Zeiteisen Ultimate Watch Secrets - Glashütte Original - Manufactum Teil 1

Zeiteisen Ultimate Watch Secrets - Glashütte Original - MANUFACTUM 1

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Glashütte Original - Manufactum - Teil 1

Sehr geehrter Leser,

immer wieder liest und hört man Diskussionen zur Preisgestaltung hochwertiger Uhren.

Und nicht selten stellen sich dann die Fragen:

„Wieso kauft man sich so eine teure Uhr`“ oder „Warum sind diese Uhren so teuer?“

Die Antworten sind für den Laien gar nicht so einfach zu geben, ja selbst dem Liebhaber fehlt oft die genaue Begründung. Es ist oft nur das Bauchgefühl, das den Ausschlag für den Kauf eines Produktes dieser Preis-

klasse schafft.Gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit bilden hochwertige mechanische Uhren sozusagen

einen „Ruhepol“.

Durch ihre hochwertige Verarbeitung, die an sich schon anachronistische - und dadurch zeitlose- Technik, luxuriöse Materialien, die künstlerische Gestaltung der Form ergibt sich ein Gesamtpaket, das letztlich für

Zufriedenheit beim Besitzer sorgt.

Das gute Gefühl, etwas Besonderes, Bleibendes erworben zu haben.

Es ist die Verquickung von kaum durchschaubarer Mathematik, vollendeter Handwerkskunst, unglaublicher Miniaturisierung und die Funktion selbst, die etwas nicht Greifbares plötzlich sichtbar macht.

In diesem eMagazin möchte ich Ihnen anhand der Marke Glashütte Original die Zusam-menhänge näher bringen, die eine hochwertige Uhr ausmachen.

Auf Grund des Umfangs der Thematik haben wir uns dafür entschieden, dieses eMagazin in mehrere Teile aufzugliedern.

Herzlichst,Martin Filzwieser


Inhalt:

Senator und Seventies Chronograph mit Panoramadatum Seite 4

Produktion von Zifferblättern Seite 26

Handversilbern von Zifferblättern Seite 72

Die Werkzeugmacherei Seite 82

Die Produktion von Uhrwerksteilen Teil 1 - Platinen und Brücken Seite 92

Impressum Seite 102

Im zweiten Teil dieses eMagazins kommen folgende Themen:

1) Die Produktion von Uhrwerksteilen Teil 2 - Räder und Triebe

2) Die Produktion von Uhrwerksteilen Teil 3 - unterschiedliche Finissagen

3) Die Montage von Uhrwerken

4) Die Produktion der Manufaktur-Quarzwerke

5) Die Glashütte Original Boutique in Dresden



Wenn sich eine Traditionsmanufaktur anschickt, ein neues Kaliber mit großer Komplikation zu präsentieren, ist man entsprechend gespannt, wie die Verquickung von Tradition und Moderne im Kaliberbau gelungen ist.

Nach einer gut einstündigen Erklärung der Technik in allen Details und Darlegung aller Beweggründe war das Bild schon sehr eindeutig- es ist ein großer Wurf gelungen!

Das Kaliber 37-01, das sich optisch an die Vorgän-ger-Kaliber anlehnt, erfüllt alle Erwartungen an einen modernen Chronographen.

Nicht nur, dass es optisch eine Augenweide ist, was ja zu erwarten war, auch funktional und technisch ist es hervorragend gelungen.

Eine Prämisse bei der Entwicklung war die Er-zielung maximaler Zuverlässigkeit, sowohl in der Chronographen-Funktion selbst, als auch deren Bedienung.

Dies wurde mit einer möglichst weitgehenden Reduktion der Bauteile erreicht und einer äusserst massiven, trotzdem eleganten, Ausführung der Hebel.

Ebenso wurde das Uhrwerk selbst auf höchste Präzision getrimmt, was sich in einer rückerlosen Feineinstellung durch 4 Goldschrauben und einer Frequenz von 4 Hz manifestiert.

Zum Glück wurde die traditionelle Schwanen-hals-Feder trotzdem beibehalten. Und zwar nicht als rein optisches Element, sondern, in Verbindung mit dem entsprechenden Regulierorgan, funktional zur Korrektur des Abfallfehlers. Eine wirklich wun-derschöne Lösung!

Als Steuereinheit des Chronographen dient stilge-recht ein Schaltrad.

