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Flemming Schock Zur Kommunikation von Wunderzeichen in der ersten populärwissenschaftlichen Zeitschrift Deutschlands (›Relationes Curiosae‹, 1681-1691) 1 WUNDER UND NEUE MEDIEN: DIE ›RELATIONES CURIOSAEIM KONTEXT DES 17. JAHRHUNDERTS Für Eberhard Werner Happel (1647-1690), Autor der ersten universalwissen- schaftlichen 1 Zeitschrift Deutschlands, den ›Relationes Curiosae‹, 2 zeigt sich die Welt als ein unerschöpfliches Reservoir an Wundern. Dass »wir itzo in einer recht miraculeusen Historischen Zeit leben«, 3 ist für den Kommentator seiner Zeit eine fundamentale Erkenntnis. Schon über seine Nachbarschaft in Hamburg, wo der gescheiterte Akademiker Happel 4 sein Periodikum ab 1681 als Beilage zur erfolg- reichen Zeitung ›Relations-Courier‹ herausbrachte, 5 gehörten wunderbare Dinge zur nahezu alltäglichen Form des Austausches. So will Happel bei einem Nachbarn gegen Mitte der 1680er Jahre das doppelte Horn eines Narwals zu Gesicht be- kommen haben – und verfasst auf der Grundlage dieser Erfahrung eine seiner insgesamt mehreren tausenden ›Relationes‹ (oder ›Artikel‹): »Das Hamburger Wunder-Horn«. 6 Eine von vielen impliziten Definitionen der Kategorie des Wun- derbaren, die der Autor in sein von 1681 bis 1691 erscheinendes Wochenblatt immer wieder verstreut einbindet, eignet sich, um eingangs das Profil und die Programmatik des Periodikums in einigen Sätzen zu umreißen: »Alle Wunder scheinen unglaublich / und was seltsam ist / kann man nicht begreiffen«, 7 schreibt Happel gegen 1681. Damit ist ein stabiler Kern des weit gefassten Wunder- Begriffs angesprochen, der bis heute überdauert hat: „Das deutsche Wort Wunder bezeichnet allgemein ein Ereignis, das aus dem Bereich des Gewohnten heraus fällt“. 8 Anders als heute jedoch, wo primär jene Phänomene zur Kategorie »Wun- der« gezählt werden, »die in etwa deckungsgleich mit den Worten fiktional oder phantastisch beschrieben werden«, 9 war für Happel die Erfahrung des Wunderba- ren gleichbedeutend mit dessen notwendig unwirklichem Charakter. Vom Sprach- gebrauch der Zeit ausgehend, verweist die Semantik des Wunderbaren in der Zeit- schrift auf eine Reihe bedeutungsverwandter Termini, die im 17. Jahrhundert Hochkonjunktur hatten und die weite Begeisterung für all jene Phänomene wider- spiegeln, die den Affekten des Staunens und der Verwunderung ihre adäquaten Referenzobjekte versprachen: »Seltsamkeiten«, »Merkwürdigkeiten«, »Raritäten« oder – wie es im Titel von Happels Periodikum heißt – die »Größten Denkwürdig- keiten« und »Curiositäten« – ›Relationes Curiosae‹. Kurz, alles was bekannte Grenzen und Normen hinter sich ließ und auf irgendeine Weise Alteritäts- und Differenzerfahrung erzeugte, 10 wurde in der in Hamburg erscheinenden Zeitschrift Flemming Schock ist Doktorand am Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universi- tät Augsburg Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 9 • 2007 Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2007

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Flemming Schock Zur Kommunikation von Wunderzeichen in der ersten populärwissenschaftlichen Zeitschrift Deutschlands (›Relationes Curiosae‹, 1681-1691) 1 WUNDER UND NEUE MEDIEN: DIE ›RELATIONES CURIOSAE‹ IM KONTEXT DES 17. JAHRHUNDERTS Für Eberhard Werner Happel (1647-1690), Autor der ersten universalwissen-schaftlichen1 Zeitschrift Deutschlands, den ›Relationes Curiosae‹,2 zeigt sich die Welt als ein unerschöpfliches Reservoir an Wundern. Dass »wir itzo in einer recht miraculeusen Historischen Zeit leben«,3 ist für den Kommentator seiner Zeit eine fundamentale Erkenntnis. Schon über seine Nachbarschaft in Hamburg, wo der gescheiterte Akademiker Happel4 sein Periodikum ab 1681 als Beilage zur erfolg-reichen Zeitung ›Relations-Courier‹ herausbrachte,5 gehörten wunderbare Dinge zur nahezu alltäglichen Form des Austausches. So will Happel bei einem Nachbarn gegen Mitte der 1680er Jahre das doppelte Horn eines Narwals zu Gesicht be-kommen haben – und verfasst auf der Grundlage dieser Erfahrung eine seiner insgesamt mehreren tausenden ›Relationes‹ (oder ›Artikel‹): »Das Hamburger Wunder-Horn«.6 Eine von vielen impliziten Definitionen der Kategorie des Wun-derbaren, die der Autor in sein von 1681 bis 1691 erscheinendes Wochenblatt immer wieder verstreut einbindet, eignet sich, um eingangs das Profil und die Programmatik des Periodikums in einigen Sätzen zu umreißen: »Alle Wunder scheinen unglaublich / und was seltsam ist / kann man nicht begreiffen«,7 schreibt Happel gegen 1681. Damit ist ein stabiler Kern des weit gefassten Wunder-Begriffs angesprochen, der bis heute überdauert hat: „Das deutsche Wort Wunder bezeichnet allgemein ein Ereignis, das aus dem Bereich des Gewohnten heraus fällt“.8 Anders als heute jedoch, wo primär jene Phänomene zur Kategorie »Wun-der« gezählt werden, »die in etwa deckungsgleich mit den Worten fiktional oder phantastisch beschrieben werden«,9 war für Happel die Erfahrung des Wunderba-ren gleichbedeutend mit dessen notwendig unwirklichem Charakter. Vom Sprach-gebrauch der Zeit ausgehend, verweist die Semantik des Wunderbaren in der Zeit-schrift auf eine Reihe bedeutungsverwandter Termini, die im 17. Jahrhundert Hochkonjunktur hatten und die weite Begeisterung für all jene Phänomene wider-spiegeln, die den Affekten des Staunens und der Verwunderung ihre adäquaten Referenzobjekte versprachen: »Seltsamkeiten«, »Merkwürdigkeiten«, »Raritäten« oder – wie es im Titel von Happels Periodikum heißt – die »Größten Denkwürdig-keiten« und »Curiositäten« – ›Relationes Curiosae‹. Kurz, alles was bekannte Grenzen und Normen hinter sich ließ und auf irgendeine Weise Alteritäts- und Differenzerfahrung erzeugte,10 wurde in der in Hamburg erscheinenden Zeitschrift

Flemming Schock ist Doktorand am Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universi-tät Augsburg

Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 9 • 2007 Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2007

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auf acht Quartseiten wöchentlich zum Gegenstand der Vermittlung gemacht, ob dies nun etwa »Die ukrainische Wunder-Höhle«11 oder »Die Wunderwurtzel Baa-ra«12 betraf. Ein oft nur vager wie unerklärter Status des Wunderbaren adelt die behandelten Materien mit einer vergleichbaren Ästhetik. Schließlich würden, wie Happel noch Jahre später erneut versichert, allein die »Lesens-Betracht- und Ver-wunderungs-würdigen curiosis Materialibus«13 in das Periodikum ›gefiltert‹. Gleichwohl will sich der Herausgeber und Autor der ›Relationes Curiosae‹ gegen den etwaigen Vorwurf der Blindgläubigkeit verwahrt sehen und dem Wunderbaren »mit dem Probier-Stein der Vernunfft« begegnen, wie es im ausführlichen Titel programmatisch heißt. Schließlich solle niemand »meyne[n] /daß in unsern Relati-onen etwas gemeldet würde / welches gleichsam mit den Haaren zu einem Wunder gezogen werde. Nein / gar nicht / ich bin vielmehr bemühet die gründliche Wahr-heit dieses oder jenen angemerckten Wunders / oder Denckwürdigkeit / so / wie sie sich in der That befindet / ohnverfälscht dem günstigen Leser mitzutheilen«.14

Aus diesem Statement lassen sich in aller Kürze entscheidende Bestandteile der kommunikativen Intention des Periodikums ableiten: Einerseits ist angedeutet, dass es Happel mit dem kritischen Räsonnement durchaus ernst meint. Die ›Relati-ones Curiosae‹ wollen, wie unten ausgeführt wird, ihrer Leserschaft einerseits bereits »wissenschaftlich-weltimmanente« Deutungsmodelle für die Interpretatio-nen jener außerordentlichen Begebenheiten an die Hand geben, die in Jahrhunder-ten zuvor noch auf eine metaphysische Ebene verwiesen hätten: »Wann wir von dergleichen Dingen [in diesem Fall von einem im »lebendigem Leib gründende[n] Zweig«] hören / so stehen wir und verwundern uns / lassen es aber dabey bewen-den / und dencken diesem nicht weiter nach / sondern betrachten es / als etwas unnatürlichs«.15 Andererseits wird die Schwellenposition der Zeitschrift auf dem Weg zu einem rationalisierten und naturalisierten Weltbild schon dadurch deutlich, dass Gott als hauptsächlicher Urheber allen Abweichens vom normalen Lauf der Dinge zweifellos feststeht: »Gott der Allmächtige ist wunderbahr in allen seinen Dingen / und ob uns gleich dieses oder jenes natürlich fürkompt / ist es doch an und für sich selbst durch Gottes Wunder-Hand also angeordnet / daß es also seyn müsse«.16 Hier liegt die von Happel oben avisierte »gründliche Wahrheit« keines-falls darin, die Wirklichkeit eines Wunders anzuzweifeln oder es zu »entzaubern«, sondern vielmehr (mit früher physikotheologischer Färbung) seine Beweiskraft für das planvolle Maß der Schöpfung zu betonen.

Dass sich die ›Relationes‹ im Hamburg der 1680er Jahre wöchentlich dem Dis-kurs des Wunderbaren widmeten, leitet sich – kursorisch gesprochen – aus zwei historischen Voraussetzungen innerhalb des »Zeitalters des Wunderbaren«17 ab:

1. Thematische Kontinuitäten in der Entfaltung des frühneuzeitlichen Medien-systems: Happels omnipräsente Rhetorik des Wunderbaren war schon schlicht marktstrategischen Gründen geschuldet: Als einer der ersten »Journalisten«, die allein von den Erzeugnissen ihrer Feder lebten, hatte Happel vor allem jene The-men aufzugreifen, denen die Aufmerksamkeit und Neugier, die »Curiosität« einer wachsenden Leserschaft sicher war.18 Wunderbares jeglicher Provenienz, Missge-burten, Monstren und bedrohliche Naturphänomene, Kometen19 und andere spek-takuläre Himmelserscheinungen, Flutkatastrophen, vermeintliche Korn- und Blut-

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regen und weitere Launen der Natur, gehörten seit den Frühtagen der Presse zu den erfolgreichsten Stoffen der Medienlandschaft. Eine Flut an Wunderberichten verbreitete sich über Einblattdrucke, Flugschriften, »Newen Zeitungen«, Kalen-der20 und bald auch über kompilatorischen Werke (siehe Punkt 3) und umfasste damit praktisch alle verfügbaren Medien der Frühen Neuzeit. Als Gründe für die andauernde Publizität und Popularität des Wunderbaren sind religiöses Orientie-rungs- und profanes Unterhaltungsbedürfnis gleichermaßen als sich reziprok ver-stärkende Faktoren anzunehmen (siehe Punkt 3). Der Medienumbruch des 17. Jahrhunderts mit den neuen periodischen Gattungen von Zeitung und Zeitschrift bedeutete vor diesem Kontext keinen Wahrnehmungsumbruch, alte Topoi wurden in neuem Format tradiert. Auch durch die Zeitungen und die erfolgreiche Chronis-tik (›Theatrum Europaeum‹), die sich zu großen Teilen aus Zeitungsinhalten speis-te, behaupteten Wunder ihre Rolle auf dem ›Schauplatz Europas‹.21

