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mittendrin Das Magazin der SWX Group Wie der Finanzplatz Schweiz reguliert wird 2004 Selbstregulierung, Management Transaktionen, Corporate Governance, Insidergesetz, Rechnungslegungsstandards, Aktionärsrechte

Wie der Finanzplatz Schweiz reguliert wird mittendrin 2004 · Bankenkommission, Prof. Dr. iur. et lic. oec. Heinrich Koller, Direktor des Bundesamtes für Justiz, Dr. Urs Philipp

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mittendrin Das Magazin der SWX Group

Wie der Finanzplatz Schweiz reguliert wird

2004

Selbstregulierung, Management Transaktionen,Corporate Governance, Insidergesetz, Rechnungslegungsstandards,Aktionärsrechte

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SWX_Magazin_d_040319.qxd 22.4.2004 13:30 Uhr Seite u1

Editorial 03

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Stabile Rahmenbedingungen sowie eine Finanzmarktregu-lierung und -aufsicht, die einen wirksamen Anlegerschutz sicherstellen und Missbräuche verhindern, gehören zu denSchlüsselfaktoren eines erfolgreichen Finanzplatzes.

Für Politik, Behörden und Selbstregulierungsorganisationenzählt die Stärkung der mit dem Finanzdienstleistungszen-trum Schweiz verbundenen Werte wie Sicherheit, Stabilität,Leistungsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit zu den wichtig-sten Aufgaben. Dazu gehört auch, dass die regulatorischenRahmenbedingungen den Entwicklungen eines internationa-len Umfelds anzupassen sind, ohne das Ziel der Wettbe-werbsfähigkeit aus den Augen zu verlieren.

Der Finanzsektor gehört in der Schweiz zu den wichtigsten,aber auch zu den am stärksten regulierten Wirtschaftsberei-chen. Wie eine Vielzahl von Reformvorhaben belegt, misstunser Land der Überprüfung und Optimierung der Finanz-marktregulierung einen hohen Stellenwert bei.

Seit vielen Jahren setzt die SWX Swiss Exchange anpas-sungsfähige und praxisnahe Regeln für den Finanzmarkt einerseits und die kotierten Gesellschaften andererseits. DieSWX steht deshalb «mittendrin» in den Diskussionen umdiese Reformprojekte.

Die Themen des vorliegenden Magazins geben Leserinnenund Lesern einen Einblick in aktuelle Diskussionen um Re-formvorhaben des Schweizer Finanzmarktes. Sie nehmenStellung zum Schweizer Modell der Selbstregulierung, zurOffenlegung von Management-Transaktionen und zur Über-arbeitung der Insiderstrafbestimmung, ferner zu Regelungs-

vorhaben im Bereich des Aktienrechts, der Corporate Gover-nance im weiteren Sinne sowie zu Neuerungen bei den Rech-nungslegungsstandards.

Ziel all dieser Massnahmen ist es, Transparenz herzustellen,damit die Kapitalgeber eine sachgerechte Beurteilung derUnternehmensentwicklung und des Marktes – also ihrer In-vestitionen und Investitionsmöglichkeiten – vornehmen kön-nen. Ferner sollen die Mitwirkungs- und Kontrollrechte derKapitalgeber – namentlich der Aktionäre – gestärkt werden.Letztlich wird damit gewährleistet, dass der für eine erfolg-reiche Wirtschaftstätigkeit entscheidende Kapitalmarktweiterhin verlässlich funktioniert.

Wir danken Dr. Kurt Hauri, Präsident der EidgenössischenBankenkommission, Prof. Dr. iur. et lic. oec. Heinrich Koller,Direktor des Bundesamtes für Justiz, Dr. Urs Philipp Roth,Vorsitzender der Geschäftsleitung und Delegierter des Ver-waltungsrates der Schweizerischen Bankiervereinigung, so-wie den Wirtschaftsjournalistinnen und -journalisten Katha-rina Fehr, Anne-Marie Nega-Ledermann, Claude Baumann,Roman Oberholzer, Kurt Schüle und Martin Spieler für ihreBeiträge.

Bei den Leserinnen und Lesern bedanken wir uns herzlichfür das Interesse am Finanzplatz Schweiz. Wir freuen uns,Ihnen ein Exemplar des Magazins «mittendrin» überreichenzu dürfen.

Dr. Heinrich Henckel, CEO SWX Swiss Exchange

Dr. Heinrich Henckel

© Copyright

«mittendrin» ist das Magazin der SWX Group. Es erscheint in deutscher, französischer und englischer Sprache. Nachdruck nur

mit vorheriger Genehmigung und mit Quellenangabe. Hier veröffentlichte Meinungen können von denjenigen der SWX Group abweichen.

In diesem Magazin 05

Seite 06Die Selbstregulierung ist international anerkanntDr. Kurt Hauri, Präsident der Eidgenössischen Banken-kommission, nimmt im Gespräch mit Anne-Marie Nega-Leder-mann, «Finanz und Wirtschaft», Stellung zum Modell derSelbstregulierung in der Schweiz.

Seite 12Durch Offenlegung an die Weltspitze

Roman Oberholzer, «NZZ am Sonntag», über die Regelung zur Offenlegung von Transaktionen in Wertschriften des

eigenen Unternehmens.

Seite 14«Es wäre einfach, das Insidergesetz zu verbessern»Urs Philipp Roth, Chef der Schweizerischen Bankier-vereinigung, äussert sich im Gespräch mit Katharina Fehr,«NZZ am Sonntag», zum Insidergesetz.

Seite 18Moralische Basis für die Marktwirtschaft

Martin Spieler, Chefredaktor der «HandelsZeitung», gibt einen Überblick über die aktuelle Diskussion um die

Corporate Governance.

Seite 24Corporate Governance aus gesetzgeberischer SichtProf. Dr. Heinrich Koller, Direktor des Bundesamtes für Justiz,über Kernprobleme der Corporate Governance aus gesetz-geberischer Sicht.

Seite 28Ein wichtiger Pfeiler der Baustelle Gesellschaftsrecht

Kurt Schüle, Unternehmensberater und früherer National- undStänderat, zu den Rechnungslegungsstandards und den

verschärften Bestimmungen.

Seite 32Auf der Suche nach der perfekten SpielwieseClaude Baumann, «FACTS», über aktionärsfreundlichere Rahmenbedingungen und die Frage, ob Aktionäre selber ein grösseres Engagement an den Tag legen sollten.

Seite 38 Literaturhinweise

Selbstregulierung

DIE SELBSTREGULIERUNG IST INTERNATIONAL ANERKANNT

Eingang der Eidgenössischen Bankenkommission in Bern

Die Schweiz hat kein Exklusivrecht auf sie – und doch ist Selbstregulierung in kaum einem ande-

ren Land derart verwurzelt. Im Börsengesetz ist sie sogar gesetzlich verankert worden.

Ihren schwachen Punkt ortet Kurt Hauri, Präsident der Aufsichtsbehörde, darin, «dass griffige

Sanktionen zum Teil fehlen.» Von Anne-Marie Nega-Ledermann

SWX Group mittendrin 2004 07

Herr Hauri, worin liegt der Grund, dassSelbstregulierung vorab in der Schwei-zer Finanzbranche eine so grosse Rollespielt?Kurt Hauri: Es gibt meiner Ansicht nachvier Gründe dafür. Da ist, ganz allge-mein, zunächst unser liberales Staats-verständnis. Was Private tun können,muss nicht unbedingt auf den Staatübertragen werden. Bezogen auf die Fi-nanzmarktaufsicht bedeutet das, wasjemand privat erledigen kann, mussnicht an eine Behörde übertragen wer-den. Hinzu kommt, zweitens, das Sub-sidiaritätsprinzip: Was weiter unten er-ledigt werden kann, soll nicht nachoben delegiert werden. Der dritte Grundreicht bereits ins Materielle hinein:Wenn sich der Markt selber reguliert,kann er dafür sorgen, dass die Regulie-rung möglichst praxisnah ausfällt. Dennsie wird erlassen durch jene, die denMarkt bilden und betreiben. Das hat Pa-rallelen zum klassischen Zunftwesen,auch da hatte sich der Markt selber, undzwar sehr streng reguliert. Der vierteGrund schliesslich ist ein Plädoyer fürpragmatisches Vorgehen: Wo Regulie-rungsbedarf erkannt und von den Be-troffenen hinreichend umgesetzt wird,sollen diese auch selber flexibel regulie-ren können.

Früher kannte die Schweizerische Ban-kiervereinigung eine ganze Reihe so ge-nannter Gentlemen’s Agreements. Wa-ren sie eine Form der Selbstregulierungoder ging es eher um kartellmässigeAbsprachen?K.H.: Es gab beides, aber vor allemGentlemen’s Agreements, die den Wett-bewerb einschränkten, also klar kartel-listischen Charakter hatten. Eine Formder Selbstregulierung bildete das 1955zwischen der Nationalbank und derBankiervereinigung abgeschlossene Gentlemen’s Agreement, das sich ge-gen den Zufluss von Auslandgeldernrichtete. Es ging um eine währungspo-litische Massnahme, daher die Betei-

ligung der Nationalbank. Bereits dienächste Vereinbarung zwischen Ban-ken und Nationalbank, abgeschlossennach dem Chiasso-Skandal 1977, trugnicht mehr die Bezeichnung Gentle-men’s Agreement. Ohne dass die Natio-nalbank dafür zuständig gewesen wäre,hat sie damals die erste Sorgfaltspflicht-Vereinbarung mit der Bankiervereini-gung bzw. deren Mitgliedern unterzeich-net. Darin hat die Nationalbank eine ArtAufsichtsfunktion wahrgenommen, dievon der unseren allerdings deutlich ab-weicht.

Nachdem die EBK früher nur die Auf-sicht über die Banken ausübte, hat sieseit Inkrafttreten des Börsengesetzesauch die Aufsicht über die teilweiseselbst regulierte Börse. Welches sinddie Erfahrungen der EBK als Börsen-aufseherin?K.H.: Im Gegensatz zur übrigen Selbst-regulierungspraxis – durch die Bankeneinerseits und die Swiss Fund Associ-ation andererseits – geht es hier um einegesetzlich vorgegebene Selbstregu-lierung. Artikel 4 des Börsengesetzes bestimmt, dass sich die Börse selberregulieren muss. Unsere Erfahrungendamit sind grundsätzlich gut. GewisseEinschränkungen sind anzubringen, diejedoch nicht mit der Börse oder mituns zu tun haben, sondern systembe-dingt sind. Die Schwäche des Selbstre-gulierungs-Systems liegt darin, dassgriffige Sanktionen zum Teil fehlen.Sanktionen, die griffig sein sollen, müs-sen eine gewisse Strenge aufweisen. Der Börse als privatrechtlicher Institu-tion mangelt es aber an ausreichen-den Möglichkeiten. Es darf in unseremRechtssystem keine Art von Selbstjus- tiz geben.

Wird die Organisation der SWX Group,mit einer der Londoner Aufsicht unter-stellten Tochter, ihrer Doppelrolle alsHandelsplatz einerseits und als Aufse-her andererseits ausreichend gerecht?

K.H.: Die rechtliche Umgestaltung derBörse, mit einem Verein an der Spitzeund darunter einer Holding in der Formeiner AG mit diversen Töchtern, hat dieMarktaufsicht nicht geschwächt. Im Ge-genteil, die Aufsichtsverfahren funktio-nieren dank der sehr guten Zusammen-arbeit zwischen der UK-FSA und derEBK bestens. Das wäre nicht mit je-dem Land möglich, das meine ich alsLob an die Adresse der FSA.

Kann aber die Selbstregulierung funk-tionieren, da ja die SWX Group selberim Wettbewerb steht mit anderenHandelsplätzen sowie mit der Interna-lisierung des Handels durch einige ihrergrössten Mitglieder?K.H.: An und für sich lebt sie in einemgewissen Spannungsverhältnis zwi-schen ihrer Funktion als Teilnehmerinan der Börse «Welt» und ihrer Funktionals Selbstregulatorin. Aber es gehtnicht um einen unlösbaren Wider-spruch. Denn die Börse hat selber einInteresse daran, gut und effizient zufunktionieren und reguliert zu sein so-wie einen guten Ruf zu haben. Dennnur dann kann sie im internationalenWettbewerb bestehen. Sie lebt abernicht nur vom guten Ruf, sondern auchvon der Anzahl Teilnehmer, vom Volu-men, von der Liquidität, von den Pro-dukten, die sie neu kreiert, und das erzeugt das erwähnte Spannungsver-hältnis. Das Schwergewicht der Span-

Börsengesetz

Art. 4 Selbstregulierung1 Die Börse gewährleistet eine eigene, ihrer Tätigkeit

angemessene Betriebs-, Verwaltungs- und Überwachungs-

organisation.2 Sie unterbreitet ihre Reglemente und deren

Änderungen der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung.

Stand am 28. September 1999

Selbstregulierung

nung betrifft heute die Emittentenregu-lierung.

Inwiefern?K.H.: Es gibt keine staatlichen Regelnfür den Primärmarkt, abgesehen vonganz wenigen Vorschriften für die Anlei-hensemissionen. Die Emittentenregu-lierung durch die SWX Swiss Exchangebeschäftigt sich daher mit den klassi-schen Bereichen wie Kotierung, Ad hoc-Publizität und Corporate Governance,wo es anerkannterweise offene Fragengibt. Denn – und das ist nun nicht bör-senspezifisch, sondern weltweit gültig –jede Regulierung ist nur so viel wert, alssie auch durchgesetzt werden kann. Damit sind wir wieder bei den Sank-tionen.

. . . was gesetzliche Massnahmen er-heischt?K.H.: Das liegt in der Natur der Sache.Es braucht hoheitliches Eingreifen. Rü-gen oder selbst weiter gehende Sank-tionen allein nützen wenig, wenn derName des Gerügten nicht publiziertwerden darf. Die SWX Swiss Exchangepraktiziert das «naming and shaming»heute. Der EBK hingegen fehlt dazudie gesetzliche Grundlage. Darüber wirdsich die Kommission Zimmerli unter-halten müssen.

Die wichtigsten Teilnehmer der SWXSwiss Exchange sind die zwei Schwei-zer Grossbanken. Stellt das aus IhrerSicht ein Problem dar?K.H.: Von einer Beherrschung durchdie Grossbanken kann nicht gespro-chen werden. Sie haben zwar einen we-sentlichen Einfluss. Teilnehmer an derBörse sind jedoch eine Vielzahl vonBanken und Effektenhändlern. KotierteGesellschaften sind aber nicht derBörse zuliebe kotiert, sondern aus eige-nem Interesse. Es stossen also diverseInteressen aufeinander, und da machteine Regulierung eben Sinn.

