andere dagegen vermisst man, insbesondereSpindler und Wiebe. Weitere Berufsgruppensind eigentlich nicht vertreten. Insbesonderefindet man keinen Richter. IT-Recht ist ebenzumeist nicht-forensisches Recht.

6. Fazit: Eine durchaus interessante Fest-schrift. Sie bietet einen bunten Strauß ausvielen kleinen Blumen ganz unterschied-licher Farben. Ein Gesamtpanorama magsich allerdings nicht recht fügen. Insgesamtkann man sich des Eindrucks des Fragmenta-rischen, des Pointillistischen nicht ganzerwehren. Es bleiben einige kleine Anstöße,selten aber richtiggehende Anregungen. Dasgewählte Format mit sehr kurzen Beiträgensollte kein Vorbild für zukünftige Festschrif-ten sein. Es bietet zu wenig Raum für Weiter-führendes, für echte Prachtentfaltung einesGebietes. Und verdienten Jubilaren ist eseine zusätzliche Freude, wenn die ihnengewidmete Festschrift eine hohe Zitierrateerreicht, weil sich in ihr viele zitierenswerteBeiträge finden. Libri amicorum wie jenes fürSchneider dagegen enthalten viele kleineSektperlen, deren Wirkmacht und Zitier-wahrscheinlichkeit eher klein zu veranschla-gen sind. Sie sind am besten für die Cham-pagnerstunde geeignet, nicht für den alltäg-lichen Zugriff auf dem Schreibtisch. Einesaber sollte man für das Liber AmicorumJochen Schneider besonders hervorheben: Esist lieb gedacht und sehr gut gemeint.

Prof. Dr. Peter Mankowski, Universität Hamburg

Wolf/Lindacher/Pfeiffer: AGB-Recht.Kommentar. Verlag C.H. Beck München 5. Aufl. 2009.XXXIV + 2440 Seiten. Gebunden. EUR 178.ISBN 978-3-406-51046-5.

Dass man dieses Werk weder vorstellen mussnoch zu besprechen braucht, weiß jeder, deres kennt – mithin alle Juristen, die AGB-Gestaltung und -Auslegung verantwortungs-voll und unter Heranziehung der einschlägi-gen Literatur betreiben. Zu erwähnen seiaber, dass nach dem Tod Manfred Wolfs, deshochverdienten spiritus rector dieses Buchs,die geschäftsführende Herausgeberschaft aufThomas Pfeiffer – Wolfs wichtigsten Schüler –übergegangen ist, der diese Herkulesaufgabemit Bravour geschultert hat.

Das Autorenteam ist gewachsen und bestehtnunmehr aus Dr. Jens Dammann (Texas),Prof. Dr. Wolfgang Hau (Passau), Prof. Dr.Walter Lindacher (Trier), Rüdiger Pamp (OLGKöln), Prof. Dr. Thomas Pfeiffer (Heidelberg),Prof. Dr. Peter Reiff (Trier), Prof. Dr. HubertSchmidt (FH Trier), Prof. Dr. Markus Stoffels(Osnabrück) und Prof. Dr. Manfred Wolf (†).

Wie umfangreich und tiefschürfend dieKommentierung im Einzelnen ist, wirdschon am schieren Umfang des Werkes deut-lich, das nach einer Einleitung von 48 Seitenund Erläuterungen zur Verwendung vonAGB im internationalen Geschäftsverkehr(36 Seiten) zunächst die §§ 305-310 BGBkommentiert (855 Seiten), dann die arbeits-rechtlichen Fragen gesondert anspricht (90Seiten) und sodann auf über 1000 Seiten ein„ABC der Klauseln und Vertragstypen“ dar-stellt, das dem anwaltlichen Anwender nurvon großem Nutzen sein kann. Abschlie-ßend finden sich Kommentierungen zumUKlaG (112 Seiten) und zur RL 93/13/EWG(90 Seiten).

Aus diesem Grunde hat sich der Rezensenteine kleine Unfairness erlaubt und das Buchunter dem speziellen Blickwinkel des Onli-ne-Verbraucherschutzes betrachtet. Dabei istihm wohl bewusst, dass die online-recht-lichen Fragen nur einen kleinen Teil der zubehandelten Probleme ausmachen, doch seiihm zuzugestehen, dass im Internet abge-schlossene Verträge in einem solchen Maßezugenommen haben, dass ihnen bereits eige-ne und umfangreiche Bücher und umfassen-de Buchkapitel gewidmet wurden (z. B.instruktiv bereits Spindler in Spindler (Hg.),Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl.2004 (auf fast 300 Seiten!); Ernst, Vertragsge-staltung im Internet, 2003; Schuster (Hrsg.),Vertragshandbuch Telemedia, 2001).