Senator und Seventies Chronograph mit Panoramadatum

(Text: MF/Bildmaterial: zeiteisen.at/Technische Zeichnungen: Glashütte Original)

Großes Augenmerk wurde auch darauf gelegt, dass trotz der vertikalen Kupplung ein ruckelfreies Gangbild der Stoppsekunde und ein perfektes Ein-rücken des Mechanismus gewährleistet sind.

Ein „Stottern“ des großen Zeigers, wie ihn manche Kaliber an den Tag legen, sucht man hier vergeb-lich.

Zudem wurde darauf geachtet, den Amplitudenab-fall bei Zuschaltung des Chronographen so klein als möglich zu halten, wozu einige Kunstgriffe nötig waren.

Wer sich aber jetzt ein Handaufzugskaliber mit offen liegender Mechanik erwartet, muss sich entweder enttäuscht zurücklehnen, oder freudig der Tatsache bewusst werden, dass dieses Uhrwerk über einen automatischen Aufzug verfügt.

Aber auch hier lässt sich Glashütte Original nicht lumpen und überarbeitet das Rotorlager und die Übertragungsfunktionen für einen noch geschmei-digeren und zuverlässigeren Ablauf des Rotors mit 21 karätiger Gold-Schwungmasse.

Dass das gesamte Uhrwerk selbst nach bester Glas-hütter Manier finissiert wurde, versteht sich von selbst.


Gebläute Schrauben, anglierte und polierte Kanten, Glashütter Streifenschliff finden sich samt und son-ders unter dem Saphirglasboden der neuen Modelle.

Funktional gibt es aber noch weitere Besonderheiten:

Erweitert wurde das Kaliber um ein Großdatum, Flyback-Funktion und eine Gangreserve-Anzeige.

Letztere ist besonders schön und stilvoll gelöst- und bei einer Gangreserve von 70 Stunden, die über le-diglich 1 Federhaus generiert wird, auch ganz prak-tisch.

Trotz dieser großen Funktionsvielfalt und dem ro-busten Aufbau hat das Kaliber lediglich einen Durch-messer von 31,6mm und findet so in den schlanken Gehäusen der Senator- und Sixties-Linien problem-los ein neues Zuhause.

Dass dieses Uhrwerk nur der Anfang einer neuen Kaliberfamilie sein dürfte, sollte klar sein.

Vor allem der neue Hemmungsaufbau mit rückerlo-ser Regulierung wird sicherlich auch in kommenden Uhrwerken von Glashütte Original Einzug finden.

Diese moderne- und dabei trotzdem sehr formschö-ne Lösung, die auf historische Details, wie die Schwa-nenhalsfeder nicht verzichtet, stellt einen großen Fortschritt für die Präzisionswerke der Marke dar und ist in dieser Form ein Alleinstellungsmerkmal.

Auf den folgenden Seiten finden Sie die technischen Details zu den Hauptfunktionen des Uhrwerks.



















Das historische Vorbild

Senator Chronograph mit Großdatum, links in Gold, Mitte das historische Vorbild, rechts die limitierte Platinversion


Das historische Vorbild

Senator Chronograph mit Großdatum, links in Gold, Mitte das historische Vorbild, rechts die limitierte Platinversion


Die Produktion von Zifferblättern

(in der Glashütte Original Zifferblattmanufaktur)


Die Produktion von Zifferblättern

(in der Glashütte Original Zifferblattmanufaktur)

Vom Entwurf.....



.....bis zum fertigen Blatt


..nur ein Stückchen Blech........so ist jedenfalls die Vorstellung des Laien, was ein Zifferblatt betrifft.

In Wirklichkeit ist es ein hochkomplexes Bauteil, das nicht weniger essentiell für den Qualitätseindruck einer Uhr ist, als das Uhrwerk oder das Gehäuse.

Bis das Zifferblatt einbaufertig ist, durchläuft es durch-schnittlich 75 einzelne, größtenteils manuelle Arbeits-schritte und 6 Kontrollstationen.

Anhand der Glashütte Original Zifferblattmanufaktur werden wir nun das Entstehen des Gesichts einer Uhr nach-vollziehen.

Vom ersten Rohling bis zum einbaufertigen Ziffer-blatt.

Dass dazwischen mehr als nur das Ausstanzen eines Messing/Silber/Goldblechs liegt, sollte jedem Uhren-liebhaber bewusst sein.

