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1 Enterprise Microblogging erscheint in: WIRTSCHAFTSINFORMATIK, ISSN 0937-6429 Volume 52, Number 6 WIRTSCHAFTSINFORMATIK (2010) 52:387-390 DOI 10.1007/s11576-010-0246-y Die Autoren Kai Riemer, Alexander Richter, Martin Böhringer PD Dr. Kai Riemer (Dipl.-Wirt. Inform.) The University of Sydney Discipline of Business Information Systems Faculty of Economics & Business Building H69 NSW 2006, Australia [email protected] Dr. Alexander Richter (Dipl.-Kfm.) Universität der Bundeswehr München Institut für Softwaretechn ologie Fakultät für Informatik D-85577 Neubiberg [email protected] Martin Böhringer (Dipl.-Wirt.-Inf.) Technische Universität Chemnitz Professur für Wirtschaftsinformati k II, insb. Systementwicklung/Anwe ndungssysteme Fakultät für Wirtschaftswissenscha ften D-09126 Chemnitz [email protected] Stichworte: Enterprise Microblogging, Kommunikations- und Kollaboratio nssysteme, Twitter, Enterprise 2.0, Web 2.0 Keywords: Enterprise Microblogging, Communication and collaboration systems, Twitter, Enterprise 2.0, Web 2.0

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Enterprise Microblogging

1 Microblogging als Form der Unternehmenskommunikation

Die IT-basierte Unterstützung der Kommunikation in Unternehmen wird nicht nur zunehmend

wichtiger, sondern auch schwieriger. Beispielsweise sehen sich viele Wissensarbeiter miteiner Überlast eingehender Informationen in ihrer E-Mail-Inbox konfrontiert, da sich viele

Nutzer des Dienstes angewöhnt haben, Nachrichten (via CC) gleich an eine ganze Reihe

von Empfängern zu senden. Gründe können sein, sich absichern zu wollen; nicht zu wissen,

für wen eine Information potenziell interessant sein könnte, oder einfach Bequemlichkeit. Auf

diese Weise wird heutzutage der Großteil der Nutzer mit einer unsortierten Masse an Nach-

richten konfrontiert, von denen nur ein Bruchteil wirklich persönlich relevant ist. Das Sortieren

und Verarbeiten wiederum kostet Zeit und Produktivität, zudem erhöht sich die Wahrschein-

lichkeit, dass wirklich wichtige Nachrichten untergehen. Vor diesem Hintergrund versprichtdas Prinzip des Enterprise Microblogging (EMB) einen neuen Kanal für die Unternehmens-

und Gruppenkommunikation zu schaffen. Ähnlich der öffentlichen Plattform Twitter können

Nutzer kurze Nachrichten auf diesem Kanal veröffentlichen, insbesondere wenn die Informa-

tionen für eine (vorher oft nicht genau bekannte) Gruppe von Nutzern relevant sein könnten.

Beispielsweise können Nutzer über potenziell interessante Internetquellen informieren, von

wichtigen Ereignissen berichten oder schlicht Statusnachrichten über erledigte Tätigkeiten

senden. Der entstehende Informationsstrom kann durch die Anwender auf verschiedene Art

und Weise zusammengestellt und gefiltert werden, um die persönliche Relevanz zu gewähr-

leisten; zudem bleiben alle Nachrichten als Referenz bestehen und sind für den späteren

Zugriff durchsuchbar.

Erste Fallstudien zeigen, dass erfolgreich eingeführte EMB-Systeme das Potenzial haben,

einen signifikanten Teil der vormals über E-Mail abgebildeten Kommunikation zu einer durch

Microblogging gebildeten neuen Unternehmensöffentlichkeit zu verschieben ( Barnes et al.

2010, Riemer & Richter 2010). Während dieser Schritt weitere große Chancen z.B. für das

unternehmensinterne Innovations- und Wissensmanagement bietet, stellt er Management

wie auch Mitarbeiter vor Herausforderungen bei der Änderung des persönlichen und grup-

penbezogenen Kommunikationsverhaltens.

2 Was ist Microblogging?

2.1 Entstehung des Twitter-Phänomens

Microblogging bezeichnet einen Kommunikationsdienst, der es Nutzern erlaubt Kurznach-

richten in einen zunächst ungerichteten Nachrichtenstrom zu senden. Nachrichten anderer

Nutzer können dabei gezielt abonniert werden, so dass ein personalisierter Strom entsteht.