Während Software- und EDV-Verträgen eineigenes Kapitel gewidmet ist (S. 1832-1848;dazu Hoeren, MMR 6/2009, S. XXX), habenzunächst Telefondienst- und Teledienstver-trag einen gemeinsamen Abschnitt erhalten(S. 1881-1897). Dem Teledienstvertrag sinddabei allerdings nur drei Seiten verblieben(inkl. zwei Absätze zum Webhosting). Auchbeim Versandhandelsvertrag (S. 1923-1926),der inzwischen wohl zumeist onlinegeschlossen wird, findet sich kein Hinweis

auf Internet-Spezifika. Die Widerrufsbeleh-rung erhält ein eigenes Kapitel (S. 2091-2096), das allerdings die neue Fassung desBMJ-Musters vom 01.04.2008 (BGBl. I 2008,295 v. 12.03.2008) nicht mehr berücksichti-gen konnte. Auch hier ist die Darstellung imWesentlichen offline-bezogen, wenn z. B. derVerbraucher ein „Exemplar“ zum dauerhaf-ten Verbleib erhalten soll (Rn. W 55) – ohnedie Frage anzusprechen, welche BedeutungE-Mail und Website haben (vgl. etwa KGMMR 2006, 678).

Auch sei über die Frage gestritten, ob es zurAnnahme einer „Verhandlungssprache“ inder Tat ausreichen soll, wenn ein Bestellfor-mular oder eine Angebotsliste in einerFremdsprache bereitstehen (vgl. § 305 Rn. 89a. E.). Die wenigen Worte, die zur Nutzungeiner englischsprachigen Website erforder-lich sind, genügen kaum, um dem Verbrau-cher Kenntnisse im komplizierten Rechtseng-lisch zuzumuten (s. Ernst, a.a.O. Rn. 207 ff.).

Interessant wäre ferner die Frage, ob nichtnur durch Btx übermittelte (§ 305 Rn. 20)AGB ordnungsgemäß einbezogen sind, son-dern auch Online-Klauselwerke, für derenLektüre die Nutzung einer besonderen Soft-ware erforderlich ist (ablehnend für pdf,Javaskript usw. Ernst, a.a.O. Rn. 197; Spindlera.a.O.Rn. IV/37). Die Dauer des Downloadsbei AGB (§ 305 Rn. 90) ist kostenmäßig hin-gegen inzwischen stets unerheblich. Zur Ein-beziehung von Plattform-AGB (§ 305 Rn. 29)geht Pfeiffer mit BGH CR 2002, 213 davonaus, dass mangels eines Verwenders keinedirekte AGB-Kontrolle stattfinden kann, willdiese aber zu Recht „indirekt“ durchführen(vgl. auch das Kapitel „Versteigerungen imInternet“ S. 1124-1130; dazu etwa Ernst, inRedeker (Hg.) Handbuch der IT-Verträge, Kap.3.13; Spindler/Wiebe (Hg,), Internet-Auktio-nen und elektronische Marktplätze, 2. Aufl.2005; Leible/Sosnitza (Hg.), Versteigerungenim Internet, 2004).

Letztlich gilt auch für die Suche nach Hilfebei der Gestaltung von AGB für das Online-Geschäft, dass man – wie wohl auch in allenanderen Spezialmaterien – letztlich zusätz-lich auf speziellere Literatur zurückgreifenmuss. Angesichts des wunderbaren Anhangsmit so vielen Spezialabschnitten stellt sichaber auch die Frage, ob dieses Buch es nichtdoch auch leisten könnte. Ein schönes Pro-jekt für die nächste Auflage dieses Werkeswäre etwa ein eigenes Kapitel zum Thema E-Commerce-AGB. Gleichfalls von großerBedeutung wären auch mögliche Abschnittezu AGB im Fernsehtext, etwa beim Teleshop-ping, zum Klingelton-Download oder zu denAGB von Telefongewinnspielen. – DieseAnregungen ändern jedoch nichts an derGroßartigkeit dieses Buchs, das nur undunbedingt zu empfehlen ist.