Leider werden Zifferblätter medial kaum behandelt, was wir hiermit einmal ändern.

Folgen Sie uns nun durch die Räume der Zifferblatt-manufaktur .... und staunen Sie ....




Nachdem der Rohling mehrfach geglättet und auf seine plane Ausrichtung überprüft wurde, werden die Sicht- bzw. Montagelöcher gestanzt.

Unter dem Gewicht von mehreren Tonnen werden die Kanten für Sichtlöcher abgeschrägt (linkes Bild).


Der Rohling und die abgeschrägten Kanten von Datumsfenster und Mondphasen-Anzeige.



Bevor es weitergehen kann, wird das Blatt in seine endgültige Form gebracht und die Zifferblattfüß-chen montiert.


Montage der Zifferblatt-Füßchen


Im Anschluss daran geht es ans Polieren. Nur eine perfekte Oberfläche ist Garant dafür, dass alle folgenden Arbeitsschritte den gewünschten Erfolg haben werden.

Ungenauigkeiten von wenigen Tausendstel Millimeter wirken sich unmittelbar auf die Prozesse aus und ma-chen das Werkstück unbrauchbar.




Natürlich wird auch das Datumsfenster mit der gleichen Sorgfalt behandelt. Nachdem es aus dem Rohling gestanzt wurde, kommt es genauso zur Politur, wie jedes einzelne Zifferblatt.

Ein Aufwand, den der spätere Besitzer zwar kaum bemerken wird, aber die Qualität des Produkts nochmals unterstreicht.





So mancher Leser wird sich schon einmal gefragt haben, wie der feine Sonnenschliff auf die Blätter kommt.

Dazu wird das Zifferblatt in eine drehbare Vorrichtung eingespannt.

Darüber befindet sich eine rotierende Messingbürste- siehe großes Bild links und auf der Doppelseite zuvor.

Während sich das Zifferblatt unter der Bürste dreht, sorgt diese mittels eines feinen Schleifmitteles für den strahlenförmigen Schliff.

Danach werden die Rohlinge wieder gereinigt und kommen zur nächsten Station.



Eine andere Form der Oberflächenveredelung ist das Strahlen. So entsteht auf dem Zifferblattrohling eine mikroskopisch feine Körnung, die das Werkstück matt wirken lässt.



Reinigen der Rohlinge in der Galvanik.


In weiterer Folge werden die Blätter galvanisch behandelt.

So erhalten die Zifferblätter ihre Farbe. Ob nun silber, oder blau, entscheidet die chemische Zusammenset-zung der galvanischen Lösung.

Wesentlich für das Gelingen ist vor allem die zuvor erfolgte makellose Reinigung und Politur der Zifferblät-ter.

Ein weiteres Verfahren für die Oberflächenveredelung ist das Handversilbern. Dazu später mehr.





Nachdem die Blätter lackiert oder galvanisiert wurden und so ihre Farbe erhielten, werden (je nach Modell) die Indizes und Totalisatoren gefräst.

Bei diesem Vorgang ist höchste Präzision gefragt. Minimalste Abweichungen in der Ausrichtung, der Tiefe - oder Länge der Ausnehmung führt unweigerlich zur Zerstörung des Blattes.




Eine Wissenschaft für sich ist die Anfertigung der Mondphasen-Anzeige.

Da dieser Teil des Zifferblattes direkt mit dem Uhrwerk verbunden ist, sind die Anforderun-gen an die Präzision der Verarbeitung noch-mals höher, als es schon bei den Zifferblättern selbst der Fall ist.

Die Sterne werden auf dem Rohling mit Schutzlack aufgedruckt. Danach erfolgt der galvanische Auftrag der Farbe.

Im Anschluss wird der Schutzlack wieder ent-fernt.

Die Mondflächen werden mit höchster Präzisi-on eingefräst.



Kontrolle des Zifferblattes am Projekti-onstisch.

Sämtliche Details müssen exakt der Vor-lage entsprechen.


Qualitätskontrole

Insgesamt werden während der Produktion 6 Kontrollen durchgeführt, die für ein einwandfreies Resultat bürgen.



Tampondruck

Vor dem Setzen der Indizes wird das Blatt mit den entsprechenden Aufschriften und der Minuterie bedruckt.