Stimmt es, wenn man weniger vonSelbstregulierung als von «delegierterRegulierung» spricht?K.H.: Der Terminus delegierte Regulie-rung trifft nicht ausschliesslich, aberdoch schwergewichtig zu. Die delegierteRegulierung hat keine Bremswirkung indem Sinne, dass sie vor Überregulie-rung schützen würde. Denn die EBKkönnte auch von sich aus regulieren, sofern sie dabei nicht die gesetzlichfestgelegte Selbstregulierung verletzt.Das eindrückliche Regelwerk der SWXSwiss Exchange belegt im Übrigen, wiesehr die Regulierung auch im Interesseder Börse liegt. Längst nicht alles ist vonuns vorgegeben worden!

Kann von einem Zusammenspiel zwi-schen Aufsicht und Selbstregulierunggesprochen werden?K.H.: Es geht letztlich immer um einesinnvolle Aufgabenteilung zwischen derbehördlichen Aufsicht und der Selbstre-gulierung der Börse. Das klappt im All-gemeinen und ist im Verlauf der vergan-genen Jahre noch verbessert worden.Wir von der EBK werden frühzeitig überRegulierungsvorhaben der Börse orien-tiert beziehungsweise beigezogen, diesvor allem im Sinne eines aktiven Beob-achters. A priori machen wir kaum Vor-gaben.

Sehen Sie Regulierungsbedarf im Se- kundärmarkt, eine Pflicht zur Prospekt-genehmigung, wie sie die EU plant?K.H.: Gemäss Entwurf der EU-Richtli-nie über die Zulassungsbestimmungenmüsste dies in der Tat von einer staat-lichen Stelle erledigt werden. In Englandist dies bereits der Fall. Bei uns obliegtdie Prospektgenehmigung der Börse, via Kotierungsreglement. Vorschriftenzur Corporate Governance zielen in eineähnliche Richtung. Da stellt sich dieFrage, ob wir damit noch EU-konformsind. Es besteht Klärungsbedarf, aberwir suchen diese Aufgaben nicht.

Welchen Stellenwert hat die Selbstregu-lierung im neuen Konzept der Finma?K.H.: Neben dem zu verwirklichendenorganisatorischen Konzept der integrier-ten Aufsicht bleiben im materiellen Be-reich die Spezialgesetze bestehen. Dasheisst auch, dass Artikel 4 des Börsen-gesetzes sicher nicht geändert wird. Wirhaben in der Kommission nicht darüberdiskutiert, ob wir eine generelle Be-stimmung über die Selbstregulierungeinführen, also dem Wirken der Ban-kiervereinigung und der Swiss Fund As-sociation eine legale Basis verschaffenwollen. Ich kann mir aber im Gegenteilnicht vorstellen, dass die Finma je ein-mal die Selbstregulierung grundsätzlichverbieten würde. Denn die Selbstregu-

Dr. Kurt Hauri

Der heute 68-jährige Präsident der Eidgenössischen Bankenkommission EBK, Kurt Hauri, ist

ein Berner durch und durch. Er ist in Bern aufgewachsen, hat an der dortigen Universität sowie in

Heidelberg die Rechte studiert und 1962 zum Dr. iur. promoviert. Seine Dissertation «Die Ver-

fassungsmässigkeit der Staatsverträge» zeigt sein frühes Interesse am Staatsrecht und bildete

den Beginn einer nahtlosen Laufbahn in der Finanzverwaltung als Chef Rechtsdienst (ab 1976)

und stellvertretender Direktor (1984). Zwei Jahre später wurde Hauri an die Spitze des Sekretaria-

tes der EBK berufen, das er während zehn Jahren leitete. Seit Anfang 1996 präsidiert er die

Bankenkommission und ist in dieser Funktion auch oberster Aufseher über die Schweizer Börse.

Als Bernburger präsidierte Kurt Hauri von 1998 bis 2003 auch die Burgergemeinde der Bundes-

hauptstadt.

Dr. Kurt Hauri

Dr. Kurt Hauri

Anne-Marie Nega-Ledermann

Selbstregulierung

lierung ist international anerkannt, auchim Bericht, den der IWF im Rahmen desFinancial Sector Assessment Programüber die Schweiz erstellt hat. Wie weitkünftig die Selbstregulierung Platz grei-fen soll, ist meiner Ansicht nach eineFrage der Strategie der Finma, die durchden Aufsichtsrat festgelegt werden wird.

Unilateral?K.H.: Er wird dies sicher nicht tun, ohnemit den Branchenvereinigungen darü-ber Gespräche zu führen. In Bezug aufdie Selbstregulierung der Banken undder Fondsbranche sind es deren Gre-mien selber, die wollen, dass wir die vonihnen erarbeiteten Regeln als Min-deststandard anerkennen. Damit wirdder Mindeststandard nämlich über-wachungsbedürftig, das heisst, die Ein-

haltung wird durch die externen Revi-sionsstellen überwacht.

Was bewirkt das?K.H.: Unsere Anerkennung verleiht derSelbstregulierung quasi Verbindlich-keitscharakter. Enthält die Selbstregu-lierung Elemente, die uns nicht passen,dann verweigern wir die Anerkennung.Das würde auch der Branche nicht die-nen. Insofern sitzen wir schon am stär-keren Hebel. Denn wenn die Brancheunser Anliegen in Bezug auf einen Re-gulierungsbedarf nicht teilt, erlassenwir ein Rundschreiben.

Welchen Einfluss hat die internatio-nale Entwicklung auf Ihre Aufsichts-tätigkeit gegenüber der Börse?K.H.: Der Wertschriftenhandel findet

weltweit rund um die Uhr statt. Daherspreche ich auch von der Börse «Welt».Eine Börse, welche wie die SWX SwissExchange stark bleiben will, kann sichkeine insularen Regelungen erlauben.Umgekehrt heisst dies jedoch nicht,dass man alle ausländischen Regelun-gen sklavisch übernimmt. Wir schauenauf die EU-Richtlinien und darauf, was die USA unternehmen. Sie geben,wenn vielleicht kein Vorbild, so dochein Beispiel dafür ab, wie man es auchmachen kann. Darum kommen wir nichtherum.

Wie weit geht das Verständnis im Aus-land für die Selbstregulierung «à laSuisse»?K.H.: Im Länderexamen des IWF ist sieabsolut anerkannt worden. Bedenkensind der Delegation vielmehr aufgekom-men in Bezug auf unser dualistischesÜberwachungssystem. Doch sie liesssich auch davon überzeugen und hates anerkannt. In meinen internationalenKontakten im Rahmen der BIZ und derIOSCO stellte unser Selbstregulierungs-system bisher nie ein Problem dar, vielleicht, weil es eben keine helveti-sche Besonderheit ist. Nur ist es in derSchweiz besser ausgebaut als im Aus-land.

Welchen Ansprechpartner bezüglichBörsenaufsicht haben Sie in der EU?K.H.: Da sprechen Sie ein besonderesPhänomen an. Was hat die EU nicht alles mit einer Fülle von Richtlinien re-guliert, doch die Aufsichtsbehördensind noch weitestgehend national. EinUnterorgan der EU ist das CESR – Com-mission of European Securities Regula-tors –, das alle Börsenaufseher der EUvereinigt und eine gewisse Harmonisie-rung der Aufsicht anstrebt. In deren Vor-gängerorganisation, der FESCO, warenwir nicht willkommen, unsere Anfragenach Erteilung des Beobachterstatuswurde abschlägig beantwortet. Ein sol-cher Status war nur den zehn Kandida-

Daniel Keist zur Selbstregulierung

Das Konzept der Selbstregulierung hat in der Schweiz eine lange Tradition und hat sich bewährt.

Im Vergleich zur staatlichen Regulierung können Regeln viel schneller eingeführt und umgesetzt

werden. Die Marktnähe und das damit verbundene Fachwissen führen zudem zu besseren und praxis-

näheren Lösungen.

Was die Durchsetzung betrifft, hat die SWX Swiss Exchange ihre Sanktionierungspraxis in den

letzten zwei Jahren deutlich verschärft. Im Jahr 2003 wurden 14 Sanktionen veröffentlicht. Die Zu-

lassungsstelle hat zudem entschieden, Sanktionen grundsätzlich zu publizieren.

Meine Erfahrung zeigt, dass die Publikation für die Emittenten sehr einschneidend und damit

höchst wirksam ist. Die Publikation hat aber auch für die übrigen Emittenten eine präventive und

erzieherische Wirkung. Sie erhöht zudem die Rechtssicherheit, indem die Praxis der Zulassungs-

stelle transparent gemacht wird. Die SWX Swiss Exchange hat ferner eine unabhängige Beschwerde-

instanz und ein Schiedsgericht eingerichtet, an welche Sanktionsentscheide der Zulassungsstelle

weitergezogen werden können. Dieser Rechtsweg führt bis zu den staatlichen Gerichten, er musste

bisher jedoch noch nie voll ausgeschöpft werden.

Sowohl im Bereich der Ad hoc-Publizität als auch bei der Rechnungslegung wurden nicht zu-

letzt aufgrund der Durchsetzungspraxis der SWX Swiss Exchange im Rahmen ihrer Selbstregulierungs-

kompetenz enorme Fortschritte gemacht. Dadurch hat sich die vom Börsengesetz geforderte

Transparenz hinsichtlich der Emittenten und Effekten spürbar verbessert.

Daniel Keist ist Sekretär der Zulassungsstelle und Mitglied der Geschäftsleitung SWX Swiss Exchange

tenländern eingeräumt worden. Heuteaber zeigt die CESR erfreulicherweisedie Bereitschaft zu regelmässigen Aus-sprachen mit der EBK. Selbstverständ-lich haben wir zusätzlich Kontakte mitden einzelnen nationalen Regulatoren,sehr gute Kontakte nach Deutschland,Frankreich, England. In der OECD ma-chen wir als EBK nicht aktiv mit. Diesgehört zu den Aufgabengebieten desDepartements für auswärtige Angele-genheiten beziehungsweise des Finanz-und des Volkswirtschaftsdepartements.Wir, dem Finanzdepartement angeglie-dert, werden orientiert und in der inner-schweizerischen Meinungsbildung bei-gezogen. Das heisst, wir sind im Bildüber das, was läuft.

Welche Hindernisse stellen sich denBeziehungen zu anderen Regulatorenin den Weg?K.H.: Vor allem haben wir Problemewegen der Amtshilfebestimmung imBörsengesetz, wo eine Revision Nottut. Der Mangel liegt im Gesetz, nichtbei der bundesgerichtlichen Rechts-sprechungspraxis. Aber derzeit habenwir in strittigen Angelegenheiten keineAmtshilfe mehr mit den USA und mitItalien. Wir dürfen weder gegenüberder SEC noch der italienischen Bör-

senaufsicht Amtshilfe leisten. Es gehtbesser mit Frankreich und England,weil diese Länder unsere gesetzlichauferlegten Anforderungen an die Amts-hilfe akzeptieren.

Was sagen Sie zu den Vorwürfen anIhre Adresse über «vorauseilenden Ge-horsam»?K.H.: Im Börsenbereich pflegen wir be-stimmt keinen vorauseilenden Gehor-sam. Im Fondsbereich gab es das eineZeit lang, wir waren europäischer alsEuropa. Jetzt hinken wir hinterher. Dasmöchten wir mit dem neuen, in derVernehmlassung befindlichen Gesetzüber kollektive Kapitalanlagen wiederaufholen.

Muss sich die Schweiz denn den Re-geln und Richtlinien der EU anpassen,damit die SWX Group ihre Aufgabenals internationaler Finanzdienstleisterweiter erfüllen kann?K.H.: Regulierung braucht es dazu aufjeden Fall. Wo es keine Selbstregulie-rung gibt, muss Väterchen Staat ein-greifen. Dass aber alles beim Staat an-fällt, das möge uns erspart bleiben.

SWX Group mittendrin 2004 11

Anne-Marie Nega-Ledermann

ist Wirtschaftsjournalistin bei der «Finanz

und Wirtschaft».

Integrierte Finanzmarktaufsicht Finma

Die Expertenkommission Zimmerli ist beauftragt wor-

den, die integrierte Finanzmarktaufsicht auf Gesetzesstufe

(Finmag) auszuarbeiten. Sie hat im Juli 2003 ihren

I. Teilbericht vorgestellt. Er enthält Vorschläge zur Orga-

nisation der neuen Finma:

– Zusammenführung der Eidg. Bankenkommission EBK

und des Bundesamts für Privatversicherungen BPV in

einer als Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit

ausgestalteten Organisation.

– Gliederung der Finma in drei Organe: Aufsichtsrat

(zuständig für Formulierung der Strategie, Entscheide

über Grundsatzfragen, Leitlinien für die Aufsichts-

tätigkeit), Geschäftsleitung (operative Führung) und

Revisionsstelle (Eidg. Finanzkontrolle).

Das Vernehmlassungsverfahren zum I. Teilbericht ist Ende

Januar 2004 abgeschlossen worden.

Der II. Teilbericht soll sich mit dem Sanktionenbericht

der EBK (publiziert im April 2003) befassen. Zudem sollen

auch die Fragen einer Erweiterung der prudentiellen

Aufsicht über die unabhängigen Vermögensverwalter, die

Introducing Brokers und die Devisenhändler sowie der

Integrierung der Kontrollstelle für die Bekämpfung der

Geldwäscherei behandelt werden.

In ihrem Sanktionenbericht favorisiert die EBK eine

Lösung, die der Verwaltungsbehörde die Befugnis ein-

räumt, Sanktionen mittels verwaltungsrechtlicher Verfügung

anzuordnen: Vermögenssanktionen (Busse bis maximal

CHF 50 Mio., Gewinneinzug) sowie Aussprechen von Berufs-

beschränkungen gegenüber Mitarbeitern von Effekten-

händlern (diese Möglichkeit besteht schon heute). Über

den Fortgang der Arbeiten am II. Teilbericht war bei Re-

daktionsschluss noch nichts publik.

Die Arbeiten dürften durch das Ergebnis der Vernehm-

lassung zum I. Teilbericht beeinflusst werden.

Die Bankiervereinigung beispielsweise widersetzt sich der

von der EBK vorgeschlagenen Sanktionenordnung und

insbesondere einer Integrierung der Sanktionenordnung in

das Finmag.

