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business WING ISSN 0256-7830; 43. Jahrgang, Verlagspostamt A-8010 Graz; P.b.b. 02Z033720M 3/10 Effektivität vor Effizienz im Energiebereich Seite 14 Herausforde- rungen bei der Integration er- neuerbarer Ener- gien… Seite 6 Das Energiepenta- gon - Ein ganzheit- licher Energiema- nagement-Ansatz Seite 10 Energiemanagement

WINGbusiness Heft 03 2010

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Page 1: WINGbusiness Heft 03 2010

businessWINGISSN 0256-7830; 43. Jahrgang, Verlagspostamt A-8010 Graz; P.b.b. 02Z033720M

3/10

Effektivität vor Effizienz im Energiebereich

Seite 14

Herausforde-rungen bei der Integration er-neuerbarer Ener-gien… Seite 6

Das Energiepenta-gon - Ein ganzheit-licher Energiema-nagement-Ansatz

Seite 10

Energiemanagement

Page 2: WINGbusiness Heft 03 2010

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Page 3: WINGbusiness Heft 03 2010

3WINGbusiness 3/2010

Energiemanagement

EDItorIAl

Liebe Leserin, lieber Leser,

unsere moderne Gesellschaft und Wirtschaft hängt in einem Ausmaß wie nie zuvor von Energie ab. Nicht nur, dass wir aufgrund der rasch wachsenden Weltbevölkerung immer mehr Energie benötigen, es haben sich auch unsere Lebensgewohnheiten geändert und damit eine Infrastruk-tur geschaffen, deren Betrieb darüber hinaus einen weiteren, starken Anstieg des Energiebedarfs erwarten lässt. Zurzeit nutzen westliche Industrieländer das 25- bis 50-fache an En-ergie im Vergleich zu sogenannten Entwicklungsländern. Im Zuge der Globalisierung wird sich auch das sicher än-dern und diese Länder werden aufholen.

Bis auf Sonnen- und Erdwärme sowie die damit verwandten Sekundärenergieformen, wie Wind und Wasserkraft, sind unsere Energiequellen nicht erneuerbar. Leider decken wir heute rund 75 % unseres Energiebedarfs mit nicht erneuer-baren Energieträgern, die wir vorzugsweise dazu auch noch verbrennen. Im Besonderen unsere fossilen Brennstoffe ge-hen in absehbarer Zeit zur Neige. Als Konsequenz, sucht man beispielsweise an allen möglichen Stellen nach unent-deckten Erdölreserven – mit oft desaströsen Ausmaßen für die Umwelt, wie zuletzt im Golf von Mexico.

Energie ist für unsere Gesellschaft neben der Umwelt, in der wir leben, eine der wichtigsten und wertvollsten Ressourcen geworden und verpflichtet uns zur sinnvollen und nachhal-tigen Bewirtschaftung dieser Ressource. Dies gilt sowohl für unsere Generation als auch für unsere Kinder und Kindes-kinder.

Dabei fällt mir, trotz des Ernstes der Lage ein Beitrag des österreichischen Kabarettisten Andreas Vitasek ein, der ge-meint hat: „Es ist schon richtig, dass wir uns die Welt von unseren Kindern nur geborgt haben. Aber haben Sie schon je einmal etwas, beispielsweise ein Buch, in einem besseren Zustand zurückbekommen als sie es her geborgt haben? Und überhaupt: geborgt ist geborgt!“.So lustig wie auf der Kabarettbühne ist die Realität leider nicht - und angesichts der sich verknappenden Energieres-sourcen besteht akuter Handlungsbedarf. Was können wir als Wirtschaftsingenieure zur Energiethe-matik beitragen?

Eine ganze Menge glaube ich. Einerseits können wir als In-genieure unseren Beitrag dazu leisten, energieeffiziente Ma-schinen zu bauen, alternative Energie nutzbar zu machen und andererseits dabei helfen, Energie effizient und wirt-schaftlich einzusetzen.Es werden von uns Konzepte benötigt, die über Atomstrom betriebene und von Energiekonzernen beworbene Elek-trofahrräder hinausgehen. Erfreulicherweise ist heute das Bewusstsein für effiziente und verantwortungsvolle Ener-gienutzung deutlich gestiegen. Dass die angesprochenen Elektrofahrräder nicht der Weisheit letzter Schluss sind, steht außer Frage.

Daher haben wir uns entschlossen, dieses Heft unter das Motto „Energiemanagement“ zu stellen, und das Thema von verschiedenen Seiten zu beleuchten.

Unser erster Beitrag dazu stammt von Dipl.-Ing. Dr. Udo Bachhiesl und Dipl.-Ing. Dr. Christoph Gutschi vom Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation der TU Graz und beschäftigt sich mit den Herausforderungen bei der Integration erneuerbarer Energien in Europa.

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Posch vom Institut für Wirtschafts- und Betriebswissenschaften der Montanuniversität Leoben, stellt in seinem Beitrag mit dem „Energiepentagon“ einen ganzheitlichen Energiemanagement-Ansatz auf Basis der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre vor.

Herr Dipl.-Ing. Georg Premm, Assistent am Institut für Industriebetriebslehre und Innovationsforschung der TU Graz, stellt in seinem Beitrag mit dem provokanten Titel „Effektivität vor Effizienz im Energiebereich“ Überlegungen zur strategischen Orientierung im betrieblichen Energiema-nagement an.

Die beiden Autoren Dipl.-Ing. Alexander Rabengruber und Dipl.-Ing. Selina Künstle von Institut für Wirtschafts- und Betriebswissenschaften der Montanuniversität Leoben, stellen in ihrem Artikel die, zur Erreichung der energiepo-litischen Ziele der EU im Jahre 2009 eingeführten, europä-ischen Energiemanagementnorm EN 16001 vor und diskutie-ren ihre Vorteile für Unternehmen.

Den Abschluss zu diesem Thema bildet ein Fachbeitrag in dem die Auswirkungen der EU-Gesetzgebung auf die Öster-reichische Energiestrategie aus Sicht der Unternehmensbera-tung A.T. Kearny von Dipl.-Ing. Dr. Florian Haslauer, Leiter der “European Energy Practice”, Mag. Isabella Grahsl und Dipl.-Ing. Dr. Eva Schiefer vorgestellt werden.

Ich hoffe, dass Ihnen die Artikel, die wir in diesem Heft für Sie zusammen-gestellt haben, gefallen und verbleibe im Namen des Redaktionsteams mit freundlichen Grüßen,

Ihr Sieg fried Vössner

WINGbusiness

o.Univ.-Prof.

Dipl.-Ing. Dr.

Siegfried Vössner

Page 4: WINGbusiness Heft 03 2010

4

toP-tHEMA: Energiemanagement

Udo Bachhiesl, Christoph GutschiHerausforderungen bei der Integration erneuerbarer Energien in Europa 6

Wolfgang PoschDas Energiepentagon 10Ein ganzheitlicher Energiemanagement-Ansatz

Georg PremmEffektivität vor Effizienz im Energiebereich 14Zur strategischen orientierung im betrieblichen Energiemanagement

Alexander Rabengruber, Selina KünstleDie Energiemanagementnorm EN 16001 im Kontext der energiepolitischen Ziele der EU 17

Florian Haslauer, Isabella Grahsl, Eva SchieferEnergiepolitische rahmenbedingungen für die Energiezukunft in Österreich 21Auswirkungen der EU-Gesetzgebung auf die Österreichische Energiestrategie

WINGbusiness 3/2010

Page 5: WINGbusiness Heft 03 2010

Inhaltsverzeichnis

EDItorIAl Energiemanagement 3

WING/WINGNEt Ingrid Gumpesberger Sommerfest 2010 des WING und WINGnet Graz 20

WINGNEt Christoph Sadei, Thomas Guerra EStIEM XXXIX Council Meeting Zürich, Autumn 2009 24

WING-Paper Bernd M. Zunk, Günther Sammer, Gunter Nitsche Vertragsrechtliche teilaspekte zu Gestaltung und Management von Einkäufer- Verkäuferbeziehungen im technologieumfeld 2� Ökonomisch-rechtliche Fragestellungen, empirische Ergebnisse und Managementimplikationen

UNINACHrICHtEN Julia Sattlegger t3UG „teens treffen technik“ 33

FACHArtIKEl Gerhard Himmer In der Vielfalt vereint 34 Warum müssen Autos eigentlich schwarz sein?

CAll for PAPErS themenschwerpunkt: Nachhaltige Produktion 37in WINGbusiness Heft 04/2010

MEDIENCorNEr Buchrezensionen 38

FACHArtIKEl Bruno Hake Die Methodik der länderrisiko Analyse 40

Haben die PIGS-länder noch Chancen?

PrESSE-INFo Presse-Info 42

IMPrESSUM Impressum 42

WINGbusiness 3/2010

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6 WINGbusiness 3/2010

toP-tHEMA

Udo Bachhiesl, Christoph Gutschi

Herausforderungen bei der Integration erneuerbarer Energien in EuropaDer fortschreitende Klimawandel und die steigende Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern sind enorme Herausforderungen für die Europäische Union im Energiebereich. Elektrische Energie ist hinsichtlich einer si-cheren und zuverlässigen Energieversorgung von höchster Priorität. Ihre Bedeutung wird in Zukunft weiterhin zunehmen, wie beispielsweise der verstärkte Einsatz von Wärmepumpen im Gebäudebereich oder die aktuellen Aktivitäten im Bereich Elektromobilität zeigen. Die Bedeutung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist aus diesen Gründen zunehmend, wobei künftig vor allem auf die Integration in das europäische Elektrizitäts-system und auf eine volkswirtschaftlich optimale Förderung besondere Aufmerksamkeit gelegt werden sollte.

Herausforderungen für die EU

Global betrachtet führen das ungebro-chene Bevölkerungswachstum sowie die knapper werdenden fossilen Res-sourcen unter der Berücksichtigung der unterschiedlichen geografischen Verteilung von Bedarf und Vorkom-men zu einem verschärften Wettbe-werb der weltweiten Wirtschaftsräume um Energierohstoffe. Begleitet werden diese Entwicklungen von der Notwen-digkeit, dem fortschreitenden Klima-wandel auf weltweiter Ebene künftig noch entschlossener entgegenzutreten.

Die beschriebenen Herausforde-rungen im Energiebereich sind für die Europäische Union von höchster Bedeutung, da Europa über wenige

eigene Energieressourcen verfügt und somit in hohem Maße von Energieim-porten aus anderen Weltregionen ab-hängig ist. Diese Abhängigkeit könnte ohne entsprechende Gegenmaßnah-men von derzeit ca. 50 % auf über 70 % ansteigen. Dies ist strategisch für eine der global bedeutendsten Wirtschafts-regionen längerfristig nicht tragbar, was beispielsweise durch die Probleme im Zusammenhang mit der Gasversor-gung in der jüngeren Vergangenheit unterstrichen wird.

Längerfristig ist eine höhere Import-abhängigkeit für die EU nicht tragbar

Die Europäische Union hat diese Pro-blematiken erkannt und entsprechende

Gegenmaßnahmen eingeleitet. Im Rah-men der aktuellen EU-Energiestrategie sollen bis zum Jahr 2020 die Treibhaus-gasemissionen um 20 % reduziert, der Anteil erneuerbarer Energieträger auf 20 % gehoben, die Energieeffizienz um 20 % verbessert und der Anteil alterna-tiver Kraftstoffe und Antriebe auf 10 % gehoben werden.1 Die genannten Ziele sind global be-trachtet in dieser Dimension einzigar-tig und die EU nimmt somit eine wich-tige Vorreiterrolle ein.

Wichtigstes Augenmerk wird al-lerdings auf die Umsetzung der zahl-

1 Klima- und Energiepaket: vom Euro-päischen Parlament am 17. Dezember 2008 verabschiedet

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toP-tHEMA

reichen Maßnahmen zu legen sein, damit die gesetzten Ziele auch tatsäch-lich erreicht werden. Einerseits sind die Umsetzungsprozesse im Sinne der En-ergieinnovation optimal zu gestalten, aber andererseits müssen auch die Rah-menbedingungen so gestaltet werden, dass die Ziele möglichst kosteneffizient erreicht werden, um im globalen wirt-schaftlichen Wettbewerb nicht ins Hin-tertreffen zu gelangen.

Besonderheiten der elektrischen Energie

Die möglichst sichere, ausreichende, kostengünstige und umweltschonende sowie sozialverträgliche Bereitstellung von Energie ist von zentraler Bedeu-tung für Gesellschaft und Wirtschaft.

Der elektrischen Energie kommt da-bei eine besondere Bedeutung zu. Elek-trische Energie kann aus allen Primär-energien hergestellt und auch in alle anderen relevante Energieformen um-gewandelt werden. Beispielsweise wird der elektrischen Energie in den beiden größten Verbrauchsbereichen, nämlich Mobilität und Gebäude, eine zentrale zukünftige Rolle zugesprochen; einer-seits im Mobilitätsbereich durch die zahlreichen Initiativen im Hinblick auf die Elektrifizierung des Antriebsstran-ges (Elektromobilität) und anderer-seits im Gebäudebereich, da aufgrund des zu erwartenden stark rückläufigen Heizenergiebedarfs künftiger Gebäude Wärmepumpenanwendungen (Behei-zung, Klimatisierung bzw. kontrol-lierte Wohnraumbelüftung) stark im Kommen sein werden.

Es ist dabei allerdings zu berücksich-tigen, dass elektrische Energie netzge-bunden und im großen Maßstab nur schwer speicherbar ist und daher im Moment des Bedarfs auch entspre-chend bereitgestellt werden muss. Um die Versorgungssicherheit gewährleis-ten zu können, erfordert dies ein ent-sprechend ausgelegtes und betriebenes Elektrizitätssystem. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass für den Aufbau und Erhalt des Systems entsprechend kapitalintensive Infrastruktur-Inves-titionen (z.B. Neubau und Ersatz von Kraftwerken und Netzen) erforderlich sind und diese Infrastrukturen zumeist eine besonders lange Lebensdauer auf-weisen.

Elektrische Energie gewinnt künftig an Bedeutung

ATLANTIS: Simulationsmodell der euro-päischen Elektrizitätswirtschaft

Um das komplexe Elektrizitätssystem möglichst sicher und technisch als auch wirtschaftlich effizient betreiben zu können, bedarf es entsprechender Rahmenbedingungen und Rege-lungen. Eine bedeutende Herausforde-rung besteht darin, die zu setzenden Regeln vorab entsprechend zu über-prüfen, ob die erwünschten Effekte in der praktischen Umsetzung auch wirk-lich eintreten und welche technischen, ökonomischen und auch ökologischen Wirkungen damit verbunden sind.

Zu diesem Zwecke wurde am Ins-titut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation der Technischen Universität Graz in den letzten Jahren unter eigenfinanziertem Einsatz von rund 30 Personenjahren das Simulati-onsmodell ATLANTIS entwickelt.

Dieses Modell erlaubt die Simulation von definierten Entwicklungsszenarien für die europäische Elektrizitätswirt-schaft für die kommenden Jahrzehnte.

Um derartige Szenariorechnungen durchführen zu können, wurde das eu-

ropäische Elektrizitätssystem technisch (Erzeugung, Übertragung, Verbrauch, Emissionen) als auch wirtschaftlich (Elektrizitätsunternehmen, Börsen) ab-gebildet.

Die technische Umsetzung umfasst einerseits den europäischen Kraft-werkspark (mehr als 6.000 Erzeugungs-einheiten mit einer Leistung über zwei MW) und andererseits das Übertra-gungsnetz als Bindeglied zwischen Erzeugung und Bedarf (ca. 4.800 abge-bildete Leitungselemente). Abbildung 1 gibt einen Überblick über das model-lierte Elektrizitätssystem in Kontinen-taleuropa.

Die Zusammenführung von Erzeu-gung, Übertragung und Bedarf erfolgt dabei über insgesamt 2.500 Netzknoten. Um entsprechende Aussagen über die Wirkung von regulatorischen Maßnah-men auf Unternehmensebene treffen zu können, wurden zusätzlich die be-deutendendsten Elektrizitätsunterneh-men jeden Staates mit ihren Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen abgebildet. In ihrer Gesamtheit erge-ben diese für volkswirtschaftliche Be-trachtungen die gesamte Branche der Elektrizitätswirtschaft.

Abbildung 1: In ATLANTIS abgebildete Kraftwerke und Höchst-spannungsleitungen2

_____________2 Gutschi, Bachhiesl et al: „ATLANTIS – Simulationsmodell der europaischen Elektrizitatswirtschaft bis 2030“,Elek-trotechnik & Informationstechnik (2009) 126/12: 438–448

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toP-tHEMA

Strom aus erneuerbaren Energien in Europa

Wie bereits dargelegt kommt den er-neuerbaren Energien speziell in Europa eine besondere Bedeutung zu. Die Ent-wicklung in der EU zeigt einen stetigen Anstieg des gesamten Aufkommens.

Die Möglichkeiten der Stromerzeu-gung aus erneuerbaren Energien sind sehr vielfältig und reichen von Wasser-kraft, Windkraft, Biomasse und Biogas bis hin zu Geothermie und Photovolta-ik. Diese zahlreichen Erzeugungsmög-lichkeiten sind hinsichtlich ihrer sys-temischen Wirkungen allerdings auch sehr unterschiedlich zu beurteilen. Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich aus der Erzeugungscharakteristik. Be-stimmte erneuerbare Energien können bedarfsgerecht eingesetzt werden (z.B. Biomasse), andere sind stark vom ent-sprechenden Dargebot abhängig (z.B. Windenergie oder Photovoltaik). Un-tersuchungen für Deutschland zeigen beispielsweise, dass die gesamte Sum-menleistung aller installierten Wind-

kraftanlagen binnen kurzer Zeit von

maximaler Erzeugung auf einen Mi-nimalwert fallen kann und diese Leis-tungsdifferenz im Gesamtsystem ent-sprechend ausgeglichen werden muss. Handelt es sich lediglich um wenige Einzelanlagen, so ist dies vom Gesamt-system leicht zu verkraften, im Falle Deutschlands sind derzeit bereits mehr als 25 GW an Windkraftanlagen instal-liert3, wodurch eine entsprechende Ka-pazität an anderen schnell regelbaren Kraftwerken, v.a. Speicherkraftwerken und Gaskraftwerken, erforderlich wird (siehe Abbildung 2).

Die Entwicklung der Stromerzeu-gung aus erneuerbaren Energien wird künftig stark vorangetrieben werden müssen und dabei zeichnen sich in bestimmten Bereichen Problemstellun-gen ab. So ist beispielsweise die Akzep-tanz in der Bevölkerung in manchen Fällen nicht mehr vorhanden (z.B. für weiteren Windkraftausbau am Fest-land in Deutschland), was die Reali-sierung konkreter Projekte verzögern kann. Ein weiterer Grund für die Stei-gerung der Bedeutung von Akzeptanz-

fragen bei Infrastrukturinvestitionen im Bereich erneuerbarer Energien ist darin zu sehen, dass auch bei „sich er-neuernden Energien“ die konkreten Standorte mit den entsprechenden Bedingungen für einen möglichst wirt-schaftlichen Anlagenbetrieb begrenzt sind. Schon alleine aus diesem Grunde heraus ist es erforderlich, dem Thema

Energieeffizienz ebenfalls eine höhere Bedeutung zu geben.

In Österreich hat sich gezeigt, dass die mühsam erreichten Anteile an Ökostrom in der gesamten Stromer-zeugung durch die durchschnittliche jährliche Bedarfssteigerungsrate von etwa 2 % pro Jahr wieder relativiert werden. Österreich ist durch die güns-tige Lage am Alpenbogen prädestiniert für eine intensive Nutzung der Wasser-kraft und ein entsprechender Ausbau unter Berücksichtigung ökologischer Randbedingungen ist grundsätzlich als sehr positiv zu beurteilen.

Ein weiterer Punkt betrifft die wirtschaftliche Effizienz. Die Erzeu-gungskosten von Strom aus erneuer-baren Energiequellen liegen oftmals deutlich über dem Marktpreis. Um die angestrebte Ausweitung der Ökostrom-erzeugung zu erreichen, ist daher eine entsprechende Förderung erforderlich. Die Fördermöglichkeiten für Strom aus erneuerbaren Energien sind sehr vielfältig und umfassen institutionelle Instrumente (ordnungspolitisch oder organisatorisch), monetäre Instrumen-te (einnahmenwirksam, ausgabenwirk-sam, nicht-fiskalisch etc.), Maßnahmen der Mengensteuerung (Ausschreibungs-modelle, Quotenmodelle), Förderpro-gramme und freiwillige Maßnahmen.

Die Wirkungsweisen und damit die zu erzielenden konkreten Erfolge – nämlich die Steigerung der Öko-stromerzeugung – sind dabei sehr un-terschiedlich. Weltweit und in Europa haben sich dabei im Wesentlichen zwei Fördersysteme etabliert, nämlich das Einspeisetarifsystem und Quotenmo-delle. Abbildung 3 zeigt die in Europa eingesetzten Fördermodelle und es ist die sehr unterschiedliche Anwendung der Fördermodelle auffallend, wobei die konkreten Ausgestaltungen in den einzelnen Staaten auch beim Einsatz eines vom Grunde her gleichen Mo-dells (z.B. Einspeisetarifsystem) unter-schiedlich sind. Dies betrifft beispiels-weise Parameter wie die Förderdauer, Förderhöhe oder Differenzierungen des Fördertarifes nach spezifischen An-lagenkriterien (z.B. Anlagengröße).

Der möglichst effiziente Einsatz der vorhandenen Mittel ist nicht nur in wirtschaftlich schwierigen Zeiten von oberster Priorität. Dies trifft im Beson-

Call for Papersthemenschwerpunkt: Energiemanagement

in WINGbusiness 03/2010

Beschreibung

Für die Ausgabe 03/2010 laden wir Autoren ein, wissenschaftliche Arti-kel (WINGPaper) zum Thema „Ener-giemanagement“ zu verfassen.Das Energiemanagement umfasst seit jeher die Energieversorgung, die die notwendige Basis für die Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft ist. Die Entwicklung der Energiepreise und der Klimawandel zwingt bisherige Lösungsansätze zu überdenken. Die Gestaltung optima-ler Rahmenbedingungen für erneu-erbare Energien, die Entwicklung des europäischen Kraftwerkspark, Stra-

tegien für den Klimawandel sind un-teranderem Themenbereiche, die von Interesse sind. Speziell Zukunftssze-narien der Elektromobilität, der ös-terreichischen Energiewirtschaft oder für den gesamten Energiemarkt sind Herausforderungen, die mit Spannung verfolgt werden.Mit dem Schwerpunkt „Energie-management“ soll den Lesern im 3. WINGbusiness im Jahr 2010 ein Ein-blick in diese spannenden Themenbe-reiche gegeben werden.

Hinweise für Autoren:

Vorlagen zur Erstellung eines WING-papers und konkrete Layout-Richtli-nien sind als Download unter:http://www.wing-online.at/services/wingbusiness/medienfolder.htmloder per E-Mail verfügbar.

Autoren können ihre Beiträge zum Themenschwerpunkt als PDF an [email protected] übermitteln. Die Ergebnisse des Reviews werden dem Autor innerhalb von 4-8 Wo-chen nach Einsendung des Artikels zugestellt.

