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Auf einen Blick - ciando.com · Pharmakologie und Toxikologie Arzneimittelwirkungen verstehen – Medikamente gezielt einsetzen Ein Lehrbuch für Studierende der Medizin, der Pharmazie

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Auf einen Blick

Teil 1: Generelle Prinzipien Pharmakodynamik . . . 25

Pharmakokinetik . . . 43

Nebenwirkungen . . . 67

Arzneistoff-Interferenzen . . . 77

Pharmakogenetik . . . 81

Einfluss des Lebensalters auf die Dosierung . . . 83

Einführung und Bewertung von Arzneimitteln . . . 85

Alternative Heilverfahren . . . 97

Medizinischer Alltag . . . 101

Teil 2: Organ- undFunktionssystem-bezogenePharmakologie

Vegetatives System . . . 105

Andere Überträgerstoffe und Mediatoren . . . 147

Herz und Kreislauf . . . 167

Respirationstrakt . . . 213

Blut . . . 223

Niere und Elektrolyte . . . 249

Verdauungstrakt . . . 273

Stoffwechsel . . . 289

Bewegungsapparat . . . 313

Nozizeptives System . . . 329

Immunsystem . . . 367

Zentralnervensystem . . . 381

Haut . . . 435

Hormonsystem . . . 441

Teil 3: Wirkstoffgruppenohne Organbezug

Maligne Neoplasien, Zytostatika . . . 505

Infektionskrankheiten . . . 529

Teil 4: Gifte und Antidota Vergiftungen . . . 611

Anhang

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2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

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Pharmakologie und ToxikologieArzneimittelwirkungen verstehen – Medikamente gezielt einsetzen

Ein Lehrbuch für Studierende der Medizin, der Pharmazie und der Biowissenschaften,eine Informationsquelle für Ärzte, Apotheker und Gesundheitspolitiker

Heinz Lüllmann †Klaus MohrMartin WehlingLutz Hein

18., vollständig überarbeitete Auflage1. Auflage begründet 1964 von Gustav Kuschinsky und Heinz Lüllmann

560 Abbildungen

Georg Thieme VerlagStuttgart · New York

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation inder Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 19642. Auflage 19663. Auflage 19674. Auflage 19705. Auflage 19726. Auflage 19747. Auflage 19768. Auflage 19789. Auflage 1981

10. Auflage 198411. Auflage 198712. Auflage 198913. Auflage 199314. Auflage 199915. Auflage 200316. Auflage 2006

1. englische Auflage 1973

1. spanische Auflage 19672. spanische Auflage 1974

1. italienische Auflage 19682. italienische Auflage 19703. italienische Auflage 19744. italienische Auflage 19985. italienische Auflage 2001

1. japanische Auflage 19682. japanische Auflage 19713. japanische Auflage 1977

1. türkische Auflage 1989

1. tschechische Auflage 20012. tschechische Auflage 2004

© 1964, 2016 Georg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 1470469 StuttgartDeutschlandwww.thieme.de

Printed in Germany

Zeichnungen: Ruth Hammelehle, Kirchheim;BITmap, Mannheim

Layout: Ulrike Holzwarth, StuttgartUmschlaggestaltung: Thieme VerlagsgruppeUmschlaggrafik: Thieme Verlagsgruppe

Satz: Druckhaus Götz GmbH, LudwigsburgDruck: Aprinta Druck GmbH, Wemding

ISBN 978-3-13-368518-4 1 2 3 4 5 6

Auch erhältlich als E-Book:eISBN (PDF) 978-3-13-151648-0eISBN (epub) 978-3-13-168548-3

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin stän-digen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er-fahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Be-handlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in die-sem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird,darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeberund Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass dieseAngabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes ent-spricht.

Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikations-formen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommenwerden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfungder Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfallsnach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dortgegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung vonKontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch ab-weicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten ver-wendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt ge-bracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt aufeigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren anjeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Ver-lag mitzuteilen.

Geschützte Warennamen (Warenzeichen®) werden nicht immerbesonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hin-weises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einenfreien Warennamen handelt.

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlichgeschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen desUrheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzu-lässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen, Mikroverfilmungen oder die Einspeicherung undVerarbeitung in elektronischen Systemen.

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Einige Worte vorweg . . .

. . . zur Zielsetzung und zur Auswahl desInhalts

Insbesondere an die Ärzte, aber auch an die in die Therapieeingebundenen Apotheker werden zwei besondere Anfor-derungen gestellt:● Ihr Handeln muss einem hohen ethischen Niveau ent-

sprechen, denn ihre Aufgabe ist es, kranken, leidendenund sterbenden Mitmenschen zu helfen. Oberflächlich-keit oder geistige Trägheit dürfen ihr Handeln nicht be-einflussen oder gar bestimmen. Zum Umgang mit kran-ken Menschen gehört Charakterstärke und Selbstdiszip-lin. Der übliche Spruch „Irren ist menschlich“ sollte beitherapeutischen Entscheidungen nicht als zutreffendbestätigt werden.

● Die Medizin und speziell die Arzneimittel-Therapie un-terliegen einem enormen Wissenszuwachs von Jahr zuJahr. Um immer die optimale Therapie für ihre Patientenanwenden zu können, müssen Ärzte ständig – bis zuihrem Ruhestand – lernen und sich fortbilden. Es istdaher Zeit aufzuwenden, um Fachliteratur zu lesen, Vor-träge zu hören, evtl. Anschauungs-Unterricht zu erhal-ten und mit Kollegen Erfahrungen auszutauschen. Umdie (begrenzte) Fortbildungszeit effektiv zu nutzen, er-gibt sich das schwierige Problem: Wo erhalte ich objek-tive, nicht merkantil verfärbte Informationen und wiekann ich mir selbst ein Urteil bilden?

Wir haben uns bemüht, mit unserem Buch eine kritische,unabhängige Darstellung der Arzneimittel-Therapie zugeben und bei Studierenden und jungen Ärzten eine „phar-makologische Denkungsart“ zu induzieren, damit sie in derLage sind, möglichst selbstständig und kritisch therapeuti-sche Neuerungen zu beurteilen und ihre Patienten optimalmit Medikamenten zu behandeln. Die Leser finden Anga-ben über Quellen, in denen objektiv berichtet und fortgebil-det wird, im vorliegenden Band.

Klar wollen wir feststellen, dass es nicht genügt, wennMedizin- und Pharmazie-Studierende „Kompendium-Wis-sen“ schnellstmöglich in ihr Kurzzeitgedächtnis verfrach-ten, um ein akut drohendes Examen zu überstehen, ohnesich um ein Verständnis von Zusammenhängen zu bemü-hen, das die Basis für eine spätere gedankliche Eigenstän-digkeit bildet. Dieses Vorgehen entspräche nicht den ethi-schen Anforderungen, die an die Heilkundigen gestellt wer-den. Wir erwarten vielmehr, dass Studierende, junge Ärzteund Apotheker sich eingehend mit den faszinierenden Ei-genschaften der Wirkstoffe befassen, größere Zusammen-hänge erkennen und aufgrund ihres Verständniswissenseine Therapie auf rationaler Basis zum Wohle des Patientendurchführen können.

Aus der Fülle des zell- und molekularbiologischen Wis-sens konzentriert sich das vorliegende Buch auf solche As-pekte, die für das Verständnis von arzneimitteltherapeuti-schen Wirkungen relevant sind. Wir besprechen nicht alledenkbaren Zielstrukturen für Arzneistoffe, sondern kon-zentrieren uns überwiegend auf diejenigen, die therapeu-tisch genutzt werden können.

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. . . zum didaktischen Konzept und zurGestaltung

Wir möchten Ihnen einen möglichst direkten Zugriff auf dieInhalte bieten und die Orientierung in der Fülle des dar-gebotenen Wissens erleichtern. Folgende „Bausteine“ sollendazu beitragen:

Überblick

Der Überblick fasst die wichtigsten Informationen zu dem imnachfolgenden Text behandelten Arzneistoffgruppen zusam-men und gibt Ihnen damit eine Einführung in das Thema. Erdient aber auch zur Festigung des Wissens, indem Sie ihn beider Wiederholung des gelernten Stoffes als Merkhilfe einset-zen können.

HaupttextDer Haupttext liefert das für das Medizin- oder Pharmazie-studium notwendige pharmakologische Grundlagenwissenund für den Therapeuten aktuelle Informationen zu deneinzelnen Arzneistoffen. Bei der Beschreibung der Wirk-stoffe haben wir, wo immer möglich, die wesentlichenMerkmale anhand einer Leitsubstanz dargestellt. Analog-substanzen werden möglichst knapp beschrieben, um un-nötige Wiederholungen zu vermeiden, es sei denn, ähn-liche Neuentwicklungen böten entscheidende Vorteile wiez. B. die längere Wirkdauer, die eine aus Adhärenzgründenwichtige Einmalgabe ermöglicht.

Zur raschen Orientierung sindWirkungsweise,Pharmakokinetik,Anwendungen undNebenwirkungen

durch Farbdreiecke gekennzeichnet.

Entsprechend des stärker gewordenen Praxisbezugs deraktuellen Approbationsordnungen für Ärzte und Apothe-ker sind die klinischen Aspekte im Text stärker betontund hervorgehoben (grüner Strich).

Abschnitte mit kleinerem Schrifttyp geben weniger wichtige Inhaltewieder, wie beispielsweise Informationen zu veralteten Medikamen-ten oder seltenen Nebenwirkungen. Ein solides Basiswissen erhaltenSie auch ohne diese Abschnitte, gleichwohl runden sie die pharmako-logischen Kenntnisse ab.

Box 1.1 Zusatzinformationen

Auch die Boxen erhalten Informationen, die entweder nichtzum unbedingt notwendigen Grundwissen gehören, abereine interessante Zusatzlektüre bieten, oder die einen beson-ders aktuellen Hinweis auf gegenwärtige Entwicklungen ge-ben. Häufig werden hier Bezüge zur medizinischen Praxis her-gestellt, kritische Gedanken formuliert oder es wird eine be-merkenswerte Arzneimittel-Eigenschaft beleuchtet. Boxenmit klinischen Bezügen sind grün, alle anderen Boxen grau.

Die Tabellen mit den „Wichtigen Wirkstoffen“ stellen Arz-neistoffe vor, denen Leserinnen und Leser in der ambulan-ten und stationären Medizin mit höherer Wahrscheinlich-keit begegnen werden. Jedoch erheben die Tabellen keinenAnspruch auf Vollständigkeit. Wenn Generika für einenWirkstoff vorhanden sind, ist dies hier durch das Symbol Gkenntlich gemacht. Der verordnende Arzt kann auf demRezept einfach den Internationalen Freinamen angeben.

Wichtige Wirkstoffe

Aufbau der Tabelle

Wirkstoff Handelsname Alternative

Eplerenon Inspra® –

Dieser Wirkstoff ist relativ neu, noch patentgeschützt und nurals Originalpräparat im Handel

Furosemid Lasix® G

Dieser Wirkstoff liegt inzwischen auch als Nachahmer-Präparatoder echtes Generikum (d. h. unter dem Wirkstoff-Namen) vor.

Ibuprofen – G

Das Originalpräparat ist nicht mehr im Handel, dafür liegenGenerika und/oder Nachahmerpräparate vor, deren gebräuch-liche Handelsnamen gelegentlich in dieser Spalte aber auchangegeben werden.

Ethambutol Myambutol® EMB-Fatol®

Für diesen Wirkstoff gibt es kein echtes Generikum, sondernnur Nachahmerpräparate

Ein „echtes“ Generikum ist ein Präparat, das nach Auslaufendes Patentschutzes des Originalpräparates in den Handelgebracht wird und den Internationalen Freinamen (ggf.mit Angabe des Herstellers) im Handelsnamen enthält.Beispiel:Omeprazol = FreinameAntra® = Handelsname des Erstanbieters = OriginalpräparatOmeprazol Stada = Handelsname eines „echten“ Generi-kums, hier der Pharma-Firma Stada (und viele weitere Ge-nerika)

Als „Nachahmer-Präparat“ gilt ein Präparat mit eineminzwischen patentfreien Wirkstoff, aber einem Phantasie-Namen (= „unechtes“ Generikum mit großem Verwechs-lungspotenzial). Gelegentlich wird eine noch patent-geschützte Substanz unter gleichem oder anderen Handels-namen durch weitere Firmen angeboten (Komarketing z. B.durch Zweitanbieter)

Weitere Definitionen:Original-Präparat = Präparat des Erstanbieters mit anfäng-lichem PatentschutzAnalog-Präparat = enthält einen Wirkstoff, der sich che-misch nur geringfügig von einem Wirkstoff eines Original-Präparates unterscheidet (die essenziellen Wirkgruppensind vorhanden), aber pharmakologisch gleichartig wirkt(„me too-Präparat“)

6 Einige Worte vorweg . . .

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Biosimilars = Nachfolge-Präparat von Biopharmazeutikawie Insulin, Somatotropin, Epoetin etc., die von lebendenZellen produziert werden und Weiterverarbeitungen un-terworfen sind. Diese Art Nachahmer-Präparate sollen inder Hauptwirkung zwar dem Original möglichst entspre-chen, wegen mangelnder Identität können Biosimilar-Prä-parate aber abweichendes Verhalten zeigen (Nebenwirkun-gen, Kinetik usw.) und über die Kriterien der Zulassung istaufgrund dieser Unsicherheiten das letzte Wort noch nichtgesprochen.

Weitere WirkstoffeDiese kleine Liste enthält Arzneimittel, die nicht in die „Wichtigen-Wirk-stoffe“-Tabellen aufgenommen wurden. Dies ermöglicht Ihnen die Einord-nung weiterer Präparate in die Arzneimittelgruppe.

Geschützte Handelsnamen sind in diesem Buch mit einem® versehen und kursiv gedruckt.

Therapeutische Aspekte█

Bei vielen Arzneimittelgruppen stellen wir in gesonder-ten Abschnitten Therapiekonzepte vor; sie sind an demgrünen Randbalken und der grünen Überschrift zu er-kennen.

Danksagung

Dieses Lehrbuch der Pharmakologie wurde von Prof. Dr.Gustav Kuschinsky und dessen damaligem Schüler Prof.Dr. Heinz Lüllmann begründet. Die erste Ausgabe erschien1964, viele Auflagen folgten. Mit großer Hingabe widmeteHeinz Lüllmann sich der 18. Auflage, aber das Schicksal ließes nicht zu, dass er die Fertigstellung dieser Auflage erlebte.In dankbarem Gedenken legen drei seiner Schüler die18. Auflage des Werkes vor.

Unseren Kollegen sowie den Studierenden der Medizin,der Pharmazie und der Biowissenschaften, die uns Kritikund Anregungen übermittelten, sind wir sehr dankbarund hoffen auch für diese Auflage auf konstruktive Anre-gungen. Sehr dankbar sind wir weiterhin Frau Prof. Dr.Renate Lüllmann-Rauch (Anatomisches Institut der Univer-sität Kiel) für die anregenden Hinweise zur Histologie alsBasis der Pharmakologie.

Für die verständnisvolle Betreuung danken wir demGeorg Thieme Verlag, namentlich Frau Dr. Horn-Zölch!

Im Januar 2016

Erklärung

Die Autoren der 18. Auflage des Lehrbuchs „Pharmakologieund Toxikologie“ erklären, dass sie keinen finanziellen Bin-dungen unterliegen, die den Inhalt des Buches beeinflus-sen.

7Einige Worte vorweg . . .

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Mitarbeiterverzeichnis

Prof. Dr. med. Heinz Lüllmann †

ehem. Institut für Pharmakologie der UniversitätHospitalstraße 424105 Kiel

Prof. Dr. med. Klaus MohrAbteilung für Pharmakologie und ToxikologiePharmazeutisches Institut der UniversitätGerhard-Domagk-Straße 353121 Bonn

Prof. Dr. med. Lutz HeinInstitut für experimentelle und klinischePharmakologie und ToxikologieAlbertstraße 2579104 Freiburg

Prof. Dr. med. Martin WehlingKlinische Pharmakologie MannheimMaybachstr. 1468169 Mannheim

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Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Generelle Prinzipien

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1 Pharmakodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1.1 Wirkungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . 25

1.2 Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

1.2.1 Ligand-gesteuerte Ionenkanäle . . . . . . . . . . 261.2.2 G-Protein-gekoppelte Rezeptoren . . . . . . . . 271.2.3 Rezeptoren mit Enzymaktivität . . . . . . . . . . 311.2.4 DNA-Transkription-regulierende Rezepto-

ren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311.2.5 Toll-like-Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

1.3 Agonisten und Antagonisten . . . . . . . . . . 33

1.3.1 Kompetitiver Antagonismus . . . . . . . . . . . . 35

1.3.2 Nicht kompetitiver Antagonismus . . . . . . . 351.3.3 Funktioneller Antagonismus . . . . . . . . . . . . 351.3.4 Chemischer Antagonismus . . . . . . . . . . . . . 35

1.4 Struktur-Wirkungs-Beziehungen . . . . . . . 35

1.4.1 Stereospezifität der Arzneistoff-Wirkung . . 36

1.5 Dosis-Wirkungs-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . 37

1.5.1 Therapeutische Breite . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

1.6 Biologische Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

2 Pharmakokinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

2.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

2.2 Applikation und Resorption . . . . . . . . . . . 45

2.2.1 Applikationsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

2.3 Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

2.3.1 Barrierefunktion des Gefäßendothels . . . . . 482.3.2 Unspezifische Verteilungsprozesse . . . . . . . 492.3.3 Spezifische Verteilungsprozesse . . . . . . . . . 512.3.4 Blut-Hirn-Schranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522.3.5 Placenta-Schranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542.3.6 Scheinbares Verteilungsvolumen . . . . . . . . 54

2.4 Elimination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

2.5 Pharmakokinetische Modellvorstellungen 59

2.5.1 Eliminationshalbwertzeit, Clearance undVerteilungsvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

2.5.2 Bateman-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

2.6 Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz . . . . 64

2.6.1 Bioverfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642.6.2 Bioäquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

2.7 Eliminationshalbwertzeit und Abkling-geschwindigkeit der Wirkung . . . . . . . . . 65

3 Nebenwirkungen (unerwünschte Arzneimittelwirkungen) . . . . . . . . . . . . . . . 67

3.1 Arzneimittelanamnese . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3.2 Nutzen-Risiko-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . 67

3.3 Toxische Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . 68

3.4 Allergische Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . 69

3.4.1 Formen der allergischen Reaktion . . . . . . . 70

3.5 Arzneimittelbedingte Blutbildverände-rungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

3.5.1 Anämien und Thrombozytopenien . . . . . . . 713.5.2 Neutropenie bzw. Agranulozytose . . . . . . . 71

3.6 Arzneimittelmissbrauch und Sucht:Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . 72

3.7 Therapeutisches Risiko . . . . . . . . . . . . . . . 72

3.8 Schädigungen der Frucht durch Arznei-mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

3.8.1 Teratogene und embryotoxische Schädigun-gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73Schwierigkeiten beim Nachweis einerteratogenen Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . 73Nachgewiesene Fruchtschädigungen durchArzneimittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74Pharmakotherapeutische Schädigungen . . . . 74

3.8.2 Besonderheiten bei der Pharmakotherapievon Schwangeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

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4 Arzneistoff-Interferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

4.1 Funktioneller Synergismus . . . . . . . . . . . . 77

4.2 Affinitäten zum gleichen Rezeptor . . . . . 77

4.3 Veränderte Resorption oral verabreichterMittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

4.4 Konkurrenz um die Eiweißbindung . . . . 78

4.5 Veränderte Biotransformation . . . . . . . . . 78

4.6 Konkurrenz um renale Ausscheidung . . . 79

5 Pharmakogenetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

5.1 Unterschiedliche Enzymaktivitäten . . . . . 81

5.2 Aktivität von Transportproteinen . . . . . . 81

5.3 Variabilität von Rezeptor-Proteinen . . . . 81

6 Einfluss des Lebensalters auf die Dosierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

6.1 Kinder und Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . 83

6.2 Alte Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

7 Einführung neuer und Bewertung vorhandener Arzneimittel . . . . . . . . . . . . 85

7.1 Ursachen für eine Diskrepanz zwischentherapeutischem Wissen und praktischerArznei-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

7.1.1 Nicht optimale Verordnung durch den Arzt 857.1.2 Mangelnde Zuverlässigkeit (Adhärenz) des

Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 867.1.3 Unzureichende Fortbildung . . . . . . . . . . . . . 867.1.4 Missstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

7.2 Probleme des deutschen Arzneimittel-marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

7.3 Von der chemischen Struktur zum Arz-neistoff: Schritte zur Entwicklung einerneuen Wirksubstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

7.3.1 Präklinische Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . 907.3.2 Klinische Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Methodik klinischer Prüfungen . . . . . . . . . . . 93Psychologische Schwierigkeiten bei derklinischen Prüfung neuer Substanzen . . . . . . 94

7.3.3 Orphan drugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

8 Alternative Heilverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

8.1 Placebotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

8.2 Homöopathische Arzneimittel . . . . . . . . . 98

8.3 Phytotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

9 Medizinischer Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

9.1 Die „Rote Liste“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

9.2 Der Arzneimittelmarkt in Deutschland . . 101

10 Inhaltsverzeichnis

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Teil 2: Organ- und Funktionssystem-bezogene Pharmakologie

10 Vegetatives System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

10.1 Physiologische Vorbemerkungen . . . . . . . 105

10.1.1 Enterisches Nervensystem („Gehirn desDarmes“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

10.2 Beeinflussung des Parasympathikus . . . . 108

10.2.1 Grundlagen: Acetylcholin . . . . . . . . . . . . . . 10810.2.2 Parasympathomimetika . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Direkte Parasympathomimetika . . . . . . . . . . 111Indirekte Parasympathomimetika(Cholinesterase-Hemmstoffe) . . . . . . . . . . . . 113

10.2.3 Parasympatholytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114Atropin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114Quaternisierte Atropin-Derivate . . . . . . . . . . 117Scopolamin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

10.3 Der Sympathikus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

10.3.1 Grundlagen: Noradrenalin und Adrenalin . 118Synthese, Freisetzung der Catecholamine . . . 119α- und β-adrenerge Rezeptoren . . . . . . . . . . 122Zellulärer Wirkmechanismus derCatecholamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123Funktionelle Bedeutung der Catecholamine . 125Wirkungen der Catecholamine . . . . . . . . . . . 125Anwendung der Catecholamine . . . . . . . . . . 127Kontraindikationen für die Catecholamine . 127

10.3.2 Sympathomimetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127Wirkungsmechanismen direkter undindirekter Sympathomimetika . . . . . . . . . . . 128α- und β1-Rezeptoren-stimulierendeSympathomimetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129β-Rezeptoren-stimulierende Sympatho-mimetika (β-Mimetika) . . . . . . . . . . . . . . . . 130

10.3.3 Sympatholytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133α-Rezeptoren-blockierende Substanzen(α-Blocker) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134β-Rezeptoren-blockierende Substanzen(β-Blocker) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

10.3.4 Antisympathotonika . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

10.4 Die ganglionäre Übertragung . . . . . . . . . . 141

10.4.1 Nicotin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14110.4.2 Ganglienblocker (Ganglioplegika) . . . . . . . . 141

10.5 Glatte Muskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

10.5.1 Physiologische Vorbemerkungen . . . . . . . . 14210.5.2 Glatte Muskulatur und Funktion verschie-

dener Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143Pupillenerweiterung durch Mydriatika . . . . 145Glaukom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

11 Andere Überträgerstoffe und Mediatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

11.1 Biogene Amine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

11.1.1 Histamin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147Vorkommen von Histamin . . . . . . . . . . . . . . 147Bildung und Abbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148Freisetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148Rezeptor-Subtypen und Wirkungen . . . . . . . 148

11.1.2 „Mastzellstabilisatoren“ . . . . . . . . . . . . . . . . 14911.1.3 Antihistaminika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

H1-Antihistaminika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15011.1.4 H2-Antihistaminika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15211.1.5 Serotonin (5-Hydroxytryptamin, 5-HT) . . . 153

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15311.1.6 Serotoninerge Migränetherapie . . . . . . . . . 15611.1.7 Serotoninerge antiemetische Therapie . . . . 156

11.2 Peptide, speziell Substanz P . . . . . . . . . . . 157

11.3 Renin-Angiotensin-Aldosteron-System . . 158

11.3.1 ACE-Hemmstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

11.3.2 Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten(Sartane) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

11.3.3 Endopeptidase-Hemmstoffe . . . . . . . . . . . . 162

11.4 Cannabinoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

11.5 Adenosin und Adenosin-Nukleotide . . . . 163

11.6 Aminosäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

11.6.1 Glutaminsäure (Glutamat) . . . . . . . . . . . . . . 16411.6.2 γ-Aminobuttersäure (GABA) . . . . . . . . . . . . 16511.6.3 Glycin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

11.7 Stickstoffmonoxid (NO) . . . . . . . . . . . . . . . 165

11.8 Calcitonin Gene-related Peptid (CGRP) . . 166

11.9 Glucagon-like Peptide 1 (GLP-1) . . . . . . . . 166

11Inhaltsverzeichnis

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12 Herz und Kreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

12.1 Inotrop wirkende Substanzen . . . . . . . . . 167

12.1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16712.1.2 Herzglykoside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169Wirkungsmechanismus der Herzglykoside . . 170Therapeutische Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . 170Toxische Wirkungen und Therapie derVergiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171Indikationen für Herzglykoside . . . . . . . . . . 172Kontraindikationen für die Anwendung vonHerzglykosiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172Wahl des Glykosids und Dosierung . . . . . . . 173

12.1.3 Catecholamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17312.1.4 Positiv inotrop wirkende Substanzen mit

anderen Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . 17412.1.5 Therapie der Herzmuskelinsuffizienz . . . . . 174

Akutes Herzmuskelversagen . . . . . . . . . . . . . 174Chronische Herzinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . 175

12.2 Herzrhythmusstörungen . . . . . . . . . . . . . . 178

12.2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178Physiologie des kardialen Erregungsprozesses 178Pharmakologische Einflussnahme . . . . . . . . . 179

12.2.2 Kationisch-amphiphile Antiarrhythmika . . 182Na+-Kanal-blockierende Antiarrhythmika(Gruppe I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182K+-Kanal-blockierende Antiarrhythmika(Gruppe III) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

12.2.3 Antiarrhythmika anderer Struktur . . . . . . . 186β-Rezeptoren-Blocker (Gruppe II) . . . . . . . . . 186Ca2+-Kanal-Blocker (Gruppe IV) . . . . . . . . . . 186Schrittmacherkanal-Hemmstoff . . . . . . . . . . 186Weitere Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

12.2.4 Therapie von Herzrhythmusstörungen . . . . 187

12.3 Vasodilatanzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

12.3.1 Calcium-Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . 189Grundlagen und Wirkprinzipien . . . . . . . . . . 189Dihydropyridine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191Kationisch-amphiphile Ca2+-Antagonisten . . 192

12.3.2 NO-Donatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

12.3.3 Endothelin-Rezeptor-Antagonisten . . . . . . . 19312.3.4 Kaliumkanal-Öffner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19412.3.5 Hydralazine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19412.3.6 Prostacyclin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19512.3.7 Phosphodiesterase-Hemmstoffe . . . . . . . . . 19512.3.8 „Durchblutungsfördernde Mittel“ . . . . . . . . 196

12.4 Therapie der Hypertonie . . . . . . . . . . . . . . 197

12.4.1 Therapie der essenziellen Hypertonie . . . . 19812.4.2 Therapie anderer

Hypertonie-Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

12.5 Angina-pectoris-Behandlung . . . . . . . . . . 201

12.5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20112.5.2 Antianginosa mit vorwiegender Wirkung

auf Kapazitätsgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

12.5.3 Antianginosa mit vorwiegender Wirkungauf Widerstandsgefäße: Ca2+-Kanal-Blocker 206

12.5.4 β-Blocker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20612.5.5 Weitere Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20612.5.6 Therapie der Angina pectoris . . . . . . . . . . . 207

Akuter Anfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207Prophylaktische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . 207

12.6 Therapie des Herzinfarktes . . . . . . . . . . . . 209

12.7 Beeinflussung der Hirndurchblutung . . . 211

12.7.1 Therapie der chronischen Mangeldurch-blutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

12.7.2 Therapie der akuten Ischämie (Schlaganfall) 21212.7.3 Therapie der Raynaud-Erkrankung . . . . . . . 212

13 Respirationstrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

13.1 Rhinitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

13.1.1 Therapie der Rhinitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

13.2 Bronchitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

13.2.1 Antitussiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21413.2.2 Expektoranzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21413.2.3 Therapie der Bronchitis . . . . . . . . . . . . . . . . 215

13.3 Asthma bronchiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

13.3.1 Bronchodilatatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21613.3.2 Entzündungshemmende Wirkstoffe . . . . . . 21713.3.3 Therapieplan bei Asthma bronchiale . . . . . 217

Vom Patienten ausführbare Therapiemaß-nahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217Vom Arzt auszuführende Maßnahmen . . . . . 218

13.4 Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung(COPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

13.4.1 Therapie der COPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

13.5 Pulmonale Hypertonie . . . . . . . . . . . . . . . . 220

13.5.1 Therapie der pulmonalen Hypertonie . . . . 221

13.6 Surfactant bei Frühgeborenen . . . . . . . . . 221

13.7 Mukoviszidose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

13.8 Idiopathische pulmonale Fibrose . . . . . . . 222

12 Inhaltsverzeichnis

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14 Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

14.1 Thrombosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

14.1.1 Gerinnungskaskade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223Calcium-Entionisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 224Heparin und Antithrombin-Aktivatoren . . . . 224Direkte Thrombin-Hemmstoffe . . . . . . . . . . . 227Direkte Faktor-Xa-Hemmstoffe . . . . . . . . . . . 228Vitamin-K-Antagonisten: Cumarine,Hydroxycumarine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

14.1.2 Fibrinolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232Fibrinolytische Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . 233Plasmin-Hemmstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234Antihämorrhagika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

14.1.3 Behandlung der idiopathischen Thrombo-zytopenie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

14.1.4 Hemmstoffe der Thrombozytenaggregation 235Acetylsalicylsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236Clopidogrel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237GPIIb/IIIa-Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

14.1.5 Thrombose-Prophylaxe und -Therapie . . . . 238

14.2 Behandlung von Anämien . . . . . . . . . . . . . 239

14.2.1 Eisen-Mangelanämien . . . . . . . . . . . . . . . . . 239Eisenverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239Wahl der Präparate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

14.2.2 Vitamin-B12-Mangelanämien . . . . . . . . . . . . 24114.2.3 Cyanocobalamin-resistente makrozytäre

Anämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24214.2.4 Renale Anämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24314.2.5 Aplastische und hämolytische Anämien . . . 243

14.3 Volumenmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244

14.3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24414.3.2 Verwendete Kolloide . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24414.3.3 Serum- und Plasmapräparate . . . . . . . . . . . 245

14.4 Verbesserung der Mikrozirkulation . . . . . 245

14.4.1 Steigerung des Perfusionsdruckes(Blutdruckes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

14.4.2 Verminderung des Strömungswiderstandes 24514.4.3 Versuche zur Verbesserung der Fließeigen-

schaften des Blutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

15 Niere und Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

15.1 Grundzüge der Harnbereitung . . . . . . . . . 249

15.1.1 Die Abschnitte des Nephrons . . . . . . . . . . . 249Glomerulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249Proximaler Tubulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250Henle-Schleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252Distaler Tubulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252Sammelrohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

15.1.2 Regulation der Nierenfunktion . . . . . . . . . . 253

15.2 Diuretika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

15.2.1 Osmotische Diuretika . . . . . . . . . . . . . . . . . 25515.2.2 Carboanhydrase-Hemmstoffe . . . . . . . . . . . 25615.2.3 Thiazide und Analoga . . . . . . . . . . . . . . . . . 25715.2.4 Schleifendiuretika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25915.2.5 Kalium-sparende Diuretika . . . . . . . . . . . . . 26015.2.6 Aldosteron-Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . 261

15.3 Adiuretin(ADH, Vasopressin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

15.4 Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

15.4.1 Natrium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26515.4.2 Kalium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

Hyperkaliämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266Hypokaliämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

15.4.3 Magnesium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267Hypomagnesiämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267Hypermagnesiämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268

15.4.4 Calcium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268Hyperkalzämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269Hypokalzämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

15.4.5 Phosphat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27115.4.6 Infusionslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

16 Verdauungstrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

16.1 Gastritis, Ulcus ventriculi . . . . . . . . . . . . . 273

16.1.1 Antazida . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27316.1.2 Hemmung der Salzsäureproduktion . . . . . . 274

Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274Hemmung der Belegzellen-Stimulierung . . . 274Hemmung der Protonenpumpe . . . . . . . . . . . 274

16.1.3 Eradikation des Helicobacter pylori . . . . . . 27616.1.4 Therapie einer Hypoazidität des Magen-

saftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

16.2 Obstipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

16.2.1 Laxanzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277Darmirritierende Laxanzien . . . . . . . . . . . . . 278Füllungsperistaltik-auslösende Mittel . . . . . . 279Gleitmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280Carminativa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

16.2.2 Gastrointestinale Prokinetika . . . . . . . . . . . 280

13Inhaltsverzeichnis

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16.3 Diarrhö . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

16.4 Morbus Crohn, Colitis ulcerosa . . . . . . . . . 283

16.4.1 Ätiologie und Pathogenese . . . . . . . . . . . . . 28316.4.2 Therapie des Morbus Crohn und der Colitis

ulcerosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

16.5 Colon irritabile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284

16.6 Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

16.6.1 Hepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Akute Hepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285Chronische Hepatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

16.6.2 Leberzirrhose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

16.7 Pankreas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

16.7.1 Therapie der Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . 28716.7.2 Substitution bei exkretorischer Pankreas-

insuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

17 Stoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

17.1 Hyperlipoproteinämie . . . . . . . . . . . . . . . . 289

17.1.1 Senkung der LDL-Konzentration . . . . . . . . . 289Hemmstoffe der enteralen Resorption vonCholesterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289Hemmstoffe der Cholesterin-Synthese(Statine) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291Hemmstoffe der LDL-Rezeptorendozytose . . . 293Senkung der VLDL- und LDL-Konzentration . 293Therapeutische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . 295