2. Transformation der Naturphilosophie und das Wunder als Wissenskategorie im 17. Jahrhundert: Aus einer spezifischen wissenschaftsgeschichtlichen22 Kons-tellation heraus rückte die Sensibilität für das Wunder auch in den Aufmerksam-keitsfokus des neuen Medientypus Zeitschrift, der ab den 1660er Jahren entsteht. Vereinfacht gesagt, liegt der Zusammenhang darin, dass die ersten Zeitschriften als Organe der neu gegründeten wissenschaftlichen Akademien einen neuen Natur-begriff in institutionelle Form brachten. Hatte die mittelalterlich-scholastische Naturphilosophie nach Aristoteles nur das der scientia für würdig befunden, was in der Natur »immer, oder was meistens der Fall ist«,23 und damit den Wahrneh-mungsradius auf das beschränkt, was der gewöhnlichen Erfahrung entspricht, sind die ersten Zeitschriften, wie sie in Frankreich (›Journal des Scavans‹, ab 1665) und England (›Philosophical Transactions‹, ab 1665) jeweils in der Landessprache und in Deutschland wenig später zunächst auf Latein entstanden, (›Miscellanea Curio-sa‹, ab 1670) Ausdruck eines radikalen Perspektivwandels: Die ersten Gelehrten-journale sind voll von Wundern, Missgeburten, Monstren und sonstigen anatomi-sche Anomalien,24 deren epistemologisch-empirischer Wert im 17. Jahrhundert nun unter anderem darin lag, gerade über das Studium von bizarren Normabwei-chungen zu verlässlicheren Aussagen über das zu gelangen, was gewöhnlich der Fall ist.25 Die »Wunderkammern« der Zeit,26 Sammlungsräume außerordentlicher Einzelheiten aus den Sphären von Natur und auch menschlicher Schaffenskraft, sind weiterer Ausdruck des allgemeinen Enthusiasmus für das Wunderbare, der die Neugier von Akademikern und Laien über den gleichen Objekten zusammenbrach-te.27 Zu dieser Verbindung trug Happel selbst bei: Die ›Relationes Curiosae‹ mar-kieren die mediengeschichtliche Schnittstelle von populärem und szientifischen Diskurs insofern, als das Periodikum sich zu einem guten Teil aus den Inhalten der Gelehrtenjournale synthetisiert und deren Wunderberichte einem breiteren Publi-kum zugänglich machte.28 Wie die wissenschaftlichen Periodika die »spielfreudi-ge« Natur jenseits ihres regulären Gangs der »scientific community« zur Diskussi-on stellten, so kommentiert auch Happel: »Offtmahln aber überschreitet die Natur diese allgemeine Ordnung / als woran sie sich / umb ihre grosse Macht zu zeigen / nicht ebenso sehr will binden lassen / und daher kompts / daß wir Dinge zu Ge-sicht bekommen / und davon lesen / worüber wir uns wundern«.29

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2 ZWISCHEN ÜBERNATÜRLICHEM UND AUßERNATÜRLICHEN: ZUR TYPOLOGIE DES WUNDERBAREN In dem nur skizzenartigen Überblick über den zentralen Stellenwert des Wunders in verschiedenen Medien und Diskursen sind dessen kommunikative Funktion und der hier zu beobachtende Bedeutungswandel bislang nur angedeutet worden. Aus Platzgründen wird im Folgenden zur Untersuchung dieser Frage eine zweifache Beschränkung vorgenommen: Mit den ›Relationes Curiosae‹ wird zum einen allein ein Fallbeispiel des populären Wunderdiskurses im 17. Jahrhundert herausgegrif-fen, das Wunder im akademisch-naturphilosophischen Kontext wird dagegen nicht weiter berücksichtigt.30 Zum anderen muss der komplexe Diskurs um das Wunder-bare in der Zeitschrift auf einen Ausschnitt beschränkt werden, der hier aus der theoretischen Unterscheidung zwischen Wunder und Wunderzeichen abgeleitet wird. Zwar entwickelt Happel an keiner Stelle der ›Relationes‹ eine explizite und kohärente Theorie oder Kategorie des Wunderbaren, implizit lassen sich jedoch entscheidende Elemente der schon antik geführten Diskussion herauslösen. So klang in den obigen Zitaten aus den ›Relationes‹ ein konstitutiver Aspekt der De-batte bereits an: Für Happel bemisst sich der Status des Wunderbaren daran, wel-che Ursachen einem Phänomen zugrunde liegen. Das Problem der Theoretiker des Wunderbaren war jedoch, dass nicht nur übernatürliche Ursachen in Frage kamen, sondern auch außernatürliche. Konnten per definitionem allein übernatürliche Ursachen die Voraussetzung für ein echtes und absolutes Wunder (lat. Miraculum) sein, so waren jene Phänomene, die wunderbare schienen, aber doch nur außerna-türlichen Ursprungs waren, Wunderzeichen (lat. Prodigium). Noch im 18. Jahr-hundert ist diese Unterscheidung in ›Zedlers Universallexikon‹ thematisierungs-würdig: »Wunder-Zeichen, Lat. Prodigia, pfleget man die aussernatürlichen Bege-benheiten in der Natur zu nennen. […] Ein Wunder-Zeichen, ist eine Sache, wel-che nicht über die Natur, (so wäre es ein Wunder) auch nicht wider die Natur […], doch welche praeter, ausser dem gewöhnlichen Lauff und Ordnung der Natur geschieht, und darum ist es, obgleich kein Wunder, doch was wunderbares«.31 Vergleichbar auch Happel: »Ich habe woll billich Ursache dasjenige / was fast directe wider alle ordentliche Mittel und Wege geschiehet / wunderbahr oder selt-sam zu nennen«.32 Geknüpft an diese Prämisse, dass ein echtes Wunders »wider die Natur« (contra naturam) zu laufen habe, war, dass die übernatürlichen-außerweltlichen Ursachen grundsätzlich in der unmittelbaren Intervention Gottes zu sehen waren.33

Das außernatürliche Prodigium (vom lat. Verb prodaio = vorhersagen) hatte sei-nen Auslöser zwar auch in Gott, geschah als dessen Mahn- und Strafzeichen gleichwohl nur durch die Suspension des gewöhnlichen Laufes der Natur (praeter naturam).34 Anders als im Fall des übernatürlichen Wunders waren Wunderzeichen innerweltlichen Ursprungs. Praktisch gestaltete sich die subtile akademische Tren-nung35 jedoch schon deswegen als schwierig, weil es divergierende Auffassungen darüber geben konnte, was die allgemeine und gewöhnliche Ordnung der Natur sei. In den ›Relationes‹ findet, wie angedeutet, keine ausdrückliche Reflexion des Problems und damit auch keine strikte Trennung des Außernatürlichen vom Über-natürlichen statt. Happel verwendet die Termini »Wunder«, »Zeichen«, »Wunder-

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zeichen« und seltener auch »Prodigium«,36 aber er differenziert sie an keiner Stel-le, weswegen sich ihre Bedeutung tendenziell überschneidet. Dass Happel dennoch auf diese gedankliche Trennung rekurriert, kann an der »konfessionsspezifischen« Seite der frühneuzeitlichen Wunderkultur festgemacht werden: So zeigt sich Hap-pel einerseits offen für die Übernahme klassischer christlicher Mirakel in sein Periodikum, wie etwa das des Fastenwunders. Gott hatte bei dieser extremen As-keseform seine erhaltende Hand im Spiel, insofern waren übernatürliche Ursachen klar geben. Happel tradiert altgläubige Motive, modifiziert diese jedoch, indem er ein Kommentarschema vorgibt, das sich so auch bei der Kommunikation der Wunderzeichen beobachten lässt (siehe unten): Der Verweis auf das Übernatürli-che genügt nicht, das Spektrum der Lesarten wird um eine »naturalisierende« Per-spektive ergänzt: In der Relation »Wunderbare Erhaltung etlicher Menschen ohne Speiß und Tranck« gegen 1682 heißt es: »Dass Gott der Allmächtige durch seine allwaltende Wunder-Hand / so lange es ihm gefällig / ohne eintzige Geniessung der Speisen jemand erhalten könne / daran gebühret keinem Menschen / vielweni-ger einem Christen zu zweifeln: Wie aber solches natürlicher Weise / ohne sonder-bahres Wunderwerck zugehen könne / davon wird allhier geredet«.37 Es ist denk-bar, dass sich hier Happels eigener protestantischer Hintergrund und indirekt die reformatorische Kritik am Missbrauch des Wunderglaubens in Form der Bilder- und Heiligenverehrung artikuliert. Der lutherischen Position galten übernatürliche Wunder zwar nicht als unmöglich, sie wurden im Sinne eines göttlichen Beweises aber als unnötig eingestuft.38 Der polemische Vorbehalt Happels macht sich an-dernorts im Wettern gegen den »gemeinen Mann« Luft, »welcher fast alles überna-türlichen Ursachen zumisst«.39 Stattdessen müsse man den »warhafften Philoso-phen nachfolgen / die nur in dem Fall zu verborgenen Eygenschafften sich wenden / wann alle andern Ursachen ermangeln / und weniger müsse man auch etwas über-nathürlichen Ursachen zuneigen / wann man derer in der Natur etliche finden kann«.40 So konnte im übergeordneten theologischen Zusammenhang der Wun-derglaube der Katholiken von den Protestanten als Beleg für den »falschen« katho-lischen Glauben instrumentalisiert werden, während die Katholiken vice versa die Protestanten als der »göttlichen Kommunikation« unfähig herabwürdigten.41

Die Marginalisierung des übernatürlichen Wunders ist jedoch nur die eine Seite der Zeitschrift; ihre andere steht im Kontext einer Aktualisierung des alten Deu-tungsmusters der Wunderzeichen gerade auf protestantischer Seite. Die Vorausset-zungen dafür sollen im Folgenden im Rahmen eines kurzen Abrisses der Entwick-lung der Prodigien-Kultur mit Hinblick auf die Quellen Happels in den Blick ge-nommen werden.

3 WIRKUNGSGESCHICHTE UND VERLAUFSLINIEN DES HISTORISCHEN WUNDERZEICHEN-DISKURSES Hier ist noch einmal auf die Differenz von Wunder und Wunderzeichen zurückzu-kommen. Was beide jenseits der Frage nach ihren Ursachen schied, war ihre Aus-deutung oder kommunikative Funktion: Während etwa das jüngere, weil christli-che Heilungswunder als prototypisches, unmittelbar von Gott bewirktes übernatür-liches Wunder Trost und Erbauung spendete42 und damit positiv konnotiert war,

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waren die weit älteren Wunderzeichen bereits seit dem römischen Prodigien-Glauben negativ besetzt.43 Im Vorstellungsmittelpunkt steht der prinzipielle Zei-chen- und Verweischarakter der Welt, in der ungewöhnliche wie bedrohliche Ge-schehnisse als Ankündigung kommenden Ungemachs gedeutet wurden.44 Kome-ten, Missgeburten, Stein- und Blutregen bildeten den festen Kern eines Motivkata-logs, der noch in die ›Relationes‹ Happels einfließt. Gedeutet wurden die außeror-dentlichen Ereignisse als Zorneszeichen der Götter, die einerseits kein konkretes Geschehen voraussagten; andererseits konnten Prodigien schon Bestrafung und Unglück selbst sein (Flutkatastrophen) und nicht nur Sendboten erst noch drohen-der Strafe.45

Entscheidend für die Diffusion und die lange mediale Kontinuität der Vorzei-chen war ihre bereits antike Sammlung, Ordnung und Kompilation.46 Schon im vierten Jahrhundert erschien das erste Werk der Prodigienliteratur, Obsequens’ ›Liber Prodigiorum‹, das über seine Vermittlung im 16. Jahrhundert auch in den ›Relationes‹ wieder auftaucht.47 Außergewöhnliche Naturerscheinungen wurden jedoch nicht ausschließlich in einen Vorzeichen-Komplex eingeschrieben. Lorrai-ne Daston hat etwa darauf verwiesen, dass die mittelalterliche Chronistik Berichte über Erdbeben, Missgeburten und Himmelserscheinungen teilweise als lediglich dekorative Elemente der eigentlichen Erzählung verwertete.48 Eine Ausdeutung wundersamer Vorfälle blieb hier nicht selten aus, womit ein späterer Funktions-wandel bereits antizipiert ist: Prodigien übernahmen nicht nur weitergehende kommunikative Zwecke im Sinne lebensweltlich-frommer Orientierung, sondern konnten sich zunehmend als ästhetischer Unterhaltungsfaktor selbst genügen. Ob ein außernatürliches Ereignis mit Bedeutung beladen wurde, hing jeweils von einer Reihe externer Faktoren ab. In Zeiten der Krise konnten aus existentieller Unsi-cherheit heraus jene außerordentlichen Phänomene als Prodigien gedeutet werden, denen unter anderen Umständen kaum Signifikanz zugeschrieben worden wäre.