Mit einem „Ballon“ aus Kautschuk oder Silikon wird dabei von einem Negativ-Stich die Farbe aufgenom-men und anschließend auf das Zifferblatt gedruckt.

Je genauer das Negativ, desto höher ist die Qualität des anschließenden Druckes.

Auch der Anpressdruck und das Material des Ballons müssen exakt abgestimmt sein.




Eine besondere Herausforderung ist die Produktion von Perlmutt-Zifferblättern.

Dazu werden aus ausgesuchten Zuchtmuscheln kreisrunde Partien herausgeschnitten. Das Perlmutt selbst wird danach in einer Stärke von 0,4mm von der Schale getrennt.

Diese hauchdünne Schicht Perlmutt wird danach mit dem Zifferblatt verklebt und aufgepresst (siehe Foto links). Als Material für das Zifferblatt kommen nur helle Materialien, wie Weiß-gold in Frage, um den durchscheinenden Effekt des Perlmutts zu verstärken.





Nachdem die Zifferblätter alle Arbeitsschritte durchlaufen haben, werden zuletzt die Indizes appli-ziert.

Dazu werden sie in die vorgegebenen Bohrungen gesetzt.

Um ein Abfallen bei Stößen und dergleichen zu vermeiden, werden sie an der Rückseite mittels Laser verschweißt.




Derzeit exklusiv für die Spitzenmodelle der neuen Chronographen-Kollektion wurde ein altes Verfahren der Zifferblatt-Veredelung wieder ins Leben gerufen-

nämlich das Handversilbern.

Dieses historische, rein manuell durchzuführende Verfahren wurde lange Jahre nur in Restaurationswerkstätten am Leben erhalten. So ist es auch nicht verwun-derlich, dass wir für diese Reportage ebenfalls die Restaurationswerkstatt im Glashütter Uhrenmuseum für eine Demonstration bemühen mussten.

Großes Geschick und vor allem viel Gefühl für den richtigen Zeitpunkt sind essentiell, wenn die Qualität des Endproduktes passen soll.

Auf einem Massivgoldrohling wird dazu per Lasergravur die komplette Beschrif-tung und Minuterie aufgebracht.

Anschließend wird das Blatt lackiert- um danach wieder vom Lack an der Ober-fläche befreit zu werden.

Bei der Politur bleiben in den Vertiefungen nun die Lackschichten erhalten, es zeigen sich also nur noch die eigentlichen Beschriftungen.

Das so vorbereitete Blatt wird nun manuell mit einer Bürste mit einer speziellen Silbersalzlösung eingerieben. Das enthaltene Silber reagiert chemisch mit dem Gold und verbindet sich somit dauerhaft mit dem Trägermaterial, ohne auf den lackierten Beschriftungen anzuhaften.

Das Endresultat ist ein traumhaft gezeichnetes, fast reinweißes, mattes Zifferblatt mit besten Kontrasteigenschaften.





Das schwarz lackierte- und anschließend wieder gereinigte Gold-Zifferblatt.


Das schwarz lackierte- und anschließend wieder gereinigte Gold-Zifferblatt.


Aufbringen der Silberpaste in mehreren Schritten


Aufbringen der Silberpaste in mehreren Schritten




ManufactumFür den Freund hochwertiger Uhren ist es ja nun ein Leichtes, den Juwelier oder die Boutique des Vertrau-ens aufzusuchen- und sich in der schier unerschöpf-lichen Modellvielfalt ein Modell auszusuchen.

Diese große Anzahl unterschiedlichster Uhrenmo-delle verleitet schnell zu der Annahme, dass es an sich kein großes Hexenwerk sein kann, neue Uhren zu kreieren.

Und ausserdem....“..die fallen ja meist fertig aus der Maschine....“ , weshalb so mancher Preis irgendwie überzogen scheint.

Ganz so ist es allerdings nicht, um nicht zu sagen, dass das genaue Gegenteil der Fall ist.

Gerade Uhren von Glashütte Original gehören ganz sicher nicht zur Kategorie Massenware, sondern sind Manufakturprodukte reinsten Wassers.

Was solche Uhren vom Rest der Uhrenwelt unter-scheidet, wollen wir in den folgenden Kapiteln näher beleuchten.

Im einleitenden Bericht dieses Magazins haben wir die Senator und Seventies Chronographen mit Pano-ramadatum kurz beschrieben.