17.2 Übergewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

17.3 Gicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

17.3.1 Therapie der Gicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

17.4 Hereditärer Enzymmangel . . . . . . . . . . . . 300

17.4.1 Lysosomale Speicherkrankheiten . . . . . . . . 30017.4.2 Andere Enzymmangelzustände . . . . . . . . . . 303

17.5 Hereditärer Transportermangel . . . . . . . . 304

17.6 Hereditärer Cholsäuremangel . . . . . . . . . . 304

17.7 Vitamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304

17.7.1 Vitamin A und Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . 305Pharmakodynamische Anwendung vonRetinoiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

17.7.2 Vitamin-B-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30717.7.3 Vitamin C (Ascorbinsäure) . . . . . . . . . . . . . . 30817.7.4 Vitamin D und seine Derivate . . . . . . . . . . . 308

Vitamin-D-Derivate zur topischen Psoriasis-Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

17.7.5 Vitamin E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

18 Bewegungsapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

18.1 Beeinflussung der Skelettmuskulatur . . . 313

18.1.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

18.1.2 Muskelrelaxanzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316Depolarisierende Hemmstoffe . . . . . . . . . . . . 317Nicht depolarisierende Hemmstoffe . . . . . . . 318Cholinesterase-Inhibitoren . . . . . . . . . . . . . . 319

18.1.3 Beeinflussung des kontraktilen Apparates . 320Dantrolen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

18.1.4 Myotonolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321Grundlagen und Wirkprinzipien . . . . . . . . . . 321Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322

18.2 Knochenerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . 322

18.2.1 Osteoporose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322Prophylaxe der Osteoporose . . . . . . . . . . . . . 323Therapie der manifesten Osteoporose . . . . . . 323

18.2.2 Morbus Paget (Osteodystrophia deformans) 32618.2.3 Knochenmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32718.2.4 Osteomalazie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32718.2.5 Arthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

19 Nozizeptives System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

19.1 Grundprinzipien der Analgesie . . . . . . . . . 329

19.2 Lokalanästhetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

19.2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330Applikation und Zubereitung . . . . . . . . . . . . 331Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331

19.2.2 Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332Lokalanästhetika vom Estertyp . . . . . . . . . . 332Lokalanästhetika vom Säureamidtyp . . . . . . 333

19.3 Opiate/Opioide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334

19.3.1 Endogene Opioide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33419.3.2 Opioid-Analgetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

Morphin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

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Agonistisch wirkende Opioide . . . . . . . . . . . 341Agonistisch-antagonistisch wirkende Opioide 343

19.3.3 Opioid-Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34419.3.4 Schmerztherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

Therapie von Tumorschmerzen . . . . . . . . . . . 345Therapie neuropathischer Schmerzen . . . . . . 345Schmerzmittel in der Schwangerschaft . . . . . 346Therapie der Migräne . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

19.4 Antipyretische Analgetika . . . . . . . . . . . . . 348

19.4.1 Paracetamol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34819.4.2 Metamizol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

19.5 Das Eicosanoid-System . . . . . . . . . . . . . . . 350

19.5.1 Derivate der Arachidonsäure . . . . . . . . . . . . 351Prostaglandine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351Prostacyclin (PGI2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353

Thromboxan A2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353Leukotriene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353

19.5.2 Nicht steroidale Antiphlogistika . . . . . . . . . 354Acetylsalicylsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355Amphiphile Säuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357Enolat-Anionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

19.5.3 COX-2-Inhibitoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359

19.6 Therapie rheumatischer Erkrankungen . 361

19.6.1 Antirheumatische „Basistherapie“ . . . . . . . . 361Substanzen mit lysosomaler Speicherung . . . 362Substanzen mit unklarer Wirkungsweise . . . 363Immunsuppressive Therapeutika . . . . . . . . . 363

19.6.2 Lokale Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36419.6.3 Therapie der rheumatoiden Arthritis . . . . . 36419.6.4 Therapie des akuten rheumatischen Fiebers 365

20 Immunsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367

20.1 Hemmung von Immunreaktionen . . . . . . 368

20.1.1 Glucocorticoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36820.1.2 Calcineurin-Inhibitoren . . . . . . . . . . . . . . . . 36920.1.3 Inhibitoren der Kinase „mTOR“ . . . . . . . . . . 37120.1.4 Blocker von Interleukinen und Interleukin-

Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37220.1.5 Interferenz mit der Antigenerkennung . . . . 373

20.1.6 Zytostatische, lymphostatische Prinzipien . 37420.1.7 Weitere Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375

20.2 Förderung von Immunreaktionen . . . . . . 378

20.2.1 Kolonie-stimulierende Faktoren . . . . . . . . . 37820.2.2 Immunstimulanzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37820.2.3 Weitere Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

21 Zentralnervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

21.1 Psychopharmaka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

21.1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381Akute und antipsychotische Wirkung . . . . . . 381

21.1.2 Neuroleptika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383Vorbemerkungen zur neuroleptischenTherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383Phenothiazine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384Butyrophenone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388Dibenzazepine und andere Strukturen(„Atypische Neuroleptika“) . . . . . . . . . . . . . . 389

21.1.3 Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391Vorbemerkungen zur antidepressivenTherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391Trizyklische Antidepressiva . . . . . . . . . . . . . . 393Thymeretika: MAO-Hemmstoffe . . . . . . . . . . 397Lithium-Ionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398

21.1.4 Anxiolytika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399Benzodiazepine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400Benzodiazepin-Antagonist Flumazenil . . . . . 405

21.1.5 Psychoanaleptika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406Methylxanthine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406Amphetamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408

21.2 Schlafstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

21.2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40921.2.2 Aldehyd- und Bromharnstoff-Derivate . . . . 41021.2.3 Barbiturate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410

21.2.4 Benzodiazepine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410Kurz wirksame Schlaf-induzierendeVerbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410Länger wirksame Verbindungen . . . . . . . . . . 411

21.2.5 „Benzodiazepin-Analoga“ . . . . . . . . . . . . . . 411

21.3 Degenerative Hirnerkrankungen . . . . . . . 412

21.3.1 Morbus Alzheimer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41321.3.2 Morbus Parkinson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413

Pathogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413Behandlung des Morbus Parkinson . . . . . . . 414

21.3.3 Vaskuläre Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416

21.4 Nausea und Erbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . 416

21.4.1 Grundlagen: Übelkeit und Erbrechen . . . . . 41721.4.2 Wirkstoffe bzw. Substanzen . . . . . . . . . . . . 418

Cholinolytikum: Scopolamin . . . . . . . . . . . . . 418Dopamin-Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . 418Serotonin-Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . . 418H1-Antihistaminika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419Neuroleptika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419Substanz-P-Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . 419

21.5 Antikonvulsiva (Antiepileptika) . . . . . . . . 420

21.5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42021.5.2 Anwendung der Antikonvulsiva . . . . . . . . . 42121.5.3 Antiepileptika der ersten Wahl . . . . . . . . . . 42321.5.4 Reservemittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42421.5.5 Therapie des Status epilepticus . . . . . . . . . . 426

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21.6 Narkotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

21.6.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42721.6.2 Inhalationsnarkotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428

Dampfnarkotika vom Isofluran-Typ . . . . . . . 430Gasnarkotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430

21.6.3 Injektionsnarkotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431(Thio-)Barbiturate zur Injektion . . . . . . . . . . 431

Propofol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432Ketamin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432Etomidat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433Midazolam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4344-Hydroxybuttersäure . . . . . . . . . . . . . . . . . 434

21.6.4 Prämedikation und Narkose-Sonderformen 434

22 Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

22.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

22.1.1 Hyperämisierende Pharmaka . . . . . . . . . . . 43522.1.2 Lichtschutzmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43622.1.3 Weitere Wirkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43622.1.4 Antiinfektiöse Wirkstoffe zur topischen

Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436

22.2 Glucocorticoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436

22.3 Therapie der Psoriasis . . . . . . . . . . . . . . . . 437

22.4 Therapie der Acne vulgaris . . . . . . . . . . . . 438

23 Hormonsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441

23.1 Hypothalamus und Hypophyse . . . . . . . . . 441

23.1.1 Hypophysenvorderlappen-Hormone . . . . . . 442Thyroliberin und Thyrotropin . . . . . . . . . . . . 442Corticoliberin und Corticotropin . . . . . . . . . 443Gonadoliberin und Gonadotropine . . . . . . . . 444Somatoliberin, Somatostatin undSomatotropin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447Prolactin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450

23.1.2 Hypophysenhinterlappen-Hormone . . . . . . 45023.1.3 Epiphysenhormon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451

23.2 Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

23.2.1 Iod-Ionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45223.2.2 Schilddrüsenhormone . . . . . . . . . . . . . . . . . 454

Wirkungsmechanismus und Wirkungen . . . . 454Pharmakokinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455Anwendung von Schilddrüsenhormonen . . . 455Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456

23.2.3 Thyreostatika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456Schwefelhaltige Thyreostatika (Thiamide) . . 456Perchlorat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457Radioaktives Iod (131I) . . . . . . . . . . . . . . . . . 457β-Blocker und Lithium-Ionen . . . . . . . . . . . . 458

23.2.4 Calcitonin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458

23.3 Nebenschilddrüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459

23.3.1 Hemmung der Parathormon-Inkretion . . . . 460

23.4 Nebennierenrinde und Gonaden . . . . . . . 461

23.4.1 Glucocorticoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461Wirkungen der Glucocorticoide . . . . . . . . . . 463Wirkungsunterschiede zwischen den Gluco-corticoiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464

Nebenwirkungen von Glucocorticoiden . . . . 464Pharmakokinetik der Glucocorticoide . . . . . 467

23.4.2 Mineralocorticoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47023.4.3 Androgene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471

Testosteron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472Inhibitorische Wirkprinzipien . . . . . . . . . . . . 474

23.4.4 Estrogene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476Inhibitorische Wirkprinzipien . . . . . . . . . . . . 479

23.4.5 Gestagene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481Progesteron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481

23.4.6 Orale Kontrazeptiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484

23.5 Inselzellen des Pankreas . . . . . . . . . . . . . . 487

23.5.1 Insulin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488Produktion und Freisetzung . . . . . . . . . . . . . 488Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489Pharmakokinetik und Präparate . . . . . . . . . 490Anwendung von Insulin . . . . . . . . . . . . . . . . 492Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493

23.5.2 Orale Antidiabetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494Therapeutische Ansätze bei Typ-2-Diabetes . 494α-Glucosidase-Hemmstoffe . . . . . . . . . . . . . . 495Gliflozine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495Metformin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496Sulfonylharnstoff-Verbindungen . . . . . . . . . . 496Glinide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497Glitazone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498Inkretin-Mimetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499

23.5.3 Glucagon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500

16 Inhaltsverzeichnis

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Teil 3: Wirkstoffgruppen ohne Organbezug

24 Maligne Neoplasien, Zytostatika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505

24.1 Schädigung der DNA . . . . . . . . . . . . . . . . . 507

24.1.1 Kovalente Bindung an die DNA . . . . . . . . . . 507Alkylierende Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . . 507Platin freisetzende Verbindungen . . . . . . . . . 508

24.1.2 Interkalierende Substanzen . . . . . . . . . . . . . 50924.1.3 Topoisomerase-Hemmung . . . . . . . . . . . . . . 510

Hemmstoffe der Topoisomerase II . . . . . . . . . 510Hemmstoffe der Topoisomerase I . . . . . . . . . 510

24.2 Interferenz mit derDNA-Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510

24.2.1 Hemmung der Synthese von DNA-Bausteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510Hemmstoffe der Dihydrofolsäure-Reduktase 510Hemmung der Ribonukleotid-Reduktase . . . 511

24.2.2 Einschleusung falscher DNA-Bausteine . . . . 511Purin-Antimetabolite . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511Pyrimidin-Antimetabolite . . . . . . . . . . . . . . . 512

24.3 Interferenz mit Mikrotubuli der Mitose-spindel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514

24.3.1 Hemmung der Tubulin-Polymerisation . . . 514

24.3.2 Hemmung der Mikrotubulus-Depoly-merisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514

24.4 Gezieltere antineoplastische Wirk-prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515

24.4.1 Nutzung Neoplasie-spezifischer abnormerZellfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515Kinase-Inhibitoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515

24.4.2 Antikörper gegen neoplasiebezogeneProteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519

24.4.3 Beeinflussung körpereigener Steuerungs-wege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521Hormone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521Retinoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521Interferone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522Interleukine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522Aktivierung der angeborenen Immunabwehr 522Tumornekrosefaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522

24.5 Weitere Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522

24.6 Photodynamische Therapie . . . . . . . . . . . . 524

24.7 Beurteilung der Pharmakotherapieneoplastischer Erkrankungen . . . . . . . . . . 524

25 Infektionskrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529

25.1 Bakterielle Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . 529

25.1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529Bakterielle Resistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531

25.1.2 Antibakterielle Wirkprinzipien . . . . . . . . . . 533Hemmung der Zellwandsynthese . . . . . . . . . 533Schädigung der Zellmembran . . . . . . . . . . . . 543Interferenz mit der Tetrahydrofolsäure-Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544Interferenz mit der bakteriellen DNA . . . . . . 547Hemmung der RNA-Synthese . . . . . . . . . . . . 549Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese . 550

25.1.3 Allgemeine Hinweise zur rationalenTherapie mit Antibiotika . . . . . . . . . . . . . . . 558

25.1.4 Tuberkulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559Isoniazid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560Pyrazinamid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561Rifampicin und Rifabutin . . . . . . . . . . . . . . . 561Ethambutol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561Streptomycin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562Kombinationstherapie der Tuberkulose . . . . 563Fluorchinolone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564

25.2 Weltweit verbreitete Protozoen-Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564

25.2.1 Trichomonas vaginalis . . . . . . . . . . . . . . . . . 56425.2.2 Giardia lamblia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564

25.2.3 Toxoplasma gondii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56425.2.4 Pneumocystis carinii . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565

25.3 Tropenkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565

25.3.1 Plasmodien-Infektionen (Malaria) . . . . . . . . 565Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565Die einzelnen Malaria-Mittel . . . . . . . . . . . . 569

25.3.2 Amöbiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57125.3.3 Leishmaniosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57125.3.4 Trypanosomen-Infektionen . . . . . . . . . . . . . 571

Schlafkrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571Chagas-Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572

25.3.5 Schistosomiasis (Bilharziose) . . . . . . . . . . . . 57225.3.6 Filariasis (Nematoden) . . . . . . . . . . . . . . . . . 57325.3.7 Lepra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573

Kombinationstherapie der Lepra . . . . . . . . . 57325.3.8 Onchocerciasis („Flussblindheit“) . . . . . . . . 57425.3.9 Trachom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57425.3.10 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574

25.4 Wurmerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 574

25.4.1 Intestinale Infestationen . . . . . . . . . . . . . . . 57425.4.2 Mittel gegen Bandwürmer . . . . . . . . . . . . . 57525.4.3 Mittel gegen Rundwürmer . . . . . . . . . . . . . 575

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25.5 Pilzinfektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576

25.5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57625.5.2 Hemmstoffe der Zellwandsynthese . . . . . . . 57725.5.3 Porenbildner: Polyen-Antibiotika . . . . . . . . 57825.5.4 Hemmstoffe der Ergosterin-Synthese . . . . . 579

Azol-Antimykotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579Allylamine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581Morpholine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581

25.5.5 Interferenz mit Zellkern-Funktionen . . . . . 581Antimetabolit-Vorstufe Flucytosin . . . . . . . . 581

25.5.6 Weitere antimykotische Wirkprinzipien . . . 582

25.6 Viruserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583

25.6.1 Herpesviren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585Mittel gegen Herpes simplex und Varicellazoster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585Cytomegalie-Viren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587

25.6.2 HIV (Humanes Immunschwäche-Virus) . . . 587Hemmstoffe der reversen Transkriptase . . . . 588Hemmstoffe der HIV-Protease . . . . . . . . . . . 590Adsorptionshemmstoff Maraviroc . . . . . . . . 591HIV-Fusionshemmstoff Enfuvirtid . . . . . . . . . 591Integrase-Inhibitor Raltegravir . . . . . . . . . . . 591Kombinationstherapie der HIV-Infektion . . . 592

25.6.3 Influenza-Viren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59225.6.4 Hepatitis-Viren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59425.6.5 Weitere antivirale Wirkstoffe . . . . . . . . . . . 596

25.7 Desinfektionsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598

25.7.1 Anforderungen an Desinfektionsmittel . . . . 59825.7.2 Phenol-Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599

Kresole (Methylphenole) . . . . . . . . . . . . . . . . 599Thymol und Eugenol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599Chlorierte Phenol-Derivate . . . . . . . . . . . . . . 599

25.7.3 Alkohole, Aldehyde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600Alkohole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600Aldehyde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600

25.7.4 Oxidationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60025.7.5 Halogene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600

Iod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600Chlor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601

25.7.6 Detergenzien (Invertseifen) . . . . . . . . . . . . . 60125.7.7 Schwermetallsalze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60225.7.8 Acridin- und Chinolin-Derivate . . . . . . . . . . 60225.7.9 Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602

25.8 Insektizide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603

25.8.1 Chlorierte Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . 603Chlorphenothan (DDT) . . . . . . . . . . . . . . . . . 603Chlorierte Diene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604Hexachlorcyclohexan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604

25.8.2 Pyrethrine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60425.8.3 Phosphorsäureester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605

Vergiftung mit Organophosphaten . . . . . . . . 606

Teil 4: Gifte und Antidota

26 Vergiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611

26.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611

26.1.1 Sachgebiete der Toxikologie . . . . . . . . . . . . 61126.1.2 Allgemeine Maßnahmen zur Therapie von

akuten Vergiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612Maßnahmen zur Hinderung der Gift-resorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612Maßnahmen zur Beschleunigung derElimination von Giften . . . . . . . . . . . . . . . . . 612Symptomatische Maßnahmen . . . . . . . . . . . 613Entgiftung der in den Organismus aufgenom-menen Gifte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613Vorrat an Antidota . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613

26.2 Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614

26.2.1 Sauerstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61426.2.2 Kohlenmonoxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61426.2.3 Blausäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61526.2.4 Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxid . . 61626.2.5 Reizgase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616

26.3 Methämoglobin bildende Gifte . . . . . . . . . 617

26.4 Metalle und Metallverbindungen . . . . . . . 618

26.4.1 Antidota . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618SH-Gruppen-haltige Chelatbildner . . . . . . . . 618Weitere Chelatbildner . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619

26.4.2 Spezielle Metallvergiftungen . . . . . . . . . . . . 620Blei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620Thallium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620Quecksilber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620Wismut (Bismutum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621Gold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621Cadmium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622Arsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622Kupfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622Aluminium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622Zink . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623

26.5 Säuren und Basen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623

26.5.1 Unspezifische Säurewirkungen . . . . . . . . . . 62326.5.2 Spezifische Säurewirkungen . . . . . . . . . . . . 624

Kohlendioxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624Fluorwasserstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624Oxalsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624

26.5.3 Basen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624

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26.6 Organische Lösungsmittel . . . . . . . . . . . . . 625

26.6.1 Kohlenwasserstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62626.6.2 Alkohole und Glykole . . . . . . . . . . . . . . . . . 626

26.7 Chlorierte Aromaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 627

26.7.1 Chlorierte Dibenzodioxine . . . . . . . . . . . . . . 627

26.8 Bispyridinium-Verbindungen . . . . . . . . . . 629

26.9 Ethanol und Methanol . . . . . . . . . . . . . . . . 630

26.9.1 Ethanol (Äthylalkohol) . . . . . . . . . . . . . . . . . 630Akute Wirkungen und Vergiftung . . . . . . . . . 631Gewöhnung und Abhängigkeit . . . . . . . . . . . 632Folgen des chronischen Alkoholabusus . . . . . 632Alkoholismus in der Schwangerschaft . . . . . 633

26.9.2 Methanol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634

26.10 Missbrauch von Wirkstoffen . . . . . . . . . . . 635

26.10.1 Euphorika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635Opioide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636Cocain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636Haschisch, Cannabis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636γ-Hydroxybuttersäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638

26.10.2 Psychotomimetika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638Mescalin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638Methylen-dioxy-amphetamine . . . . . . . . . . . 639Psilocybin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639Lysergsäurediethylamid (LSD) . . . . . . . . . . . 639Phencyclidin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640

26.10.3 Doping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640Stimulanzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640Opioide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640Anabol wirkende Substanzen . . . . . . . . . . . . 640

Diuretika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641Peptidhormone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641Beeinflussung der Nachweisbarkeit vonWirkstoffen im Urin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641

26.11 Tabak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641

26.11.1 Schädigung durch Nicotin . . . . . . . . . . . . . . 64226.11.2 Schädigungen durch Tabakrauch . . . . . . . . 64326.11.3 Risiko des Rauchens und die Entwöhnung . 644

26.12 Tierische Gifte und Pilzgifte . . . . . . . . . . . 646

26.12.1 Tierische Gifte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64626.12.2 Bakterielle Gifte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64626.12.3 Pilzgifte (Mykotoxine) . . . . . . . . . . . . . . . . . 647

26.13 Gifte höherer Pflanzen . . . . . . . . . . . . . . . 647

26.13.1 Coniin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64726.13.2 Spartein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64826.13.3 Cytisin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64826.13.4 Pyrrolizidin-Alkaloide . . . . . . . . . . . . . . . . . 64826.13.5 Ricin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64826.13.6 „Taxoide“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649

26.14 Toxische Effekte von Kontrastmitteln . . . 649

26.14.1 Röntgen-Kontrastmittel . . . . . . . . . . . . . . . . 649Bariumsulfat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649Organische Iod-Verbindungen . . . . . . . . . . . . 649

26.14.2 Magnetresonanz-Kontrastmittel . . . . . . . . . 651Gadoliniumhaltige Kontrastmittel . . . . . . . . 651Eisen- oder manganhaltige Kontrastmittel . 652

26.14.3 Echokardiografie-Kontrastmittel . . . . . . . . . 652

26.15 Karzinogene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652

Anhang

Chemische Grundstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656

Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663

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Teil 1Generelle Prinzipien

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Kapitel 1 Pharmakodynamik . . . . . . . 25

Kapitel 2 Pharmakokinetik . . . . . . . . . 43

Kapitel 3 Nebenwirkungen . . . . . . . . . 67

Kapitel 4 Arzneistoff-Interferenzen 77

Kapitel 5 Pharmakogenetik . . . . . . . . . 81

Kapitel 6 Einfluss des Lebensaltersauf die Dosierung . . . . . . . . . 83

Kapitel 7 Einführung neuer undBewertung vorhandenerArzneimittel . . . . . . . . . . . . . . . 85

Kapitel 8 Alternative Heilverfahren 97

Kapitel 9 Medizinischer Alltag . . . . . . 101

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VorbemerkungEin Arzneimittel, von dem behauptet wird, dass es keine Ne-benwirkungen habe, steht im dringenden Verdacht, auchkeine Hauptwirkung zu besitzen.

Gustav Kuschinsky

Je nach dem Standpunkt, den der Betrachter einnimmt,kann der Begriff Pharmakologie weit oder eng gefasst wer-den. Die umfassendste Definition könnte etwa lauten:„Pharmakologie ist die Lehre von der Wirkung der Substan-zen auf Lebendiges.“ Diese Definition lässt die Qualität derWirkung – ob heilend oder schädlich – offen. Danach um-fasst der Begriff Pharmakon sowohl den Arzneistoff alsauch das Gift. Vielfach wird aber Pharmakon mit Arznei-stoff gleichgesetzt, und die Definition könnte lauten: „Phar-makologie ist die Lehre von den Arzneistoffen.“ Die Welt-gesundheitsorganisation definiert den Begriff Pharmakon,der dem englischen Begriff „drug“ entspricht, folgenderma-ßen: „A drug is any substance or product that is used orintended to be used to modify or explore physiological sys-tems or pathological states for the benefit of the recipient.“Somit zählen auch Substanzen, die zu diagnostischen Zwe-cken verwendet werden, zu den Arzneistoffen.

Ein Arzneistoff (Wirkstoff = Pharmakon) muss dem Pa-tienten zugeführt werden, innerlich z. B. als Tablette, alsInjektion, äußerlich z. B. als Bestandteil einer Salbe. DieForm, in welcher der Arzneistoff verabreicht wird, heißtZubereitungsform oder Darreichungsform. Der Begriff Arz-neimittel (Medikament) bezeichnet den Arzneistoff in einerbestimmten Darreichungsform.

Aufgaben der Pharmakologie sind:● die Wirkungen von Substanzen auf den Organismus zu

charakterisieren und die Eignung von Substanzen zutherapeutischen Zwecken zu bewerten;

● den Wirkungsmechanismus von Substanzen aufzude-cken, nicht zuletzt in der Hoffnung, gezielt besser wirk-same und verträgliche Arzneistoffe entwickeln zu kön-nen;

● neue Zielmoleküle und therapeutische Prinzipien zuentdecken;

● den Verbleib von dargereichten Substanzen im Körperzu analysieren.

Pharmakologen wirken in der „Arzneimittelkommissionder deutschen Ärzteschaft“ (www.akdae.de) an der Erstel-lung allgemeiner, unabhängiger Empfehlungen zur Arznei-therapie mit.

Box Droge, ein missverstandener Begriff

Unter Droge versteht man in der deutschen Sprache Pflanzenoder Teile von ihnen (Wurzeln, Stängel, Blätter, Blüten, Saft),die durch Trocknen haltbar gemacht sind (plattdeutsch: drö-gen = trocknen) und irgendwelche Wirkstoffe enthalten. DieDrogen bilden also den Grundstock der Phytotherapie. DerBegriff Droge hat aber in der letzten Zeit, vor allem in derLaienpresse und auf der politischen Ebene (Ernennung von

„Drogenbeauftragten“) eine Ausweitung gefunden, die ety-mologisch nicht korrekt ist. So spricht man jetzt ganz all-gemein von Drogenabhängigkeit, auch wenn das Rauschmit-tel als chemische Substanz genommen wird, wie Morphin,Heroin, Cocain, „Ecstasy“ usw. Ein Beispiel für eine Drogen-abhängigkeit wäre genaugenommen nur der Haschisch-gebrauch und in tropischen Ländern Opium rauchen und Be-telnuss kauen. Der englische Begriff „drug“, dessen Etymolo-gie unklar ist, kann also im Grunde nicht mit dem deutschenWort Droge übersetzt werden.

Pharmakologische Forschung. Die Pharmakologie ist nichtdurch eine spezielle Methodik gekennzeichnet. Es werdendiejenigen Verfahren angewandt, die zur Klärung einer Fra-gestellung geeignet sind. So arbeitet die moderne Experi-mentalpharmakologie mit Methoden aus einer großen An-zahl von Fächern (z. B. Physiologie, Biochemie, Radioche-mie, Biophysik, Mikrobiologie, Immunologie, Histologie,Molekularbiologie), ohne eine spezifisch pharmakologischeMethodik entwickelt zu haben oder auch entwickeln zuwollen! Wir glauben vielmehr, dass die Pharmakologie ei-gentlich nur durch die Intention der Fragestellung charak-terisiert werden kann: Wo, wie und warum eine Substanzwirkt, wird untersucht, um eventuell einen Arzneistoff zuerhalten oder den Wirkungsmechanismus eines Arzneistof-fes zu erklären. Die pharmakologische Forschung sammeltnicht Erkenntnisse um ihrer selbst willen, sondern letztlich,um Menschen und Tieren zu helfen.

Es besteht kein grundsätzlicher Unterschied in Gedan-kengängen und Methodik zwischen der pharmakologi-schen und der toxikologischen Forschung. Im Gegenteil, esist ein fließender Übergang zwischen den beiden Gebietenvorhanden. Dies folgt schon zwangsläufig daraus, dass ei-gentlich jeder Arzneistoff zum Gift werden kann, wenn ernur hoch genug dosiert wird (Paracelsus: „Dosis sola facitvenenum“). Die Toxikologie hat die zusätzliche Aufgabe, dieDosierung einer Substanz festzustellen, die keine schädi-gende Wirkung hat.

Sobald eine neue Substanz vorliegt, die eventuell medi-zinisches Interesse beansprucht, wird zuerst die „deskripti-ve Pharmakologie“ bemüht werden; es wird untersuchtund deskriptiv festgehalten, was eine Substanz bewirkt.Gleichzeitig gibt die „deskriptive Toxikologie“ die Beschrei-bung, wie giftig die Substanz ist und welche Symptomeauftreten. Der nächste Schritt sollte dann die „pharmako-logische und toxikologische Grundlagenforschung“ sein;die Frage lautet dann: Warum hat eine Substanz eine be-stimmte Wirkung und Giftigkeit? Dieser Erkenntnisschrittüberwindet die einfache Empirie und führt zum Verstehendes Wirkungsmechanismus. Diese Stufe zusammen mit derdeskriptiven Pharmakologie wird als Pharmakodynamikbezeichnet.

Bei der Erforschung von pharmakologischen Wirkungenspielen der zeitliche Ablauf und die Intensität der Effekteeine wichtige Rolle. Diese beiden Parameter sind Funktio-

23

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nen von Konzentrationsverläufen in verschiedenen Kom-partimenten des Organismus. Mit diesen beschäftigt sichdie Pharmakokinetik.

Falls nun von einer Substanz angenommen werden darf,dass sie von therapeutischem Wert sein könnte, tritt dieklinische Pharmakologie in Erscheinung. Aufgrund der vor-liegenden tierexperimentellen Befunde und mit Hilfe vonquantifizierenden Methoden werden die Substanzen amMenschen unter dem Gesichtspunkt des unmittelbarenWertes für die Therapie untersucht. In der klinischen Phar-makologie vereinigt sich das experimentelle Fach mit derKlinik. Die Untersuchung neuer, prospektiver Heilmittel amMenschen unterliegt strengen Regeln, die ethischen undstatistischen Gesichtspunkten Rechnung tragen müssen.

Die klinischen Prüfungen sind meistens sehr aufwendi-ge Unternehmungen. Es müssen genügend Patienten, wel-che die zu behandelnde Krankheit haben, zur Verfügungstehen (häufig Tausende); dies wiederum erfordert die Zu-

sammenarbeit mehrerer Kliniken. Es ist oft zweifelhaft, obpublikationswürdige Ergebnisse erzielt werden können,und es ist schließlich eine große finanzielle Herausforde-rung. Die Kosten tragen im Allgemeinen die Pharmafirmen,die ein neues Heilmittel auf den Markt bringen wollen.Aufgrund dieser komplexen Situation ist es nicht verwun-derlich, dass sich finanzielle Abhängigkeiten entwickeln,die objektive Befunde und unabhängige Interpretationenverdunkeln.

Wie in anderen medizinischen Fächern gibt es auch eineWeiterbildungsordnung; möglich sind die Anerkennung als„Arzt für Pharmakologie und Toxikologie“ und als „Arzt fürklinische Pharmakologie“. Für Absolventen naturwissen-schaftlicher Studiengänge bietet die DGPT (Deutsche Ge-sellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologieund Toxikologie) Weiterqualifikationen zum Fachpharma-kologen bzw. Fachtoxikologen an.

Vorbemerkung24

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1 Pharmakodynamik1.1 Wirkungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1.2 Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

1.3 Agonisten und Antagonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

1.4 Struktur-Wirkungs-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

1.5 Dosis-Wirkungs-Kurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

1.6 Biologische Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

11.1 Wirkungsmechanismen

Unter dem Wirkungsmechanismus einer Substanz verstehtman die ihrer Wirkung zugrunde liegenden biochemischenund biophysikalischen Vorgänge, die sich zellulär abspielen(Abb. 1.1).

Der Wirkungsmechanismus erklärt die Wirkung einerSubstanz aufgrund ihres Eingriffs in bekannte physiologi-

sche oder biochemische Prozesse, ordnet einen speziellenFall in größere allgemeine Gesetzmäßigkeiten ein und be-friedigt damit das menschliche Kausalbedürfnis. Damitwird die Wirkung einer Substanz aus dem empirisch-de-skriptiven Niveau heraufgehoben auf eine Stufe, in der siemit Verständnis in einen durchschaubaren größeren Zu-sammenhang gestellt werden kann, sie „leuchtet ein“.Unter dem didaktischen Gesichtspunkt bedeutet dieser

ocorticoid-Rezeptor

Abb. 1.1 Zelluläre Wirkorte von Pharmaka. Arzneistoffe kön-nen mit einer Vielzahl von Proteinen in der Zellmembran (G-Pro-tein-gekoppelten Rezeptoren, Rezeptoren mit Enzymaktivität, Io-nenkanälen und Transportern), im Zellkern (Transkriptionsregulato-ren) oder an anderen Stellen in der Zelle (Enzyme, Strukturprotei-ne) interagieren. Für den fortgeschrittenen Leser sind zum Zweck

„repetierender Vertiefung“ zu diesen Zielmolekülen jeweils einigeBeispiele von Pharmaka mit aktivierender, agonistischer Wirkung(grüne Farbe) bzw. hemmender, antagonistischer Wirkung (roteFarbe) dargestellt.EGF = epidermal growth factorTGF = transforming growth factor

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Schritt eine Umwandlung von Lernwissen in ableitbares,individuell nachvollziehbares Verständniswissen! Aus die-sem Grund haben wir uns im vorliegenden Buch bemüht,wann immer es anging, Wirkungsmechanismen oder zu-mindest Zusammenhänge darzustellen, um ein Verstehenmöglich zu machen.

Box 1.1 Thermodynamisches Gleichgewicht

Jede lebende Einheit, ob es sich um einen gesamten Organis-mus oder um eine einzelne Zelle handelt, befindet sich ineinem thermodynamischen Gleichgewicht. Es geht ständigEnergie verloren, d. h., die Entropie (Unordnung) des Systemsnimmt zu und der Grad der Ordnung wird geringer. DieserEnergieverlust muss andauernd kompensiert werden durchZufuhr von Energie, damit der notwendige Ordnungsgradaufrechterhalten bleibt, der für das normale Verhalten desKörpers und von Zellen notwendig ist. Dieses thermodynami-sche Gleichgewicht wird bezüglich des gesamten Organismusz. B. durch Fieber, Mangelernährung, konsumierende Erkran-kungen gestört. Für die einzelne Zelle gilt im Prinzip dasselbe.Irgendeine Störung vergrößert die Entropie, der Energieinhaltdieser Einheit nimmt ab und die Funktionsfähigkeit ist beein-trächtigt. Dieses Geschehen kann auch Folge einer pharma-kologischen Maßnahme sein. So verändern bestimmte Phar-maka die Ionenpermeabilität der Zellmembranen, sodass dieunter Energieaufwand aufgebauten Ionengradienten, diefunktionsnotwendig sind, kleiner werden. Dasselbe geschiehtbeispielsweise durch Hemmung der Na/K-ATPasen: Die zellu-läre K+-Konzentration fällt ab, die Na+-Konzentration steigt an,das Membranpotenzial der Zelle sinkt. Es resultiert einen Zu-stand mit vermindertem Energieinhalt, eine Abnahme derOrdnung und eine erhöhte Entropie. Die Leistungsfähigkeitder Zelle ist reduziert oder gar verloren gegangen.