Dass sich die Kultur der Wunderzeichen ab dem 16. Jahrhundert explosionsartig ausweitete, ist auf ein komplexes Ursachenbündel zurückzuführen. Zunächst war sicherlich die Dynamik des Buchdrucks ausschlaggebend; wenig später stieg die Nachfrage nach Bewältigungsstrategien angesichts vermehrter Krisenwahrneh-mung im Zuge der religiös-politischen Wirren der Reformation.49 Zahllose Flug-blätter spannten die Interpretation merkwürdiger Begebenheiten für religiöse Pro-pagandazwecke ein. Daneben kurbelten der Dreißigjährige Krieg50 und einschnei-dende Klimaverschlechterungen51 (»Kleine Eiszeit«) den Rekurs auf Prodigien weiter an. Entscheidend überlagert wurden diese Krisen materieller Existenz zu-dem durch »geistige Krisen« wie die des lutherischen Endzeitbewusstseins, das den begierigen Konsum von Wunderzeichen über alle Schichten hinweg aus-schlaggebend begünstigte.52 Angesichts eines als sündhaft beschworenen Wandels der Welt galt es in eschatologischen Szenarien als gewiss, dass Gott über den »Kommunikationskanal« der Prodigien Vorboten des jüngsten Gerichts senden würde; noch Happel wägt sich wiederholt »[b]ey der letzten / zum Untergang nei-gende[n] Welt«.53 So bildete eine sich im protestantischen Milieu entfaltende »prächtige Prodigienkultur«54 die weitere historische Voraussetzung für das Ein-wandern der Wunderzeichen in die ›Relationes‹.

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Überwiegend aus protestantischer Feder stammen auch die großen Kompilatio-nen von Prodigien seit dem 16. Jahrhundert.55 Sie konnten aufgrund der langen Gattungstradition bereits auf eine immense Materialbasis zurückgreifen.56 Rudolf Schenda sieht den Polyhistor Lycosthenes (Wolffhart von Rufbach, 1518-1561) als »Wiederentdecker« der antiken Prodigienliteratur.57 1552 wurde durch Lycosthe-nes die Prodigiensammlung des Obsequens ediert, ergänzt und veröffentlicht, auf die Happel schließlich mehrmals zurückgreift. 1557 publizierte Lycosthenes dann eine eigene Prodigienkompilation;58 im gleichen Jahr verfasste der Reformator Caspar Goltwurm sein einflussreiches ›Wunderwerck vnd Wunderzeichen Buch‹.59 Happel schreibt es für die ›Relationes‹ ebenso aus60 wie die Sammlung des franzö-sischen Theologen Simon Goulart (1543-1628), die übersetzt seit 1613 als ›Schatzkammer / Uber Natürlicher / Wunderbarer und Woldenckwürdiger geschichten‹ vorlag.61 Auch auf das nach Rudolf Schenda »universalste Prodigien-kompendium«62 des 17. Jahrhunderts, auf Caspar Schotts seit 1662 in zwölf Bän-den erscheinende ›Physica Curiosa‹,63 greift Happel wiederholt zurück.64An der florierenden Wunderzeichenindustrie war Happel selbst neben den ›Relationes‹ mit seiner ›Kern-Chronica der merckwürdigsten Welt- und Wunder-Geschichte‹65 (posthum ab 1690) beteiligt, die nach seinem Tod fortgesetzt wurde und in der seine frühere Vorzeichenkompilation ›Straff und Unglücks Chronick‹ aus dem Jahr 1682 aufging. »Nachrichtlich«, wie es im Titel hier heißt, will der Exempelka-talog die immerwährende Intervention Gottes in den Weltlauf dokumentieren: Denn so »beliebet es Ihm [Gott] gleichwol mit kleinen und absonderlichen Fluthen die Menschen umb ihrer Sünden und bösen Wandels willen zu straffen […] und die Menschen gleichsam zur Buße zu ruffen«.66

Auch in den ›Relationes Curiosae‹ spiegelt sich der verbreitete Blick auf solche »Straffluten«67 und darüber hinaus das gesamte Spektrum tradierter Wunderzei-chen-Arten,68 bestehend aus Monstren und Missgeburten,69 Kometen und weiteren meteorologischen Phänomenen, Nahrungswundern (Kornregen und Mehlwunder) sowie diverse Wunderwesen (z.B. Geister und Gespenster).70 Bedingt schon durch ihren hohen Verbreitungsgrad auch in den wissenschaftlichen Zeitschriften, deren Inhalte Happel auswertete, nehmen physische Deformationen quantitativ den höchsten Stellenwert ein. Aus Platzgründen sollen aus dem Korpus der Wunder-zeichen mit den Himmelserscheinungen und außernatürlichen Regen zwei kleinere Gruppen herausgelöst werden, um an ihnen die Frage der Aneignung eines alten Phänomens im neuen Medium exemplarisch zu erörtern.

4 »LUFFT-GESICHTE« UND »WUNDER-REGEN«: DER WUNDERZEICHEN- DISKURS IN DEN ›RELATIONES CURIOSAE‹ Happels Periodikum ist eingebunden in ein theozentrisches Bedeutungsgeflecht, das die Kultur der Wunderzeichen für sich annimmt und in Veränderungen fort-schreibt. In den ›Relationes‹ greift die Orientierungsleistung der Wunderzeichen auch insofern, als die skizzierten Krisenthemen des Jahrhunderts im Schreibpro-zess ständig gegenwärtig sind; neben den Endzeiterwartungen sind es die Bedro-hungen durch die Widrigkeiten der Natur und vor allem die verheerenden Kriege des Zeitalters. Als die ersten Ausgaben der ›Relationes‹ um die Mitte des Jahres

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1681 erschienen, herrschte im Reich ein brüchiger Friede. Thomas von Wiering, erfolgreicher Hamburger Druckerverleger,71 konnte so im Vorwort zum ersten Jahresband 1682 festhalten, dass man »Gott sey Danck / von […] Kriegs-Materien nichts mehr in den Novellen findet«.72 In den ›Relationes‹ sind jene Kriegs-Materien im Vergleich zu den zeitgenössischen Zeitungen untergeordnet, primär aus den Gründen fehlender Tagesaktualität und komplementärer inhaltlicher Aus-richtung zu den Zeitungen, die ein politisch-wirtschaftliches Themenspektrum abdeckten. Zudem galt für das Zeitungsmedium zumindest dem Ideal nach nüch-terne Informationsleistung und Bericht, während die ›Relationes‹ durch ihre Kommentarleistung zu einem frühen Zeitpunkt bereits zur räsonierenden Mei-nungsbildung beitrugen.

Abb.1: Kupfer „Das Lufft-Gesicht“ aus den ›Relationes Curiosae‹, Band 4, Zweiter Teil, Hamburg 1688, Bestand der Universitätsbibliothek Augsburg

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Innerhalb dieser Ausrichtung konnten Zeichen und deren Deutung hervorragend platziert werden. Entscheidend ist, dass Wunderzeichen wegen der fehlenden Zeit-nähe der ›Relationes‹ überwiegend nur retrospektiv interpretiert werden konnten. Eine zukünftig verwertbare »Orientierungsleistung« lag demnach allenfalls in überzeitlich gültigen moralischen Folgerungen aus den Prodigien. Diese Praxis war nicht neu: Bereits lange wurden existentielle Erschütterungen, ob Krieg oder Hunger, rückblickend mit zeitlich zuvor beobachteten außergewöhnlichen Ereig-nissen in Verbindung gebracht. Findet sich bei Happel die »Rubrik«73 Krieg, dann nicht selten im Rahmen einer Textstrategie, die die eigentliche Ereignisgeschichte zur Staffage macht und rückschauend das sie begleitende Zeichen in den Mittel-punkt rückt. So habe man zu Beginn des Jahrhunderts ein in einem Baumstamm »vorgebildetes Kriegsheer« beobachten können: »Was nun die Bedeutung gewe-sen / hat das Land Jülich / Cleve und Berg hernach nur allzu wohl erfahren«.74 Gemeint ist der Jülich-Klevische Erbfolgestreit im Vorfeld des 30-Jährigen Krie-ges. Dass die Zeitgenossen vermeinten, die Abbildung eines Kriegsgeschehens auf »wunderartigen« Pflanzen zu erkennen, war als Motiv eher selten. Weit gefesselter zeigte sich die kollektive Imagination von martialischen »Lufft-Streit[en]«75 oder »Lufft-Gesichtern« (s. Abb.1), die fraglos aus der fast ununterbrochenen Gegen-wart des Krieges hervorgingen. Dieser wurde immer wieder einem prophetischen Prolog gleich als »die ganze Tragoedie vorher summarisch mit einem vorspielen-den Spiegel-Gefecht entworfen«.76 Diese »Lufft-Gesichter« gehören der Wunder-zeichen-Kategorie der meteorologischen Himmelserscheinungen an.77 Ihr Status in den ›Relationes‹ sei hier in Ausschnitten nachgezeichnet, um abschließend die Bedeutungstransformation von Wunderzeichen an der Kategorie der Wunder-Regen zu präzisieren.

Zu einem Topos gerinnt in der Zeitschrift das Motiv der im Himmel kämpfenden Heere. Sie müssen nicht konsistent mit negativer Bedeutung im Hinblick auf dro-hendes Unheil gewertet werden. Happel kann sie zuweilen recht unmotiviert vor-bringen, ohne auf den Zeichengehalt zu rekurrieren. Rückschlüsse lassen sich auch auf die Arbeitstechnik des Zeitschriftenautors ziehen, der »streitende Kriegs-Schaaren in der Lufft«78 dann erneut aus seinem Exzerptkasten zieht, wenn das Thema längere Zeit nicht mehr angesprochen wurde. In Einzelmomenten wird in diesem Diskurs jedoch relativ hohe Aktualität und Zeitnähe erreicht: Obige Kriegs-Scharen seien, so Happel gegen 1688, erst »vor wenigen Monaten diesen Jahrs bey Cölln observiret worden«.79 Möglich wird dadurch die zukunftsgerichte-te Interpretation tagesaktueller Ereignisverläufe mit einhergehender Orientierungs-leistung. So stehe zu »befürchten / daß die jetzige grosse Praeparatoria, so durch die uneinige Wahl des Chur-Fürsten von Cölln entstanden / […] die Cöllnische Gegend der Blut raub- und brandgierige Mars zu seinem Wohnsitz erkiesen wird«.80 Generell verrät der Blick ins Firmament die Gewissheit der Zeichen: »Gott thut Wunder am Himmel / die nicht zu zehlen sind«.81 So sei schon 1650 ein »rechtes Wunder-Jahr« gewesen, »worinnen die Laster in […] ungewöhnlichen Überfluß sich herfür gethan«.82 Mit dieser Gewissheit war Happel nicht allein. Auch andere Polyhistoren sahen die Jahre der zweiten Jahrhunderthälfte regelrecht schwanger von Zeichen und Wundern.83 1689, ein Jahr vor seinem Tod, resümiert

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Happel rückblickend: »Wann wir erwegen alle die Visiones und andere Wunder / so wir im nechst verwichenen Jahr 1688 erlebet / so müssen wir bekennen / daß sie allemahl lauter Vorbotten desjenigen gewesen / die so manche hohe Personen bald hernach erlebet haben«.84

Am deutlichsten wird die unterstellte Kommunikationsleistung der Prodigien in einem weiteren »nachdencklich[n] Lufft-Streit«: »Wann in einem Land etwas sonderliches fürgehen soll / wird solches vorher ins gemein durch seltsame Zei-chen bedeutet«.85 Prinzipiell stellt Happel die Faktizität der Szenerien am Himmel also nicht in Frage, unglaubwürdig erscheinen teilweise höchstens die Aussagen dubioser Zeugen über Verlauf und Ereignis der Erscheinungen.86 Damit ist auch in den ›Relationes‹ dokumentiert, was Rebekka Habermas für die Mirakelbücher des 16. Jahrhunderts nachgewiesen hat: die Tendenz zur Authentifizierung durch teils minutiöse Angabe des Ortes und der Beteiligten, um die Wirkung eines »beglau-bigten« Wunders zu potenzieren. Weitere Verallgemeinerungen sind möglich: Aufbau und Vermittlung des »Lufft-Gesicht«-Themas lassen auf exemplarische Weise eine Wertung der Zeitschrift als geistesgeschichtliches Schwellendokument zu, da Happel zwischen der Reproduktion gängiger sakraler Deutungsofferten und punktueller Skepsis im Hinblick auf außernatürliche Kausalitäten stehen bleibt. Der Aufbau des Themenkreises folgt einem stereotypen Schema: Es bricht den gesamten Diskurs in handliche (»curieuse«, heißt in diesem Sinne »kurze«) Frag-mente herunter. Am Anfang stehen Exempel, die Happel aus unterschiedlichen Quellen zusammenschreibt.87 Neben Heeren treffen so unter anderem selbst gegne-rische Schiffsflotten am Himmel aufeinander. Jenseits der Zeichenhaftigkeit ist hier ganz wesentlich auch der Unterhaltungseffekt durch das Spektakuläre und Sensationelle erfüllt. Auf das »Faktische« folgt die Erörterung des prognostischen Charakters (»Die Bedeutung dieses Gesichts«). Dann bringt Happel in einem letz-ten und gleichzeitig am stärksten abstrahierenden wie räsonierenden Schritt die Debatte über den »Uhrsprung seltsamer Lufft-Gesichter«88 sowie in einer be-schließenden Relation »Die natürliche Ursach sothaner Erscheinungen«.89 Die »Schlagzeilen« sind bezeichnend für die argumentative Gesamtstruktur innerhalb der Zeitschrift, wenn es darum geht, Phänomene, deren alte Deutungsgrundlage langsam porös wird, neu zu verorten. Charakteristisch ist das moderierende Mit-einander, nicht das Gegeneinander von religiösen und frühen rationalen Interpreta-tionsangeboten.