Rechtsanwalt Professor Dr. Stefan Ernst,Freiburg/Br.

360 | VuR 9/2009

B U C H B E S P R E C H U N G E N

VuR 9/2009 | V

I N F O R M AT I O N E N

■ Die Zeitschrift Informationen zum Verbrau-cherrecht des österreichischen Vereins fürKonsumenteninformation (VKI) berichtet am30.07.2009 über ein Urteil des LandgerichtsDortmund, demnach die FluggesellschaftGermanwings zur Zahlung von Schaden-ersatz verurteilt wurde, weil sie im Internetgebuchte Flüge zu Unrecht storniert hatte.Laut Urteil darf eine Fluggesellschaft einengebuchten Flug nicht ohne Vorwarnung stor-nieren, wenn die Zahlung per Kreditkarteoder Lastschrift nicht geklappt hat, oder derKunde die Zahlungsfrist nicht eingehaltenhat. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, denKunden nicht zumindest per E-Mail vomScheitern des Zahlungsversuchs zu unter-richten und ihm eine Frist zur Nachzahlungeinzuräumen, begründete das Gericht. Auchwenn der Kunde die Zahlungsfrist versäu-me, dürfe die Fluggesellschaft erst nach er-folgloser Mahnung vom Vertrag zurücktre-ten. Darüber hinaus untersagte das Gerichtdie Verwendung einer Klausel, nach der Ger-manwings sofort die Schufa informieren darf,wenn sie den Rechnungsbetrag nicht vomKreditkartenkonto einziehen kann, oder derKunde nicht fristgemäß zahlt. Die Klausel ver-stoße gegen das Bundesdatenschutzgesetz.Die Weitergabe „weicher“ Daten an dieSchufa sei nur dann zulässig, wenn sich dasUnternehmen im Einzelfall davon vergewis-sere, dass das Verhalten des Kunden auf Zah-lungsunwilligkeit oder -fähigkeit beruhe.

■ In einem Positionspapier, X/015/2009, vom06.03.2009 der europäischen Verbraucher-schutzorganisation BEUC geht es umgrenzüberschreitenden Austausch vonKreditdaten. BEUC sieht in dem grenzüber-greifenden Zugang zu Kreditdaten kein Hin-dernis in der Entwicklung des EU-Kredit-marktes und hält daher auch ein speziellesRahmenwerk, das dem grenzüberschreiten-den Austausch von Kreditdaten dienen soll,für nicht erforderlich. Bei keinem der EU-Mitglieder von BEUC hätte es Beschwerdengegeben, die auf fehlenden Bonitätsge-schichten von Verbrauchern beruhten, wel-

che bei dem Vorhaben, grenzübergreifendeinen Hypothekarkredit (oder andere Artenvon Kredit) zu erhalten, auf Schwierigkeitenträfen. Eine ausschließliche Fokussierung aufden Umstand des Datenzugangs ließe sichnicht rechtfertigen. Im Gegensatz hierzuvertritt BEUC die Auffassung, dass Kreditge-ber gehalten sein sollten, auf vielfältige Artund Weise (z. B. anhand von Gehaltsa-brechnungen, Kontoauszügen des Kredit-nehmers) die Kreditwürdigkeit eines Kredit-nehmers einzuschätzen.

■ Die Zeitschrift des belgischen Verbraucher-verbandes CRIOC, Du Côté des Consomma-teurs, vom 17.07.2009 befasst sich mit derGesetzesanpassung zu Handelspraktikenwie dem Querverkauf. Im Juli habe der Mi-nisterrat beschlossen, das aktuelle Verbotdes Querverkaufs aufzuheben. Nach Zustim-mung des Parlaments werde es ab Herbstmöglich sein, ein Produkt oder eine Dienst-leistung beim Kauf eines anderen Produkteskostenlos anzubieten (wie z. B. ein Gratis-Handy als Beigabe bei Abschluss eines Ver-trages). Der Verbraucher müsse außerdemklar und unmissverständlich über die Detailsdesselben komplementären Angebotes in-formiert werden. Das entsprechende Verbotgelte jedoch weiterhin im Finanzsektor, mitAusnahme einer eventuellen Reduzierungdes Versicherungspreises hinsichtlich des ge-schuldeten Restbetrages beim Abschluss ei-nes Wohnungskredits. CRIOC bedauert, dassmit derartigen Angeboten keinerlei Bedin-gungen verbunden sind. Verbraucherinfor-mation sei nicht automatisch gleichbedeu-tend mit Verbraucherschutz. So könne eineAutorisation des Querverkaufs nur unter ge-regelten Bedingungen erfolgen, ansonstenbestünde Gefahr, dass zunehmend alles au-ßer Kontrolle gerate.