Ein Pharmakon, das hochselektiv auf eine bestimmte Ziel-struktur einwirkt, kann infolge der vielfältigen Regulations-mechanismen ein sehr komplexes Geflecht an nachgeschalte-ten Funktionsänderungen hervorrufen – zunächst auf derEbene der Zelle, dann des Gewebes und schließlich des Ge-samtorganismus.

1.2 Rezeptoren

Um eine Wirkung hervorzurufen, muss sich ein Wirkstoffan einen Reaktionspartner im Organismus binden. Bei vie-len Arzneistoffen handelt es sich dabei um Proteine, dienormalerweise als Bindungspartner für körpereigene Über-trägerstoffe dienen. Diese Rezeptorproteine oder „Rezepto-ren“ haben zwei wesentliche Eigenschaften:● Sie verfügen über eine spezifische Bindungsstelle, die

nur einem bestimmten Überträgerstoff die Anlagerungerlaubt;

● sie ändern infolge der Überträgerstoff-Bindung ihreKonformation bzw. den Funktionszustand des Rezeptor-proteins.

Auf diese Weise wird die Bindung eines Signalstoffes in eineÄnderung der Zellfunktion überführt.

Es lassen sich hinsichtlich des Aufbaus des Rezeptorpro-teins und der „Signaltransduktion“ charakteristische Artenvon Rezeptoren unterscheiden. Diese werden im Folgendenausführlicher beschrieben, so dass später bei der Bespre-chung spezieller Wirkstoffe nur noch der Rezeptortyp ge-nannt zu werden braucht.

1.2.1 Ligand-gesteuerte Ionenkanäle

Als Beispiel sei der nicotinische Acetylcholin-Rezeptor inder motorischen Endplatte von Skelettmuskelfasern ge-nannt (Abb. 1.2). Er besteht aus fünf (Glyko)-Protein-Unter-einheiten mit einem Molekulargewicht von jeweils40 – 60 kDa; diese sind so in der Phospholipid-Doppel-membran verankert, dass sie in ihrem Zentrum einentransmembranalen Kanal bilden. In jeder der Untereinhei-ten windet sich der Proteinfaden jeweils viermal in Formeiner α-Helix durch die Zellmembran. Zwei der Unterein-heiten sind identisch und verfügen an ihrer extrazellulärenSeite über eine spezifische Bindungsstelle für Acetylcholin.Eine allgemeine Bezeichnung für einen sich an einen Re-zeptor bindenden Stoff ist „Ligand“.

Schüttet der motorische Nerv an seinem NervenendeAcetylcholin aus und werden beide Bindungsstellen jeweilsvon einem Acetylcholin-Molekül besetzt, öffnet sich derIonenkanal. Es handelt sich um einen unspezifischen Io-nenkanal, der Natrium-Ionen und Kalium-Ionen passierenlassen kann. Bei Öffnung des Kanalproteins fließt abermehr Na+ einwärts als K+ auswärts, weil die Innenseiteder Membran im polarisierten Zustand negativ geladen istund dies den Einstrom positiv geladener Teilchen fördert.

Abb. 1.2 Ligand-gesteuerter lonenkanal. Vereinfachte Darstel-lung des nicotinischen Acetylcholinrezeptors der motorischen End-platte. Zwei der fünf Untereinheiten besitzen eine Bindungsstellefür Acetylcholin. Werden beide Bindungsstellen besetzt, so öffnetsich der Ionenkanal.

1 Pharmakodynamik26

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Funktionell ist der Na+-Einstrom entscheidend: Er führt zurDepolarisation der motorischen Endplatte, und dies ruft inder Umgebung der Endplatte ein fortgeleitetes Aktions-potenzial hervor.

Acetylcholin besitzt keine lange Haftdauer, sondern löstsich rasch wieder von seiner Bindungsstelle. So kann es inKontakt mit der Acetylcholin-Esterase kommen und gespal-ten werden. Der ganze Vorgang (Überträgerstoff-Freiset-zung, -Wirkung, -Inaktivierung) spielt sich im Zeitraumvon wenigen Millisekunden ab – eine Voraussetzung fürdie Steuerung rascher Bewegungen der Skelettmuskulatur.

In die Gruppe der Ligand-gesteuerten Ionenkanäle gehö-ren beispielsweise auch der Rezeptor für γ-Aminobuttersäu-re vom Subtyp „GABAA-Rezeptor“, welcher einen Ionen-kanal für Chlorid-Ionen enthält (S. 400), der im ZNSvorkom-mende Glutamat-Rezeptor vom NMDA-Typ (S. 433) sowieder Serotonin-Rezeptor vom Subtyp ,,5-HT3-Rezeptor“.

Physiologisch und pharmakologisch interessant ist, dassdie Untereinheiten von Ligand-gesteuerten Ionenkanälen inverschiedenen Aminosäure-Sequenzen vorkommen. Sokennt man derzeit allein für die α-Untereinheit desGABAA-Rezeptors 6 „Untereinheits-Subtypen“, die mit denIndizes α1 –α6 bezeichnet werden. Alle Subtypen sprechenauf das typische Benzodiazepin Diazepam an, vermittelnaber unterschiedliche Effekte, beispielsweise Angst-lösendeund Muskeltonus senkende.

Wenn für einen gegebenen Neurotransmitter eine großeVielfalt an Rezeptor-Baumustern vorliegt und wenn einspezielles Baumuster in einer bestimmten Lokalisationbzw. Funktion die Transmitterwirkung vermittelt, dann er-öffnet sich die Perspektive zur Entwicklung von sehr selek-tiv wirkenden Arzneistoffen.

Box 1.2 Wirkorte an Ligand-gesteuerten Ionenkanälen

Bemerkenswerterweise bietet dieser Rezeptortyp mehrerepharmakologische Ansatzpunkte:● wie üblich: die Bindungsstelle für den Überträgerstoff, an

der Agonisten und Antagonisten einwirken können (z. B.Pancuronium als Antagonist am nicotinischen Acetylcho-lin-Rezeptor der motorischen Endplatte);

● daneben: die Ionenpore, die durch „Blocker“ verschlossenwird (z. B. das Kurznarkotikum Ketamin am NMDA-Rezep-tor);

● und außerdem: allosterische (Neben-)Bindungsstellen(z. B. Benzodiazepin-Bindungsstelle am GABAA-Rezeptor),über welche die Rezeptorfunktion moduliert werdenkann.

1.2.2 G-Protein-gekoppelteRezeptoren

Im humanen Genom wurden mehr als 1000 Gene identifi-ziert, die für G-Protein-gekoppelte Rezeptoren kodieren.Etwa die Hälfte dieser Rezeptoren ist für die Vermittlungsensorischer Reize (Geruch, Geschmack) verantwortlich,die übrigen Rezeptoren werden durch endogene Neuro-transmitter, Hormone und parakrine Faktoren aktiviert.

Zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehören z. B.die Rezeptoren für Noradrenalin, Adrenalin und Dopamin,die Histamin-Rezeptoren, die muscarinischen Acetylcholin-Rezeptoren, die Opioid-Rezeptoren und die Prostaglandin-Rezeptoren.

Das Rezeptorprotein besteht aus einem Peptidfaden (ca.500 Aminosäuren, 60 kDa), der sich siebenfach in Form vonα-Helices durch die Phospholipid-Matrix der Zellmembranwindet (Abb. 1.3). Die α-Helices sind, vereinfacht formu-liert, kreisförmig angeordnet (Abb. 1.4, Abb. 10.12) undenthalten in ihrer Mitte eine von außen zugängliche Ta-sche, in der sich die Bindungsstelle des Überträgerstoffesbefindet. Die Signaltransduktion geschieht unter Vermitt-lung eines Guanylnucleotid-bindenden Proteins (G-Protein,Abb. 1.4). Dieses liegt am inneren Blatt der Phospholipid-Doppelmembran und kann sich seitlich (lateral) bewegen.Das G-Protein besteht aus drei Untereinheiten, α(40 – 50 kDa), β (35 kDa) und γ (7 kDa). Die α-Untereinheithat im Ruhezustand Guanosindiphosphat (GDP) gebunden.

Die Anlagerung des Überträgerstoffes an die spezifischeBindungsstelle verändert die Konformation des Rezeptor-proteins in einer Art, dass dieses Signalkontakt mit demG-Protein (Guanylnukleotid-[GDP, GTP]bindendes Protein)aufnehmen kann. Daraufhin löst sich GDP vom G-Proteinund stattdessen bindet sich Guanosintriphosphat (GTP) andie α-Untereinheit. Diese trennt sich von den beiden ande-ren Untereinheiten des G-Proteins und vermag mit einembenachbart liegenden plasmalemmalen „Effektorprotein“in Kontakt zu kommen und dessen Funktionszustand zuverändern. Dies wird weiter unten genauer geschildert.Auch die βγ-Untereinheit kann Effektorproteine beeinflus-sen.

Ist der Rezeptor weiterhin vom Überträgerstoff besetzt,kann er eventuell ein zweites G-Protein aktivieren. Aufdiese Weise erlaubt die Koppelung über G-Proteine eineVerstärkung des Stimulationssignals.

Abb. 1.3 G-Protein-gekoppelter Rezeptor. TransmembranaleAnordnung des Peptid-Fadens. Die dritte (von links gezählt) zyto-plasmatische Schleife ist für die Kontaktaufnahme mit dem G-Pro-tein wichtig.

271.2 Rezeptoren

1

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GiGi

SchemaM2-Rezeptor,inaktivAntagonist-besetzt

KristallstrukturM2-Rezeptor,inaktiv

außen

Antagonist

innen

M2-Rezeptor,aktivAgonist-besetzt

keine G-Protein-Aktivierung

G-Protein- undSignalweg-Aktivierung

(Linke Grafik: Mit freundlicher Genehmigung von Macmillan Publishers Ltd: Kazuko Haga et al., Structure of the human M2 muscarinic acetylcholinereceptor bound to an antagonist Nature, 482 547 – 551, © 2012)

Abb. 1.4 Mittlerfunktion des G-Proteins – plakativ symboli-siert. 1. Erregung des Rezeptorproteins durch einen Wirkstoff mitnachfolgender Aktivierung des G-Proteins (Guanylnukleotid-bin-dendes Protein). 2. Die GTP-besetzte α-Untereinheit des G-Proteinsverändert den Funktionszustand eines Effektorproteins. Ebenso

können βγ-Untereinheiten Effektoren aktivieren oder hemmen. 3.Die α-Untereinheit wirkt als GTPase; die Spaltung von GTP zu GDPwird durch RGS-Proteine („regulators of G-protein signaling“) be-schleunigt. Im GDP-besetzten Zustand ist die α-Untereinheit inak-tiv und verbindet sich wieder mit der βγ-Untereinheit.

Box 1.3 Rezeptorkonformation kontrolliert G-Protein-Aktivität

Links: Kristallstruktur des muskarinischen Acetylcholin-Rezeptor-subtyps M2 im inaktiven Zustand. Blau: Transmembran-Helices(vgl. Abb. 1.3). Grün: freies Volumen. Oben: Acetylcholin-Bin-dungstasche, hier besetzt mit einem inaktivierenden Molekül(Antagonist); darüber die allosterische Region der Bindungs-tasche, hier unbesetzt. Unten: freies Volumen des Bereichs fürdie G-Protein-Bindung. Rechts: Schematische Darstellung der

Konformationsänderung beim Wechsel vom inaktiven Rezeptor-zustand (rot: Antagonist, „Gi“ in grau = G-Protein im inaktivenZustand) in den aktiven Zustand (grün: Agonist, z. B. Acetylcho-lin, bewirkt außen eine Engstellung der Ligand-Bindungstasche,kompensatorisch entfaltet sich innen die G-Protein-Binderegion,das Gi-Protein bindet und wird aktiviert).

Die α-Untereinheit des G-Proteins hat auch die Eigenschaf-ten einer GTPase. Nach Abtrennung eines Phosphorsäure-Restes vom GTP liegt GDP an der Guanylnucleotid-Bin-dungsstelle des G-Proteins vor, woraufhin sich dessen α-Untereinheit vom Effektorprotein löst und wieder mit denβγ-„Pärchen“ Kontakt aufnimmt: der Ausgangszustand istwiederhergestellt.

Spezifität der Signalübertragung. Es gibt nicht nur ver-schiedene Rezeptorproteine (für die jeweiligen Überträger-stoffe), sondern auch verschiedene G-Proteine und Effek-torproteine. So kann die Bindung eines bestimmten Über-trägerstoffes an „sein“ Rezeptorprotein über ein bestimm-tes G-Protein an ein bestimmtes Effektorprotein weiterver-mittelt werden. Die Spezifität eines G-Proteins für einen

1 Pharmakodynamik28

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bestimmten Rezeptor scheint in der α-Untereinheit be-gründet zu sein.

Effektorproteine

Ein wichtiges Effektorprotein, dessen Funktion durch G-Proteine gesteuert wird, ist die membranständige Ade-nylylcyclase (Abb. 1.5). Sie katalysiert die Bildung von zy-klischem Adenosinmonophosphat (cAMP). Dieses kann imZytosol diffundieren und hat die Funktion eines intrazellu-lären Botenstoffes. Unter seiner Einwirkung löst sich imEnzym Proteinkinase A die regulatorische Untereinheit ab,was eine „Enthemmung“ der katalytischen Untereinheit

zur Folge hat. Das Enzym überträgt Phosphatreste auf Se-rin- oder Threonin-Reste von bestimmten Funktionsprotei-nen, wodurch sich deren Aktivität verändert.

Beispielsweise wird durch Phosphorylierung die Lipase-Aktivität erhöht und die Lipolyse gefördert. Die Glykogen-Synthase hingegen wird durch Phosphorylierung gehemmt.Umgekehrt wird die Glykogen-Spaltung gefördert. Aufdiese Weise vermag das „Stresshormon“ Adrenalin durchBindung an β-Rezeptoren über Vermittlung durch cAMPden Stoffwechsel des Organismus in Richtung auf vermehr-te Bereitstellung von Energieträgern umzustellen.

In den Herzmuskelzellen werden die membranständi-gen Ca2+-Kanalproteine phosphoryliert. Dies erhöht die

inotrop

Abb. 1.5 Signaltransduktion durchG-Protein-gekoppelte Rezeptoren.Rezeptoren interagieren mit spezi-fischen G-Proteinen, die sich in vierFamilien einteilen lassen (Gs, Gi/o,Gq/11, G12/13). Jedes G-Protein leitetSignale an bestimmte intrazelluläreProteine weiter, sodass abhängig vomjeweiligen Zelltyp unterschiedlichebiologische Wirkungen ausgelöst wer-den können. Nicht nur α-Untereinhei-ten, sondern auch die βγ-Untereinhei-ten können intrazelluläre Effektorpro-teine modulieren. In der Abbildungsind einige Beispiele pharmakologischrelevanter Rezeptoren, ihrer Signalwe-ge und biologischen Effekte dar-gestellt. Gα, β, γ = heterotrimeres Gua-nylnukleotid-bindendes Protein mitentsprechenden Untereinheiten; GIRK= G-Protein-gekoppelter, einwärts-gleichrichtender K+-Kanal; PKC = Pro-teinkinase C; PLC = Phospholipase C;PI3K = Phosphoinositid-3-Kinase; PIP2= Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat; Rho-GEF = Guanyl-nukleotid-Austauschfaktor der Rho-Ki-nase.

291.2 Rezeptoren

1

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Neigung der Calcium-Kanäle, sich während eines Aktions-potentials zu öffnen. Es strömen vermehrt Calcium-Ionenin die Myokardzellen ein, und deren Kontraktionskraftsteigt. Dies ist einer der Gründe für die positiv inotropeWirkung von Adrenalin.

Experimentell lässt sich zeigen, dass eine Erregung vonHistamin-Rezeptoren am Herzen ebenfalls über cAMP-Bil-dung zur Steigerung der Kontraktionskraft führen kann.Hier zeichnet sich ein biologischer Sinn dieser auf den ers-ten Blick sehr kompliziert anmutenden Signaltransduktionüber G-Proteine ab; einerseits ist dem Organismus die Be-einflussung einer Zellfunktion über verschiedene Boten-stoffe bzw. deren Rezeptoren möglich, andererseits gibt esschon auf der Ebene der Zellmembran die Zusammenschal-tung der Stimuli auf eine gemeinsame Endstrecke (hier z. B.Aktivierung der Adenylylcyclase), um danach mit einemintrazellulären Signaltransduktionsweg auszukommen.

Bisher wurde nur über die Aktivierung der Adenylylcy-clase durch stimulatorisch wirkende G-Proteine (Gs) gespro-chen. Es ist jedoch auch eine Hemmung des Enzyms durchein anderes G-Protein (Gi, inhibitorisch) möglich, das vonanderen Rezeptoren aktiviert wird. Auf diese Weise wirktAdenosin am Herzen kraftsenkend. Hier wird erkennbar,dass die Signaltransduktion über G-Proteine auch eine Ver-arbeitung gegensätzlich gerichteter Stimuli auf der Ebenedes Effektorproteins zulässt.

Es ist einleuchtend, dass die G-Protein-vermittelte Sig-naltransduktion mehr Zeit in Anspruch nimmt, als beimLigand-gesteuerten Ionenkanal benötigt wird. Der Effektentwickelt sich im Sekundenmaßstab.

Die Folgen der Aktivierung der Adenylylcyclase sind re-versibel, denn cAMP wird durch das intrazelluläre EnzymPhosphodiesterase inaktiviert, und die von der Proteinki-nase auf Funktionsproteine übertragenen Phosphatrestewerden durch Phosphatasen abgespalten.

Es sei erwähnt, dass Signaltransduktionswege auch zuPhosphodiesterasen und Phosphatasen führen und derenAktivität ebenfalls einer Regulation unterworfen ist.

Ein anderes Effektorprotein, das über andere Rezeptorenund andere G-Proteine (Gq/11) reguliert wird, ist die mem-branständige Phospholipase C (Abb. 1.6). Substrat für diesesEnzym stellen Phosphatidylinositol-Phospholipide dar, dienormale Bestandteile der Phospholipid-Matrix der Zell-membran sind. Phospholipase C kann aus Phosphatidylino-sitol das Inositol(1,4,5)trisphosphat („IP3“) freisetzen, wel-ches als intrazellulärer Botenstoff dient. Es stimuliert dasendoplasmatische Retikulum zur Abgabe von Calcium-Ionen in das Zytosol und vermag so eine Drüsensekretionanzuregen oder eine Tonusentwicklung glatter Muskulaturzu fördern. Auf diesem Wege bewirken beispielsweise diemuscarinischen Acetylcholin-Rezeptoren vom M3-Subtypeine Drüsensekretion und α1-adrenerge Rezeptoren eineTonuserhöhung glatter Muskulatur.

Vom Phosphatidylinositol bleibt nach IP3-Abspaltung inder Membran das Diacylglycerin zurück. Dieses aktiviertdas Enzym Proteinkinase C, welches seinerseits über Phos-phorylierung von Funktionsproteinen die Zellfunktion be-einflusst.

Andere Effektorproteine, die von G-Protein-gekoppeltenRezeptoren gesteuert werden, sind● Ionenkanäle, besonders ein Kaliumkanal-Protein im

Herzen, das nach Stimulation der muscarinischen M2-Rezeptoren zur Öffnung angeregt wird;

● Guanylylcyclase, welche cGMP bildet, das seinerseitseine Proteinkinase aktiviert;

● Phospholipase A2, die z. B. für die Bildung von Prosta-glandinen wichtig ist.

Abb. 1.6 Phospholipase C. Das G-Protein-regulierte Effektorpro-tein Phospholipase C spaltet das Membranlipid Phosphatidylinositol

zu den beiden Botenstoffen Inositoltrisphosphat und Diacylglyce-rin.

1 Pharmakodynamik30

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Box 1.4 Zelluläre Regulation der Rezeptorfunktion

Die Ausstattung einer Zelle mit Rezeptoren und die Effektivi-tät der Signaltransduktion können regulativen Veränderungenunterliegen. Werden bestimmte G-Protein-gekoppelte Rezep-toren vermehrt stimuliert, kann eine Phosphorylierung des Re-zeptorproteins durch Rezeptorkinasen (GRK) stattfinden, wel-che die G-Protein-Koppelung stört und diesen Signalwegbremst. An die phosphorylierten Rezeptoren bindet sich dasAdaptorprotein Arrestin. β-Arrestin vermag andere Signalwe-ge anzustoßen. Ein „klassischer Weg“ ist, dass die Rezeptorenmittels Endozytose aus der Zellmembran entnommen werden(„Rezeptor-Internalisierung“), um später wieder in die Mem-bran rückgeführt oder aber, um abgebaut zu werden. Auchdurch Hemmung der Rezeptor-Neusynthese kann die Rezeptor-dichte reduziert werden. Die Ausstattung mit G-Proteinen istebenfalls variabel. Infolge dieser „Desensitisierung“ kannunter einer Dauertherapie mit einem Agonisten dessen the-rapeutische Wirksamkeit abnehmen (z. B. tokolytische Wir-kung von β2-Sympathomimetika, s. S. 130), und umgekehrtkann eine Dauertherapie mit einem Antagonisten die Emp-findlichkeit des Rezeptorsystems erhöhen (z. B. Überempfind-lichkeit extrapyramidaler Dopamin-Rezeptoren unter chro-nischer Neuroleptika-Medikation, Spätdyskinesie, s. S. 387).

1.2.3 Rezeptoren mit Enzymaktivität

Eine große Gruppe von membranständigen Signalproteinensind die Rezeptoren mit Enzymaktivität (s.Abb. 1.7). DieseRezeptoren erkennen ihre Liganden durch eine extrazellu-läre Bindungsdomäne. Meist folgt nach der Bindung vonAgonisten eine Dimerisierung der Rezeptoren, was sodanneine intrazelluläre Kinase-Aktivität „anschaltet“. Bei denTyrosinkinase- sowie den Serin-/Threonin-Kinase-Rezepto-ren ist die Kinase-Domäne ein integraler Bestandteil desRezeptorproteins. Bei anderen Rezeptoren (Rezeptoren mitassoziierten Kinasen) führt die Agonistbindung zur Anlage-rung und Aktivierung zytosolischer Tyrosinkinase-Proteine(vgl. Abb. 1.1 rechts).

Zu den Rezeptoren mit Enzymaktivität gehören der In-sulin-Rezeptor und die Rezeptoren für verschiedeneWachstumsfaktoren. Die Struktur des Insulin-Rezeptors ist

in Abb. 1.7 vereinfacht dargestellt. Es handelt sich um einGlykoprotein aus je zwei α-(135 kDa) und β-(95 kDa) Un-tereinheiten, die über Disulfidbrücken miteinander ver-bunden sind. Die extrazellulär liegenden α-Untereinheitenenthalten die Insulin-Bindungsstelle. Deren Besetzung ver-ändert die Konformation der in das Zellinnere ragendenAnteile der β-Untereinheiten, so dass an diesen eine Tyro-sinkinase-Aktivität „angeschaltet“ wird. Das Enzym über-trägt Phosphatgruppen auf die Aminosäure Tyrosin in Pro-teinen, was eine Änderung des Funktionszustandes derProteine zur Folge hat. Zunächst katalysiert die Tyrosinki-nase die Phosphorylierung der β-Untereinheiten („Auto-phosphorylierung“); dies verstärkt die Enzymaktivität.Dann werden andere zelluläre Proteine phosphoryliert.Auf diese Weise kann Insulin plasmalemmale Transport-proteine (z. B. für Glucose) stimulieren, Enzymaktivitätenerhöhen und die Neusynthese von Enzymmolekülen regu-lieren. Besonders bei den Wachstumsfaktoren ist die Regu-lation der Umsetzung der Erbinformation in die Synthesevon Proteinen wichtig. Die Rezeptoren mit Tyrosinkinase-Aktivität beeinflussen mittelbar also auch die Transkripti-on.

1.2.4 DNA-Transkription-regulierende Rezeptoren

Diese Gruppe von Rezeptoren unterscheidet sich von denbisher besprochenen Bindungsstellen durch ihre Lokalisati-on in der Zelle. Sie liegen nicht in der Zellmembran undsind daher nicht vom Extrazellulärraum her zugänglich,sondern befinden sich im Zytosol oder innerhalb des Zell-kerns. Für die entsprechenden Liganden setzt dies voraus,dass sie hydrophober Natur sind und die Zellmembran zudurchdringen vermögen oder ein plasmalemmales Trans-portsystem benutzen. Die Rezeptorproteine bestehen aus500 – 1000 Aminosäuren und verfügen über zwei spezi-

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Abb. 1.7 Rezeptor mit Tyrosinkinase-Aktivität. Die Insulinbin-dung an die α-Untereinheit löst eine Autophosphorylierung der β-Untereinheit und in der Folge die Phosphorylierung anderer zellu-lärer Proteine aus.

311.2 Rezeptoren

1

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fische Bindungsstellen: eine für die Bindung des spezi-fischen Liganden; die andere Haftregion, die als Folge derersten Besetzung freigelegt wird, ist zur Anlagerung an diePromotor-Region von bestimmten Genen fähig. Die Ligand-Rezeptor-Komplexe fungieren als Transkriptionsfaktorenund können so die Genexpression fördern oder hemmen– je nach dem betroffenen Gen. Die veränderte Expressionwird mittels der mRNA (Transkription) auf die Protein-Syn-these in den Ribosomen übertragen (Translation). Der ge-samte Vorgang nimmt Zeit in Anspruch, es kann Stundendauern, bis sich der Effekt bemerkbar macht (vergleichemit der kurzen Latenz „nicht-genomischer“ Wirkungenvon Steroidhormonen, S. 462).

Eine große Anzahl von körpereigenen Wirkstoffen undkörperfremden Substanzen reagiert mit diesen Transkripti-on-regulierenden Rezeptoren. Für die Wirkung müssenstets zwei Ligand-Rezeptor-Komplexe gebunden werden(Abb. 1.8). Für alle Glucocorticoidhormone gilt, dass beideKomplexe gleich sind: homodimere Rezeptoren. Bei ande-ren Ligandentypen wie dem Schilddrüsenhormon und demVitamin-D-Hormon muss der eine Komplex aus cis-Reti-noinsäure und dem Retinoid-X-Rezeptor bestehen, damitder Hormon-Rezeptor-Komplex zur Wirkung kommt: hete-rodimerer Rezeptor-Komplex.

Typischerweise beeinflussen Hormon-Rezeptor-Kom-plexe die Expression mehrerer oder vieler Gene. Ob es ge-

lingt, durch Pharmaka einen gezielten Effekt auf die Tran-skription eines bestimmten Gens zu erreichen, scheint imAugenblick noch fraglich. Im Falle der Estradiol-Wirkungenist es immerhin gelungen, spezielle Aspekte der Estradiol-Wirkung differenziert zu beeinflussen (SERM = selektiveEstrogenrezeptormodulatoren).

1.2.5 Toll-like-Rezeptoren

Die Zellmembranen von Zellen des unspezifischen (ange-borenen) Immunsystems enthalten Toll-like Rezeptoren, dieOberflächenstrukturen von Bakterien und Viren (und mög-licherweise entartete Körperzellen) erkennen. Die Toll-likeRezeptoren sind vorhanden auf bzw. in Makrophagen, Leu-kozyten, dendritischen Zellen und anderen zum Immun-system gehörenden Zellen. Es gibt verschiedene Unter-typen (bezeichnet als TLR 1 bis TLR 13), die jeweils unter-schiedliche Oberflächenstrukturen von pathogenen Keimenerkennen. Die Bindung eines dieser Substrate an einen Toll-like Rezeptor stimuliert eine Serin-Threonin-Kinase mitnachfolgender Signalkaskade und dem Ergebnis einer Akti-vierung des Transkriptions-Faktor NFκB. Dieser wiederumfördert die Transkription mancher Gene, die zur Auslösungund Unterhaltung immunologischer Vorgänge notwendigsind.

Abb. 1.8 Transkription-regulierende Rezeptoren. Die Wirkstof-fe finden ihre Rezeptoren entweder im Zytosol oder im Zellkern.Die Ligand-Rezeptor-Komplexe wirken zu zweit (als Dimere) auf diePromotor-Region von Genen ein und modulieren so die Gen-Tran-

skription. Die Dimere können homolog sein (gilt für alle Steroid-hormone) oder heterolog aufgebaut werden (z. B. Vitamin-D-Hor-mon, Triiodthyronin). Im letzteren Fall ist der Partner ein Komplexaus cis-Retinoinsäure und dem Retinoid-X-Rezeptor.

1 Pharmakodynamik32

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Es ist naheliegend, dass sich die pharmakologisch-kli-nische Forschung dieses Rezeptorsystems angenommenhat, um durch Agonisten oder Antagonisten diese lebens-wichtige Einrichtung zu beeinflussen. Bisher haben dieseBemühungen noch keinen großen Erfolg erbracht. Ein Phar-makon, Imiquimod, ist immerhin entwickelt worden, dasals Agonist an TLR 7 wirkt. Es wird gegen Papillom-Virenund Basaliome eingesetzt (s. S. 379).

1.3 Agonisten undAntagonisten

Agonisten sind Substanzen, die sich mit dem Rezeptor ver-binden und eine Aktivierung des Rezeptorproteins auslösen(Affinität und intrinsische Aktivität). Kompetitive Antago-nisten verbinden sich reversibel mit denselben Rezeptoren,lösen aber keine Aktivierung aus (Affinität, fehlende intrin-sische Aktivität) und blockieren damit konzentrations-abhängig einen Teil der Rezeptoren, so dass der Agonistan Wirksamkeit verliert (z. B. Acetylcholin – Atropin, Ace-tylcholin – d-Tubocurarin, Adrenalin – β-Blocker, Histamin– Antihistaminika).

Neben den reinen Agonisten und den reinen Antagonis-ten gibt es Substanzen, die nur eine schwache intrinsischeAktivität besitzen und je nach den Bedingungen agonisti-sche oder antagonistische Eigenschaften aufweisen. Dies seianhand der Abb. 1.9 erläutert.

Die Substanzen A, B und C vermögen sich jeweils mitgleicher Affinität konzentrationsabhängig an die Rezepto-ren anzulagern. Die Transduktion der Rezeptorbesetzung inden Effekt geschieht jedoch mit unterschiedlicher Effektivi-tät. Die Bindung von A löst den vollen Effekt aus; A hat diemaximal mögliche intrinsische Aktivität und ist ein Ago-nist. Die Bindung von C ruft keinerlei Effekt hervor; C be-sitzt also keine intrinsische Aktivität, kann aber die Rezep-torbesetzung durch einen Agonisten A blockieren und istdaher ein Antagonist. Substanz B nimmt eine Mittelstellung

ein. Ihre Bindung an die Rezeptoren wird nur mit der Hälfteder möglichen Effektivität bzw. intrinsischen Aktivitättransduziert. Der bei Besetzung aller Rezeptoren bewirkteMaximaleffekt von B ist somit nur halb so groß wie der vonA. Aufgrund seiner geringeren „intrinsischen Aktivität“kann B als partieller Agonist bezeichnet werden. Die Beset-zung der Rezeptoren durch B verhindert die Anlagerungvon A und damit die Auslösung des Effektes von A, der jadoppelt so groß wäre wie der von B. In dieser Situationwirkt B also antagonistisch gegenüber A. Anders als imFalle des Antagonisten C geht aber die Rezeptorbesetzungdurch B mit einem – wenn auch nicht voll ausgeprägten –

Effekt einher. Im Vergleich zu einem „richtigen“ Antagonis-ten wird B daher auch partieller Antagonist genannt.

Die Transduktion der Rezeptorbesetzung in den Effektmuss also nicht einem „Alles- (z. B. Substanz A) oder-Nichts- (z. B. Substanz C) Gesetz“ gehorchen; es ist vorstell-bar, dass ein Kontinuum möglicher intrinsischer Aktivitä-ten existiert, dessen Endpunkte durch Substanzen ohnebzw. mit maximaler intrinsischer Aktivität gebildet wer-den. Die Wirkung von Substanzen, deren intrinsische Ak-tivitäten innerhalb dieser Grenzen liegen, kann je nach denUmständen als partiell agonistisch oder als partiell antago-nistisch imponieren. Beispiele für Pharmaka, die als partiel-le Antagonisten aufgefasst werden müssen, sind einige β-Blocker, die schwache sympathomimetische Eigenschaftenbesitzen (S. 136), und einige Opiate wie Buprenorphin(S. 343).

In Bezug auf die molekulare Ursache für das oben ange-sprochene „Kontinuum möglicher intrinsischer Aktivitä-ten“ ist die gängige Vorstellung, dass Agonisten sich andie Bindungsstelle des körpereigenen Botenstoffes anlagernund je nach individueller Molekülform unterschiedlicheKraft („intrinsische Aktivität“) zur Erzeugung einer aktivenRezeptorkonformation besitzen. Aktuelle Experimentalbe-funde zeigen einen weiteren Mechanismus: das Agonist-Molekül vermag sich an das Rezeptorprotein in zwei unter-schiedlichen Orientierungen anzulagern („dynamische Li-gand-Bindung“) – einer aktivierenden und einer nicht-ak-tivierenden. Die statistische Wahrscheinlichkeit, mit der

Abb. 1.9 Unterschiedliche intrinsische Aktivitäten. Rezeptor-besetzung und Effekt bei drei Substanzen mit gleicher Affinität(a), aber unterschiedlicher intrinsischer Aktivität (b): A = maximale,

B = mittlere, C = fehlende intrinsische Aktivität. (c): Konzentrations-abhängigkeit des Effektes.