Kommt man in der Diskussion mitSchweizer Konzernchefs auf die Offen-legung von Transaktionen in ihren eige-nen Aktien zu sprechen, liegen schnelleinmal die Nerven blank. «Dies ist einePrivatsache, die niemanden etwas an-geht», ist des Öfteren zu hören. «Stattdass sich die Börse mit den Handels-geschäften einiger weniger Individuenbeschäftigt, sollte sie sich vielmehr umdie Regulierung des gesamten Kapital-marktes kümmern», lautet ein weitererVorwurf. Entsprechend hoch gingendenn auch die emotionalen Wogen imSommer 2003, als das Vernehmlas-sungsverfahren zur Regelung von Ma-nagement-Transaktionen durchgeführt

wurde. Offenbar ist sich die SchweizerWirtschaftswelt diese Art von Transpa-renz im Persönlichkeitsbereich nichtgewohnt.

Worum geht es? Verwaltungsrat undManagement von börsenkotierten Ge-sellschaften müssen ihre Transaktio-nen in Wertschriften des eigenenUnternehmens offen legen. Entspre-chend müssen direkt oder indirekt vor-genommene Transaktionen der Börsegemeldet und veröffentlicht werden,wenn sie innerhalb eines Kalendermo-nates den Wert von 100 000 Frankenüberschreiten. Am 20. Oktober 2003hat die Zulassungsstelle der SWX Swiss

Exchange diese Regelung verabschie-det und zur Genehmigung an die EBKweitergeleitet.

Internationale Einbettung«Diese Börsenregelung ist wichtig undabsolut notwendig», hat der Finanz-markt-Experte Professor Max Boemlemehrmals gegenüber der Öffentlich-keit betont. Es gebe keinen Grund,weshalb ausgerechnet der Finanzplatz Schweiz keine derartige Offenlegungs-pflicht kennen sollte. In der Tat wirdbesonders in den angelsächsischenLändern seit geraumer Zeit eine Politikder grösstmöglichen Transparenz imSinne der Anleger verfolgt. So gehen

Die SWX Swiss Exchange macht Ernst in Sachen Transparenz: Verwaltungsrat und Management

börsenkotierter Unternehmen müssen Transaktionen in eigenen Aktien offen legen. Dadurch wird

die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz gestärkt.

Von Roman Oberholzer

DURCH OFFENLEGUNG AN DIE WELTSPITZE

SWX Group mittendrin 2004 13

beispielsweise an der New York StockExchange die Grundlagen der heutigenRegelungen bis auf das Jahr 1934 zu-rück. Auch an der Londoner Stock Ex-change haben sich die Offenlegungs-pflichten seit langem als hilfreicheInformationsquelle für die Anleger er-wiesen. Hinzu kommt, dass in jüngsterZeit nach dem Zusammenbruch vonEnron und Worldcom weltweit eine in-tensive Auseinandersetzung mit demThema der Corporate Governance ein- gesetzt hat. Die Einführung der Schwei-zer Regelung zur Offenlegung von Ma-nagement-Transaktionen muss auch indiesem Licht betrachtet werden.

International gesehen drängt sich alsoeine verschärfte Gangart bei Manage-ment-Transaktionen geradezu auf, umim Wettbewerb der Finanzplätze kon-kurrenzfähig zu bleiben. Zudem ist dieRegelung als Zeichen zu deuten, dasbeschädigte Vertrauen in die Finanz-märkte wiederherzustellen. Diesesübergeordnete Ziel wurde in der Ver-nehmlassung denn auch kaum in Fragegestellt. Umso mehr erhitzen sich dieGemüter an den Details der Formulie-rung. «Der Umfang der Bestimmungenist unverhältnismässig und ihre Wir-kung teilweise kontraproduktiv», äus-serte sich etwa die SchweizerischeBankiervereinigung. Der gleiche Grund-tenor war auch von verschiedenen Ge-sellschaften zu hören. Insgesamt gin-gen in der vom 9. Mai bis 30. Juni2003 dauernden Vernehmlassungsfrist48 Stellungnahmen von Unternehmen,Investoren, Verbänden und aus Lobby-istenkreisen ein.

Die Kritiker monieren, dass in der PraxisManagement-Transaktionen oft auchauf anderen Ursachen beruhen als aufeinem Informationsvorsprung. So könneihr Zeitpunkt beispielsweise durch denpersönlichen Geldbedarf eines Mana-gers oder als Folge einer ausgedehnten«Black-out-» oder «Closed-periode»

ausgelöst werden. Durch eine Offenle-gung der Transaktionen würden damitdem Markt falsche Signale gesendet.Die praktischen Erfahrungen aus demAusland zeigen jedoch, dass die Bör-senteilnehmer durchaus in der Lagesind, die publizierten Informationenrichtig zu interpretieren. Zudem kön-nen im Falle von Unklarheiten bei derbetreffenden Gesellschaft Rückfragengestellt werden.

Dass die Informationen betreffend Ma-nagement-Transaktionen einem starkenBedürfnis auf Anlegerseite entsprin-gen, zeigt das Beispiel Deutschland, woseit Juli 2002 eine entsprechende Re-gelung in Kraft ist. Die meldepflichtigeGrenze wurde dort auf 25 000 Euro fi-xiert. In einer Untersuchung stellte dasDeutsche Aktieninstitut fest, dass diegemeldeten Transaktionen für Anlegereine wertvolle Orientierungshilfe dar-stellen. Die Studie kommt zum Schluss,dass Verkäufe von meldepflichtigen Or-ganen als Warnsignal interpretiert wer-den können. Die gleiche Erkenntnisstammt auch aus den USA, wo sogardie Namen der Personen, welche dieTransaktionen tätigen, publiziert wer-den müssen. Diese Informationen sind öffentlich zugänglich und können viaInternet abgefragt werden. Zudem exi-stieren eine Reihe von Finanzproduk-ten, welche ihre Anlagepolitik speziellauf offen gelegte Management-Trans-aktionen abstimmen.

Aufgrund der bisher gemachten, mehr-heitlich positiven Erfahrungen inDeutschland hat sich auch die EU-Kommission für ein forsches Vorgehenentschieden. Der Grundsatz der Offen-legung wurde zwar schon in einer 2002verabschiedeten EU-Richtline über In-sidergeschäfte und Marktmanipulationverankert, doch einen Entwurf über diekonkrete Ausgestaltung haben die Ver-antwortlichen erst im Januar diesesJahres präsentiert. Die EU-Vorgaben

haben zum Ziel, eine Mindestharmoni-sierung unter den bisher verwendetenunterschiedlichen nationalen Regulie-rungen zu erreichen. Mit einem defini-tiven Beschluss ist für diesen Frühlingzu rechnen.

Krux in der DurchsetzungTrotz der teilweise heftigen Kritik wäh-rend des Vernehmlassungsverfahrenshat sich die Zulassungsstelle der SWXSwiss Exchange für eine relativ strengeRichtlinie entschieden. Einige Korrek-turen wurden aber dennoch vorgenom-men: So müssen Management und Ver-waltungsrat unter Angabe der Höhe undihrer Funktion, jedoch ohne Namens-nennung, ihre Transaktionen angeben.Oder die Meldepflicht von nahen Ver-wandten: Ursprünglich wurden dieseexplizit im Vorschlag erwähnt. Nunwurde ein offenere Formulierung ge-wählt, indem es heisst, dass direkt oderindirekt vorgenommene Transaktionenzu melden sind.

Ein gewichtiger Wermutstropfen bleibtallerdings. Für die Durchsetzung derOffenlegungspflicht sind der SWX SwissExchange weitgehend die Hände ge-bunden. Gegenwärtig kann die Zulas-sungsstelle nur gegenüber den Gesell-schaften Sanktionen verhängen. GegenVerwaltungsrat, Management sowienahe stehende Personen fehlt hingegendiese Kompetenz. Erst die Praxis wirdzeigen, ob die nun fixierten Richtlinienauch befolgt werden. Sollte dies nichtder Fall sein, werden sich die Verant-wortlichen überlegen müssen, ob nichtschärfere Sanktionsmassnahmen inBetracht gezogen werden sollten. Dennerst die konsequente Umsetzung derOffenlegung von Management-Trans-aktionen trägt zur höheren Transparenzund damit zur Stärkung des Finanz-platzes Schweiz bei.

Roman Oberholzer ist Wirtschaftsjournalist

bei der «NZZ am Sonntag».

«ES WÄRE EINFACH, DAS INSIDERGESETZ ZU VERBESSERN»Seit 1988 kennt die Schweiz ein Insidergesetz. Untersuchungen oder gar Verurteilungen

sind allerdings sehr selten. Urs Philipp Roth, Chef der Schweizerischen Bankiervereinigung, sagt,

weshalb das so ist und was verbessert werden könnte.

Von Katharina Fehr

Urs Philipp Roth

SWX Group mittendrin 2004 15

Herr Roth, die Schweiz hat seit 1988eine Insidergesetzgebung. Welche Er-fahrungen wurden bisher damit ge-macht?Urs Philipp Roth: Leider muss man sa-gen, dass wir sehr wenig Erfahrung mitder Insidergesetzgebung haben. Es gabpraktisch keine Verurteilungen und nurwenige Untersuchungen.

Worauf führen Sie das zurück? Ist dieBeweislage zu schwierig oder das Ge-setz zu schwammig?U.P. R.: Wahrscheinlich gibt es garnicht so viele Insiderfälle. Das zeigtauch ein Blick ins Ausland. In New Yorkoder London kommt es ebenfalls zu we-nigen Verurteilungen. An der Börse istsehr viel Spekulation im Spiel. Deshalbist die Suche nach einem Insider oft dieSuche nach der berühmten Nadel imHeuhaufen. Ich gebe Ihnen ein Bei-spiel. Im Vorfeld einer Fusion sind häu-fig bereits Gerüchte darüber im Markt.Das macht es schwierig, die wirklichenInsidertransaktionen aus den anderenTransaktionen herauszufiltern. In mei-ner früheren Funktion bei einer Gross-bank musste ich ab und zu einen Insi-derverdacht abklären. Meist hat sichaber herausgestellt, dass die Personen,die verdächtige Transaktionen getätigthatten, oft nur zufällig in diesen Insi-derraster gerutscht waren – einfachweil sie regelmässig Transaktionen vorgenommen hatten. Natürlich habenwir in den letzten Jahren auch klareVerstösse gesehen, die in der Öffent-lichkeit bekannt wurden.

Doch selbst bei diesen Fällen kam es nicht zu Verurteilungen. Weshalbnicht?U.P. R.: Das hat mit unseren Strafbe-stimmungen zu diesem Aspekt zu tun.Sie sind sehr einschränkend. Der Insi-derartikel 161 im Strafgesetzbuch istsowohl durch die Expertengruppe, dieden Paragrafen 1988 vorbereitet hat,als auch durch das Parlament ein-

gegrenzt worden. Er findet deshalb nurauf ganz bestimmte Fallkategorien An-wendung.

Welche sind das? U.P. R.: Es muss eine Kapitalmarkt-transaktion wie beispielsweise eine Fusion oder ein Going private gewe-sen sein. Das ist eigentlich nicht der typische Fall des Missbrauchs von In- siderwissen.

Wer also Kenntnis einer anstehendenGewinnwarnung hat und dann Aktienverkauft, verstösst nicht gegen dasStrafrecht? U.P. R.: Das ist richtig. Die Natur desStrafrechtes lässt es nicht zu, dass einArtikel breiter interpretiert wird undauf ähnliche Fälle Anwendung findet.Das hat auch das Bundesgericht be-stätigt.

Wer hatte bei der Einführung 1988ein Interesse an einem so laschen Ge-setz? U.P. R.: Ich glaube nicht, dass irgend-welche Interessensgruppen dahinterstehen. Die Expertengruppe hatte wohl

eher zum Ziel, das Gesetz möglichst kon-kret auszugestalten. Dass es schliess-lich so eng ausgelegt wurde, war kaumbeabsichtigt. Doch heute muss man zurKenntnis nehmen, dass das Insiderge-setz fast 16 Jahre alt ist. Das Börsen-umfeld war damals ein anderes. Manhatte nicht die gleichen Finanzinstru-mente und Informationen wie heute.Deshalb bin ich der Meinung, dass dasInsidergesetz einer Anpassung bedarf.

2001 wurde von der Kommission fürorganisierte Kriminalität und Wirt-schaftskriminalität der Konferenz derKantonalen Justiz- und Polizeidirek-toren eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Zuger RegierungsratesHanspeter Uster eingesetzt, die so ge-nannte Kommission Uster. Der Berichtliegt nun dem Bundesamt für Justizvor. Welche Änderungen müssten IhrerMeinung nach ins Gesetz, um es griffi-ger zu machen?U.P. R.: Es gibt eine verfahrensrechtli-che Ebene mit der Zuständigkeitsfrageund eine materielle Ebene. Auf derVerfahrensebene sehe ich wenig Pro-bleme. Stösst die SWX Swiss Exchange

Urs Philipp Roth ist seit gut drei Jahren Vorsitzender der Ge-

schäftsleitung und Delegierter des Verwaltungsrates der

Schweizerischen Bankiervereinigung. Seine Karriere hat der

56-jährige promovierte Jurist 1976 bei der damaligen Schwei-

zerischen Bankgesellschaft begonnen. Als Rechtskonsulent

war er fast ein Vierteljahrhundert für die Rechtsberatung und

Compliance der Bank verantwortlich. Beim Zusammen-

schluss des Schweizerischen Bankvereins und der Bankge-

sellschaft zur UBS kam ihm deshalb ein wichtige Rolle zu.

Roth ist Präsident des Leitenden Ausschusses Internationales

Finanzzentrum Schweiz und hat einen Lehrauftrag an der

Universität Zürich. Wenn sich der Vater von drei erwachsenen

Kindern nicht mit Fragen des Banken- und Börsenrechts be-

fasst, liest er gerne, besucht die Oper oder fährt Snowboard.

Urs Philipp Roth

Insidergesetz

auf ungewöhnliche Kursbewegungen,macht sie die Vorabklärungen undüberprüft den Handelsverkehr. Danachleitet sie den Verdacht an die Strafbe-hörden weiter. Auch die Eidgenössi-sche Bankenkommission kann eineUntersuchung einleiten, wenn sie zumSchluss kommt, dass Unregelmässig-keiten geschehen sind. Grundsätzlichscheint es mir aber wichtig, dass dieInsiderfälle von einer einzigen Stellebei den Strafverfolgungsbehörden be-arbeitet werden, um das gesammelteWissen nutzen zu können.