Zunächst ist prinzipiell möglich, dass der Teufel beim Zustandekommen der be-deutungsschwangeren »Lufft-Gesichten« seine Hände mit im Spiel hat, eine be-zeichnende Begründung für eine Zeit, die von den Verlockungen und Manipulati-onen des Satans als permanente Gefahr ausging: »Wann behauptet wird der Teuf-fel formire solche Ebenbilder in der Lufft durch Veränderung und Disponirung derselben / gebe ich solcher Meinung alsbald und willig meinen Beyfall«.90 Dass Happel seine eigene Position derart explizit einbringt, ist eher selten. Gerade mit der Verwendung des Personalpronomens geht der Kompilator sparsam um, was es oft erschwert, das sprechende »Ich« innerhalb der synthetisierten Quellen zu iden-tifizieren. Unentschieden bleibt, ob der Teufel die Fähigkeit besitze, »würklich einen Hauffen seiner Creaturen […] oder sonsten Gottlose Leuthe in die Lufft«91

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zu führen oder ob sich sein Vermögen darauf beschränkt, Effekte einer Sinnestäu-schung hervorzurufen. Mit dieser Befürchtung, es potentiell mit gefälschten Insze-nierungen des Teufels statt mit Zeichen des Himmels zu tun zu haben, zeigt sich in den ›Relationes‹ eine weitere Verkomplizierung des Diskurses um Wunderzei-chen; vor allem die Schriften der Dämonologen kreisten um die Frage des Außer-natürlichen dämonischen Ursprungs.92 Im Hinblick auf die in den ›Relationes‹ angebotene transzendente Erklärung bleibt letztlich entscheidend, »daß des Teuf-fels Gewalt unter Gott sey«,93 eine Haltung, die Happel mit vielen seiner Zeitge-nossen teilte: Die Interaktion Satans in die Natur und das menschliche Leben konnte letztlich allein göttlich sanktioniert sein.94 Das nahm dem Phänomen in Ansätzen den Schrecken, nicht aber den erbaulichen Kitzel, den seine Beschrei-bung verursacht. Einzuräumen sei mithin: »der Teuffel möge auch wohl den al-lerfrömbsten und klügesten bißweilen durch Göttl. Zulassung die Augen und Oh-ren also täuschen«.95

Das zweite Erklärungsmodell ist eine milde Tendenz zur »Naturalisierung« des Wunderbaren. Hier zeigen sich über das Wunderzeichen-Thema erneut die thema-tischen Verschränkungen im Mediensystem der Zeit, über die auch der Eliten- und Laiendiskurs überbrückt werden: Mit den ›Relationes‹ stützt sich die periodische Presse in der Diskussion um »Die natürliche Ursach sothaner Erscheinungen« etwa auf die oben genannte Prodigiensammlung Caspar Schotts, die ›Physica Curiosa‹96. Die Inhalte teurer und nur wenigen zugänglichen, lateinischer Bücher vermittelten sich auf diese Weise in den volkssprachlichen Bereich und adaptierten deren Ar-gumentationsmuster: Nach Schott könnten, so Happel, »grobe und subtile Dämp-fe«97 die auslösenden Faktoren der Erscheinungen sein. Von »Naturalisierung« in Richtung einer »modernen Naturwissenschaft«, die Gott aus ihrem Referenzrah-men verbannt habe, kann dabei jedoch noch nicht gesprochen werden. Als Jesuit wollte Caspar Schott die auf wunderbare Besonderheiten konzentrierte, neue Na-turgeschichte mit christlichen Ideengehalten in Einklang bringen.98 In diesem Sin-ne heißt es bei Happel weiter: »Weil nun der Autor [Schott] so viel giebt / daß hiezu die Dämpffe / Dünste und Wolcken / wann es Gott dem Herrn sonsten nicht etwa gantz übernatürlicher Weise / sondern durch die Natur selbst zu wircken beliebt«.99 Implizit berührt ist damit wieder die theoretische Differenz des außerna-türlichen Wunderzeichens und des übernatürlichen Wunderwerks: Insofern Gott nicht unmittelbar »gantz übernatürlicher Weise« in den Weltlauf intervenieren will, bedient er sich »natürlicher Ursachen« als Kommunikationskanal.

Ähnliche Deutungsstrukturen finden sich in einer weit häufigeren thematischen Gruppe, den Wunderregen. Anders als die »Lufft-Gesichte«, die wellenförmig immer dann auftauchten, wenn Kriege die Zeit durchzogen, wurden Wunderregen seit der Antike tradiert. Auch sie können den Himmelserscheinungen oder »Lufft-Sachen«100 zugeschrieben werden, die in der frühneuzeitlichen Wunderzeichenlite-ratur quantitativ überwiegen.101 Hier spielten sich jedoch nicht komplexe Szenen am Himmel ab; es regnete vielmehr auf eine Art, die dem gewöhnlichen Naturver-lauf dramatisch zuwiderlief. Der bei Happel den Diskurs eröffnende Artikel »Der entsetzliche Wunder-Regen« schaltet auf typische Weise allgemeine Eingangs-überlegungen vor. Sie stilisieren die folgenden Wunderzeichen-Belege in ihrer

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Wertigkeit, wiederum deswegen, weil nur das die alltägliche Erfahrung Überstei-gende denkwürdig ist: »Von dem Platz-Regen will ich nichts melden / ohnerachtet derselben an etlichen Orthen so seltsahme fallen / daß sie nicht gering mögen ge-achtet werden / unter die grösten Denckwürdigen gezehlet zu werden. Jetzo will ich bloß melden von solchen Wunder-Regen / welche entweder an der Farbe / oder an der Materie von den gewöhnlichen Regen unterschieden sind«.102

Im Umgang Happels mit den außernatürlichen Regenarten zeigen sich zwei der prägenden Strukturelemente frühneuzeitlicher Prodigienliteratur: 1. Die der listen-artigen Inventarisierung. In den Erscheinungsjahren 1684 und 1685 findet das Thema keinen Platz, sonst aber verteilen sich Relationen wie etwa über den »Fleisch-Regen«103 oder den »Eysen-Regen«104 über den gesamten Erscheinungs-zeitraum der Zeitschrift, konzentriert vor allem auf die ersten zwei Jahre. Zeit und Ort des Wunder-Regens werden zuweilen minutiös genannt, auch hier also die übliche Beglaubigungsstrategie. In selten länger als eine viertel Quartseite langen Artikeln sticht der berichtende Charakter einer Meldung den Deutungsteil bei Happel deutlich aus. Das mag unter anderem auch auf einen erhöhten Produkti-onsdruck schließen lassen, innerhalb dessen Happel die Materien aus vorhandenen Quellen nur noch ausschreiben kann, ohne sie in einen eigenen Reflexionszusam-menhang zu stellen. 2. Die ›Relationes‹ ähneln in dieser Technik nicht den chrono-logischen, sondern den thematisch geordneten Wunderzeichen-Büchern.105 Wie sehr sich das neue Medium Zeitschrift aus dieser langen literarischen Tradition bedient, führt ein Blick auf die Quellennachweise vor Augen, die immer auch eine Stilisierungsfunktion im Hinblick auf eine Belesenheit des Autors übernahmen. In Hamburg konnte Happel auf mindestens zwei Bibliotheken, eine öffentliche und eine private, als Exzerpierstätte zurückgreifen.106 Unsystematisch bringt er hier Klassiker des Wunderbaren (Naturgeschichte des Plinius), Prodigienkompilationen (Lycosthenes107) und ebenso die Inhalte der ersten wissenschaftlichen Zeitschrif-ten, wie die der ›Philosophical Transactions‹,108 zusammen. Das Schreiben über Wunderzeichen war, wie oben angedeutet, ein grenzüberschreitendes, gleicherma-ßen populäres wie elitäres Phänomen. Symptomatisch dafür war die Verflechtung verschiedener Medientypen, die den Wunderzeichen-Diskurs permanent aktuali-sierten: Er durchzog, wie oben bereits angeschnitten, mit dem ›Theatrum Euro-paeum‹ die bedeutendsten Chroniken der Zeit ebenso wie das noch kaum ausdiffe-renzierte Medium Zeitschrift insgesamt.109 Als Referenzwerk und Mustersamm-lung blieb die enzyklopädische ›Historia Naturalis‹ von Plinius d.Ä. tonangebend – das Werk ist eine der meistzitierten Quellen der ›Relationes‹. Zudem schreibt Happel seine Beispiele ebenso von römischen Geschichtsschreiben wie Livius ab, wie es auch die Autoren volkssprachiger Wunderbücher taten.110 Problemlos ste-hen in Happels Rezeption der Wunderregen tradierte Autoritäten neben wissen-schaftlich-internationalen Größen des Zeitalters, berühmte Sammler, Naturfor-scher, Mediziner und Universalgelehrte wie Ulisse Aldrovandi (1522-1605)111, Olaus Worm (1588-1654),112 Fortunio Liceti (1577-1657),113 Athanasius Kircher (1602-1680),114 oder Girolamo Cardano (1501-1576),115 für den das Wunderbare insgesamt in den Mittelpunkt der Naturerforschung gerückt war. Die breite und heterogene Quellenbasis der ›Relationes‹ hatte zudem auch Bezugspunkte in Poly-

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historen ihrer Zeit: Happel stützt sich beim »Flor-Regen«116 auf den vergleichbar arbeitenden Kompilator Johannes Praetorius (1630-1680) und dessen ›Neue Welt-beschreibung‹ (1667). Die zahllosen Angaben über das Wo und Wann entwerfen im neuen Medium eine Topographie der Wunderregen.