331.3 Agonisten und Antagonisten

1

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die aktivierende Orientierung vorkommt, bestimmt danndas Ausmaß der intrinsischen Aktivität.

Neben dem kompetitiven Antagonismus lassen sich wei-tere Arten von Antagonismen klassifizieren: nicht kompeti-

tiver, funktioneller und chemischer Antagonismus. Im Fol-genden sind die verschiedenen Formen und ihre Charakte-ristika kurz dargestellt (Abb. 1.10).

Box 1.5 Induktion oder Selektion einer Rezeptorkonformation?

Der „klassischen“ Vorstellung (oberes Teilbild) zufolge führt einAgonist zur Aktivierung des Rezeptorproteins, indem seine Bin-dung das Rezeptorprotein in eine andere Konformation über-führt: Induktion einer Konformation. Ein Antagonist dagegen bin-det sich an den Rezeptor, ohne eine Konformationsänderungauszulösen.

Aus dem Bereich der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gibtes Hinweise, dass der molekulare Wirkungsmechanismus vonAgonisten und Antagonisten komplizierter ist. So ergaben bio-chemisch-pharmakologische Untersuchungen, dass „klassischeAntagonisten“ wie z. B. Atropin eine – wenngleich geringe –Veränderung der Rezeptorfunktion herbeiführen können, dieder von Agonisten entgegengesetzt ist. Dies zeigt, dass sichdas Rezeptorsystem spontan in einem gewissen Aktivitäts-zustand befindet, aus dem heraus es in Richtung vollständigerInaktivität ausgelenkt werden kann. Bei den G-Protein-gekoppel-

ten Rezeptoren kommt „komplizierend“ hinzu, dass auch das G-Protein Einfluss auf die Konformation des Rezeptorproteinsnimmt.

Offenbar gehen Rezeptorproteine gelegentlich von selbst,also in Abwesenheit eines Agonisten, in die aktive Konformationüber. Bezogen auf die Rezeptorgesamtheit ist dieses Ereignisselten, und deshalb erscheint die Rezeptorpopulation in ihrerGesamtheit normalerweise inaktiv. Man kennt künstliche undnatürliche Rezeptormutanten, die spontan eine hohe Aktivitätaufweisen; bei diesen ist die Wahrscheinlichkeit des Vorliegensder aktiven Konformation überhöht.

Dem Modell der Selektion einer Rezeptorkonformation (unteresTeilbild) zufolge binden sich Agonisten bevorzugt an die aktiveKonformation, und sog. „Antagonisten“ haben eine hohe Affini-tät zur inaktiven Konformation. In Gegenwart eines Agonistenoder Antagonisten wird das spontane Gleichgewicht zwischen

Abb. 1.10 Antagonismus-Formen.Links: Wechselwirkung zwischen ago-nistischem Pharmakon (P), Rezeptor(R), Antagonist (A) und Bindungsstel-len (B) außerhalb des aktiven Rezep-torzentrums. Rechts: Konzentrations-Wirkungs-Kurven des agonistischenPharmakon in Anwesenheit schrittwei-se gesteigerter Konzentrationen desAntagonisten (A). Die Pfeile symboli-sieren die Assoziations- und Dissozia-tionsgeschwindigkeiten, die Affinitätzum Rezeptor entspricht dem inversenWert der Gleichgewichtskonstanten1/KD = k+1/k-1. Die geschlängeltenPfeile symbolisieren die Überführungder Rezeptoren- bzw. Bindungsstellen-Besetzung in den Effekt. Aus Gründender Übersichtlichkeit wurden dieGleichgewichtsprodukte PR und ABbzw. AR weggelassen.

1 Pharmakodynamik34

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aktiver und inaktiver Konformation dementsprechend in Rich-tung aktiv bzw. inaktiv verschoben. Deshalb können also„klassische Antagonisten“ einen messbaren Effekt haben,der dem von Agonisten entgegengerichtet ist (entgegen-gesetzte intrinsische Aktivität); genaugenommen ist somitdie Bezeichnung „inverser Agonist“ zutreffender. Ein „neutra-ler Antagonist“ würde sich an die Rezeptoren binden, ohne indas spontane Gleichgewicht zwischen inaktiver und aktiverKonformation einzugreifen, er hätte also gleiche Affinität zuden beiden Zuständen. In praxi sind neutrale Antagonistenaber kaum bekannt.

1.3.1 Kompetitiver Antagonismus

Antagonist und Agonist konkurrieren um den gleichen Re-zeptor. Der Antagonist wird reversibel an der spezifischenBindungsstelle angelagert und kann nach dem Massenwir-kungsgesetz durch den Agonisten „verdrängt“ werden. DerAusdruck „die Verdrängung vom Rezeptor“ ist zwar an-schaulich, aber nicht ganz korrekt. Die Agonist-Molekülekönnen nicht ohne weiteres den Antagonisten vom Bin-dungsort verdrängen, denn die Dissoziation des Rezeptor-Antagonist-Komplexes erfolgt unabhängig von der Gegen-wart der Agonist-Moleküle. Erst nach erfolgter Dissoziationkonkurriert der Agonist mit dem Antagonisten um die er-neute Besetzung des jetzt freien Rezeptors.

1.3.2 Nicht kompetitiverAntagonismus

Im Gegensatz zum kompetitiven Antagonismus werdenunter dem Begriff „nicht kompetitiv“ recht unterschiedlicheantagonistische Wirkungsmechanismen zusammengefasst.Eine vermehrte Zufuhr des Agonisten vermag diese Formvon Antagonismus nicht zu überwinden.● Die Anlagerung eines antagonistisch wirksamen Phar-

makon z. B. in der Umgebung des eigentlichen Bin-dungsareals des Rezeptors kann eine Veränderung derspezifischen Stereostruktur (Konformation) des Rezep-torproteins induzieren, so dass der Agonist nicht mehroptimal passt und seine Wirkung abgeschwächt wird(allosterischer Antagonismus).

● Der Angriffspunkt des nicht kompetitiven Antagonistenkann auch jenseits der Agonist-Rezeptor-Ebene liegenund mit der Reaktionsfolge Rezeptor → Effekt interferie-ren, z. B. Hemmstoffe der Protonenpumpe der Belegzel-le, die mit der (Histamin-, Acetylcholin-, Gastrin-)Re-zeptor- abhängigen Stimulation der Magensäuresekreti-on interferieren.

● Als nicht kompetitiv gelten aber auch Antagonismen, beidenen eine irreversible (kovalente) Bindung des Antago-nisten an die Zielstruktur erfolgt (z. B. der α-Rezeptor-blocker Phenoxybenzamin).

1.3.3 Funktioneller Antagonismus

Bedingung: Agonist und Antagonist besitzen unterschiedli-che zelluläre Wirkorte, die gegensätzlichen Wirkungenwerden aber an ein und demselben Organ ausgelöst. Bei-spiel Histamin – Noradrenalin (Gefäßweite, Blutdruck). Be-achte: Formal können die Konzentrations-Wirkungs-Kur-ven bei funktionellem und nicht kompetitivem Antagonis-mus identisch sein.

1.3.4 Chemischer Antagonismus

Bedingung: Die chemische Reaktion zwischen den Beteilig-ten (evtl. Gift und Antidot) könnte auch unabhängig vomOrganismus stattfinden. Beispiel: Heparin – Protamin(Blutgerinnung), Quecksilber – 2,3-Dimercapto-1-propan-sulfonsäure (Vergiftung).

1.4 Struktur-Wirkungs-Beziehungen

Die Struktur-Wirkungs-Beziehungen bauen auf den Rezep-torvorstellungen auf; da Rezeptoren gewisse chemische,physikochemische und physikalische Eigenschaften aufwei-sen, muss natürlich auch gefordert werden, dass die Wirk-

inverser Agonist(„Antagonist“)-Bindung fördertVorhandenseinder inaktivenKonformation

351.4 Struktur-Wirkungs-Beziehungen

1

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stoffe ganz bestimmte, dazu passende Strukturen besitzen.Es konnte nun tatsächlich für eine ganze Reihe von Sub-stanzgruppen gezeigt werden, welche chemischen Struk-tureigenschaften vorliegen müssen, damit eine bestimmteWirkung erzielt wird. Voraussagen über die biologischeWirkung einer chemischen Verbindung sind aber nur mitgrößter Zurückhaltung möglich, weil die Situation im Or-ganismus so komplex ist.

Ein anderes Verfahren (eine Art „degeneriertes Struk-tur-Wirkungs-Prinzip“) wird heute recht häufig aus kom-merziellen Gründen angewendet, um zu so genannten Ana-logpräparaten („me too“-Präparate) zu gelangen: Ist eineSubstanz als wirksam und umsatzträchtig erkannt, sowird versucht, die nicht für die Wirkung entscheidendenTeile des Moleküls zu verändern. Beispiele für dieses Vor-gehen sind Neuroleptika (irrelevante Änderung im Ringsys-tem und in der Seitenkette in Position 10 des Phenothi-azin), Benzodiazepine, Saluretika, β-Blocker und ACE-Hemmstoffe. Neue grundlegende Erkenntnisse sind bei die-sem Vorgehen kaum zu erhoffen oder nur durch Zufall zugewinnen.

Box 1.6 Möglichkeiten und Grenzen der Arzneistoff-Ent-wicklung über Struktur-Wirkungs-Beziehungen

Struktur-Wirkungs-Beziehungen sind umso deutlicher dar-zustellen, je einfacher das Testobjekt ist. An isolierten Enzy-men oder isolierten Organen lassen sich für eine große Reihevon Substanzgruppen derartige Beziehungen aufstellen. BeiAnwendung von Substanzen im intakten Organismus werdenderartige Struktur-Wirkungs-Beziehungen mehr oder minderstark überlagert von zusätzlichen Prozessen, z. B. Verteilungund Abbau der betreffenden Substanzen.

Für die Vorhersage der therapeutischen Eignung sindneben der erwünschten Wirkung auch die unerwünschtenEffekte zu berücksichtigen. Sind letztere die Folge einer Inter-aktion mit anderen Wirkorten als denen für den gewünschtenEffekt, so muss auch für diese Interaktion eine Struktur-Wir-kungs-Analyse angestellt werden. Schließlich kann nicht aus-geschlossen werden, dass eine neue, hinsichtlich der er-wünschten und unerwünschten Interaktionen „maßgeschnei-derte“ Substanz auch neue, zusätzliche Wechselwirkungs-möglichkeiten besitzt, beispielsweise auf das Immunsystemals Antigen wirkt. Kurz gesagt, die Struktur-Wirkungs-Analysekann für die Strukturplanung neuer Arzneistoffe mit besserentherapeutischen Eigenschaften eine wichtige Hilfe sein, eineTestung am biologischen System (Versuch an isolierten Orga-nen und an Tieren) wird sie jedoch nicht ersetzen können.Spezielle Probleme ergeben sich bei antimikrobiellen Wirk-stoffen: Es kommt nicht nur darauf an, dass die entsprechen-den Substanzen eine hohe Affinität zu irgendeinem Reakti-onspartner im Stoffwechsel des Bakteriums haben, sondernsie müssen auch in dieses hineingelangen können. Die beidenSchritte erfordern sicherlich völlig unterschiedliche chemischeEigenschaften, so dass Untersuchungen am isolierten Reakti-onspartner nichts über die therapeutische Brauchbarkeit aus-sagen müssen.

1.4.1 Stereospezifität derArzneistoff-Wirkung

Voraussetzung für eine gezielte Arzneistoff-Wirkung ist diebevorzugte Anlagerung einer Substanz an einen bestimm-ten molekularen Reaktionspartner, z. B. einen Rezeptor. Diebesondere Affinität eines Pharmakons zu „seinem“ Rezep-tor bedeutet, dass eine sehr gute Passform oder Komple-mentarität zwischen beiden Partnern besteht. Aus diesemGrunde besitzen stereoisomere Substanzen, in denen dieeinzelnen Atome zwar gegenseitig gleich verknüpft, aberandersartig räumlich angeordnet sind, eine unterschiedli-che Passform zu Wirkorten und damit unterschiedlichepharmakologische Eigenschaften.

Eine für die Arzneimitteltherapie wichtige Form der Ste-reoisomerie ist die Enantiomerie. Sie liegt vor, wenn dieräumliche Struktur zweier Substanzen – der beiden Enan-tiomere – so beschaffen ist, dass sie zueinander spiegelbild-lich aufgebaut sind und dass sich die beiden Spiegelbildernicht zur Deckung bringen lassen. Meist beruht die Enan-tiomerie darauf, dass in einem Molekül ein sog. asymmetri-sches Kohlenstoff-Atom vorhanden ist, welches vier ver-schiedene Substituenten trägt. In Abb. 1.11 a ist ein solchesEnantiomeren-Paar schematisch dargestellt.

Die Abstände eines bestimmten Atoms zu den benach-barten Atomen ist in beiden Enantiomeren identisch. Dahergleichen sich die Enantiomere in nahezu allen chemischenund physikalischen Eigenschaften. Sie unterscheiden sich

Abb. 1.11 Stereospezifität. a Stereoselektivität der Rezeptor-besetzung. Nur eines der beiden Enantiomere weist die notwendi-ge Komplementarität zum Rezeptor-Areal auf. b Enantiomere desNoradrenalin, die linksdrehende Form ist wesentlich wirksamer.

1 Pharmakodynamik36

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jedoch in ihrer optischen Aktivität, denn sie drehen diePolarisationsebene von polarisiertem Licht in entgegen-gesetzter Richtung. Das polarisierte Licht wird von der(+ bzw. d)-Form nach rechts, von der (- bzw. l)-Form nachlinks gedreht. Unabhängig von der Richtung der Ablenkungpolarisierten Lichtes können die beiden Enantiomere auchmithilfe von zwei Klassifikationssystemen beschriebenwerden. Die Zuordnung kann im Vergleich mit der Bezugs-substanz D- bzw. L-Glycerinaldehyd in die D- bzw. L-Reiheerfolgen. Unter Berücksichtigung der Anordnung der Sub-stituenten am asymmetrischen C-Atom sowie ihrer Ord-nungszahlen ist eine Einteilung nach dem R-S-System mög-lich.

Bei der chemischen Synthese einer Substanz mit asym-metrischem C-Atom aus nicht chiralen Vorstufen entstehtmeist ein Gemisch (Racemat), in dem die Enantiomere ineinem Mengenverhältnis von 1:1 enthalten sind und dasdementsprechend das polarisierte Licht nicht dreht. DieAuftrennung der Enantiomere erfordert wegen ihrer physi-kochemischen Gleichheit einen hohen technischen Auf-wand. Daher liegen chemisch synthetisierte Pharmaka mitasymmetrischen C-Atomen in den pharmazeutischen Zu-bereitungen meist als Racemat vor (z. B. β-Blocker, VitaminK-Antagonisten, Säureantiphlogistika usw.). In der Naturerfolgen die enzymatisch gesteuerten Synthesen stereo-selektiv, so dass nur eines der beiden möglichen Enantio-mere entsteht (z. B. (–),D,R-Adrenalin, (–),L,S-Hyoscyamin).

Befindet sich das asymmetrische Zentrum eines Phar-makon-Moleküls in dem Bereich, der sich an den Rezeptoranlagert, und sind an der Bindung drei Gruppen beteiligt,so besitzt nur eines der Enantiomere die optimale Komple-mentarität zum Rezeptor. Dies ist in Abb. 1.11 b illustriert.So ist z. B. im Falle des β-Blockers Propranolol die (−)-Formca. 100fach stärker wirksam als die (+)-Form. Für den β-Rezeptor-blockierenden Effekt der pharmazeutischen Zu-bereitungsformen, die Racemate darstellen, ist also nurdie Hälfte der zugeführten Substanzmenge verantwortlich.Neben der Bindung an β-Rezeptoren lagert sich Propranololauch unspezifisch an andere Zellmembran-Komponentenan, was bei hohen Dosierungen z. B. zu Störungen der Herz-funktion führen kann. Für die unspezifische Bindung istaber keine besondere Passform erforderlich, so dass hier(−)- und (+)-Form gleich wirksam sind. Die an dem ge-wünschten therapeutischen Effekt (β-Blockade) unbeteilig-te (+)-Form ist also pharmakologisch durchaus nicht inert,sondern trägt zu den unerwünschten Wirkungen bei.

Die unterschiedliche räumliche Struktur beeinflusstauch die Komplementarität zu Arzneistoff-abbauenden En-

zymen, so dass die metabolische Umwandlung von Enan-tiomeren stereoselektiv auf verschiedenen Wegen erfolgenkann. So wird das (wirksamere) (−),S-Enantiomer des ora-len Antikoagulans Warfarin in der Leber vorwiegend amCumarin-Ring, das (+),R-Enantiomer an der Seitenketteumgebaut; dabei erfolgt die Ausscheidung der S-Form ra-scher als die der R-Form. Bemerkenswert ist auch, dass einanderes zusätzlich gegebenes Pharmakon mit unterschied-licher Wirksamkeit in den Abbau beider Enantiomere ein-zugreifen vermag.█

Diese Beispiele machen deutlich, dass die Enantiomereeiner Substanz sowohl in ihren pharmakodynamischenwie auch in ihren pharmakokinetischen Eigenschaftenverschieden sein können. Die Verabreichung eines Race-mates stellt also eigentlich die Gabe zweier unterschied-licher Wirkstoffe dar und gleicht damit der Anwendungeines Kombinationspräparates. Wenn das eine Enantio-mer pharmakologisch völlig unwirksam ist, so stellt seineZufuhr puristisch betrachtet das unnötige Einbringeneiner Fremdsubstanz in den Organismus dar.

Hat sich das Racemat jedoch jahrelang als Arzneimit-tel bewährt, ist die Einführung des wirksamen Enantio-mer als „neues“ Medikament keine wirkliche Innovation.

1.5 Dosis-Wirkungs-Kurve

Vorbemerkung. Ist der pharmakologische Blick klinisch-therapeutisch ausgerichtet, interessiert besonders der Zu-sammenhang zwischen der zugeführten Arzneistoff-Menge(Dosis) und der Wirkung. Diesen beschreibt die Dosis-Wir-kungs-Kurve (Abb. 1.12). Eine bestimmte Dosis führt, in Ab-hängigkeit von den pharmakokinetischen Eigenschafteneiner Substanz, zu bestimmten Konzentrationen im Blutund in der Umgebung des Wirkortes. Die Bestimmungeiner Konzentrations-Wirkungs-Kurve erlaubt wegen derAusschaltung pharmakokinetischer Einflüsse schon einenetwas besseren Zugang zu den Vorgängen auf molekularerEbene.

Zwischen der Konzentration und der Wirkung liegt aufmolekularer Ebene die Bindung an den Wirkort. Konzentra-tions-Bindungs-Kurven sind beispielsweise unter Verwen-dung von radioaktiv markierten Arzneistoffen messbar.Schließlich lässt sich der Zusammenhang zwischen der Bin-dung und der Wirkung quantifizieren: Bindungs-Wirkungs-Kurve. Es sei aber betont, dass zwischen der Bindung an

Abb. 1.12 Komponenten einerDosis-Wirkungs-Kurve.

371.5 Dosis-Wirkungs-Kurve

1

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einen Rezeptor (z. B. in der Zellmembran einer Gefäßmus-kelzelle) und der Funktionsänderung (Tonusänderung)viele intrazellulär ablaufende Reaktionen liegen, so dassder Zusammenhang zwischen Bindung und Effekt keines-wegs linear sein muss.

Wirkstärke, intrinsische Aktivität und Steilheit. Die Abhän-gigkeit der Wirkung von der Dosis bzw. Konzentrationeines Pharmakons ist eine für jede Substanz charakteristi-sche Funktion. Diese wird in der Dosis-Wirkungs-Kurvedargestellt, aus der die drei folgenden Werte entnommenwerden können: Wirkstärke (Wirksamkeit, „potency“),Größe des Maximaleffektes („intrinsische Aktivität“) undSteilheit. Als Dimensionen bewähren sich häufig: Abszisse:Dosis bzw. Konzentrationen in logarithmischem Maßstab;Ordinate: Reaktion in Prozent des maximal möglichen Ef-fektes.█

Zwei charakteristische Beispiele aus der experimentellenMedizin sollen diese Abhängigkeit veranschaulichen.Abb. 1.13 zeigt das Ergebnis eines Versuches am isolier-ten Ileum des Meerschweinchens. Zwei Substanzen wer-den bezüglich ihrer Wirkstärke und ihrer intrinsischenAktivität verglichen. Es ergibt sich: Eine Substanz (Ace-tylcholin) besitzt eine höhere Wirkstärke, d. h., sie ist inniedriger Konzentration wirksamer als die andere Ver-bindung (Arecolin); jene hat ihrerseits eine höhere in-trinsische Aktivität, denn der maximal mögliche Effektist größer. Ein Beispiel für Dosis-Wirkungs-Kurven mitunterschiedlicher Steilheit, die am Menschen gewonnenwurden, zeigt Abb. 1.14.

Die Beurteilung einer Konzentrations-(Dosis-)Wir-kungs-Kurve wird durch einige grundsätzliche Schwierig-keiten verkompliziert, wenn das Interesse unter dem As-pekt von Struktur-Wirkungs-Beziehungen auf die quantita-tive Interaktion zwischen Wirkstoff und Rezeptor gerichtetist. Die erste Unsicherheit liegt darin begründet, dass dietatsächlich herrschende Konzentration des Pharmakon vorden Rezeptoren (d. h. in der Biophase) nicht exakt bekannt

Abb. 1.13 Wirkstärke und intrinsische Aktivität. Konzentrati-ons-Wirkungs-Kurven von Acetylcholin und Arecolin am isoliertenIleum des Meerschweinchens. Abszisse: molare Konzentration lo-garithmisch; Ordinate: Effekt in % der maximal möglichen Verkür-zung, die Arecolin auszulösen vermag. Die intrinsische Aktivitätwird durch die Größe des Maximaleffektes angezeigt. Die Wirk-samkeit wird durch die Konzentration des Wirkstoffes angegeben,die für einen bestimmten Effekt nötig ist (Ablesung auf dem 50%-Niveau oder auf dem Niveau des Kurvenwendepunktes).

Abb. 1.14 Kurvensteilheit. Dosis-Wirkungs-Kurven einigerMuskelrelaxanzien beim Menschen. Bei Patienten in chirurgischindizierter Narkose wurde durch regelmäßige Nervenreizung dieBeugemuskulatur der Finger stimuliert und die muskuläre Kraftent-wicklung gemessen. Ordinate: Hemmung der Kontraktionskraft in% des Kontrollwertes vor Gabe eines Muskelrelaxans, Abszisse: ver-abreichte Dosis in mg/kg. Die drei nicht depolarisierenden Phar-

maka Pancuronium, Alcuronium und d-Tubocurarin müssen unter-schiedlich dosiert werden, um ein bestimmtes „Ausmaß“ an Mus-kellähmung zu erzielen. Das depolarisierende Muskelrelaxans Suxa-methonium besitzt eine weniger steile Dosis-Wirkungs-Kurve. (Er-gebnisse aus der Abteilung für Anästhesiologie der UniversitätKiel.)

1 Pharmakodynamik38

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oder messbar ist. In Untersuchungen am intakten Organis-mus ist man im Allgemeinen auf Bestimmungen der Kon-zentration im Serum angewiesen und nimmt stillschwei-gend an, dass dieselbe Konzentration auch vor den Rezep-toren in der Biophase (S. 43) herrsche. Dies ist aber ange-sichts des komplexen Verteilungsverhaltens von Pharmakanicht unbedingt der Fall. Selbst bei Untersuchungen an iso-lierten Organen, einer Standardmethode der Pharmakolo-gie, muss die Konzentration, die im Inkubationsmediumherrscht, nicht notwendigerweise derjenigen in der Bio-phase gleichen.

1.5.1 Therapeutische Breite█

Die therapeutische Breite ist der Abstand zwischen derDosis für den gewünschten Effekt und der Dosis für einetoxische Wirkung. Je größer dieser „Sicherheitsabstand“,desto geringer ist die Gefährdung des Patienten.

Die Probleme, die bei der Beurteilung eines Pharmakonsbezüglich der therapeutischen Breite und beim Vergleichzweier Substanzen auftreten, werden im Folgenden aneinem Beispiel erörtert (Abb. 1.15). Die Kurven I und II zei-gen Konzentrations-Wirkungs-Kurven zweier Substanzen(A und B), die beide dieselbe ED50 von 10-7 g/ml besitzen.Unter ED50 (Effektivdosis 50%) versteht man die Dosis (oder

Konzentration), die zu einer Reaktion führt, die 50% dermaximalen beträgt oder bei der in 50% der Fälle der erwar-tete Effekt eintritt. So wertvoll diese Größe für den Ver-gleich von Substanzen ist, so sagt sie doch nichts über dieNeigung der Kurve aus.

Obwohl die Kurven I und II dieselbe ED50 aufweisen,fällt die Beurteilung der Substanzen A und B unterschied-lich aus, wenn ihre Letalitätskurven mit in die Betrachtungeinbezogen werden. Die Kurve III entspricht wie Kurve Ider Substanz A, die LD50 beträgt 10-4 g/ml. Unter LD50 (dosisletalis 50%) versteht man die Dosis (Konzentration), bei der50% der Versuchstiere sterben. Die Substanz A zeichnetsich dadurch aus, dass eine kleine Zunahme der Konzen-tration bereits eine außerordentliche Zunahme der Reakti-on bzw. der Letalität mit sich bringt (steile Dosis-Wir-kungs- bzw. Dosis-Letalitäts-Kurve). Die Substanz B verhältsich anders: Ebenso wie die Dosis-Wirkungs-Kurve verläuftdie Letalitätskurve (IV) sehr flach, eine Zunahme der Kon-zentration ruft nur eine geringe Zunahme der Wirksamkeitbzw. Letalität hervor, die LD50 gleicht aber der von SubstanzA.

Die Bedeutung von steilen oder flachen Abhängigkeitenwird sofort klar, wenn man sich in dem Diagramm ansieht,welche Verhältnisse vorliegen, wenn eine maximale Reak-tion mit Substanz A oder Substanz B ausgelöst werden soll.Eine 100%ige Wirkung benötigt von der Substanz A eineKonzentration von etwa 3 × 10-7, die minimale letale Dosis(LD10) liegt bei etwa 3 × 10-5 g/ml. Es ist also ein Sicher-heitsabstand von zwei Zehnerpotenzen vorhanden. Für dieSubstanz B ergibt sich für die maximale Wirkung eine Kon-zentration von 10-5 g/ml, das entspricht aber schon einerLD20: Will man den maximalen Effekt erzwingen, werdenalso 20% der Versuchstiere sterben! Ohne Gefährdung derTiere ist mit Substanz B keine maximale Wirkung zu erzie-len. Was hier aus einem Tierversuch heraus erläutert ist,gilt natürlich mit besonderem Nachdruck für die Pharma-kotherapie: Nur die Substanz A wäre als Heilmittel geeignet(genügende therapeutische Breite).

Quantitative Maßzahlen für die therapeutische Breite,die aus Tierversuchen gewonnen werden, ergeben sich alsQuotienten aus Punkten der Letalitäts- und der Dosis-Wir-kungs-Kurve. So wird der therapeutische Index häufig de-finiert als

therapeutischer Index =LD50

ED50

Je größer der Wert, d. h., je weiter die Kurven voneinanderentfernt, umso größer ist die therapeutische Breite. DiesesMaß hat aber einen großen Nachteil, denn es gibt die Ver-hältnisse nur richtig wieder, wenn alle Kurven parallel ver-laufen. Sobald aber Unterschiede in der Steilheit vorhandensind, ist der so definierte therapeutische Index kein Maßmehr für die therapeutische Breite, wie aus unserem obi-gen Beispiel mit den Substanzen A und B hervorgeht: BeideSubstanzen haben denselben therapeutischen Index, waszu einem glatten Fehlschluss verleitet. Der Quotient LD50/ED50 ist also zur Beurteilung von Substanzen mit unter-schiedlich geneigten Abhängigkeitskurven ungeeignet.Beim Vergleich solcher Substanzen treffen andere Maße

Abb. 1.15 Therapeutischer Index. Konzentrations-Wirkungs-Kurven bzw. Konzentrations-Letalitäts-Kurven (präklinische Ver-suche mit Mäusen). Abszisse: Konzentrationen (g/ml Serum) inlogarithmischem Maßstab, Ordinaten: Wirkung bzw. Anzahl derTodesfälle in % der maximal möglichen. Mit Kreuzen sind die ED75

und LD25 markiert, Die Kurven I und III entsprechen Substanz A, dieKurven II und IV Substanz B. Der therapeutische Index ist ein Quo-tient zur Charakterisierung der therapeutischen Breite, d. h., desAbstands zwischen der Kurve für den gewünschten und für dentoxischen Effekt. Quotienten zur Charakterisierung der therapeuti-schen Breite sind hier:

LD25

75ED

50010

391.5 Dosis-Wirkungs-Kurve

1

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die tatsächlichen Verhältnisse sehr viel besser. Die Zusam-menstellung der Werte aus unserem Beispiel möge diesverdeutlichen (Tabelle in Abb. 1.15). Da aus experimentel-len Gründen der LD10 und der ED90 eine größere Unsicher-heit anhaftet als der LD25 und der ED75, ist der QuotientLD25/ED75 vielleicht die günstigste Möglichkeit.

Während bei Tierversuchen die therapeutische Breiteauf die Letalitätskurve bezogen werden kann, wird mansich in der klinischen Therapie auf die Dosis-Toxizitäts-Kurve (bedeutungsvolle Nebenwirkungen!) beziehen, dieformal ein ebenso gutes Bezugssystem bietet wie die Leta-litätskurve.█

An dieser Stelle sei noch auf einen Zusammenhang hin-gewiesen, der sich zwar zwanglos aus der „therapeuti-schen Breite“ ergibt, aber doch, vor allem in der Arznei-mittelreklame, immer wieder übersehen wird:

Für die klinische Anwendung interessiert nicht die ab-solute Wirksamkeit (Dosis in g oder mg) einer Substanz,sondern nur die therapeutische Breite.

Deshalb ist die Aussage: „Die neue Substanz X ist 2-mal so wirksam wie das bisherige Medikament Y!“ völliguninteressant, entscheidend wäre die Feststellung: „dieneue Substanz X hat eine 2fach größere therapeutischeBreite als das bisherige Medikament Y!“

1.6 Biologische Streuung

Wenn beim wiederholten Messen ein und desselben Vor-ganges die Messwerte nicht identisch, sondern um einenMittelpunkt herum gruppiert sind, so wird diese Erschei-nung Streuung genannt. Der dazu errechnete Mittelwert ist„unscharf“, er weist eine Unsicherheit auf, als deren quan-titatives Maß die Varianz, die Standardabweichung s oderder Standardfehler des Mittelwerts sx angegeben werdenkönnen:

∑x2

n�1 ¼ s2 ¼ Varianz

sx ¼sffiffiffi

np

x = Abweichung des einzelnen Messwertes X vom Mittelwert xn = Anzahl der einzelnen MesswerteΣx2 = Summe der Abweichungsquadrates = Standardabweichungsx_ = Standardfehler des Mittelwertes

Dieses einfache Verfahren ist allerdings nur zulässig, wennbestimmte Voraussetzungen gegeben sind, wie eine genü-gend große Anzahl von Messwerten und die Kenntnis derNormalverteilung. Eine eigene Disziplin, die Biostatistik,widmet sich der Erarbeitung von Verfahren, die auf denspeziellen biologischen Fall anwendbar sind, um die Rele-vanz eines Ergebnisses zu prüfen.█

Die Biologie und damit auch die Medizin und im speziel-len Fall die experimentelle und klinische Pharmakologiestehen nun vor einer anderen Situation als die klassi-schen naturwissenschaftlichen Fächer. In diesen gilt,

dass die Streuung ausschließlich bedingt wird durchden Messvorgang! In der Biologie ist diese Streuung na-türlich auch vorhanden, aber klein im Verhältnis zu derStreuung, die dadurch entsteht, dass die Biologie es aus-schließlich mit Individuen zu tun hat. Die Unterschiedezwischen den einzelnen Individuen, und damit auch diebiologische Streuung, werden immer größer, je differen-zierter eine Spezies ist. Den Extremwert erreicht dieStreuung beim Menschen, dessen physische und psy-chische Individualisierung am weitesten fortgeschrittenscheint.

Die große biologische Streuung, mit der es die experi-mentelle und in noch stärkerem Ausmaß die klinischePharmakologie zu tun hat, stellt eine außerordentliche ex-perimentelle Belastung dar: Ein einzelner Versuch odereine einzelne klinische Beobachtung hat keine beweisendeBedeutung, sondern erst statistisches Vorgehen kann zureproduzierbaren und damit gesicherten Ergebnissen füh-ren! Auf der anderen Seite soll hier nicht eintönig statisti-scher Methodik das Wort geredet werden. Die Einzelbeob-achtung ist wichtig, zur Sicherung bedarf es aber immereiner Mehrzahl von Versuchen bzw. Beobachtungen unteridentischen Bedingungen (kontrollierte klinische Unter-suchung von Arzneimitteln, S. 93).

Ein besonders schwieriges Problem ergibt sich immerdann in der Pharmakologie und vor allem in der Therapie,wenn nur ein marginaler Effekt zu beobachten ist. Dannmüssen im letzteren Fall Untersuchungen an einer sehrgroßen Anzahl von Patienten vorgenommen werden, umzu statistisch gesicherten Aussagen zu kommen (im Ame-rikanischen als „Megatrials“ apostrophiert). Derartige Arz-neimittelprüfungen sind nicht mehr an einer einzelnen Kli-nik, sondern nur noch im Verbund vieler Krankenhäuserdurchzuführen. Häufig muss die Beobachtung dann überlängere Zeiträume ausgedehnt werden. Daraus ergebensich große organisatorische Probleme, die, wenn sie nichtoptimal gelöst werden können, erheblich zur Streuung derErgebnisse und damit zur Unsicherheit beitragen (Box 1.7).