Annahmeschluss: 25.07.2010

Abbildung 2: Summenganglinie der Windstromeinspeisung in Deutschland 20084

____________________3 zum Vergleich: die Spitzenlast in Ös-terreich beträgt ca. 9 GW und die ge-samte installierte Kraftwerkskapazität ca. 18 GW4 Windmonitor des Fraunhofer-Insti-tute for Wind Energy and Energy Sys-tem Technology

Page 9: WINGbusiness Heft 03 2010

9WINGbusiness 3/2010

toP-tHEMA

Dipl.-Ing. Dr.

Christoph Gutschi

Assistent am Institut für Elektrizitätswirt-schaft und Energiein-novationtU Graz

deren auch auf die eingesetzten Förder-mittel zur Steigerung der Ökostromer-zeugung zu und in diesem Sinne bietet die aktuelle EU-Richtlinie zur Förde-

rung erneuerbarer Energien6 erste kon-krete Möglichkeiten, allerdings müssen diese auch in den Mitgliedsstaaten ent-sprechend umgesetzt werden.

Dipl.-Ing. Dr.

Udo Bachhiesl

Assistent am Institut für Elektrizitätswirt-schaft und Energiein-novationtU Graz

Volkswirtschaftlich effizienter Mitte-leinsatz zur Förderung Erneuerbarer Energien ist oberstes Gebot

Die dargelegten Fragen hinsichtlich Systemintegration und effizienten För-dermodellen sind aktuelle Forschungs-fragen am Institut für Elektrizitäts-wirtschaft und Energieinnovation und werden mit Hilfe von Simulationsrech-nungen mit dem vorgestellten Elektri-zitätswirtschaftsmodell ATLANTIS näher untersucht um seitens der Wis-senschaft einen entsprechenden Beitrag zur positiven Entwicklung des europä-ischen Elektrizitätssystems zu leisten.

Autoren

Dipl.-Ing. Dr.techn. Udo BachhieslJahrgang 1975Assistent am Institut für Elektrizitäts-wirtschaft und Energieinnovation Dipl.-Ing. Dr.techn. Christoph GutschiJahrgang 1975Assistent am Institut für Elektrizitäts-wirtschaft und Energieinnovation

Abbildung 3: Fördermodelle in Europa (mittelgrau: Einspeisetarife, dunkelgrau: Quotenmodelle, hellgrau: Investitionshilfen)5

_____________________5 OPTRES / futures-e6 Richtlinie 2009/28/EG des Europä-ischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen

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10 WINGbusiness 3/2010

toP-tHEMA

Wolfgang Posch

Das EnergiepentagonEin ganzheitlicher Energiemanagement-Ansatz

In dieser Abhandlung wird ein Energiemanagement Modell auf Basis der entscheidungsorientierten Betriebs-wirtschaftslehre vorgestellt, das die für einzelne Industriebetriebe maßgeschneiderte Implementierung eines ganzheitlichen Energiemanagementsystems ermöglicht. Das Modell weist drei Dimensionen auf. In der ers-ten Dimension werden die drei Managementebenen – normativ, strategisch und operativ – abgedeckt, in der zweiten erfolgt die Segmentierung in die fünf Managementfunktionen Planung, Organisation, Perso-nalführung, Information sowie Kontrolle und in der dritten Dimension wird das dynamische Element der Entwicklung abgebildet. Dieser generische, an den allgemeinen Managementfunktionalitäten ausgerichtete Ansatz lässt sich ausgezeichnet in das Unternehmen sowie die energiewirtschaftlich relevante Umwelt inte-grieren und resultiert in einer hohen Kompatibilität mit anderen Managementsystemen des Unternehmens.

Neue Anforderungen

Am Ende ihres vielbeachteten Artikels „The End of Cheap Oil“ stellen Camp-bell und Laherrére im Jahr 1998 kurz und bündig fest: „…The world is not running out of oil – at least not yet. What our society does face, and soon, is the end of the abundant and cheap oil on which all industrial nations de-pend.”1 Wenngleich die in diesem Ar-tikel erfolgte Datierung mit 2010 als spätesten Zeitpunkt für das damit an-gedeutete weltweite Fördermaximum von konventionellem Erdöl zwischen-zeitlich nicht mehr aufrecht zu halten ist2, so sind hohe Energiepreise (oft auch in Verbindung mit dem Emis-sionshandel) und die Energieversor-gungssicherheit tatsächlich weltweit

1 Zit. Campbell (1998), S. 832 Vgl. Smil (2005), S. 210 ff.

zu Vorstandsthemen in vielen Unter-nehmen avanciert. Damit tritt zu einer bisher zumeist rein technisch orien-tierten Betrachtungsweise energiewirt-schaftlicher Aspekte in Unternehmen auch eine stark betriebswirtschaftliche Komponente hinzu, die zunehmend die Managementaspekte dieses Themas in den Vordergrund stellt.

Dies erfordert ein auf die Gestal-tung, Lenkung und Entwicklung der Energiewirtschaft ausgerichtetes ganz-heitliches Energiemanagementsystem, das die damit verbundenen Anforde-rungen erfüllt und dabei auch Manage-mentinstrumente zur Verfügung stellt, die sich zur Beherrschung der jüngsten Entwicklungen in den Energiemärkten eignen (beispielsweise der Umgang mit der Liberalisierung leitungsgebundener Energiemärkte,…).

Betriebliches Energiemanagement

Durch die Einbindung der Energie-wirtschaftsziele in die Zielpyramide des Unternehmens erfolgt eine auto-matische Ausrichtung der energiewirt-schaftszielorientierten Tätigkeiten an den Unternehmenszielen. Die Energie-managementfunktion als Gesamtheit der einzelnen im Energiemanagement-system gebündelten Funktionen (Pla-nung, Organisation, Personal, Informa-tion, Kontrolle) steht zu den originären energiewirtschaftlichen Funktionen (z. B.: Energieeinkauf, -umwandlung, -nutzung,…), die in der innerbetrieb-lichen Energiewertschöpfungskette er-fasst sind, in einem komplementären Verhältnis.3 Sie kann als Querschnitts-funktion betrachtet werden, die in alle originären energiewirtschaftlichen

3 Vgl. Wohinz (1989)

Page 11: WINGbusiness Heft 03 2010

11WINGbusiness 3/2010

toP-tHEMA

Funktionen steuernd eingreift. Da-durch ist sichergestellt, dass sowohl alle Aspekte des Managements als auch alle Aspekte der energiewirtschaftlichen Wertschöpfung abgedeckt sind.

Durch die Nutzung der den Ener-giemanagementfunktionen inhärenten Koordinationswirkung und den zu-sätzlichen Einsatz sogenannter über-greifender Koordinationsinstrumente4 wird nicht nur ein gesamtheitlicher, intra-energiewirtschaftlicher Fit erzielt sondern auch eine Einbindung in das Unternehmen und die energierelevante Umwelt ermöglicht. Zusätzlich führt die Energieentwicklung als dynamische Komponente des Energiemanagement-systems zu einem kontinuierlichen Ab-gleich mit den im Rahmen der Unter-nehmensentwicklung durchlaufenen Abschnitten des Unternehmenslebens-zyklus5 und den maßgeblichen Ände-rungen der energierelevanten Umwelt.

Das Energiepentagon Modell

Das auf Basis mehrjähriger Forschungs-arbeiten entwickelte Energiepentagon Modell6 trägt all den oben angeführten, erforderlichen Charakteristika Rech-nung und dient als Ausgangspunkt für den Aufbau maßgeschneiderter

4 Vgl. Küpper (2001), S. 3135 Vgl. Bleicher (2004), S. 529 ff.6 Siehe Posch (2010)

Energiemanage-m e n t s y s t e m e für einzelne Unternehmen. Es weist drei D i men s ionen auf (siehe Abb. 1). In der ersten Dimension wer-den die drei Ma-nagementebe -nen – normativ, strategisch und operativ – ab-gedeckt, in der zweiten erfolgt die Segmen-tierung in die fünf Manage-mentfunktionen Planung, Orga-nisation, Perso-nalführung, In-formation sowie Kontrolle und in

der dritten Dimension wird das dyna-mische Element der Entwicklung abge-bildet. Durch die Übereinanderlegung der Modelldimensionen erhält man die einzelnen Elemente des Modells. Diese können als Managementfunktion auf einer bestimmten Managementebene verstanden werden, wobei der Aspekt der übergreifenden Koordinierung und der Entwicklung als jeweils zu-

sätzliches Element betrachtet werden. Fasst man ferner auf normativer Ebene die Managementfunktionen als Ener-

giepolitik zusammen, erhält man eine Systematik von dreizehn eng miteinan-der in Beziehung stehenden Elementen (siehe Abb. 2).

Stellt man das die normative Ebene abdeckende Element der Energiepolitik in die Mitte des Energiemodells und ordnet die fünf Managementfunkti-onen Planung, Organisation, Personal-führung, Information und Kontrolle rund um die Energiepolitik an, resul-tiert daraus die Form eines Pentagons (siehe Abb. 3). Die zentrale Position der Energiepolitik entspricht ihrer be-sonderen Aufgabe als Kristallisations-punkt der Integration. Dies resultiert aus der sinnstiftenden Funktion, die die Energiepolitik nicht nur zum Aus-gangspunkt des intrafunktionalen Fits macht, sondern auch – ausgedrückt in der Verschmelzung der fünf Manage-mentfunktionen auf normativer Ebene – einen starken Einfluss auf den inter-funktionalen Fit ausübt und zusätzlich in großem Umfang zum Fit mit dem übergeordneten System beiträgt, indem im Rahmen der Energiepolitik eine Überführung der Unternehmensziele in energiewirtschaftliche Rahmenziele stattfindet und die Unternehmens-kultur über die Sinnstiftung in die Ausgestaltung der Energiewirtschaft einfließt. Die fünf peripher angeord-neten Managementfunktionen decken sowohl die strategischen, effektivitätso-

rientierten als auch die operativen, effi-zienzorientierten Aspekte ab und sind als Netzwerk miteinander verknüpft.

Abb. 1: Dimensionen des Energiepentagon Modells

Abb. 2: Elemente des Energiepentagon Modells

Page 12: WINGbusiness Heft 03 2010

12 WINGbusiness 3/2010

toP-tHEMA

Diese Koordinierungsaufgabe wird einerseits durch die Funktionen selbst geleistet und andererseits noch durch übergreifende Koordinierungsinstru-mente (z. B. Kennzahlensystem inklu-sive Balanced Scorecard, Budgetierung, interne Leistungsverrechnung, …) ver-stärkt.

Die Dynamisierung des Modells er-folgt durch das Entwicklungselement, das – vor allem fußend auf der Ener-gieinnovation7 – die Selbstentwick-lungskraft und Anpassungsfähigkeit an ein sich im Verlauf der Zeit änderndes Umfeld (sowohl das Unternehmen selbst als auch das energetisch relevante Umfeld) sicherstellt. Ähnlich wie bei der Koordination, wo die fünf Manage-mentfunktionen bereits einen großen Anteil an der gesamten, durch übergrei-fende Koordinationsinstrumente ver-vollständigten Koordinationsleistung haben, tragen diese Managementfunk-tionen auch zur Entwicklung einen wesentlichen Anteil bei, der durch die Energieinnovation komplettiert wird. In besonderem Maße wird dies bei der ex ante Kontrolle sichtbar, die in ihrer Funktion als Prämissenkontrolle den Fit zwischen strategischen Planungs-prämissen und tatsächlicher Umfeldsi-tuation zum Inhalt hat und damit ein Gradmesser des Änderungsbedarfs ist.

Systemintegration

Als Subsystem ist die Energiewirtschaft in das Unternehmen eingebettet, wo-bei eine weiterführende Integration des Energiemanagementsystems mit dem Managementsystem des Unternehmens durch die sich im Modellaufbau des

7 Vgl. Posch (2006)

Energiepentagons widerspiegelnde Re-kursivität über die Systemhierarchien hinweg gegeben ist. Überdies stellt das Energiepentagon auch die Schnittstelle des Unternehmens mit dem energe-tisch relevanten Umfeld dar. Dadurch erfolgt eine direkte Harmonisierung des Subsystems Energiewirtschaft mit

dem energiewirtschaftlich relevanten Unternehmensumfeld und gleichzeitig wird die energetische Anpassung an das Unternehmen weitergegeben, was zur Anpassung des Gesamtunternehmens an Änderungen des energetischen Um-felds führt.

Der generische, an den allgemei-nen Managementfunktionalitäten ausgerichtete Ansatz resultiert in ei-ner hohen Kompatibilität mit anderen Managementsystemen des Unterneh-mens. Insbesonders ist dabei an eine Absorptionsintegration in die in vie-len Unternehmen bereits bestehenden HSEQ-Systeme, die sich häufig an den Standards der Umwelt- oder Qualitäts-managementsysteme nach ISO orien-tieren, zu denken. Sicherlich wird der sich derzeit noch im Entwicklungssta-dium befindliche ISO Standard für En-ergiemanagement, der sich im Aufbau an den ISO Umwelt- und Qualitätsstan-dards orientieren wird, dieser Entwick-lung förderlich sein.8

Ausblick

Aufgrund der ähnlichen Betrachtungs-weise von Energie- und Stoffströmen in Unternehmen bietet sich die zukünftige Erweiterung des Managementmodells um die Stoffströme an. Dies entspricht auch dem Trend zu einer gesamtheit-

8 Vgl. IEA (2007), ISO (2008)

lichen Optimierung der energetischen und stofflichen Ressourcen von Unter-nehmen. Dies könnte in zukünftigen kompetenzbasierten Betrachtungen von Unternehmen dazu führen, die Fähigkeiten, die das Management von unternehmensweiten Energie- und Stoffströmen betreffen, als gebündelte Ressourcenkompetenz zu erfassen.

Diese Kompetenz wird sich dann in vielen Fällen als Kernkompetenz des Unternehmens erweisen, was bei einer isolierten Betrachtungsweise von Ener-gie- und Stoffströmen eher als Ausnah-me zu werten ist.

Literatur

Bleicher, K. (2004): Das Konzept Inte-griertes Management. 7. Aufl. Frank-furt: CampusCampbell, C.J., Laherrére, J.H. (1998): The End of Cheap Oil. In: Scientific American, March (1998), S. 78 – 83IEA, ISO (Hrsg.) (2007): International standards to develop and promote en-ergy efficiency and renewable energy sources. A common position paper by IEA and ISO. Paris: IEAISO (2008): ISO launches project committee to develop international standard for energy management. Ref. 1122. Online im Internet, URL: < http://www.iso.org/iso/pressrelease.htm?refid=Ref1122> (Abruf: 25.07. 2008; 19:00)Küpper, H.-U. (2001): Controlling. 3. Aufl. Stuttgart: Schäffer-PoeschelPosch, W. (2010): Ganzheitliches Ener-giemanagement für Industriebetriebe. Habilitationsschrift. Leoben: Depart-ment für Wirtschafts- und Betriebs-wissenschaften, Montanuniversität LeobenPosch, W., Kepplinger, J. (2006): Rea-lisierung innovativer Energiekonzepte in der Papier- und Zell-stoffindustrie. In: Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation: Dritte Ener-giepreiskrise – Anforderungen an die Energieinnovation. 9. Symposium En-ergieinnovation an der TU Graz im Februar 2006. Tagungsband. Graz: IEE. S. D15/1 – D15/12Smil, V. (2005): Energy at the Cross-roads. Cambridge, MA: MIT PressWohinz, J.W., Moor, M. (1989): Be-triebliches Energiemanagement. Wien: Springer

Energiepentagon

Energetische Umwelt UnternehmenOperativ

• Wettbewerber• Lieferanten• Kunden

• Unternehmens-management

• Unternehmens-infrastruktur

Strategisch

• Komplementäre• Beeinflussung durch

o Politiko Wirtschaft

infrastruktur• Personalwirtschaft• Technologieentwicklung• Beschaffung

Normativ

o Wirtschafto Gesellschafto Technologie

• Eingangslogistik• Produktion / Erstellung• Ausgangslogistik

Politik

• Marketing & Vertrieb• KundendienstInformation

Entwicklung

Seite 3Abb. 3: Das Energiepentagon

Page 13: WINGbusiness Heft 03 2010

13WINGbusiness 3/2010

toP-tHEMA

Dipl.-Ing. Dr. mont.

Wolfgang Posch

oMV E&P GmbH

Autor

Dipl.-Ing. Dr. mont. Wolfgang Posch (Jg. 1970)Seit 2006 ist Wolfgang Posch als Head of Strategic Management der OMV E&P GmbH verantwortlich für die stra-tegische Planung und das strategische

Controlling im Explorations- und Pro duk t ion sb e -reich des internati-onalen Energieun-ternehmens OMV.

Vor seinem Ein-tritt in die OMV war Herr Dr. Posch drei Jahre als Se-nior Researcher am Department Wirtschafts- und Bet r iebswis sen-

schaften an der Montanuniversität Le-oben mit den Schwerpunkten Energie Management, Wertmanagement und Controlling für Industriebetriebe tä-tig.

Zuvor war Herr Dr. Posch mehr als sechs Jahre als Strategie- und Organisa-tionsberater für international renom-

mierte Managementberatungen (Ar-thur D. Little, Accenture) im Bereich Energiewirtschaft tätig. Davor war er führend an der Entwicklung eines Mar-ketingkonzeptes für Energiedienstleis-tungen in einem amerikanischen EVU in Sacramento, Kalifornien, beteiligt.

Wolfgang Posch studierte Kunst-stofftechnik an der Montanuniversität Leoben, erstellte anschließend am De-partment Wirtschafts- und Betriebs-wissenschaften seine Dissertation zum Thema „Erfolgsstrategien für kommu-nale Energieversorgungsunternehmen“ und habilitierte sich an demselben De-partment im Fachbereich „Industriebe-triebslehre“. Zusätzlich absolvierte er ein Post Graduate Studium (Schwer-punkte: Marketing und Strategisches Management) an der Technischen Uni-versität von Graz.

1

Ein kompakter Überblick über dieösterreichische Förderungslandschaft Wertvol le T ipps für Ihren hürdenlosen Förderungsantrag

Ein Vortrag des WING in Kooperation mit Austin, Pock + Partners GmbH:

Datum: 21. Oktober 2010

Uhrzeit: 18:30 – 20:00 Uhr

Ort: Technische Universität Graz, Hörsaal „E“

Anmeldung: bitte bis spätestens 15.10.2010 unter: office@wing-online at

Programm

Begrüßung & Vorste l lung Prof. Ulrich Bauer | Vizerektor TU Graz

Kurzvorste l lung Aust in, Pock + Partners GmbH DI Herbert Pock | Geschäftsführer Austin, Pock + Partners GmbH

Impulsvortrag Aust in, Pock + Partners GmbH Mitarbeiter | Austin, Pock + Partners GmbH

„Ein kompakter Überblick über die österreichische Förderungslandschaft“

Die wichtigsten Förderungsinstrumente in den Bereichen Investitionen Qualifizierungen Beratung Forschung & Entwicklung Internationalisierung

Er fahrungsaustausch und Diskuss ion Im Anschluss an den Vortrag bieten wir Ihnen die Möglichkeit mit den Experten von Austin, Pock + Partners GmbH über Ihre Projekte zu sprechen.

Page 14: WINGbusiness Heft 03 2010

14 WINGbusiness 3/2010

Effektivität und Effizienz

Zur Unterscheidung der beiden Begriffe lassen sich die inhaltlichen Schwer-punkte folgendermaßen umschreiben:

„Effektivität ist ein Beurteilungskriterium, mit dem sich beschreiben lässt, ob eine Maßnahme geeignet ist, ein vorgegebenes Ziel zu erreichen. Über die Art und Weise der Zielerreichung werden bei der Betrach-tung unter Effektivitätsgesichtspunkten keine Aussagen getroffen.“� Unter Effizi-enz hingegen versteht man ein „Beurtei-lungskriterium, mit dem sich beschreiben lässt, ob eine Maßnahme geeignet ist, ein

1 Gabler Wirtschaftslexikon (2010), S. 783

vorgegebenes Ziel in einer bestimmten Art und Weise zu erreichen.“�

Pümpin und Prange definieren diese Begriffe unter Managementaspekten. Sie verstehen unter Effektivität eine strategische Kenngröße, welche die Bewertung der Richtung zur Zielerrei-chung ermöglicht. Entsprechend wird in diesem Bereich die Frage in den Vor-dergrund gestellt: Tut man überhaupt die richtigen Dinge? Effizienz hingegen sehen sie als Bewertungsgröße für die operative Ebene, die sich in ihrem Handeln an der strategisch vorgegebenen Richtung orientiert.

2 Gabler Wirtschaftslexikon (2010), S. 785

Hier ist zu klären, ob der Input zur Erreichung eines gewünschten Out-puts dem Rationalprinzip entspricht. Als Frage formuliert: Werden die Din-ge richtig getan?3

Im Zusammenhang mit Energie ist der Begriff der Effizienz allgegenwär-tig. Sei es in verkaufsfördernden Wer-bespots, die sich Anglizismen zu Nutze machen („efficient dynamics“, „blue ef-ficiency“,…) oder auf politischer Ebene, wo durch „Energieeffizienzaktionsplä-ne“4 die Nachhaltigkeit forciert werden soll. Die Kombination dieser beiden Worte würde man noch in zig anderen

3 Vgl. Pümpin/ Prange (1991) und Wo-hinz (2003), S.244 Nach Vorgabe der EU Richtlinie 2006/32/EG

toP-tHEMA

Georg Premm

Effektivität vor Effizienz im EnergiebereichZur strategischen orientierung im betrieblichen Energiemanagement

Effektivität und Effizienz, zwei Begriffe, die oftmals als Synonym angesehen und dadurch häufig missverständlich verwendet werden. Doch bei genauerer Betrachtung ergeben sich erhebliche Unterschiede. Was steckt hinter diesen Begriffen und warum ist Effizienz alleine zu wenig, um unsere Gesellschaft auf die nächste Entwicklungsstufe zu bringen? Um diese Fragen zu beantworten wird das Thema Energie in Industriebetrieben beleuchtet, da der produ-zierende Bereich im Jahr 2008 für ca. ein Drittel des Endenergieverbrauchs in Österreich� verantwortlich zeichnete.

1 http://www.statistik.at/

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1�WINGbusiness 3/2010

energierelevanten Zusammenhängen finden. Doch was genau steckt hinter dem Begriff der Energieeffizienz? Unter Energieeffizienz ist die „Produktivität des Energieeinsatzes“ zu verstehen. Der Begriff der Produktivität gibt an, mit welchem Einsatz eines Produktionsfak-tors, in diesem Fall der Energie, mög-lichst viel Output generiert werden kann.5 Dabei spielt es keine Rolle, wie dieser Energieinput erzeugt wird.

Die Frage, die sich dabei stellt: Ist eine Betrachtung auf operativer Ebe-ne der richtige Ansatz, um ein Global-

ziel, die ökologische Nachhaltigkeit (auch im Sinne des wirtschaftlichen Handelns), in den Focus der Bemü-hungen zu stellen? Diese Frage muss mit „Nein“ beantwortet werden. Die ausführende Ebene ist dazu da, den

5 Vgl. Erdmann/Zweifel (2008), S.77

strategisch vorgedachten Plan möglichst gut auszu-führen.