Das Phänomen war damit nicht mehr nur Thema des europäischen Zentrums, sondern auch seiner geographischen Grenzbereiche. Wunderregen wurden in Afri-ka (»Sand-Regen«) registriert und wanderten auch in die »Neue Welt«. Einerseits war der Diskurs des Wunderbaren, wie erwähnt, durch die Entdeckung Amerikas auf eine neue Stufe gestellt worden, andererseits hielt Amerika viele Jahrhunderte als Projektionsraum europäischer Phantasie her: Vertraute Vorstellungs-Komplexe wurden in die »Neue Welt« integriert, was die irritierende Erfahrung der Fremd-heit reduzieren konnte:117 Happel bezieht sich in der Relation über einen »Stein-Regen« in Amerika während des 16. Jahrhunderts auf den Humanisten Petrus Martyr (1457-1526), dessen frühe Zusammenfassung über die Entdeckungsfahrten (›Dekaden über die Neue Welt‹) zu den Schlüsseltexten im Hinblick auf das frühe Bild Amerikas zählt.118 Der Transfer geläufiger Erwartungen und Wahrnehmungen in neue Räume trifft auch für andere geographische Randbezirke zu, etwa für Ja-pan, dem die ›Relationes‹ vor allem innerhalb des ethnographischen Diskurses erhöhte Aufmerksamkeit zumessen. Happel stützt sich auf die ersten Missionsbe-richte der Jesuiten und baut, wo irgend möglich, das stereotype Überlegenheitsge-fühl eines »rechtgläubigen« Christentums gegenüber dem »Götzendienst« der »grausamen Japonesen«119 aus. Wenn sich Happel auf den Bericht des Jesuiten Organtius bezieht, der schildert, wie im Jahre 1577 in Japan Steine »gar häuffig aus der Lufft gefallen«120, verweist die Erklärung für die außernatürliche Begeben-heit auf die Dimension der Wunderzeichen als »Fingerzeig Gottes«.121 Als solcher konnten die Wunderzeichen »moralische Defekte« umgehend abstrafen, indem der Steinregen in diesem Fall »200000 Götzendiener zerstreuet / so da eben ein Göt-zen-Fest hielten / und dabey unsern Heyland […] ohnauffhörlich lästerten«.122 Durch den Rekurs Happels auf Jesuitenberichte zeigt sich ein Verschwimmen der konfessionellen Grenzen: Als Disziplinierungsmittel religiöser Moraldidaxe waren Wunderzeichen für Katholiken und Protestanten letztlich gleichermaßen attraktiv und entsprachen zudem dem Prinzip von Lohn und Strafe in der katholischen Dogmatik.123

Ein Spezifikum der Zeitschrift im Umgang mit den Prodigien liegt nun jedoch darin, dass neben heilsgeschichtliche Deutungsmuster rein natürlich-innerweltliche gesetzt werden können, ohne dass etwaige Widersprüchlichkeiten in den angege-benen Referenzlektüren als Problem thematisiert werden. Wie bei den »Lufft-Gesichten« folgt auf den Berichts- und Deutungsteil der Wunderzeichen in einem Absatz die Diskussion möglicher irdischer »Uhrsachen«. Als Quellengrundlage nennt Happel zwei Naturforscher der Renaissance, Julius Scaliger (1484-1559) und den erwähnten Mathematiker, Astrologen, Arzt und Naturforscher Girolamo Cardano.124 Die Namen der Schriften sind nicht angeführt, jedoch dürfte festste-hen, dass es sich bei Cardano um dessen bis weit in das 17. Jahrhundert hinein rezipierten naturphilosophischen Bestseller ›De subtilitate‹ (1550) handelt, in dem der Autor eine nuancierte Skala des Wunderbaren entwirft. Scaliger reagierte 1557

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mit einer eigenen Schrift (›Exercitationes‹) auf Cardanos Werk, in der er dessen »Wunderkrämerei«125 (Daston) heftig attackierte.126 Dass Cardano und Scaliger bei Happel dennoch zusammen genannt werden, ist typisch für eine inkonsistente Kompilationsmanier, die Unstimmigkeiten in der Tradition nach Belieben über-sieht oder übergeht und dann an anderer Stelle wieder problematisiert.

Das Miteinander profaner und sakraler Erklärungsangebote wird in anderen Ar-ten der Wunderregen deutlicher, etwa in den besonders populären »Blut-Regen«. Zunächst beschränkt sich Happel in einer Art chronologischem Index additiv auf Orts- und Zeitangabe von Fällen »Blut-Regen« seit dem 12. Jahrhundert. Dann bringt er eine längere Berichtspassage über den »Brüsselischen Blut-Regen / weil er zu unsern Zeiten gefallen«.127 Dass relative Zeitnähe als Auswahlkriterium ge-nannt wird, kommt vereinzelt immer wieder vor. Happel bezieht sich hier auf das Jahr 1646, in dem sich der niederländische Astronom Godefridus Wendelinus (1580-1660) in Brüssel aufgehalten haben will und ein Jahr darauf ein eben dort verlegtes Traktat über die natürlichen Ursachen des vermeintlichen »Blut-Regens« veröffentlichte,128 auf das Happel in Vermittlung durch die Dissertation Caspar Posners (1626-1700) ›De pluvia sanguinea‹ aus dem Jahr 1670 Zugriff hatte129 – auch hier wieder das Phänomen des Wanderns einzelner Wunderzeichen durch verschiedene Druckformate und Diskursebenen. Im Erklärungsmodell zur »Ursa-che solcher Blut-Regen« überrascht die Darlegung Happels mit desinteressiertem Zweifel am außer- und übernatürlichen Zeichengehalt: »Ob dergleichen Regen an Zeiten zu einem besondern Wunderwerck und Vorzeichen von Gott verordnet / zu fallen / solches lasse ich dahin gestellet seyn / und schreite billich zu den natürli-chen Ursachen«.130 An anderer Stelle schreibt er den Anlass eines »Asch-Regen« »billich dem Winde zu«131, gleichzeitig eine jener seltenen Stellen, an der die Zeit-schrift durch wahrscheinlichen Rückgriff auf Tageszeitungen oder »Newe Zeitun-gen« hohe Aktualität erreicht: Über den Rekurs auf den Vesuv-Ausbruch »im jüngst verwichenen Augusto«132 (1681) appelliert Happel an das Kurzzeitgedächt-nis seiner Leserschaft. Willkürlich wird in den ›Relationes‹ ein divinatorischer Gehalt der Ereignisse dabei ausgesetzt: Statt mit Wunderzeichen haben wir es punktuell nur mehr mit Witterungsanomalien und physikalischen Vorgängen zu tun. Auch eine Ästhetisierung des Wunderbaren im Sinne eines seichten Gruselns spielte eine Rolle. So mag ein »Feuer-Regen« aus dem Jahre 1647 »ohne Erzittern nicht […] gelesen werden«.133 Eine transzendente Ausdeutung wird nicht mehr bemüht. Doch auch diese Haltung ist inkonsistent und bezeichnend für die Vielfalt der Interpretationsangebote und der Deutungsunsicherheit eines Periodikums an der Wende zur Frühaufklärung. Ein erst 1681 beobachteter »Pfeil- und Hagel-Regen« wird wie folgt kommentiert: »Daß dergleichen Krieges-Waffen-Regen etwas nachdenckliches bedeuten / will ich zwar nicht gänzlich läugnen / doch lässet sich auch defalls an natürlichen Uhrsachen kein Mangel spühren«.134 Das hält Happel aber nicht davon ab, an späterer Stelle den Sinngehalt der Prodigien im Sinne göttlicher Zeichen wieder zu restituieren. Die Relation über den »Schlangen- und Wurmregen« schließt er sinnierend: »Inmittelst mag es mit diesen Dingen natürlich zugehen oder nicht / so kann ich doch Gottes Regierung in diesem fall keinesweges außschliessen / welcher hierdurch denen Unbußfertigen gemeiniglich

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seinen Göttlichen Zorn verkündiget / oder denen Bußfertigen und Nothdürftigen seinen Seegen erweiset / wie an dem Brandenburgischen Korn-Regen zu sehen«.135

5 RESÜMEE Die Kommunikation der Wunderzeichen in den ›Relationes Curiosae‹ funktioniert nach Prämissen, die sich im Hinblick auf den Umgang Happels mit anderen The-men verallgemeinern lassen:

1. Deutungshorizont und Weltaneignung durch die frühe Zeitschrift können sich nicht von religiös-kosmologischen Bezügen lösen. Transzendente Intervention spielt sich demnach überall ab, auch in der »Neuen Welt«, in die Happel, wie ge-zeigt, auf Basis seiner Quellen das Spektrum der alten Wunderzeichen transpor-tiert. Insofern erhöht sich auch der Aktionsradius Gottes. Eurozentrismus und das Gefühl christlicher Dominanz bestimmen auch die geistige Auseinandersetzung mit anderen Kulturformen im »ethnographischen« Teil des Periodikums. Für Hap-pel ist die Wirklichkeit des christlichen Mirakels am Ende ebenso unstrittig wie die Kontinuität der Prodigien, deren relativ klar umrissenen Themenkatalog er aus der Tradition der Vorjahrhunderte fortschreibt. Selten wird die Glaubwürdigkeit der Ereignisse in Frage gestellt, zur Authentifizierung reicht oft nur eine Quelle, was für die »textkritische« Haltung Happels etwa im Hinblick auf die Naturwunder untypisch ist: Wunderwesen wie das im 17. Jahrhundert als Narwal enttarnte Ein-horn werden durch einen umfassenden Textapparat begleitet, der auf vielfältige Quellen rekurriert und Empirie von Phantasie zu unterscheiden versucht.136 Dass die pauschale Beglaubigung von Prodigien für Happel kein Problem darstellt, ist auch deswegen bemerkenswert, weil an anderen Stellen der Zeitschrift sich eine Tendenz in Richtung Frühaufklärung niederschlägt: die Kritik am »Aberglauben«. Regelrecht in »Aberglauben ersoffen«137 sieht er diverse Formen christlicher Volksfrömmigkeit. Happels protestantischer Hintergrund mag ein Grund dafür sein, dass das vertraute Denkmuster der Vorzeichen von diesem Dünkel ausge-nommen bleibt; der wahrscheinlichere Grund ist der, dass angesichts eines wö-chentlichem Produktionsdrucks kaum Zeit für eigene narrative Kontextualisierung und denkbare Distanzierung von etablierten Motiven blieb. So ist es symptoma-tisch, dass Happel häufig eher als Reporter seiner Zeit denn als gedankenvoller Interpreter auftritt. Inkonsistenzen in Argumentation und Textorganisation sind auf diese Weise auch in anderen Themenbereichen fassbar.

2. Die oben genannte Pluralisierung des Wissens um Wunderzeichen lässt sich auch als charakteristische Deutungsunsicherheit werten: Trotz der in den Prodigien überwiegend altgläubigen Grundierung der Zeitschrift vollzieht Happel eine Öff-nung in Richtung Naturalisierung und Säkularisierung der Zeichen. Das Oszillie-ren zwischen Prodigiengläubigkeit und ihrer Kritik ist weniger auf eine bewusst »rationale« Haltung des Autors zurückzuführen als auf die Nutzung disparater Quellen, eine für die Zeitschrift generell bezeichnende kompilatorisch-anthologische Arbeitsweise: Happel greift nicht nur auf die alten Prodigienkatalo-ge zurück, sondern auch auf die noch überschaubare Menge wissenschaftlicher Periodika der neuen naturphilosophischen Akademien.138 Auch in vielen anderen Diskursen werden die ›Relationes‹ so ihrer Intention gerecht, als Popularisator und

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Multiplikator aktueller wissenschaftlicher Diskussion aufzutreten. Je nach Prove-nienz der Quelle wird ein mehr oder weniger »empirisch-natürliches«, mithin »wissenschaftliches« Erklärungsmodell favorisiert. Durch die unveränderte Über-nahme dieser »modernen« Quellenperspektiven in die eigene Zeitschrift begünstig-te Happel die allmähliche Erosion der Zeichenhaftigkeit und konnte doch auf den schwierigen Status der Wunderzeichen zwischen dem Natürlichen und dem Über-natürlichen keine eindeutige Antwort geben. Die Verunsicherung des »frühen Journalisten« angesichts eines potenzierten »Information-Overloads« ist jedoch auch zu würdigen: Die ›Relationes‹ vermitteln eine aus heutiger Warte verwirren-de Koexistenz von alten und neuen Deutungen, statt dogmatische Ausschlussver-fahren zu betreiben. Dieses »Sowohl als auch« hat Wilhelm Kühlmann als das Charakteristikum der intellektuellen Kultur des 17. Jahrhunderts bezeichnet.139 Im weiteren Zusammenhang gilt es auch für polyhistorische Zeitgenossen Happels, die sich ähnlicher Argumentations- und Organisationsmethoden bedienten.140 Die qualitative Veränderung liegt darin, dass Wissen implizit als unabgeschlossener, auf die Zukunft offen hin zulaufender Prozess verstanden wird. Wiederholt geht Happel mit Quellenautoritäten angesichts neuer gedruckter Kenntnisse kritisch ins Gericht und setzt vor diesem Hintergrund immer wieder auch auf die eigene Ur-teilsbildung des Lesers – »sapere aude«. Ein systematisch-kritischer Umgang mit tradierten Wissensbeständen findet sich gleichwohl noch nicht. Das bleibt dem Folgejahrhundert vorbehalten.