Prominentestes Beispiel ist der im Jahr 2006 gestartete Dienst Twitter, der es seinen Nut-zern ermöglicht, 140 Zeichen lange Kurznachrichten zu veröffentlichen. Mit seinem Funkti-

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onsprinzip prägt der Dienst auch in Zeiten vieler Nachahmer die Vorstellung von Microblog-

ging, wovon u.a. die mittlerweile im Sprachgebrauch etablierten Begriffe „Tweet“ und „twi t-

tern“ zeugen (engl. „(to) twitter“ = zwitschern).

Neben limitierter Beitragslänge verfügt der Dienst mit dem „Following“-Mechanismus über

ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu anderen Social Software-Applikationen. Auf Twit-

ter entsteht aus den von Nutzern veröffentlichten Nachrichten zunächst einmal ein unstruktu-

rierter Echtzeit-Nachrichtenstrom. Erst dadurch, dass er anderen Nutzern folgt und deren

Nachrichten somit abonniert, erstellt sich der Nutzer einen personalisierten Ausschnitt dieses

Nachrichtenstroms, der fortan auf seiner Startseite in chronologisch absteigender Reihenfol-

ge angezeigt wird. Während Verknüpfungen von Nutzern auf Plattformen wie Facebook und

Xing von beiden Seiten zu bestätigen sind, weist der auf Twitter durch das Following entste-

hende Graph der sozialen Beziehungen auch einseitig gerichtete Kanten auf (Nutzer A folgt

Nutzer B, aber Nutzer B folgt nicht A).

Heute auf der Plattform selbstverständliche Funktionen wie die Referenzierung anderer Nut-

zer durch @<Nutzer>, das erneute Veröffentlichen interessanter Beiträge der eigenen abon-

nierten Kanäle („Retweeten“) sowie das Anreichern von Tweets mit durch ein „#“-Zeichen

gekennzeichneten Schlagworten („Hashtag“, z.B. „#mkwi2010“) entwickelten sich nutzerge-

trieben auf Basis einfacher Text-Codes und wurden erst später in die Benutzeroberfläche

des Dienstes integriert (Java et al. 2007).

Neben der nutzergetriebenen Anpassung des Dienstes verfügt Twitter mit seiner offenen

Schnittstelle über eine weitere Quelle für stetige funktionale Weiterentwicklung. Die offene

Twitter-API ist Basis für zehntausende Drittanwendungen, welche die Kernapplikation um

innovative Spezialanwendungen erweitern. Zu nennen sind hier insbesondere Anwendungen

für Mobilgeräte, die heute für einen großen Teil der weltweit gesendeten Tweets verantwort-

lich sind. Twitter als Dienst gelangt somit zu ubiquitärer Verbreitung; eine Benutzung ist un-

abhängig von Raum und Zeit von nahezu jedem Endgerät aus möglich.

2.2 Typische Nutzungsformen

Während das Unternehmen Twitter beim Start seiner Plattform mit der Frage „What are you

doing?“ den Versuch unternommen hatte, die Nutzungsart vorzugeben, hat sich schne ll ge-

zeigt, dass, ganz im Sinne der Nutzeraneignung, nur eine Minderheit der Postings dieser

Kategorie folgt (Java et al. 2007). Entsprechend lautet das Motto von Twitter heute allge-

meiner „What’s happening?“. Mittlerweile existieren erste Studien zur Nutzung des Dienstes,

die das Kommunikationsverhalten auf der Plattform näher untersuchen. Einer aktuellen Stu-

die zufolge, stellten sich als häufigste Kommunikationskategorien die Auskunft über sich 

selbst (41%: „bin müde“), Zufälliges und Gedanken  (25%: „Blauer Himmel im Winter“) und

Meinungsäußerungen  (24%, „Super Spiel gestern“) heraus, während echter, nutzenorientier-

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ter Informationsaustausch  („Neue Studie zu Enterprise 2.0: http://...“) nur in 21% aller Posts

stattfindet (Naaman et al. 2010). Diese Ergebnisse zeigen wiederum, dass der Dienst für

sehr unterschiedliche Zwecke und von unterschiedlichen Zielgruppen sowohl für eher hedo-

nistische, wie auch für eher professionelle Kommunikation angeeignet wird.