Welche Verbesserungen sehen Sie aufder materiellen Ebene? U.P. R.: Die materielle Frage ist ein-fach zu lösen. Das Insidergesetz be-sagt: Wer vertrauliche Informationenmissbraucht, die dazu führen könnten,dass die Kurse beeinflusst werden,

wird bestraft. Abschnitt 3 schränktdiese Informationen aber auf Kapital-markttransaktionen ein. Man müsstedeshalb nur die Ziffer 3 des Artikels161 streichen, um wieder ein griffige-res Gesetz zu haben. Damit würdenwir auch das Problem der Rechtshilfelösen. Bei der Insiderfrage ist dieinternationale Zusammenarbeit überdie Rechts- und Amtshilfe sehr wich-tig. Stellen Sie sich vor, Herr X hatKenntnis einer Gewinnwarnung undverkauft an der New Yorker Börse Ak-tien, allerdings über eine SchweizerBank. Artikel 161 findet aber nur Anwendung auf Transaktionen an derSchweizer Börse. Den USA kann dieSchweiz keine Rechtshilfe geben,weil der Tatbestand in der Schweiznicht strafbar ist. Die Schweiz ist des-wegen vor allem aus den USA und inDeutschland schon heftig ins Kreuz-

feuer der Kritik geraten. Auch dieAmtshilfebestimmungen im Artikel38 des Börsengesetzes sind sehr ein-geschränkt. Die Bankiervereinigunghat zusammen mit der Eidgenössi-schen Bankenkommission vor einemJahr deshalb einen Vorschlag ausge-arbeitet, wie dieser Artikel revidiertwerden könnte. Die Vernehmlassunglief bis Ende März. Aus unserer Wartedauerte das Prozedere allerdings et-was gar lange.

Das Wissen über eine anstehende Ge-winnwarnung zu nutzen, wäre dannstrafbar. Was sind weitere Fälle, dieheute nicht strafbar sind?U.P. R.: Dazu gehört sicher das Wis-sen über bahnbrechende Patente zumBeispiel in der Pharmaindustrie, ge-wichtige Veränderungen auf Manage-mentebene oder die Androhung von

SWX Group mittendrin 2004 17

Sammelklagen bei der Produktehaf-tung. Alle diese Entwicklungen kön-nen einen grossen Einfluss auf dieKursentwicklung haben. Die Nutzungdieses Wissen ist unter dem heutigenGesetz aber nicht strafbar.

Häufig wird gefordert, den Begriff desInsiders strenger zu definieren. Sie se-hen das aber nicht als Lösung? U.P. R.: Nein. Denn auch für den Be-griff des Insiders gilt, je enger im Straf-gesetzbuch etwas definiert wird, destogrösser werden die Lücken. Auch wennman die Lücken nie ganz schliessenkann, glaube ich, dass die Streichungdes Abschnitts 3 gut 80% der mög-lichen Insiderfälle erfassen würde.

Würde es etwas bringen, die Strafenzu erhöhen, um eine abschreckendeWirkung zu erzeugen?

U.P. R.: Das ist eine Frage der Verhält-nismässigkeit. Ein Insidervergehen istnicht dasselbe wie Mord und Tot-schlag. Deshalb denke ich, die Einstu-fung als Vergehen und nicht als Verbre-chen ist richtig. Man würde viel mehrerreichen, wenn das Gesetz endlich zurAnwendung kommen könnte.

Von aussen scheint es, dass sich dieVerbesserung des Gesetzes sehr zähgestaltet. Gibt es aus Ihrer Sicht Grup-pierungen, die sich gegen eine stren-gere Insidernorm wehren?U.P. R.: Nein. Im Gegenteil, es gibteher Gruppierungen, die sich für eineVerbesserung des Gesetzes einsetzen.Dazu gehört die Bankiervereinigung.Wir setzen uns seit mehreren Jahrenfür eine Verschärfung ein. Die Schweizkann als grösste Vermögensverwal-terin der Welt nicht daran interessiert

sein, dass die Insider dieser Welt hier-zulande unbestraft bleiben.

Gibt es andere Institutionen wie bei-spielsweise die Bankiervereinigungoder die Banken selbst, die präventivetwas gegen Insider unternehmenkönnten?U.P.R.: Ich denke nicht. Wir könntenzwar eine Selbstregulierung erlassen,aber es gibt eigentlich keine Hand-lungsmöglichkeiten. Ein Insiderverge-hen ist eine Straftat und kein auf-sichtsrechtliches Vergehen.

Katharina Fehr ist Wirtschaftsjournalistin

bei der «NZZ am Sonntag».

Katharina Fehr

«Es hat mich gefreut, dass sich die Berichterstattung zur Corporate Governance mit der Corporate Governance-Richtliniemarkant verbessert hat.» Prof. Dr. Conrad Meyer, Direktor Institut für Rechnungswesen und Controlling der Universität Zürich

SWX Group mittendrin 2004 19

Die zahlreichen Beispiele von Macht-missbrauch und Bereicherung des Ma-nagements auf Kosten der Aktionärehaben nicht nur dem Image der Wirt-schaft und der Finanzplätze in breitenBevölkerungsschichten geschadet, son-dern auch den Ruf nach strengerenRichtlinien und Gesetzen sowie schär-feren Strafen bei Regelverstössen verstärkt. Kritikpunkte sind die man-gelhafte Ausrichtung von Managern auf Aktionärsinteressen, ungenügendeTransparenz in der Unternehmensfüh-rung, oft fehlende Unabhängigkeit vonVerwaltungsräten, Personalunion vonVR-Präsident und operativer Führungsowie eingeschränkte Unabhängigkeitder Revisoren. Dem Bedürfnis nachmehr Aufsicht kommen die Bestrebun-gen entgegen, die Corporate Gover-nance bei den Unternehmen zu verbes-sern. Dabei geht es einerseits um diefinanzielle Transparenz, andererseitsum die Führungs- und Organisations-strukturen innerhalb der Firmen. Mit-tels Regeln soll gewährleistet werden,dass persönliche Interessen der Mana-ger nicht über jene der Aktionäre ge-stellt werden und der Verwaltungsratüber die Einhaltung von Kontrollbe-stimmungen wacht.

Wichtiger Kräfteausgleich in der Aktien-gesellschaftIm Swiss Code of Best Practice for Cor-porate Governance der economiesuissewird Corporate Governance als «die Gesamtheit der auf die Aktionärsinter-essen ausgerichteten Grundsätze undRegeln über Organisation, Verhaltenund Transparenz, die unter Wahrungvon Entscheidungsfähigkeit und Effi-zienz der Führung auf oberster Unter-nehmensebene ein ausgewogenes Ver-hältnis von Leitung und Kontrolleanstreben» definiert. Ziel der CorporateGovernance ist es, dass der Verwal-tungsrat seine Führungs- und Kontrol-laufgaben erfüllt und die Generalver-sammlung sowie die Finanzmärkte inder Lage sind, ihre Disziplinierungs-funktion wahrzunehmen. Corporate Go-vernance umfasst somit die Gesamtheitder Grundsätze, welche die Leitungund die Überwachung eines Unterneh-mens betreffen. Ein System von «checksand balances» sowie Steuerungs- undAnreizstrukturen sollen den Kräfteaus-gleich in einer Aktiengesellschaft ga-rantieren. Instrumente dafür sind in derSchweiz die im Swiss Code of BestPractice enthaltenen Empfehlungenzur Corporate Governance und die am1. Juli 2002 in Kraft gesetzten Corpo-rate Governance-Richtlinien der SWX

Swiss Exchange. Letztere hält die Emit-tenten dazu an, den Investoren Schlüs-selinformationen zur Corporate Gover-nance einfach zugänglich zu machen.Weil die Marktkräfte nur dann kontrol-lierend wirken können, wenn die not-wendigen Informationen, etwa übermögliche Interessenskonflikte, vorlie-gen, sind die Gesellschaften auch zurOffenlegung von konkreten Angabenüber die Führung und Kontrolle aufoberster Unternehmensebene sowieder Bezüge der Führungsgremien alsGesamtsumme und der jeweils höch-sten Entschädigung an eine Einzelper-son verpflichtet. Gerade diese Offenle-gung von Löhnen und Honoraren darfin ihrer Wirkung für den Schutz der Aktionärsinteressen aber auch nichtüberschätzt werden. «Die Erfahrung hatgezeigt, dass dadurch die Saläre derManager tendenziell eher steigen, weildie veröffentlichten Löhne verglichenwerden», sagt Prof. Jaap Winter, Vorsit-zender der High Level Group of Com-pany Law Experts, einer Gruppe vonGesellschaftsrechtsexperten der Euro-päischen Kommission. Immerhin könn-ten die Aktionäre dank der Lohntrans-parenz einschätzen, ob das Salär in Re-lation zur erbrachten Leistung stehtoder nicht. «Gestoppt werden könnendie Lohnexzesse aber nicht.»

Gefälschte Bilanzen, exorbitante Managersaläre, die längst nicht immer im Wissen der Aktionäre

ausbezahlt wurden, und geheime Absprachen in den Direktionsetagen haben im Ausland und in

der Schweiz für Skandale gesorgt. Mittels Corporate Governance sollen die Interessen der Aktio-

näre geschützt und «Creative Accounting» verhindert werden.

Von Martin Spieler

MORALISCHE BASIS FÜR DIE MARKTWIRTSCHAFT

Bilder und Artikel entstanden anlässlich des von der SWX Swiss Exchange veranstalteten Corporate Governance-Seminars vom 1. Dezember 2003.

Corporate Governance

Veränderte Rolle der VerwaltungsräteFür Diskussionen Anlass gibt abernicht nur die Höhe der Löhne, sondernauch deren Zusammensetzung in fixeund variable Anteile. Einerseits sollfür das Management ein Anreiz gebo-ten werden, um den Wert zum Nutzender Aktionäre zu optimieren, anderer-seits haben schlechte Erfahrungenmit Optionsprogrammen der Managerviele Aktionäre vorsichtig gemacht.Stock Options-Pläne haben in der Ver- gangenheit dazu geführt, dass Füh-rungskräfte die Firmenzahlen so mani-puliert hatten, da sie in den Genussder damit verbundenen Vergütungenkamen. Ausserdem möchten Aktionäreihre Anteilsrechte nicht verwässertsehen. Hier ist es an den Mitgliedern der Compensation Committees dereinzelnen Unternehmen optimale Kom-promisse zu finden, die den Interessender Aktionäre am ehesten entgegen-kommen. Voraussetzung dafür sindaber auch seitens der involviertenVerwaltungsräte fundierte Fachkennt-nisse. Im Zuge der intensivierten Dis-kussion um die Corporate Governancehat sich die Rolle der Verwaltungsrätedeutlich verändert. Während früher invielen Unternehmen die passiven Ver-waltungsräte ohne spezielle Fachkennt-nisse oder Aufgaben dominierten, sinddie Anforderungen, insbesondere fürdie finanzielle Kontrolle der Geschäfts-leitung, deutlich gestiegen. Zusätzlichzur routinemässigen Überwachung derKennzahlen hat die Früherkennungmöglicher Risiken grosse Bedeutung.Damit dies möglich ist, muss ein Ver-waltungsratsmitglied nicht nur überdas nötige Zahlenmaterial verfügenund es interpretieren können, sondernauch die entsprechende Zeit dafür auf-wenden können. Wer als Verwaltungsratproaktiv handeln will, kann die Zahlseiner Mandate nicht beliebig erhöhen.Gestiegen sind die Anforderungen andie Verwaltungsräte auch bezüglichBranchenkenntnisse und Management-

erfahrung. Ein negatives Beispiel lie-ferte der Verwaltungsrates der zusam-mengebrochenen Swissair: Etliche Ver-waltungsräte verfügten weder über dasnötige Branchenwissen noch waren siebereit, die erforderliche Zeit einzuset-zen, um die Strategie und das Zahlen-

material des Management zu hinterfra-gen. Selbst bei Firmenzusammenbrü-chen bleibt der rechtliche Rahmen fürdie Aktionäre aber eng: Rechtlich kanndas Management durch die Aktionärein der Schweiz lediglich bei Verletzungder Treu- und Sorgfalts-Pflicht zur Re-chenschaft gezogen werden, nicht aberfür unternehmerischen Misserfolg.

Wie viel soll der Staat regulieren?Wichtiger Streitpunkt in der aktuellenDebatte im In- und Ausland über Cor-porate Governance ist die Frage, ob dieDurchsetzung und Festlegung der Cor-

porate Governance-Regeln hauptsäch-lich auf gesetzlicher Basis durch denStaat oder sogar länderübergreifendzu erfolgen hat oder ob ein möglichsthohes Mass an Selbstregulierung letzt-lich mehr Erfolg verspricht. In derSchweiz favorisieren die SWX Swiss

Exchange sowie Wirtschaftsverbändeeine möglichst optimale Abstimmungvon staatlicher Grundsatzregulierungund flexibler Selbstregulierung der De-tails. In Amerika wurde als Antwort aufdie zahlreichen Unternehmensskan-dale die Sarbanes-Oxley Act in Kraftgesetzt, mit welcher die Corporate Governance verbessert und das Anle-gervertrauen gestärkt werden sollen. Zuständig für die Ausführungsbestim-mungen sind hier in erster Linie dieSecurities and Exchange Commission(SEC) sowie die Börsen. Im Rahmender Sarbanes-Oxley Act dürfen Revi-

«Kriminalität kann auch durch beste Corporate Governance nichtverhindert werden.» Prof. Jaap Winter

Prof. Dr. Conrad Meyer, André Kudelski und Prof. Dr. Peter Böckli

soren eine Reihe von Beraterdienst-leistungen nicht mehr anbieten und ihre Wahl hat nicht mehr durch das Management, sondern durch den Revi-sionsausschuss (Audit Committee) im Verwaltungsrat zu erfolgen. Weitermüssen die Verwaltungsräte mehrheit-lich aus unabhängigen Mitgliedern zu-sammengesetzt sein. Kernpunkt derSarbanes-Oxley Act ist, dass der Fir-menchef und der Finanzchef mit einemEid bezeugen müssen, dass die Finanz-abschlüsse stimmen und sie für derenRichtigkeit und Vollständigkeit haften.Bislang ist der Beweis, dass mittelsmöglichst vieler Gesetze die Macht derManager gezähmt werden kann, aller-dings nicht erbracht worden.

