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Zukünftige Konfliktbilder für das interna- tionale Krisen- und Konfliktmanagement In den letzen Jahrzehnten hat sich die Anzahl an Staaten im inter- nationalen System erhöht. Während die Anzahl zwischenstaatlicher Konflikte auf einem relativ niedrigen Niveau blieb, stiegen inner- staatliche Gewaltkonflikte, die nunmehr nicht nur regionale sondern auch globale Auswirkungen haben können. Zunahme innerstaatlicher Konflikte Nach dem Human Security Brief 2007 sind die gegenwärtig vor- herrschenden 32 Konflikte mehrheitlich innerstaatlicher Natur. Wurden innerstaatliche Konflikte bis in die 1990er Jahre als Bür- gerkriege empfunden, werden sie gegenwärtig als lokale wie auch regionale Konflikte wahrgenommen, was zum Umdenken im inter- nationalen Krisen- und Konfliktmanagement geführt hat. Nicht nur die Formen der Konfliktaustragung, sondern auch handelnde Ak- teure haben sich verändert. Damit ergeben sich auch neue Heraus- forderungen für das internationale Krisen- und Konfliktmanage- ment. Nicht nur die Anzahl internationaler Friedensmissionen ist ständig im Steigen begriffen, sondern auch deren Anforderungen. Vormalige Friedenseinsätze der UN nach klassischen Peacebuilding Konzepten werden verdrängt und internationales Krisen- und Kon- fliktmanagement tritt an deren Stelle. Mehr Kooperation internationaler Akteure Wesentlich ist die Erkenntnis, dass Konfliktlösungen nicht mehr aus- schließlich durch militärische Mittel erreicht werden können, sondern Kooperationen mit unterschiedlichen Akteuren im internationalen Krisen- und Konfliktmanagement erfordern. Somit hat sich das Bild von Friedenseinsätzen geändert. Ebenso geändert haben sich glo- bale Bedrohungen. Entgegen den Erwartungen kam es mit Ende des Kalten Krieges 1989 nicht zu einer allgemeinen Entspannung und somit einer sicheren Welt, sondern zu einer Fülle geänderter Be- drohungsformen. Die EU führt darin neben der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Regionalkonflikten, gescheiterten Staa- ten und Organisierter Kriminalität auch Terrorismus als eine der Hauptbedrohungen für Europa an. Ende 2008 sind die Sicherheit der Energieversorgung und der Klimawandel hinzugekommen. De- mographie und Migration stellen im zukünftigen Bedrohungsbild einen wesentlichen Sonderaspekt dar. Internationales Krisen- und Konfliktmanagement als humane Verpflichtung demokratischer Staaten spielt somit eine zunehmend wichtigere Rolle in der Außen- politik. Hierfür werden immer öfter Kriseninterventionskräfte in fernen Krisenregionen zur Konfliktbereinigung eingesetzt. Dadurch steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Streitkräfte immer häufiger mit Phänomenen wie z.B. Terrorismus konfrontiert werden, die für im internationalen Krisen- und Konfliktmanagement engagierte Staaten nicht nur eine innen-, sondern auch eine außenpolitische Dimension besitzen. Erforschung zukünftiger Konfliktbilder Der gegenwärtige Forschungsschwerpunkt liegt vor allem in der Er- forschung zukünftiger Konflikt- und Bedrohungsbilder. Dabei soll der Frage nach den Akteuren, Phänomenen und Ursachen bei gegen- wärtigen und zukünftigen Konflikten nachgegangen werden. Auf die nationale und internationale Zusammenarbeit wird hier besonde- rer Wert gelegt. Ein weiteres Schwerpunktthema wird zukünftig der Sonderaspekt „Schwache Staaten als Basis für Terrorismus – Auswir- kungen auf das internationale Krisen- und Konfliktmanagement der EU“ als Teil des Konflikt- und Bedrohungsbildes bilden. Zur Person Oberst Mag. Anton Dengg (*1962) ist seit 2004 am IFK. Studium der Politikwissenschaft an der Universität Wien. Verschiedene Vortragstätigkeiten zu den Themen Terrorismus und Terrorismusbekämpfung sowie Bedrohungs- und Kon- fliktbild; Mitglied in der Counter Terrorism Working Group (CTWG) des PfP-Consortiums. Forschungsfelder: Konflikt- und Bedrohungsbilder im inter- nationalen Krisen- und Konfliktmanagement, transnationaler Terrorismus. IFK-Forscher Oberst Mag. Anton Dengg zur Thematik Konflikt- und Bedrohungsbild