Box 1.7 Klinische Prüfung: Ein Gedankenexperiment

Ein typisches Beispiel für die Untersuchung eines marginalenEffektes sei hier konstruiert: Es soll geprüft werden, ob dasPharmakon X die Re-Infarkt-Häufigkeit vermindert. Dazu wer-den 10 000 ausgesuchte Infarkt-Patienten für 3 Jahre in dieBeobachtung einbezogen. Die Hälfte von ihnen, also 5000,erhalten das Verum X als Tablette, die andere Hälfte ein Pla-cebo, das gleichartig aussieht. Nach 3-jähriger Beobachtungs-zeit ergibt sich Folgendes:1. Von den jeweils 5000 Patienten pro Gruppe sind annä-

hernd 1000 Patienten ausgefallen (Tod aus unabhängigenGründen, verzogen, mangelnde Zuverlässigkeit, starke Ne-benwirkungen);

2. in der Placebo-(Kontroll-)Gruppe haben in 3 Jahren 10%einen Re-Infarkt erlitten, das sind 400 Patienten;

3. in der Verum-Gruppe ist das Ergebnis statistisch signifi-kant um 15% besser, d. h. es sind nur 340 Re-Infarktevorgekommen.

1 Pharmakodynamik40

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Als Ergebnis ergibt sich also: 60 Patienten von den anfäng-lichen 5000 Infarkt-Kranken können vor einem Re-Infarkt be-wahrt werden, wenn 5000, später 4000 Patienten das VerumX einnehmen. Das heißt aber auch, dass 3940 Patienten dasVerum X unnötig schlucken und entsprechende Nebenwir-kungen entwickeln können, denn entweder hätten sie sowie-so keinen Re-Infarkt bekommen, oder sie erleiden doch einenzweiten Infarkt. Die „number needed to treat“ (NNT) gibtan, wie viele Patienten (im statistischen Mittel) behandeltwerden müssen, damit bei einem Patienten der therapeuti-sche Erfolg eintritt. Im vorliegenden Fall wäre, bezogen aufdie Ausgangszahl der Patienten, NNT = 5000/60 = ca. 83.

Insbesondere kleine Effekte, die sich nur in großen kli-nischen Prüfungen statistisch signifikant nachweisen lassen,sollten hinsichtlich ihrer klinischen Relevanz sehr kritisch ge-prüft werden. Diese Begriffe sind keineswegs kongruent! Wasbedeutet z. B. eine durchschnittlich zweiwöchige (statistischsignifikante!) Lebensverlängerung bei einer medianen Über-lebenszeit von 6 Monaten, wenn die Nebenwirkungen der„erfolgreichen“ Therapie das ganze (Rest-)Leben zur Höllemachen?

411.6 Biologische Streuung

1

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2 Pharmakokinetik2.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

2.2 Applikation und Resorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

2.3 Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

2.4 Elimination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

2.5 Pharmakokinetische Modellvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . 59

2.6 Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

2.7 Eliminationshalbwertzeit undAbklinggeschwindigkeit der Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

22.1 Vorbemerkung

Wird ein Pharmakon zugeführt, ergibt sich ein bestimmterzeitlicher Verlauf, mit dem sein Effekt eintritt und späterwieder abklingt. Der Verlauf der Wirkung kann bedingtsein durch eine entsprechende Änderung der Pharmakon-Konzentration im Körper, muss es aber nicht. Drei kineti-sche Vorgänge können den zeitlichen Ablauf der Pharma-kon-Wirkung prägen: Pharmakokinetik, Rezeptorkinetikund Transformationskinetik (Abb. 2.1). Die Vorgänge, dienach Gabe eines Medikamentes ablaufen und die zeitlichenÄnderungen seiner Konzentration in der Biophase bestim-men, werden unter dem Begriff der Pharmakokinetik zu-sammengefasst. Als Biophase wird der Raum bezeichnet,von dem aus Pharmaka direkt mit ihren Bindungsstellenreagieren können. Die Biophase kann Teil des extrazellulä-ren Raumes sein, z. B. für Suxamethonium der synaptischeSpalt der motorischen Endplatte, oder im Zytosol eines Mi-kroorganismus liegen, z. B. für Trimethoprim als einemHemmstoff der bakteriellen Dihydrofolsäure-Reduktase.

Die Interaktion von Pharmaka aus der Biophase herausmit den Bindungsstellen unterliegt verschiedenen Gesetz-mäßigkeiten (Rezeptorkinetik), je nachdem, um welche Artvon Bindungsstellen es sich handelt: hochspezifische Bin-dungsstellen (Rezeptoren) oder z. B. Orte unspezifischerAdsorption. Wenn die Wechselwirkung zwischen Pharma-kon und Bindungsstellen langsamer abläuft als der Aufbauder Wirkkonzentration in der Biophase, wird erstgenannte

Interaktion zum geschwindigkeitsbegrenzenden Schritt.Dies wird besonders dann der Fall sein, wenn die Konzen-tration in der Biophase sehr schnell ansteigt (z. B. nach in-travenöser Bolus-Injektion). Im Übrigen besteht kein Zu-sammenhang zwischen einer Affinität zum Rezeptor undder Geschwindigkeit eines Bindungs-Prozesses. Die Affini-tät ist umgekehrt proportional zur Dissoziationskonstanten(KD), die wiederum dem Quotienten (k-1/k+1) aus der Dis-soziationsgeschwindigkeitskonstanten k-1 und der Assozia-tionsgeschwindigkeitskonstanten k+1 entspricht:

1

Affinität¼ KD ¼ k�1

kþ1

Also können gleiche Affinitäten resultieren, wenn beideGeschwindigkeitskonstanten sehr hoch oder beide sehrniedrig sind. Beispiele für zwei Substanzen mit vergleich-barer Affinität beim Menschen, aber sehr unterschiedlichenGeschwindigkeitskonstanten sind Digitoxin, das sehr lang-sam assoziiert und dissoziiert, und Atropin, das eine rechthohe Wechselzahl am Rezeptor aufweist.

Im Anschluss an die Bindung der Pharmaka an die spezi-fischen oder unspezifischen Bindungsorte erfolgt die Um-setzung in den biologischen Effekt: Transformationskinetik.Die Transformation (= Transduktion) kann zeitlich schnellund scheinbar unmittelbar erfolgen, so z. B. der Anstieg derIonenpermeabilität der Endplattenmembran nach Bindungvon Acetylcholin an die nicotinischen Acetylcholin-Rezep-toren; sie benötigt aber häufig eine Reihe von Schritten

Abb. 2.1 Zeitverlauf der Arznei-stoff-Wirkung. Für Zeitgang undAusprägung der Wirkung eines Arz-neimittels sind nach seiner Gabe zahl-reiche Faktoren und Prozesse bestim-mend. Je nach Art der Substanz unddes biologischen Effektes kann dergeschwindigkeitsbegrenzende Schrittdie Pharmakokinetik (die Bereitstel-lung des Pharmakon in der Biophase),die Rezeptorkinetik oder auch die Ki-netik der Transformation (Transdukti-on) der Pharmakon-Bindung in denEffekt sein.

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oder kann auch ein recht langsamer Prozess sein. Ein Bei-spiel für Letzteres ist die Wirkung von Steroidhormonenauf die Eiweiß-Synthese. In diesen Fällen läuft die Trans-formation langsamer ab als die beiden vorgeschalteten ki-netischen Prozesse und wird für den Zeitverlauf des Effek-

tes bestimmend. Eine Zusammenstellung der Prozesse undFaktoren, die den Zeitverlauf der Arzneistoff-Wirkung be-einflussen, gibt Abb. 2.1.

Die Pharmakokinetik ist also der Zweig der Pharmako-logie, der sich mit den zeitlichen Änderungen der Pharma-kon-Konzentrationen in den verschiedenen Kompartimen-ten des Organismus befasst. Da die Stärke der Wirkung imAllgemeinen von der Wirkstoff-Konzentration abhängt, istdas Wissen um die Konzentration eines Pharmakons amWirkort von großer Bedeutung. Vielfach ist es eine Frageder Pharmakon-Konzentration, ob der gewünschte Effektzustande kommt oder ob gar toxische Erscheinungen auf-treten. Die Konzentration in der Biophase ist allerdingsmeist nicht erfassbar; sie ist aber häufig der Konzentrationim Blutplasma äquivalent, und so wird meist „der Blutspie-gel“ eines Pharmakons gemessen. Seinen zeitlichen Ver-änderungen liegen die Vorgänge Resorption (engl. absorp-tion), Verteilung (Distribution) sowie Metabolismus undElimination zugrunde. Diese Grunddeterminanten derPharmakokinetik werden anhand ihrer Initialen auch alsADME zusammengefasst.

Die Grundlage jeder zellulären Barriere stellt die Phos-pholipid-Matrix des Plasmalemm dar. In der Phospholipid-Doppelschicht sind die Phospholipid-Moleküle (Abb. 2.2) soangeordnet, dass ihre apolaren Fettsäure-Reste in das Inne-re der Membran weisen. Die Fähigkeit eines polaren Stoffes,in das hydrophobe Innere einzudringen, ist außerordent-lich gering. Wirkstoffe treffen im Körper immer wieder aufZellbarrieren, sei es die Darmschleimhaut, das Kapillaren-dothel oder die Nieren-Tubuluszelle. Für das pharmakoki-netische Verhalten des Stoffes ist es wichtig, ob er derartigeBarrieren zu überwinden vermag.

Diese Barrierefunktion der Phospholipid-Doppelmem-bran gegenüber geladenen Teilchen bildet die Grundlagedafür, dass im Zellinneren andere Ionenkonzentrationen

Abb. 2.2 Phospholipid-Molekül. Phospholipide, im BeispielPhosphatidylcholin (Lecithin), bestehen aus einer polaren Kopf-gruppe und apolaren Fettsäureketten.

����

����

����

��

����

Abb. 2.3 Phospholipid-Barriere. DiePhospholipid-Doppelmembran besitzteine Barrierefunktion gegenüber pola-ren Substanzen. Bei Atropin bestehtein Dissoziationsgleichgewicht zwi-schen geladener Form und ungelade-ner Form; die unpolare Form kanndurch die Membran diffundieren, imwässrigen Zytosol stellt sich wieder dasDissoziationsgleichgewicht ein. DasAtropin-Derivat Ipratropium enthälteinen ständig positiv geladenen Stick-stoff, es ist deshalb nur schlechtmembrangängig. Vorteil: Ipratropiumüberwindet die Blut-Hirn-Schrankenicht; Nachteil: bei oraler Zufuhr wirdaus dem Darm nur ein Bruchteil derzugeführten Menge in den Körperaufgenommen.

2 Pharmakokinetik44

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aufrechterhalten werden können als im Extrazellulärraum.Analog können Arzneistoffe, die eine ständige Ladung tra-gen, Zellmembranen nur schlecht passieren (Abb. 2.3). Für„physiologische“ polare Teilchen stehen Transportproteinein der Zellmembran bereit, so beispielsweise für Glukoseentsprechende „Carrier“ im Plasmalemm der Darmepithel-zellen und des Endothels der Hirngefäße. Bestimmte polarePharmaka können Transporteinrichtungen nutzen und sinddementsprechend trotz ihrer Polarität gut membrangängig,beispielsweise das Anti-Parkinson-Mittel L-Dopa, welchesAminosäure-Transportproteine benutzt.

2.2 Applikation undResorption

Ein Pharmakon kann nur dann wirken, wenn es an deneigentlichen Wirkort gelangt, der ja in den allerseltenstenFällen an der Körperoberfläche gelegen und damit direktzugänglich ist. Das Pharmakon muss daher in den Körpereindringen, es muss resorbiert werden.

Resorption (im angloamerikanischen Sprachgebrauch„absorption“) kann definiert werden als Aufnahme einesArzneistoffes vom Applikationsort in die Blutbahn. Resorp-tion spielt immer dann eine Rolle, wenn das Pharmakonnicht direkt in die Blutbahn injiziert wird. Sie beruht aufden physikalischen Prozessen der Diffusion und der Vertei-lung, häufig auch auf dem Transport mittels eines Trans-portproteins.

Die Resorptionsgeschwindigkeit entspricht der Aufnah-me von Substanzmenge pro Zeiteinheit. Sie hängt vom Ap-plikationsort, der Zubereitungsform des Mittels, den physi-kochemischen Eigenschaften des Pharmakon und gegebe-nenfalls der Mitwirkung von Transportproteinen ab. DieResorption des einzelnen Wirkstoff-Moleküls gilt dann alsabgeschlossen, wenn es die Blutbahn erreicht hat. Auch beilokaler Applikation muss der Wirkstoff vom Ort der Auftra-gung auf Haut oder Schleimhaut zum tiefergelegenen Wirk-ort gelangen. Hier bezeichnet der Begriff Resorption dasVordringen zum Wirkort. Beispiele sind die Lokalanästheti-ka, die Schleimhaut-abschwellenden Sympathomimetikaund die durch Inhalation applizierten Bronchospasmolytika.In diesen Fällen müssen die Pharmaka von der Oberflächebis zu den sensiblen Rezeptoren, zu der Gefäßmuskulaturoder zu den glatten Bronchialmuskeln gelangen.

Folgende Faktoren begünstigen die Resorption: geringeMolekülgröße, mangelnde Polarität, gute Fettlöslichkeit,starke Durchblutung und gute Permeabilitätsverhältnissean der Applikationsstelle, eventuell mit Nutzung eines Auf-nahme-Transportproteins.█

Der Begriff Resorptionsquote wird meist in Bezug auf dieAufnahme aus dem Darm verwendet.

Resorptionsquote [%] =

resorbierte Substanzmenge

zur Resorption verfügbare Substanzmenge� 100

2.2.1 Applikationsarten

Lokale Applikation

Die lokale Therapie ist dadurch gekennzeichnet, dass diePharmakon-Konzentration nur im Bereich des Applikati-onsortes ausreichend hoch ist, um eine Wirkung aus-zuüben. Die Möglichkeit einer lokalen Therapie beschränktsich nicht nur auf die äußere Haut, sondern lässt sich we-sentlich erweitern. Die Inhalation eines Bronchospasmoly-tikums, die orale Gabe von Kohle zur Adsorption von Giftenim Darm, die lokale Applikation eines Chemotherapeuti-kums bei infektiöser Vaginitis oder die Injektion eines Glu-cocorticoids in ein Gelenk sind Beispiele für eine lokaleTherapie. Die aufgenommene Menge gelangt vom Wirkortzwar auch in die Blutbahn, aber sie ist meist zu gering, alsdass sich im Gesamtorganismus eine wirksame Konzentra-tion ergeben könnte. Die Systemwirkungen sind daher beider lokalen Therapie im Allgemeinen zu vernachlässigen.Damit zeichnet sich diese Applikationsart durch einegroße therapeutische Breite bezüglich systemischer Wir-kungen aus, sie hat jedoch auch Nachteile (z. B. leichte Al-lergisierung bei Aufbringen von Substanzen direkt auf Hautund Schleimhäute).

Box 2.1 Sonderfälle

Sonderfall 1: AugentropfenAuf die äußere Oberfläche des Auges muss eine sehr hoheKonzentration des Wirkstoffes aufgebracht werden, damit dasgroße Diffusionshindernis Kornea bzw. Konjunktiva plus Skle-ra überwunden wird und am Erfolgsorgan, z. B. Musculus ci-liaris oder Epithel des Corpus ciliare, trotz der ständigen Drai-nage des Kammerwassers die erforderliche Konzentrationaufgebaut wird. Weiterhin sorgt die Tränensekretion für eineschnelle Verdünnung auf der Oberfläche und der Tränen-Na-sen-Gang für den Abtransport des Wirkstoffs in die Nasen-haupthöhle. Als Beispiel seien genannt das Parasympathomi-metikum Pilocarpin 2%ige Lösung (ein Tropfen enthält 1mg)oder der β-Blocker Timolol 0,5%ige Lösung (ein Tropfen ent-hält 0,25mg). Bei systemischer Gabe dieser Dosen (und Ver-teilung auf ca. 70 kg Körpergewicht) ist mit einer allgemeinenWirkung zu rechnen, und in der Tat sind kardiodepressive undpulmonale Nebenwirkungen nach der Gabe von Timolol-Au-gentropfen beschrieben worden, als Extremfall sogar tödlicheAsthmaanfälle.

Sonderfall 2: Lokale gastrointestinale/bronchiale TherapieZahlreiche Arzneimittel üben ihre Wirkung nur lokal im Darmoder in den Atemwegen aus, ohne dass größere Substanz-mengen vom Körper aufgenommen werden, z. B. Budesonid.Letzteres ist ein Glucocorticoid (s. S. 467), das nur langsamdurch Schleimhäute aufgenommen und noch in der Leberbeim ersten Durchgang („first pass effect“, s. Box 2.2) ver-stoffwechselt wird. Bei entzündlichen Darmerkrankungenwird die hohe lokale Konzentration bei geringer systemischerWirkung ausgenutzt und die gefürchteten Komplikationenwie das Cushing-Syndrom werden vermieden. Ähnliches giltfür Budesonid und andere lokal wirksame Glucocorticoidesowie β2-Mimetika in der inhalativen Behandlung obstruktiverLungenerkrankungen.

452.2 Applikation und Resorption

2

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Systemische ApplikationBei diesem Vorgehen soll die Substanz in die Blutbahn ge-langen, um so ihren Wirkort erreichen zu können. Die Sub-stanz kann über den Darm (enteral) oder über andere Ap-plikationsorte zugeführt werden. Unter parenteraler Zufuhrwird meist die Darreichung mittels Injektion verstanden.Der Darm wird auch umgangen bei Zufuhr mittels Inhala-tion, schneller Resorption in der Mundhöhle („bukkale“Applikation) sowie bei Zufuhr über die Nasenschleimhaut(nasale Applikation) oder über die Haut (transkutane Ap-plikation).

Orale Applikation. Die häufigste Applikationsform ist dieorale Zufuhr eines Medikaments. Die gastrointestinale Re-sorption (Abb. 2.4) ist prinzipiell abhängig von:● den physikochemischen Eigenschaften des Pharmakon-

Moleküls wie Größe, Löslichkeit, bei Säuren und BasenGrad der Dissoziation, „Passform“ für einen physiologi-schen Transportmechanismus usw.;

● der Form der Arzneimittelzubereitung (Lösung, Pulver,Tablette, Dragee) und deren Eigenschaften wie Korngrö-ße der Präparation, Zerfallgeschwindigkeit der Zuberei-tung, Zustand der Tabletten- bzw. Dragee-Grundmasseusw. Aus diesen galenischen Parametern ergibt sich dasAusmaß der galenischen Verfügbarkeit (S. 64): Nur wenndas Pharmakon vollständig und rechtzeitig der resorbie-renden Schleimhaut zur Verfügung gestellt wird, ent-sprechen sich deklarierte Dosis des Arzneimittels unddie zur Resorption angebotene Menge;

● dem Funktionszustand des Gastrointestinaltraktes: Fül-lungszustand des Magens, pH-Wert im Magen undDünndarm, Durchblutung des Gastrointestinaltraktes(Stauung im Portalkreislauf), Transportgeschwindigkeitdes Speisebreis, welche die Kontaktzeit des Pharmakonmit der resorbierenden Schleimhaut bestimmt.

Box 2.2 Präsystemische Elimination

Nach oraler Einnahme muss ein Pharmakon im Regelfall vonder gastrointestinalen Schleimhaut resorbiert werden. Schonin den Darmepithelzellen kann ein Abbau von Arzneistoffenstattfinden. Die Drainage des Blutes aus diesem Gebiet er-folgt über die Pfortader, deren zweites Kapillargebiet in derLeber eine erhebliche Vergrößerung des Gefäßquerschnittesmit sich bringt: das Blut umfließt die Leberzellen also sehrlangsam, so dass ein intensiver Stoffaustausch möglich wird.Ein mehr oder minder großer Anteil des resorbierten Arznei-mittels kann somit abgefangen werden (Verlust bei der1. Leberpassage, ein sog. „first pass effect“). Anschließendfließt das Blut über das rechte Herz in die Lunge, wo auf-grund der Kapillarisation ein intensiver Kontakt mit den Zel-len des Lungengewebes auftritt. Hier kann wiederum ein Teilder enteral resorbierten Arzneimittelmenge hängen bleiben,zumal die Lunge eine hohe Bindungskapazität für amphiphileund lipophile Substanzen besitzt. Erst wenn die Lunge pas-siert ist, gelangt der Rest der Pharmakon-Moleküle über daslinke Herz in den großen Kreislauf und kann sich verteilen.Der Vorgang, dass ein Anteil einer enteral resorbierten Phar-makon-Menge vor Erreichen des großen Kreislaufs abgebautwird, wird konsequenterweise als präsystemische Eliminati-on bezeichnet.

Bei der intravenösen Injektion wird zwar das Pharmakondirekt in das Blut gebracht, aber dieses muss vor Erreichendes großen Kreislaufs ebenfalls die Lunge passieren. Je nachden physikochemischen Eigenschaften des Wirkstoffes wirddabei wiederum ein mehr oder minder großer Anteil abge-fangen und ggf. abgebaut, so dass nach intravenöser (undsubkutaner oder intramuskulärer) Injektion, aber auch nachbukkaler oder rektaler Resorption, ebenfalls eine präsystemi-sche Elimination möglich ist. Bei schnellem Anfluten einesArzneimittels, wie nach intravenöser Bolusinjektion, kann dieLunge als Puffer wirken und die nachfolgenden Organe, so dieHerzmuskulatur, die nur über den Koronarkreislauf direkt er-reicht wird, vor zu hohen Konzentrationsspitzen schützen.Verlässt ein Wirkstoff das Lungengewebe und gelangt wiederin die Blutbahn, liegt ein „Depot-Effekt“ vor, jedoch keinepräsystemische Elimination.

Nach der Aufnahme aus dem Darm (enterale Applikati-on) passiert das Pharmakon die Leber (Pfortaderkreislauf),in der es eventuell bereits verändert oder abgefangen wer-den kann (sog. „first pass effect“, s. Box 2.2). Nur bei Auf-nahme des Arzneimittels durch die Mund- und Ösophagus-schleimhaut (bukkale oder sublinguale Applikation) sowiebei rektaler Zufuhr wird es nicht durch den Pfortaderkreis-lauf abtransportiert.█

In der Praxis zeigt sich, dass nach rektaler Anwendungdie Konzentration im Blut für den Einzelfall nicht vorher-sehbar ist und meist weit niedriger liegt als angenom-

Abb. 2.4 „Tight junction“. Die Darmepithelzellen sind unter-einander mittels einer oder mehrerer gürtelförmiger Zonulaeoccludentes („Tight Junctions“) verbunden. Der Aufbau einer Ver-bindung ist oben in Vergrößerung gezeigt: Besondere Proteine(z. B. Occludin) überbrücken den Spalt zwischen den beiden Plas-malemm-Außenseiten. Ein Epithel ist umso „dichter“, je mehrTight Junctions die Zellen miteinander verbinden und den inter-zellulären Durchtritt von Substanzen verhindern.

2 Pharmakokinetik46

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men wird. Andererseits ist die rektale Applikation wert-voll bei Erbrechen (z. B. Dimenhydrinat-Zäpfchen) oderKrampfanfällen (Diazepam-Rektiole).

Falls eine Substanz in der Leber schnell abgebaut wird,kann ein erheblicher quantitativer Unterschied zwischender Wirkung nach sublingualer bzw. rektaler und enteralerApplikation bestehen. Auch ein teilweiser Abbau durchBakterien kann die enterale Resorption beeinträchtigen,hierfür sind Digoxin und Methotrexat Beispiele.

Parenterale Applikation.● Injektion: Sie vermeidet die Nachteile der oralen Einnah-

me, erfordert dafür aber eine sterile Injektionstechnik.Die schnellste Verteilung eines Pharmakons erreichtman mit der intravasalen Injektion (intravenös, intraar-teriell). Aufgrund der guten Durchblutung der Muskula-tur und der großen Oberfläche des Peritoneum werdenSubstanzen nach intramuskulärer und intraperitonealer(Notfallmaßnahme) Injektion sehr schnell, nach sub-kutaner Einspritzung jedoch merklich langsamer resor-biert. Dafür ist das langsamere Anfluten grundsätzlichsicherer, weil Konzentrationsspitzen vermieden werden.

Box 2.3 Welcher Plasmaspiegel-Verlauf ist gewünscht?

Bei vielen Erkrankungen ist es notwendig, einen konstantenBlutspiegel eines Pharmakons aufrecht zu halten. Dieses Zielist umso schwieriger zu erreichen, je schneller ein Arzneimit-tel eliminiert wird. Die optimale Maßnahme stellt die intrave-nöse Infusion nach vorheriger Aufsättigung dar, wenn dieInfusionsgeschwindigkeit an die Eliminationsgeschwindigkeitangepasst ist. Dieses Verfahren ist aber nur unter klinischenBedingungen durchzuführen. Technisch weniger aufwendigeApplikationsweisen, die Infusionen mehr oder minder gut imi-tieren, stehen zur Verfügung: intramuskuläre oder subkutaneDepot-Injektionen; orale Zufuhr von Zubereitungen mit retar-dierter Freisetzung: Applikation von Hautpflastern mit kon-tinuierlicher Arzneimittelabgabe, um einen gleichmäßigenBlutspiegel zu erreichen.

Es gibt Bedingungen, bei denen – im Gegensatz zu demmeist angestrebten konstanten Blutspiegel – ein durchausstark, aber kontrolliert schwankender Blutspiegel eines Wirk-stoffes gewünscht wird. Ein sofort einleuchtendes Beispiel istdie Zufuhr von Insulin beim Diabetes mellitus mit Hilfe vongesteuerten Insulinpumpen, die das Hormon dem aktuellenBedarf entsprechend abgeben. Komplizierte Verhältnisseherrschen bei der rhythmischen Zufuhr von Gonadotropin-freisetzendem Hormon durch entsprechende Pumpen, dieüber längere Zeit durchgeführt werden muss, um eine hypo-thalamisch bedingte Sterilität zu behandeln (S. 445). In derTherapie der Angina pectoris mit organischen Nitraten isteine halbtägige „Nitratpause“ notwendig, um einem Wirkver-lust vorzubeugen (S. 204).

● Inhalation: Eine weitere Applikationsform für bestimm-te Arzneimittel ist die Inhalation. Gas- und Dampfnar-kotika werden auf diesem Wege zugeführt. Die Resorp-tion erfolgt sehr schnell.

● Transkutane Applikation: Die Zufuhr über die Haut istbei lipophilen Arzneistoffen mit geringer Molekülgröße

möglich (Abb. 2.5). Dieser Zufuhrweg vermeidet ein Ab-fangen in der Leber, z. B. von Estradiol (S. 477) oder Gly-ceryltrinitrat (S. 205). Auch Nicotin (S. 644), Scopolamin(S. 418) und Fentanyl (S. 342) stehen für die transkutaneApplikation in Form von speziellen Pflastern zum Zwe-cke einer kontinuierlichen Arzneistoffgabe zur Ver-fügung. Diese werden transdermale therapeutische Sys-teme genannt.

2.3 Verteilung

Das nach der Resorption in der Blutbahn vorhandene Phar-makon wird je nach seinen Eigenschaften die Blutbahnmehr oder weniger schnell verlassen (s. u.) und sich aufdie Gewebe und Organe verteilen (Abb. 2.6). An wässrigenLösungsräumen sind das Blutplasma, die Interstitial-Flüs-sigkeit sowie der Intrazellulärraum vorhanden. Das Phar-makon kann sich jedoch auch an verschiedene Strukturenanlagern: im Blut an die Plasmaproteine oder an die Ery-throzyten; im Gewebe an Rezeptoren, es kann sich in diePhospholipid-Doppelschicht von Membranen, in Fett-vakuolen oder in die Knochensubstanz einlagern. Somitwird verständlich, dass viele Pharmaka sich nicht gleich-mäßig im Organismus verteilen. Hervorgehoben sei, dassnur der ungebundene, freie Anteil des Wirkstoffes diffun-dieren kann und zum Wechsel des „Aufenthaltsortes“ be-fähigt ist. Nur ungebundene Pharmakonmoleküle könnenWirkorte besetzen. Auch für den Eintritt in Eliminations-wege ist der freie Anteil entscheidend.

Abb. 2.5 „Lipid-Zement“ im Plattenepithel. Aufbau der Epider-mis. Die Zellen des Stratum granulosum sondern in die Interzellu-lärspalten lamellar geschichtete Lipide ab (gelb), die hier eine kon-tinuierliche Diffusionsbarriere bilden. Außerdem kommen auch„Tight junctions“ vor (hier nicht dargestellt). Alle Epithelzellensind untereinander durch Desmosomen verbunden. Lipidlamellenund Tight junctions erlauben die Zufuhr lipophiler Arzneistoffe mitgeringer Molekülgröße über die Haut.

472.3 Verteilung

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2.3.1 Barrierefunktion desGefäßendothels

Bemerkenswerterweise ist das zentrale Kompartiment Blut,das für die Verteilung von Substanzen verantwortlich ist,sehr klein im Vergleich zu den beiden anderen Kompar-timenten Interstitial- und Intrazellulärraum (Tab. 2.1). Zu-sätzlich zu diesen drei Räumen sind noch spezielle Kom-partimente vorhanden, deren Zugängigkeit durch besonde-re Barrieren erschwert ist: Das Zentralnervensystem (Blut-Liquor-Schranke, s. u.), der Fetus (Placenta-Schranke), dasKammerwasser des Auges und die Endolymphe des Innen-ohres. Diese speziellen Räume besitzen größte Bedeutungfür die Therapie und für Arzneimittelnebenwirkungen.

Die morphologische Grenze zwischen dem Blutplasma-raum und dem Interstitialraum wird von den Gefäßendo-thelien gebildet. Die Gefäßendothelzellen sind untereinan-der durch Zonulae occludentes verbunden. Die Durchlässig-keit der Endothelien ist unterschiedlich. Es können ver-schiedene Typen von Endothelien unterschieden werden(Abb. 2.7).1. Endothel ohne Fenster und ohne pinozytotische Aktivität:

Es besitzt die geringste Durchlässigkeit. Dieser Endo-theltyp ist für das Nervensystem charakteristisch. Er bil-det die Grundlage der Blut-Hirn-Schranke; eine gleich-

artige Schranke ist in peripheren Nerven vorhanden.Nur membrangängige Substanzen oder solche, die einTransport-Protein benutzen, können dieses Endothelpassieren.

2. Endothel mit transzytotischer Aktivität: In Vesikeln, diesich von der Zellmembran abschnüren, findet ein trans-zellulärer Austausch von „Plasmatröpfchen“ zwischenBlutplasma und Interstitialraum statt, ferner gestattendie Tight junctions einen Durchtritt. Diesen Endotheltypweisen z. B. Herz- und Skelettmuskulatur auf. Im Inne-ren der pinozytotischen Bläschen können polare Sub-stanzen rasch in das Gewebe gelangen.

3. Endothel mit „Sprossenfenstern“ innerhalb der Endothel-zellen: Dieser Endotheltyp ist beispielsweise im Darmvorhanden und erlaubt einen raschen Stoffaustausch.

4. Endothel mit weiten Fenstern und fehlender Umhüllungdurch eine Basalmembran: Diese Form ist für die Lebercharakteristisch und erlaubt sogar Makromolekülen(z. B. Plasmaproteinen, die von der Leber gebildet wer-den) die rasche Passage der Kapillarwand.

Die gute Durchlässigkeit des Gefäßendothels (der Typen2 – 4) macht es verständlich, dass (niedermolekulare) Phar-maka außerordentlich schnell aus dem Blut in den Inter-stitialraum gelangen. Vom kinetischen Gesichtspunkt ausimponieren der Plasmaraum und der Interstitialraumdann als ein Kompartiment.

Es gibt nur sehr wenige Substanzen, die bei ihrer Verteilung im Orga-nismus die angegebenen Räume quantitativ widerspiegeln: So bleibtz. B. der niedermolekulare Farbstoff Evans blue im Plasmaraum, weiler quantitativ an Plasmaalbumine gebunden wird; der mehrwertigeZuckeralkohol Mannit verteilt sich gleichmäßig über den Extrazellu-lärraum, und Ethanol setzt sich zusätzlich mit dem Intrazellulärraumins Gleichgewicht. Für die meisten Pharmaka und Gifte gelten kom-pliziertere Verhältnisse, da zusätzliche Phänomene mitbestimmendwerden, die von der Natur des Wirkstoff-Moleküls abhängen.

Abb. 2.6 Verteilung. Übersicht über mögliche „Aufenthaltsorte“eines Pharmakons (grünes Dreieck) im Organismus.

Tab. 2.1 Lösungsräume von Pharmaka

Raum Anteil am Körpergewicht

Blutplasmavolumen ca. 4%

Interstitialraum ca. 20%

Intrazellulärraum ca. 50%

Abb. 2.7 Kapillarendothelien. Die verschiedenen Endothelartenunterscheiden sich in der Durchlässigkeit.

2 Pharmakokinetik48

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2.3.2 UnspezifischeVerteilungsprozesse

Für die Verteilung im Organismus sowie für die Resorptionund die Ausscheidung ist das physikochemische Löslich-keitsverhalten häufig von entscheidender Bedeutung.Unter diesem Gesichtspunkt können Substanzen in dreiGruppen unterteilt werden:● Rein wasserlösliche Verbindungen: Sie werden, falls kein

Transportprotein mitwirkt, nach oraler Gabe schlechtresorbiert, nach intravenöser Zufuhr verteilen sie sichnur über den Extrazellulärraum und werden renal gutausgeschieden. In diese Gruppe gehören nur sehr weni-ge Wirkstoffe, so die osmotischen Diuretika.

● Rein lipidlösliche Substanzen: Sie werden sich entspre-chend ihrem Octanol/Wasser-Verteilungs-Koeffizientenin den Körperfetten anreichern, vor allem in den Neu-tralfetten der Fettzellen. Das Musterbeispiel für ein der-artiges Verhalten bieten chlorierte Kohlenwasserstoffewie die Insektizide Chlorphenothan (S. 603) und Diben-zodioxine. Auch die Inhalationsnarkotika sind überwie-gend lipidlösliche Verbindungen. Neben ihrer Neigung,sich in den Neutralfetten zu lösen, reichern sie sich auchin den Lipiden der zellulären Membranen an.

● Amphiphile Pharmaka: Ein Molekül wird dann als am-phiphil bezeichnet, wenn es einen hydrophilen undeinen hydrophoben Anteil besitzt, die in nicht zu großerEntfernung voneinander stehen (sonst ergeben sichTenside). Abb. 2.8 demonstriert dies an zwei Beispielen.