3. Der Bedeutungsverlust der Prodigien vollzieht sich neben der wissens- und wissenschaftsgeschichtlichen auch auf der kultur- und mediengeschichtlichen Ebene: Innerhalb des Medienverbundes des 17. Jahrhunderts waren die ›Relatio-nes‹ die erste Zeitschrift, die den engen Adressatenkreis der Gelehrtenjournale aufbrachen und sich dezidiert als periodisches Unterhaltungsorgan strategisch auf dem Markt positionierten. Hier ging es nicht zuletzt darum, ein neues Medium durch seinen emotionalen Gehalt interessant zu machen und eine Alternative nicht nur zum Themenspektrum der bestehenden Zeitungen, sondern auch zu ihrem nüchternen Berichtsmodus zu etablieren. So konnte Happel schon aus verkaufs-psychologischen Gründen kein Interesse haben, eine systematische »Entzauberung der Welt« zu betreiben, obwohl sich an anderen Stellen ein »wissenschaftlicher Berichtsstil« behaupten kann. Wunder und Zeichen blieben, wie eingangs bemerkt, zentrale Impulse der Druckproduktion im 17. Jahrhundert. Damit waren sie ebenso Verkaufsfaktor der sich allmählich ausbildenden Unterhaltungs- und Freizeitin-dustrie.141 Mit ihr rückten die ›Relationes Curiosae‹ das Wunder mehr und mehr als Konsum- denn als Interpretationsgegenstand in den Mittelpunkt. Insofern konnte das neue Format jene Lücke zumindest im Ansatz füllen, die die zurückge-hende Produktion von »Newen Zeitungen« und Flugblättern über außernatürliche Wunder seit der Mitte des Jahrhunderts hinterlassen hatte. Happel schreibt alte Inhalte der Sensationspresse in einen neuen Rahmen ein, der Wissen, Wunder und Unterhaltung weitgehend synonym begreift. Das unterhaltsame – oder, im Jargon der Zeit – »kurtzweilige« Potential der Prodigien steht in den ›Relationes‹ gleich-berechtigt neben der moralisierenden wie religiös-erbaulichen Dimension. Da Happel seinen Lesern nicht zuletzt eine vergnügliche Weltbeschreibung anbieten

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möchte, gibt er sich über weite Strecken keine Mühe, eine Trivialisierung des Themas zu vermeiden. Wissen über Wunderzeichen hieß damit auch Klatsch über Wunderzeichen.142 Weit mehr als in medialen Vorläufern wie den »Newen Zeitun-gen« sind Prodigien oft nur mehr bloßer Nervenkitzel und äußerlicher Gesprächs-stoff, der keinen lebensweltlichen Anspruch auf Orientierungsleistung mehr er-hebt.

Im Sinne des Titels der Zeitschrift ›Relationes Curiosae‹ werden die Prodigien so auch zum ästhetischen Objekt einer weltlichen Neugier (»Curieusität«), die die öffentliche Diskussion der Zeit auf verschiedenen Ebenen erheblich mitbestimmte. Diese Neugier ist sich selbst genug, wodurch die Wunderzeichen ihr umfangrei-ches kommunikatives Potential gradweise einbüßen. Sie werden, wie zahllose »natürliche« und »künstliche« Objekte des 17. Jahrhunderts auch,143 nur mehr zum Gegenstand des Sammelns, das vielerlei symbolische Funktionen erfüllen kann, jedoch nicht muss. Definiert man »Kultur« mit Clifford Geertz als »selbstgespon-nenes Bedeutungsgewebe«144, zeigt sich für eine Kulturgeschichte der Wunderzei-chen in der frühen populären Zeitschrift das Kapitel des nicht gradlinigen, aber doch merklichen Bedeutungsverlustes.

ANMERKUNGEN 1 So zuletzt Holger Böning: Weltaneignung durch ein neues Publikum. Zeitschriften als

Medientypen der Moderne. In: Johannes Burkhardt / Christine Werkstetter (Hg.): Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit. München: Oldenbourg 2005 (= Historische Zeitschrift, Beihefte, Bd. 41), S. 105-137, hier S. 121. Meine Dissertation über die ›Relationes Curiosae‹ möchte die Frühgeschichte des Zeitschriftenmediums in Deutsch-land um einen bislang kaum berücksichtigten Aspekt ergänzen: Etwa zeit-gleich etablierte sich neben den ersten Gelehrtenjournalen mit der deutschsprachigen, allgemeinwissenschaftlichen Zeitschrift ein eigener, erfolgreicher Typus. Er führte das junge Medium aus den Kreisen der Eliten programmatisch hinaus. Für diese Form gab es auch international keine historischen Vorläufer.

2 Die Zeitschrift liegt in fünf Zweijahreskumulationen vor. Vollständiger Titel des ersten Bandes (Tomus) von 1683: E. G. Happelii Gröste Denkwürdigkeiten der Welt Oder sogenannte Relationes Curiosae. 1: Worinnen dargestellet / und Nach dem Probier-Stein der Vernunfft examiniret werden / die vornehmsten Physicalische / Mathemati-sche / Historische und andere Merckwürdige Seltzahmkeiten / Welche an unserm sichtbahren Himmel / in und unter der Erden/ und im Meer jemahlen zu finden oder zu sehen gewesen / und sich begeben haben. (Von der ersten Zweijahreskumulation exis-tieren zwei Auflagen, ebenso von der dritten. Die folgenden Anmerkungen stützen sich auf die Paginierung der Erstauflagen aus dem Bestand der UB Augsburg).

3 »Einleitung zum fünfften Tomo«; Band 5, 1691, unpaginiert. 4 Happel studierte ab 1663 zunächst in Marburg, darauf in Kiel Mathematik, Medizin

und Rechtswissenschaften, jedoch konnte er aus Geldnot sein Studium nie mit Erfolg zu Ende bringen. Spätestens seit Beginn der 70er Jahre wandte sich Happel der Schrift-stellerei hauptberuflich zu. Zur biographischen Information ist noch immer die gründ-lich gearbeitete Dissertation von Theo Schuwirth empfehlenswert: Theo Schuwirth:

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Eberhard Werner Happel (1647-1690). Ein Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte des 17. Jahrhunderts, Marburg 1908.

5 Näheres zur Publikationsgeschichte: Holger Böning (Hg.): Deutsche Presse. Biobiblio-graphische Handbücher zur Geschichte der deutschsprachigen periodischen Presse von den Anfängen bis 1815. Band 1.1: Hamburg. Kommentierte Bibliographie der Zeitun-gen, Zeitschriften, Intelligenzblätter, Kalender und Almanache sowie biographische Hinweise zu Herausgebern, Verlegern und Druckern periodischer Schriften. Von den Anfängen bis 1765. Hamburg: Fromann-Holzboog 1996, Sp. 75-87.

6 »Als mich die Höfflichkeit ersagten Herrn Gilliam Koens, der mein nechster und lieber Nachbar zur rechten Seithen / einlude / nebst einem guten Freund / diese Königl. Selt-samkeit in seinem Logiment zu besehen / fand ich es / als ein ungemeines Kleinod […] wir erstarreten über das gar seltsame Geschöpff «; Band 4, 1688, Zweiter Teil, No. 79, S. 630.

7 Relation »Unerhöhrte grosse Püsche in America / und eine merckwürdige Baum-Reise«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 21, S. 163f.

8 Ulrich Nanko: Artikel »Wunder«. In: Hubert Cancik (Hg.): Handbuch religionswissen-schaftlicher Grundbegriffe. Band 5. Stuttgart: Kohlhammer 2001, S. 386-398, hier S. 386.

9 Lorraine Daston / Katherine Park: Wunder und die Ordnung der Natur: 1150-1750. Berlin: Eichborn 2002, S. 16.

10 Artikel »Wunderbar«. In: Karlheinz Barck (Hg.): Ästhetische Grundbegriffe. Histori sches Wörterbuch in sieben Bänden. Band 6. Stuttgart: Metzler 2005, S. 731f.

11 Band 1, 1683, Erster Teil, No. 31, S. 241f. 12 Band 1, 1683, Erster Teil, No. 23, S. 184f. 13 Band 2, 1685, Einleitung, unpaginiert. 14 Relation »Die wunderwürde Weynacht-Früchte«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 28, S. 223f. 15 Relation »Der in lebendigem Leib grünende Zweig«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 35, S.

287f. 16 Relation »Die gröste Denckwürdigkeiten des Meers«; Band 2, 1685, Zweiter Teil, No.

57, S. 451f. 17 Dazu grundlegend: Joy Kenseth: The Age of the Marvelous. Hanover: University of

Chicago Press 1991; Caroline Walker Bynum: Wonder. In: The American Historical Review 102, 1997, S. 1-26; Dies.: Miracles and Marvels: The Limits of Alterity. In: Franz Felten / Nikolas Jaspert (Hg.): Vita Religiosa im Mittelalter: Festschrift für Kas-par Elm. Berlin: Duncker & Humblot 1999, Seite 799-817.

18 Zur Geschichte der Neugier siehe vor allem Neil Kennys jüngste Studie: Neil Kenny: The uses of curiosity in early modern France and Germany. Oxford: Oxford University Press 2004.

19 Christina Hofmann-Randall: Monster, Wunder und Kometen. Sensationsberichte auf Flugblättern des 16. bis 18. Jahrhunderts. Eine Ausstellung der Universitätsbibliothek, 19. November - 12. Dezember 1999. (=Schriften der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Bd. 36). Erlangen: Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg 1999.

20 Irmgard M. Wirtz: Wunder in Enzyklopädie und Kalender. Zur Wirklichkeitskonfigu-ration barocker Wundererzählungen. In: Rudolf Leeb / Susanne Claudine Pils / Thomas Winkelbauer (Hg.): Staatsmacht und Seelenheil. Gegenreformation und Geheimprotes-tantismus in der Habsburgermonarchie. Wien / München: Oldenbourg 2007 (= Veröf-fentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 47), S. 119-133.

21 Im ›Theatrum Europaeum‹ sind Wunderberichte Legion. 1645 berichtet die Chronik etwa über »Wundersame Zeichen in der Lufft […] bey Nürnberg«; Theatrum Euro-

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paeum, Band V, S. 665. Obwohl die über einhundert Jahre erscheinende Chronik (1635-1738) zu den großen Publikumserfolgen der Frühen Neuzeit zählt, hat sich die Forschung ihr bislang kaum zugewendet. Unter den wenigen Aufsätzen: Gerd Dethlefs: Schauplatz Europa: Das »Theatrum Europaeum« des Mattaeus Merian als Medium kritischer Öffentlichkeit. In: Klaus Bußmann: »Europa« im 17. Jahrhundert. Ein politischer Mythos und seine Bilder. Stuttgart: Steiner 2004, S. 149-180.

22 Vor allem Lorraine Daston und Katherine Park haben das Wunder in ihrer maßgebli-chen Studie zum Gegenstand der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte gemacht: Lor-raine Daston (2002) (wie Anm. 9).

23 Aristoteles: Metaphysik, nach: Lorraine Daston: Wunder und Beweis im frühneuzeitli-chen Europa. In: dies.: Wunder, Beweise und Tatsachen. Zur Geschichte der Rationali tät. Frankfurt: Fischer 2001, S. 29-76, hier S. 47.

24 Zu einer detaillierten Inhaltsanalyse der Gelehrtenjournale unter dieser Fragestellung siehe: A.W. Bates: Emblematic Monsters. Unnatural Conceptions and Deformed Births in Early Modern Europe. Amsterdam: Rodopi 2005.

25 Zu diesem Komplex ingesamt: Lorraine Daston (2002) (wie Anm. 9); sowie: Julie Robin Solomon / Catherine Gimelli Martin (Hg.): Francis Bacon and the refiguring of early modern thought: Essays to commemorate the advancement of learning (1605- 2005). Aldershot: Ashgate 2005.

26 Dass sich in der Forschung der im 16. und 17. Jahrhundert kaum verwendete Terminus »Wunderkammer« etabliert hat, ist dem Einfluss des klassischen Werkes von Juli-us Schlosser (Julis von Schlosser: Die Kunst- und Wunderkammern der Spätrenais-sance. Leipzig: Klinkhardt & Biermann 1908) zuzuschreiben. Zeitgenössisch wurden sie weit häufiger als »Kunstkammern« oder »Raritätenkammern« tituliert. Die For-schungsliteratur zu theoretischen und historischen Aspekten des Sammelns in Kunst-kammern ist nahezu uferlos. Nur einige neuere Beispiele: Horst Bredekamp: Antiken-sehnsucht und Maschinenglauben. Die Geschichte der Kunstkammer und die Zukunft der Kunstgeschichte. Berlin: Wagenbach 2002; Robert Felfe / Angelika Lozar (Hg.): Frühneuzeitliche Sammlungspraxis und Literatur. Berlin: Lukas Verlag 2006; Andreas Grote: Macrocosmos in Microcosmo. Die Welt in der Stube. Zur Geschichte des Sammelns 1450 bis 1800. Opladen: Leske & Budrich 1994 (= Berliner Studien zur Museumskunde, Bd. 10); Oliver Impey (Hg.): The origins of museums. The cabinet of curiosities in 16th and 17th century Europe. Oxford: Clarendon Press 1985; Krzysztof Pomian: Der Ursprung des Museums. Vom Sammeln. Berlin: Wagenbach 1998.