Anhand der Produktion dieser Modelle werden wir versuchen, Ihnen den ungeheuren Aufwand vor Au-gen zu führen, der hinter einer jeden einzelnen Uhr von Glashütte Original steckt, wie rund 500 Mitar-beiter ihr Bestes geben, damit Sie mit Freude auf Ihr Handgelenk blicken können......

Nicht maschinelle Großserienfertigung steht im Mittelpunkt der Produktion, sondern meisterliches Handwerk ist die treibende Kraft. Nur so ist es ge-währleistet, feinste Uhrwerke auf höchstem Niveau zu produzieren, die tatsächlich jedem Anspruch standhalten.

Alles beginnt in der hauseigenen

Werkzeugmacherei.

Auch wenn das reine Handwerk im Vordergrund steht, so geht doch nichts ohne die entsprechen-den Werkzeuge, Werkstückhalter, Fräsen, Stichel, Bohrer....

Und genau diese Teile werden in der Werkzeugma-cherei entworfen und auch gefertigt.

Jedes Bauteil braucht seinen passgenauen Werk-stückhalter, egal ob eine Schraube poliert werden muss, eine Platine finissiert wird oder ein Rotor seinen letzten Schliff bekommt.

Bevor die Produktion einer Uhr losgehen kann, muss das entsprechende Equipment bereit liegen.

Für den späteren Ablauf hat die höchstmögliche Präzision dieser Werkteile oberste Priorität.



Werkstückhalter für Zahnrad-Rohlinge


Werkstückhalter für Zahnrad-Rohlinge


Produktion von Werkstückhaltern für Platinen


Produktion von Werkstückhaltern für Platinen

Produktion eines Werkstückhalters aus Kunststoff


Schärfen von Fräsern in der Werkzeugmacherei

Schleifen der Klingen


Schärfen von Fräsern in der Werkzeugmacherei


Bevor wir uns die Produktion der Ein-zelteile eines Uhrwerks bei Glashütte Original näher ansehen, sollten wir uns vielleicht einige Gedanken

darüber machen, was ein hochwertiges Uhrwerk überhaupt ausmacht.

Neben der erstklassigen Konstruktion, ist es die Güte der Komponenten und deren Verarbeitung und nicht zuletzt die Sorgfalt der Montage.

Für den Laien - aber auch den gestandenen Uhren-liebhaber- ist es jedoch nicht einfach, zwischen seri-eller Massenware und hochwertiger Manufakturware zu unterscheiden. Ohne genaue Kenntnis des Pro-duktionsvorganges lässt sich das auch für den Profi schwer einschätzen.

Klären wir also vorerst einmal ab, welche Qualitäts-kriterien überhaupt relevant sind und welche Bautei-le das vorrangig sind:

Die Hauptbestandteile eines Uhr-werkes wären also:

1) Platinen und Brücken, die den „Rahmen“ für alle bewegten Bauteile bilden

2) Zahnräder, Triebe, Achsen und Hebel

3) Feder(n) und Spirale(n)

4) Unruh

5) Lagersteine

Diese Komponenten werden wir uns in den folgen-den Kapiteln näher ansehen.

Dass nicht nur die Güte des Materials, sondern auch die absolut akkurate Einhaltung der vorgegebenen Toleranzen zwingend notwendig sind, muss wohl bei diesen mechanischen Kleinoden nicht weiter er-wähnt werden.

Jedes Bauteil wird in jedem einzelnen Produktions-schritt (und deren gibt es oft viele) mehrfach vermes-sen und auf seine Maßhaltigkeit geprüft.

Bei manchen Bauteilen sind über 100 Messpunkte, die in verschiedenen Messverfahren kontrolliert wer-den, vorgesehen.


Kontrollmessung an einem Zahnrad im digitalen Projektionstest


1) Platinen und BrückenSchon die Herstellung von Platinen und Brücken hat maßgeblichen Einfluss auf das Endergebnis. Hauptanforderung an dieses Bauteil ist die präzise Aufnahme der bewegten Teile in deren Lagerstel-len. Um das zu gewährleisten, ist nicht nur höchst präzise Fertigung, sondern auch das Material von essentieller Bedeutung. Der Einfluss von Wärme und das weitgehende Fehlen einer Materialspannung sind ausschlaggebend für den späteren konstanten Lauf einer Uhr.