Wenn aber die stra-tegische Ebene kopflos agiert und keine Richtung vorgegeben wird, wie ist dann feststellbar, ob die Effizienz eines Energiesy-stems nicht nur in einer Momentaufnahme son-dern in einem größeren Betrachtungswinkel bzw. einem längeren Betrach-tungshorizont tatsächlich effizient ist? Oder anders formuliert: Wird mit der effizient eingesetzten En-ergie auch effektiv richtig

umgegangen? Dazu sei auf Abbildung 1 verwiesen. In der Gap Analyse nach Bircher wird bildhaft dargestellt, dass eine strategische Lücke in der Zieler-füllung nicht durch operationale Maß-nahmen geschlossen werden kann (sie-he Abbildung 1)6

Für wirtschaftlich geführte Unter-nehmungen ist das Thema der strate-gischen Ausrichtung sowie die damit verbundene Wahrung bzw. der Aufbau strategischer Erfolgspositionen von höchster Relevanz.

Industriebetriebe, als spezielle

Vertreter wirtschaftlicher Unterneh-mungen, werden, bei entsprechend energieintensiver Produktion, auch ein großes Interesse an einer rationellen Energienutzung im Rahmen ihres Wertschöpfungsprozesses haben.

6 Bircher (1976)

Eine Studie des Fraunhofer Institutes für System- und Innovationsforschung aus dem Jahr 20097 stellt das Thema Energieeffizienz in der Produktion als wichtigen strategischen Faktor auf Kos-tenseite produzierender Betriebe dar. Durch die Reduzierung der Kosten für Endenergieträger ergibt sich automa-tisch eine geringere Kostenbelastung für die produzierten Güter. Dieses Po-tential, welches sich auf operativer Seite ergibt, muss auf strategischer Seite aber auch erkannt und genutzt werden.

Bedeutung der Energie für Industrie-betriebe

Worin liegt die Bedeutung der Energie für Industriebetriebe? Energie ist an jedem Schritt im Wertschöpfungspro-zess einer Unternehmung maßgeblich und unersetzbar beteiligt. Sei es als Komfortfaktor für die beteiligten Men-schen oder als Produktionsfaktor mit direkter Wirkung auf die eingesetzten Betriebsmittel8 (siehe Abbildung 2)9.

Es gibt Beispiele energieintensiver Produktionsstätten, in denen ein we-sentlicher Faktor für die Ansiedlung und in einem der nachfolgenden Bei-spiele auch für die Absiedelung von Tei-len der Produktion, die Energie bzw. die Umwelt war:

Beispiel ��0:

Im Fall der Alu- Hütte Ranshofen (Oberösterreich) war einer der entschei-denden Faktoren für die Ansiedelung 1939 die Nähe zu den neu errichteten Inn- Kraftwerken.

Diese lieferten ausreichend elek-trischen Strom, insbesondere für die energieintensive Elektrolyse. Im Jahr 1992 musste die Elektrolyse aufgrund von Umweltunverträglichkeit und da-mit verbunden explodierenden Kosten für die Einhaltung der Immissionsgren-zen nach Kanada verlagert werden.

Kurz gesagt: Die Energieverfügbar-keit war der Grund für die Ansiedelung und die Umweltunverträglichkeit der Grund für die Absiedelung der Elek-

7 Vgl. Schröter et.al. (2009), S. 1ff8 Vgl. Wohinz/ Moor (1989), S.79 Wohinz/ Moor (1989), S.710 http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/umweltthemen/indus-trie/pdfs/MUK/10_Ranshofen.pdf ; Ab-frage: 13.7.2010

toP-tHEMA

Abbildung 2: Betriebliche Arbeitssysteme als Ort energetischer Transformationsprozesse nach REFA1

1 Wohinz/ Moor (1989), S.7

Input Output

Betriebs-mittel

Mensch

Energie als Komfortfaktor(d.h. Produktionsfaktor i.w.S.)

Energie als Produktionsfaktor (i.e.S.)

Input Output

Betriebs-mittel

Mensch

Energie als Komfortfaktor(d.h. Produktionsfaktor i.w.S.)

Energie als Produktionsfaktor (i.e.S.)---------------------------1 Wohinz/ Moor (1989), S.7

Abbildung 1: Gap Analyse nach Bircher1

1 Bircher (1976)

VergangenheitGegenwart

Zukunft

Zeit

Ziel

FrühereZiellinie

EffektiveZielerreichung

StrategischeLücke

Lücke(Gap)

Ziellinie

Leistungs-lücke

VergangenheitGegenwart

Zukunft

Zeit

Ziel

FrühereZiellinie

EffektiveZielerreichung

StrategischeLücke

Lücke(Gap)

Ziellinie

Leistungs-lücke

Zeit

Ziel

FrühereZiellinie

EffektiveZielerreichung

StrategischeLücke

Lücke(Gap)

Ziellinie

Leistungs-lücke

-------------------------------Bircher (1976)

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toP-tHEMA

trolyseanwendungen der Alu- Hütte Ranshofen.

Beispiel 2��:

Sappi Gratkorn ist mit einer Jahreska-pazität von 250.000 Tonnen Zellstoff und 880.000 Tonnen Papier12 einer der größten Energieverbraucher im Bundesland Steiermark (entspricht 10 % des Stromverbrauchs der gesam-ten Steiermark). Im betrachteten Jahr 2006 wurde elektrischer Strom in einer Gesamtmenge von 720 [GWh], sowie 3 Millionen Tonnen Dampf verbraucht.

Etwa 470 [GWh] des elektrischen Stroms kamen aus eigener Energieer-zeugung (Kraft Wärme Kopplung und Wasserkraft), der Rest wurde als Fremd-strom bezogen. Anhand dieser Zahlen wird die strategische Bedeutung der Energie für den Standort klar.

Um eine Unabhängigkeit vom Strommarkt zu erreichen und gleich-zeitig die Prozessstabilität zu erhöhen, kam im Jahr 2007 ein GuD Kraftwerk zum Kraftwerksverbund am Standort hinzu. Mit einer Gesamtkapazität von 900 [GWh/a] hat sich die Unterneh-mung Sappi am Standort Gratkorn vom reinen Energieverbraucher zum Energieerzeuger gewandelt (der Über-schuss an elektrischem Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist) und erzielt trotz eines Investitionsvolumens von 50 Millionen Euro akzeptable Amortisationszeiten (ca. 5 Jahre).

11 http://www.tuev.at; Abfrage: 21.7.201012 Stand: 2006

Beispiel 3�3:

Fronius Inter-national ist eine Familienunterneh-mung aus Oberös-terreich, die ihr Handeln auf öko-logische Nachhal-tigkeit ausgerichtet hat. Alle Standorte wurden mit Pho-tovoltaik– Zellen ausgerüstet, die im

Falle Sattledt beispielsweise bis zu 604 [kWp] leisten können und somit einen nicht unerheblichen Teil des Bedarfs an elektrischem Strom am Standort decken.

Mit dem Neubau des F&E Zentrums in Thalheim (Eröffnung 2011) wird das größte Geothermiefeld Europas reali-siert, welches im Sommer überschüs-sige Prozesswärme aufnehmen soll und im Winter als Hauptwärmequelle fungieren wird.

Anhand dieser Beispiele wird die Be-deutung der Effektivität in Verbindung mit Energie klar. Die Standortentschei-dung bzw.-bestätigung kann erst durch die entsprechenden energetischen Rah-menbedingungen, also der Verfügbar-keit von ausreichend nutzbarer und ökologisch vertretbarer Energie, auf die jeweiligen Orte fallen.

Nur durch das Erkennen der Res-source Energie als wichtigen strate-gischen Produktionsfaktor und daraus resultierend ein entsprechend effektiver Umgang mit derselben im Rahmen effizient gestalteter Prozesse wird ein ökologisch nachhaltiges Wirtschaften überhaupt erst möglich.

Was für andere Managementbe-reiche gilt, sollte auch beim Thema En-ergie seine Richtigkeit haben: Effekti-vität vor Effizienz als Orientierung für zukünftige Aktivitäten!

Literatur

BIRCHER, B.: Langfristige Unterneh-mungsplanung- Konzepte, Erkennt-

13 http://www.fronius.com; Abfrage: 21.7.2010

Dipl.-Ing.

Georg Premm

Assistent am Institut für Industriebetriebs-lehre u. Innovations-forschung tU Graz

nisse und Modelle auf systemtheore-tischer Grundlage; Bern 1976GABLER Wirtschaftslexikon, 17. Aufla-ge; Wiesbaden 2010ERDMANN, G.; ZWEIFEL, P.: Ener-gieökonomik;. Berlin-Heidelberg 2008.PÜMPIN, C.; PRANGE J.: Manage-ment der Unternehmensentwicklung – Phasengerechte Führung und der Umgang mit Krisen – Das St. Gallener Management-Konzept, Bd. 2; Frank-furt-New York 1991SCHRÖTER, M.; WEISSFLOCH, U.; BUSCHAK, D.: Energieeffizienz in der Produktion- Wunsch oder Wirklich-keit; Karlsruhe 2009WOHINZ, J. W.: Industrielles Manage-ment – Das Grazer Modell; Wien-Graz 2003WOHINZ, J. W.; MOOR, M.: Betrieb-liches Energiemanagement- Aktuelle Investition in die Zukunft; Wien-New York 1989Onlinequellen:Fronius:http://www.fronius.com; Abfrage: 21.7.2010Statistik Austria:http://www.statistik.at/web_de/static/energiebilanz_2008_042382.pdf; Ab-frage:15.7.2010TÜV Österreich:http://www.tuev.at/start/browse/Web-seiten/TUV%20Austria%20Holding/T%C3%9CV%20TIMES/Archiv/Ausgabe%2001%20M%C3%A4rz%202008/Portr%C3%A4t/Portr%C3%A4t_de.xdoc; Abfrage: 21.7.2010Umweltbundesamt:ht t p : //w w w.umweltbunde sa mt .a t / f i l e a d m i n / s i t e / u m w e l t t h e -m e n / i n d u s t r i e /p d f s / M U K / 1 0 _Ranshofen.pdf; Abfrage: 13 .7.2010

Autor

Dipl.-Ing. Georg PremmJahrgang 1983Assistent am Institut für Industriebe-triebslehre und Innovationsforschung, TU Graz

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17WINGbusiness 3/2010

toP-tHEMA

Alexander rabengruber, Selina Künstle

Die Energiemanagementnorm EN 16001 im Kontext der energiepolitischen Ziele der EUDie EU rückte in den letzten Jahren bewusst die Energieproblematik ins Zentrum ihrer Politik, dazu wur-de 2007 die erste Europäische Energiestrategie verabschiedet und 2009 die Energiemanagementnorm EN �600� eingeführt. Die Einführung der EN �600� in einem Unternehmen kann von Vorteil sein, wobei die Anreize zur Einführung erst geschaffen werden müssen. Zur Umsetzung der energiepolitischen Ziele der EU ist die Norm im Wesentlichen auf die Energieeffizienz beschränkt. Auch wenn noch einige Potenti-ale und Möglichkeiten, wie die Verknüpfung mit der EMAS III, vorhanden sind, zeigen Beispiele wie Däne-mark, dass eine Einführung einer Energiemanagementnorm beträchtliche Einsparungen bringen kann.

Einleitung

Die Bedeutung der Energie in der Ge-sellschaft und Politik nimmt einen immer höheren Stellenwert ein, nicht zuletzt durch eine Verschärfung der Klima- und Energieversorgungsproble-matik. Wenn man sich aber dessen besinnt, dass die Wurzeln der Europä-ischen Union in der Europäischen Koh-le und Stahl Gemeinschaft verankert sind, welche primär 1951 aus sicherheits- und energiepolitischen Zielsetzungen heraus gegründet wurde, ist es gerade-zu paradox, dass die erste EU-Energie-strategie erst 2007 verabschiedet wur-de. Auch aus unternehmerischer Sicht besteht dringender Handlungsbedarf, sich mit dem Thema „Management von Energie“ zu beschäftigen, denn Energie wird zunehmend zum kritischen Pro-duktionsfaktor. In diesem Artikel wird die Entwicklung der EU-Energiestrate-

gie und deren Einfluss auf energiein-tensive Industriebetriebe beschrieben. Weiters wird deren Zusammenhang mit betrieblichen Energiemanagement und einer Zertifizierung nach EN 16001 erörtert.

EU-Energiepolitik

Die Europäische Energiestrategie mit den Themenschwerpunkten der Nach-haltigkeit, Versorgungssicherheit und der Wettbewerbsfähigkeit soll einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emmissionen und somit zur Begrenzung des weltweiten Temperatu-ranstieges auf maximal 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter liefern. Die verpflichtenden Hauptziele der Eu-ropäischen Energiestrategie sind unter den 20/20/20 Zielen der EU bekannt. Diese drei Ziele, die bis zum Jahr 2020 erreicht werden sollen, umfassen eine

CO2-Reduktion von 20 % gegenüber dem Jahr 1990, eine Erhöhung des An-teils an erneuerbaren Energien auf 20 % und eine Steigerung der Energieeffizi-enz um 20 % zum Vergleichsjahr 20051 (vergleiche dazu auch Abb.1). Sollte ein internationaler Konsens gefunden werden, so soll die CO2-Reduktion auf 30 % angehoben werden, wobei sich Deutschland, Frankreich und Großb-ritannien dafür aussprechen. Dies ist umso beachtlicher, da die Kyoto-Ziele voraussichtlich nicht von allen EU-Staaten erreicht werden können.

Die Umsetzung der Ziele erfolgt mittels der Nationalen Aktionspläne der EU-Mitgliedstaaten. Die 20/20/20 Ziele sind aber nicht die einzigen re-levanten Ziele der EU, die bei einem erfolgreichen Energiemanagement im Unternehmen beachtet werden sollten.

1 Vgl. Commission of the European Communities (2007)

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toP-tHEMA

Es ist darauf zu achten, dass nicht nur die aktuelle politische Situation, son-dern auch kurz-, mittel- und langfristi-ge politische Zielsetzungen betrachtet werden. Um mögliche Risiken durch die Politik zu verringern ist ein prä-ventives Verhalten seitens der Industrie empfehlenswert.

In Abbildung 22 sind die allgemei-nen strategischen Ziele der EU-Politik dargestellt, welche sich in die Haupt-ziele des Wachstums, der Nachhaltig-keit und der offentlichen Interessen unterteilen lassen. Ein wesentliches Strategiepapier der nächsten Dekade ist die Post-Lissabon Strategie „Europa 2020“ mit den drei Prioritäten eines in-telligenten, nachhaltigen und integra-tiven Wachstums für die Entwicklung einer wissens- und innovationsbasier-ten, ressourcenschonenden, grünen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft.

2 Vgl. Rabengruber (2010)

Weiters stehen eine hohe Beschäfti-gungsrate mit ausgeprägtem sozialen und territorialen Zusammenhalt im Mittelpunkt.3

Eine genauere Analyse der EU-poli-tischen Ziele macht deshalb Sinn, weil es bei der Umsetzung durch die Natio-nalstaaten zu wesentlichen wirtschaft-lichen Belastungen oder aber auch zu möglichen Verbesserungen kommen kann. Solche Ziele können über quan-titative Beschränkungen wie z.B. durch Emissionsstandards oder den Zertifi-katehandel oder durch eine Beeinflus-sung des Marktpreises der jeweiligen Produkte umgesetzt werden. Diese Marktpreise können u.a. durch Steu-ern erhöht oder es kann der Industrie durch Stützung mittels Förderungen, Einspeisetarife, etc. ein Verkauf der Produkte zu marktüblichen Preisen er-möglicht werden.

Die EU definierte auch makroö-konomische, ökologische, soziale und risikominimie-rende Ziele, die auf den ers-ten Blick nicht im direkten Zusammenhang mit dem Energiemanagement eines Unternehmens stehen. So werden jegliche Belastun-gen der Energielieferanten relativ rasch indirekt an den Kunden weitergegeben.

Die im März 2010 prä-sentierte „Energiestrategie Österreich“ setzt bei der

3 Vgl. Commission of the European Communities (2010)

Umsetzung der EU-Vorgaben einerseits auf eine Stabilisierung des Endenergie-verbrauchs auf dem Niveau von 2005 und andererseits soll eine weitere Erhö-hung der Energieeffizienz und des An-teils erneuerbarer Energiequellen und die Sicherstellung der Energieversor-gung durch eine Ökologisierung des Steuersystems erreicht werden.

Energiemanagement und die Zertifi-zierung nach EN �600�

Der Begriff Energiemanagementsys-tem (EMS) umfasst nach VDI 4602 „die zur Verwirklichung des Energie-managements erforderlichen Organi-sations- und Informationsstrukturen einschließlich der hierzu benötigten technischen Hilfsmittel“4.

Die Energiepolitik der EU, sowie die nationale Politik und Stellungnah-men politischer Institutionen führen zu einer Vielfalt an energiebezogenen Risiken für Unternehmen und werden auch die Zukunft der Energieprodukti-on drastisch beeinflussen. Insbesonde-re energieintensive Branchen werden sich deshalb in Zukunft noch stärker als bisher mit Energiemanagement be-schäftigen müssen.

Eine der Herausforderungen, der sie sich dabei stellen müssen, ist zusätzlich zu den bisher bereits erfolgreichen Maß-nahmen des „technischen“ Energieeffi-zienzmanagements auch strategische Chancen zu nützen und im Sinne eines nachhaltigen betrieblichen Energiema-nagements, sowohl operativ, als auch strategisch und normativ integriertes Energiemanagement zu betreiben.

Die europäische Norm EN 16001:2009 liefert als Managementmodell Anforde-rungen mit Anleitung zur Anwendung von Energiemanagement. Sie wurde am 1. Juli 2009 vom Normungskomi-tee CEN und CENELEC veröffentli-cht. Das Ziel war einen EMS-Standard zu schaffen, welcher ähnlich dem dä-nischen (DS 2403 E bzw. DS INF 136), schwedischen (SS 62 77 50) und irischen (IS 393) Standard, Unterstützung bietet um in einer Organisation ein EMS ei-genständig bzw. integriert in bestehen-de Managementsysteme einzuführen. Die Standardisierung in Form einer europäischen Norm erfolgte mitunter um die Umsetzung der EU-Richtlinien und Politik bzgl. Energieeffizienz zu unterstützen.

4 Zit. nach VDI 4602 Blatt 1 (2007-10)

Abb.1: Bruttoenergieverbrauch und Primärenergieerzeugung der EU-27 (Quelle Eurostat)

Abb.2: Strategische Ziele der EU-Politik

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toP-tHEMA

In Abbildung 3 ist das EMS-Modell nach EN 16001 dargestellt. Vom Auf-bau her entspricht die Norm der ISO 14001:2004, was die Integration in be-stehende normbasierte Systeme erleich-tern soll. Eine Besonderheit zeigt sich im Anhang A der Norm, welcher eine Anleitung zur Selbstüberprüfung der Verwirklichung eines normkonformen EMS enthält. Die Ziele der Norm lie-gen in der Steigerung der Energieeffi-zienz, Senkung der Energiekosten und Verringerung des CO2-Ausstoßes.

Die internationale Version der euro-paweit geltenden Norm wird momen-tan als ISO 50001 entwickelt und tritt voraussichtlich Anfang 2011 in Kraft. Die ISO schätzt, dass die neue Norm Einfluss auf bis zu 60 % des weltweiten Energieverbrauchs haben könnte.5

Politische Anreize zur Zertifizierung

Die Entscheidung eines Unternehmens zur Zertifizierung wird durch intrin-sische und extrinsische Faktoren be-stimmt. Um die Sinnhaftigkeit der Zer-tifizierung eines Managementsystems für ein Unternehmen feststellen zu können, empfiehlt es sich deshalb, eine Stakeholderanalyse durchzuführen. Dadurch kann sowohl die Notwendig-keit einer Zertifizierung, als auch die Auswirkungen dieser auf den Unter-nehmenserfolg objektiv eingeschätzt werden. Das politische Umfeld stellt dabei einen wichtigen Aspekt dar.

Vorreiter im Bereich der Energie-managementnormen sind Dänemark, Schweden und Irland. Ein EMS ent-sprechend dem nationalen Standard DS 2403 bringt in Dänemark beispiels-weise schon seit 1992 Steuervorteile für die energieintensive Industrie und führte nachweislich zur Verringerung des Energieverbrauchs, ohne konkrete Einsparmaßnahmen durchzuführen oder Investitionen zu tätigen. Die Ein-sparungen durch die Einführung eines EMS lagen anfangs zwischen 5 % und 10 %.6

Auch in Deutschland war im Rah-men des Entwurfs zum Energieeffizienz-gesetz von 2009, welcher die EU-Richt-linie (2006/32/EG) zur Energieeffizienz umsetzen sollte, die verpflichtende Einführung von betrieblichem Ener-giemanagement in energieintensiven

5 Vgl. ISO (2010)6 Vgl. Persson, A. et al. (2005)

Betrieben vorgesehen. Anzumerken ist jedoch, dass Betriebe auch durch die Validierung nach EMAS III den Forderungen des Gesetzesentwurfs nachgekommen wären.7 Der Gesetzes-entwurf wurde jedoch nicht in dieser Form verabschiedet, wodurch derzeit in Deutschland kein obligatorischer Grund für die Zertifizierung eines EMS nach EN 16001 vorliegt.

In Österreich erfordern die recht-lichen Rahmenbedingungen derzeit keine Zertifizierung nach EN 16001 und es überwiegt die intrinsische Mo-tivation der Betriebe und die daraus erzielbaren ökonomischen Vorteile, das EMS zertifizieren zu lassen. Doch die Betreiberpflicht zur effizienten Rohstoff- und Energienutzung für IPPC-pflichtige Anlagen stellt einen indirekten politischen Anreiz für en-ergieintensive Unternehmen dar, sich nach EN 16001 zertifizieren zu lassen.

Conclusio

Die EN 16001 ist ein nützliches Ma-nagementmodell, welches zur Imple-mentierung eines EMS, Sicherstellung einer nachhaltigen Energienutzung und Absicherung für künftige staat-liche Maßnahmen auf diesem Gebiet

7 Vgl. §7a EnEfG, Entwurf (2009)

dient. Auch wenn es keine spezifischen Forderungen zu einer verpflichtenden Zertifizierung durch die EU-Gesetzge-bung gibt, so hilft die Norm dabei die EU-Gesetzgebung und Politik umzuset-zen. Als Referenz kann die IPPC-Richt-linie (Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung; RL 96/61/EG) angesehen werden, denn effiziente Energienutzung erfordert Energiema-nagement.

Die Frage, die sich zudem stellt, ist, inwieweit nationale Energiepolitiken in Form von Kundenanforderungen auch österr. Unternehmen indirekt treffen werden bzw. inwieweit der Druck zur Zertifizierung des EMS künftig eher aus rechtlicher Sicht oder vielmehr von Kundenseite aus entstehen wird.