3 Enterprise Microblogging

3.1 Potenziale und Vorbehalte

Die Einfachheit und Unmittelbarkeit der Kommunikation machen Microblogging für Unter-

nehmen interessant, z.B. für die Kommunikation und Koordination in Teams und Projekten.

Folgerichtig sind Initiativen zu beobachten, das Microblogging-Prinzip für den Unterneh-

menseinsatz nutzbar zu machen. Vier Jahre nach dem Start von Twitter sind zwar einige

EMB-Plattformen verfügbar (siehe unten), das Angebot an Services scheint jedoch die Nach-

frage nach dem Dienst derzeit noch zu übersteigen.Bei der Vermarktung des Konzeptes Enterprise Microblogging erweist sich dabei gerade eine

große Stärke des Vorbilds Twitter als Problem: Twitter als offene Plattform ist stark durch die

Interessen der Nutzer geprägt. So existieren von Entscheiderseite teils erhebliche Vorbehal-

te gegenüber dem Einsatz von Microblogging; viele fürchten, dass mit dem Transfer der

Technologie vom offenen Internet in das eigene Intranet auch die oben beschriebenen, he-

donistischen Verhaltensweisen importiert werden, die mit unproduktivem „Gebrabbel“ und

Zeitverschwendung assoziiert sind. Andererseits stellen sich viele Verantwortliche die Frage,

ob man das andernorts vielfach beschworene Potenzial von Microblogging für die Gruppen-kommunikation ungenutzt lassen möchte oder sich diesem neuen Medium öffnet.

3.2 Plattformen und technische Ausprägung

Aufgrund der oben angesprochenen Nutzungsoffenheit der Plattformen fokussieren viele

EMB-Anbieter spezielle Anwendungsfälle und schneiden die Produkte entsprechend ver-

schiedener Szenarien zu. Beispielsweise existieren Werkzeuge für das Projekt- und Informa-

tionsmanagement, in denen folgerichtig insbesondere das offene Kommunikationsprinzip

betont und mit umfangreichen Filter- und Auswertungsfunktionen unterstützt wird, während

aufgrund des feststehenden Personenkreises (i.S.d. Projektteams) meist keine Following-

Funktion integriert ist. Andere Anbieter fokussieren auf Großunternehmen und die dort not-

wendige Verknüpfung der Mitarbeiter über Social Networking-Werkzeuge, weshalb insbe-

sondere der Following-Mechanismus hervorzuheben ist, Funktionen des Informationsmana-

gements allerdings zugunsten einer einfachen Bedienung in den Hintergrund treten.

Ebenso vielfältig wie die funktionale Ausgestaltung der einzelnen Werkzeuge stellen sich die

Angebotsformen dar, mit denen sich ein interessiertes Unternehmen auseinandersetzen

muss. Es existieren Open Source-, SaaS- und Lizenz-Modelle. Typische Anbieter von EMB-

Lösungen sind StatusNet (Open Source) sowie Communote, Present.ly, Socialcast, Social-

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text und Yammer (kommerziell). Einen Marktüberblick erlauben existierende Studien (z.B.

Böhringer et al. 2010). Auf technischer Seite wird die flächendeckende Integration entspre-

chender Microblogging-Funktionalitäten in IT-Infrastrukturen von Analysten bereits für die

nahe Zukunft prognostiziert (Gartner 2010).

4 Ein Anwendungsbeispiel

Im Folgenden soll das Potenzial von Enterprise Microblogging für die Team- und Projektar-

beit anhand eines Anwendungsbeispiels verdeutlicht werden (vgl. Riemer & Richter 2010).

Das Fallstudienunternehmen ist ein mittelgroßes Softwareentwicklungshaus, das eine eigene

Plattform für EMB entwickelt hat, diese selbst einsetzt und am Markt vertreibt. In der ange-

sprochenen Studie wurden die Nutzungspraktiken eines Entwicklungsteams untersucht und

mittels einer Genreanalyse Nutzungsmuster identifiziert, die detaillierte Rückschlüsse auf die

Nutzung des Dienstes in der Projektarbeit zulässt.