Um das zu Bewerkstelligen, werden Platinen und Brücken bei hochwertigen Uhrwerken aus Rohlin-gen gefräst- mit einer Toleranz von typischerweise 5/1000mm. So wird sichergestellt, dass bei fachge-rechter Montage kein Verzug auftreten kann. Glei-ches gilt für die angebrachten Bohrungen.

Als Material kommt vorzugsweise Messing oder Neusilber zum Einsatz, bei manchen Uhren auch andere Materialien, bis hin zu Massivgold.

Die Fertigung auf diesem Niveau kann bis zu 6 Stun-den pro Platinenseite dauern, also 12 Stunden für eine Platine.

Hat man die Rohlinge erst mal in Form gebracht, werden in mehreren Prüfverfahren bis zu über 100 Messpunkte pro Platine nachgemessen (einzeln bei jedem Stück), notfalls nachgearbeitet, oder über-haupt aussortiert.

Je nach Aufwand erfolgt nun das Aufbringen von Perlagen und sonstigen Zierschliffen (die keinen technischen Einfluss auf die Qualität haben, sondern heute nur noch der besseren Optik dienen).

Moderne CNC-Fräse mit Platinenrohlingen. Jede einzelne Platine ist in einem Werk-stückhalter verschraubt, um höchste Präzision zu gewährleisten.


Moderne CNC-Fräse mit Platinenrohlingen. Jede einzelne Platine ist in einem Werk-stückhalter verschraubt, um höchste Präzision zu gewährleisten.



Nachdem die Werkstücke aus der CNC-Fräse entnommen und gereinigt wurden, werden sie sorgfältigst vermessen und auf Ungenauigkeiten untersucht.

Wie man im Bild oben sehen kann, ist es noch ein langer Weg bis zur einbaufertigen Platine.



Nach einigen weiteren Bearbeitungsschritten, wie Entgraten, wieder vermessen, schleifen und fräsen, wieder Vermessen....sieht das Werkstück schon ganz ansehnlich aus.

Für jede Platine und Brücke eines jeden einzelnen Uhrwerks muss in der Werkzeugmacherei ein ei-gener Werkstückhalter angefertigt werden, um die weiteren Bearbeitungsschritte fachgerecht ausführen zu können.

Im Bild ist der Werkstückhalter für die Datumsbrü-cke des Kalibers 37 zu sehen, der für die Aufnahme des Rohlings, der nun für die Perlage vorgesehen ist, vorbereitet wird.

Daneben liegt das entsprechende Bauteil für die Be-arbeitung bereit.



Weiter geht es nun mit der Perlage, die von Hand mit einem rotierenden Schleifkopf aufgebracht wird.

Das Aussehen jeder einzelnen Perle, die in unterschiedlichsten Durchmessern aufgebracht werden kann, be-einflusst der Bearbeiter mit dem Druck seines Fingers auf den Schleifkopf. Ebenso den Abstand zwischen den Perlen, bzw. deren Überlappung.

Etwa 20 Minuten dauert es, bis die Perlage, bestehend aus hunderten einzelner Perlen, dieser Brücke fertig ist.

Nun hat sie ein individuelles, unverwechselbares Aussehen bekommen, das sie auch optisch von Massenpro-dukten abhebt.


Verschiedene Formen und Größen der Perlagen an Musterstücken


Verschiedene Formen und Größen der Perlagen an Musterstücken


Impressum:

Herausgeber:Verein für die Unterstützung der Uhrmacherei in Österreich (Association pour le soutien de l‘horlogerie en Autriche) Kurzname: ASHAZVR: 644190583

Geschäftsführer: Martin Filzwieser

Chefredakteur Zeiteisen und Zeiteisen Ultimate Watch Secrets: Martin Filzwieser

Fotografie, Design, Layout: Martin Filzwieser

Text und Fotos:Martin Filzwieser, www.zeiteisen.at

Das Magazin ist in Gesamtheit, sowie Text und Bildmaterial urheberrechtlich geschützt. Jede unerlaubte Ver-wendung wird gerichtlich verfolgt.

Quellenangaben:Eigene Recherche, Herstellerangaben

Urheberrechtliche Fragen richten Sie bitte an [email protected]

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Copyright:©ASHA 2015, © Martin Filzwieser 2015, ©Glashütte Original (technische Zeichnungen)

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