Zukünftige Konfliktbilder für das interna- tionale …...6 19 IFK 2008/2009 im Überblick Position in der Studiengruppe ”Regional Stability in South East Europe“ tätig. Der

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IFK 2008/2009 im Überblick

Position in der Studiengruppe ”Regional Stability in South East Europe“ tätig. Der Südosteuropa-Experte des IFK organisierte und leitete einen mehrtägigen Workshop in Österreich und wirkte an der Gestaltung eines weiteren in Serbien mit. Mehrere Institut-sangehörige sind in den Leitungsgremien intensiv eingebunden. 2008 konnten konkrete Schritte zur Einrichtung der ”International Society of Military Sciences“ gesetzt werden; Mitglieder sind das Baltic Defence College, Dänemark, Finnland, Kanada, die Nie-derlande, Norwegen, Österreich und Schweden. Projektbezogene Kooperationen bestehen mit dem Genfer Zentrum für Sicher-heitspolitik (GCSP), dem Genfer Zentrum für die demokratische

Kontrolle von Streitkräften (DCAF), der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP) und anderen Institutionen.

Aus- und Weiterbildung

Die persönliche Weiterbildung der Mitarbeiter ist ein zentrales An-liegen des IFK. 2008 bildeten sich die Institutsangehörigen in den Bereichen Kommunikation und Management, Computer Literacy sowie in der Sprach- und Fachausbildung umfangreich fort. Zur Gewinnung von authentischen Eindrücken vor Ort wurden Fact Finding Missions nach Serbien, in das Kosovo und in den Sudan unternommen. Ein Mitarbeiter des Instituts lehrt seit Mitte 2007 als Professor am amerikanisch-deutschen George C. Marshall Center in Garmisch-Partenkirchen, ein anderer war als Forscher am EU-Institut für strategische Studien in Paris tätig.

Zusammenfassung

Das IFK hat im Jahr 2008 eine ausgewogene Bilanz zwischen den Kernaufgaben erreichen können. Die straffe Orientierung an For-schungsfragen, die für das BMLVS aktuell und hinkünftig beson-dere Bedeutung haben, trägt zur verstärkten Einbeziehung des IFK in die sicherheitspolitische Beratung bei und ist ein Garant für ak-tuelle Lehrinhalte. Ein rapider Anstieg der Anfragen um Vorträge und Publikationsbeiträge aus dem BMLVS sowie von angesehenen externen Einrichtungen im In- und Ausland im Jahr 2008 wird als Indikator für eine erfolgreiche Etablierung des IFK gewertet.

IFK-Institutsleiter Brigadier Dr. Walter Feichtinger im Gespräch.

2008

JännerPublikation: “Defence and Security Sector Transition in Central Asia”

Occasional Paper Series: “Provincial Reconstruction Teams in Afghanistan - An innovative instrument of international crisis management being put to the test”

Februar19.02.2008: Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema “Women in Armed Conflicts – The Imple-mentation of UN Security Council Resolution 1325”

Konferenzbericht: “Women in Armed Conflicts”

MärzPublikation: „Zivil-Militärische Zusammenarbeit am Beispiel Afghanistan/Civil-Military Interaction - Challenges and Chances“

Info aktuell: “Civil-Military Coordination and Coopera-tion in the Context of the EU’s Crisis Management”

AprilIFK AKTUELL: „Private Militärfirmen – Geschäft mit dem Krieg“

10.-11.04.2008: Workshop „Sudan, Tschad, Zentralafrika-nische Republik – Ziele, Möglichkeiten und Grenzen des internationalen Engagements“

Mai

Publikation: „Privatisierung von Sicherheit“

23.-26.05.2008: PfP-Consortium Workshop “Cutting or Tightening the Gordian Knot? – The Future of Kosovo and the Peace Process in the Western Balkans after the Decision on Independence”

29.05.2008: Workshop „Russland und seine postsowje-tischen Nachbarn – Integration und Dominanz in der GUS“

Zukünftige Konfliktbilder für das interna-tionale Krisen- und KonfliktmanagementIn den letzen Jahrzehnten hat sich die Anzahl an Staaten im inter-nationalen System erhöht. Während die Anzahl zwischenstaatlicher Konflikte auf einem relativ niedrigen Niveau blieb, stiegen inner-staatliche Gewaltkonflikte, die nunmehr nicht nur regionale sondern auch globale Auswirkungen haben können.