Eine wesentliche Motivation für die Einführung war es, mittels EMB Gruppenaktivitäten für

alle sichtbar und damit transparenter machen. Erledigte und noch offene Aufgaben können

so an einem zentralen Ort dokumentiert und für alle durchsuchbar gemacht werden. So ist

die Kommunikation auch im Nachhinein innerhalb ihres Kontexts nachvollziehbar (z.B. auch

für neue Mitarbeiter) und der Status einzelner Aufgaben lässt sich für beliebige Zeitpunkte

nachvollziehen. Zudem stellt die Plattform für Projektverantwortliche ein effizientes Mittel zur

Delegation und Koordination dar.

Die folgende Tabelle zeigt die vier Kommunikationspraktiken, in die über 90% der in demTeam beobachteten Kommunikation in EMB fallen. Es wird deutlich, dass EMB gut geeignet

ist, die Zusammenarbeit an gemeinsamen Aufgaben zu koordinieren. Dabei geben Team-

mitglieder jeweils kurze Status-Updates, wenn sie eine Aufgabe erledigt haben oder Proble-

me auftauchen. Teammitglieder halten auf der Plattform offene Arbeitsschritte fest und dele-

gieren mit kurzen, gerichteten Nachrichten Aufgaben an bestimmte Mitarbeiter, dies aber im

Gegensatz zu E-Mail für alle sichtbar. Des Weiteren wird EMB genutzt, um inhaltliche Fragen

zu stellen, diese zu beantworten, kurze Anleitungen zu veröffentlichen und so zur Problemlö-

sung im Team beizutragen. Eine weitere wesentliche Praktik in diesem Team ist, dass sichdie Teammitglieder über Ereignisse außerhalb des unmittelbaren Teamkontexts auf dem

Laufenden halten (z.B. Gespräche mit dem Kunden). Und zuguterletzt ist EMB ein Medium

um Ideen festzuhalten, Hinweise auf interessante Internetinhalte zu veröffentlichen und so

die inhaltliche Diskussion voranzutreiben.

Der zuletzt genannte Aspekt lässt vermuten, dass EMB neben der Koordination der direkten

Zusammenarbeit weitere Potenziale aufweist, z.B. im Innovationsmanagement. Echte Inno-

vationen sind oft schlecht planbar. EMB kann hier über das Schaffen von Awareness für die

Aktivitäten anderer Teams und die Sammlung von Ideen Kontakte ermöglichen und Diskus-

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sionen anregen. So können auch vermeintlich „dumme“ Ideen die kollektive Wahrnehmungs-

schwelle überwinden und unerwartete Fürsprecher finden.

Praktik Erklärung Beispiele

Aufgaben-

koordination

Teammitglieder delegieren

offene Aufgaben an andere,halten diese als Todos fest,

berichten über erledigte

Aufgaben oder holen den

aktuellen Status ein.

„Preisgestaltung für das Migrationsplugin

#OffenerPunkt“ „@mno steht der aktuelle Stand zum Test

bereit? Wo?“ 

„Habe auf der #com233 eine Testinstallation

eingerichtet und den #Suchindex

aktualisiert.“ 

Problemlösung Teammitglieder stellen

inhaltliche Fragen, weisen auf

Probleme hin oder posten

Anleitungen und „How Tos“. 

„Was kann RAD-Studio was Visual Studio

nicht kann?“ 

„#Verbindungsproblem beim #Sys ist

behoben. Jedoch taucht nun ein weiteres

Problem auf. Die Konfiguration des …“ 

Ereignis-

berichte

Teammitglieder berichten von

Ereignissen außerhalb des

Teams (Aufträge, Telefonate,

Meetings) und weisen auf

kommende Termine hin.

„Bestellung von Klug Media Systems #KMS

für #Confluence Entwicklung erhalten!“ 

„Termin für finale Migration 17.08.2009

@cde @jkl“ 

„Habe eben mit Herrn Klaus telefoniert, und

folgende Punkte besprochen...“ 

Ideen und

HinweiseTeammitglieder posten Linkszu interessanten Webseiten

oder stellen neue Ideen zur

Diskussion.

„für einen ersten Blick auf Confluence 3.0:

http://confluence.atlassian.com/ ...“ 

„@tuv Idee: Die Schranke könnte nach

Eingabe der Emailadresse platziert werden.