Ein einheitlicher, länderübergreifen-der Corporate Governance-Kodex wirdauch innerhalb der EU diskutiert. Die

EU möchte mittels neuer Richtlinienund durch Änderung bestehender Re-geln verbindliches Recht in den Berei-chen Corporate Governance und Ab-schlussprüfung schaffen. Über Mass-nahmen wie das Fragerecht, die grenz-überschreitende Stimmabgabe, dasRecht auf Briefwahl, die Teilnahme anGeneralversammlungen auf elektroni-schem Weg und die Einführung einerkollektiven Verantwortung aller Füh-rungsmitglieder für den Jahresab-schluss und andere wichtige Erklärun-gen sollen die Aktionärsrechte inEuropa gestärkt werden. Allerdings ver-tritt der GesellschaftsrechtsexperteProf. Jaap Winter aus Amsterdam dieAuffassung, dass in der EU aufgrundder unterschiedlichen Rechtssystemeund Kulturen ein einheitlicher Kodexnicht sinnvoll sei. «Ein EU CorporateGovernance Code würde derzeit ein

dickes Buch mit zahlreichen Ausnah-mebestimmungen ergeben.» Prioritäthat für ihn die Einführung einer Direk-tive bezüglich der Transparenz-Anfor-derungen sowie eine bessere Koordina-tion der nationalen Aktionärsrechte.

Verzicht auf Corporate Governance-Zwangsjacke in der SchweizIn der Schweiz beschränkt sich dieGesetzgebung bislang auf die Grund-sätze. Der in den meisten Firmen an-gewandte Swiss Code of Best Practicefor Corporate Governance enthält 30 Empfehlungen, ist rechtlich abernicht verbindlich. Auf eine CorporateGovernance-Zwangsjacke wollte dieeconomiesuisse bewusst verzichtenund den Unternehmen den Spielraumfür eigene Gestaltungsmodalitäten derCorporate Governance offen lassen.Anders als die USA mit ihrer Sarba-

Prof. Jaap Winter, Amsterdam

Corporate Governance

Prof. Dr. Peter Böckli und Dr. Heinrich Henckel

nes-Oxley Act versucht der SchweizerGesetzgeber nicht, den Firmen im De-tail vorzuschreiben, wie sie ihr Unter-nehmen führen müssen. Allerdings sindauch in der Schweiz eine ganze Reihevon Vorstössen in der Pipeline, die eineVerschärfung der Gesetzgebung imZusammenhang mit den Corporate Governance-Regeln fordern.

Laut Prof. Dr. Peter Böckli, Vorsitzenderder Arbeitsgruppe «Aktienrechtsrevi-sion und Corporate Governance», dievom Bundesamt für Justiz zur Ausar-beitung von Gesetzgebungsvorschlägeneingesetzt wurde, zielt die Mehrheitdieser Vorstösse darauf ab, dass derBundesrat die schweizerische Gesetz-gebung unter dem Gesichtspunkt derCorporate Governance und der Aktio-närsrechte einer Prüfung unterzieht.Die parlamentarischen Vorstösse las-sen sich in vier Kategorien unterteilen,nämlich «Stärkung der Aktionärsrechteund verbesserter Minderheitenschutz»,«Zusammensetzung und Organisationdes Verwaltungsrates und der Ge-schäftsleitung», «Transparenz bei Ent-schädigungen und Vergütungen» und«Erstellen und Prüfung der Jahresrech-nungen».

Mögliche Ausweitung auf nichtkotierte GesellschaftenFälschlicherweise werden CorporateGovernance-Regeln oft nur mit bör-senkotierten Gesellschaften in Verbin-dung gebracht. Prof. Peter Böckli:«Die Arbeitsgruppe Corporate Gover-nance ist zum Schluss gelangt, dassdie im Aktienrecht zu verankerndenCorporate Governance-Grundsätze, insbesondere das Transparenzgebot,nicht nur für die börsenkotierten, sondern auch für die nicht kotierten Gesellschaften im schweizerischenObligationenrecht zu verankern sind.»Allerdings soll die Transparenz auf die-jenigen Firmen eingeschränkt werden,die als wirtschaftlich bedeutungsvoll

einzuschätzen sind. Selbst für börsen-kotierte Small und Mid Caps sind diedirekten und indirekten Kostenfolgender Umsetzung von Corporate Gover-nance-Grundsätzen nicht zu unter-schätzen, wie Rudolf Hauser, VR-Präsi-dent der Bucher Industries, aufgrundseiner Erfahrungen aus der Praxis be-richtet. Markt und Wettbewerb würdenweitgehend schon die erwünschteTransparenz, jedoch nur bedingt eineflächendeckende Ordnungsmässigkeitder Geschäftsführung erzwingen. Hierkönne man einen begrenzten Regle-mentierungsbedarf orten. Hauser ver-tritt die Auffassung, dass die beste-hende Reglementierung verbessertund vereinfacht werden könne. «Sie istaber nicht auszuweiten, denn dadurchist kein Mehrnutzen zu erzielen und alsMittel gegen Missbrauch ist sie ohne-hin nur sehr beschränkt tauglich.»Grenzen der Corporate Governance-Regeln sieht auch Prof. Jaap Winter:«Kriminalität kann auch durch besteCorporate Governance nicht verhindertwerden.» Gleichzeitig weist er aber da-rauf hin, dass mangelhafte CorporateGovernance für Aktionäre hohe Risi-ken beinhaltet, weil die Firmen ihre

Probleme länger verstecken können.«Mindeststandards bei der CorporateGovernance senken die Risiken hinge-gen deutlich.»

Corporate Governance darf nicht alseine für alle Zeiten festgelegte Direk-tive verstanden werden, sondern alsfortlaufender Prozess der regelmässigunter Berücksichtigung neuer Erkennt-nisse sowie gesetzlicher Vorgaben über-prüft und falls nötig angepasst werdenmuss. Aber die Einhaltung von Leitli-nien zur Corporate Governance leisteteinen nicht zu unterschätzenden Bei-trag zur nachhaltigen Festigung desVertrauens der Aktionäre und der Öf-fentlichkeit in die Unternehmensfüh-rung und den Finanzplatz. Einen Nut-zen hat aber nicht nur die Wirtschaft,sondern die ganze Gesellschaft: Effek-tiv gelebte Corporate Governance istdie moralische Basis für eine gut funk-tionierende Marktwirtschaft, auf derunser gesellschaftliches System ba-siert.

SWX Group mittendrin 2004 23

Hohe Akzeptanz der Corporate Governance-Richtlinie in der Schweiz

Dass die Schweiz mit ihrem Modell, das auf der Abstimmung von gesetzlichen Regeln und

Selbstregulierung basiert, auf einem viel versprechenden Weg ist, belegt eine Studie, welche

von Prof. Dr. Conrad Meyer, dem Direktor des Instituts für Rechnungswesen und Controlling der

Universität Zürich, durchgeführt wurde. Im Rahmen der Untersuchung wurden 265 Ge-

schäftsberichte analysiert und 150 000 Einzelinformationen erfasst. Fazit der Studie ist, dass

sich seit dem Erlass der Corporate Governance-Richtlinie im Juli 2002 die Berichterstattung

der an der SWX Swiss Exchange kotierten Gesellschaften markant verbessert hat. Die Analyse

zeigt, dass der durchschnittliche Umsetzungsgrad der erfassten Unternehmen bei 85 Prozent

liegt. 110 der 265 einbezogenen Gesellschaften erreichen einen Umsetzungsgrad von

mindestens 90 Prozent. Am schlechtesten erfüllt werden die geforderten Angaben zu den Ka-

piteln «Konzernstruktur und Aktionariat» sowie «Informationspolitik», während der beste

Umsetzungsgrad bei den Kapiteln «Revisionsstelle», «Kontrollwechsel und Abwehrmassnah-

men», «Entschädigungen, Beteiligungen und Darlehen» sowie «Verwaltungsrat» resultiert.

Martin Spieler ist Chefredaktor der

«HandelsZeitung».

Standortbestimmung

CORPORATE GOVERNANCE AUS GESETZGEBERISCHER SICHTDie Schweiz steht im Vergleich zu vielen europäischen Ländern in Sachen Corporate Governance

gut da. Die Meinungsbildung über Art und Mass der gesetzlichen Regelungen hat jedoch erst

begonnen.

Von Prof. Dr. iur. et lic. oec. Heinrich Koller

Die wesentlichen gesetzgeberischen Fragen betreffen die Aktionärsrechte, die Organisation der Gesellschaftund die Transparenz der Vergütungen an Verwaltungsrat und Geschäftsleitung.

SWX Group mittendrin 2004 25

Wer die Fülle der Publikationen und Verlautbarungen zur Corporate Gover-nance in der Schweiz zum Massstabnimmt, muss zur Auffassung gelangen,dass es um die Regeln für gute Unter-nehmensführung und angemesseneKontrolle in unserem Land schlechtbestellt ist. Der Schein trügt. Seit derAktienrechtsreform von 1992, die nachAuffassung der Fachleute ihre Bewäh-rungsprobe grundsätzlich bestandenhat, steht die Schweiz im Vergleich zuvielen europäischen Ländern in man-chen Fragen gut da. So ist etwa im Be-reich der Aufgaben, der Organisationund Rechtsstellung des Verwaltungs-rates, beim Konzernrecht und selbstin der Rechnungslegung viel Bodengut gemacht worden. Dennoch habenverschiedene Ereignisse in bedeuten-den Unternehmen im In- und Auslandin den letzten Jahren zu einer breiten Diskussion der Good Governance ge-führt. Auf den internationalen Märktenund in der Öffentlichkeit entstand einzunehmender regulatorischer Druck.

Die schweizerische Wirtschaft hat die-sen Handlungsbedarf relativ rasch auf-genommen und auf der Ebene derSelbstregulierung erste Vorgaben zurCorporate Governance geschaffen: Be-reits im Jahr 2002 traten der «SwissCode of Best Practice for Corporate Go-vernance» der economiesuisse und die«Richtlinie betreffend Informationen zurCorporate Governance» der SWX SwissExchange in Kraft1. Während der «SwissCode of Best Practice» lediglich Emp-fehlungen ohne Verbindlichkeitscha-rakter aufstellt, sind bei der Richtlinieder SWX Swiss Exchange bestimmteRegelungen für kotierte Gesellschaftenzwingender Natur, so betreffend dieTransparenz der Entschädigungen undder Beteiligungen der Mitglieder desVerwaltungsrats und der Geschäfts-leitung sowie der diesen Personen gewährten Darlehen. In den übrigen Bereichen gilt nach der Richtlinie der

SWX Swiss Exchange das Prinzip descomply or explain.

Die öffentliche Diskussion um die Cor-porate Governance fand auch im Bun-desparlament ihren Widerhall: SeitMitte 2001 wurden rund 20 parlamen-tarische Vorstösse eingereicht, die sichumfassend oder mit einzelnen Aspek-ten der Corporate Governance beschäf-tigen. Mit der Überweisung einer gan-zen Reihe dieser Vorstösse brachte derGesetzgeber seinen klaren Willen zumAusdruck, zumindest gewisse Themen-bereiche und Einzelfragen der Corpo-rate Governance gesetzlich zu regeln2.

Laufende ArbeitenDas Bundesamt für Justiz hat in derFolge eine Expertengruppe damit be-auftragt, das Gesellschaftsrecht aufseine Übereinstimmung mit den Grund-sätzen der Corporate Governance zuprüfen und gegebenenfalls Gesetzes-änderungen vorzuschlagen. Der Be-richt der Experten liegt inzwischen vor.Allerdings beschränkt sich der Revi-sionsbedarf im Aktienrecht nicht aufdie Frage der Corporate Governance;auch in anderen Bereichen hat sichdas geltende Recht in den letzten Jah-ren als aktualisierungsbedürftig erwie-sen. Anpassungen sind insbesonderenötig im Bereich der Kapitalstruktur(Dispoaktie, nennwertlose Aktie, Flexi-bilisierung des Aktienkapitals) und derGeneralversammlung (Depotstimmrecht;elektronische Generalversammlung).Entsprechende Vorschläge liegen auchhier vor.

Die vorgesehenen Neuerungen im Ak-tienrecht sind komplex (so etwa dieEinführung eines Systems nennwertlo-ser Aktien oder die Flexibilisierung desAktienkapitals). Was die Corporate Go-vernance betrifft, so hat die Meinungs-bildung über die Art und das Masseiner gesetzlichen Regelung erst be-gonnen. Auszuloten sind vor allem

noch die schwierigen Zusammenhängeund mögliche Regelungsalternativen.Das weitere Vorgehen bei der Revisiondes Aktienrechts muss daher noch ab-geklärt werden; ausgewiesen ist derHandlungsbedarf bei den Dispoaktien,bei anderen Fragen hingegen ist diesachliche und politische Dringlichkeitumstritten. Rasch verwirklicht werdenkann eine Verbesserung der Transpa-renz der Kaderlöhne.

Die Schaffung gesetzlicher Normenzur Corporate Governance ist sodannauch in den Kontext der internationa-len Entwicklungen zu stellen: Hinzu-weisen ist insbesondere auf die an-stehende Revision der Prinzipien zurCorporate Governance der OECD von19993, auf den US-amerikanischenSarbanes-Oxley Act4 und auf die Ar-beiten der Europäischen Union («Be-richt WINTER» und «Aktionsplan» derEU-Kommission vom 21. Mai 2003)5.

Im Folgenden soll der Versuch unter-nommen werden, die wesentlichen gesetzgeberischen Fragestellungen inSachen Corporate Governance aufzu-zeigen. Der Überblick erfolgt anhandvon drei Themenbereichen.

AktionärsrechteIm Hinblick auf eine Stärkung derRechtsstellung der Aktionäre als Eigen-tümer des Unternehmens stehen fol-gende Probleme im Vordergrund:· Die Möglichkeiten der Vertretung an

der Generalversammlung sollen ver-bessert werden (Prüfung eines Verbotsder statutarischen Einschränkung derVertretung von Aktionären und Ein-führung des Rechts, sich an der Ge-neralversammlung durch eine Personseiner Wahl begleiten und beratenzu lassen).

· Parlamentarische Vorstösse forderneine Modifikation der Regelung desDepotstimmrechts (Abschaffung derRegel «in dubio pro administratione»)

Fussnoten beim Literaturverzeichnis auf S. 38

Standortbestimmung

und eine Lösung des Problems derDispoaktien.