Amphiphile Substanzen sammeln sich an Interphasen an,wo ein wässriges Milieu mit einer apolaren Phase zusam-mentrifft. Dies ist der Fall in jeder zellulären Membran, obPlasmalemm oder intrazelluläre Membranen (Mitochon-drien, Kern, endoplasmatisches Retikulum, Lysosomen).Die Phospholipide von Zellmembranen (Abb. 2.2) bietenmit ihren Fettsäureketten eine Möglichkeit zur hydropho-ben Interaktion und mit den negativ geladenen Phosphor-säuregruppen bzw. den daran befindlichen polaren Substi-tuenten eine Möglichkeit zur elektrostatischen Interaktion.

Abb. 2.8 Amphiphile Pharmaka. Amine in geladener Form (Oni-um-Verbindung) und dissoziierte Säure-Gruppen sind sehr hydro-phil, aromatische und gesättigte Ringsysteme stark hydrophob.

Box 2.4 Anreicherung von Chloroquin in „sauren“ Zellorganellen

Chloroquin enthält zwei basische Stickstoffe (pKa1 ~ 10,8, pKa2

~ 8,4), die beim pH-Wert der Körperflüssigkeiten überwiegendprotoniert sind (oberes Bild).

Die kationisch-amphiphile Substanz kann wegen ihres diba-sischen Charakters in Zellorganellen mit saurem Inhalt beson-ders stark angereichert werden. Dies ist in der Abbildung füreine dibasische Modellsubstanz illustriert, für deren basischeStickstoffe der Einfachheit halber jeweils ein pKa= 9 angenom-men sei.

In der basischen Form ist die Substanz membrangängig undvermag in die Zellorganelle einzudringen. Hier findet sofort eineProtonierung statt, wobei das Dissoziationsgleichgewicht stärkerzur diprotonierten Form verschoben ist als im neutralen Milieu.Die protonierte Form vermag das apolare Innere einer Phospho-lipidmembran passiv nicht zu überwinden, so dass kein Konzen-trationsausgleich mit der Umgebung stattfindet. Auf dieseWeise kann die diprotonierte Form in einer sauren Zellorganelleallein aufgrund passiver Verteilungsvorgänge eine erheblich hö-here Konzentration erreichen als in der Umgebung. Dieser Vor-gang erklärt die Anreicherung von Chloroquin und ähnlichenPharmaka in den sauren Verdauungsvakuolen der Malaria-Erre-ger und die lange Verweildauer dieser Substanzen im mensch-lichen Organismus, da sie in den Lysosomen „gefangen“ sind.

Die Konzentration der protonierten Formen ist als Vielfachesder Konzentration der basischen Form ausgedrückt, welchegleich eins gesetzt wurde.

492.3 Verteilung

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Diese Akkumulation an Membranen ist für eine größereZahl von kationisch amphiphilen Pharmaka nachgewiesenund fällt quantitativ stark ins Gewicht: Der Quotient ausKonzentration in der Zelle zu der im Plasma (bzw. in derInkubationslösung bei isolierten Organen) kann Werte biszu 100 und mehr annehmen. Anionisch amphiphile Pharma-ka weisen häufig eine hohe Plasma-Eiweißbindung auf.Ihre Einlagerung in Zellmembranen wird wahrscheinlichdurch eine Abstoßung zwischen der negativ geladenenPhosphatgruppe der Phospholipide und der anionischenCarboxylgruppe erschwert.

Amphiphile Pharmakawerdenkaum indenNeutralfettender Fettzellen gefunden, sie sind eben nicht lipophil. Da diemeisten amphiphilen Pharmaka schwache Basen oder Säu-ren sind, liegen ihre Amin- und Carbonsäure-Gruppen bei

biologischen pH-Werten z. T. in ungeladener Form vor.Diese Gruppen sind damit hydrophob, was dann ein gutesPenetrationsvermögen der gesamten Substanz durch Lipid-barrieren gewährleistet. Die Größe der Dissoziationskon-stanten ist daher für Verteilungsphänomene von Bedeutung.

Eine Besonderheit ist die Anreicherung von Substanzen,die einen protonierbaren Stickstoff enthalten, im Innerenvon Lysosomen. Die Anreicherung beruht darauf, dass dieSubstanzen in ungeladener Form leicht die Membran desLysosom passieren und in seinem Inneren wegen der dortherrschenden hohen Protonenkonzentration (pH ~ 5) zumallergrößten Teil in die kationische Form übergehen. In dergeladenen Form können sie die lysosomale Membran nichtmehr überwinden und bleiben daher im Lysosom „gefan-gen“ (s. a. Box 2.4).

Box 2.5 Ladungszustände von Aminen

Viele Arzneistoffe sind stickstoffhaltige Verbindungen. Der Stick-stoff kann ungeladen oder positiv geladen vorliegen, was für diepharmakologischen Eigenschaften der Substanzen von großerBedeutung ist.

Dreibindige Amine sind Basen. Sie können ein Proton über-nehmen und bilden mit Säuren Salze.

Wie aus der Elektronenformulierung (| bedeutet Elektronen-paar) hervorgeht, besitzt der Stickstoff im dreibindigen (hiertertiären) Amin ein freies Elektronenpaar, mit dem das Protonkoordinativ gebunden wird. Jetzt ist der Stickstoff vierbindig undpositiv geladen: das gebildete Salz, im Beispiel das Hydrochlorid,ist immer völlig dissoziiert. Die Salzbildung eines Amin hängt abvom pH-Wert der Lösung und einer für jede Substanz charakte-ristischen Größe, der Dissoziationskonstanten K. Der negativeLogarithmus von K wird in Analogie zum pH-Wert als pK-Wertbezeichnet. Er gibt den pH-Wert der Lösung an, bei dem 50%der betreffenden Gruppe dissoziiert sind.

Die positive Ladung bringt eine hohe Polarität mit sich; ge-genüber der unpolaren Base sind die physikochemischen Eigen-schaften grundlegend verändert.

Von primären, sekundären und tertiären Aminen sprichtman, wenn ein, zwei oder drei Kohlenstoff-Atome am Stickstoffgebunden sind. In diesen Verbindungen kann der Stickstoff un-protoniert oder protoniert vorliegen, das einzelne Molekül wech-selt zwischen beiden Zuständen. Dabei hängt die Wahrschein-lichkeit, dass der jeweilige Zustand vorliegt bzw. die Lage desDissoziationsgleichgewichtes, von der Dissoziationskonstanteund vom aktuellen pH-Wert ab. Bei quartären Aminen sindvier Kohlenstoffe am Stickstoff gebunden. Hier ist der Stickstoff

dauerhaft positiv geladen, die Verbindung ist also ständig polaroder – umgekehrt ausgedrückt – niemals in einer ungeladenen,membrangängigen Form.

Praktische Beispiele für diese Erörterung wird der Leser inden speziellen Kapiteln genügend finden. Besonderes Interessekommt in diesem Zusammenhang aber den Aminen zu, die beiphysiologischem pH-Wert in drei- und gleichzeitig vierbindigerForm vorliegen (pK-Wert in der Nähe des physiologischen pH-Bereichs). Ein Beispiel hierfür ist bei den Lokalanästhetika erör-tert. Nur die freie Base ist lipidlöslich und kann damit in denNerv eindringen. Am Wirkort jedoch ist wahrscheinlich die vier-bindige Form wirksam. Auch in anderem Zusammenhang wirddie schlechtere Löslichkeit der Onium-Verbindungen in Lipidenausgenutzt: Während Atropin als Base in das Zentralnervensys-tem eindringen kann und dementsprechend zu zentralen Ver-giftungen führt, hat die quaternisierte Form, z. B. das Isopro-pylatropin = Ipratropium, keine zentralen Wirkungen mehr! Fürden eigentlichen, parasympatholytischen Effekt sind aber beideSubstanzen in vierbindiger Form notwendig.

Für die biologische Wirkung gleichartig zu beurteilen sind diebeiden Onium-Verbindungen

Zu den Onium-Verbindungen im Gegensatz steht

2 Pharmakokinetik50

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Ein weiteres Phänomen, das von der Hydrophobie derPharmakon-Moleküle abhängt, spielt für Verteilungsphä-nomene (und evtl. für Arzneimittelinteraktionen) einewichtige Rolle; es ist die Bindung an Proteine des Plasmasund der Interstitialraum-Flüssigkeit über hydrophobeWechselkräfte. Der gebundene Anteil steht jeweils imGleichgewicht mit dem freien Anteil, welcher der aktuellwirksamen Konzentration entspricht. Die Eiweißbindungkann bei manchen Pharmaka sehr hohe Werte annehmen,wie z. B. in der Gruppe der oralen Antidiabetika, der Vita-min K-Antagonisten, der Säureantiphlogistika und bei denDigitalisglykosiden. Da der Proteingehalt in der Interstitial-raum-Flüssigkeit geringer ist als der im Blutplasma, wirddie Gesamtkonzentration (gebunden und frei) eines starkeiweißgebundenen Pharmakon im Interstitialraum nied-riger liegen als im Plasma; trotzdemwerden die freien Kon-zentrationen etwa gleich sein.

2.3.3 Spezifische Verteilungsprozesse

Während bisher Verteilungsphänomene erörtert wurden,die sich aus den einfachen physikochemischen Eigenschaf-ten der Wirkstoff-Moleküle ableiten, muss für die Pharma-kokinetik auch in Betracht gezogen werden, dass spezi-fische biologische Vorgänge das Verteilungsverhalten we-sentlich beeinflussen können. Im Folgenden werden bei-spielhaft zwei grundlegende Prozesse besprochen:● Bindung eines Pharmakons mit hoher Affinität an Re-

zeptoren und● Teilnahme eines Pharmakons an aktiven Transportvor-

gängen und transmembraner Transport durch P-Glyko-proteine.

1. Bindung an Rezeptoren. Eine Reihe von Pharmaka rea-giert mit den Rezeptoren für körpereigene Wirkstoffe(Überträgersubstanzen), hierzu gehören z. B. die Parasym-patholytika, die β-Rezeptoren-blockierenden Substanzen,die Antihistaminika und die Muskelrelaxanzien.

Bei therapeutischer Dosierung, wenn also die Rezepto-ren überwiegend besetzt sind, kann der spezifisch gebun-dene Anteil quantitativ eine Rolle spielen und überlagertsich der unspezifischen Verteilung.

2. Teilnahme an aktiven Transportvorgängen. Als Beispielfür die Einschleusung eines Pharmakons in einen aktivenTransportprozess und die daraus entstehende Konsequenzfür die Verteilung soll zunächst der renale Säure-Sekreti-ons- und -Rückresorptionsprozess besprochen werden.

Chemisch präzise betrachtet handelt es sich um dissoziierte Säuren –

also um Säuren, die ihr Proton abgegeben haben und somit negativgeladen, anionisch, vorliegen. Ganz korrekt wäre es demnach, vom„Transportprozess für organische Anionen“ zu sprechen.

Alle niedermolekularen Substanzen, also auch die Säuren,werden entsprechend ihrer freien Plasmakonzentrationglomerulär filtriert. Die Säuren, zu denen eine Reihe phy-siologischer Verbindungen gehören, wie z. B. die Aminosäu-ren, die Harnsäure und die Carbonsäuren aus dem Inter-

mediärstoffwechsel, werden im oberen Abschnitt des pro-ximalen Konvolut rückresorbiert (Abb. 2.9). Bei diesem Me-chanismus handelt es sich um einen aktiven Prozess, dersehr unspezifisch hinsichtlich seines Substrates ist und dereine große quantitative Leistungsfähigkeit besitzt, d. h. inder Regel nicht überfordert werden kann. Distal von die-sem aktiven Säure-Rückresorptionsmechanismus befindetsich ein aktiver Säure-Sekretionsmechanismus, der eben-falls recht unspezifisch ist, aber eine begrenzte Kapazitätaufweist. Die Elimination von Säuren, die den Körper end-gültig verlassen, erfolgt über diesen Sekretionsmechanis-mus, da distal von diesem Ort Säuren nicht mehr rück-resorbiert werden.

Pharmaka vom Säure-Typ werden ebenfalls über diesenMechanismus transportiert, was zu folgenden Konsequen-zen führen kann:● Verteilung und renale Elimination werden nicht mehr

von rein physikochemischen Parametern bestimmt, son-dern weitgehend von den aktiven Transportprozessendeterminiert. Ein Beispiel für den Einfluss aktiver Pro-zesse auf das gesamte kinetische Verhalten eines Arznei-mittels bieten einige Penicilline und Cephalosporine, dieaktiv über den Säure-Sekretionsmechanismus aus-geschieden werden. Hieraus resultiert die vergleichs-weise schnelle Elimination dieser Antibiotika. Wird derSäure-Sekretionsmechanismus anderweitig beschäftigt(z. B. durch die Säure Probenecid), so ist die renale Eli-minationsgeschwindigkeit der β-Lactam-Antibiotikawesentlich verlangsamt.

● Nicht nur das kinetische Verhalten von Arzneimittelnwird durch Modifikation der Säure-Transportprozessebeeinflusst, sondern umgekehrt auch das kinetischeVerhalten von körpereigenen Substanzen durch Arznei-mittel. Ein wichtiges Beispiel bietet die Harnsäure: Uratwird glomerulär filtriert und quantitativ rückresorbiert,

Abb. 2.9 Renal-tubulärer Säuretransport. Die durch Transport-proteine vermittelten Transportprozesse betreffen das Säure-Anion.Sie ermöglichen die transmembranale Passage dieses polaren Teil-chens. Die undissoziierte Säure ist gut membrangängig und benö-tigt kein Transportsystem.

512.3 Verteilung

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die endgültige Ausscheidung erfolgt über den aktivenSäure-Sekretionsmechanismus, der eben in der Lageist, die täglich anfallende Harnsäure zu sezernieren;wird – auch beim Stoffwechselgesunden – der Anfallan Harnsäure durch extreme Ernährung erhöht, tritt be-reits ein Rückstau von Harnsäure auf. Jede Reduktionder Säure-Sekretionskapazität für Harnsäure durch dasAngebot anderer ebenfalls zu sezernierender Säurenwird die Harnsäure-Sekretion beeinträchtigen. Beispielefür die Interferenz sind mit der Nahrung aufgenommeneSäuren und eine Reihe von Pharmaka, die Säuren sindoder zu Säuren umgewandelt werden. Hierzu gehörenThiazid-Diuretika, Sulfonamide, Sulfonylharnstoff-Deri-vate, Nicotinsäure und Probenecid (Letzteres, wenn eszu niedrig dosiert wird; S. 300). Erst wenn Probenecid inso hoher Dosierung gegeben wird, dass auch der Säure-Rückresorptionsmechanismus ausgelastet wird, kommtes zu einer vermehrten Harnsäure-Ausscheidung, diejetzt aber ausschließlich aus dem glomerulären Filtratstammt. Diese urikosurische Wirkung tritt auch beimanchen Medikamenten als Nebenwirkung nach hoherDosierung auf (z. B. Acetylsalicylsäure und Phenylbuta-zon).

3. Ein weiteres Beispiel für den aktiven Transport von Phar-maka ist das P-Glykoprotein. Es handelt sich um ein mem-brangebundenes Transport-Glykoprotein, das in der Lageist, eine Reihe chemisch unterschiedlicher Substanzen (Mo-lekulargewicht zwischen 300 und 4000) durch eine Zell-membran gegen den Konzentrationsgradienten heraus-zupumpen. Gleichzeitig mit der Anlagerung des zu trans-portierenden Substrates wird ATP gebunden, dessen Hy-drolyse die Position des P-Glykoprotein-Substrat-Komple-xes in der Membran so verändert, dass das Substrat auf derGegenseite der Membran freigesetzt wird. Daraufhin wirderneut ATP gebunden und vom P-Glykoprotein die ur-sprüngliche Position wieder eingenommen. Der nächsteTransportprozess gegen den chemischen Gradienten kannerneut ablaufen. P-Glykoprotein gehört in die Familie derABC-Transporter (ATP-binding cassette), es wird kodiertdurch das MDR 1-Gen (multi drug resistance). P-Glykopro-tein ist vornehmlich im Bürstensaum des proximalen Tubu-lus, in den Canaliculi der Hepatozyten, aber auch in denDarmepithelien und den Kapillarendothelien der Hirngefä-ße lokalisiert. Es besitzt ein breites Substratspektrum undist zuerst in Tumorzellen beschrieben worden. P-Glykopro-tein ist für die Arzneimitteltherapie aus folgenden Gründenwichtig:● Durch die Transportaktivität wird die rein passive phy-

sikochemische Verteilung von Pharmaka modifiziert.Das kann bedeuten, dass Wirkstoffe, die im Prinzipmembrangängig sind, hinter einer Barriere (Zellmem-bran, Blut-Hirn-Schranke) in geringeren Konzentratio-nen vorliegen als erwartet. Es erklärt, weshalb ein Wirk-stoff sein Ziel nicht erreicht: Die eingedrungenen Mole-küle werden ständig heraustransportiert, das Resultatist das Unwirksamwerden eines Medikamentes.

● Die Ausstattung einer Zelle mit P-Glykoproteinen kanninduziert werden und die Effektivität des Systems sostark ansteigen, dass ein Medikament unwirksam wird.

Das gilt sowohl für Tumorzellen (das Malignom wirdtherapieresistent) als auch für pathogene Bakterien(s. S. 525: gesteigerter Auswärtstransport) und für Pro-tozoen (Wirkungsverlust der Anti-Malaria-Mittel):„Multiple drug resistance“ (S. 567).

● Unter der Vorstellung, dass eine Hemmung der P-Glyko-protein-Aktivität die Empfindlichkeit von Zellen fürWirkstoffe wieder erhöht (Überwindung einer Thera-pieresistenz, z. B. von Krebszellen gegenüber Onkologi-ka), wird versucht, spezifische Inhibitoren für P-Glyko-proteine (oder andere entsprechende Transportprotei-ne) zu synthetisieren. Ein derartiger spezifischerHemmstoff heißt Tariquidar und reduziert konzentrati-onsabhängig die Transportaktivität, mit der sich z. B.Krebszellen vor therapeutischen Zellgiften schützen. Erkann aber bisher nicht therapeutisch eingesetzt werden,weil Tariquidar zwar mechanismusspezifisch, aber nichtzell- oder organspezifisch wirksam ist, sodass auch phy-siologisch notwendige Transporte unterdrückt werden(z. B. in der Leber, im Darm, in der Niere, im Kapillaren-dothel des ZNS). Dies ist wieder ein Beispiel für einefundamentale Schwierigkeit in der Pharmakologie: EinArzneimittel muss nicht nur mechanismusspezifischsein, sondern es sollte nur dort wirken, wo es gebrauchtwird, also auch organspezifisch sein!

● Durch Konkurrenz von mehreren Wirkstoffen um dieBindungsstelle an P-Glykoproteinen kann sich die Phar-makokinetik der betreffenden Pharmaka ändern, einebesondere Form der Arzneimittel-Interferenz.

Auf eine Besonderheit, die mit dem P-Glykoprotein ver-bunden ist, muss noch aufmerksam gemacht werden:Die meisten Substrate des Transporters P-Glykoproteinwerden von der Cytochromoxidase CYP 3A4 in einemPhase-I-Schritt metabolisiert. Die Kombination von Rück-transport ins Darmlumen und gleichzeitig ablaufendemAbbau eines Arzneistoffes in den Enterozyten vermindertdie Resorption besonders effektiv und kann zur „oralenUnwirksamkeit“ eines Wirkstoffes führen.

Gerade das Wissen um Transportproteine hat in denletzten Jahren stark zugenommen; in diesem Bereichspielen sich zahlreiche klinisch wichtige Arzneimittel-interaktionen ab.

2.3.4 Blut-Hirn-Schranke

Bei der Erörterung von pharmakokinetischen Problemen isteinem Kompartiment besondere Beachtung zu schenken:Der Liquorraum, in den das Zentralnervensystem eingebet-tet ist, wird vom Blutraum durch eine spezielle Schranke,die Blut-Hirn-Schranke, getrennt. Die Blutgefäße, die Hirnund Rückenmark durchziehen, sind von einem spezialisier-ten Endothel ausgekleidet, dessen Zellen durch Zonulaeoccludentes undurchlässig miteinander verknüpft sindund die keine pinozytotische Aktivität aufweisen(Abb. 2.10 A). Zusätzlich besitzen die Endothelien nocheine Ausstattung an verschiedenen Enzymen, die zumschnellen Abbau eingedrungener Substanzen führen unddarüber hinaus auch Substanzen in die Blutbahn zurück-

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transportieren können (P-Glykoproteine, siehe oben). DerLiquor und die Zellen des Zentralnervensystems liegendamit hinter einer Schranke, die von wasserlöslichen Sub-stanzen per diffusionem nicht durchdrungen werden kann.Für physiologisch benötigte Verbindungen wie Aminosäu-ren oder Glucose sind eigene Transportprozesse vorhanden.Auch in umgekehrter Richtung, vom Liquor zum Blut, sindspezielle Transportmechanismen im Gefäßendothel nach-weisbar, die z. B. saure wasserlösliche Stoffwechselproduk-te aus dem Liquor eliminieren.

Die Hirnzellen, aber auch die glatte Gefäßmuskulatur,sind also vom Plasma-Milieu getrennt und befinden sichim Liquor-Milieu. Unter pathophysiologischen Bedingun-gen, wie nach Hirntrauma, bei meningealen Infektionenoder bei osmotischen Belastungen, kann die Funktion derBlut-Hirn-Schranke beeinträchtigt sein, die Schranke wird„leck“.

Zum inneren Liquorraum ist das Zentralnervensystemdurch das Ependym, zum äußeren durch Gliazellen be-grenzt. Beide Strukturen weisen interzelluläre Spalten auf,so dass die Interstitialraum-Flüssigkeit des Gehirns und desRückenmarks gleichzusetzen ist mit dem Liquor. Von be-sonderem physiologischen und pharmakologischen Inte-resse sind einige kleine Areale des Gehirns, die nicht hinterder Blut-Hirn-Schranke liegen, sondern dem Plasma-Milieuangehören. Sie werden als zirkumventrikuläre Organe zu-sammengefasst, von denen die Area postrema und die Emi-nentia mediana genannt seien. Dort besitzen die Kapillarengefenstertes Endothel, sind also extrem gut in beiden Rich-tungen durchlässig, dagegen weist das Ependym an diesenStellen Zonulae occludentes auf (Tanycyten). Die Grenzezwischen dem Liquor und dem Blutplasma-Milieu liegthier an der Oberfläche der Auskleidung: Blut-Liquor-Schranke (Abb. 2.10 B). Der Übergang von einem zirkum-ventrikulären Organ zu dem umgebenden Hirngewebe istdurch einen abrupten Wechsel in der Bauweise der Kapil-laren (gefenstert – undurchlässig) sowie durch einen ra-schen Wechsel in der Gestaltung der Oberflächenbe-deckung (undurchlässiger Tanycytenverband – durchlässi-ges Ependym) gekennzeichnet (Abb. 2.10 C). Zwischen bei-

den Hirnarealen existiert eine schmale „Grauzone“, in dersich Blutplasma- und Liquor-Milieu überschneiden.█

Die Area postrema kann als eine Ansammlung von Che-morezeptoren angesehen werden. Mittels dieser Senso-ren kann das Zentralnervensystem direkt Informationenüber das Blut-Milieu erhalten, was u. a. für die Funktiondes Atemzentrums wichtig ist. Auch für das Brechzen-trum liegen in der Area postrema Chemorezeptoren,deren Erregung den Brechvorgang auslösen kann. Überdiesen Mechanismus führt eine Reihe von Substanzen(z. B. Apomorphin) zum „zentralen“ Erbrechen, auch

▶Abb. 2.10 Blut-Hirn- und Blut-Liquor-Schranke. Die Lokalisationder einzelnen Strukturen ist durch A, B und C im vereinfachtenSchema des Zentralnervensystems angegeben.A: Normaltyp eines Gefäßes im Hirn bzw. Rückenmark. Die Gefäß-endothelien sind durch Zonulae occludentes (Zo) undurchlässigmiteinander verbunden und besitzen keine pinozytotische Aktivi-tät. Das Endothel stellt damit die Schranke dar.B: Blut-Liquor-Schranke in spezialisierten Abschnitten des Gehirnswie im Plexus chorioideus und im Bereich der zirkumventrikulärenOrgane: Die Gefäße besitzen gefenstertes Endothel. Hierdurch wirdein Stofftransport aus den Kapillaren in die umliegenden Zellenund in umgekehrter Richtung ermöglicht. Das diese Bereiche be-deckende Epithel ist durch Zonulae occludentes zum Liquor hinabgeschlossen, hier liegt die Diffusionsbarriere.C: Die übliche Begrenzung des Hirngewebes zum Liquorraum istein Ependym, dessen Interzellulärspalten frei durchlässig sind, sodass die Extrazellulär-Flüssigkeit und der Liquor gleichartig zusam-mengesetzt sind.

532.3 Verteilung

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wenn sie die Blut-Liquor-Schranke nicht zu durchdringenvermögen.

In der Eminentia mediana enden neurosekretorischeAxone, die Hormone zur funktionellen Steuerung des Hy-pophysenvorderlappens freisetzen. Diese Hormone werdenvon den Kapillaren mit gefensterten Endothelien auf-genommen. Eine Pfortader zieht dann zum Hypophysen-vorderlappen, um sich dort wiederum in ein Kapillarnetzmit gefenstertem Endothel aufzuzweigen.

2.3.5 Placenta-Schranke

Zwischen dem mütterlichen Blut und dem fetalen Kreislaufliegt die sog. Placenta-Schranke. Sie besteht aus dem Syn-cytiotrophoblasten, der sich durch die Verschmelzung vie-ler Zellen gebildet hat. Dementsprechend fehlen Interzellu-larspalten, es ist aber ein lebhafter transzytotischer Aus-tausch vorhanden.█

Die Durchlässigkeit der Placenta-Schranke ist höher alsdie der Blut-Hirn-Schranke. Dies ist von großer prakti-scher Bedeutung für die Arzneimitteltherapie der Gravi-den. Alle Pharmaka, die zentrale Wirkungen besitzen,also die Blut-Hirn-Schranke überwinden können, gehenauch leicht auf den Fetus über. Diese Tatsache muss, be-sonders kurz vor dem Geburtstermin, berücksichtigtwerden, da das Neugeborene, das im Zeitraum von eini-gen Stunden nach der Applikation der Substanz an dieMutter geboren wird, mit einer entsprechenden Gewebs-konzentration auf die Welt kommt. Die Wirkung der Arz-neimittel dauert in der Regel beim Neugeborenen erheb-lich länger als beim Erwachsenen, weil die Eliminations-mechanismen noch unreif sind.

2.3.6 ScheinbaresVerteilungsvolumen

Das scheinbare (apparente) Verteilungsvolumen Vapp spielteine Rolle bei pharmakokinetischen Betrachtungen (S. 60).Bei seiner Berechnung wird aber auf biologische Sinnhaf-tigkeit nicht geachtet: Es wird angenommen, im gesamtenVerteilungsraum herrsche die gleiche Konzentration wie imPlasma, und es wird die Gesamtkonzentration im Plasmaberücksichtigt, also nicht zwischen frei und plasmaeiweiß-gebunden differenziert. Vapp gibt an, in welchem Volumensich ein Pharmakon rechnerisch verteilt haben müsste,wenn nach Zufuhr einer bestimmten Dosis eine bestimmtePlasmakonzentration resultiert (Box 2.6).

Der Rechnung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:Konzentration = Menge/Volumen.

Nach Umformung und bezogen auf ein Pharmakon er-gibt sich:

Vapp ¼ Pharmakonmenge im Körper

Gesamt-Plasmakonzentration

Um einen vom Körpergewicht unabhängigen Parameter zuhaben, wird der Wert in der Einheit „Liter pro KilogrammKörpergewicht“ angegeben.

Box 2.6 Scheinbares Verteilungsvolumen: Eine fiktiveGröße

Die Werte von Vapp in l/kg wurden der Anschaulichkeit halberin l/70 kg umgerechnet.

Im Falle von Chloroquin liegt das scheinbare Verteilungs-volumen erheblich über dem Volumen eines 70 kg schwerenMenschen. Die Ursache ist, dass zugeführtes Chloroquin sichkaum im Plasma befindet, sondern im Gewebe akkumuliert;es reichert sich stark in Lysosomen an. Dementsprechendgeht in die Berechnung von Vapp ein sehr niedriger Wert fürdie Plasmakonzentration ein.

Diclofenac scheint sich nur in einem Volumen von 12 l zuverteilen. Tatsächlich kann es sich im gesamten Körper ver-teilen, es erreicht auch das Gehirn, was sich unter anderem anseiner Fieber senkenden Wirkung zeigt. Die Ursache für denrechnerisch niedrigen Wert liegt in der hohen Plasma-Eiweiß-bindung. Ein großer Teil der im Körper befindlichen Diclofe-nac-Menge hält sich deshalb im Plasma auf. In der Berech-nung von Vapp hat der Nenner somit einen großen Zahlen-wert.

2.4 Elimination

Unter diesem Begriff fassen wir alle Vorgänge zusammen,die zum Unwirksamwerden eines Pharmakons beitragen:Ausscheidung durch verschiedene Organe und chemischeUmwandlung (Biotransformation, auch als Metabolismusbezeichnet) des Moleküls (Abb. 2.11). In der englischspra-chigen Literatur wird der Begriff Elimination nur für dieechte Ausscheidung aus dem Körper, vor allem über dieNieren und den Darm, verwendet; etwa 50% aller Pharma-ka werden vorher verstoffwechselt (metabolisiert). DieseUnterscheidung ist klinisch von großer Bedeutung, da diefür die Kinetik kritischen Hauptorgane (Leber oder Niere)sehr unterschiedlich sind. Dies hat sich daher auch in derADME-Regel der Pharmakokinetik (Aufnahme, Distribution,Metabolismus, Elimination) (s. o.) niedergeschlagen.

Ausscheidung. Pharmaka können auf verschiedenen Wegenausgeschieden werden: Im Urin und in den Faeces erschei-nen im Allgemeinen die Hauptmengen der ursprünglichenSubstanz oder deren Abbauprodukte. Gut lipidlösliche Sub-stanzen werden von der Niere relativ schlecht ausgeschie-den, da während der tubulären Passage eine ständige Rück-diffusion erfolgt. Bei starker Plasma-Eiweißbindung einesPharmakons ist seine glomeruläre Filtrationsrate verhält-nismäßig niedrig. Von dem filtrierten Anteil wird dannnoch ein größerer Teil aufgrund der hydrophoben Eigen-schaften der betreffenden Moleküle im Tubulus rückdiffun-

Plasmaeiweiß-bindung %

scheinbaresVerteilungsvolumen

l/kg l/70 kg

Chloroquin 61 115 8050

Diclofenac 99,5 0,17 11,9

2 Pharmakokinetik54

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dieren. Bei Beeinträchtigung der Nierenfunktion ist dasAusmaß der Harngängigkeit eines Pharmakons stets zu be-rücksichtigen. Gerade die am besten renal eliminierbarenStoffe werden bei Niereninsuffizienz zu höheren Blutspie-geln Anlass geben. Dagegen sind Substanzen mit einerniedrigen renalen Elimination unter dieser Bedingungpharmakokinetisch besonders günstig, insbesondere bei äl-teren Patienten, die grundsätzlich eine zunehmende Ein-schränkung der Nierenfunktion aufweisen.

In die Faeces gelangen die Verbindungen entwederdurch eine Ausscheidung mit der Galle, durch eine Abson-derung von der Darmschleimhaut oder durch unvollständi-ge enterale Resorption.

Der Ausscheidung mit dem Schweiß, dem Speichel oderder Milch kommt keine quantitative Bedeutung zu. Die Eli-mination durch die Lungen ist für manche Substanzen (In-halationsnarkotika) der entscheidende Weg.█

Einige Pharmakawerden am Ort ihrer Ausscheidung kon-zentriert und können dadurch lokale toxische Konzentra-tionen erreichen. Wichtige Beispiele für dieses Verhaltensind die Nierenschädigungen durch Quecksilberverbin-dungen, Phenole und Aminoglykosid-Antibiotika.

Biotransformation (Metabolismus). Entsprechend der Viel-zahl chemischer Verbindungen, die dem Organismus alskörperfremde Substanzen (Xenobiotika) zugeführt werden,gibt es eine sehr große Anzahl von Möglichkeiten der Bio-transformation, die zu unwirksamen oder auch zu wirk-samen Metaboliten führen.

Box 2.7 Giftung, Bioaktivierung

Wird eine Substanz erst im Organismus so verändert, dass siezum Gift wird, so wird dieser Prozess Giftung genannt (z. B.Umwandlung von Methanol zu Formaldehyd und Ameisen-säure oder des Insektizids E605 = Diethyl-p-nitrophenyl-thio-phosphat zu E600 = Diethyl-p-nitrophenylphosphat). Es gibtauch eine Reihe von Arzneistoffen, die primär Vorstufen sindund erst durch metabolische Umwandlung pharmakologischwirksam werden (im anglo-amerikanischen Sprachgebrauchals „prodrug“ bezeichnet). Hierzu gehören z. B. Chlordiaz-epoxid (S. 401), Tilidin (S. 343), Levodopa (S. 415), Enalapril(S. 161).