■ In der französischen VerbraucherzeitschriftINC Hebdo Nr. 1528 vom 27.07.09 geht esum die Vielzahl von Pestiziden in Obst undGemüse in Europa, wobei hiervon mehr als350 verschiedene festgestellt worden seien.

Gemäß der Bilanz der Europäischen Behör-de für Lebensmittelsicherheit aus dem Jahre2007 hätte sich insbesondere in Frankreichdie Situation verschlechtert: 60 % der Probenwiesen Pestizidrückstände auf. Tomaten undÄpfel befänden sich auf dem Prüfstand. 96 %der 74 300 Lebensmittelproben, die in derEU, Norwegen und Island untersucht wor-den seien, entsprächen den höchstzulässigenGrenzwerten für Rückstande. Und dennochhätten Verbraucher Grund zur Besorgnis: InObst und Gemüse seien mehr als 350 Pflan-zenschutzmittel festgestellt worden, in Ge-treide 72. Im Durchschnitt enthielte ein Vier-tel der europäischen Proben mehrereverschiedene Produkte. Auch wenn eineÜberschreitung der höchstzulässigen Grenz-werte für Rückstände nicht systematisch einSicherheitsproblem darstelle, so würden dieGesundheitsbehörden schätzen, dass wie-derholte Überschreitungen zum Teil fürKrankheiten wie Krebs und Unfruchtbarkeitverantwortlich zeichneten. Dasselbe gelte fürPestizidcocktails. Kürzlich vom FranzösischenInstitut für Gesundheitswesen und Medizini-sche Forschung durchgeführte Studien beiPersonen, die aufgrund ihres Berufes Pestizi-den in hohem Maße ausgesetzt seien, hät-ten bereits die negativen Auswirkungen auf-gezeigt. Die französische OrganisationMDRGF, Mouvement pour le droit et le res-pect des générations futures, fordere deshalbauch, den Plan Ecophyto 2018, der den Ge-brauch von Pestiziden in der französischenLandwirtschaft um die Hälfte reduzieren soll,dringend in die Tat umzusetzen.

Übersetzungen: Doris Luik, Hamburg

V E R B R A U C H E R Z E I T S C H R I F T E N I M A U S L A N D

Die entsprechenden Links auf dieaktuellen Zeitschriften finden Sie imInternet unter www.vur-online.deunter der Rubrik „Verbraucherzeitschrif-ten im Ausland“.

VI | VuR 9/2009

IT-Verträge: Rechtssichere Gestaltungtypischer Vertragsarten30.09.2009 Köln, NH Köln-MediaPark

Eine effektive Vertragsgestaltung ist im IT-Sektor besonders wichtig. Gerade das Soft-warevertragsrecht hat in den vergangenenJahren weitreichende Änderungen erfahren.Strategische Überlegungen hinsichtlich derWahl des Vertragstyps beim Vertrieb vonSoftware stehen dabei am Anfang. Klauselnzur Minimierung von Haftungsrisiken und zuFolgen bei Gewährleistung dürfen in keinemVertrag fehlen. Die Zulässigkeit von Vertrags-klauseln und AGB war in letzter Zeit häufigGegenstand in der Rechtsprechung.

Inhalte:Hard- und Softwarevertrieb: Klauselgestal-tung im Kaufrecht:● Mangelbegriff● Typische Softwaremängel● Rechte des Kunden● Verjährung● Möglichkeiten der vertraglichen Gestaltung

Software und Werkvertragsrecht● Softwareverträge und Werklieferung● Anwendungsbereich des Werkvertrags-

rechts – Abgrenzung zum Kaufrecht● Fragen im Zusammenhang mit der Ab-

nahme● Rechte des Bestellers● Besonderheiten bei DV-Projektverträgen● Vertragsgestaltung und Formulierungsbei-

spiele

Besonderheiten beim elektronischen Handel

Besondere Vertragstypen● Shareware und Open Source● Hinterlegungsvereinbarungen● Wartung und Pflege von IT-Produkten