· Verlangt wird auch eine Verbesse-rung des Minderheitenschutzes durcherleichterte Ausübung von Aktionärs-(klage-)rechten bzw. die Verkleine-rung der Prozessrisiken (aktionärs-freundlichere Kosten- und Kosten-vorschussregelung).

· Die Pflicht der Gesellschaftsorganezur Rückerstattung ungerechtfertigterLeistungen soll ebenfalls neu geregeltwerden.

· Verbesserungen werden auch im Bereich der Auskunfts-, Konsulta-tions- und Informationsrechte vorge-schlagen.

Organisation der GesellschaftIm Hinblick auf eine Good Governancegilt es ein System von organisations-rechtlichen «checks and balances» zuentwickeln, das eine ausgewogene in-terne Kontrolle ermöglicht. Dabei sollendie Handlungs- und Entscheidungsfrei-heit sowie Effizienz der Führung derGesellschaft gewahrt bleiben. Anzustre-ben ist ein ausgewogenes Verhältnisvon Führung und Kontrolle. Vordring-lich ist die Klärung folgender Fragen:· Wie können Interessenkonflikte in-

nerhalb des Verwaltungsrats vermie-den werden und wie ist mit solchenumzugehen?

· Soll eine spezifische rechtliche Ver-antwortlichkeit des Verwaltungsratsfür die Ausgestaltung des internenKontrollsystems aufgenommen wer-den?

· Ist der Verwaltungsrat gesetzlich zu verpflichten, diejenigen Geschäfte zudefinieren, für welche die Geschäfts-leitung seine Zustimmung braucht?

· Soll die Amtsdauer von Verwaltungs-räten beschränkt werden?

· Gibt es Umstände, welche die Wähl-barkeit in den Verwaltungsrat aus-schliessen sollen?

· Sollen zwingende Vorschriften zurSchaffung von Verwaltungsratsaus-

schüssen und zu deren Aufgaben sta-tuiert werden?

· Ist die Verbindung der Funktion des Verwaltungsratspräsidenten mit derje-nigen des Vorsitzenden der Geschäfts-leitung (CEO) zu untersagen?

Was die gesetzliche Organisation derRevisionsstelle betrifft, ist vom Bun-desamt für Justiz zusammen mit einemexternen Experten ein umfassenderVorschlag zu einer Neuregelung ausge-arbeitet worden6. Die auf Ende 2003vorgesehene Verabschiedung ist durchden Bundesrat um einige Monate auf-geschoben worden, damit anstehendeinternationale Entwicklungen in denUSA (Sarbanes-Oxley Act) und in derEU (Revision der einschlägigen Richt-linie) abgewartet werden können.

Die Neuordnung des Revisionsrechtskonzentriert sich auf eine neue Um-schreibung der Revisionspflicht (abhän-gig neu von der Grösse und nicht von derRechtsform der Unternehmung), eineklarere und teilweise erweiterte Aufga-benstellung für Revisoren sowie einevöllig neue Regelung der Zulassung zurRevision, soweit eine solche gesetzlichzwingend vorgeschrieben wird. Zentralist weiter eine strenge Neuregelung derUnabhängigkeit der Revisionsstelle,weil nur die Prüfung der Jahresrechnungdurch eine unabhängige Revisionsstelleein verlässliches Bild über die wirt-schaftliche Lage eines Unternehmenszu vermitteln vermag. Vorgesehen istschliesslich die Schaffung einer staat-lichen Aufsicht über die Revisionsstel-len von Publikumsgesellschaften.

Transparenz der Vergütungen an Verwaltungsrat und GeschäftsleitungZur Frage der Verbesserung der Trans-parenz von Entschädigungen an dieMitglieder des Verwaltungsrates undder Geschäftsleitung haben die vomBundesamt zugezogenen Experten derCorporate Governance im Frühjahr2003 einen Zwischenbericht vorge-

legt7. Fast zeitgleich hat zudem einweiterer externer Experte im Auftragder Kommission für Wirtschaft und Ab-gaben des Nationalrates eine Expertisezum selben Thema erarbeitet.

Ein Regelungsvorschlag, der auf die-sen beiden Gutachten beruht, konntebereits im vergangenen Dezember inVernehmlassung gegeben werden8. DieVernehmlassungsfrist ist Ende Februar2004 abgelaufen. Eine Botschaft desBundesrates wird noch in diesem Jahrvorgelegt werden.

Zwar bestehen zur Transparenz der Be- züge für kotierte Unternehmen bereitsheute Vorschriften (Richtlinien der SWXSwiss Exchange). Die Transparenz derKaderlöhne ist jedoch ein Themenbe-reich von grosser politischer Bedeu-tung, der im Rahmen der Diskussionum Corporate Governance in den Me-dien stark im Vordergrund gestandenhat. Eine gesetzliche Regelung ist da-her materiell sinnvoll und politisch er-wünscht. Der Gesetzgeber wird die sichentgegenstehenden Interessen abzu-wägen und insbesondere zu entschei-den haben, wieweit eine Offenlegungder Bezüge individuell für die einzelnenBezüger erfolgen soll. Der in Vernehm-lassung gegebene Vorentwurf sieht fol-gende Regelung vor:· Eine gesetzliche Pflicht zur Offenle-

gung besteht nur für Gesellschaften,deren Aktien an einer Börse kotiert sind.

· Durch die Publikation der Angaben im Anhang zur Bilanz wird sicherge-stellt, dass eine Überprüfung durch die Revisionsstelle erfolgt.

· Offen zu legen sind Vergütungen,welche die Gesellschaft an die Mit-glieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung ausgerichtet hat,sowie die Beteiligungen, welche diesePersonen an der Gesellschaft halten.

· Anzugeben sind der Gesamtbetrag der Vergütungen für den Verwal-

SWX Group mittendrin 2004 27

tungsrat und die Geschäftsleitung,aber auch die individuellen Bezüge der einzelnen Mitglieder des Verwal-tungsrates und der höchste auf einMitglied der Geschäftsleitung ent-fallende Betrag.

Wieweit auch für nicht kotierte Gesell-schaften Regelungen betreffend dieTransparenz der Bezüge der Organe ge-schaffen werden soll, wird im Rahmendes Projekts zur Corporate Governancezu untersuchen sein. Während dieTransparenz der Bezüge bei Publikums-gesellschaften auf die für die Funktiondes Kapitalmarktes erforderliche ex-terne Unternehmensinformation aus-gerichtet ist, stellt sich bei nicht kotier-ten Gesellschaften (nur) die Frageeiner gesellschaftsinternen Informa-tion der Aktionäre.

Gesetzgebung versus SelbstregulierungBei den Problemen in den verschiede-nen aus- und inländischen Unterneh-men, die zur fast weltweiten Diskussionüber die Corporate Governance geführthaben, handelt es sich – wie zu Rechtimmer wieder geltend gemacht wird –zwar nur um Einzelfälle. Dennoch habendiese mit einer gewissen Deutlichkeitdie Grenzen der Selbstregulierung undder Selbstverantwortung aufgezeigt.Der brüske Niedergang eines Gross-unternehmens (wie etwa der Swissair)kann sich für eine gesamte Volkswirt-schaft als folgenschwer herausstellen.Der politische Ruf nach dem Gesetz- geber ist daher verständlich, auch wenndas Gesetz wirtschaftlich verantwort-ungsvolles Handeln nie wirklich wirderzwingen können. Gesetzliche Vor-gaben vermögen eine hinreichendeinterne Unternehmenskontrolle im kon-kreten Einzelfall nicht zu gewährlei-

sten. Entscheidend bleibt vielmehr stetsdas Verhalten derjenigen Personen, die in Verantwortung stehen. Dennoch mussder Gesetzgeber erkennbare Miss-brauchskonstellationen durch verbind-liche Anordnungen zu vermeiden ver-suchen, ohne dadurch den für dasunternehmerische Handeln erforder-lichen Freiraum für eine den Umstän-den angepasste Unternehmensorgani-sation unnötig zu beschränken. Es gilt,durch gezielte Massnahmen das Ver-trauen der Anleger und der Aktionäre indie Wirtschaft wieder zu festigen. DerGesetzgeber hat daher an wenigen neuralgischen Punkten «Pflöcke einzu-schlagen» und damit der Wirtschaft einen Rahmen abzustecken, der von dieser selbst verantwortungsvoll ausge-füllt werden muss und genügend Spiel-raum für flexible Lösungen belässt.

Prof. Dr. iur. et lic. oec. Heinrich Koller ist

Direktor des Bundesamtes für Justiz

Prof. Dr. Heinrich Koller

SWX Group mittendrin 2004 29

Als Grundsätze und spezifische Regelnfür die Berichterstattung der Unter-nehmen über ihre wirtschaftliche Lage (Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage)wollen Rechnungslegungsstandards füreine möglichst weltweit einheitlicheSprache sorgen und so die finanziellenKennzahlen über Branchen, Landes-grenzen und Wirtschaftsräume hinwegvergleichbar machen. Kein Wunder,werden sie – aufgrund der vielen Fir-menpleiten und Bilanzskandale – zur-zeit von einer breiteren Öffentlichkeitbeachtet und kritisch hinterfragt!

Die Verunsicherung sitzt tief: Habendenn alle versagt, die Unternehmer,ihre Aufsichtsgremien, die Wirtschafts-prüfer und der Staat als Gesetzgeberund Regulator? Wieso sind die Pro-bleme nicht früher aufgrund der de-tailliert regulierten Finanzberichter-stattung der Gesellschaften und derRevisionsstellenberichte zu Tage geför-dert worden? In der Tat sind nach derverklungenen New Market-Euphoriegravierende Schwachstellen in den Un-ternehmen, ihrer Führung, ihrer Re-chenschaftsablage sowie in ihrer Über-wachung zum Vorschein gekommen,die niemals für möglich gehalten wor-den sind. Die Regeln waren da und diegeforderten Checks and Balances auch,doch die Firmenkultur wurde völlig an-ders gelebt, stellte Sachwalter KarlWüthrich zum Niedergang der stolzenSwissair beispielhaft fest.

Der Prozess der Schadensbewältigungund Aufräumarbeiten hat auf allenEbenen eingesetzt. Die Corporate Go-vernance-Diskussion mit ihrer auf einegute Unternehmensführung ausgerich-teten Zielsetzung hat in der Schweizzu einer Zeit begonnen, als die Ver-trauenskrise just ihren Höhepunkt zuerreichen schien. Das hat in den Eid-genössischen Räten zu viel Spott undHäme gegenüber den Wirtschaftsfüh-rern geführt, doch scheint in der Öf-fentlichkeit wie in der Politik die Ein-sicht gewachsen zu sein, dass mit demeinseitigen Ruf nach dem Staat die ak-tuellen und akuten Probleme nicht zulösen sind. Sonst hätten ja die verschie-denen Pleiten im öffentlichen Bereich(u.a. Kantonalbanken von Bern, Solo-thurn oder Appenzell Ausserrhoden so-wie Leukerbad) nie passieren dürfen...

In diesem Umfeld kommt der Börseals Schnittstelle zwischen Unterneh-men und dem öffentlichen Kapital-markt eine wichtige Rolle zu. Sie hat es– zusammen mit der EidgenössischenBankenkommission – in der Hand, denZugang zum Kapitalmarkt und die Prä-senz an den Finanzmärkten so zu steu-ern, dass nur vertrauenswürdige Un-ternehmen bzw. Institutionen die be-nötigten finanziellen Mittel öffentlichbeschaffen können, die minimalenTransparenzanforderungen genügen.Nur in gemeinsamer Anstrengung vonWirtschaft, Börse und Staat kann un-ser Land durch die Übernahme von

Verantwortung für die Vergangenheit,Gegenwart und Zukunft das verloreneVertrauen zurückgewinnen. Die Um-setzung der sinnvollen Vorgaben zurCorporate Governance vermag hier ei-nen wesentlichen Beitrag zu leisten.In der Schweiz kommt in diesem Zu-sammenhang dem von der economie-suisse ausgearbeiteten Swiss Code ofBest Practice und der Richtlinie derSWX Swiss Exchange betreffend Infor-mationen zur Corporate Governanceeine erhebliche Bedeutung zu. Diebeiden Erlasse setzen die Messlattenfür eine ausgewogene Unternehmens-führung und -kontrolle sowie für eineangemessene Information von Aktio-nären und Öffentlichkeit hoch an. DieRichtlinie strebt eine verbesserte In-formationspolitik der Emittenten ge-genüber den Investoren an. Sie bringteinen erhöhten Anlegerschutz undstärkt gleichzeitig das Vertrauen inden Finanzplatz Schweiz. Dank demPrinzip des «comply or explain» wirddie Flexibilität und Freiheit der Emit-tenten jedoch nicht ungebührlich ein-geschränkt. Die SWX Swiss Exchangemacht so auf liberale Weise Druck, dassdem Swiss Code tatsächlich nachge-lebt wird.

Der erhöhten Transparenz dienen auchdie verschärften Bestimmungen überdie Rechnungslegung. Für das Haupt-segment der SWX Swiss Exchange wer-den ab dem Geschäftsjahr 2005 nur

EIN WICHTIGER PFEILER DER BAUSTELLE GESELLSCHAFTSRECHTRechnungslegungsstandards wollen für eine international einheitliche Sprache sorgen und

finanzielle Kennzahlen vergleichbar machen. Aufgrund von Firmenpleiten und Bilanzskandalen

werden sie zurzeit kritisch hinterfragt. Von Kurt Schüle

Rechnungslegungsstandards

noch IFRS und US GAAP als Rech-nungslegungsstandards anerkannt, wo-bei die Ausnahmeregelung für Bankensowie für im Ausland domizilierte Ge-sellschaften bestehen bleibt. KotierteImmobilien- und Investmentgesell-schaften sowie SWX Local Caps könnenweiterhin Swiss GAAP FER anwenden.

Die verlangte Umstellung hat tief grei-fende Auswirkungen auf das interneRechnungswesen, wobei davon auszu-gehen ist, dass von den betroffenenUnternehmen in aller Regel IFRS undnicht US GAAP gewählt wird. Zwarmussten die kotierten Gesellschaftenbereits unter dem Obligatorium SwissGAAP FER auf das angelsächsischePrinzip des Anlegerschutzes («True andFair View») umstellen und Abschiednehmen von den auf den Gläubiger-schutz ausgerichteten Minimalstan-dards des schweizerischen Aktien-rechts. Die erstmalige Anwendung vonIFRS verlangt indessen eine Anpas-sung der internen Abläufe und Ge-schäftsprozesse. Auch müssen bis jetztnicht buchhaltungsrelevante Sachver-halte (etwa im Bereiche der Optionenund Derivate) neu erfasst werden. AmAnfang einer Umstellung muss eineeingehende Abweichungsanalyse IFRS/Swiss GAAP FER vorgenommen bzw.eine eigentliche Rechnungslegungs-strategie entwickelt werden.