Um einen Teil der Abbauschritte, denen ein Arzneimittelunterworfen sein kann, zu demonstrieren, ist in derAbb. 2.13 der metabolische Abbau von Chlorpromazin dar-gestellt, der Urahn der Neuroleptika. Nebeneinander ver-laufen Hydroxylierungen, Demethylierung und Oxidationenund schließlich Glucuronidierung; dieser letzte Schritt er-höht die Wasserlöslichkeit und erleichtert die Ausschei-dung. Allgemein lassen sich die Biotransformationsreaktio-nen in zwei Phasen aufteilen:● Phase-I-Reaktionen (rot in Abb. 2.13) führen zu einer

Veränderung der Struktur des Arzneistoffes (z. B. Oxida-tion, Reduktion, Hydrolyse). Für oxidative Abbauschrittesind die mischfunktionellen Oxidasen von großer Be-deutung. Sie enthalten Cytochrom P450 (CYP) und sindim endoplasmatischen Retikulum lokalisiert. Es gibt ver-schiedene Isoenzyme mit unterschiedlicher Substratspe-zifität. Aufgrund der Unterschiede zwischen den kodie-renden Genen werden derzeit 18 Isoenzym-Familienunterschieden (CYP 1, CYP 2, CYP 3 etc.), die sich ihrer-seits jeweils weiter unterteilen lassen. „CYP 3A4“ bei-spielsweise ist zu einem erheblichen Umfang an derArzneistoff-Biotransformation beteiligt (ca. 60% der me-tabolisierten Substanzen) und kann für Arzneimittel-In-teraktionen verantwortlich sein (s. S. 78). Es findet sichauch außerhalb der Leber, so z. B. den Enterozyten in derDarmschleimhaut.Die einzelnen Isoenzyme der Cytochromoxidase P450besitzen unterschiedliche Substratspezifität. Eine be-schränkte Anzahl von Arzneimitteln, die als bevorzugteSubstrate gelten können, ist in der Tab. 4.1 aufgezählt.Manche Isoenzyme wie z. B. CYP 1A2, CYP 2C19 undbesonders CYP 3A4 können eine größere Zahl von Wirk-stoffen völlig unterschiedlicher chemischen Konstitutioneiner Phase-I-Reaktion unterwerfen. Sie sind daher fürden Metabolismus von entscheidender Bedeutung.Bei genauer Untersuchung von CYP-Enzymen hat sichein weiteres Problem ergeben, das für die Therapie mitWirkstoffen wichtig sein kann. Bestimmte CYP-Enzyme

Abb. 2.11 Verteilung und Ausscheidung von Pharmaka. Isteine Substanz (nach enteraler Resorption oder parenteraler Gabe)in das Blut gelangt, verteilt sie sich zwischen dem Blut und denGeweben, wobei Löslichkeit, Molekulargröße und elektrische La-dung sowie die Affinität zu Transportproteinen entscheidend dasVerhalten bestimmen. In den Primärharn gelangen die Substanzendurch glomeruläre Filtration (bis zu einem Mol.-Gew. von ca.70000) und tubuläre Sekretion, gut lipidlösliche Pharmaka (gelb)werden meistens tubulär rückresorbiert und können damit renalnicht oder nur schlecht ausgeschieden werden. Der Hauptsitz desArzneimittelabbaus ist, neben der Darmschleimhaut selbst, die Le-ber, die die Pharmaka und/oder ihre Metaboliten, deren Wasser-löslichkeit im Allgemeinen höher ist (blau), wieder an das Blutzurückgibt oder über die Galle ausscheidet. Die biliär eliminiertenProdukte verlassen den Körper entweder mit den Faeces oder kön-nen (z. B. nach bakterieller Abspaltung eines Glucuronsäure-Restes)wieder rückresorbiert werden (enterohepatischer Kreislauf).

552.4 Elimination

2

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liegen in verschiedenen, genetisch bedingten Variantenvor (Polymorphismus) und verursachen damit differenteMetabolismus-Geschwindigkeiten in einem Kollektivvon Patienten bei ein und derselben Substanz. Eine Do-sierung, die bei einem Patienten gerade richtig ist, kannbeim nächsten eine Überdosierung, bei einem andereneine Unterdosierung bedeuten. Die genetische Varianzist besonders ausgeprägt bei den Isoenzymen CYP 2C9,CYP 2D6 und CYP 2C19. Der Metabolismus vieler wich-tiger Medikamente wird von der Variabilität der „zu-ständigen“ CYP-Enzyme bestimmt. Während die Leberdie höchste Konzentration an CYP-Enzymen enthält, fin-det man diese auch in vielen weiteren Geweben, wieDarmschleimhaut, Lunge, Haut. Zahlreiche Isoenzymespielen eine Rolle bei Auf- und Abbau endogener Sub-stanzen, z. B. der Steroidhormone.

● Phase-II-Reaktionen (blau in Abb. 2.13) sind Kopplungs-reaktionen wie z. B. die Anbindung von Glucuronsäure,Schwefelsäure oder Glycin. Eine besondere Bedeutungkommt der Kopplung (Konjugation) mit aktivierter Glu-curonsäure zu. So werden alkoholische und phenolischeHydroxy-Gruppen, ringständige Carboxy-Gruppen,Amino- und Amid-Gruppen mit Glucuronsäure kon-jugiert, was im Allgemeinen zu besserer Wasserlöslich-keit und renaler Eliminierbarkeit führt (Abb. 2.12 undAbb. 2.13).

Unspezifische Mechanismen. Die meisten für die Biotrans-formation verantwortlichen Enzyme sind vor allem in derLeber, und zwar im endoplasmatischen Retikulum bzw. in

den daraus gewonnenen Mikrosomen zu finden(Abb. 2.14). Diese Enzyme können durch eine größereZahl von Pharmaka aus ganz verschiedenen chemischenKlassen vermehrt exprimiert werden, auch wenn das be-treffende Pharmakon nur eines der im endoplasmatischenRetikulum lokalisierten Enzyme beansprucht. Die Folgedieser Enzyminduktion ist ein beschleunigter Abbau derentsprechenden Pharmaka, aber auch andere körperfremdeund körpereigene Substanzen können dadurch schnellerabgebaut werden. Derartige Enzyminduktoren sind z. B.Phenobarbital, Carbamazepin, Phenytoin, Rifampicin,Chlorphenothan (DDT), Hexachlorcyclohexan (Lindan), Tol-butamid und einige Kanzerogene. Hier sind auch die poly-chlorierten Dibenzodioxine und Dibenzofurane als Induk-toren zu nennen. Bemerkenswerterweise kann ebenfallsder Ethylalkohol bei chronischer Belastung mit größerenMengen CYP2 induzieren und damit seinen eigenenAbbau beschleunigen (erhöhte Eliminationsgeschwindig-keit bei starken Trinkern, schützt aber nicht vor Schäden).

Spezifische Mechanismen. Neben diesen Möglichkeiten, dieallgemein und unspezifisch sind, existieren spezifische In-aktivierungswege für solche Wirkstoffe, bei denen es sichum körpereigene Substanzen handelt. So wird Acetylcholindurch die hochspezifische Acetylcholinesterase sehr schnellhydrolysiert und Adrenalin durch einen spezifischen Trans-porter nach intrazellulär verlagert und damit unwirksamgemacht.

Die Lunge besitzt eine bemerkenswerte Fähigkeit, kör-pereigene Wirkstoffe zu inaktivieren (Serotonin, Noradre-

Abb. 2.12 Kopplung und Aus-scheidung lipophiler Pharmaka. DiePharmaka werden über die V. portaeoder die A. hepatica der Leberzelleangeboten. Sie dringen leicht in denHepatozyten ein (gelbe Pfeile), wer-den am glatten endoplasmatischenRetikulum (ER) hydroxyliert und anGlucuronsäure gekoppelt. Als hydro-phile Metabolite gelangen sie entwe-der ins Blut zurück oder in die Galle-Kanälchen (Canaliculi, blaue Pfeile).Dabei überwinden sie die Zellmem-bran an spezifischen Durchtrittsstel-len vermittels ATP-abhängiger Trans-portproteine (rote Pfeile).

2 Pharmakokinetik56

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Abb. 2.13 Biotransformation von Chlorpromazin. Metabo-lischer Abbau von Chlorpromazin als Beispiel für die mögliche Kom-plexität des Wirkstoff-Abbaus. Drei prinzipielle Abbauwege sindangegeben: Links: Ringhydroxylierung mit nachfolgender Kopp-lung;

Mitte: Demethylierung; Rechts: Oxidation von Schwefel und Stick-stoff. Die gezeigten Prozesse laufen nebeneinander ab, so dass eineunübersehbare Anzahl von Metaboliten gleichzeitig vorhanden ist,von denen ein Teil noch biologische Wirkung besitzt.

Abb. 2.14 Enzyminduktion. Zunah-me des glatten endoplasmatischen Re-tikulum in der Leberzelle als morpholo-gischer Ausdruck einer Enzymindukti-on. Links: Ausschnitt einer Leberzellevon einer unbehandelten Ratte. DieSchläuche des glatten ER (gER) liegenlocker verteilt im Zytoplasma, zwischenihnen Glykogen-Partikel. Rechts: Aus-schnitt einer Leberzelle von einer Ratte,die für einige Wochen mit einem tri-zyklischen Antidepressivum (1-Chlor-Amitriptylin) behandelt worden war.Die Schläuche des glatten ER (gER) lie-gen dicht gepackt. rER: raues endo-plasmatisches Retikulum; M: Mitochon-drium. Vergrößerung 25000fach. (Elek-tronenmikroskopische Aufnahmen ausdem Anatomischen Institut der Univer-sität Kiel.)

572.4 Elimination

2

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nalin) und zu bilden (Angiotensin II, Prostaglandine E undF). Außerdem werden amphiphile Pharmaka stark im Lun-gengewebe angereichert, wie Neuroleptika und Antide-pressiva, und verschwinden damit vorübergehend ausdem Kreislauf.

Kumulation. Unter Kumulation versteht man eine langsamzunehmende Plasma- und Gewebekonzentration einesPharmakons bei Zufuhr in regelmäßigen zeitlichen Abstän-den. Sie tritt immer dann auf, wenn pro Zeiteinheit mehrSubstanz zugeführt wird als in derselben Zeit eliminiertwerden kann. Dementsprechend kann jede Verbindung ku-mulieren, wenn die Gaben nur schnell genug aufeinander-folgen. Man spricht aber in der praktischen Medizin nurdann von Kumulation, wenn Pharmaka auch bei niedrigerApplikationsfrequenz (1 – 2-mal täglich) im Organismus

angereichert werden (s. a. Abb. 2.20). Der Plasmaspiegel er-reicht dann ein konstantes Niveau (Kumulationsgleichge-wicht), wenn die pro Zeiteinheit ausgeschiedene Substanz-menge der zugeführten Substanzmenge entspricht. Beispie-le für kumulierende Substanzen sind Amiodaron, Phenpro-coumon, Methadon, Digitoxin, Chlorphenothan (DDT).█

Die Kumulation von Arzneimitteln durch eine einge-schränkte Nierenleistung ist bei älteren Patienten beson-ders häufig und bedeutsam, weil das zunehmende Alterder Patienten regelhaft zur Einschränkung der Nieren-funktion führt. Eine Kumulation kommt also häufig vor,ist jedoch bei Kenntnis des Ausscheidungsweges undeinfacher Messbarkeit leicht vermeidbar. Die Niere alsAusscheidungsorgan ist für Arzneimittel viel kritischerals die Leber!

Box 2.8 Zelluläre Kumulation bei gleichbleibendem Plasmaspiegel

Bei der üblichen Kumulation geht die Zunahme des Substanz-gehaltes in Blut und Gewebe parallel. Das Pharmakon verteiltsich zwischen dem Plasma und den Geweben entsprechend sei-ner Löslichkeit in den verschiedenen Kompartimenten, d. h., dasKonzentrationsverhältnis Gewebe zu Plasma bleibt während derKumulation konstant. Von diesem Verhalten gibt es Ausnahmen.Der Konzentrationsquotient kann während der Dauerbehand-lung zunehmen, was bedeutet, dass die Konzentration im Gewe-

be überproportional ansteigt (Bild a). Dies ist ein Zeichen für dasEntstehen neuer Bindungsstellen, wie es z. B. für die arzneimit-telbedingte Phospholipid-Speicherkrankheit typisch ist. Hierbeihäufen sich in Lysosomen nicht abbaubare Pharmakon-Phospho-lipid-Komplexe an (Bild b), so dass der intralysosomale Bestandan Pharmakon zunimmt, obwohl die Substanzkonzentration inPlasma und Gewebsflüssigkeit gleich bleibt.

a Gewebe-Plasma-Quotienten nach chronischer Zufuhr des Ano-rektikums [3H]Chlorphentermin an Ratten. Im Gegensatz zurLeber reichern Nebenniere und Lunge das Pharmakon im Laufeder Zeit überproportional an. Ursache ist die „Speicherung“ vonChlorphentermin in Phospholipid-Aggregaten, die sich in Lyso-somen bilden, weil die Lipide aufgrund des eingelagertenChlorphentermin dem Abbau durch Phospholipasen entzogensind. Das Anorektikum ist nicht mehr auf dem Markt.

Therapeutisch kann dies z. B. bei chronischer Anwendungvon Chloroquin vorkommen; die vergrößerten Lysosomen sindbei einer augenärztlichen Spaltlampen-Untersuchung in Formvon feinen Ablagerungen in der Kornea des Auges erkennbar.Von größerer klinischer Relevanz ist heute das Antiarrhythmi-kum Amiodaron, das lysosomal zusammen mit Phospholipiden

gespeichert wird. Als Folge davon treten Kornea- und evtl. Lin-sentrübungen auf; in der Lunge sind die Makrophagen angefülltmit lipidhaltigen Lysosomen, eine Fibrose kann sich entwickeln(s. S. 183).

b Nebennierenrinde: Ausschnitt aus einer Zelle der Zona re-ticularis einer Ratte, die 3 Wochen mit der amphiphilen koronar-erweiternden Substanz Perhexilin behandelt wurde. Die vergrö-ßerten Lysosomen (L) enthalten lamelläres Speichermaterial(Ausdruck einer allgemeinen Phospholipidspeicherung). m: Mi-tochondrien vom tubulären Typ. Vergr. 29 000fach (Aufnahme:Anatomisches Institut der Universität Kiel). Perhexilin ist eben-falls wegen dieser Nebenwirkung vom Markt genommen wor-den.

2 Pharmakokinetik58

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2.5 PharmakokinetischeModellvorstellungen

Überblick

Pharmakokinetische GrundbegriffeClearance Cl: Pro Zeiteinheit vom Wirkstoff befreites Plas-

mavolumen. Sie charakterisiert die Leistungsfähigkeit desoder der Eliminationsorgane. Von Clearance und Dosierunghängt bei Dauertherapie die Höhe des Gleichgewichts-Plas-maspiegels ab.

Scheinbares Verteilungsvolumen Vapp: Fiktive Größe, dieangibt, in welchem Volumen sich eine Pharmakonmenge (Do-sis) befinden müsste, wenn überall die gleiche Konzentrationwie im Plasma herrschen würde.

Plasma-Eliminationshalbwertzeit t1/2: Zeitraum, in demsich die Plasmakonzentration halbiert (bei monophasischerElimination). Sie hängt von Clearance und Verteilungsvolu-men ab; sie charakterisiert die Verweildauer eines Pharma-kons im Körper;

sie erlaubt die Abschätzung, nach welcher Zeit bei regel-mäßiger Einnahme der Gleichgewichts-Plasmaspiegel erreichtist (ca. 4 × t1/2).

Absolute Bioverfügbarkeit Fabs: Anteil einer (oral) darge-reichten Pharmakon-Dosis, der systemisch verfügbar ist. Fabswird bestimmt von Darreichungsform (galenische Verfügbar-keit), Wirkstoff-Eigenschaften und Organismus. Die Plasma-konzentration hängt ab von der systemisch verfügbarenDosis = Dosisdargereicht × Fabs.

Dosis-lineare Kinetik: Substanz-Bewegungen im Körpergeschehen proportional zur Pharmakon-Konzentration.

Die Charakteristik der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve(Zeitverlauf des Plasmaspiegels) ist deshalb unabhängig vonder zugeführten Dosis. Die absolute Höhe des Plasmaspiegelsist proportional zur Dosis.

Pharmakokinetische Modelle werden mit dem Ziel ent-wickelt, die deskriptive Ebene zu verlassen und das phar-makokinetische Verhalten eines Arzneistoffes mit Hilfe vonMaßzahlen zu charakterisieren. Die Maßzahlen sollen esermöglichen, den Zeitgang der Wirkstoff-Konzentrationim Plasma für verschiedene Situationen vorherzusagen,z. B. Veränderung der Dosis, der Einnahmehäufigkeit oderder Funktion der Eliminationsorgane.

2.5.1 Eliminationshalbwertzeit,Clearance undVerteilungsvolumen

Der einfachste denkbare Fall ergibt sich unter folgendenBedingungen: Eine Substanz, die im Körper keiner Ver-änderung unterliegt, wird intravenös injiziert, sie verteiltsich – bezogen auf die Eliminationsgeschwindigkeit – mo-mentan in einem Kompartiment (Ein-Kompartiment-Mo-dell), die renale Ausscheidung erfolgt streng konzentrati-onsabhängig. Der Verlauf des Blutspiegels ist in Abb. 2.15für eine normale Nierenfunktion (Kurve 1) und für zweiZustände verminderter Nierenfunktion (Kurven 2 und 3)dargestellt. Im linearen System resultieren Kurven, derenSteilheit mit der Zeit abnimmt und die sich immer lang-samer dem Endwert nähern. Im halblogarithmischen Sys-tem dagegen ergeben sich Geraden, die das Vorliegen einerexponentiellen Funktion anzeigen und das Ablesen derPlasma-Eliminationshalbwertzeit t1/2 bzw. der Eliminati-onskonstanten gestatten:

t1/2 ¼ ln2k

(1)

Abb. 2.15 Ein-Kompartiment-Modell. Blutspiegel-Verläufe nachintravenöser Injektion eines Pharmakons, das den Intravasalraumausschließlich über die Niere streng konzentrationsabhängig ver-lassen kann. Über den Kurven sind das Blockschema und die ma-thematische Formulierung, die den Prozess beschreibt, angegeben.Der Blutspiegel (y) fällt einfach exponentiell ab. Links sind im linea-ren System 3 Kurven dargestellt, die aus unterschiedlichen Evasi-

onskonstanten resultieren (t1/2 von 10, 50 bzw. 100 min entspre-chend k = 0,07; 0,014 bzw. 0,007 min-1). Im halblogarithmischenSystem (rechts) ergeben sich Geraden, deren Schnittpunkte mitder 50%-Linie (entspricht 1,699 auf der logarithmischen Ordinate)markiert sind. Die Projektion dieser Punkte auf die Abszisse ergibtdie Halbwertzeiten (blaue Pfeilspitzen). Ordinate: Blutspiegel in %des Ausgangswertes.

592.5 Pharmakokinetische Modellvorstellungen

2

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Das Absinken der Plasmakonzentration folgt der Funktion

c ¼ c0 � e�k�t (2)

c: Konzentration zum Zeitpunkt tc0: Ausgangs-Konzentration, d. h. zum Zeitpunkt t = 0k: Geschwindigkeits-Konstante

Der exponentielle Abfall der Konzentration lässt sich biolo-gisch folgendermaßen erklären (Abb. 2.16): Vereinfachendsei angenommen, dass der Arzneistoff durch glomeruläreFiltration ausgeschieden und nicht rückresorbiert wird. Inden Nieren wird pro Zeiteinheit eine bestimmte Menge desBlutplasmas als Primärharn glomerulär abfiltriert, norma-lerweise ca. 120ml/min. In dem abfiltrierten Plasma ist derArzneistoff gelöst. Daraus ergibt sich, dass die pro Zeitein-heit eliminierte Substanzmenge proportional zur Substanz-konzentration im Plasma ist. Infolge der renalen Eliminati-on sinkt die Plasmakonzentration und damit die pro Zeit-einheit eliminierte Menge. Deshalb flacht die Konzentrati-ons-Zeit-Kurve ab. Dementsprechend eignet sich die Elimi-nationsgeschwindigkeit (eliminierte Menge/Zeit) nicht alsMaßzahl zur Charakterisierung des Eliminationsprozesses.Die Halbwertzeit t1/2 des Prozesses (bzw. die Geschwindig-keitskonstante k) ist jedoch eine konstante Größe: WieAbb. 2.16 zeigt, fällt innerhalb eines Zeitintervalles von t1/2die Plasmakonzentration immer auf die Hälfte ihres Aus-gangswertes ab, unabhängig von dessen absoluter Höhe.

Ebenfalls konstant ist die formal pro Zeiteinheit von derSubstanz befreite Plasmamenge. Diese wird als Clearance(Cl) bezeichnet.

Cl ¼ vom Pharmakon befreites PlasmavolumenZeitintervall

(3)

Die Einheit ist [Vol/Zeit], z. B. [ml/min].

Die Halbwertzeit der Elimination wird allerdings nichtallein durch die Nierenfunktion bzw. Clearance bestimmt.Dies zeigt wiederum die Betrachtung der biologischen Si-tuation. In den Nieren wird pro Zeiteinheit so viel Substanzzur Ausscheidung gebracht, wie in dem glomerulär filtrier-ten Plasmavolumen vorhanden ist. Welche Bedeutung dasausgeschiedene Substanzquantum für die Abnahme desSubstanzbestandes im Körper hat, hängt davon ab, welcherAnteil der insgesamt im Körper vorhandenen Pharmakon-Menge sich im Plasma befindet. Hält sich die Substanzüberwiegend im Gewebe und kaum im Plasma auf, bringtdie „Klärung“ eines Plasmaquantums die Elimination derSubstanz aus dem Organismus kaum voran. Die Substanzströmt aus den „Gewebedepots“ in das Plasma nach, undformal betrachtet muss das Plasmaquantum erneut geklärtwerden. Das formal insgesamt von der Substanz zu befrei-ende Plasmavolumen entspricht dem scheinbaren Vertei-lungsvolumen Vapp der Substanz. Dies ist rechnerisch dasVerhältnis zwischen Pharmakon-Menge im Körper undPlasmakonzentration (S. 54).

Mit anderen Worten: Je größer Vapp ist, desto langsamerwird bei einer gegebenen Clearance die Elimination desPharmakon aus dem Körper vonstattengehen. Es gilt:

t1/2 ¼ ln2� Vapp

Cl(4)

Es sei angemerkt, dass meist bei der Berechnung sowohlvon Vapp als auch von Cl die Gesamtkonzentration einesPharmakons im Plasma berücksichtigt wird, also keine Dif-ferenzierung zwischen frei und Plasmaeiweiß-gebundenerfolgt. Der „Fehler“ kürzt sich bei der Berechnung vont1/2 gewissermaßen weg.

In dem Beispiel aus Abb. 2.15 beruht die Zunahme vont1/2 auf der eingeschränkten Nierenfunktion. Das Vertei-lungsvolumen Vapp hat sich nicht geändert, was daran er-kennbar ist, dass nach Injektion der Dosis in allen dreiFällen jeweils gleiche initiale Plasmakonzentrationen resul-tierten. Allgemein gilt jedoch, dass die Zunahme einer Eli-minationshalbwertzeit an sich keine Auskunft gibt, ob sichdie Leistungsfähigkeit der Eliminationsorgane oder dasVerteilungsvolumen verändert hat.

Die renale Eliminationsfähigkeit kann meist auch fürsolche Arzneistoffe durch eine Clearance gekennzeichnetwerden, die einer tubulären Rückresorption unterliegenoder die tubulär sezerniert werden. Voraussetzung ist,dass diese Vorgänge ebenfalls linear von der Konzentrationabhängen.

Auch die hepatische Elimination durch Biotransformati-on kann durch eine Clearance charakterisiert werden. Dennmeist arbeiten die Enzyme in einem Bereich, in dem dieUmsatzgeschwindigkeit proportional zur Substratkonzen-tration ist. Unter dieser Bedingung bleibt das formal vomPharmakon befreite Plasmavolumen, also die Clearance,konstant und unabhängig von der Pharmakon-Konzentra-tion.

Beim Abbau von Ethanol gilt dies nicht; hier ist bereitsbei sehr niedrigen Konzentrationen der Sättigungsbereichder abbauenden Enzyme erreicht. Die Umsatzgeschwindig-keit ist also konstant und unabhängig von der Substratkon-

= f · Konz.

Abb. 2.16 Ausscheidung durch glomeruläre Filtration. Abnah-me der Arzneistoff-Konzentration im Plasma (Konz.) in Abhängig-keit von der Zeit (t), f = Proportionalitätsfaktor.

2 Pharmakokinetik60

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zentration. Die Blutkonzentrations-Zeit-Kurve fällt nichtexponentiell, sondern linear ab.

Die Fähigkeit des Organismus zur Elimination einesPharmakons wird durch die Gesamt-Clearance (Cltot) be-schrieben. Diese ist die Summe der Clearancewerte dereinzelnen Eliminationswege.

Cltot ¼ Clren þ Clhep þ Clx (5)

In Gleichung (4) geht Cltot ein.

2.5.2 Bateman-Funktion

Das nächste Beispiel demonstriert den einfachsten Fall desBlutspiegelverlaufes nach Gabe eines Pharmakons per os.Die enterale Resorption wird durch eine Resorptions-(Inva-sions-) Konstante und die Ausscheidung aus dem Blutdurch eine Eliminations-(Evasions-) Konstante charakteri-siert, wobei beide Prozesse irreversibel sind. Die Resorptionin das Blutkompartiment sowie die Elimination sind durchzwei entgegengesetzt gerichtete Exponentialfunktionen re-präsentiert (blaue und grüne Kurve in Abb. 2.17). Der re-sultierende Blutspiegel (rote Kurve) ist aber nicht die ein-fache Summe aus den Invasions- und Evasionsprozessen,weil die Evasion ja erst wirksam werden kann, wenn eineInvasion stattgefunden hat und dementsprechend immereffektiver wird, je höher der Blutspiegel ansteigt. Das Zu-sammenspiel der beiden Funktionen (Gleichung in derAbb. 2.17) wird als Bateman-Funktion bezeichnet. Es seihier erwähnt, dass die Bateman-Funktion auch angewendetwerden kann, wenn statt einer Resorption aus dem Darmeine Resorption aus einem intramuskulär oder subkutanapplizierten Arzneimitteldepot erfolgt.

Die Fläche unter der Blutspiegel-Zeit-Kurve (abgekürztAUC, von „area under the curve“) hängt von der aufgenom-menen Arzneistoffmenge und von der Gesamtclearance ab:

AUC ¼ DosisCltot

(6)

Dieser Zusammenhang erlaubt die Berechnung der Clea-rance:

Cltot ¼ DosisAUC

(7)

Invasions- und Evasionskonstanten. Um die Bedeutung derInvasions- bzw. Evasionskonstanten für den Blutspiegel-Verlauf zu demonstrieren, sind Serien von Blutspiegel-Kur-ven für identische Bedingungen mit Ausnahme der jeweilsinteressierenden Variablen in Abb. 2.18 dargestellt.

In Abb. 2.18 a variiert die Eliminationsgeschwindigkeitüber einen großen Bereich: Es resultieren unterschiedlichhohe Blutspiegel mit verschieden langer Plateaudauer. Mitabnehmender Eliminationsleistung nimmt die Fläche unterder Kurve zu. Die Berechnung von Cltot aus Dosis und AUCwürde abnehmende Werte für die Gesamtclearance erge-

Abb. 2.17 Bateman-Funktion. Blutspiegel-Verlauf nach Gabeeines Pharmakons in ein dem Blut vorgeschaltetes Kompartiment(I, schwarz), aus dem es durch Invasion (Resorption) in das Blut (II,rot) gelangt und von dort eliminiert wird. Das Blockschema und diemathematische Formulierung (Bateman-Funktion) sind angege-ben: y = Blutspiegel zur Zeit t, a = Dosis/Vapp, k1 = Invasionskon-stante, k2 = Evasionskonstante. Grüne und blaue Kurve entsprechenden isoliert betrachteten Invasions- und Evasionsprozessen, dierote Linie beschreibt den tatsächlichen Verlauf des Blutspiegels,Ordinate: Konzentration des Pharmakon im Blut in willkürlichenEinheiten/ml; Abszisse: Zeit.

Abb. 2.18 Einfluss von Evasions- bzw. Invasionskonstante aufden Blutspiegel-Verlauf. Es handelt sich um dasselbe System unddieselbe mathematische Beschreibung wie in Abb. 2.17. Wird diezugeführte Dosis (= 1,0) und die Invasionskonstante k1 (= 0,25min−1)konstant gehalten, die Eliminationskonstante k2 aber systematischvariiert (0,0; 0,01; 0,025; 0,05; 0,1; 0,25; 0,5 min−1), so ergeben sichdie Kurven von a. Dagegen resultieren die Kurven von b, wenn dieDosis (= 1,0) und die Eliminationskonstante k2 (= 0,1 min−1) unver-ändert bleiben, aber die Invasionskonstante k1 systematisch ver-ändert wird (von 1,0; 0,5; 0,1; 0,05 bis 0,01 min−1). Koordinatenwie Abb. 2.17.

612.5 Pharmakokinetische Modellvorstellungen

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ben. Hier sei an das klinisch wichtige Therapieproblem er-innert, das sich aus einer Beeinträchtigung der Elimination(Niereninsuffizienz, Leberschaden) ergibt: Die „normaleDosierung“ eines Arzneimittels führt zu überhöhten Blut-spiegeln mit entsprechenden Vergiftungssymptomen.

Die Abb. 2.18 b demonstriert Blutspiegel-Verläufe, wennbei konstanter Evasionsgeschwindigkeit die Invasionskon-stante variiert wird. Auch hier ist der unterschiedlichhohe Blutspiegel und die unterschiedliche Dauer eines be-stimmten Blutspiegel-Niveaus evident. Die Form der Kur-ven ändert sich, die Fläche unter den Kurven bleibt hin-gegen gleich (Abb. 2.18 b gibt nur den vorderen Abschnittder Kurven wieder). Dies zeigt an, dass die Gesamtclearan-ce unverändert ist.

Eine Erhöhung der Dosis (Zunahme von a in der Bate-man-Funktion) würde die Form der Blutspiegelkurve ausAbb. 2.17 im Prinzip unverändert lassen – der Blutspiegelwäre allerdings zu jedem Zeitpunkt proportional zur Do-sissteigerung erhöht. Entsprechend würde die Fläche unterder Kurve proportional zur Dosis zunehmen.

Aufrechterhalten eines therapeutischen Blutspiegels. Untertherapeutischem Gesichtspunkt ist es notwendig, einen be-stimmten minimalen Blutspiegel für längere Zeit zu über-schreiten. Wie in Abb. 2.18 b sichtbar, verweilt der Blut-spiegel über längere Zeit in einem bestimmten Konzentra-tionsbereich, wenn die Invasion des Arzneistoffes verzögerterfolgt. Allerdings sind dann auch die maximal erreichtenBlutspiegel niedriger. Um dennoch den minimalen thera-peutischen Blutspiegel zu erzeugen, muss die Dosis erhöhtwerden (Abb. 2.19). Diese Situation ist ähnlich wie bei derGabe einer Substanz in Form eines Retard-Präparates.

Kumulative Bateman-Funktion. Das übliche Vorgehen inder Arzneimitteltherapie besteht darin, Pharmaka in regel-mäßigen Intervallen über längere Zeit zuzuführen. Einwichtiges Problem der Pharmakokinetik ist dementspre-chend die Beschreibung der Blutspiegel-Kurven (oder derPharmakon-Konzentrationen in anderen Kompartimenten)bei chronischer Zufuhr eines Arzneimittels. Mathematischhandelt es sich dabei um „kumulative Bateman-Funktio-nen“, denn nach jedem Intervall addiert sich die neueDosis zu der noch im Organismus vorhandenen Arzneimit-telmenge. Auch für die kumulative Bateman-Funktion sindwieder die Dosis und die Invasions- und Evasionskonstan-ten entscheidende Größen: als neue Variable kommt jetztdas Zeitintervall τ zwischen der Gabe der einzelnen Dosenhinzu. Je häufiger die Gabe einer Dosis erfolgt, desto kleinerist der Wert für τ.

Um den Blutspiegel-Verlauf bei unterschiedlichen Elimi-nationskonstanten bei länger dauernder Zufuhr zu de-monstrieren, ist folgendes Beispiel gerechnet und in derAbb. 2.20 zeichnerisch dargestellt: Drei Pharmaka sollensich nur durch die Evasionskonstante unterscheiden, sieerfordern gleiche therapeutische Blutspiegel und werdenin gleicher Dosierung gegeben. Bei hoher Eliminations-geschwindigkeit (untere Kurve) ist am Ende des Intervallsdie Substanz bereits fast völlig ausgeschieden, so dass injedem Intervall eine einfache Bateman-Funktion resultiert:der Blutspiegel steigt im Laufe der Zeit nicht an, und dernotwendige therapeutische Blutspiegel wird nicht erreicht.

Bei mäßiger Evasionsgeschwindigkeit resultiert diemittlere Kurve der Abb. 2.20: in den ersten Tagen nachTherapiebeginn steigt der Blutspiegel undulierend an, er-

Abb. 2.19 Kompensation einer verlangsamten Invasion durchDosis-Steigerung. Blutspiegel-Verläufe (Bateman-Funktionen), wiesie resultieren, wenn bei variierenden Invasionskonstanten k1 diezugeführten Dosen des Pharmakon so gewählt werden, dass injedem Fall dieselbe Blutspiegelhöhe erreicht wird. Die k1-Werteunterschieden sich folgendermaßen (Kurven von links nach rechts)1,0; 0,5; 0,1; 0,05; 0,01, die Dosen mussten entsprechend von 1,0auf 1,16; 2,0: 3,1 bzw. 10,0 erhöht werden, um dieselben Blut-spiegel-Werte zu erreichen. Beachte die unterschiedliche Dauer dertherapeutisch wirksamen Blutspiegel. Koordinaten wie Abb. 2.17.

Abb. 2.20 Wiederholte Zufuhr bei unterschiedlicher Evasion.Blutspiegelverläufe bei täglicher Zufuhr von drei Pharmaka in eindem Blut vorgeschaltetes Kompartiment. Die Substanzen unter-scheiden sich nur durch ihre Evasionskonstanten k2. Mathematischhandelt es sich um kumulative Bateman-Funktionen, in denen alsneue Variable die Intervallgröße τ (Frequenz der Zufuhr) hin-zukommt. Für die drei abgebildeten Kurven sind die Dosen, dieInvasionskonstanten und die Intervalle (in Tagen) konstant gehal-ten, lediglich die Evasionskonstanten unterscheiden sich wie folgt:0,2 (untere Kurve), 0,02 (mittlere Kurve) und 0,01 h–1 (obere Kur-ve). Ordinate: Konzentration der Pharmaka im Blut in willkürlichenEinheiten/ml; Abszisse: Zeit in Tagen.