27 Jacques Le Goff sieht das Wunderbare schon im Mittelalter »am Schnittpunkt zwi-schen dem Volkstümlichen und dem Gelehrten«; Jacques Le Goff: Das Wunderbare im mittelalterlichen Abendland. In: Ders. (Hg.): Phantasie und Realität des Mittelalters. Stuttgart: Klett-Cotta 1990, S. 39-63, hier S. 52.

28 Wegen der Ubiquität der Jahresbände der Gelehrtenjournale als Quellenfundus von Happels eigener Textproduktion erübrigen sich hier einzelne Quellenbelege. Schon in der nachgelieferten Vorrede zum ersten ›Jahresband‹ der ›Relationes Curiosae‹ macht Happel klar, dass »nunmehro wenig für[fället] / darvon man nicht auß […] dem Colle-gio Regio Angliæ [den ›Philosophical Transactions‹], auß dem Journal des Scavans, aus denen Curiosis Miscellaneis Academiæ naturæ Curiosorum [den ›Miscellanea Cu-riosa‹] […] einen grund= und umbständlichen Bericht ertheilen könte«; Band 1, 1683, Vorrede, unpaginiert.

29 Relation »Der Erd-Fisch«; Band 2, 1685, Zweiter Teil, No. 72, S. 569f.

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30 Lorraine Daston hat gezeigt, dass die Affinität der Naturphilosophie des 17. Jahrhun-

derts zum Wunderbaren dazu führte, dessen Bedeutungs- und Zeichengehalt so weit zu reduzieren, dass Wunder zu einer neuen »Tatsachenart« wurden, die »schließlich auf gar nichts mehr verwies«; Daston (2001) S. 39 (wie Anm. 22).

31 Zedlers Universal-Lexicon, Band 29, Sp. 750f. 32 Relation »Das wunderbahre Gesicht«; Band 5, 1691, Erster Teil, No. 41, S. 354. 33 Artikel »Mirakel«. In: Rolf Wilhelm Brednich (Hg.): Enzyklopädie des Märchens.

Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Band 9. Berlin / New York: Walter de Gruyter 1999, S. 682-691, hier S. 683. Auch: Rebekka Habermas: Wallfahrt und Aufruhr. Zur Geschichte der Wallfahrt in der frühen Neuzeit, Frankfurt / New York: Campus 1991; Bernhard Bron: Das theologische Wunderver-ständnis im Horizont des neuzeitlichen Natur- und Geschichtsbegriffs. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1997.

34 Jürgen Beyer: Artikel Prodigien. In: Enzyklopädie des Märchens (wie Anm. 32). Band 10. Berlin / New York: Walter de Gruyter 2002, Sp. 1378-1388, hier Sp. 1378f

35 So verweist schon Thomas von Aquin in seiner ›Summa contra gentiles‹ (gegen 1258) darauf, dass es den Menschen schwer falle, »den übernatürlichen Weizen von der au-ßernatürlichen Spreu zu trennen, denn sowohl das Außernatürliche wie das Übernatür-liche riefen Verwunderung und Bewunderung hervor, wenn die Ursachen unbekannt seien«; nach: Daston (2001) S. 35 (wie Anm. 22).

36 »biß endlich Zeitung über die andere einlieff / welche das verdächtige Prodigium auf gewisse Füsse setzete«; Relation »Flor-Regen«, Band 1, 1683, Erster Teil, Nr. 78, S. 617.

37 Relation »Der ohne Speiß und Tranck lebende Mensch«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 10, S. 75.

38 Renate Dürr: Prophetie und Wunderglauben: Zu den kulturellen Folgen der Reformati-on. In: Historische Zeitschrift, Heft 281/1, 2005, S. 3-32, hier S. 4; Zu Luthers Unter-scheidung zwischen biblischen Wundern und Wunderzeichen: Irene Ewinkel: De monstris: Deutung und Funktion von Wundergeburten auf Flugblättern im Deutschland des 16. Jahrhunderts. Tübingen: Niemeyer 1995, S. 25-34.

39 Relation »Des Authoris Meynung«; Band 3, 1686, Zweiter Teil, No. 62, S. 491f. 40 Ebd., S. 492. 41 Michaela Schwegler: »Erschröckliches Wunderzeichen« oder »natürliches Phäno-

men«? Frühneuzeitliche Wunderzeichenberichte aus der Sicht der Wissenschaft. Mün-chen 2002 (= Bayerische Schriften zur Volkskunde, Bd. 7), S. 55.

42 Zur Bedeutungstransformation des Mirakels ausführlich: Rebekka Habermas: Wunder, Wunderliches, Wunderbares. Zur Profanisierung eines Deutungsmusters in der Frühen Neuzeit. In: Richard van Dülmen (Hg.): Armut, Liebe, Ehre. Studien zur historischen Kulturforschung. Frankfurt: Fischer 1988, S. 38–66, hier S. 58; in einer späteren Aus-gabe der Zeitschrift, gegen 1689, bemerkt Happel süffisant, dass sich zu Zeiten »die Quelle der Göttlichen Wohlthaten sich verstopfet«; Relation »Die Göttliche Vorsor-ge«, Band 5, 1691, Erster Teil, No. 13, S. 112.

43 Dazu auch Schwegler (2002) S. 32-42 (wie Anm. 40). 44 Beyer (2002) Sp.1378 (wie Anm. 33). 45 Dazu: Veit Rosenberger: Gezähmte Götter. Das Prodigienwesen der römischen Repu-

blik. Stuttgart: Steiner 1998. 46 Beyer (2002) Sp. 1378 (wie Anm. 33). 47 Siehe unten S. 11.

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48 Daston (2001) S. 39 (wie Anm. 22). 49 Daston (2001) S. 40 (wie Anm. 22). 50 Benigna von Krusenstjern: Prodigienglaube und Dreißigjähriger Krieg. In: Hartmut

Lehmann / Anne-Charlott Trepp (Hg.): Im Zeichen der Krise : Religiosität im Europa des 17. Jahrhunderts. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1999 (=Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte; 152), S. 53-78, hier S. 57; auch: Hartmut Lehmann: Die Kometenflugschriften des 17. Jahrhunderts als historische Quelle. In: Wolfgang Brücker / Peter Blicke (Hg.): Literatur und Volk im 17. Jahrhundert. Prob-leme populärer Kultur in Deutschland. Vorträge und Referate gehalten anlässlich des 4. Jahrestreffens des Internationalen Arbeitskreises für Barockliteratur in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 23. bis 28. August 1982. Wiesbaden: Harrasso-witz 1985 (=Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 13), S. 683-700.

51 Paul Münch: Lebensformen in der Frühen Neuzeit. Berlin: Ullstein 1992, S. 134. 52 Michael Schilling: Job Fincel und die Zeichen der Endzeit. in: Wolfgang Brückner

(Hg.): Volkserzählung und Reformation: Ein Handbuch zur Tradierung und Funktion von Erzählstoffen und Erzählliteratur im Protestantismus. Berlin 1974, S. 326-393, hier S. 379; sowie: Robin Bruce Barnes: Prophecy and Gnosis. Apocalypticism in the Wake of the Lutheran Reformation, Stanford: Stanford University Press 1988.

53 Relation »Das Papier«; Band 4, 1688 Zweiter Teil, No. 85, S. 54 Philipp M. Soergel: Die Wahrnehmung der Endzeit in monströsen Anfängen. In: Hart-

mut Lehmann / Anne-Charlott Trepp (Hg.): Im Zeichen der Krise: Religiosität im Europa des 17. Jahrhunderts. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1999 (=Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte; 152), S. 53-78, hier S. 57.

55 Daston (2002) S. 211 (wie Anm. 18). 56 Rudolf Schenda: Die deutschen Prodigiensammlungen des 16. und 17. Jahrhunderts.

In: Archiv für Geschichte des Buchwesens. Hg. von der Historischen Kommission des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V. Band IV. Frankfurt 1963. Sp. 637-710.

57 Ders.: Wunder-Zeichen: Die alten Prodigien in neuen Gewändern. Eine Studie zur Ge-schichte eines Denkmusters. In: Fabula. Zeitschrift für Erzählforschung 38 (1997), S. 14-32, hier S. 19.

58 Prodigiorum ac ostentorum chronicon […], Basel 1557. 59 Wunderwerck vnd Wunderzeichen Buch. Darinne alle fuernemste Goettliche / Geistli-

che / Himlische / Elementische / Irdische vnd Teuflische wunderwerck / so sich in sol-chem allem von anfang der Welt-schoepfung biss auff vnser jetzige zeit / zugetragen vnd begeben haben / Kuertzlich vnnd ordentlich verfasset sein / Der gestalt vor nie ge-druckt worden. Frankfurt 1557.

60 Etwa in der Relation: »Der vom Wetter bestraffte Frantzoß«; Band 3, 1686, Erster Teil, No. 6, S. 42f.

61 Etwa in der Relation: »Die vom Wetter gezüchtete Spieler und Säuffer«, S. 43f. (wie Anm. 59).

62 Schenda (1963) S. 668 (wie Anm. 55). 63 P. Gasparis Schotti: Physica curiosa sive mirabilia naturae et artis, 2 Bände, Würzburg

1662 und später. 64 In Band 1 etwa in der Relation »Die kinder-reiche Gräfin von Holland« (zitiert als:

»C.Schott Physica Curiosa libr.3.pag.472.seq«), in Band 2 etwa in der Relation »Noch etliche anderen See-Menschen« (zitiert als: »Schott. Phys.Curios.«), in Band 3 etwa in der Relation »Der unverbrenliche Mensch« (zitiert als: »Schottus l.7.Phys.curios.c.«), in Band 4 etwa in der Relation »Der grosse Zahn« (zitiert als: »Schott: Physica Curiosa«).

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65 Die zweite Fortsetzung der Chronik aus dem Jahre 1700 wurde anonym kompiliert.

Auf dem Titelkupfer heißt es: »Des Weyland Everhardi Guerneri Happelii seiner 20 Jährigen in 2 Voluminibus getheilten Chronica zur Nachfolge und Continuation«.

66 Happel: Straff und Unglücks Chronick. Hamburg 1683, Vorrede, S. 3. 67 So etwa in einem eigenen thematischen Artikelkomplex ab der Relation »Der zornige

Neptunus / oder die landverderbliche Wasserfluth«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 32, S. 254ff.

68 Ich stütze mich hier auf die thematische Gruppeneinteilung durch Schwegler (2002) S. 62ff. (wie Anm. 40).

69 Beispielsweise: »Eine überaus nachdenckliche Mißgebuhrt«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 14, S. 103.

70 Etwa in der Relation »Die Erscheinung der Gespenster«; Band 3, 1687, Zweiter Teil, No. 63, S. 502f.

71 Dazu: Werner Kayser: Thomas von Wiering und Erben. Ein bedeutendes Kapitel ham burgischer Druckgeschichte. In: Auskunft. Mitteilungsblatt Hamburger Bibliotheken, 10, 1990, S. 343-371.

72 Band 1, 1683, Vorrede, Erster Teil, unpaginiert. 73 So klassifiziert der Autor selbst die Form in der Relation »Der Babylonische Pracht-

Thurn«: »Bey dieser Rubric muß ihm der curieuse Leser nicht einbilden / als käme ich mit auffgewärmeten Kohl auffgezogen«; Band 2, 1685, Zweiter Teil, No. 70, S. 556.

74 Relation »Fortsetzung der vorigen Materien von grossen Künstlern und Wundern der Natur«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 8, S. 61.