Literatur

Commission of the European Commu-nities (2007): Communication from the Commission to the European Council and the European Parliament: An En-ergy Policy for Europe. COM(2007) 1 final, Brussels.Commission of the European Commu-nities (2010): Communication from the Commission: Europe 2020 - A strategy

Abb. 3: EMS-Modell nach EN 16001 (Quelle: ÖNORM EN 16001 (2009))

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for smart, sustainable and inclusive growth, COM(2010) 2020, Brussels.EnEfG, Entwurf (2009): Entwurf eines Gesetzes zur Steigerung der Energieeffi-zienz – Energieeffizienzgesetz (EnEfG), gescheiterter Entwurf vom 30.01.2009, Bundesrepublik Deutschland. ISO (2010): Future ISO 50001 on en-ergy management progresses to Draft International Standard. URL: http://www.iso.org/iso/pressrelease.htm?refid=Ref1337.ÖNORM EN 16001 (2009): Energiema-nagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung. Ausga-be 2009-08-01: Beuth Verlag GmbH.Persson, A.; Gudbjerg, E. (2005): Do voluntary agreements deliver? Expe-riences from Energy Management Sys-tems and schemes. In: Energy Savings: What Works & Who Delivers? - eceee 2005 Summer Study Proceedings, Stockholm. ISBN: 91-631-4002-0.

Dipl.-Ing.

Alexander

rabengruber

lehrstuhl Wirtschafts- und Betriebswissen-schaftenMontanuniversität leoben

Dipl.-Ing.

Selina Künstle

lehrstuhl Wirtschafts- und Betriebswissen-schaftenMontanuniversität leoben

Rabengruber, A. (2010): The new chal-lenge of European energy generation projects. YIRCoBS 10 - Yeditepe Inter-national Research Conference on Busi-ness Strategies, Istanbul, Turkey.VDI 4602 Blatt 1 (2007): Energiema-nagement – Begriffe. Ausgabe 2007-10: Beuth Verlag GmbH.

Autoren

Die Autoren sind am Lehrstuhl Wirt-schafts- und Betriebswissenschaften der Montanuniversität Leoben tätig. Beide beschäftigen sich im Rahmen ih-rer Tätigkeit mit dem Thema Nachhal-tigkeits- und Energiemanagement.

Dipl. Ing. Selina Künstle studier-te Industrieller Umweltschutz, Ent-sorgungstechnik und Recycling mit Schwerpunkt Ver- und Entsorgungs-technik an der Montanuniversität Leo-ben und verstärkt seit Februar 2010 den

Lehrstuhl. Im Zuge Ihres Studiums konnte sie durch ein Austauschsemes-ter an der Colorado School of Mines sowie ein IAESTE-Traineeprogramm in Portugal internationale Erfahrung sammeln. Ihre Diplomarbeit verfass-te sie zum Thema „Sicherstellung der Norm- und Rechtskonformität im Zuge der Qualitätsvorausplanung“.

Dipl. Ing. Alexander Rabengengruber arbeitet seit 2008 an seiner Doktorar-beit zum Thema einer ganzheitlichen Technologiebewertung für die Energie-erzeugung. Zuvor studierte er an der Montanuniversität Petroleum Enginee-ring mit dem Schwerpunkt Simulati-onstechnik.

Zwischen Studium und Doktorat arbeitete er über zwei Jahre bei der Fa. BIOS Bioenegiesysteme im Bereich der CFD-unterstützten Optimierung und Gestaltung von Biomasseverbren-nungsanlagen

Ingrid Gumpesberger

Sommerfest 2010 des WING und WINGnet Graz

Am 11. Juni 2010 war es wieder so-weit. Der WING und das WING-

net Graz luden zum alljährlichen Som-merfest ein. Dieses Jahr fand das Fest im Innenhof zwischen Chemie und Physikgebäude der Neuen Technik statt.

Man entspannte sich bei einer ge-mütlichen Grillerei und kalten Ge-tränken (auch für die Vegetarier war bestens gesorgt). Da in diesem Zeit-

raum Fußballspiele im Zuge der WM stattfanden, stand auch ein Fernseher bereit, vor dem sich begeisterte Fuß-ballfans versammelten.

Zur großen Freude aller hielt das Wetter und es blieb lange warm, sodass ein gemütliches Beisammensein bis in den Abend hinein möglich war.

Besonders freuten wir uns, dass wir unter den Anwesenden WING Präsi-

diumsmitglieder, Vizerektoren und frühere WINGnet Vorstände begrüßen konnten.

Weiters anwesend waren WINGnet Graz Vereinsmitglieder und Freunde.

Alles in allem blicken wir auf ein gelungenes Semster für den Verein zu-rück und starten mit neuer Energie in das kommende Herbstsemester.

WING/WINGNEt

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Florian Haslauer, Isabella Grahsl, Eva Schiefer

Energiepolitische rahmenbedingungen für die Ener-giezukunft in ÖsterreichAuswirkungen der EU-Gesetzgebung auf die Österreichische Energiestrategie

Der Klimawandel ist Realität und schreitet schneller voran als ge-

dacht – diese Überzeugung hat sich in den letzten Jahren weltweit unter den meisten Wissenschaftlern durch-gesetzt. Hauptursache ist mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90 % die erhöhte Konzentration von Treibhaus-gasen (THG) und der Anstieg des Ener-gieendverbrauchs1.

Vor dem Hintergrund dieser Ent-wicklung haben sich die EU-Mitglieds-staaten im Dezember 2008 auf eine integrierte Strategie im Bereich En-ergie und Klimaschutz geeinigt. Die EU-Kommission hat die sogenannten 20-20-20 Klimaschutz-/Energieziele für 2020 erlassen2:

�) 20 % Steigerung Anteil Erneuerbare Energie:

In der Richtlinie für erneuerbare Ener-gien3 wird von der EU festgelegt, dass

1 IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change (2007)2 Cep – Centrum für Europäischen Po-litik (2009)3 Richtlinie 2009/28/EG des Europä-ischen Parlaments (2009)

bis 2020 der Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Gesamtener-gieverbrauch der EU auf 20 % gesteigert werden muss.

Österreich hat sich in Zusammen-hang mit der Erneuerbaren Energie-Zielsetzung zu einer Erweiterung des Anteils seiner Erzeugung aus Erneuer-barer Energie auf ehrgeizige 34 % bis 2020 verpflichtet.

2) 20 %-Reduktion Treibhausgase:

Die THG-Ziele der Europäischen Uni-on wurden in die dem Emissionshan-delssystem (EHS) unterliegenden (z.B. Industrie, Energiewirtschaft) und dem EHS nicht unterliegenden Sektoren (z.B. Verkehr, Privathaushalte) geglie-dert. Ab 2013 soll die kontinuierliche Senkung der zu vergebenden EHS-Zer-tifikate eines EU-weiten Emissionsbud-gets dafür sorgen, dass das THG-Ziel bis 2020 erreicht wird.

Die Festlegung der Emissionsziele für jene Sektoren, die nicht dem EHS unterliegen, erfolgt anhand des BIP pro Kopf, was dazu führt, dass einige Länder den Emissionsausstoß erhöhen

können, während andere Länder die-sen senken müssen. Österreich hat sich dazu verpflichtet, seine dem EHS un-terliegenden Emissionen um 21 % (Ba-sisjahr 2005) und jene dem EHS nicht unterliegenden Emissionen um 16 % (Basisjahr 2005) zu reduzieren.

3) 20 % Steigerung Energieeffizienz:

Um bis 2020 20 % (Basisjahr 2005) des jährlichen Primärenergieverbrauchs einzusparen wurden in der Richtlinie (2006/32/EG)4 konkrete Zielvorgaben für die Mitgliedsstaaten vorgegeben. Der Energierichtsparwert für Öster-reich beträgt bis 2016 80,4 PJ – 9 % des durchschnittlichen Energieverbrauchs zwischen 2001 und 2005.

Mit der Energiestrategie 2009, die durch das Wirtschafts- und Umweltmi-nisterium unter Hinzuziehen von Ex-perten, Interessensvertretern und der Länder erarbeitet wurde, liegt erstmals ein integrierter Ansatz für Österreich vor. Aus Sicht von A.T. Kearney wer-den jedoch speziell zur Erreichung der Erneuerbaren Energie-Zielsetzung und der Energieeffizienz-Ziele zusätzliche

4 Europäisches Parlament (2006)

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Anstrengungen notwendig sein, die über die in der österreichischen Ener-giestrategie vorgeschlagenen Maßnah-men hinausgehen.

Grund dafür ist die aus A.T. Kear-ney Sicht zu optimistische Einschät-zung der weiteren Energieverbrauchs-entwicklung bis 2020. So wird in der österreichischen Energiestrategie5 von einem leichten Rückgang des Enden-ergieverbrauchs ausgegangen, während A.T. Kearney Analysen6 eine jährliche Wachstumsrate des Endenergiever-

brauchs von 0,6 % ergeben (siehe Abb. 1). Diese ist vor allem auf die Zunahme des Strombedarfs um rd. 1,7 % p.a. zu-rückzuführen.

In diesem Szenario müsste ein we-sentlich stärkerer Ausbau der erneuer-baren Energien – nicht um rd. 110 PJ, sondern um rd. 135 PJ – erfolgen, um den geforderten Anteil erneuerbarer Energien im österreichischen Erzeu-gungsportfolio zu gewährleisten.

Die Änderung des Erzeugungsmixes hin zu Erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz sind zugleich zentrale Hebel zur Reduktion der Treibhausgase. Zusätzlicher Hand-lungsbedarf ist in diesem Zusammen-hang vorrangig bei verkehrsbedingten Emissionen gegeben, da diese seit 1990 um rd. 2,6 % p.a. gestiegen sind. In der Industrie bzw. im Energiesektor betrug die jährliche Zunahme im Vergleichs-zeitraum rd. 1,2 % bzw. 1,0 % p.a.7. In

5 Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (2009)6 A.T. Kearney (2009)7 A.T. Kearney (2008)

diesem Zusammenhang könnte die Erhöhung der CO2-Steuer die notwen-digen Anreize für den Autokäufer brin-gen, auf verbrauchsärmere Fahrzeuge umzusteigen.

Ergänzende Implikationen der EU-Ge-setzgebungsvorgaben für Österreich

Aus Sicht von A.T. Kearney kann der oben beschriebene Gap hinsichtlich der Erneuerbaren-Energie-Zielsetzung nur mit einem massiven Ausbau der Wasserkraft geschlossen werden, die

das Rückgrat der Stromerzeugung in Österreich darstellt. Ein Ausbau steht jedoch im Spannungsfeld von Interes-sen der Klima- und Energiepolitik ei-nerseits sowie Vorgaben des Natur- und Gewässerschutzes bzw. weiteren was-serwirtschaftlichen Zielsetzungen8.

Schätzungen der österreichischen Energiestrategie ergeben, dass unter Berücksichtigung der Vorgaben für die Nutzung von Fließgewässern und des Naturschutzgesetzes ein Ausbau der Wasserkraft um insgesamt 12,6 PJ (bis 2015) realistisch erscheint. Aus A.T. Kearney Sicht ist dies viel zu we-nig, um die für 2020 angepeilte Quo-te erneuerbarer Energie zu erreichen, zumal in Österreich aufgrund der ge-ografischen Gegebenheiten die Poten-ziale für Photovoltaik und Windkraft beschränkt sind. Ein Vergleich der in-stallierten Kapazitäten in Österreich und Deutschland soll dies verdeutli-chen: In Deutschland wurden 2008 rd. 6,5 % der Energie aus Windkraft und

8 Bundesministerium für Wirtsschaft, Familie und Jugend (2009)

0,7 % aus Photovoltaik gewonnen9. In Österreich waren es lediglich 3 % aus Windkraft und 0,03 % aus Photovolta-ik. Deutschland besitzt demnach heute schon mehr installierte Kapazität im Bereich Windkraft und Photovoltaik, als Österreich bis 2020 erreichen kann. Sowohl Windkraft als auch Photovolta-ik sind zwar wichtige Quellen, die die Ausbauziele der erneuerbaren Energien unterstützen, bieten jedoch bei weitem nicht genug Potenzial, um signifikant zur Erreichung des österreichischen 34 % Ziels bis 2020 beizutragen.

Zur Steigerung der Energieeffizienz im Endverbrauchersegment sieht A.T. Kearney eine Einführung von Smart Meters - die neue Generation „intelli-genter“ Stromzähler - als wichtige Rah-menbedingung, die beim Endkunden Transparenz schaffen und damit das Verbrauchsverhalten positiv beeinflus-sen kann. Unter Smart Meters versteht man Stromzähler, die insbesondere folgende Charakteristika aufweisen10: automatisches Prozessieren, Übermit-teln und Auswerten von Zählerdaten, Zähler-Management, zweiseitige Da-tenkommunikation von/zum Zähler, aussagekräftige und zeitnahe reale Ver-brauchsinformation für Energiekun-den bzw. Stakeholders.

Internationale Erfahrungen mit Smart Meters zeigen, dass bislang zahl-reiche Länder ihre Entscheidung zur Einführung von Smart Meters im End-kundensegment motiviert durch fol-gende Überlegungen getroffen haben: Ermöglicht man durch Smart Meters zeitabhängige Endkundentarife bzw. Elektrizitätskosten, kann die resultie-rende Verbrauchstransparenz neben ei-ner Mengenverringerung auch zur Ver-ringerung der Peak-Energienachfrage führen. Dies führt im Idealfall neben verringertem CO2-Ausstoß auch zu sin-kenden Investitionsbedarfen in Netze und Erzeugungskapazitäten.

Darüber können Netzbetreiber ihr Lastmangement basierend auf Smart Meter-Daten optimieren bzw. Ener-gieversorger ggf. aus besserer Portfo-liosteuerung Vorteile ziehen. Neben europäischen Vorreitern in der Smart Meter-Einführung, wie Italien oder

9 Bundesverband Erneuerbare Ener-gien (2010)10 European Smart Metering Alliance (2010)

Abb. 1: Österreichischer Endenergieverbrauch, Österreichische Ener-giestrategie und A.T. Kearney Analysen (A.T. Kearney (2009))

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Schweden, wurden inzwischen in den meisten EU-Staaten Smart Meter Pro-jekte gestartet bzw. zum Teil mit einem breiteren Roll-out begonnen.

Das 3. Energiemarktliberalisierungs-paket11, das 2009 allen EU-Staaten die verpflichtende Einführung von Smart Meters für mindestens 80 % der End-kunden bis 2020 vorgeschrieben hat, sofern hierfür im jeweiligen Mitglieds-staat Wirtschaftlichkeit im Sinne einer Kosten-Nutzen-Rechnung gegeben ist, ist als Treiber dieser technologischen Weiterentwicklung der Energiebranche zu begrüßen. Durch die Smart Meter Einführung sollen zentrale energiepo-litische Anliegen unterstützt werden, wie etwa

1) Senkung des Primärenergie-verbrauchs von Endkunden und Bei-trag zur Verringerung des CO2-Aussto-ßes

2) Verringerung der Spitzenlast12 durch Steuerung des Elektrizitätsver-brauchs von Endkunden über Preis-signale und damit langfristig bessere Auslastung der (bestehenden) Erzeu-gungskapazitäten

3) Verbessertes Angebot für Kunden u.a. durch zeitabhängige Ta-rife und beschleunigte, transparentere Wechselprozesse.

A.T. Kearney geht davon aus, dass Smart Meters einen wesentlichen Bei-trag zur Energieeffizienz in Haushal-ten leisten können, vor allem, wenn es mittels Smart Meters in breiten Bevölkerungsschichten gelingt, den Endkunden „versteckte Energiefres-ser“ im Haushalt bewusst zu machen, so etwa die Stand-by-Funktion elek-tronischer Geräte. Dabei erwartet Ke-arney mögliche Mengenreduktionen des Haushaltsverbrauchs in der Grö-ßenordnung von bis zu 3 % (basierend auf 3.500 kWh), sofern neben verän-dertem Nutzungsverhalten (z.B. Um-gang mit Stand-by-Funktionen) auch Einsparungspotenziale von veralteten, besonders ineffizienten Elektrogeräten gehoben werden. In Zusammenhang mit Energiemengenreduktion durch Smart Meters sei auf Studienergebnisse aus Schweden verwiesen, die besagen, dass Endkunden durchaus bereit sind, ihren load demand in peak-Stunden

11 Richtlinie 2009/72/EG (2009)12 E-Control (2009)

um bis zu 50 % zu verringern13 – sofern die Preissteigerung im Vergleich zum Durchschnittspreis entsprechend hoch ist.

Neben Möglichkeiten zur reinen Mengenreduktion können Endkunden bei entsprechenden Tarifangeboten grundsätzlich auch von verringerten Energiepreisen durch Verbrauchsver-schiebungen in off-peak-Zeiten profi-tieren, wobei hier grundsätzlich Po-tenzial im Bereich von Heizung und Warmwasseraufbereitung besteht, das jedoch in Österreich bereits aktuell weitgehend genutzt wird.

Eine aktuelle Studie im Auftrag von Ofgem kommt basierend auf Fokus-gruppen zu folgenden Erkenntnissen hinsichtlich der Wahrnehmung von Smart Meter aus Endkundensicht14:

überwiegend positive Grundhaltung gegenüber der neuen Zähler-Techno-logie als „smartes“ Instrument zum Monitoring des eigenen Energie-verbrauchs, wobei das Interesse an Home-Displays zum Analysieren des eigenen Energieverbrauchs bei jenen Konsumenten, für die Energieko-sten relevante Haushaltsausgaben darstellen, tendenziell ausgeprägter scheintbei den notwendigen Investitionen sieht die Mehrheit der Befragten angesichts der erwarteten Automati-sierungs- und Personaleinsparungs-möglichkeiten primär die Netzbe-treiber in der Pflicht; grundsätzlich wird eingeschränkte Funktionalität von Smart Meters bei vergleichswei-se niedrigeren direkten bzw. indi-rekten Kosten seitens der Endkunden bevorzugt; einzig die Verlässlichkeit der eingesetzten Technologie er-scheint als zentrales - da direkt ener-giekostenrelevantes - Kriterium

Aus Effizienzgesichtspunkten ei-ner Systemumstellung von konventi-onellen, mechanischen Zählern auf Smart Meters sind aus Sicht von A.T. Kearney eine zügige, auf kompatible technische Standards basierende Ein-führung und kurze Umsetzungsfrist für den Einbau von Smart Meters in Österreich zu empfehlen. Eine Auswahl vergleichsweise preisgünstiger Smart Meters für den Roll-out der ersten Ge-

13 ECEEE Summer Study (2009)14 Ofgem, (2010)

neration erscheint insofern effizient, als für sophistizierte Funktionalitäten zumindest in der Anfangsphase nur eingeschränkte Serviceangebote seitens der Energieversorger erwartet werden.

Gleichzeitig ist es unerlässlich, bei der Technologieentscheidung für Smart Meters jene notwendigen Funk-tionalitäten zu berücksichtigen, die den Endkunden, ggf. unterstützt durch Verbrauchsanalysen via Online-Portale oder Energieberatungsdienstleistung, eine valide Datengrundlage bieten, um Effizienzpotenziale im eigenen Haus-halt zu heben und damit einen wich-tigen Beitrag zur Erreichung der Ener-gieeffizienzsteigerungen im Rahmen der 20-20-20-Ziele zu leisten.

References

1. A.T. Kearney, 2008: Studie „Das neue Energie- und Klimapaket: Resultierende CO2-Kosten für die ös-terreichische Energiewirtschaft und Industrie“.2. A.T. Kearney, 2009: Studie „Von der Finanzkrise zur Energiekrise? - Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Energiewirtschaft“.3. Bundesministerium für Wirts-schaft, Familie und Jugend, 2009: Ener-giestrategie Österreich – Maßnahmen-vorschläge.4. Bundesverband für erneuer-bare Energien, 2010: http://www.bee-ev.de.5. Cep – Centrum für Europä-ische Politik, 2009: Das EU-Klima-schutzpaket.6. ECEEE Summer Study, 2009: Conditions of behavioral changes to-wards efficient energy use – a compa-rative study between Sweden and the United Kingdom.7. E-Control, 2009: Das 3. Ener-giemarkt-Liberalisierungspaket.8. Europäisches Parlament, 2006: Richtlinie 2006/32/EG über Energieef-fizienz und Energiedienstleistungen sowie zur Aufhebung der Richtlinie 93/76 des Rates.9. European Smart Meter Alli-ance, 2010: Annual Report on the Pro-gress in Smart Metering 2009.10. EUROSTAT, 2009: Energiestatistik.11. IPCC – Intergovernmental Pa-nel on Climate Change, 2007: Physical Science Basis – Contribution of Wor-

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toP-tHEMA

king Group I to the fourth assessment report of the IPCC.12. Ofgem, 2010: Consu-mers’ Views of Smart Mete-ring – Report by FDS Interna-tional.13. Österreichische En-ergieagentur, 2008: Abschät-zung der Energieeffizienz-Po-tenziale in Österreich bis zum Jahr 2020.14. Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parla-ments, 2009: Richtlinie zur Förderung und Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG.

Dipl.-Ing. Dr.

Florian Haslauer

Vice PresidentA.t. Kearney

Mag.

Isabella Grahsl, MBA

A.t. Kearney WienUtility Practice

Dipl.-Ing. Dr.

Eva Schiefer

A.t. Kearney WienUtility Practice

15. Richtlinie 2009/72/EG des Eu-ropäischen Parlaments und des Rates,

2009: Richtlinie über gemeinsame Vor-schriften für den Elektrizitätsbinnen-

markt und zur Aufhebung der Richtli-nie 2003/54/EG ABL 2009.

Autoren

Dipl.-Ing. Dr. Florian HaslauerVice President von A.T. Kear-ney,Leiter des europäischen Teams für Energiewirtschaft

Mag. Isabella Grahsl, MBAarbeitet seit 2009 bei A.T. Kearney Wien für die Utility Practice

Dipl.-Ing. Dr. Eva Schieferarbeitet seit 2010 bei A.T. Kearney Wien für die Utility Practice

Many ESTIEMers of our local group wanted to attend this au-

tumnal council meeting. But we were the lucky ones. So we packed our stuff to be ready for this beautiful country known for its banks, chocolate, cheese, rösti and of course the lovely Heidi.

But before we had to leave the nice city of Graz, we bought some special presents for the organisers and for the leaving board. But which presents re-present Austria the best? We searched a while and finally found something that in our eyes fits really well. But that is another story we can tell you if we meet.

So we were on our way, hitting Swit-zerland. The organisers mentioned that we would stay in bunkers, but we

thought that it would be comfortable. So as we saw our accommodation, we were a little bit surprised. It was going to be really cosy. The sleeping berths were subdivided in three floors, in one room. But we were all ESTIEMERs that know how to be flexible. So we were this bunch of young and pretty students of industrial engineering and manage-ment sharing 8 sinks for 120 people.

The General assembly lasted for four days. The sessions were quite intense and the working groups helped to im-prove our skills and to shape the future of an awesome organisation like ES-TIEM. The assemblies were always held at the premises of the ETH Zürich. So we could have a little taste on how it is to study in a famous and multicultu-

ral university like the ETH is. We had the pleasure to be welcomed by the principal of the ETH and also had the opportunity to listen to a really inte-resting lecture about sustainability. As Schmankerl, Procter & Gamble gave us an insight in their working structure and human resources policies.