Zunahme innerstaatlicher KonflikteNach dem Human Security Brief 2007 sind die gegenwärtig vor-herrschenden 32 Konflikte mehrheitlich innerstaatlicher Natur. Wurden innerstaatliche Konflikte bis in die 1990er Jahre als Bür-gerkriege empfunden, werden sie gegenwärtig als lokale wie auch regionale Konflikte wahrgenommen, was zum Umdenken im inter-nationalen Krisen- und Konfliktmanagement geführt hat. Nicht nur die Formen der Konfliktaustragung, sondern auch handelnde Ak-teure haben sich verändert. Damit ergeben sich auch neue Heraus-forderungen für das internationale Krisen- und Konfliktmanage-ment. Nicht nur die Anzahl internationaler Friedensmissionen ist ständig im Steigen begriffen, sondern auch deren Anforderungen. Vormalige Friedenseinsätze der UN nach klassischen Peacebuilding Konzepten werden verdrängt und internationales Krisen- und Kon-fliktmanagement tritt an deren Stelle.

Mehr Kooperation internationaler AkteureWesentlich ist die Erkenntnis, dass Konfliktlösungen nicht mehr aus-schließlich durch militärische Mittel erreicht werden können, sondern Kooperationen mit unterschiedlichen Akteuren im internationalen Krisen- und Konfliktmanagement erfordern. Somit hat sich das Bild von Friedenseinsätzen geändert. Ebenso geändert haben sich glo-bale Bedrohungen. Entgegen den Erwartungen kam es mit Ende des Kalten Krieges 1989 nicht zu einer allgemeinen Entspannung und somit einer sicheren Welt, sondern zu einer Fülle geänderter Be-drohungsformen. Die EU führt darin neben der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Regionalkonflikten, gescheiterten Staa-ten und Organisierter Kriminalität auch Terrorismus als eine der Hauptbedrohungen für Europa an. Ende 2008 sind die Sicherheit

der Energieversorgung und der Klimawandel hinzugekommen. De-mographie und Migration stellen im zukünftigen Bedrohungsbild einen wesentlichen Sonderaspekt dar. Internationales Krisen- und Konfliktmanagement als humane Verpflichtung demokratischer Staaten spielt somit eine zunehmend wichtigere Rolle in der Außen-politik. Hierfür werden immer öfter Kriseninterventionskräfte in fernen Krisenregionen zur Konfliktbereinigung eingesetzt. Dadurch steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Streitkräfte immer häufiger mit Phänomenen wie z.B. Terrorismus konfrontiert werden, die für im internationalen Krisen- und Konfliktmanagement engagierte Staaten nicht nur eine innen-, sondern auch eine außenpolitische Dimension besitzen.

Erforschung zukünftiger KonfliktbilderDer gegenwärtige Forschungsschwerpunkt liegt vor allem in der Er-forschung zukünftiger Konflikt- und Bedrohungsbilder. Dabei soll der Frage nach den Akteuren, Phänomenen und Ursachen bei gegen-wärtigen und zukünftigen Konflikten nachgegangen werden. Auf die nationale und internationale Zusammenarbeit wird hier besonde-rer Wert gelegt. Ein weiteres Schwerpunktthema wird zukünftig der Sonderaspekt „Schwache Staaten als Basis für Terrorismus – Auswir-kungen auf das internationale Krisen- und Konfliktmanagement der EU“ als Teil des Konflikt- und Bedrohungsbildes bilden.

Zur PersonOberst Mag. Anton Dengg (*1962) ist seit 2004 am IFK. Studium der Politikwissenschaft an der Universität Wien. Verschiedene Vortragstätigkeiten zu den Themen Terrorismus und Terrorismusbekämpfung sowie Bedrohungs- und Kon-fliktbild; Mitglied in der Counter Terrorism Working Group (CTWG) des PfP-Consortiums. Forschungsfelder: Konflikt- und Bedrohungsbilder im inter-nationalen Krisen- und Konfliktmanagement, transnationaler Terrorismus.

IFK-Forscher Oberst Mag. Anton Dengg zur Thematik Konflikt- und Bedrohungsbild