75 Relation »Der nachdenckliche Lufft-Streit«; Band 4, 1688, Zweiter Teil, No. 72, S. 571. 76 Relation »Das Vorspiel des Schwedisch-Polnisch- und Dänisch.Kriegs«, S. 574 (wie

Anm. 74). 77 Schwegler (2002) S. 82 (wie Anm. 40). 78 Wie Anm. 74. 79 Ebd. 80 Ebd. 81 Relation »Andere Lufft-Zeichen«; Band 5, 1691, Erster Teil, No. 9, S. 43. 82 Relation »Der erschröckliche Zufall«; Band 5, 1691, Erster Teil, No. 11, S. 65. 83 So schon im Titel Johannes Praetorius: ›Die Letzte Wunder-schwangere Zeit. Hier zu

verstehen gegeben an / gar neulichen und abscheulichen 1. Lufft-Gesichtern [...] 5. Missgeburten […] Samt ihrer Deutung‹. Leipzig um 1700 (Drucker unbekannt).

84 Relation »Das Brandenburgische Lufft-Gesichte«; Band 5, 1691, Erster Teil, No. 9, S. 45. 85 Wie Anm. 74. 86 Etwa in der Relation »Das Brandenburgische Lufft-Gesichte« (wie Anm. 84). 87 »D. Schäffer: Schwedische Denckwürdigkeiten, Jonstonus, Fromnodus, Schott, Will-

helmus Baudartius libr.16.Hist.Eccles.&secul. «; Relation »Der Stralsundische Schiff-Streit in der Lufft«“; Band 4, 1688, Zweiter Teil, No. 72, S. 568.

88 Wie Anm. 74. 89 Ebd. 90 Relation »Die Continuation dieser Materie«; Band 4, 1688, Zweiter Teil, No. 73, S. 577. 91 S. 572 (wie Anm. 74). 92 Siehe dazu vor allem: Daston (2001) S. 43f. (wie Anm. 22). 93 Ebd. 94 Gerhild Scholz Williams: Ways of Knowing in Early Modern Germany. Johannes

Praetorius as a Witness to his Time. Aldershot: Ashgate 2006, S. 41.

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95 S. 572 (wie Anm. 74). 96 Der Nachweis im Fließtext spricht nicht explizit von der ›Physica Curiosa‹, sondern

nur namentlich von Schott. Gleichwohl ist sicher, dass es sich um dieses Werk handelt. Happel zitiert es ebenso oft wie das Oeuvre von Athanasius Kircher, dem Mentor von Schott.

97 Relation »Die natürliche Ursach sothaner Erscheinungen«; Band 4, 1688, Zweiter Teil, No. 72, S. 576.

98 Johannes Madey: Artikel »Caspar Schott«. In: BBKL. Band IX. Herzberg 1995, Sp. 812-813, hier Sp. 812.

99 Relation »Die natürliche Ursach sothaner Erscheinungen«, S. 576 (wie Anm. 96). 100 Relation »Der entsetzliche Wunder-Regen«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 77, S. 610f. 101 Schwegler (2002) S. 62 (wie Anm. 40). 102 Band 1, 1683, Erster Teil, No. 77, S. 611. 103 Ebd., S. 612. 104 Ebd., S. 613. 105 Michael Schilling hat auf diese beiden Typen verwiesen, von denen die themenzen-

trierte Prodigiensammlung letztlich reüssierten: Michael Schilling: Flugblatt und Krise in der Frühen Neuzeit. In: Wolfgang Harms (Hg.): Wahrnehmungsgeschichte und Wis-sensdiskurs im illustrierten Flugblatt der Frühen Neuzeit (1450-1700). Basel: Schwabe 2002, S. 33-57, hier S. 3

106 Etwa in der Relation »Die Holsteinischen Bibliotheken«; Band 2, 1685, Erster Teil, No. 41, S. 332.

107 Zitiert in der Relation »Korn-Regen« als: »Lycosthenes«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 77, S. 615.

108 Zitiert als: »Actis Philosophicis der Englischen Societät vom 18. Jan 1667«. 109 Journal des Scavans (1665), Philosophical Transactions (1665), Miscellanae Curiosa

(1670), Acta Eruditorum (1682). 110 Daston (2002) S. 226 (wie Anm. 9). 111 Zitiert in der Relation »Schlangen- und Wurm-Regen« als: »Ulyss.Aldrovand.l.6.de

Insectis«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 77, S. 621. 112 Zitiert in der Relation »Mäuse-Regen« als: »Olaus Wormius«; Band 1, 1683, Erster

Teil, No. 77, S. 620. 113 Ebd. als: »Fortunius Licetus«. 114 Zitiert u.a. in der Relation »Schlangen- und Wurm-Regen« als: »Kircher: Mundus

subterraneus Tom. I.libr.4.Sect.2.cap.5«, Band 1,Erster Teil, No. 77, S. 621 115 Zitiert in der Relation »Stein-Regen« als: »Cardanus, libr.14.Varies.c.7«; Band 1,

1683, Erster Teil, No. 77, S. 613. 116 Zitiert als: »Praetorius: Neue Welt, part. I., pag. 245; Band 1, 1683, Zweiter Teil, No.

77, S. 617. 117 Dazu: Hans Ulrich Gumbrecht: Wenig Neues in der Neuen Welt. Über Typen der

Erfahrungsbildung in spanischen Kolonialchroniken des XVI. Jahrhunderts. In: Wolf-Dieter Stempel / Karlheinz Stierle (Hg.): Die Pluralität der Welten. Aspekte der Renaissance in der Romania. München: Fink 1987, S. 227-249.

118 Christian Kiening: Ordnung der Fremde. Brasilien und die theoretische Neugier im 16. Jahrhundert, in: Klaus Krüger (Hrsg.): Curiositas. Welterfahrung und ästhetische Neu-gierde in Mittelalter und früher Neuzeit. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2002 (=Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Band 15), S. 59-111, hier S. 75.

Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte • Band 9 • 2007 Urheberrechtlich geschütztes Material. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2007

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119 Relation »Die grausame Japonesen und Formosaner«; Band 1, 1683, Zweiter Teil, No.

63, S. 498. 120 Relation »Stein-Regen«; Band 1, 1683, Zweiter Teil, Nr. 77, S. 613. 121 Bevorzugtes Erzählmuster des »Fingerzeigs« in den ›Relationes‹ ist die Abstrafung

durch »Wetterschläge«, besonders den »Donnerschlag«; insofern machen die »Finger-zeige« einen eigenen Themenkomplex aus, der an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden kann.

122 Wie Anm. 119. 123 Susanne Homeyer: »…das ende mus verhanden sein!...«. Studien zur eschatologischen

Bildlichkeit auf illustrierten Flugblättern der Frühen Neuzeit. Magdeburg: Univ. Diss. 2002, S. 172.

124 Zu Cardano: Anthony Grafton: Cardano’s cosmos: The worlds and works of a Renais-sance astrologer. Cambridge: Harvard University Press 1999.

125 Daston (2002) S. 238 (wie Anm. 9). 126 Ian Maclean: The Interpretation of Natural Signs: Cardano’s De subtilitate versus Sca-

liger´s Exercitationes. In: Brian Vickers (Hg.): Occult and Scientific Mentalitites in the Renaissance. Cambridge: Cambridge University Press 1984, S. 231-52.

127 Relation »Der Blut-Regen«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 77, S. 612. 128 Godefridus Wendelinus: De caussis naturalibus pluviae purpureae Bruxellensis,

clarorum virorum iudicia. Brüssel 1647. 129 Die Annotation ist äußerst ungenau: »Wendelinus (aus welchem Posnerus diesen Re-

gen beschreibet)«. 130 Relation »Die Uhrsache dieses Asch-Regens«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 77, S.615. 131 Ebd. 132 Ebd. 133 Relation »Feuer-Regen«, S. 564 (wie Anm. 127). 134 Relation »Pfeil- und Hagel-Regen«, S.566 (wie Anm. 127). 135 Ebd., S. 621f. 136 Relation »Das wohlbekandte doch ungewisse Einhorn«; Band 1, 1683, Erster Teil, No.

11, S. 81. 137 Relation »Die abscheuliche Beschwärung«; Band 4, 1688, Erster Teil, No. 37, S. 291. 138 Aus dem noch kleinen Spektrum ›fachwissenschaftlicher‹ Periodika wertet Happel am

häufigsten die erste deutsche medizinisch-naturwissenschaftliche Zeitschrift Deutsch-lands aus, die ›Miscellanea Curiosa‹ (vollständiger Titel: ›Miscellanea Curiosa sive Ephemeri des Medico-physicae Germaniae Academiae Naturae Curiosorum‹); so etwa in der Relation »Die Gestalt und Natur des Walfisches«; Band 1, 1683, Erster Teil, No. 25, S. 193f. als: »D. Joachim Elsner Observ. 136. Ann.1. Curios. Miscell.Germ.«; Zur Geschichte der von der Forschung noch kaum wahrgenommenen Miscellanea und der Schweinfurter Academia Naturae Curiosorum: Benno Parthier (Hg.): 350 Jahre Leo-poldina: Anspruch und Wirklichkeit; Festschrift der Deutschen Akademie der Natur-forscher Leopoldina 1652-2002. Halle: Druck-Zuck 2002.

139 Wilhelm Kühlmann: Lektüre für den Bürger: Eigenart und Vermittlungsfunktion der polyhis-torischen Reihenwerke Martin Zeilers (1589-1661). In: Wolfgang Brückner / Peter Blickle (Hg.): Literatur und Volk im 17. Jahrhundert. Teil 2. (wie Anm. 51), S. 917-934, hier S. 923.

140 Für Johannes Praetorius siehe Scholz-Williams (2006) (wie Anm. 93). 141 Eine der wenigen Bemerkungen zu diesem Thema: Peter Burke: The Invention of Lei-

sure in Early Modern Europe, in: Past and Present 146, 1995, S. 136-151.

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100 Flemming Schock

142 Hierzu: Markus Fauser: Klatschrelationen im 17. Jahrhundert. In: Wolfgang Adam

(Hg.): Geselligkeit und Gesellschaft im Barockzeitalter. Band 1. Wiesbaden: Harrasowitz 1997 (=Wolfenbütteler Arbeiten zur Barock, Bd. 27), S. 391-399.

143 Pomian (1998) S. 16 (wie Anm. 22). 144 Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Bemerkungen zu einer deutenden Theorie von

Kultur. In: Ders. Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt: Suhrkamp 1983, S. 7-43, hier S. 9.

Zusammenfassung Der Aufsatz verfolgt den Bedeutungswandel des Wunderbaren im 17. Jahrhundert am Bei-spiel der ›Größte[n] Denkwürdigkeiten der Welt oder sogenannte Relationes Curiosae‹. Das Wochenblatt – eine der ersten deutschsprachigen Zeitschriften – erschien von 1681 bis 1691 in Hamburg und repräsentiert den ersten Fall periodischer Wissenspopularisierung. Struktu-riert ist der Aufsatz wie folgt: Einleitende Bemerkungen verorten das neue Medium inner-halb des »Zeitalters des Wunderbaren«. Auf der Grundlage einer Trennung von übernatürli-chem Wunder und außernatürlichem Wunderzeichen konzentrieren sich die folgenden Abschnitte auf den Wunderzeichen-Diskurs, um exemplarisch nach der Veränderung von dessen Sinnpotential in den ›Relationes Curiosae‹ zu fragen. Die Analyse entwickelt ein generelles Charakteristikum der frühen Zeitschrift: Alte Wissensbestände werden durch neue Denkmuster herausgefordert. Ein Schwanken zwischen theozentrischer Weltauffas-sung, »wissenschaftlichen« Erklärungsmodellen und kommerziellen Unterhaltungsinteres-sen führt zu gespaltenen Urteilen. Am Ende steht ein Bedeutungsverlust der Wunderzeichen als »göttlicher Kommunikationskanal«. Summary The article traces the change of the wonder in the 17th century, taking the ›Größte Denk-würdigkeiten der Welt oder sogenannte Relationes Curiosae‹ as an example. The weekly magazine, one of the first journals in German language, was published in Hamburg from 1681 to 1691 and represents the first case of periodic popularizing of knowledge. The struc-ture of the article is as follows: Initially the new medium will be located within the »Age of the Marvelous«. Starting from the distinction of the supernatural miracle and the preternatu-ral portent, the following points concentrate on the discourse of portents to ask for the change in its potential of meaning within in the frame of the ›Relationes Curiosae‹. The analysis develops a characteristic feature of the early journal: Old stocks of knowledge are challenged by new patters of thinking. An oscillation between religious perception of the world, »scientific« models of explanation and commercial entertaining-interests leads to ambivalent judgments. In the end a loss of significance of the portents as a »divine commu-nication-channel« is observable. Korrespondenzanschrift: Flemming Schock Eichleitnerstraße 30 86159 Augsburg E-mail: [email protected]

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