We had lunch and dinner at the Mensa of the University and it was surprisingly delicious. We didn‘t know that a canteen of a university could make such appetisingly meals. All in all Zürich was really awesome and we hope the next Council Meeting to be brilliant.

We hope this article transmitted at least a tiny part of the fun that ESTIEM transmitted to us during this trip.

Christoph Sadei, thomas Guerra

EStIEM XXXIX Council Meeting Zürich, Autumn 2009

WINGNEt

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WING-PAPEr

In Einkäufer-Verkäuferbeziehungen verpflichten sich Techno-logieunternehmen rechtlich durch „Problemlösungsverträge“, komplexe Kundenbedürfnisse durch die Bereitstellung von so genannten technologisch-industriellen Leistungen zu erfüllen.

Problematisch dabei ist, dass der Vertragsabschluss ex ante immer unter beidseitigem Vorherrschen eines großen Informa-tionsdefizits über den Endzustand der zu erbringenden Leistung vollzogen wird. Diese Diskrepanz zeigt sich juristisch in der unvollkommenen Beschreibung des Ergebnisses durch einen für sich vollkommenen Vertrag. Ökonomisch räumt eine solche Vorspiegelung von Vollkommenheit den Beziehungspartnern „Einkäufer“ und „Verkäufer“ zwangsläufig einen gewissen Handlungsspielraum ein, der je nach Betrachtungsperspektive zur Übervorteilung eines Vertragsteils ausgenützt werden kann.

Dieser Beitrag identifiziert in relationalen Vertragsnormen zur ökonomisch-rechtlichen Beziehungsgestaltung zwischen Ein-käufern und Verkäufern einen Lösungsansatz, der ex ante Beziehungsgerechtigkeit durch kooperative Vertragsgestaltung herstellen kann. Integriert werden vier ausgewählte beziehungs- und erfolgskritische vertragsrechtliche Teilaspekte zur Gestaltung von Einkäufer-Verkäuferbeziehungen im Technologieumfeld theoretisch sowie empirisch-deskriptiv im Status quo analysiert und darauf aufbauend Managementimplikationen abgeleitet.

Geschäftsbeziehungsmanagement, relationale Vertragstheorie, technologisch-industrielle Leistung, Vertragsrecht.

I. AUSGANGSSITUATION

ei der Transaktion komplexer und erklärungsbedürftiger Leistungen, mit deren Entwicklung und Erstellung

Technologieunternehmen oftmals über Jahre beschäftigt sind, ist es in der Regel nicht möglich, alle exogenen (wie z.B. die Volatilität der Rohstoffmarktpreisentwicklung) und endo-genen Risiken (wie z.B. Personalfluktuation bei einem Vertragspartner) einer Geschäftsbeziehung im Vorfeld zu kennen und vertraglich zu optimieren.

Das Problem bei der Transaktion technologisch-industrieller Leistungen, verstanden als komplexe Leist-ungsbündel aus Sach- und Dienstleistungen, besteht darin,

Dieses Paper wurde am 16. Februar 2010 zum Review eingereicht und ist am 10. August 2010 von Prof. Siegfried Vössner zur Publikation akzeptiert worden.

dass dem Vertragspartner „Einkäufer“ vom Leistungs-ersteller (i.S.v. Verkäufer) keine vollständig beschriebene Leistung aufgrund des vorherrschenden Informationsdefizits angeboten werden kann. Verkäufer geben i.d.R. ein Leistungsversprechen in Vertragsform ab, das mehr oder weniger vollkommen ist. Der Einkäufer hat in Folge dessen nur die Option, das Angebot unter den vorgegebenen Bedingungen anzunehmen oder den Vertrag resp. das Geschäft nicht abzuschließen.

Da dies im Technologieumfeld nicht gelebte Praxis und einer kooperativen Form der Beziehungsgestaltung gänzlich abträglich ist, werden folgende zwei ökonomisch-rechtlich geprägte Forschungsfragestellungen relevant:

Erstens: Welches „ökonomische Vertragsmodell“ ent-spricht am ehesten den Bedürfnissen der Vertragsparteien im Technologieumfeld? (Abschnitt III.)

Zweitens: Welche Teilaspekte sollen „bedürfnisgerechte und kooperative“ Problemlösungsverträge zur Koordination von Einkäufer und Verkäufer beinhalten? (Abschnitt IV.)

Neu an der in diesem Beitrag dargestellten Beantwortung dieser interdisziplinären Fragestellungen ist, dass diese durch empirische Ergebnisse (Abschnitt V) zum rechtlichen Status quo im österreichischen Technologieumfeld (Zunk 2009) unterstützt wird. Dabei wird transparent, welche der vier diskutierten Teilaspekte von Technologieunternehmen zur Vertragsgestaltung eingesetzt werden und welche öko-nomischen Konsequenzen sich bei Nichtbeachtung dieser ergeben (Abschnitt VI.).

II.IMMANENTES INFORMATIONSDEFIZIT ALS PROBLEM DER VERTRAGLICHEN EX ANTE-BEZIEHUNGSGESTALTUNG

ZWISCHEN TECHNOLOGIEUNTERNEHMEN

Theoretisch wie praktisch unbestritten ist, dass in einer Geschäftsbeziehung der Einkäufer in jedem Fall mit einem Informationsdefizit gegenüber dem Verkäufer umgehen muss. Deshalb ist es für beide Vertragsparteien unmöglich, vollkommene Verträge mit sämtlichen Eventualitäten ex ante festzulegen. Zudem können die Vertragspartner auch nicht davon ausgehen und sich darauf verlassen, dass durch die

B

Vertragsrechtliche Teilaspekte zu Gestaltung und Management von Einkäufer-Verkäuferbeziehungen

im TechnologieumfeldÖkonomisch-rechtliche Fragestellungen, empirische Ergebnisse und

Managementimplikationen Ass.Prof. DDipl.-Ing. Dr.techn. Bernd M. Zunk

Mag.iur. Dr.iur. Günther Sammer Univ.-Prof. i.R. Dr.iur. Gunter Nitsche

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geltende Rechtsordnung alle in Geschäftsbeziehungen eventuell auftretenden Vertragsprobleme optimal zu lösen sind (MacNeil 1974).

Diese Problematik greifen die Ansätze der Neuen Informationsökonomie (grundlegend Marschak 1954) auf und untersuchen die Unsicherheit einzelner Personen bzw. Parteien bei unvollkommener und asymmetrisch verteilter Information in Vertragsbeziehungen. Sie berücksichtigen vor allem die, durch das ungleich verteilte Vorliegen von Information, begrenzte Rationalität und den Opportunismus der Vertragspartner. Informationsökonomische Ansätze zielen darauf ab, Verhaltensaussagen unter dem Einfluss von Entscheidungsunsicherheit zu treffen um daraus Strategien abzuleiten, mit welchen diese Unsicherheiten aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung in Geschäftsbezieh-ungen reduzierbar werden (Kaas 1995). Als wesentliche Voraussetzung zur Verbesserung derartiger Beziehungs-gestaltungsprobleme gilt das vollständige Verfügen über relevante (Markt-)Informationen in Entscheidungssituationen (Hirshleifer et al. 1979) sowie deren zielgerichtete Beschaff-ung im Zuge der unternehmerischen Interaktion.

So können durch die Wahl der in diesem Beitrag propagierten Beziehungsoption „Kooperation“ als Koord-inationsform Synergien entstehen und Informationsbe-schaffungs- sowie Konfliktkosten reduziert werden. Ko-operation als Transaktionsmodus für technologisch-indu-strielle Leistungen wird rechtlich-konzeptionell beispiels-weise durch relationale Vertragsregelungen abgebildet.

III. ZUR LEISTUNGSFÄHIGKEIT RELATIONALER VERTRAGSREGELUNGEN IN KOOPERATIV AUSGELEGTEN

GESCHÄFTSBEZIEHUNGEN IM TECHNOLOGIEUMFELD

Im unternehmerischen Umfeld, wo technologisch-industrielle Leistungen in Transaktionsfolgen i.S.v. Gesch-äftsbeziehungen (Plinke 1989) Transaktionsobjekt werden, ist in Analogie zur Komplexität des Transaktionsobjekts von komplexen Verträgen auszugehen. Es ist der wissenschaftlich anerkannten Auffassung (Williamson 2002) zu folgen, dass sämtliche komplexe Verträge unvermeidbar unvollständig sind. Darin liegt der Grund, warum die Vertragsparteien mit der Notwendigkeit konfrontiert werden, sich unerwarteten Gegebenheiten anzupassen, welche aufgrund von Fehlern, Lücken etc. im ursprünglich geschlossenen Vertrag auftreten. Für die Handhabung solcher Situationen kämen klassische, neoklassische oder relationale Verträge in Frage, wobei allerdings von der Literatur relationale Verträge bevorzugt vorgeschlagen werden (Backhaus et al. 2007).

Die Übersicht in Abb. 1 (in Anlehnung an die weg-weisende theoretische Arbeit von Williamson 1996) zeigt die Wahl der Koordinationsform bzw. Vertragsoption in Abhängigkeit der Häufigkeit der Transaktion und der Faktorspezifität (vgl. den Kommentar zu dieser Thematik u.a. bei Schumann et al. 1999).

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Faktorspezifität

unspezifisch mittelspezifisch vollkommen spezifisch

Klassische Verträge

(vereinheitlicht)(bilateral)Relationale Verträge

Neoklassische Verträge(trilaterale Verträge)

Abb. 1. Vertragsmodelle in Einkäufer-Verkäuferbeziehungen (Abbildung modifiziert und aus dem Englischen übernommen von Williamson 1985)

Die Entscheidung, ob das klassische, neoklassische oder relationale Vertragsrecht (bilateral oder vereinheitlicht) zur rechtlichen Regelung von ökonomischen Austauschbe-ziehungen zum Einsatz kommen soll, hat ökonomisch weitreichende Bedeutung. So sind relationale Verträge die Grundlage des „Relationship Marketing“ (Grönroos 1991) und beeinflussen entscheidend das Management von Einkäufer-Verkäuferbeziehungen kooperativen Charakters.

Zu den einzelnen in Abb. 1 dargestellten Vertrags-typologien im Überblick (nach Picot et al. 2001):

A. Klassische Verträge Die klassische Vertragsform kennzeichnet eine dezidierte

Orientierung auf den Zeitpunkt. Entweder fallen Leistung und Gegenleistung in diesem Zeitpunkt zusammen oder es werden diese durch Vorwegnahme aller zukünftig möglichen Umweltzustände vergegenwärtigt.

Das Inkrafttreten der einzelnen Vertragsteile richtet sich nach den objektiv feststellbaren Umweltzuständen. Einzig der klassische Vertrag erhebt den Anspruch auf Voll-ständigkeit. Die Erfüllung des Vertrages wird aus diesem Grund objektiv feststellbar und die Durchsetzung gegebenen-falls durch Gerichte garantiert. Inhalt klassischer Verträge sind üblicherweise Standardleistungen, welche zwischen anonymen Vertragspartnern zu Zwecken des kurzfristigen Leistungsaustausches abgeschlossen werden.

B. Neoklassische Verträge In Hinblick auf den Versuch der Abschätzung aller

zukünftigen Einflüsse durch Umweltbedingungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, versucht die neoklass-ische Vertragsform zeitraumbezogen über die Dauer der Vertragsbeziehung Eventualitäten vorherzusehen.

Es bestehen hohe Komplexität sowie hohe Unsicherheit und es ist nicht mehr bzw. nur unter Inkaufnahme hoher Kosten möglich, eine genaue Spezifikation der Leistungen ex ante vorzunehmen. Darin liegt das teilweise Unvollständige in neoklassischen Verträgen begründet. Anstatt der nicht ein-deutig zu vereinbarenden gesetzlichen Bestimmungen werden Regeln Gegenstand der Vereinbarung, welche dem Vertrag höhere Flexibilität verleihen.

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C. Relationale Verträge Sollen komplexe soziale Beziehungen, wie Einkäufer-

Verkäuferbeziehungen im Technologieumfeld, z.B. in der Automobilzulieferindustrie, mit mittlerer bis hoher Faktor-spezifität beschrieben werden, in denen gemeinsame Ent-scheidungen der Vertragspartner erforderlich sind, treten an die Stelle von neoklassischen Vertragsregelungen relationale Verträge zur Koordination der Beziehung. Anstatt der in klassischen und neoklassischen Vertragstheorien üblichen fixen und expliziten Vereinbarungen werden bei der relationalen Vertragsform implizite, auf gemeinsamen Werten beruhende, nicht vollständige Vereinbarungen getroffen. Dabei spielt im Gegensatz zur klassischen und neoklassischen Theorie die Identität der Vertragspartner und die im Vorfeld entstandene Beziehungsqualität für das Zustandekommen und die vereinbarungsgemäße Umsetzung von relationalen Verträgen eine große Rolle. Von außer-ordentlicher Bedeutung sind deshalb Erfahrungen, die im Vorfeld resp. in der Vergangenheit mit dem Vertragspartner in Bezug auf gemeinsame Wertvorstellungen, Solidarität und dem daraus resultierenden Vertrauen entstanden sind.

Praktisch liegen relationale Vertragselemente oftmals intensiven Kooperationen zwischen Technologieunter-nehmen zugrunde und finden ihren Niederschlag u.a. in den in Abschnitt IV ausgewählten vertragsrechtlichen Teil-aspekten. Kommt es bei relationalen Geschäften zu Streitig-keiten während der Beziehungsdauer, so kann eine „ökono-mische“ und die zukünftige Beziehung nicht belastende Streitbeilegung nur durch die Vertragspartner selbst erfolgen. Alternativ dazu ist es in der Praxis auch möglich, Drittparteien zur Schlichtung (Richter, Schiedsgericht, Sachverständige etc.) zum Einsatz kommen zu lassen.

IV. AUSGEWÄHLTE VERTRAGSRECHTLICHE TEILASPEKTEUND ELEMENTE ZUR RELATIONALEN GESTALTUNG VON

EINKÄUFER-VERKÄUFERBEZIEHUNGEN IM TECHNOLOGIEUMFELD

Die steigende Bedeutung der Qualität von Geschäfts-beziehungen für den Unternehmenserfolg im Technologie-umfeld macht praktikable Vertragskonzepte unter der zusätzlichen Beachtung von wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen unbedingt erforderlich. Es geht grundsätzlich darum, die Komplexität von Einkäufer-Verkäuferbeziehungen geeignet zu erfassen, um Verträge ausreichend flexibel und zugleich rechtssicher gestalten zu können.

Mit Verweis auf die in Abschnitt I. beschriebene Ausgangssituation und die Ausführungen zu den relationalen Vertragsregelungen im Abschnitt III., werden folgende vier ausgewählte „beziehungs- und erfolgskritische“ vertrags-rechtliche Teilaspekte auf Basis der in Österreich geltenden Rechtslage theoretisch präzisiert.

A. Teilaspekt 1: Rechtliche Vertragsbestimmungen zur Gestaltung von nationalen und internationalen Einkäufer-Verkäuferbeziehungen im Technologieumfeld Wesentlich bei der Gestaltung gegenseitiger Verträge ist

das Erkennen von Möglichkeiten der vertragserrichtenden Parteien, wie sie auf die Beziehungsgestaltung schon frühzeitig maßgeblich Einfluss nehmen und so strategisch handeln können. Für das ökonomische Ergebnis einer Einkäufer-Verkäuferbeziehung ist es relevant, die auf Basis der geltenden Normen bestehenden Erfordernisse eines mängelfreien Rechtsgeschäftes zu kennen und zu erfüllen.

Ein mängelfreies Rechtsgeschäft setzt sich grundsätzlich aus der Geschäftsfähigkeit der Vertragspartner, der Freiheit, Ernstlichkeit und Übereinstimmung von Willenserklärungen, der Möglichkeit und Erlaubtheit des Vertragsinhaltes sowie der Einhaltung gegebenenfalls bestehender Formerforder-nisse zusammen (Koziol et al. 2006).

Der zwischen den Vertragspartnern herrschende Konsens sollte sich idealerweise im „geregelten“ Umgang (siehe dazu Abb. 2) mit den dazugehörigen Dokumenten wie z.B. mit Auftragsbestätigungsschreiben widerspiegeln.

Die gesetzlichen Grundlagen dafür in Österreich rekru-tieren sich allgemein aus den Bestimmungen der §§ 859 bis 937 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) und den speziellen Regelungen der §§ 343 bis 454 des Unternehmensgesetzbuches (UGB), welche auf „unter-nehmensbezogene Einkäufer-Verkäufergeschäfte“ anzu-wenden sind. Im Hinblick auf grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen ist für Technologieunternehmen mit Exportfokus das internationale Privatrecht von Bedeutung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich beim IPRG (Bundesgesetz über das internationale Privatrecht) sowie beim EVÜ (Übereinkommen über vertragliche Schuld-verhältnisse) um reines Verweisungsrecht handelt. Das bedeutet, dass diese Gesetze keine materiellen Vorschriften enthalten, sondern dazu dienen, das anwendbare Sachrecht zu ergründen.

Für das Management von Beziehungen im internationalen Geschäftsverkehr zwischen den CISG (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods)-Vertragsstaaten ist das zur Rechtsvereinheitlichung geschlossene UN-Kaufrecht (UN-KaufR) zu beachten. Dieses ist bereits in die Phase der Vertragsgestaltung miteinzubeziehen. Besondere Bedeutung erlangt das UN-Kaufrecht bei Auftreten eines grenzüberschreitenden Rechtsstreits, wo sich im Regelfall die Frage nach dem anzuwendenden Recht stellen wird. Relevant wird Art 6 UN-KaufR für Unternehmen deshalb, da damit den Vertrags-parteien das Recht eingeräumt wird, die Anwendung des Übereinkommens vertraglich auszuschließen. Praktisch interessant ist auch die Frage, wie viele Technologie-unternehmen von diesem Recht im Zuge der Vertrags-gestaltung in Einkäufer-Verkäuferbeziehungen auch tat-sächlich Gebrauch machen (Abb. 3).

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B. Teilaspekt 2: Bedeutung allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) als Vertragsbestandteil bei Abweichungen von diesen vor oder nach Vertragsabschluss Die große Bedeutung von AGB und Vertragsformblättern

für die effiziente Gestaltung von unternehmerischen Geschäften ist in Theorie und Praxis unbestritten (Nitsche 1992). Problematisch wird es i.d.R. dann, wenn ein Ungleichgewicht in der vertraglichen Beziehung zwischen den kontrahierenden Parteien entsteht. Dieses Ungleich-gewicht resultiert häufig aus der Tatsache, dass der Vertragsteil, der die AGB anwendet (i.d.R. der Verkäufer) mit der Formulierung der AGB vielfach das Ziel einer einseitigen inhaltlichen Begünstigung verfolgt. Dem anderen Vertragspartner (i.d.R. Einkäufer) bleibt eine Einflussnahme auf die Mitgestaltung verwehrt. Dem benachteiligten Vertragsteil bleibt meist bloß ein Verweis auf die §§ 864a und 879 ABGB, die lediglich ein vom Gesetzgeber vorgesehenes Regulativ darstellen, um sittenwidrigem Verhalten rechtliche Grenzen zu setzen.

Verwenden beide Parteien Verkaufs- oder Lieferbedingungen und widersprechen sich diese („battle of forms“), stellen sich im Streitfall vielfältige juristische Probleme. Dazu zählen u.a. die Fragen, ob das Rechtsgeschäft gemäß §§ 861 ff. überhaupt zustande gekommen ist oder welche AGB (die des Verkäufers- oder die des Einkäufers) in welchem Umfang (vollständig oder in Teilen) im Fall eines mängelfrei errichteten Rechtsgeschäfts Geltung besitzen. Im internationalen Kaufrecht ist die „Theorie des letzten Worts“ ausschlaggebend (Janssen 2002), was bedeutet, dass sich derjenige Vertragsteil durchsetzt, auf dessen Geschäftsbedingungen zuletzt verwiesen wurde. Da es sich dabei i.d.R. um den Verkäufer handeln wird, werden sich dessen AGB durchsetzen.

Aufgrund der weitreichenden Bedeutung und der drohenden Rechtsfolgen ist das Geschäftsbeziehungs-management in Technologieunternehmen gefordert, die AGB ebenso sorgfältig wie technische und wirtschaftliche Details zu planen und zu gestalten. Sie sind wie technische und wirtschaftliche Fragestellungen im Vorfeld zu prüfen und auf das Geschäft abzustimmen, um klare sowie rechtskonforme Vereinbarungen mit dem Vertragspartner treffen zu können (siehe dazu Abb. 4).

Treten dennoch Störungen im Zuge der Vertragserfüllung oder ex post auf, werden im Technologieumfeld vorderhand Themen wie Gewährleistung (Teilaspekt 3) oder Produkt-haftung (Teilaspekt 4) aktuell.

C. Teilaspekt 3: Umgang mit Gewährleistungsansprüchen aus Leistungsstörungen infolge Mangelhaftigkeit einer technologisch-industriellen Leistung Als rechtlich überaus bedeutend für das Geschäfts-

beziehungsmanagement in Technologieunternehmern ist das allgemeine Leistungsstörungsrecht des ABGB, ergänzt um

die Sonderregeln im unternehmerischen Kontext der §§ 377 und 378 UGB. Aufgrund dieser Normen hat der Unternehmer bei unternehmensbezogenen Verträgen die gesetzlich angeordnete Verpflichtung, für Mängel zu haften, welche die Leistung zum Zeitpunkt ihrer Erbringung aufweist. Diese Gewährleistungspflicht des Unternehmers tritt aber nur ein, wenn ein Kunde diese Mängel rechtzeitig rügt.

Seit dem Handelsrechtsänderungsgesetz (HaRÄG 2005; Anm.d.Verf.: dies hatte u.a. die Umbenennung des Handels-gesetzbuchs in Unternehmensgesetzbuch in Österreich zur Folge) gilt die Mängelrüge als rechtzeitig, wenn sie binnen angemessener Frist (§ 377 Abs 1 UGB) erhoben wird. Aus den Materialien zum HaRÄG geht weiters hervor, dass damit eine Anpassung an Art 39 UN-KaufR beabsichtigt war und somit eine „unverzügliche“ Mängelrüge nicht mehr unbe-dingt erforderlich ist. Als angemessene Frist werden in der Praxis i.d.R. vierzehn Tage betrachtet (OGH 1999).

Diese Verlängerung der Frist auf vierzehn Tage enthebt den Käufer aber nicht von der Obliegenheit zur Untersuchung der Ware bei Lieferung. Mit Erhebung der Mängelrüge wird einerseits erreicht, dass der Verkäufer möglichst rasch erfährt, ob die erbrachte Leistung entspricht. Andererseits wird dadurch angestrebt, dass der Verkäufer im Falle eines Mangels möglichst bald die erforderlichen Beweise sicherstellen kann. Zeigen sich erst später Mängel an der Ware, die bei ordnungsgemäßer Untersuchung nicht erkennbar waren (sogenannte „versteckte Mängel“), entsteht mit dem Entdecken dieser Mängel wieder die Obliegenheit „binnen angemessener Frist“ die Mängelrüge zu erheben. Wird diese Frist versäumt, kann der Käufer gemäß § 377 Abs 2 UGB keine Ansprüche aus der Gewährleistung, aus dem Schadenersatz wegen des Mangels und aus dem Irrtum über die Mangelfreiheit der Ware mehr geltend machen.