Musterverträge● Lizenzvertrag F&E● AGB-Klauseln zu Haftung und Gewährleis-

tung● EVB-IT● Geheimhaltungsvereinbarung● Change Request und Outsourcing

Weitere Information: www.beck-seminare.deTel.: 0 89 381 89-503 Fax.: 0 89 381 89-547 E-Mail: [email protected]

BGH-Urteile zum Marken- und Wettbe-werbsrecht – aktuelle BGH-Rechtsprechungaus erster Hand09.10.2009 München, Le Méridien München

Das Seminar bietet Informationen aus ersterHand über den aktuellen Stand der BGH-Rechtsprechung. Neben materiellen Fragen

werden auch verfahrensrechtliche Problemebehandelt und die wesentlichen Auswirkun-gen der UWG-Novelle auf die Recht-sprechung erläutert. Anhand neuester BGH-Urteile wird über alle wichtigen Entwicklun-gen im Marken- und Wettbewerbsrecht undden sich daraus ergebenden Auswirkungenfür die Praxis informiert.

Inhalte:● Erste Erfahrungen mit der UWG-Novelle● Verbraucher- und Mitbewerberschutz● EuGH-Vorlagen (§ 4 Nr. 6 UWG)● Wettbewerbsrechtliche Informations-

pflichten● Preisangaben● Transparenzgebot bei Verkaufsförderungs-

maßnahmen („Räumungsverkauf“)● Irreführungsverbot (§§ 5, 5a UWG)● Informationspflichten im Internethandel● Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz● Einfluss der UWG-Novelle● Verhältnis zum Sonderschutzrecht● Schutz technischer Produkte● Unlautere Mitbewerberbehinderung● Abwerben und Abfangen von Kunden● Preisunterbietung● Missbräuchliche Marken- und Domainan-

meldung● Schutzrechtsverwarnung● Markenrechtliche Grundprobleme● Zeichenmäßiger Gebrauch und Schutz-

schranken● Schutz zusammengesetzter Zeichen● Benutzungsmarke● AdWord-Werbung● Schutz verkehrsdurchgesetzter Zeichen

(„Post“, „Kinder“)● Nachweis der Verkehrsdurchsetzung● Schutzumfang ● Löschungsverfahren● Rechtsfolgen und Verfahren● Haftung für rechtsverletzende Handlungen

Dritter („Störer“)● Schadensberechnung in der Verletzerkette● Klagebefugnis● Abschlusserklärung● Sonstige Verfahrensfragen

Weitere Information: www.beck-seminare.deTel.: 0 89 381 89 - 503 Fax.: 0 89 381 89 - 547 E-Mail: [email protected]

Pflichten und Haftung bei der Anlagebera-tung und Vermögensverwaltung nachneuem RechtFreitag, 16.10.2009, München, Holiday InnMunich

Das Seminar richtet sich an Rechtsanwälte,insbesondere Fachanwälte für Bank- undKapitalmarktrecht, die im Bereich der Wert-

papierdienstleistungen beratend tätig sind.Obschon Gesetzgebung und Recht-sprechung zu den bankrechtlichen Aufklä-rungs- und Beratungspflichten gerade imBereich des Wertpapiergeschäftes kaumnoch überschaubar sind, kann die Entwick-lung und Ausdifferenzierung dieses Pflichten-kreises längst nicht als beendet angesehenwerden. Dies hat nicht zuletzt die Entschei-dung des BGH vom 19.12.2006 zu sog.‚Kickbacks‘ gezeigt. Hinzu kam die Umset-zung der MiFID zum 01.11.2007, die dasRecht der Anlageberatung und der Vermö-gensverwaltung grundlegend verändert hat.Die Auswirkungen der sog. Finanzkrise tatenein Übriges, um den Pflichtenkreis von Ban-ken, Sparkassen und Wertpapierdienstleis-tern zunehmend kritisch zu bewerten.

Im Rahmen der Veranstaltung werden dieeinzelnen Pflichten der Banken bei derErbringung von Wertpapierdienstleistungen,insbesondere bei der Anlagevermittlung, derAnlageberatung und der Vermögensverwal-tung detailliert dargestellt, und zwar sowohlunter aufsichtsrechtlichen als auch unterzivilrechtlichen Gesichtspunkten. Des Weite-ren werden haftungs- und prozessrechtlicheAspekte, etwa zur Beweislast und zur Verjäh-rung – jeweils mit Blick auf die aktuelle Recht-sprechung des XI. Zivilsenats des BGH – auf-gezeigt.