Die internationale Entwicklung derRechnungslegung wendet sich ver-stärkt den Marktwerten (Fair Value) zu.So muss nach dem Konzept «Impair-ment Only» der Goodwill künftig perio-disch überprüft und bei fehlenderWerthaltigkeit erfolgswirksam abge-schrieben werden. Künftig müssen eigenkapitalbezogene Vergütungen anManagement und Personal grundsätz-lich und ohne Verzug als Personalauf-wand verbucht und offen gelegt werden.

Die verschiedenen Gesetzesprojekte rufen nach Koordination

Mit dem Erlass des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG), das am 1. Februar

1997 in Kraft trat, haben die Eidgenössischen Räte den Aktien- bzw. Effektenhandel erstmals landesweit

einheitlich geregelt. Gegen den erbitterten Widerstand des damaligen Finanzministers, Bundesrat Dr. Otto

Stich, hat das Parlament sich für das Prinzip der Selbstregulierung der Börse ausgesprochen, wobei der

Eidgenössischen Bankenkommission die Oberaufsicht übertragen wurde. Mit dem BEHG wurde die rechtli-

che Grundlage für die SWX Swiss Exchange geschaffen, die ihrerseits mit einem kompakten Regelwerk den

Börsenhandel nach internationalen Standards organisiert hat. Im Rahmen der an sie delegierten Kompeten-

zen hat die SWX ein umfassendes Kotierungsreglement erlassen, das unter anderem auch die anwendbaren

Rechnungslegungsnormen bestimmt und die zu ihrer Durchsetzung notwendigen Vorschriften enthält.

Damit wurde Art. 8 des Börsengesetzes umgesetzt, wonach international anerkannten Standards Rechnung

zu tragen sei. Mit Entscheid des zuständigen Organs der SWX, der Zulassungsstelle, wurde im Jahre 1998

das Regelwerk Swiss Gaap FER als offizieller Börsenstandard anerkannt.

Die wirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre haben Handlungsbedarf aufgezeigt und ver-

ständlicherweise auch den Gesetzgeber auf den Plan gerufen, wie die unzähligen Vorstösse aus National- und

Ständerat zur Corporate Governance belegen. Das schweizerische Gesellschaftsrecht gleicht heute einer

gesetzgeberischen Grossbaustelle. Die zahlreichen Projekte sind unterschiedlich weit gediehen und über-

schneiden sich zum Teil. Der Koordinationsbedarf (auch zwischen dem nationalen und internationalen

Recht) ist entsprechend gross und verlangt dringend nach einer Unité de doctrine, vorab zwischen Bundesrat

und Parlament! Unter Dach ist das Fusionsgesetz, nachdem die Referendumsfrist am 22. Januar 2004

unbenutzt abgelaufen ist. Dagegen ist die GmbH-Revision derzeit (bei der nationalrätlichen Rechtskommis-

sion) blockiert, bis die Neuregelung der Revision vom Bundesrat vorgelegt wird. Es wird eine wirksame,

rechtsformunabhängige Revision angestrebt, wobei künftig die KMU von der obligatorischen Revision aus-

genommen wären. Diese Botschaft hätte schon im Dezember 2003 vorliegen sollen, doch wollte der

Bundesrat die aktuellen internationalen Entwicklungen – und dabei vorab die Gespräche mit dem US-ame-

rikanischen PCAOB (Public Company Accounting Oversight Board) über die Revisionsaufsicht – abwarten.

Offenbar findet der schweizerische Lösungsansatz die Akzeptanz der Amerikaner, womit das Problem

eines extraterritorialen Eingriffs der USA mit ihrem Sarbanes-Oxley Act in die schweizerische Revisions-

branche vom Tisch wäre.

Ein weiteres heisses Eisen – ebenfalls aus dem Bereich der Corporate Governance – ist die angekündigte

staatliche Regelung der «Transparenz der Entschädigung von Organen». Das EJPD hat eine Vorlage bis

Ende Februar 2004 in die Vernehmlassung geschickt, wie mit neuen obligationenrechtlichen Bestimmungen

vorerst bei Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien mehr Transparenz über die Bezüge des Verwaltungs-

rates und des Managements geschaffen werden kann. Diese Transparenzbestimmungen, welche die heutigen

Regelungen der SWX Richtlinie zur Corporate Governance ersetzen würden, sind aus dem gesamten Cor-

porate Governance-Paket herausgelöst und zeitlich vorgezogen worden. Schon mit Blick auf den in Deutsch-

land heftig diskutierten Verantwortlichkeitsfall Mannesmann-Vodafone kann dem Projekt die Aktualität

sicher nicht abgesprochen werden. Die zur rechtlichen Umsetzung aller Corporate Governance-Aspekte

angestrebte Aktienrechtsrevision wird dagegen noch einige Vorbereitungszeit beanspruchen. Der Bundes-

rat will die Vorschläge der Experten Böckli, Huegenin und Dessemontet noch dieses Jahr in eine Ver-

nehmlassungvorlage überführen.

Offen ist der Zeitplan für das bei Prof. Giorgio Behr in Auftrag gegebene Rechnungslegungsgesetz.

Während für die kotierten Gesellschaften die Börse die notwendigen Regeln erlassen hat, muss für die pri-

vaten Unternehmen und vor allem für die KMU eine überzeugende Lösung erst noch gefunden werden,

die steuerneutral verwirklicht werden kann.

SWX Group mittendrin 2004 31

Wie der Übersicht zu entnehmen ist,dominieren IFRS sowie Swiss GAAPFER unter den von den Publikumsge-sellschaften angewandten Rechnungs-legungsstandards, mit klarem Trendzugunsten IFRS. Noch wenden 62

Emittenten aus dem HauptsegmentSwiss GAAP FER an, die entweder aufeinen internationalen Standard umstel-len oder bis 2005 zu den Local Capsmutieren müssen. Die Local Caps, In-vestment- und Immobiliengesellschaf-ten (aktuell 78 Emittenten) dürfen wei-terhin Swiss GAAP FER anwenden.

Für eine Anwendung von US GAAP ha-ben sich vor allem Unternehmen ent-schieden, die ihre Aktien bereits inden USA kotiert oder anderweitig ei-nen starken Bezug zu den USA haben.Aus dem Hauptsegment bilanzierenheute nach US GAAP: ABB, Adecco,Biomarin, Card Guard, Gavazzi, CibaSC, Converium, Cytos Biotechnology,Inficon, Logitech, Oridion und (erst-mals 2002) Synthes-Stratec, dazu ausdem New Market Day Software, E-cen-tives sowie die Investmentgesellschaft

Verwendete Rechnungslegungsstandards

2002 2001

IFRS 162 155

Swiss GAAP FER 96 101

Banken (RRV-EBK*) 20 20

US GAAP 15 14

Andere 2 8

Total** 295 298

* Richtlinie zu den Rechnungslegungs-Vorschrif-ten für Banken

** Total der SWX primärkotierten (in- und ausländischen) Beteiligungsrechte

Absolute Private Equity. 2004 stösstauch die CS Group dazu, die bisherSwiss GAAP FER/Bankengesetz ange-wendet hat.

Von weiteren in den USA börsenkotier-ten Gesellschaften haben sich Center-pulse, Novartis, Serono, Swisscom,Syngenta und UBS für IFRS entschie-den und müssen darum ihre Rechnun-gen zwingend in US GAAP überführenund dabei v.a. die Auswirkungen aufReingewinn und Eigenkapital darstel-len. Ob alle Schweizer Unternehmenvon ihrer Kotierung in New York echtprofitieren, darf angesichts des be-trächtlichen Mehraufwandes bezwei-felt werden.

Die verschiedenen Regelwerke

Schweizerisches Aktienrecht

Es umfasst wenige, die Rechnungslegung regelnde Gesetzesartikel (OR 662–677), setzt

einen sehr largen Rahmen, lässt stille Reserven zu und orientiert sich vorab am Prinzip des

Gläubigerschutzes.

Swiss GAAP FEER

Die Fachempfehlungen zur Rechnungslegung, herausgegeben von einer 1984 errichteten

Stiftung, umfassen 166 Seiten in übersichtlicher Darstellung, orientieren sich an den

Prinzipien der Fair Presentation bzw. der True and Fair View und sind (nach dem Obliga-

torium von IFRS bzw. US GAAP für im Hauptsegment kotierte Gesellschaften ab 2005)

auf nicht kotierte sowie im Segment Local Caps der SWX gehandelte Schweizer Unter-

nehmen ausgerichtet.

IFRS (International Financial Reporting Standards)

Die IFRS – ehemals IAS (International Accounting Standards) – werden vom Standard-

setter IASB (International Accounting Standards Board) in London erlassen und umfassen

derzeit über 1200 Seiten (IAS 1 bis 40; IFRS 1 sowie derzeit 4 Vorentwürfe). Sie sind de-

tailliert und prinzipienorientiert (Fair Presentation, True and Fair View) auf den Anle-

gerschutz und damit auf die internationalen Finanzmärkte ausgerichtet. Sie finden beinahe

weltweite Akzeptanz und sind unter anderem für die EU ab 2005 und damit für rund

7000 börsenkotierte europäische Unternehmen (zurzeit mit Ausnahme von IAS 32 und 39

betreffend Finanzinstrumente) verbindlich vorgeschrieben.

EU-Mitgliedstaaten können auch weiteren Unternehmen

die Anwendung von IFRS vorschreiben. Ihre allgemeine

Anerkennung durch die US-Börsen bzw. die SEC (als den

US GAAP gleichgestellt) ist noch ausstehend.

US GAAP (US Generally Accepted Accounting Principles)

US GAAP als regelorientierte Standards mit einer extre-

men Detailregelungsdichte werden vom amerikanischen

Financial Accounting Standards Board (FASB) nach dem

Prinzip der Fair Presentation erlassen und sind in zahl-

reichen Büchern zusammengefasst. Sie erhalten durch die

Securities and Exchange Commission (SEC) ihre Rechts-

kraft und sind für rund 17000 amerikanische Unter-

nehmen sowie für die ausländischen an den US-Börsen

kotierten Gesellschaften verbindlich, wobei ausländische

Emittenten einen anderen Standard mit einer Ableitung

(dem «Form 20-F») in US GAAP überführen können.

Kurt Schüle, lic. oec., Unternehmensbe-

rater und früherer National- und Ständerat,

Schaffhausen.

Mit einer Reihe von Bestimmungen und Reformprojekten wollen Juristen und Politiker aktionärs-

freundlichere Rahmenbedingungen herstellen. Es genügt allerdings nicht, wenn nur die

Aktionärsrechte gestärkt werden. Vielmehr müssen auch die Aktionäre selber, allen voran die

institutionellen Investoren, ein grösseres Engagement an den Tag legen.

Von Claude Baumann

AUF DER SUCHE NACH DER PERFEKTEN SPIELWIESE

Im Zuge der Börsenbaisse und der zahl-reichen Firmenskandale in den letztenJahren haben viele Aktionäre Geld ver-loren. Allein 2001 erlitt fast die Hälfteder Schweizer Anleger einen Verlustauf ihren Wertschriften, wie eine Um-frage des Swiss Banking Institute derUniversität Zürich ergeben hat (vgl. Box«Aktienkultur in der Schweiz»). KeinWunder, dass vor diesem Hintergrunddas Vertrauen zahlreicher Investoren indie Börse massgeblich gesunken ist.Das hat Juristen, Ökonomen und Poli-tiker auf den Plan gerufen. Sie versu-

chen mit gesetzlichen Mitteln, eineperfekte Spielwiese für Investoren zuschaffen.

Bereits wurden – nicht zuletzt unterdem Druck aus dem angelsächsischenRaum – verschiedene Bestimmungenerlassen. Dazu gehören etwa der «SwissCode of Best Practice» oder die «SWXRichtlinie betreffend Informationenzur Corporate Governance». Aber auchdie Richtlinien zur Sicherstellung derUnabhängigkeit von Finanzanalystenzielen darauf ab, das Vertrauen der An-

leger in die Finanzindustrie und damitauch in die Börse wieder zu erhöhen.Auf der Internet-Seite www.finweb.ad-min.ch haben die Bundesbehörden andie vierzig Reformvorhaben aufgeführt,die, mehr oder minder weit gediehen,den Finanzplatz betreffen.

Diese Bestimmungen bieten dem Inves-tor gewiss wertvolle Orientierungshil-fen. Doch er darf sich nicht täuschenlassen: Selbst die besten Empfehlun-gen und Richtlinien können neuerlicheExzesse und Firmenskandale nicht

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Aktionärsrechte und -pflichten

gänzlich ausschliessen. Ein Blick aufdas wirtschaftliche Geschehen derjüngsten Vergangenheit bestätigt dies.Wie es überdies das Beispiel in denUSA zeigt, hat etwa auch die Offenle-gung von Managergehältern nicht dazugeführt, die Saläre für oberste Firmen-chefs zu plafonieren – im Gegenteil.

Daraus lässt sich folgern: Will ein Ak-tionär sein Investment in guten Hän-den wissen, muss er selber aktiv wer-den und sich im Sinne seiner Rechteund Pflichten als Miteigentümer desUnternehmens engagieren – etwa ander Generalversammlung. Ihr ist esvorbehalten, die Statuten zu ändern,den Verwaltungsrat und die Revisions-gesellschaft zu wählen, den Geschäfts-abschluss zu genehmigen und die Divi-dende festzusetzen.

Passive GrossinvestorenDer einzelne Anleger hat mit einigenwenigen Aktienstimmen allerdings kei-nen Einfluss auf die Beschlüsse einesUnternehmens. Dies ist denn auch einGrund dafür, dass nur gerade ein Drittelaller Aktionäre in der Schweiz solcheVeranstaltungen besuchen. Mehr Ge-wicht haben die grossen «Eigentümer»,die Institutionellen – gemeint sind da-mit Pensionskassen, Fondsgesellschaf-ten und Versicherungen. Nach neustenErhebungen kontrollieren sie knapp 20 Prozent des Aktienkapitals börsen-kotierter Firmen in der Schweiz. Dochauch sie manifestieren sich im Sinneihrer Aktionärsrechte kaum. Rund zweiDrittel der Pensionskassen stimmen anGeneralversammlungen beispielsweisegar nie ab.