In diesem Zusammenhang ergeben sich weiters bedeut-same Fragestellungen für das Geschäftsbeziehungsmanage-ment in der unternehmerischen Praxis:

Beispielsweise ist im Zuge der Vertragsgestaltung zu beantworten, ob die Pflicht des Einkäufers zur Mängelrüge ausgeschlossen wird oder nicht (Abb. 5).

Mit einem Ausschluss könnte vom Verkäufer versucht werden, das Vertrauen des Einkäufers in die Beziehung und die Leistung zu erhöhen. Sollte kein Ausschluss der Mängelrügeobliegenheit des Einkäufers erfolgen, ist vom Geschäftsbeziehungsmanagement die Frage zu beantworten, ob es im Unternehmen Möglichkeiten gibt, beziehungs-relevante Daten (wie z.B. den Zeitpunkt, ab dem die Rügefrist zu laufen beginnt) festzuhalten. Das unterstreicht, dass trotz gesetzlicher Verpflichtung zur Gewährleistung für das Beziehungsmanagement das Erfordernis besteht, den sich bietenden Handlungsspielraum aktiv zu gestalten.

Dieser Handlungsspielraum kann sich auch in einer vom Verkäufer freiwillig eingeräumten „Garantie“ manifestieren. Kann sich der Einkäufer nicht nur auf die gesetzlichen

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Gewährleistungsansprüche sondern auch auf vertraglich fixierte Garantieansprüche stützen, erübrigt sich für solche Geschäfte die Erhebung der Mängelrüge, da der Verkäufer vertraglich garantiert hat, eine mängelfreie Ware zu liefern. Dies führt zu dem bereits angeführten Effekt der Steigerung des Vertrauens des Einkäufers in die Geschäftsbeziehungen. Aus Gründen der Vorsicht wird aber trotzdem empfohlen, eine Mängelrüge binnen angemessener Frist zu erheben, da es unter Umständen vorkommen kann, dass Garantieverträge unwirksam werden. Liefert der Verkäufer also eine mangelhafte Ware und wird dies bei der Übernahme durch den Käufer festgestellt, hat er dies binnen angemessener Frist zu rügen, um sich die Gewährleistungsansprüche zu erhalten. Hatte der Verkäufer die Mängelfreiheit darüber hinaus auch garantiert, stellt eine mangelhafte Lieferung eine Vertrags-verletzung dar, für die der Verkäufer in jedem Fall einzu-stehen hat.

Unterschiede zwischen Garantie und Gewährleistung ergeben sich in erster Linie für die in der Praxis des Geschäftsbeziehungsmanagements relevante Beweislast-verteilung.

D. Teilaspekt 4: Rolle der Produkthaftung und des Schadenersatzes im Technologieumfeld Gemäß § 5 Produkthaftungsgesetz (PHG) haftet der

Unternehmer für die entstandenen Folgeschäden aus einem Produktfehler (§ 1 PHG). Speziell im Technologieumfeld, in dem die Komplexität der abzusetzenden technologisch-industriellen Leistung hoch ist, wird von einer besonderen Relevanz dieser Gesetzesmaterie für das Geschäfts-beziehungsmanagement ausgegangen.

Wird z.B. ein fehlerhaftes Produkt geliefert und entsteht dadurch dem Käufer ein Schaden, so haftet der Verkäufer (§ 1 Abs 2 PHG) für den entstandenen Schaden. Ausdrück-lich nicht mitumfasst von der Ersatzpflicht ist der Schaden am fehlerhaften Produkt selbst. Das fehlerhafte Produkt kann nur im Weg der Gewährleistung (siehe dazu Abschnitt IV. C. zum Teilaspekt 3) ersetzt werden.

Die Bedeutung dieser Gesetzesmaterie für das Geschäfts-beziehungsmanagement ergibt sich nicht nur aufgrund der rechtlichen Verpflichtung des Unternehmers zur Deckung des Schadens und des sich daraus ergebenden erhöhten Deckungsrisikos. Auch die Folgen für die Reputation eines Unternehmens durch ein fehlerhaftes Produkt und den damit verbundenen Rechtsstreit sind zu beachten. Diese können sich beispielsweise in gesteigerter Kundenabwanderung und einem dadurch bedingten Rückgang von Umsätzen niederschlagen. Das Management von Geschäftsbeziehungen muss deshalb bestrebt sein, Schadenersatzansprüche nach Möglichkeit auszuschließen bzw. zu minimieren (Abb. 6).

Schadenersatzansprüche aus Produkthaftung können bereits im Beziehungsgestaltungsprozess durch eine weitestgehend rechtskonformes Design der unternehmer-ischen Leistungen vermieden werden, indem die „technisch-

rechtliche Sicherheit“ von Produkten optimiert wird. Das Geschäftsbeziehungsmanagement in Technologieunter-nehmen ist gefordert, durch seine koordinierende Tätigkeit auf die Einhaltung von Qualitätsanforderungen (u.a. durch Einführung und Pflege von Qualitätscontrollingsystemen) hinzuarbeiten und dabei gleichzeitig die „Kostenbrille“ nicht abzulegen.

V.ECKDATEN ZUR EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG

Die präsentierten Ergebnisse stammen aus zwei am Institut für Betriebswirtschaftslehre und Betriebssoziologie der Technischen Universität Graz in den Jahren 2007 und 2008 durchgeführten quantitativen Erhebungen mittels schrift-lichem Fragebogen im österreichischen Technologieumfeld (Zunk 2009).

Dazu wurde statistisches Datenmaterial aus Fragebögen von 118 Technologieunternehmen auf der Einkäuferseite (Stichprobengröße 287 Unternehmen) und 251 Fragebögen der Verkäuferseite (Stichprobengröße 1.551 Unternehmen) des Marktes deskriptiv ausgewertet und im Hinblick auf die in diesem Beitrag beschriebenen vertragsrechtlichen Teilaspekte analysiert.

VI. ERGEBNISSE ZUM STATUS QUO VERTRAGSRECHTLICHER REGELUNGEN IN EINKÄUFER-VERKÄUFERBEZIEHUNGEN IM

TECHNOLOGIEUMFELD

A. Status quo: Handhabe von Bestätigungsschreiben und der Umgang mit dem UN-Kaufrecht

Der erste untersuchte vertragsrechtliche Gestaltungsaspekt konzentriert sich auf das mängelfreie Zustandekommen von Verträgen durch das Erfüllen des Übereinstimmungserforder-nisses durch beidseitig vorliegende Willenserklärungen in Form von Bestätigungsschreiben.

Die Funktion von Bestätigungsschreiben bzw. von „Auf-tragsbestätigungen“ liegt im Technologieumfeld vor allem darin, dass sich der Kauf resp. der Verkauf komplexer und erklärungsbedürftiger Produkte, wie es technologisch-indu-strielle Leistungen per definitionem sind, vielfach in umfang-reichen Vertragswerken niederschlägt. Diese spiegeln, neben der grundsätzlichen Einigung über den Vertragsinhalt, das erhebliche Bedürfnis der Vertragsparteien nach Sicherheit wider.

Abb. 2 zeigt, welche Konsequenzen vom verantwortlichen Lieferantenbeziehungsmanagement auf der Einkäuferseite bei einer Unterlassung der Rücksendung von Bestätigungs-schreiben beispielsweise über einen mündlich geschlossenen Vertrag vorgesehen sind. 79 % der Einkäufer urgieren in einem ersten Schritt. Der Anteil von Unternehmen, die den Vorbehalt eines Rücktritts vom Vertrag anmelden, beträgt 22 % der Befragten. Die Option einer automatischen Ver-tragsauflösung kommt praktisch gesehen (2 %) nicht in Betracht.

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Einkäuferumfrage

Konsequenzen bei unterlassener Rücksendung der Auftragsbestätigung

79%

2%

8%

22%

9%

Urgieren

Autom.Vertragsauflösung

Keine

Vorbehalt, vomVertrag

zurückzutreten

Andere

n = 105, m = 125

n … Anzahl der ausgewerteten Fragenbögen, m … Anzahl der abgegebenen Antworten

Abb. 2. Konsequenzen bei Nichtübermittelung von Auftragsbestätigungen

Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang, der in Verträgen zwischen Verkäufern und Einkäufern speziell bei grenzüberschreitenden Geschäften im Technologieumfeld zu regeln ist, betrifft den in Abb. 3 dargestellten Umgang mit dem UN-Kaufrecht in der Praxis.

Einkäuferumfrage Verkäuferumfrage

Sieht die Vertragsgestaltung Ihres Unternehmens mit Ihren Lieferanten vor, dass die Anwendung des UN-Kaufrechts ausgeschlossen wird?

Sehen Sie in der Vertragsgestaltung mit Ihren Kunden vor, dass die Anwendung des UN-Kaufrechts ausgeschlossen wird?

32%

26%

41%

Ja, immer

Ja, je nach Lieferant

Nein, nie

18%

26%

56%

Ja, immer

Ja, je nachKunde

Nein, nie

n = 114 n = 243

Abb. 3. Umgang mit dem UN-Kaufrecht im Technologieumfeld

Das Ergebnis auf Einkäufer- und Verkäuferseite im Technologieumfeld zeigt, dass die Bestimmungen des UN-Kaufrechts von beiden Vertragsseiten häufig ausgeschlossen werden. 58 % der Einkäufer geben an, das UN-Kaufrecht immer oder je nach Lieferanten auszuschließen. Ähnlich ist das Bild bei den befragten Verkäufern. 44 % der Verkäufer schließen das UN-Kaufrecht immer bzw. je nach Kunde aus.

B. Status quo: Einsatz von Allgemeinen Geschäftsbeding-ungen und Umgang mit Abweichungen vor und nach Vertragsabschluss

Aufgrund der weit verbreiteten Anwendung von AGB und Vertragsformblättern im Technologieumfeld ist der Umgang mit diesen bei einem Abweichen der einkäufer- und verkäuferseitigen Vertragsklauseln von großer ökonomisch-rechtlicher Bedeutung.

Sowohl theoretisch wie auch praktisch stellt sich die Frage, ob wegen der Kollision von AGB der Vertragsschluss scheitert resp. gescheitert ist, die AGB des einen oder anderen Vertragspartners Geltung erlangen oder nur die nicht kollidierenden „AGB-Reststücke“ beider Teile gelten. Das Geschäftsbeziehungsmanagement (sowohl auf Einkäufer- als auch auf Verkäuferseite) muss im Falle einer Inkongruenz der AGB so handeln, dass nach Möglichkeit der angestrebte

Geschäftsabschluss bzw. das bereits abgeschlossene Geschäft nicht gefährdet wird (siehe dazu den Abschnitt IV. B.).

Die Auswertungen der empirisch erhobenen Daten, dargestellt in Abb. 4, fokussieren auf das Vorgehen bei abweichenden AGB vor und nach Vertragsabschluss. Der Status quo zeigt, dass, wenn Abweichungen von den AGB vor Vertragsabschluss festgestellt werden, 78 % der Einkäufer bzw. 83 % der Verkäufer über den Vertragsinhalt verhandeln. Dies spiegelt das hohe beidseitige Interesse am gemeinsamen Ziel „Vertragsabschluss“ und einer friktions-freien Vertragsabwicklung wider.

Einkäuferumfrage Verkäuferumfrage

Reaktion auf abweichende AGB vor Vertragsabschluss

Reaktion auf abweichende AGB vor Vertragsabschluss

78%

8%

21%

AGB prinzipiellverhandeln

Vertragsabschlussunterlassen

Sonstiges

83%

6%

9%

AGB prinzipiellverhandeln

Vertragsabschlussunterlassen

Sonstiges

n = 118, m = 126 n = 251, m = 246

Reaktion auf abweichende AGB nach Vertragsabschluss

Reaktion auf abweichende AGB nach Vertragsabschluss

72%

4%

17%

Einigung durchNebenvereinbarungen

Rückabwicklungdes Vertrages

Sonstiges

79%

2%

3%

Einigung durchNebenvereinbarungen

Rückabwicklungdes Vertrages

Sonstiges

n = 118, m = 110 n = 251, m = 213

n … Anzahl der ausgewerteten Fragenbögen, m … Anzahl der gegebenen Antworten

Abb. 4. Reaktion auf abweichende AGB vor und nach Vertragsabschluss

Ein ähnlicher Trend zeigt sich bei der Analyse der eingeleiteten Maßnahmen bei abweichenden AGB nach dem Vertragsabschluss. 72 % der Einkäufer und 79 % der Verkäufer geben an, im Falle abweichender AGB eine Einigung durch Nebenvereinbarungen herbeizuführen. Ein geschlossener Vertrag wird nur in Ausnahmefällen (4 % bzw. 2 % der Nennungen) rückabgewickelt. Dies macht die hohe Relevanz von Konsens unter den Vertragspartnern und das beidseitige Anstreben kooperativer Geschäftspraktiken im Technologieumfeld evident.

C.Status quo: Möglichkeit des Ausschlusses der Mängelrügepflicht im Zusammenhang mit Gewährleistungsansprüchen

Die Frage nach dem Leistungsstörungsrecht und den Rechtsfolgen, die daraus entstehen können, besitzen vertragsrechtlich große Bedeutung. Der empirische Abgleich zum Status quo im Technologieumfeld unterstreicht, die für Unternehmer nach § 377 UGB im beidseitig unternehmens-bezogenen Geschäft geltende Sonderregel der „Mängelrüge-obliegenheit“ des Kunden.

Bei der durchgeführten dualen empirischen Betrachtung auf Einkäufer- und Verkäuferseite wird von der Prämisse ausgegangen, dass es, je nach Handelsbrauch oder Verein-

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barung zwischen den Beziehungspartnern, unterschiedliche Möglichkeiten in der Vertragsgestaltung gibt. Diese spiegeln sich, wie in Abb. 5 gezeigt, in einem großen Unterschied im Umgang mit dem Ausschluss der Mängelrügepflicht auf Einkäufer- und auf Verkäuferseite wider.

Einkäuferumfrage Verkäuferumfrage

Sieht die Vertragsgestaltung Ihres Unternehmens mit Ihren Lieferanten vor, dass ihre Pflicht als Kunde zur Untersuchung und Mängelrüge ausgeschlossen wird?

Sehen Sie in der Vertragsgestaltung mit Ihren Kunden vor, dass die Pflicht des Kunden zur Untersuchung und Mängelrüge ausgeschlossen wird?

10%

51%

39%

Ja, immer

Ja, je nach Lieferant

Nein, nie

1%

26%

73%

Ja, immer

Ja, je nachKunde

Nein, nie

n = 116 n = 243

Abb. 5. Vorgehen mit dem Ausschluss der Mängelrügepflicht

Einkäufer sehen sich zu 61 % von der Pflicht zur Mängelrüge (pauschal und differenziert je nach Lieferant) befreit. Demgegenüber stehen nur 27 % auf Verkäuferseite, die ihren Kunden (pauschal und differenziert je nach Kunde) diese „Pflicht“ erlassen. Dies zeigt das beidseitig ausgeprägte Sicherheitsbestreben der Vertragspartner in Geschäfts-beziehungen im technologieorientierten Umfeld.

D.Status quo: Bedeutung der Produkthaftung im Allgemeinen und in Zusammenhang mit Schadenersatzansprüchen Gesichtspunkte der Produkthaftung gemäß dem § 1 Produkthaftungsgesetz (PHG) und der Umgang mit dem Recht des Kunden, Schadenersatz für Folgen aus einem Produktfehler zu fordern, sind für Unternehmer im Techno-logieumfeld ökonomisch überaus bedeutend. Dies veranlasst Technologieunternehmen dazu, Rechtsfolgen aus Produkt-haftungsstreitigkeiten durch den Ausschluss bzw. die Be-grenzung des Schadenersatzanspruches vertraglich zu verein-baren. Den Status quo im Untersuchungsumfeld zeigt Abb. 6.

Einkäuferumfrage Verkäuferumfrage

Sieht die Vertragsgestaltung Ihres Unternehmens mit Ihren Lieferanten vor, dass ein allfälliger Schadenersatzanspruch Ihrerseits ausgeschlossen/begrenzt wird?

Sehen Sie in der Vertragsgestaltung mit Ihren Kunden vor, dass ein allfälliger Schadenersatzanspruch des Kunden ausgeschlossen/begrenzt wird?

9%

44%

47%

Ja, immer

Ja, je nachLieferant

Nein, nie

24%

38%

38%

Ja, immer

Ja, je nach Kunde

Nein, nie

n = 116 n = 246

Abb. 6. Ausschluss bzw. Begrenzung des Schadenersatzanspruchs

24 % der befragten Verkäuferunternehmen versuchen, den Schadenersatzanspruch der einkaufenden Organisation immer auszuschließen. Auf der Einkäuferseite wollen, dies liegt in der Natur der Sache, nur 9 % eine Begrenzung bzw. einen Ausschluss ihrer Rechtsansprüche ex ante akzeptieren.

VII. CONCLUSIO

Dieser Beitrag liefert, ausgehend von den in Abschnitt I. aufgeworfenen zwei Forschungsfragestellungen, folgende Erkenntnisse und Empfehlungen für die Managementpraxis:

Ad Erstens: Aufgrund der heterogenen Eigenschaften technologisch-industrieller Leistungen und der damit einher-gehenden Informationsasymmetrie in Einkäufer-Verkäufer-beziehungen, werden für das Geschäftsbeziehungsmanage-ment im Technologieumfeld relationale Verträge als Koord-inationsform vorgeschlagen.

Die für die operative Managementpraxis abgeleitete Forderung besteht primär darin, die derzeit in den AGB großteils klassisch und neoklassisch formulierten Vertrags-regelungen (Abschnitt VI.) durch relationale zu ersetzen. Derartige „relationale AGB“ wirken der unvollständigen Voraussicht auf ökonomischem Wege durch die Vermeidung von hohen Transaktionskosten, die mit dem Versuch vollständige Verträge ex ante abzuschließen verbunden sind, wirkungsvoll entgegen. Damit wird sowohl auf Einkäufer- wie auch auf Verkäuferseite wirkungsvoll berücksichtigt, dass „perfekte“ rechtliche Vereinbarungen nicht mehr als eine theoretische Fiktion und aufgrund der hohen Informationsbeschaffungs- und Informationsverarbeitungs-kosten ökonomisch nicht sinnvoll sind.

Das Ergebnis der deskriptiven Datenanalyse bestätigt diese theoretisch argumentierte Forderung vor allem dadurch, dass im Technologieumfeld für beide Vertragsparteien die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung höchste Priorität hat. Hinweise für die Gültigkeit dieser Behauptung zeigt u.a. die Handhabe mit Bestätigungsschreiben. So wird in 79 % der Fälle bei unterlassener Rücksendung der Auftrags-bestätigung durch den Verkäufer in einem ersten Schritt urgiert. Lediglich 2 % der Befragten setzen eine automat-ische Vertragsauflösung um.

Für die Managementpraxis wird empfohlen, das relationale Vertragsmodell in den AGB umzusetzen und das vorherrschende klassische bzw. neoklassische Modell zur rechtlichen Beziehungsgestaltung zu vernachlässigen.

Ad Zweitens: Um „lebbare“ und „bedürfnisgerechte“ Beziehungen im Technologieumfeld zu gestalten, ist es selbst bei relational aufgesetzten Kooperationsverträgen aus rechtstheoretischer wie managementpraktischer Sicht ratsam, die Handhabe des internationalen Kaufrechts, den Umgang mit Leistungsstörungen sowie der Gewährleistung, die Produkthaftung und das Vorgehen mit Schadenersatz-ansprüchen explizit zu regeln.

Setzt man diese zunächst theoriebasierte Empfehlung mit den empirischen Studienergebnissen in Relation, so steht speziell bei grenzüberschreitenden Einkäufer-Verkäufer-beziehungen das Rechtssicherheitsbestreben beider Vertrags-partner im Fokus. Dies zeigt sich nicht zuletzt in einer hohen Ausschlussrate der Anwendung des UN-Kaufrechts (58 % der Einkäufer- und 44 % der Verkäuferunternehmen) im Technologieumfeld. Die Kooperationsbereitschaft beider Vertragsparteien macht die Vorgehensweise vor und nach Vertragsabschluss bei sich widersprechenden AGB evident. In der Mehrheit der Fälle (mehr als 70 %) wird von beiden

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Vertragspartnern im Technologieumfeld versucht, die AGB entweder neu zu verhandeln oder Nebenvereinbarungen in den ursprünglichen Vertrag aufzunehmen. Kommt es zu Widrigkeiten bei der Geschäftsabwicklung, zeigen die empirischen Ergebnisse, dass die Bestimmungen in den AGB oder in sonstigen Vereinbarungen so ausgelegt bzw. nachverhandelt werden, dass der Vertrag jedenfalls aufrechterhalten bleibt.

In Bezug auf die Wahrung der Gewährleistungsansprüche zeichnet sich im Technologieumfeld ein differenzierteres Bild, was das geforderte ausdrückliche vertragliche Regelungserfordernis unterstreicht. Sowohl auf Einkäufer- als auch auf Verkäuferseite zeigt sich das Sicherheits-bestreben in der Art, dass sich die Einkäufer großteils (zu 90 %) von der Rügepflicht ausgenommen sehen, während die Verkäufer in 99 % der Geschäftsfälle von einem Ausschluss der Pflicht zur Mängelrüge absehen.

Auch die sensible Thematik Produkthaftung im Tech-nologieumfeld hat großen Einfluss auf die rechtlich-ökonomische Beziehungsgestaltung. Einkäuferunternehmen wollen eine ex ante-Begrenzung von Schadenersatzan-sprüchen nur in 9 % der Fälle akzeptieren, während rund 62 % der befragten Verkäuferunternehmen naturgemäß versuchen, dies schon im Vorfeld der Geschäftsbeziehung beim Einkäuferunternehmen durchzusetzen. Das konstant hohe Sicherheitsbestreben zeigt sich auch hier, da Kosten in diesem Zusammenhang dann entstehen können, wenn es um die risikobedingte Erhöhung der Deckungssummen bei bestehenden Betriebshaftpflichtversicherungen geht. Diese sind an das eingegangene Produkthaftungsrisiko anzupassen. So kann es aufgrund der Verpflichtung zur Deckungsvor-sorge nach § 16 PHG zu erhöhten Kapitalkosten kommen, welche aus einer adäquaten Bildung von Rückstellungen im Unternehmen resultieren. Bedürfnisgerechte und kooperative Problemlösungsverträge im Technologieumfeld sollen vor allem

internationale Vertragsgestaltungskriterien (UN-KaufR), Teilaspekte der Gewährleistung (in erster Linie die Mängelrügepflicht) und des Produkthaftungsgesetzes (speziell im Hinblick auf die Deckungssummen)

berücksichtigen.

ACKNOWLEDGEMENT

Bei der Konzeption und der operativen Umsetzung der in diesem Beitrag zitierten empirischen Umfragen, leisteten Herr em.O.Univ.-Prof. Dr. Hanns Peter Euler von der Johannes Kepler Universität Linz sowie Herr Christoph Winkler, Studienassistent des Instituts für Betriebswirt-schaftslehre und Betriebssoziologie der Technischen Universität Graz, einen wesentlichen Beitrag. Beiden gebührt herzlicher Dank.