Weitere Information:www.anwaltakademie.deJana Hartwig Tel.: 030/726153-123, Fax: 030/726153-111E-Mail: [email protected]

Aktuelle Werbeformen im Internet unddas WettbewerbsrechtFreitag, 06.11.2009, Stuttgart / Hilton Gar-den Inn Stuttgart NeckarParkRA Prof. Dr. Stefan Ernst, Freiburg

Das Seminar richtet sich sowohl an Rechtsan-wälte, als auch an die Syndizi, Werbeleiterund Geschäftsführer von Wirtschaftsunter-nehmen sowie an Marketingunternehmen,die sich mit der Online-Werbung befassen.

Online-Werbung ist einer der wenigen Wer-bemärkte, die in den letzten Jahren ein steti-ges Wachstum zu verzeichnen hatten.Gleichwohl sind gerade hier die Zahl derwerberechtlichen Fallstricke und der noch zuklärenden Unsicherheiten groß. Dies gründetauch darin, dass viele Werbeformen neu undihre Einordnung in die lauterkeitsrechtlichenFallgruppen unklar oder umstritten ist.Gleichzeitig scheint die Zahl derer, die imInternet geschäftsmäßig nach Gelegenheitenzur Abmahnung suchen, stetig zu steigen.Ziel des Seminars ist es, ein Verständnis für

V E R A N S TA LT U N G S H I N W E I S E

I N F O R M AT I O N E N

die Grundlagen der Online-Werbung undden aktuellen Stand der Rechtsprechung zuden entstehenden Fragen zu vermitteln.

Das Seminar beinhaltet folgende Schwer-punkte:

● Aktuelle Rechtslage und Rechtsprechungzum Direktmarketing (Spam und E-Mail-Werbung)

● Wettbewerbsrechtliche Beurteilung vonE-Cards

● Zulässiges Suchmaschinenmarketing undunzulässiges Search-Engine-Spamming

● Wettbewerbs- und Markenrecht (Meta-tags, Keyword Buying, Keyword Adverti-sing, Doorway-Paging, Cloaking, verscho-bene Seiten usw.)

● Bedeutung für das Affiliate Marketing● Probleme beim Domain-Parking● Impressumspflichten (TMG, RStV und

EHUG)● Disclaimer – Sinn oder Unsinn?

● Preisangabenverordnung online● Bedeutung der Bagatellklausel (§ 3 UWG)● Abmahnungen wegen unzulässiger AGB-

Klauseln● Problem Störerhaftung

Weitere Information:www.anwaltakademie.deJenny Steger Tel.: 030 726153-126Fax 030 726153-111E-Mail: steger@ anwaltakademie.de

Systematisch und praxisgerecht.

Ausnahmen von der AusschreibungspflichtVon RA Dr. Martin Schellenberg, RA Dr. Sönke Görgens und RA Dr. Jan-Oliver Schrotz, LL.M.2010, ca. 140 S., brosch., ca. 34,– €, ISBN 978-3-8329-4617-3Erscheint ca. Februar 2010

Für die öffentliche Hand wie auch am Markt tätige Unternehmen wird es immerschwerer verlässlich zu beurteilen, welche Vorgänge als „vergaberechtsfrei“ be-zeichnet werden können und wann demgegenüber eine förmliche Ausschreibunggeboten ist.

Die einschlägigen Normen sind auch nach der Vergaberechtsreform in mehrerenRegelwerken verstreut und zum Teil nur mit genauer Kenntnis der einschlägigenSpruchpraxis anwendbar.

„Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht“ stellt systematisch dar,wo die Gren-zen des Vergaberechts verlaufen und welche Spielräume geltendes Recht und ak-tuelle Rechtsprechung den Beteiligten belassen. Anknüpfungspunkt sind dabeidie in den einschlägigen Normtexten genannten Ausnahmekataloge. Sie werdensystematisch und praxisgerecht aufbereitet.Auf diese Weise bietet das Werk demRechtsanwender eine konkrete Handhabe für die Entscheidung, ob ein Vorgangausschreibungspflichtig ist oder ob entsprechende „Privilegierungen“ in Anspruchgenommen werden können.

Die Vergaberechtsreform 2009 ist berücksichtigt.

NomosBitte bestellen Sie im Buchhandel oder versandkostenfrei unter www.nomos-shop.de

I N F O R M AT I O N E N

VuR 9/2009 | VII