Diese Passivität hat verschiedene Grün-de: Wer Einfluss nehmen will, musssich mit einer Firma intensiv auseinan-der setzen. Das kostet Zeit und Geld,was vielen Investoren oft nicht zur Ver-fügung steht. Im Endeffekt, so der Zür-cher Rechtsprofessor Hans Caspar von

der Crone, stimme der Aktionär nichtan der Generalversammlung ab, son-dern mit seinem Anlageentscheid.Passe ihm etwas nicht, könne er ver-kaufen.

Wirkungsvolle InstrumenteTrotzdem ist die Frage angebracht, obes genügt, wenn etwa Grossaktionäre,welche die Vorsorge- und Versiche-rungsgelder der Bürger unseres Landesverwalten, nur mit Wertschriften han-deln? Sollten sie in ihrer Funktion nichtmehr Verantwortung übernehmen, etwabei der Zuteilung des Unternehmens-kapitals oder auch bei personellen Ernennungen? Im Englischen figurie-ren solcherlei Bestrebungen unter demBegriff «Shareholder Activism» (vgl.Box). Fachleute begrüssen eine grös-sere Einflussnahme institutioneller In-vestoren. Denn erst wenn diese Anlegeraktiv würden, könne von Aktionärskul-tur überhaupt die Rede sein.

Zwischen den Gegebenheiten in derangelsächsischen Welt und jenen inKontinentaleuropa gilt es jedoch zudifferenzieren. Denn während in denUSA und in Grossbritannien viele ko-tierte Gesellschaften einem breitenPublikum gehören und nur wenige Firmen von einigen Grossaktionärenkontrolliert werden, ist es in Kontinen-taleuropa gerade umgekehrt: Die über-wiegende Mehrheit der Unternehmenwird von einigen wenigen Grossaktio-nären beherrscht. Dadurch relativiertsich die Einflussnahme der Minder-heitsaktionäre – also jener Investoren,welche die Aktien im Streubesitz hal-ten. Hinzu kommt, dass die gegebenenrechtlichen Rahmenbedingungen dazuführen, dass die Minderheitsaktionäre sogar ihren potenziellen Einfluss ander Generalversammlung kaum wahr-nehmen. Der Schweizer FinanzexperteProfessor Max Boemle stellt denn auchfest: «Im Vergleich zum Ausland weistdie schweizerische Rechtsordnung im

Shareholder Activism in den USA

Als Wegbereiter des Shareholder Activism

gelten die Brüder John und Lewis Gilbert. Ein

Jahr vor dem Börsencrash von 1929 begannen

sie, die Führungsgremien grosser amerikani-

scher Firmen unter die Lupe zu nehmen. Stun-

denlang sassen sie in der New Yorker Public

Library und studierten Wirtschaftszeitungen.

Von 1932 an besuchten sie jährlich bis zu acht-

zig Generalversammlungen und versuchten,

Einfluss auf die Zusammensetzung der Ver-

waltungsräte zu nehmen. Gleichzeitig forder-

ten sie eine bessere finanzielle Transparenz.

Die ersten regulatorischen Grundlagen in den

USA gehen denn auch auf die Bemühungen

der Gebrüder Gilbert zurück: 1934 entstand der

Securities and Exchange Act, der 1942 von

der Rule 14a-8 ergänzt wurde. Diese zwang die

Unternehmen fortan, Shareholder Proposals

zu berücksichtigen, sofern es dafür eine Mehr-

heit gab.

Eine zweite Welle des Shareholder Activism

erfasste die Vereinigten Staaten in den sech-

ziger Jahren. Dem Zeitgeist entsprechend for-

derten die Aktionäre vermehrt auch soziale,

ethische und ökologische Anliegen ein. Diese

flossen in verschiedene Gesetzestexte ein.

Das bildete die Grundlage für die spätere Dis-

kussion über Corporate Governance.

Die dritte Welle des Shareholder Activism läu-

teten die institutionellen Anleger in den acht-

ziger Jahren ein. Durch ihre Milliardenvermö-

gen, die sie über die Zeit angehäuft hatten,

besassen sie eine riesige Macht. Pensionskas-

sen, wie etwa die CalPers (California Public

Employee Retirement System), begannen so

ihren Einfluss geltend zu machen.

SWX Group mittendrin 2004 35

Bereich Aktionärsrechte nach wie vor Defizite aus. Eine intensivere Wahrungder Aktionärsinteressen über dasStimmrecht an der Generalversamm-lung hinaus erscheint daher dringend.»

Was das bedeuten könnte, zeigt sichetwa an einem Beispiel aus den Ver-einigten Staaten: Das amerikanischeRechtssystem bietet mit dem Share-holder Proposal ein Instrument, umAktionärsanliegen wirksam verbreitenzu können. Das sind kurze Erklärungenoder Anweisungen von Aktionären andas Management. Sie haben zwar nurempfehlenden Charakter. Stimmt je-doch die Mehrheit oder eine grosseMinderheit der Aktionäre einem Vor-schlag zu, muss die Firmenführunghandeln (vgl. Literaturhinweis Scho-binger).

Die Schweiz kennt heute keine rechtli-che Grundlage für Shareholder Propo-

nahmen, wie Experten betonen. Als zeit-gemäss erscheint die Einheitsaktie, die dem Prinzip «One share, one vote»Rechnung trägt.

Abstinenz behebenIn der Schweiz hat sich nicht zuletztwegen der grossen internationalenKundschaft auch eingebürgert, dassviele Aktionäre ihrer Bank eine gene-relle Stimmvollmacht erteilen. Fehltdiese, muss die Depotbank im Sinneder jeweiligen Gesellschaft stimmen(Depotstimmen). Das stärkt das Ma-nagement und schwächt die Positionder Aktionäre. Hier drängt sich somiteine weitere Änderung auf: Aktionäre,die sich vertreten lassen, solltenStimmrechtsvertretern genaue Instruk-tionen geben müssen.

Auch die Dispostimmen gehören abge-schafft. Dabei geht es um Folgendes:Zahlreiche, vor allem ausländische In-

sals. Nur jene Anleger, die Aktien imNominalwert von mehr als einer Mil-lion Franken oder mindestens zehnProzent der Stimmrechte besitzen, ha-ben ein Traktandierungsrecht. Aller-dings haben verschiedene Firmen wiedie Swisscom, UBS oder Ciba dieSchwelle für Traktandierungen in eige-ner Regie gesenkt.

Über die Generalversammlung hinausgibt es noch einige aktionärsfeindlicheRegulierungen, die einer Überarbei-tung bedürften: Dazu gehören etwa dieStimmrechtsaktien, die in der Schweiznach wie vor verbreitet sind. Sie erlau-ben es bestimmten Aktionären, mit ei-nem geringeren Kapitaleinsatz als dieübrigen Eigentümer entsprechendeStimmrechte zu besitzen. Stimmrechts-aktien schränken jedoch die Kapital-marktfähigkeit eines Unternehmensein und bieten letztlich doch keinenwirklichen Schutz vor feindlichen Über-

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SWX Group mittendrin 2004 37

vestoren tragen sich beim Kauf von Aktien nicht im Aktienregister der je-weiligen Firma ein, da sie nur an derRendite und Dividende, nicht aber amStimmrecht interessiert sind. Dadurchkönnen sie – solange nicht brieflichoder übers Internet abgestimmt wer-den kann – an der Generalversammlungnicht Einfluss nehmen und versäumenes so, wichtige Traktanden zu unter-stützen.

Bei vielen Schweizer Firmen liegt derAnteil an Dispoaktien zwischen zwan-zig und fünfzig Prozent. Darum prüfendie Behörden nun, ob nicht die Bankenihre Kunden dazu anhalten könnten,sich in den jeweiligen Aktienregisterneinzutragen. Eine andere Möglichkeitwäre, den Dispoaktionären keine Di-vidende mehr auszuzahlen. Experten bezeichnen eine solche Variante aller-dings als «Brachiallösung» die kapital-marktpolitisch nicht durchführbar wäre.

Im Zusammenhang mit der General-versammlung sollte der Gesetzgeberabklären, ob mit der Einladung undTraktandenliste an die Aktionäre auchdie Informationen kritischer Aktionäreverschickt werden könnten, wie das inden USA der Fall ist. Zudem wird mansich Gedanken darüber machen müs-sen, wie die Generalversammlung in Zukunft stattfinden soll. An Ideenmangelt es nicht. Die Voten reichenvon der «Abschaffung der Aktionärs-Chilbi» («Weltwoche»), verbunden mitder Möglichkeit einer brieflichenStimmabgabe, bis hin zur Inszenie-rung der «Fleisch und Spiele für dieShareholder» («Cash»).

Heute ist auch dem Umstand Rech-nung zu tragen, dass das Aktionariatvieler Firmen sehr international ist. Da-rum führt etwa der TechnologiekonzernABB seine Hauptversammlung zeit-gleich an mehreren Orten durch, dieper TV-Direktübertragung miteinander

verbunden sind. Gäbe es die Möglich-keit, übers Internet an einer General-versammlung teilzunehmen, würdensogar zwei Drittel aller Schweizer Ak-tionäre daran teilnehmen, wie eine Um-frage des Swiss Banking Institute inZürich ergeben hat.

Nicht ständig dreinredenDie Diskussion über die Aktionärskul-tur wirft auch die Frage auf, inwieweitsich Aktionäre zusammenschliessensollen, um ihre Anliegen durchzubrin-gen. Stiftungen wie Ethos oder Actaresofferieren bereits solche Dienste vordem Hintergrund einer nachhaltig undethisch verantwortungsvollen Aktio-närspolitik. In den Vereinigten Staatenkönnen Institutionelle ihre Aktionärs-rechte bereits durch professionelleStimmrechtsvertreter repräsentierenlassen.

«Reine Zweckbündnisse darf es abernicht geben», so Ulrich Grete, Chef desAHV-Ausgleichsfonds. «Denn jede Pen-

sionskasse, jeder Investor soll weiter-hin eigenständig bleiben und nach ei-genen Entscheiden abstimmen. Wennaber alle oder die meisten Aktionäreunabhängig voneinander zum gleichenSchluss kommen, wird an der Sacheetwas dran sein.»

Die Bestrebungen, die in den nächstenJahren zweifelsohne zu aktionärs-freundlicheren Rahmenbedingungenführen werden, dürfen den Anlegeraber nicht glauben lassen, er könne beiseiner Firma ständig dreinreden. Dasist nicht seine Aufgabe. Aktionärskul-tur heisst vielmehr, dass er sich für einen kompetenten und unabhängigenVerwaltungsrat einsetzt, der wiederumeine überzeugende Strategie verfolgtund dafür auch massvolle Manager ein-setzt. Mehr nicht. Aber das ist schonviel.

Aktienkultur in der Schweiz

In der Schweiz hielt die Aktienkultur vor allem in den neunziger Jahren Einzug. Dies ist

namentlich dem Schwyzer Financier Martin Ebner zu verdanken. Seine Forderungen nach

transparenten Firmenstrukturen, kleineren, professionellen Verwaltungsräten, effizienteren

Kontrollmechanismen in den Unternehmen (Corporate Governance) und Mehrwert für den

Aktionär (Shareholder Value) sind heute Allgemeingut. Die Rentenanstalt/Swiss Life, die

1997 ihren Kunden Aktien zuteilte, und der Börsengang der Swisscom ein Jahr später waren

weitere Meilensteine in der schweizerischen Aktienkultur. Ihren Höhepunkt erlebte sie im

Jahr 2000. Damals besass rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung Dividendenpapiere.

Der darauf folgende Börsencrash löste bei vielen Anlegern einen Schock aus.

2001 erlitt die Hälfte der Anleger einen Verlust auf den Aktienanlagen. Viele Kleinaktionäre

trennten sich von ihren Engagements. Innert zweier Jahre nahm die Zahl der Aktionäre in

der Schweiz um 400 000 Personen ab. Das Swiss Banking Institute der Universität Zürich geht

heute davon aus, dass ein Viertel der Bevölkerung zwischen 18 und 74 Jahren oder rund

1,26 Millionen Schweizerinnen und Schweizer Aktien besitzen, vornehmlich Schweizer Blue

Chips – das sind Titel von bekannten, grosskapitalisierten Unternehmen, wie Nestlé,

Novartis oder UBS.

Claude Baumann ist Wirtschaftsredaktor

bei «FACTS».

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miesuisse, www.economiesuisse.ch

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Corporate Governance)2 Vgl. http://www.bj.admin.ch (Einführung; Stand der Arbeiten,

Materialien und Dokumentation)3 Vgl. http://www.oecd.org/publications (Documents)4 Vgl. http://www.treuhand-kammer.ch/management/file/ACF4C0F. pdf

(zum Sarbanes-Oxley Act)

5 Vgl.http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/company/com

pany/modern/index.htm 6 Vgl. http://www.bj.admin.ch/themen/rrg/intro-d.htm 7 Vgl. http://www.bj.admin.ch/themen/corpgov/zber-d.pdf 8 Vgl. http://www.bj.admin.ch/d/index.html

(Rechtsetzung; Wirtschaft & Handel; Transparenz)

Rechnungslegungsstandards – Ein wichtiger Pfeiler der Grossbau-

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- Swiss GAAP FER Fachempfehlungen zur Rechnungslegung,

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- Ann-Kristin Achleitner, Giorgio Behr, International Accounting

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- Peter Böckli, Einführung in die IAS, Zürich: 2000

- Stephan Glanz, Prinzipien der Konzernrechnungslegung,

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- Luzi Hail, Conrad Meyer, Abschlussanalyse und Unternehmens-

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Hannes Schobinger, Diplomarbeit, Universität Zürich: 2003

- «Schafft diese Aktionärs-Chilbi ab!», Dominik Flammer, in

«Die Weltwoche», Februar 1998

- «Fleisch und Spiele für die Shareholder», Susanne Rohmund, in

«Cash», Juni 2001

- «Gefragt ist jetzt Aktionärsdemokratie», Walter Wittmann, in

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- Anlagestiftung für nachhaltige Entwicklung Ethos,

www.ethosfund.ch

- Center for Corporate Responsibility and Sustainability (CCRS),

http://www.ccrs.unizh.ch

- Stuart L. Gillan/Laura T. Starks: A Survey of Shareholder Activism

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- Robert A.G. Monks, The Need for Shareholder Activism (1996),

http://www.ragm.com/archpub/ragm/value_added.html

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