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S. 318. 18. Zunk, B.M., 2009, Controlling von Kundenbeziehungen, Verlag der

Technischen Universität Graz, S. 87 und S. 446 ff.

Ass.Prof. DDipl.-Ing. Dr.techn. Bernd M. Zunk Studierte Wirtschaftsingenieurswesen an der Technischen Universität Graz. 2000 bis 2001 Mitarbeiter der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG. Von 2002 bis 2003 im Bau- und Projekt-management der Kostmann GmbH tätig. 2003 bis 2008 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Betriebswirtschaftslehre und Betriebssoziologie bei Prof. Bauer. 2008 Promotion zum Thema „Controlling von Kundenbeziehungen“ an der Fakultät für Maschinenbau und Wirtschaftswissen-

schaften der Technischen Universität Graz. 2009 begann Dr. Zunk seine Professorenlaufbahn. Seit Jänner 2010 Assistant Professor. Seine derzeitigen Arbeitsfelder in Forschung und Lehre sind u.a., Beziehungsmanagement, Kundenwert, Vertriebs- und Risikocontrolling. Herr Dr. Zunk ist u.a. aktives Mitglied beim Wirtschaftsingenieurverband (WING), dem Internationalen Controllerverein (ICV) und dem Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. (VHB). Anschrift: Technische Universität Graz, Institut für Betriebswirtschaftslehre und Betriebssoziologie, Kopernikusgasse 24/II, A-8010 Graz, E-mail: [email protected]

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WING-PAPEr

Mag.iur. Dr.iur. Günther Sammer Studium der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz bis 2003. Herr Dr. Sammer diplomierte zum Thema „Die heranrückende Wohnbebauung in der Judikatur des VwGH und des VfGH“. Im Anschluss war er von 2004 bis 2009 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Österreichisches und Internationales Handels- (nunmehr: Unternehmens-) und Wirtschaftsrecht bei Prof. Gunter Nitsche an der Karl-Franzens-Universität Graz tätig.

Sein Doktoratsstudium schloss Herr Dr. Sammer im Jahr 2010 mit der Dissertation zum Thema „Der Öffentlichkeitsbegriff im Urheberrecht – Eine kritische Analyse“ ab. Begleitend zu seiner Assistententätigkeit publizierte Herr Dr. Sammer mehrfach im Bereich des Urheber- und Wettbewerbsrechts mit dem Schwerpunkt „Rechtsfragen zum Internet“. Anschrift: Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Österreichisches und Internationales Unternehmens- und Wirtschaftsrecht, Universitätsstraße 15 Bauteil C/IV, A-8010 Graz, E-mail: [email protected]

Univ.-Prof. i.R. Dr.iur. Gunter Nitsche Bachelor Degree in Political Science an der Washington State University. Studium der Rechtswissenschaften in Graz. Prof. Nitsche habilitierte sich an der Karl-Franzens-Universitätim Jahr 1981, wo er 1987 zum Univ.-Prof ernannt wurde. Seit 1988 Gastprofessuren an der Rutgers Law School in Camden sowie an der Technischen Universität Graz. Herr Prof. Nitsche ist zudem Verfasser zahlreicher Fachartikel und Mitheraus-geber der Manzschen Gesetzesausgabe des HGB.

Die Tätigkeitsschwerpunkte von Herrn Prof. Nitsche liegen vor allem im Bereich des Gesellschafts-, Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrechts.

Begleitend zu Forschung und Lehre nimmt Herr Prof. Nitsche rechtsberatende Funktion in Industrie- und Handelsunternehmen sowie Banken wahr. In der Erwachsenenbildung ist er seit Jahren mit Fort-bildungen für Anwälte, Notare, Richter und Wirtschaftstreuhänder engagiert. Anschrift: Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Österreichisches und Internationales Unternehmens- und Wirtschaftsrecht, Universitätsstraße 15 Bauteil C/IV, A-8010 Graz, E-mail: [email protected]

Julia Sattlegger

t3UG „teens treffen technik“

Bei der jahrelangen Arbeit mit FIT „Frauen in die Technik“, einem

Programm vom Büro für Gleichstel-lung und Frauenförderung musste fest-gestellt werden, dass sich Schülerinnen sowie Schüler nur unter den Namen der technischen Studienrichtungen oft nichts vorstellen konnten. Vor allem die klassischen Ingenieurwissenschaften Maschinenbau, Elektrotechnik und Bauingenieur-wissenschaften waren vielen ein Rätsel. So wurde in Abspra-che mit dem Vizerektorat für Lehre ein Ferialprogramm iniziiert.

Der Name: T3UG „Teens Treffen Technik“; das Konzept: technikinter-essierten Schülerinnen im Rahmen eines Praktikums in den Sommerferien Einblick in das naturwissenschaftlich-technische Tätigkeitsfeld der TU Graz zu ermöglichen.

Gleich beim Start im Schuljahr 2005/06 boten 54 Institute Plätze für 72 Schülerinnen an. Die einfache Philoso-phie von Johanna Klostermann, Koor-dinatorin der Aktivitäten zum Thema „Frauen in die Technik“ an der TU Graz: „Was einem Spaß macht, macht man auch später gerne.“ Kein Wunder also, dass sich 20% der Praktikantinnen bislang auch bei der Wahl des Studiums für die Technik entschieden haben.

Auch ich selbst mache heuer bereits mein drittes Praktikum an der TU Graz

und werde im Herbst hier mit dem Stu-dium beginnen. Als Praktikantin wird man stets ins Institutsleben eingebun-den. Man sammelt Erfahrungen, lernt neue Leute kennen und findet so ganz nebenbei heraus, wo die eigenen Inter-essen liegen.

Im Zuge meines diesjährigen Prak-tikums am Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft, beschäftige ich mich unter anderem mit der Organisation des Berufs- und Informationstag BIT-Bau, einer Berufinformationsmesse für Schüler und Studenten mit Schwer-punkt Bau. Dies war auch eine Gele-genheit, mich selbst über das Berufsfeld des Bauingenieurs zu informieren und gleichzeitig erste Projekterfahrung und –Verantwortlichkeit zu sammeln

Die Förderung der TU Graz geht je-doch weit über das Praktikum hinaus. So konnte ich zum Beispiel schon vor Beginn meines Praktikums an einer Exkursion nach München zur BAUMA, der größten internationalen Fachmesse für Baumaschinen, teilnehmen. Bei Be-darf werden die Schülerinnen von ih-ren BetreuerInnen auch bei Schulpro-jekten, sowie bei Fachbereichsarbeiten unterstützt.

Aufnahmevoraussetzung für ein vierwöchiges Ferialpraktikum an einem der Institute der TU Graz ist der Abschluss der 10. Schulstufe und das vollendete 16. Lebensjahr sowie die Teil-nahme an den FIT-Schnuppertagen im Februar und am Technikerinnentalk im März jeden Jahres. Die nächsten Schnuppertage finden am 14.-17.Febru-ar 2011 statt. Dort werden technisch-na-turwissenschaftlichen Studien an der TU Graz, der KF-Universität Graz, der Montanuniversität und den FH’s prä-sentiert. Gespräche mit StudentInnen und AbsolventInnen der Universitäten sollen dabei helfen, sich über bestimm-te Studienrichtungen zu informieren und sich direkt für den entsprechenden Bereich zu bewerben.

Julia Sattlegger ist Ferialpraktikan-tin am Institut für Baubetrieb und Bau-wirtschaft

UNINACHrICHtEN

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Gerhard Himmer

In der Vielfalt vereintWarum müssen Autos eigentlich schwarz sein?

Henry Ford, der mit der Fließfertigung das arbeitsteilige Prinzip in seinen Automobilfabriken perfektioniert hat, und damit der industriellen Fahrzeugherstellung zum Durchbruch verhalf, brachte ein schon damals virulentes Problem auf den Punkt. Sein unbewiesenes Zitat, dass jeder Kunde einen Ford in der Farbe seiner Wahl bekommen könne - solange die Farbe schwarz sei – drückt aus, was damals wie heute eine der schwierigsten Herausforderungen in der Wertschöpfungskette darstellt: das wirtschaftliche Beherrschen der Variantenvielfalt, das Dilemma zwi-schen der vom Kunden geforderten Produktvielfalt und der notwendigen Effizienz in der industriellen Fertigung.

Wieviel Vielfalt braucht der Markt?

In unserer globalisierten Welt werden die Ansprüche, die an Leistungen und Produkte unseres alltäglichen Lebens gestellt werden, immer höher. Massen-produkte, die zwar günstig zu erwer-ben sind, denen aber die persönliche Note fehlt, genügen den individuellen Ansprüchen vieler Konsumenten längst nicht mehr. Gefragt sind auf die persönliche Situation abgestimmte Produkte- egal ob es sich um individu-ell ausgestattete Autos oder Netbooks in den persönlichen Vorzugsfarben handelt - die den Komplexitätsgrad der Wertschöpfungsketten erheblich steigern.

Aber nicht nur der Konsument trägt durch die Forderung nach individuali-sierten Produkten zur Bildung von Va-

rianten bei, auch der Handel erkennt in speziell konfigurierten Markenpro-dukten eine Möglichkeit der Preisdiffe-renzierung gegenüber dem Mitbewerb. Somit kommen zwei Wirkungsweisen des Marktes zusammen – „demand pull“ und „market push“ – die das Auf-treten von Produktvarianten forcieren. Aber zu den von außen generierten Motiven für Diversität kommen auch interne, in den betrieblichen Prozessen gelegene Gründe für Varianten dazu: Komponenten unterschiedlichster Lie-feranten sind zu unterstützen, ebenso wie neue Fertigungsprozesse oder tech-nische Auflagen. Oder es sind in den Product-Roadmaps Erzeugnisse ent-halten, die zwar erst in einigen Jahren auf den Markt kommen, aber bei der ersten Produktgeneration bereits tech-nologisch als Variantenausprägungen

mitberücksichtigt werden müssen. Ein weiterer Faktor, welcher die Anzahl der gleichzeitig im Markt auftretenden Va-rianten steigen lässt, sind immer kürzer werdende, sich überlappende Produkt-lebenszyklen. Dass dieses Mehr an An-gebotsvarianten durchaus wirtschaft-liche Vorteile bringt, läßt sich anhand diverser Studien1 nachvollziehen, die sich mit der Bewertung des Zusam-menhanges zwischen Produktvielfalt und Marktwachstum beschäftigen. Va-

1 Feenstra, Robert C., [1994], New Pro-duct Varieties and the Measurement of International Prices, American Econo-mic Review 84(1), March, 157-177.Feenstra, Robert C., D. Madani, T.-H.Yang und C.Y. Liang [1999], Testing Endogenous Growth in South Korea and Taiwan, Journal of Development Economics 60, 317-341.

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riantenvielfalt erweist sich als Wachs-tumstreiber, und es ist anzunehmen, dass mit einer weiteren Individualisie-rung der Kundenbedürfnisse die Pro-duktvielfalt zunehmen wird.

Herausforderung Komplexitätsbe-herrschung

Die Konsequenzen für die Wertschöp-fungskette, die sich aus einer Verviel-fachung der Varianten ergeben kann man auf einen Nenner bringen: Vari-anten verursachen in der betrieblichen Praxis Komplexität. Und die macht sich meist in Kosten und Prozessqua-lität negativ bemerkbar. Das Ausmaß fällt aber je nach Produkt-Markt-Kom-bination höchst unterschiedlich aus. Bei Konsumgütern, die zumeist auf Lager gefertigt werden, steigen die Be-stände zumeist überproportional – falls man keine geeigneten Maßnahmen setzt. Dass sich dadurch das gebundene Kapital erhöht, ist bilanztechnisch ebenso-wenig gewollt, wie das sich daraus ergebende Risiko von Wertverlusten (Verluste aus Preiserosion oder Lagerüber-alterung).

Das Problem verschärft sich umso mehr, je länger die Versorgungsketten sind. Heute haben etwa Fertigge-räte aus Fernost, die für eu-ropäische Märkte bestimmt sind, Wiederbeschaffungs-zeiten von mindestens 9 Wochen. Will man dann die Verfügbarkeit der gesam-ten Variantenpalette am Markt durch

klassische Lagerhaltung abdecken, stei-gen die Lagerstände in wirtschaftlich kaum vertretbare Höhen. In einer von PRTM und PMG im Jahr 2005 durchge-führten Umfrage2 gaben deshalb 82 % der teilnehmenden Unternehmungen an, in ihren Versorgungsketten mit hochkomplexen Abläufen konfrontiert zu sein und fast 70 % sagten, dass diese Vielschichtigkeit ihnen auch hohe Kos-ten verursache. Nur 25 % schafften die Balance zwischen hoher Komplexität ihrer Wertschöpfungskette und ver-gleichsweise niedrigen betrieblichen Kosten.

Um bei hohem Variantenreichtum die Kosten der Marktpräsenz bei gleich-zeitig hohem Lieferbereitschaftsgrad einigermaßen im Griff zu behalten, sind intelligente Werkzeuge und Me-thoden der Komplexitätsbeherrschung unerlässlich.

2 PRTM and The Performance Measurement Group, PRTM’s Supply Chain Complexity survey, Oct.2005

Variantenmanagement – ein generel-ler Ansatz

Ein möglicher und simpler Ansatz das Komplexitätsproblem in den Griff zu bekommen, wäre die Anzahl der ver-fügbaren Varianten zu senken. Wegen der angestrebten Kundenorientierung des Produktangebotes – Stichwort Bedienung der Kundenheterogenität - wäre dies gar nicht möglich oder sinn-voll. Mit Hilfe des Variantenmanage-ments geht es vielmehr darum, gezielt die Auswirkungen der notwendigen Produktdiversität auf den betrieb-lichen Ablauf möglichst gering zu hal-ten. Ansätze eines erfolgreichen Vari-antenmanagements gibt es zahlreiche. Ihrem Wesen nach lassen sich in der betrieblichen Praxis aber drei Strate-gien des Variantenmanagements aus-machen. Sie unterscheiden sich nach ihren Vorgehensschwerpunkten und ihrer zeitlichen Zuordnung im Pro-duktlebenszyklus. Die besten Resultate lassen sich durch eine – sehr individu-elle – Kombination der einzelnen Stra-tegien erreichen. Zielsetzung ist immer das effiziente Beherrschen der sich aus der Produkt-Marktkombination erge-benden Komplexität.

Während die Reduktion der Kom-plexität (Verringerung der Lieferan-tenbasis, Modulmontage,…) oder das Beherrschen der Komplexität (Syste-me, technische Abläufe,…) etwa Stra-tegien sind, die eher in der laufenden Produktlebenszeit am Markt zum Ein-satz kommen, setzten die Strategien zur Vermeidung von Komplexität in einem früheren Stadium an. Obwohl diese noch über das Markteinfüh-

rungsfenster hinaus wirksam sein können, sind die Maßnah-men doch weitestgehend an die Produktentwicklung gekoppelt und enden mit der Marktintro-duktion. Hier gilt wie so oft: je früher, desto besser. Das Ver-meiden ist effizienter als das Bekämpfen.

Integrale Architekturen als Antwort zur Komplexitätsver-meidung

Ziel eines Entwicklungspro-jektes ist, ein Produkt mit definierten Merkmalen in festgesetzter Zeit zu ver-einbarten Kosten zu entwickeln. Damit

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die engen Rahmenbedingungen erfüllt werden können, müssen Anforderungs-profile in einem vorgelagerten Prozess definiert werden. Diese sind aber oft zentral auf die Produktspezifikation (zur Erfüllung von Kundenanforde-rungen) oder technologische Fragestel-lungen hinsichtlich der Primärfunkti-on ausgerichtet, berücksichtigen aber seltener Aspekte des supply chain ma-nagements oder der Produktion. Diese einseitige Orientierung birgt die Ge-fahr des frühzeitigen Festlegens auf Lö-sungen für die Produktgestaltung, die sich in der Marktpräsenz dann aber als problematisch bezüglich Herstellung und Verteilung herausstellen können.

Über das CoC Klagenfurt von Philips Consumer Lifestyle werden jährlich mehr als 100 Innovationspro-jekte abgewickelt. Es ist im ureigensten Interesse des Supply Centers, welches für die Verfügbarkeit dieser Produkte im Markt verantwortlich ist, dass schon im frühesten Stadium der Produktent-wicklung gemeinsam Weichenstellun-gen getroffen werden, welche die Wert-schöpfungskette vereinfachen.

Um diese unterschiedlichsten An-forderungen zu kanalisieren, haben wir den Ansatz der „integralen Archi-tektur“ entwickelt. Für Produkte, die in einer Generationenfolge eingebettet sind, wird - um gesamtheitlich optima-le Lösungen zu entwickeln - jedem Pro-duktentwicklungprojekt ein Prozess vorgelagert, der sicherstellen soll, dass die Produktentwicklung auf erprobten technologischen Prinzipien basiert, und das Produkt sowohl den Anforde-rungen des Kunden als auch der Supply Chain gerecht wird. Eine entscheidende Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Entwerfen von Produktplattformen mit funktionalen Modulen und abgesi-cherten Schnittstellen.

So kann gewährleistet werden, dass aus einer begrenzten Anzahl an Mo-dulen im Baukastenprinzip rasch eine Vielzahl an individuellen Produkten gebildet werden können. Zielgedanke ist, ausgehend von den Marktanfor-derungen in einem synchronen statt einem sequentiellen Prozess die Pro-dukte bzw. Produktfamilien so zu ent-wickeln, dass sie allen Anforderungen der Marktphase gerecht werden. Dabei entstehen mittels der integralen Pro-duktarchitektur Konzepte, die sowohl die klassische Produktarchitektur (Pro-duktaufbau, Funktionsmodule) als auch die Produktionsarchitektur (Ar-beitsabfolge, Kapazitätsbereitstellung) und die Supply Chain Architektur (Pro-duktionsallokation, Komponentenas-semblierung, Entkoppelungspunkte,…) berücksichtigen.

Dies ist deshalb entscheidend, da sich alle drei Architekturdimensionen gegenseitig beeinflussen. Diese Kon-zepte lassen sich in unterschiedlichen Szenarien abbilden, die mittels einer Bewertungssystematik auf Basis ihres

Kosten-Nutzenverhältnisses evaluiert werden. Durch eine so geschaffene frühzeitige Transparenz der Varian-tenkosten in den unterschiedlichen Szenarien können abgesicherte Mark-tentscheidungen getroffen und deren Erfolge gemessen werden.

Der wesentliche Vorteil eines solchen Konzeptes in der betrieblichen Umset-zung ist die Fertigungsflexibilität im Markt bei gleichzeitiger Möglichkeit, Einsparungen mittels Losgrößende-gression und zentraler Beschaffung zu erzielen. Über mehrere Produktgene-rationen gesehen ergeben sich durch Wiederverwendung der Module wei-tere Vorteile im Bereich der Qualitäts-, Entwicklungs-, Werkzeug- oder etwa der Prozesskosten, weil auf Bewährtem aufgebaut oder Verbesserungen auf be-reits hohem Niveau weiterentwickelt werden können.

An einem Beispiel wird der Erfolg dieses Ansatzes zur Komplexitätsver-meidung klar ersichtlich. Als die inte-grale Produktarchitektur für die Ent-wicklung einer neuen Produktfamilie erstmals angewandt wurde, war das Ziel, für die europaweit rund 60 Vari-anten (mit einer sehr hohen Streuung des Wochenbedarfes) die operativen Kosten zu minimieren. Dafür wurden erhöhte Primärentwicklungskosten in Kauf genommen, die sich dann in der Marktphase bezahlt machen sollten.

In dem von Entwicklung, Produkti-on und Supply Chain Management ge-meinsam erarbeiteten Konzept stellte sich schnell heraus, dass nur ein „late

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configuration concept“ in einer modu-laren Produktumgebung die Flexibili-tätsanforderungen (kurzfristige Mix- und Volumenänderungen im Markt) erfüllen kann. In diesem Konzept wird der Produktionsprozess in zwei, durch einen Entkoppelungspunkt getrennte Abschnitte gegliedert. Im ersten Pro-duktionsabschnitt wird das Basisgerät mit geringster Variantenausprägung gebaut.

Hier sind es zwei Bauvarianten, in denen bereits über 80 % der End-gerätekosten verbaut sind. In diesem Abschnitt liegen kapitalintensive Pro-duktionsprozesse, die mit vergleichs-weise konstantem Volumen und hoher Effizienz gefahren werden können, da durch den Entkoppelungspunkt die Be-darfsschwankungen des Marktes nicht in diesen Bereich durchschlagen. In dieser Stufe wird mit einer „make-to-stock“ Strategie geplant.

In dem nach dem Entkoppelungs-punkt gelegenen Abschnitt dienen Kundenaufträge als Planungsgrund-lage, es wird also nach einer „assemb-le-to-order“ Strategie produziert. In diesem letzten, auf höchste Flexibilität ausgelegten Abschnitt, werden die Va-rianten kundenspezifisch gefertigt. Da die Bedarfsschwankungen in diesem Abschnitt voll zum Tragen kommen, sinkt der Nutzungsgrad dieses Ab-schnitts deutlich.

Dies ist aber wegen der geringen Wertschöpfung dieser Stufe wenig kri-tisch, die bedarfskonforme Produktion und die damit verbundenen niedrigen

Lagerstände an Fer-tiggeräten machen dieses Manko wett. Konkret wurden mit diesem Archi-tekturansatz Kos-teneinsparungen im Materialbereich von 40 % gegenüber dem Vorgängermo-dell erreicht, bei den Arbeitskosten wurden sogar über 60 % realisiert. Bei einem vergleichbaren Projekt konnten in der 2. Generation Einsparungen bei Entwicklungskosten in Höhe von 70 % und rund 55 % auf Werkzeugkosten er-zielt werden.

Der Ansatz der integralen Architek-tur hat sich als Methode des Komplexi-tätsmanagements bewährt um in einem volatilen Marktumfeld Varianten effizi-ent und kundenspezifisch fertigen zu können. Der Wunsch nach einer Steige-rung des Lieferbereitschaftsgrades - bei gleichzeitiger Senkung der integralen Kosten - ist greifbarer geworden.

Autor

Gerhard Himmer, Dipl.-Ing. Dr.techn., Systems and Supply Chain Innovation Manager, Philips Consumer Lifesytle.Email: [email protected] 1958, Studium Maschinenbau-Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Graz, anschließend Universitätsassis-tent am Institut für Wirtschafts- und

Dipl.-Ing. Dr. techn.

Gerhard Himmer

Manager, Philips Consumer lifestyle

Betriebswissenschaften, Abteilung für Industriebetriebslehre und Innovati-onsforschung, Promotion 1993.1993-1994 Joanneum Research, Projekt-koordinator der Einrichtung der ersten vier steirischen FH-Studiengänge.1995-1995 Bereichsleitung Logistik, Wo&Wo Grün Gmbh.Seit 1996 in unterschiedlichen Positi-onen des Philips-Konzerns.Verantwortlich für die logistischen Pro-zessinnovationen der Sparte Consumer Lifestyle in EMEA. Themen: Reorganisation von Versor-gungsketten, Planungsprozessen und des Supply Chain Controllings. Gestal-tung der Schnittstellen Produktinnova-tion / Produktion / Supply Chain Ma-nagement.Projektleitung bei der Einführung von SAP R3 und mySAP SCM an verschie-denen Standorten. Einsatz in Holland, USA und Singapur im Rahmen von Lean Management Projekten im Pro-duktionsbereich.