Wie schon jetzt ist bei …“  

Tabelle 1: EMB-Nutzungspraktiken mit Beispielen (siehe Riemer & Richter 2010)

5 Bedeutung für die Wirtschaftsinformatik

5.1 Aneignung und Nutzung

Enterprise Microblogging als Technologie kann als so genannte Infrastruktur-Technologiebegriffen werden. Infrastrukturen sind dabei als offene, heterogene Bündel von IT-basierten

Potenzialen zu verstehen, die es Nutzern ermöglichen Praktiken auszubilden (siehe Hanseth

und Lyytinen 2004). Ähnlich wie andere Kommunikations- und Kollaborationssysteme sind

EMB-Plattformen dabei durch ihre Nutzungsoffenheit charakterisiert. Diese impliziert, “dass

solche Systeme in sehr vielfältiger Weise genutzt werden können und ihre Potenziale und

Effekte für die Praxis sich nicht allein durch Analyse ihrer Funktionen abschätzen lassen”

(Riemer und Taing 2009, S. 380). Vielmehr wird der Nutzen erst durch Aneignung durch die

Nutzer, wie in obigem Fallbeispiel gezeigt, deutlich.

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In diesem Zusammenhang muss zwischen dem Kreieren (der aktiven Tätigkeit des

Microblogging) und dem Konsumieren (der Nutzung des entstehenden Informationsstroms)

unterschieden werden. Während erste Studien, wie die oben angesprochene, den aktiven

Akt des Kommunizierens in Ansätzen bereits untersuchen, liegen noch keine Erkenntnisse

zu Nutzen und Rolle von EMB als Informationsmedium vor. Dabei gilt es beispielsweise die

in praxisnahen Veröffentlichungen verbreitete Meinung kritisch zu hinterfragen, ob EMB wirk-

lich das oftmals mit E-Mail assoziierte Problem des Information Overload lösen oder mildern

kann. So ist es durchaus möglich, dass das ungerichtete Veröffentlichen von Informationen

in einem immerwährenden EMB-Informationsstrom nur zu einer Verschiebung des Problems

in das neue Medium führt. Vermutlich wird dies nicht unerheblich vom Design der Plattfor-

men und (der Aneignung) von Funktionen wie Verschlagwortung (Tagging) und Informations-

filterung abhängen. Es wird sich zukünftig zeigen müssen, ob sich die Erwartungen von

Plattform-Anbietern und Fürsprechern von EMB bezüglich möglicher Verbesserungen in

Wissens-, Innovations- und Kommunikationsmanagement erfüllen werden. Bisher gibt es

noch zu wenige Anwendungsfälle, um hierzu Aussagen treffen zu können.

5.2 Technische Entwicklung und Integration

Neben der diskutierten Anwendung stellen sich auch für EMB einige technische Herausfor-

derungen. Dazu gehören die technische Stabilität und Verfügbarkeit, Sicherheit, Rollen- und

Rechtemanagement sowie (ausgehend von der o.g. Sichtweise auf EMB als Informationsinf-

rastruktur) insbesondere die Integration in vorhandene Kommunikationssysteme. In diesemZusammenhang ist auch die kommunikative Erreichbarkeit über verschiedene Kanäle (vgl.

Riemer und Taing 2009) zu thematisieren.

Desweiteren gilt es EMB im Ökosystem vorhandener Dienste und Systeme zu betrachten

und besonders auf Integrationsaspekte einzugehen. Erste Arbeiten haben dabei auf Poten-

ziale von EMB bezüglich der Verknüpfung mit Geschäftsprozessen und technischen Anlagen

und Systemen verwiesen. Unter dem Stichwort ubiquitäres Microblogging wird postuliert,

automatisiert generierte Kurznachrichten und Statusmeldungen nichtmenschlicher Akteure in

den EMB-Informationsstrom zu integrieren und damit den Nutzern in einem einheitlichenMedium zur Verfügung zu stellen (Böhringer & Gluchowski 2010). Dies betrifft wiederum den

Konsum-Part der EMB-Praktik, d.h. die Frage nach der Informationsaufnahme in diesem

neuen Medium. Die Annahme ist, dass Informationsversorgung stark vereinfacht werden

kann, wenn Status-Nachrichten von Teammitgliedern und solche von Prozessen und Syste-

men in einem integrierten (filterbaren) Informationsstrom zur Verfügung stehen. Hier fehlen

ebenfalls empirische Arbeiten, die sich mit Nutzen und Grenzen einer solchen Integration

auseinandersetzen.

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