Call for Papersthemenschwerpunkt: Nachhaltige Produktion

in WINGbusiness 04/2010

Beschreibung

Für die Ausgabe 04/2010 laden wir Autoren ein, wissenschaftliche Ar-tikel (WINGPaper) zum Thema „Nachhaltige Produktion und Logis-tik in globalen Netzwerken “ einzu-reichen.Dabei geht es um die Vorstellung von Ansätzen und Methoden, die dazu beitragen, globale Produktions- und

Logistiknetzwerke, unter Berücksich-tigung des Aspekts Nachhaltigkeit, zu verbessern.

Hinweise für Autoren:

Vorlagen zur Erstellung eines WING-papers und konkrete Layout-Richtli-nien sind als Download unter:http://www.wing-online.at/services/wingbusiness/medienfolder.html

oder per E-Mail verfügbar.Autoren können ihre Beiträge zum

Themenschwerpunkt als PDF an [email protected] übermitteln.

Die Ergebnisse des Reviews werden dem Autor innerhalb von 4-8 Wo-chen nach Einsendung des Artikels zugestellt.

Annahmeschluss: 28.10.2010

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Berekhoven, L.; Eckert, W.; Ellenrieder, P.:Marktforschung - Methodische Grundlagen und praktische AnwendungGabler Verlag, Wiesbaden 2009, 12. Auflage, 436 Seiten, € 48,00ISBN 978-3-8349-1548-1

Das Lehrbuch von Ludwig Berekoven, Werner Eckert und Peter Ellenrieder ist aufgrund seiner ge-schlossenen, übersichtlichen und verständlichen Darstellungsweise das Standardwerk der Marktfor-schung. Grundlagen, Methoden und Instrumente sowie Anwendungen der Marktforschung werden didaktisch geschickt beschrieben und kritisch hinterfragt. Insbesondere der angewandten Marktfor-schung wird bewusst breiter Raum eingeräumt. Anhand einer Fallstudie wird die praktische Umset-zung, beginnend mit der Produktidee über die Produktentwicklung bis hin zur Produkteinführung, illustriert.

Eignung/Leserschaft 1 (Anfänger) oþooo5(Experten)Theorie 1 (nicht behandelt) ooþoo 5 (intensiv)Anwendung 1 (nicht behandelt) ooooþ 5 (intensiv)

Empfehlung: gute Arbeit, empfehlenswertBernd Zunk

Boersch, C.; Westerwelle, G.:Das Summa Summarum Politik und Wirtschaft - Ein Überblick über die wichtigsten wirt-schaftlich-politischen Auseinandersetzungen der GegenwartGabler Verlag, Wiesbaden 2009, 3. Auflage 363 Seiten, € 44,90ISBN:978-3-8349-1473-6

Das Summa Summarum von Politik und Wirtschaft bringt 25 der wichtigsten aktuellen Werke aus dem angelsächsischen Sprachraum, die trotz oder wegen ihres liberalen Inhalts, ihres Engagements für freie Märkte und für die eigenständige Entwicklung des Individuums nicht immer den Eingang auf den deutschen Büchermarkt gefunden haben, zum Verhältnis von Politik und Wirtschaft auf den Punkt. Es behandelt die wichtigen kontroversen Themen der Gegenwart, und zwar bewusst so, dass in jedem Kapitel einander widersprechende Positionen enthalten sind. Die Betonung liegt dabei auf den Standpunkten des Liberalismus.

Eignung/Leserschaft 1 (Anfänger) oooþo5(Experten)Theorie 1 (nicht behandelt) oooþo 5 (intensiv)Anwendung 1 (nicht behandelt) oooþo 5 (intensiv)Empfehlung: erstklassig, sehr empfehlenswert

Iris Uitz

Helfferich, C.:Die Qualität qualitativer Daten - Manual für die Durchführung qualitativer InterviewsVS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, 214 Seiten, € 19,90ISBN 978-3-531-15410-7

Die Autorin vermittelt in Ihrem Buch einen guten Überblick über die Grundlagen und das Vorge-hen bei qualitativen Interviews. Zielgruppe sind dabei vor allem Studierende und Forscher/innen. Hilfreiche Beispiele aus der Praxis und Übungen für den Leser runden den praxisnahen Charakter dieses Buchs ab.

Eignung/Leserschaft 1 (Anfänger) ooþoo5(Experten)Theorie 1 (nicht behandelt) oooþo 5 (intensiv)Anwendung 1 (nicht behandelt) oooþo 5 (intensiv)

Empfehlung: gute Arbeit, empfehlenswertWolfgang Vorraber

MEDIENCorNEr

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39WINGbusiness 3/2010

Kett, I.; Schewe, G.:Management Skills - Beziehunge nutzen, Probleme lösen, effektiv kommunizierenGabler Verlag, Wiesbaden 2010, 208 Seiten, € 39,90ISBN 978-3-8349-1880-2

Die Autoren geben in ihrem Werk einen Überblick über Wege zu erfolgreicher und, wie sie es selbst nennen, durchschlagskräftiger Kommunikation. Es werden auch Übungen zur Selbstreflexion an-geboten, um Dabei wird nicht nur auf berufliche, sondern auch auf private Verwendung der vor-gestellten Methoden Rücksicht genommen. Durch die sehr bildhafte Darstellung sind nur wenige Vorkenntnisse für das Verständnis der Inhalte notwendig.

Eignung/Leserschaft 1 (Anfänger) ooþoo5(Experten)Theorie 1 (nicht behandelt) ooþoo 5 (intensiv)Anwendung 1 (nicht behandelt) oooþo 5 (intensiv)

Empfehlung: gute Arbeit, empfehlenswertGeorg Premm

Kohler, J.: Wissenstransfer bei hoher Produkt- und Prozesskomplexität - Pilotierung, Rollout und Migration neuer Methoden am Beispiel der AutomobilindustrieGabler Verlag, Wiesbaden 2008, 265 Seiten, € 49,90ISBN 978-3-8349-0923-7

Im Buch wird der Produktentwicklungsprozess für komplexe Produkte und Systeme untersucht, und die verteilten partnerschaftlichen Strukturen verfolgt. Der Fokus wird auf die Automobil- und Zulieferindustrie gelegt, in der die wertschöpfungskettenübergreifende Zusammenarbeit studiert wird. Analysiert werden Formen des Wissensaustauschs in der bereichsübergreifenden Zusammen-arbeit sowohl zwischen Organisationseinheiten in der Unternehmung, wie auch in firmenübergrei-fenden Beziehungen mit Geschäftspartnern.

Eignung/Leserschaft 1 (Anfänger) ooþoo5(Experten)Theorie 1 (nicht behandelt) ooþoo 5 (intensiv)

Anwendung 1 (nicht behandelt) oþooo 5 (intensiv)Empfehlung: neutral

Sonja Embst

Ruhl, K.; Mahrt, N.; Töbel, J.:Publizieren während der PromotionVS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, 268 Seiten, € 29,95ISBN 978-3-531-17178-4

Das Buch gibt einen Überblick über Konventionen und Abläufe des professionellen wissenschaft-lichen Schreibens und Publizierens und soll bei der Vorbereitung der ersten Veröffentlichungen unterstützen. Es richtet sich insbesondere an Promovierende, die bereits während ihrer Promotions-phase erste Texte publizieren oder die sich über Publikationswege und -strategien für ihre Doktor-arbeit informieren möchten. In einzelnen Artikeln werden verschiedene Textsorten vorgestellt und die spezifischen Regeln und Konventionen unterschiedlicher Fachgebiete erläutert. Grundsätzliche Informationen zum wissenschaftlichen Schreiben und nützliche Tipps zu organisatorischen und finanziellen Aspekten des Publizierens runden den Band ab.Eignung/Leserschaft 1 (Anfänger) ooþoo5(Experten)Theorie 1 (nicht behandelt) ooþoo 5 (intensiv)Anwendung 1 (nicht behandelt) ooþoo 5 (intensiv)

Empfehlung: gute Arbeit, empfehlenswertUlrich Bauer

MEDIENCorNEr

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Bruno Hake

Die Methodik der länderrisiko AnalyseHaben die PIGS-länder noch Chancen?

Für eine Bank oder einen Exporteur stellt sich bei einem Kredit an ein

ausländisches Unternehmen oder ei-nen Staat die Frage nach der Kredit-würdigkeit.

Fabriken werden früh betroffen, wenn ein Land zahlungsunfähig wird: Importrestriktionen, Beschäftigungs-verbot für ausländische Fachleute, hö-here Steuern, Einschränkungen des Zahlungsverkehrs usf.

Banken dagegen werden als Gläu-biger von der Regierung eines Pro-blemlandes bis zuletzt umworben. Die Finanzlage wird verschleiert: Kredite, insbesondere Handelskredite, werden nur unvollständig erfasst, „Schieflagen“ daher meist zu spät aufgedeckt. Der po-litische Druck, weitere Kredite zu ver-geben oder bestehende über den Fäl-ligkeitstag hinaus zu prolongieren, ist stark. Die im internationalen Geschäft tätigen Kreditinstitute müssen trotz dieser Schwierigkeiten ihr Auslands-geschäft weiterhin betreiben. Künftig wird es immer weniger sichere, dafür aber sehr viel mehr finanziell labile Länder geben. Deshalb ist die frühzei-tige und zuverlässige Beurteilung eines Landes, ob es seine gegenüber auslän-dischen Gläubigern eingegangenen Verpflichtungen künftig in harter Währung erfüllen kann und will, die

Voraussetzung für ein rentables inter-nationales Export- und Kreditgeschäft.

Eine Länderrisiko-Bewertung muss Prognose-orientiert sein, denn erst in der Zukunft entscheidet sich, ob ein heute gegebener Kredit problemlos ver-zinst und zurückgezahlt werden kann. Sie muss ferner eine größere Zahl von quantitativen und qualitativen Krite-rien benutzen und ein Land in eine „Kreditwürdigkeitsklasse (das „Ra-ting“) einstufen, welche dem internati-onal tätigen Kreditmanager bestimm-te Entscheidungen empfiehlt.

Kennzahlen für die Kreditwürdig-keitsprognose

Das BERI-Institut (=Business Envi-ronment Risk Intelligence, www.beri.com) benutzt seit über 30 Jahren eine „FORELEND“ (Forecast of Country Risk for international Lenders) genann-te Länderrisiko-Bewertung, die alle für die Kreditwürdigkeit relevanten Kom-ponenten berücksichtigt:

Die quantitative Kennzahl kenn-zeichnet die Fähigkeit eines Landes, harte Devisen zu verdienen, ausrei-chend hohe Währungsreserven zu unterhalten, seine Auslandsverschul-dung zu begrenzen und den Staats-haushalt auszugleichen.

Die qualitative Kennzahl beurteilt die „technokratische Kompetenz“ der Regierung: die Struktur der Aus-landsschulden, die Vorschriften für Devisentransfers, die Rolle von Kor-ruption und Vetternwirtschaft bei finanzwirtschaftlichen Vorgängen sowie die Entschlossenheit der Po-litiker zur Erfüllung ihrer Verpflich-tungen gegenüber ausländischen Gläubigern. Die soziale Kennzahl beurteilt das politische und soziale Umfeld: die politische Stabilität (z.B. die Zersplit-terung des politischen Spektrums durch Parteien, Volksstämme, Re-ligionen), das Geschäftsklima (büro-kratische Hemnisse, Infrastruktur, Wirtschaftswachstum, Inflation) sowie die sozialen Verhältnisse (wie Analphabetentum, Arbeitslosigkeit, Armut, Bevölkerungswachstum).

Die quantitative Kennzahl wird mit Hilfe der Statistiken von Weltbank und IMF errechnet. Zur Ermittlung der qualitativen und der sozialen Kenn-zahl werden die in der Konjunktur-for-schung bewährte„Panel-Methode“ so-wie die „Delphi-Methode“ eingesetzt: 21 Kriterien werden regelmäßig von ei-ner größeren Zahl von Fachleuten aus dem Bereich der Wirtschaft, der Polito-logie und der Soziologie benotet.

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Bei der Auswertung der Statistiken und bei der Befragung der Panel-Mit-glieder werden auch Schätzungen der Entwicklung in den nächsten fünf Jah-ren erhoben. Dieses ermöglicht eine zuverlässige Prognose der künftigen Kreditwürdigkeit.

Ein ideales Land würde für jede der drei Kennzahlen 100 Punkte erreichen, in der Praxis bedeuten 65 Punkte „gut“. Das Gewicht der quantitativen Kenn-zahl für die Berechnung der Gesamt-zahl ist 50 Prozent, das der beiden an-deren Kennzahlen jeweils 25 %.

Die Gesamt-Kennzahl wird durch Addition der drei gewichteten Kenn-zahlen ermittelt.

Mit dieser werden die Länder in die folgenden acht „Kreditwürdigkeits-Klassen“ eingestuft:

Die folgende Übersicht zeigt die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der derzeit im Mittelpunkt der Kreditkrise stehenden s.g. PIGS-Länder vor fünf Jahren, jetzt und die Prognose für 2015. Die Kennzahlen für stabile Länder wie Österreich und die USA erleichtern ei-nen Vergleich:

Klasse 5 bedeutet ein Warnsignal bei der Vergabe neuer Kredite, jedoch kein Ausfallrisiko. Mit dem Aufstieg in Klasse 4 - und erst recht in Klasse 3- verlässt ein Land die Problemzone. Das wird für Portugal, Italien und Spanien bis spätestens 2015 erwartet, nicht je-doch für Griechenland. Schon vor über 10 Jahren wurde dieses Land in Klasse 5, seit 2005 in Klasse 6 eingestuft. Für die Steuerzahler in den EURO-Ländern keine frohe Botschaft.

Die FORELEND-Methode zeigt seit 1975 in der Praxis, dass die Kombi-nation von quantitativen und qualita-

tiven Kriterien aus den Bereichen der Volkswirtschaft, der Politologie und der Soziologie ein zuverlässiges „Früh-warnsystem“ für Länderrisiken im Kre-ditgeschäft bildet.

Während der derzeitigen Kredit-krise brauchten die FORELEND Be-wertungen nicht weiter angepasst zu werden. Im Gegensatz dazu stuften die bekannten Rating-Agenturen einige Länder um z.T. gleich mehrere Stufen zurück und verstärkten dadurch die Unruhe auf den Kreditmärkten. Das erschwerte die Refinanzierung fällig gewordener Darlehen und erleichterte profitable Leerverkäufe durch Banken und Hedge Fonds.

Die zu spät erfolgten Rückstufun-gen lassen ver-muten, dass die überwiegend mit q u a n t i t a t i v e n Analysen arbei-tenden Agenturen die Bedeutung qualitativer und sozo-polit ischer Kriterien für die Kreditwürdigkeit eines Landes unzu-reichend berück-sichtigen und die

Prognosefähigkeit ihrer Bewertungs-systeme mangelhaft ist.

Wie trotz Überschuldung einiger Länder eine Währung über ein Jahr-hundert stabil gehalten werden kann zeigen Bundesstaaten wie die USA und die Schweiz: dort gehen überschuldete Länder, Kantone oder Gemeinden plei-te, ohne dass ihnen von der Bundesre-gierung in Washington oder Bern oder durch „Rettungsfonds“ geholfen wür-de. Die Banken wissen das und drehen daher den Kredithahn frühzeitig zu, weil sie Verluste befürchten. Dadurch sind die Bundesländer bzw. Kantone, Landkreise und Gemeinden gezwun-gen, rechtzeitig rigorose und unpopu-läre Sparmaßnahmen zu ergreifen. Ka-liforniens Gouverneur Schwarzenegger kann ein Lied davon singen.

Autor

Der Autor studierte Bauingenieurwe-sen an der University of Missouri und Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Graz, promovierte und habilitierte dort bei Prof. Max Pietsch. Er war viele Jahre in der Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Marktstudien für Innovation tätig und an der Gründung mehrerer Unternehmen, u.a. des BERI-Instituts, beteiligt. Er lebt in Wiesbaden und beschäftigt sich mit Länderrisiko-Analysen und lehrt Existenzgründung an der TU Braunschweig.

Gesamt-Punkte Klasse Kreditempfehlung

65-100 1 guter Kreditnehmer, geringes Risiko, niedrigste Zinsen 60-64 2 guter Kreditnehmer, etwas höhere Zinsen 55-59 3 etwas höheres Risiko, höhere Zinsen, strengere Vertragsbedingungen, bei Darlehen an Unternehmen Staatsbürgschaft fordern 50-54 4 noch akzeptables Risiko, höchste Zinsen, auch bei Darlehen an den Staat die Bürgschaft einer ausländischen Bank oder einer internationalen Organisation (z.B. Weltbank, IMF) fordern 45-49 5 Vorsicht, keine neuen Kredite geben, Verlängerung der Laufzeit vermeiden, Rückzahlung anstreben 40-44 6 zu hohes Risiko, Verzögerung der Zinszahlungen verhindern. Strategie für Umschuldungsverhandlungen vorbereiten 35-39 7 Vorbereitung von Notmaßnahmen, Zeit- und Kostenaufwand zur Sicherung der Rückzahlung begrenzen 0-34 8 Durchführung von Notmaßnahmen, Zeit- und Kostenaufwand zur Sicherung der Rückzahlung begrenzen

Land KQuant KQual KSoz Gesamt KW 2005 KW 2010 KW 2015Portugal 45 51 48 47 4 5 4 Italien 50 53 40 48 3 5 4 Griechenland 32 41 40 37 6 7 6 Spanien 49 56 52 52 2 4 3 Österreich 66 64 65 65 1 1 1 USA 64 56 63 61 1 2 2

KQuant: quantitative Kennzahl; KQual: qualitative Kennzahl; KSoz: soziale Kennzahl; Gesamt: gewichtete Gesamtkennzahl, alle für 2010. KW: Kreditwürdigkeitsklasse in 2005, 2010, 2015. Quelle: FORELEND, Ausgabe 2010-I

Dr.-Ing.

Bruno Hake

Privatdozent tU Braunschweig

Page 42: WINGbusiness Heft 03 2010

42 WINGbusiness 3/2010

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Erscheinungsweise4 mal jährlich, jeweils März, Juni, Oktober sowie De-zember. Nachdruck oder Textauszug nach Rücksprache mit dem Editor des „WINGbusiness“. Erscheint in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit den einschlä-gigen Instituten an den Universitäten und Fachhoch-schulen Österreichs. Der Wirtschaftsingenieur (Dipl.-Wirtschaftsingenieur): Wirtschaftsingenieure sind wirtschaftswissenschaftlich ausgebildete Ingenieure mit akademischem Studienabschluss, die in ihrer be-ruflichen Tätigkeit ihre technische und ökonomische Kompetenz ganzheitlich verknüpfen.WING - Österreichischer Verband der Wirtschaftsinge-nieure ist die Netzwerkplattform der Wirtschaftsinge-nieure. ISSN 0256-7830

SteirerInnen surfen mit der aonPowerKombi jetzt doppelt so schnell

GigaNetz-Ausbau von A1 Telekom Austria wesentlich rascher als geplant: Ab sofort Highspeed-Internet für 1,5 Millionen ös-terreichische Haushalte und GewerbebetriebeDer Ausbau des GigaNetzes von A1 Telekom Austria in und um Graz geht rascher voran als geplant. In der Steiermark erreicht A1 Telekom Austria bereits 40 % der Haushalte und Gewerbebetriebe mit Highspeed-Breitband. Österreichweit können mit Anfang September bereits 1,5 Millionen, also 36 % aller Adressen mit Highspeed-Internet mit bis zu 30 Mbit/s versorgt werden. Das ursprüngliche Ausbauziel lag bei 750.000 Haushalten und Gewerbebetrieben. Zusätzlich zu den Glasfa-ser-Pilotprojekten wird neueste VDSL-Technologie ausgebaut, um den Versorgungsgrad mit Breitband-Technologie weiter zu erhöhen. Dazu gibt es mit der aonPowerKombi ein starkes Angebot zum attraktiven Preis, mit dem Kunden doppelt so schnell surfen: Bereits ab 29,90 Euro pro Monat unlimitiertes, gigaschnelles Internet, digitales Kabelfernsehen und mobiles Internet.„Die Internetnutzer sind hungrig nach Bandbreite. Je breiter die Datenautobahn ist, desto schneller und intensiver wird sie auch befahren. Die im Internet transportierten Datenmengen steigen exponentiell. Dafür braucht es eine geeignete Netzin-frastruktur. Wir haben vor etwas mehr als einem Jahr mit der Umsetzung eines nationalen Breitbandplans begonnen, der zum Ziel hatte, bis Ende des Jahres 750.000 Haushalte und Betriebe zu versorgen. Heute haben wir bereits 1,5 Millionen Haushalte erreicht und unser Ziel ist es, bis 2013 auf 2 Milli-onen zu kommen“, so Dr. Hannes Ametsreiter, Generaldirek-tor von A1 Telekom Austria.GigaNetz-Ausbau in den österreichischen BallungszentrenIm Rahmen des Infrastrukturausbaus von A1 Telekom Aust-ria wurden bis zum 1. September 2010 in den österreichischen Ballungszentren 190 weitere Vermittlungsstellen auf VDSL@CO-Technologie1 aufgerüstet. Davon 46 in Wien, 38 in der Steiermark mit Schwerpunkt Graz, 29 in Niederösterreich mit Schwerpunkt St. Pölten, 25 in Oberösterreich mit Schwer-punkt Linz, 23 in Salzburg mit Schwerpunkt Salzburg Stadt, 15 in Tirol mit Schwerpunkt Innsbruck, 8 in Burgenland, 5 in Vorarlberg und 1 in Kärnten. Damit erhöhte sich mit Septem-ber 2010 die Anzahl der VDSL@CO-Standorte auf 687 und das Gesamtpotenzial in Österreich auf über 1,5 Mio. Haus-halte und Gewerbebetriebe. In der Steiermark ist die Zahl der VDSL@CO Standorte mittlerweile auf 139 angewachsen. Mit diesem Ausbaustand können im Bundesland bereits 40 % der Haushalte und Gewerbebetriebe mit Highspeed-Breitband versorgt werden.Die VDSL@CO-Technologie ermöglicht eine Downloadge-schwindigkeit von bis zu 30 Mbit/s und einen Upload von bis zu 4 Mbit/s. Bei diesen Geschwindigkeiten steigt die Perfor-mance für die Kunden deutlich: Gleichzeitiges Internetsurfen, HD- und 3D-Fernsehen wird möglich und Business-Anwen-dungen wie Unified Communications oder Cloud Compu-ting können ihr volles Potenzial entfalten.Mag. Werner Reiter, Pressesprecher A1 Telekom AustriaTel: +43 +43 664 66 20711, E-Mail: [email protected]

1 VDSL@CO bedeutet die Anbindung des Endkunden mittels schneller VDSL-Verbindung an Glasfaser in der Vermittlungs-stelle.

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Page 43: WINGbusiness Heft 03 2010

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