2 Pharmakokinetik62

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reicht den „therapeutischen“ Blutspiegel und läuft in einGleichgewicht zwischen Zufuhr und Ausscheidung ein.Dies ergibt sich daraus, dass die pro Zeiteinheit ausgeschie-dene Substanzmenge proportional zur Konzentration ist. Jehöher das Konzentrationsniveau steigt, desto mehr Sub-stanz wird also im Dosisintervall ausgeschieden. Beieinem bestimmten Konzentrationsniveau halten sich Zu-fuhr und Ausscheidung die Waage und das Plateau der Ku-mulationskurve ist erreicht. Dieses Pharmakon besitzt dieerforderlichen pharmakokinetischen Parameter unter denangegebenen Bedingungen.

Die obere Kurve zeigt den Blutspiegelverlauf nach wie-derholter Gabe eines Arzneimittels mit langsamer Elimina-tionsgeschwindigkeit. Die Konzentration im Blut über-schreitet bald den therapeutischen Wert und steigt nochüber lange Zeit an. Besonders auffällig ist das sehr späteErreichen eines Gleichgewichtes zwischen Zufuhr und Aus-scheidung. Diese Substanz kumuliert und kann bei entspre-chend geringer therapeutischer Breite zur Intoxikation füh-ren.

Der im Kumulationsgleichgewicht herrschende mittlereBlutspiegel (Ckumul) hängt von der aufgenommenen Dosis,der Gesamtclearance (Cltot) und dem Dosierungsintervall(τ) wie folgt ab:

Ckumul ¼ DCltot � τ

(8)

Diese Beziehung erlaubt es, bei bekannter Clearance einesArzneistoffes zu berechnen, welche Dosis in welchem In-tervall zugeführt werden muss, um einen gewünschtenBlutspiegel zu erreichen. Als Faustregel gilt, dass bei richti-ger Applikation etwa 4 Halbwertzeiten zur Aufsättigungbenötigt werden.

Bei Dauerinfusion einer Substanz gilt:

Ckumul ¼ InfusionsgeschwindigkeitCltot

(9)

Infusionsgeschwindigkeit ist Dosis pro Zeiteinheit, z. B. mgpro Minute.

Die Amplitude, mit der die Plasmakonzentration um dasKumulationsgleichgewicht unduliert, ist umso kleiner, jekleiner die Einzeldosen sind, auf die eine Tagesdosis ver-teilt wird.█

Dosierungsunterbrechung. In den meisten Fällen ist dasZiel einer langwährenden Therapie, durch geeigneteWahl der Einzeldosis und der Intervallgröße einen „kon-stanten“ Blutspiegel (d. h. einschließlich der Tages-schwankungen) einzustellen. Der Blutspiegel soll einGleichgewicht bei gegebenen Konstanten erreichen. DieInvasions- und Evasionsgeschwindigkeiten, die Dosis unddie Intervalldauer sind die bestimmenden Größen.Abb. 2.21 zeigt, welchen Einfluss die zweimalige Unter-lassung der Zufuhr der notwendigen Dosis auf den Blut-spiegel hat (Unzuverlässigkeit eines Patienten in der Arz-neimittel-Einnahme: „Non-Compliance“1). Dargestellt istwiederum eine kumulative Bateman-Funktion, die nachtäglicher Gabe einer bestimmten Dosis bald das ge-wünschte Gleichgewicht erreicht hat. Am 13. und 14.Tag vergisst der Patient, die Tablette zu nehmen. Der

Blutspiegel sinkt drastisch ab, denn nur die Eliminations-konstante ist jetzt entscheidend.

Nach Wiederaufnahme der Zufuhr dauert es abernoch weitere 4 Tage, bis das Gleichgewicht wieder er-reicht ist. Die zweitägige Unterlassung lässt den Blutspie-gel also für etwa 6 Tage den benötigten therapeutischenWert unterschreiten!

Enzyminduktion und Blutspiegel. Das nächste Beispielsoll den Einfluss einer Arzneimittelinterferenz auf dasBlutspiegel-Gleichgewicht erläutern. Bei einem Patientenist ein optimaler Blutspiegel eingestellt (Abb. 2.22), die-ser Patient nimmt aber vom 12. Tag an ein zusätzlichesMedikament, das eine Enzyminduktion in der Leber aus-löst. Dadurch wird die Eliminationsgeschwindigkeit desersten Pharmakon vergrößert. In unserem Beispiel er-reicht die Evasionskonstante ihren neuen Wert exponen-tiell mit einer Halbwertzeit von 2 Tagen. Durch die ge-steigerte Elimination sinkt der Blutspiegel erheblich abund unterschreitet den therapeutischen Wert: Die Thera-pie ist wirkungslos geworden.

Mehr als ein Kompartiment. Die oben angestellten Betrach-tungen betreffen eine Situation, in der die Verteilung desArzneistoffes so rasch vonstattengeht, dass Plasmaspiegel

1 Compliance (Willfähigkeit, Unterwürfigkeit, Einwilligung) ist einesder vielen Beispiele für nicht notwendige Anglizismen. Der Begriffwird im klinischen Sprachgebrauch benutzt, um die Zuverlässigkeitder Patienten hinsichtlich der Befolgung ärztlicher Verordnungenzu kennzeichnen. In der Physiologie bedeutet „compliance“ Dehn-barkeit, z. B. der Lunge oder der Gefäße. Anstatt von „Patienten-Compliance“ könnte man auch von der „Mitarbeitsbereitschaft“,der „Therapietreue“ oder der „Zuverlässigkeit des Patienten“ spre-chen. Meist wird heute der Begriff „Adhärenz“ gebraucht.

Abb. 2.21 Vergessene Einnahme. Einfluss einer kurzfristigen Un-terbrechung der Zufuhr eines Arzneimittels auf den „Gleichge-wichts-Blutspiegel“ bei chronischer Therapie. Durch tägliche Gabewar der erforderliche Wirkspiegel nach 4 Tagen erreicht, gleich-zeitig hat sich ein Gleichgewicht zwischen Zufuhr und Ausschei-dung eingestellt. Die nur zweimalige Unterlassung der Tabletten-Einnahme bewirkt, dass der erforderliche Wirkspiegel erst nachetwa 4 + 2 = 6 Tagen wieder erreicht wird. Koordinaten wieAbb. 2.20.

632.5 Pharmakokinetische Modellvorstellungen

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und Gewebespiegel parallel verlaufen und ein Einkompar-timent-Modell adäquat ist. Nach intravenöser Zufuhr einesPharmakons tritt im Allgemeinen ein biphasischer Abfallder Plasmakonzentration in Erscheinung (Abb. 2.23). Dasrasche Absinken in der α-Phase entspricht der Verteilung,und erst die β-Phase ist Ausdruck der Ausscheidung ausdem Körper. In der α-Phase steigt die Pharmakonmengeim Gewebe, während sie im Plasma sinkt. Hier wäre zurBeschreibung ein Zweikompartiment-Modell angebracht.Es sind sogar Vielkompartiment-Modelle entwickelt wor-den, deren Handhabung und klinische Relevanz aber eherschwer nachvollziehbar sind. Sie werden daher hier nichtnäher erläutert.

2.6 Bioverfügbarkeit undBioäquivalenz

2.6.1 Bioverfügbarkeit

Unter dem englischen Begriff „bioavailability“ wurde ur-sprünglich die Eigenschaft von Tabletten, Dragees, Kapselnverstanden, ihre eigentlichen Inhaltsstoffe genügendschnell freizugeben, um sie dem Intestinaltrakt zur Resorp-tion zur Verfügung zu stellen (entspricht jetzt „galenischerVerfügbarkeit“). Heute wird der Begriff Bioverfügbarkeitweiter gefasst: Bioverfügbarkeit = Ausmaß der Verfügbar-keit eines applizierten Wirkstoffes am Wirkort bzw. imPlasma. Wird eine Substanz oral dargereicht, so bestimmenverschiedene Vorgänge, in welchem Ausmaß die Substanzschließlich zur systemischen Verteilung gelangt. Diese sindin Abb. 2.24 zusammengestellt. Im Magen-Darm-Traktmuss die Darreichungsform zunächst zerfallen (Desintegra-tion), bevor der Wirkstoff im Magen-Darm-Saft in Lösunggehen kann (Dissolution). Diese beiden Vorgänge sollenunter dem Begriff galenische Verfügbarkeit zusammenge-fasst werden.

Je nach Zusammensetzung, Oberflächenbekleidung,Pressdruck usw. der Tabletten oder Dragees zerfallen dieFertigarzneimittel unterschiedlich schnell im Magen-Darm-Kanal. Außerdem besitzt die Grundmasse eine ver-schieden ausgeprägte Adsorptionsfähigkeit, so dass selbstdie Freigabe des Pharmakon aus einer zerfallenen Tablettenicht gewährleistet sein muss. Eine vollständige galenischeVerfügbarkeit ist dagegen immer gegeben, wenn ein Arz-neimittel in Lösung eingenommen wird. Der gelöste Wirk-stoff steht im Prinzip zur Diffusion in die Darmschleimhautzur Verfügung. Er ist im Magen-Darm-Trakt aber verschie-denen Einflüssen ausgesetzt, welche die freie Konzentrati-on des Stoffes vermindern können, sei es durch Zerstörung

Abb. 2.22 Enzyminduktion. Einfluss einer Zunahme der Evasi-onsgeschwindigkeit auf den „Gleichgewichts-Blutspiegel“ bei chro-nischer Therapie. Vom 12. Tag an nimmt die Evasionskonstanteexponentiell mit einer Halbwertzeit von 2 Tagen von 0,02 auf0,06 h–1 zu. Die Ursache liegt in einer Enzyminduktion durch einweiteres Pharmakon. Die erhöhte Eliminationsgeschwindigkeit lässtden Blutspiegel absinken und sich auf ein neues, niedrigeres Niveaueinstellen, das unter dem erforderlichen Wirkspiegel liegt. Koor-dinaten wie Abb. 2.20.

Abb. 2.23 α- und β-Phase. Biphasischer Abfall der Plasmakon-zentration nach intravenöser Zufuhr eines Pharmakons. α-Phase:Verteilung; β-Phase: Elimination. Beachte die logarithmische Tei-lung der Ordinate.

Abb. 2.24 Von der Applikation zum Kreislauf. Weg eines Arz-neistoffes von der oralen Aufnahme bis zur systemischen Vertei-lung.

2 Pharmakokinetik64

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(Penicillin G durch Salzsäure, Peptide durch Proteasen)oder durch Bildung nicht resorbierbarer Komplexe (Ausfäl-lung von Tetracyclinen oder von Fluorid mit Calcium-Ionen,Adsorption an nicht-resorbierbare Antazida oder medizi-nische Kohle).

Den galenischen Problemen folgen die biologischen Pro-zesse. So wird keineswegs jeder gelöste Wirkstoff tatsäch-lich resorbiert. Eine dauerhaft geladene Substanz, wie bei-spielsweise das quartäre Ipratropium, kann die Zellmem-branen der Darmepithelzellen nur schlecht überwindenund wird deshalb unvollständig resorbiert. Es besitzt eineniedrige Resorptionsquote (= tatsächlich resorbierte Men-ge/zur Resorption bereitstehende Menge).

Nach der Resorption kann ein Pharmakon in der Leber,der Lunge oder auch schon in der Darmschleimhaut abge-baut werden. Dieser Vorgang wird präsystemische Elimina-tion genannt oder in Bezug auf die Leber auch als „first passeffect“ bezeichnet. Eine Bindung des resorbierten Pharma-kon in Darm, Leber oder Lunge kann ebenfalls als präsyste-mische Elimination imponieren. Daraus ergibt sich schließ-lich die Bioverfügbarkeit, die gemessen werden kann,indem ein Wirkstoff oral und intravenös zugeführt undjeweils die Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve bestimmtwird (vergleiche Abb. 2.25). Die Fläche unter der Kurve(AUC) ist der aufgenommenen Menge proportional.

Die (absolute) Bioverfügbarkeit Fabs, ist demnach:

Fabs ¼ AUCperoral

AUCintravenös

Ist die Bioverfügbarkeit bei Verwendung einer anderen ora-len Darreichungsform niedriger als bei Verwendung einerLösung (vollständige galenische Verfügbarkeit), so beruhtder Unterschied auf einer mangelnden galenischen Verfüg-barkeit.

2.6.2 Bioäquivalenz

Wenn ein und derselbe Wirkstoff von verschiedenen Fir-men in eigenen Fertigarzneimitteln auf den Markt gebrachtwird, können sich die Darreichungsformen so unterschei-den, dass eine unterschiedliche galenische Verfügbarkeitbesteht. Um dies zu prüfen, kann ein neues Präparat imVergleich zu einem Standardpräparat oral zugeführt undjeweils die Blutspiegel-Zeit-Kurve berechnet werden. Ausden beiden Flächen unter der Kurve lässt sich die relativeBioverfügbarkeit bestimmen:

Frel ¼ AUCTestpräp

AUCStandard

Therapeutische Gleichwertigkeit (Bioäquivalenz) wäre ge-geben, wenn neben der AUC auch der Zeitverlauf des Blut-spiegels dem des Standardpräparates gleichen würde. Esmüsste die maximal erreichte Plasmakonzentration cmax

gleich sein und auch tmax (der Zeitpunkt nach der Einnah-me, zu dem Cmax erreicht wird) müsste identisch sein(Abb. 2.25). Hierbei werden allerdings grundsätzlich Tole-ranzen anerkannt, die zwischen 80 und 125% der Werteder Standardpräparation liegen. Um so viel darf also ein

Generikum pharmakokinetisch vom Original abweichen,was bei Arzneimitteln mit geringer therapeutischer Breitedurchaus problematisch sein kann (z. B. Phenprocoumonzur Antikoagulation).

2.7 Eliminationshalbwertzeitund Abklinggeschwindigkeitder Wirkung

Zum Abschluss sei betont, dass sich Plasmaspiegel bzw.Konzentration in der Biophase und Effekt eines Pharma-kons keineswegs immer parallel ändern. Die Beziehungzwischen aktueller Plasmakonzentration und Ausmaßeiner Wirkung ist viel komplizierter. Die Beziehungen wer-den besonders deutlich, wenn in einem Beispiel ein Phar-makon mit großer therapeutischer Breite gewählt wird, dasbezüglich eines bestimmten Effektes überdosiert werdenkann (z. B. Penicillin G und Empfindlichkeit eines Erregers,β-Blocker und Hemmung der β-Rezeptoren). Im Folgendensoll an einem Beispiel gezeigt werden, wie komplex dieAbhängigkeit sein kann. Dabei ist vereinfachend angenom-men worden, dass die Konzentration im Plasma mit der inder Biophase identisch ist. Auf der Eliminationskurve(Abb. 2.26 a) sind die einzelnen Zeiträume, in denen dieKonzentration auf die Hälfte absinkt, mit Ziffern gekenn-zeichnet. In Abb. 2.26 b ist die Dosis-Wirkungs-Kurve fürdie Substanz veranschaulicht, sie erstreckt sich von derSchwellenkonzentration 10-3 µg/ml bis zum maximalen Ef-fekt, der bei etwa 10-1 µg/ml erreicht ist. Die β-Phase be-ginnt bereits bei ca. 5 × 10-1 µg/ml. Es vergehen also zweiHalbwertzeiten, ohne dass der maximale pharmakologi-sche Effekt sich ändert. Erst im 3. Intervall erreichen wirdie eigentliche Konzentrations-Wirkungs-Kurve. In den fol-genden Intervallen geht der Effekt entsprechend dem stei-len Teil der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung rasch ver-loren.

Abb. 2.25 Deskriptive Kurvenparameter. Plasmakonzentrati-ons-Zeit-Kurve mit den Maßzahlen, die zur Beurteilung der Bio-äquivalenz herangezogen werden.

652.7 Eliminationshalbwertzeit und Abklinggeschwindigkeit der Wirkung

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Dieses Beispiel demonstriert Folgendes:1. Das Abklingen eines pharmakologischen Effektes, der

unmittelbar konzentrationsabhängig und nicht inter-aktionsüberdauernd ist, hängt davon ab, ob die Aus-gangskonzentration oberhalb oder innerhalb der Dosis-Wirkungs-Kurve liegt. Ist ersteres der Fall, vergehen ei-nige Halbwertzeiten, ehe der Effekt überhaupt abzuklin-gen beginnt.

2. Beim Durchlaufen des Konzentrationsbereiches, der dereigentlichen Dosis-Wirkungs-Kurve entspricht, ist derEffekt nicht mit der Konzentration einfach linear korre-liert. Es gibt also keine einfache Beziehung zwischen derGeschwindigkeit, mit der ein Wirkstoffspiegel absinkt,und der Geschwindigkeit, mit der ein pharmakologi-scher Effekt verschwindet.

Es muss daher nicht verwundern, wenn in vielen Fällender praktischen Therapie die Angaben über Eliminations-halbwertzeit und Wirkdauer von Arzneimitteln schein-bar nicht zur Deckung zu bringen sind.

Ein praktisch wichtiger Zusammenhang besteht zwi-schen der Halbwertzeit (t1/2) eines Wirkstoffes und demErreichen der Gleichgewichts-Plasmakonzentration beiMehrfachgabe. Als Faustregel gilt: 4 – 5 t1/2 werden dazubei konstanter Dosierung benötigt. Und umgekehrt, nachAbsetzen einer Medikation dauert es wiederum 4 – 5 t1/2,bis die Pharmakon-Konzentration auf unterschwelligeWerte abgesunken ist.

Grundsätzlich können Effekte lange hinter den Phar-makonkonzentrationen „herhinken“, und zwar sowohlbei Beginn der Therapie als auch nach dem Absetzen:Man spricht hier von der sogenannten Hysterese. Bei-spiele sind vor allem die verzögerten Effekte z. B. von β-Blockern und Diuretika auf den Blutdruck, die erst nachmehreren Wochen voll ausgeprägt sind.

Abb. 2.26 Elimination eines Pharmakons und Abklingen derWirkung. a Verlauf des Plasmaspiegels über die Zeit nach intrave-nöser Zufuhr einer Substanz. b Konzentrations-Wirkungs-Kurve desbetreffenden Pharmakon. Auf der Plasmaspiegel-Kurve sind die In-tervalle, die einer Eliminationshalbwertzeit entsprechen, mit Zifferngekennzeichnet. Diese Konzentrationsschritte sind auf der Konzen-trations-Wirkungs-Kurve mit denselben Zahlen markiert. Der Be-

reich der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung ist in beiden Kurvengrau unterlegt. Wie aus der Abbildung deutlich wird, nimmt derpharmakologische Effekt während der ersten Halbwertzeiten kaumab, obwohl der Plasmaspiegel gleichmäßig abfällt. Dagegen gehtdie Wirkung schnell verloren, wenn der Plasmaspiegel den steilenTeil der Konzentrations-Wirkungs-Kurve durchläuft (Intervall 5 – 7).Näheres siehe Text.

2 Pharmakokinetik66

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3 Nebenwirkungen(unerwünschte Arzneimittelwirkungen)3.1 Arzneimittelanamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3.2 Nutzen-Risiko-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3.3 Toxische Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

3.4 Allergische Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

3.5 Arzneimittelbedingte Blutbildveränderungen . . . . . . . . . . 71

3.6 Arzneimittelmissbrauch und Sucht:Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

3.7 Therapeutisches Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

3.8 Schädigungen der Frucht durch Arzneimittel . . . . . . . . . . . 73

3

3.1 Arzneimittelanamnese

Fast alle Arzneimittel rufen nicht nur die für die Therapieerwarteten Wirkungen hervor, sondern darüber hinaus oftunerwünschte Wirkungen, auch Nebenwirkungen genannt.Die auf Nebenwirkungen zu beziehenden „Krankheiten“sind immerhin so häufig, dass sie einen beachtlichen Pro-zentsatz der Patienten betreffen, die in Krankenhäuser auf-genommen bzw. stationär behandelt werden.

Es liegen Untersuchungen darüber vor, wie häufig Kran-kenhauseinweisungen aufgrund von Arzneimittelneben-wirkungen erfolgen müssen. Die Zahlen, die dabei fest-gestellt wurden, liegen im Bereich von 5 – 10% der Einge-wiesenen. Auch während eines Klinikaufenthaltes könnennatürlich pharmakonbedingte unerwünschte Wirkungenauftreten. Deshalb ist eine gute Kenntnis der medizinischenVorgeschichte der Patienten sehr wichtig. Bei jedem Patien-ten muss daher eine eingehende Arzneimittelanamnese er-hoben werden. Durch diese Befragung können möglicher-weise akute Beschwerden des Betreffenden schon geklärtwerden. Bei Bedarf neuer, zusätzlicher Wirkstoffe muss anInterferenzen gedacht werden. Dies ist nur möglich, wenndie bisherige Therapie mit Arzneimitteln und auch alterna-tiven Mitteln bekannt ist. Wird eine Arzneimittelanamnesenicht durchgeführt und werden dadurch vermeidbareSchädigungen nicht vermieden, muss das Verhalten desTherapeuten als Behandlungsfehler eingestuft werden. Mitder Erkennung und Erfassung von unerwünschten Arznei-mittel-Wirkungen beschäftigt sich die Pharmakovigilanz.

3.2 Nutzen-Risiko-Verhältnis

Ein besonders schwieriges Problem bei der Zulassung undAnwendung von neuen Wirkstoffen stellen die Erkenntnis-se über Schwere und Häufigkeit der Nebenwirkungen dar.Dabei ist das Wissen über das Nutzen-Risiko-Verhältniseiner Arzneimittelanwendung von fundamentaler Bedeu-tung für Arzt und Patient. Die Aufklärung einer uner-wünschten Wirkung eines Wirkstoffes kann leicht, aberauch extrem schwierig sein:

1. Eine akute Nebenwirkung wird einfach zu erkennenund einleuchtend sein, wenn sie einer übersteigertenHauptwirkung entspricht.

Beispiele:● Antihypertonika lösen einen Kreislaufschock aus, weil

der Blutdruckabfall zu stark war.● Insulin führt bei Überdosierung zu einem hypoglyk-

ämischen Schock.Auch wenn eine aus dem gewünschten Wirkungsmecha-nismus resultierende unerwünschte Wirkung sich erstnach längerer Zeit bemerkbar macht, wird sie einleuchtendsein:

Beispiele:● peptische Ulzera bei Behandlung mit COX-Hemmstoffen● extrapyramidale Störungen bei chronischer Gabe von

Neuroleptika (Blockade von Dopamin-Rezeptoren)

Diesen Typ von Nebenwirkungen wird ein Arzt in seineÜberlegungen einbeziehen, denn sie ergeben sich logisch!

2. Völlig anders sind die Verhältnisse, wenn eine Neben-wirkung nicht auf den Mechanismus der Hauptwirkung zu-rückgeführt werden kann. Dann dauert es häufig lange, bisdie Beziehung zwischen Wirkstoff und unerwarteter Ne-benwirkung hergestellt werden kann, da eine logische Ver-knüpfung fehlt.

Beispiele:● Das Schlafmittel Thalidomid (Contergan®) eingenom-

men in einem kurzen Zeitraum der Frühschwanger-schaft führt zu Dysmelien der Neugeborenen (s. S. 75).Es bedurfte mehr als 10 000 solcher Fälle, ehe die Asso-ziation erkannt wurde, und es dauerte weitere 40 Jahre,bis der biochemische Mechanismus der Schädigung auf-geklärt werden konnte.

● Schädigung des Innenohres durch Gabe von Aminogly-kosid-Antibiotika (S. 550).

● Korneatrübung bei Behandlung mit dem Antiarrhythmi-kum Amiodaron, dazu evtl. eine Lungenfibrose und Stö-rung der Schilddrüsenfunktion.

● Bei der Therapie des Morbus Parkinson mit Lysergsäure-Derivaten (s. S. 415) treten retroperitoneale und pleuraleFibrosen sowie Verdickungen der Herzklappen auf.

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Welcher Therapeut denkt bei der Gabe so häufig gebrauch-ter Arzneimittel wie Schlafmittel, Antiarrhythmika, Anti-biotika, Anti-Parkinson-Mittel an derartig abwegige Schä-digungen, die nichts mit der Heilwirkung seiner verord-neten Medikamente zu tun haben, aber trotzdem bedachtwerden müssen.

Orphan drugs. Unter diesem Begriff versteht man Arznei-mittel, die der Behandlung einer sehr seltenen Erkrankungdienen, deren Häufigkeit bei 5 oder weniger auf 10 000Personen liegt. Die Anerkennung eines Wirkstoffes als Or-phan drug muss von den Arzneimittelzulassungsbehördenin Europa und den USA ausgesprochen werden, weil Orp-han drugs spezielle Probleme mit sich bringen:

1. Da die zu behandelnden Erkrankungen äußerst seltensind, werden die herstellenden Pharmafirmen nur einengeringen Absatz haben und ökonomisch nicht auf ihre Kos-ten kommen. Daher wird die Entwicklung neuer Orphandrugs von den zuständigen Regierungen unterstützt.

2. Die Zulassung eines neuen Wirkstoffes erfordert ein-gehende Prüfungen der Wirksamkeit, der Toxizität und desVerhaltens des Stoffes im Körper. Die regelrechte klinischePrüfung erfordert viele Patienten, die an der zu behandeln-den Krankheit leiden, um gesicherte Ergebnisse zu erzielen.

Dieses Verfahren ist für die Prüfung von neuen Orphandrugs nicht möglich, es gibt eben einfach zu wenig Patien-ten, die diese Erkrankung aufweisen.

Diese beiden Gesichtspunkte erschweren die Entwick-lung von Orphan drugs und führen zu hohen Kosten dereinzelnen Präparate. Zum Glück gibt es substanzielle För-derungen derartiger Programme durch die öffentlicheHand (z. B. EU-Mittel) und vereinfachte Zulassungen. ImFolgenden seien einige zugelassene Orphan drugs genannt(Tab. 3.1).

3.3 Toxische Nebenwirkungen

Dieser Typ einer Nebenwirkung ist dadurch charakterisiert,dass bei jedem Menschen eine bestimmte Schädigung her-vorzurufen ist, wenn nur die Gesamtdosis groß genug ist.Die toxische Schädigung kann Folge einer übersteigertenHauptwirkung sein: Beispiele dafür sind Antidiabetika, diebei zu hoher Dosierung eine Hypoglykämie erzeugen, undHerzglykoside, bei denen atrioventrikuläre Überleitungs-störungen auftreten können. Arzneimitteltoxische Reaktio-nen können sich bei entsprechender Dosierung aus demgewünschten Wirkungsmechanismus ergeben, auf demdie Hauptwirkung beruht. Derartige Mechanismus-abhän-gige Nebenwirkungen sind z. B. peptische Ulzera durchnicht steroidale Antiphlogistika (Hemmung der Cyclooxige-nase), extrapyramidale Störungen durch Neuroleptika (Blo-ckade von Dopamin-Rezeptoren), Tachykardie bei Tokolyti-ka-Behandlung (Stimulation vasaler und kardialer β-Rezep-toren).

Die toxische Schädigung kann aber auch in Phänomenenbestehen, die unabhängig von der gewünschten Hauptwir-kung sind, z. B. die Schädigungen des Hör- und Gleichge-wichtsorgans nach Aminoglykosid-Antibiotika. Die Ge-samtdosis, bei der dieses Ereignis im Einzelfall eintritt, istverschieden und nicht vorauszusagen. Die individuelle To-leranz kann starken Schwankungen unterworfen sein, ab-hängig vom Gesundheitszustand (z. B. Nieren- und Leber-funktion) und vom Alter. Dies gilt für alle Substanzen,wobei ein Individuum eine geringe Toleranz gegen dieeine und eine hohe Toleranz gegen die andere Substanzhaben kann.

Box 3.1 Die Herxheimer-Reaktion

Die Herxheimer-Reaktion (Verstärkung von Krankheitserschei-nungen am Beginn einer antibakteriellen Therapie) beruht aufder Wirkung von Endotoxinen, die aus Mikroorganismen freiwerden, welche unter dem Einfluss von Antibiotika absterben.Die Herxheimer-Reaktion selbst kommt ohne Infektionserre-ger nicht vor. Ihr Auftreten sollte nicht zu einer Unterbre-chung oder Unterlassung der Behandlung führen. In Fällen,in denen eine Herxheimer-Reaktion mit bedenklichen Auswir-kungen zu erwarten ist, muss die Therapie mit niedrigenDosen begonnen werden (z. B. bei Typhus abdominalis und

Tab. 3.1 Zugelassene Orphan drugs (Beispiele)

Wirkstoff Handelsname Indikation

Agalsidase Fabrazyme® Morbus Fabry

Ambrisentan Volibris® pulmonal-arterielle Hypertonie

Anagrelid Xagrid® Thrombozythämie

Arsentrioxid Trisenox® Promyelozyten-Leukämie

Betain Cystadane® Homocystinurie

Bosentan Tracleer® pulmonal-arterielle Hypertonie

Brentuximabvedotin

Adcetris® Lymphom, anaplastischesgroßzelliges

Cladribin Litak® Haarzellleukämie

Dasatinib Sprycel® Leukämieformen

Decitabin Dacogen® akute myeloische Leukämie(bei Patienten ab 65 J.)

Deferasirox Exjade® chronische Eisenüberladung

Eculizumab Soliris® paroxysmale Hämoglobinurie

Idursulfase Elaprase® Hunter-Syndrom

Iloprost Ventavis® pulmonale Hypertonie

Lenalidomid Ravlimid® multiples Myelom

Nilotinib Tasigna® myeloische Leukämie

Pasireotid Signifor® Cushing-Syndrom

Sorafenib Nexavar® Nieren-, Leberkarzinom

Sunitinib Sutent® intestinale Stromatumoren

Tafamidis Vyndaqel® Amyloidose

Temsirolimus Torisel® Nierenzellkarzinom

Ziconotid Prialt® intrathekale Analgesie

3 Nebenwirkungen (unerwünschte Arzneimittelwirkungen)68

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bei bestimmten Fällen von Lues und Tuberkulose). Diese En-dotoxine können primär toxisch sein, aber auch als Allergenezu einer Sensiblisierung führen. Auch bei der heute mögli-chen, sehr effektiven anthelmintischen Therapie systemischerWurminfektionen (z. B. Bilharziose) können am Beginn derBehandlung Schädigungen der Patienten auftreten. Sie wer-den durch die Freisetzung „toxischer“ Bestandteile aus denzerfallenden Parasiten ausgelöst.

Die unterschiedliche Verträglichkeit bei verschiedenen In-dividuen ist ein Ausdruck der biologischen Streuung; dieUrsachen sind in fast allen Fällen nicht geklärt. Unterschie-de hinsichtlich der Aufnahme, Verteilung und Ausschei-dung sowie vor allem der Inaktivierung der Substanzenspielen dabei eine Rolle. Die Enzymaktivitäten, z. B. in derLeber, sind konstitutionell oder genetisch bedingt verschie-den, sie können durch Vorbehandlung mit denselben oderanderen Substanzen, durch gleichzeitige Behandlung mitanderen Pharmaka oder durch Krankheiten verändertsein. Was für die Ursachen der biologischen Streuung beiden Hauptwirkungen gilt, ist auch für die Nebenwirkungenanzuführen.█

Es ist also zu erwarten, dass ein Teil der Patienten auchdann Zeichen von Unverträglichkeit zeigt, wenn keineoffensichtliche Abweichung von der Norm vorhandenzu sein scheint. Eine bessere individuelle Ausrichtungder Pharmakotherapie im Hinblick auf Haupt- und Ne-benwirkungen ist bei Kenntnis genetischer Merkmalemöglich. Dies ist das Ziel der Pharmakogenomik.

Enzymmangel bei Früh- und Neugeborenen. Bei Früh- undNeugeborenen können aufgrund ihres noch unreifen En-zymsystems nach Gabe von Sulfonamiden, insbesonderenach Sulfisoxazol, schwere toxische Erscheinungen und To-desfälle vorkommen. Klinisch wurde nach Chloramphenicoldas sog. „Grausyndrom“ mit tödlich verlaufendem Herz-Kreislauf-Kollaps beobachtet. Die hohe Giftigkeit von Chlor-amphenicol bei Neugeborenen kommt durch eine verzöger-te Ausscheidung dieser Substanz im Harn zustande. Diebiologische Halbwertzeit des Chloramphenicol beträgt beiNeugeborenen 26 Stunden statt 4 Stunden bei Erwachse-nen. Frühgeborene scheiden Chloramphenicol noch lang-samer aus.

Diese Vorgänge haben folgende Ursache: Beim Erwach-senen wird Chloramphenicol z. T. unverändert, z. T. an Glu-curonsäure gekoppelt ausgeschieden. Die konjugierte Ver-bindung ist sehr viel weniger toxisch, sie wird im Glome-rulus filtriert, aber zusätzlich noch im Tubulus sezerniert.Bei jungen Säuglingen beträgt die glomeruläre Filtration ca.30 – 50% der Werte für Erwachsene, die glomeruläre Aus-scheidung von Chloramphenicol ist also deutlich geringer.

Außerdem ist die Kopplung an Glucuronsäure bei Neu-geborenen stark eingeschränkt. Dieser Mangel lässt sichdurch eine beträchtlich niedrigere Glucuronsäure-Trans-ferase-Aktivität in der Leber der Neugeborenen erklären.Der Säugling hat also – im Gegensatz zum Erwachsenen –

nicht die Möglichkeit, die geringe glomeruläre Ausschei-dung durch sekretorische Ausscheidung von gekoppeltem

Chloramphenicol zu kompensieren. Bei Säuglingen, dienach Sulfonamid-, besonders nach Sulfisoxazol-Behandlungverstarben, fand sich häufig ein Kernikterus. Wegen derunzureichenden Aktivität der Glucuronsäure-Transferasein der Leber wird nur wenig direktes Bilirubin gebildet,das in die Gallenwege ausgeschieden werden könnte. Dasfreie Bilirubin steigt deshalb an und kann zum Icterus neo-natorum und zum Kernikterus führen. Wahrscheinlich set-zen die Sulfonamide zusätzlich an Eiweiß gebundenes Bili-rubin frei, so dass dadurch die Entstehung des Kernikterusweiter begünstigt wird.

Box 3.2 Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel

Ein Beispiel für eine Unverträglichkeit auf genetischer Basis beisonst völlig gesunden Menschen bietet das Auftreten vonschwerer intravasaler Hämolyse nach Verabreichung des An-timalariamittels Primaquin bei Bewohnern der Mittelmeerlän-der. Außerdem reagieren die von dieser Unverträglichkeit Be-troffenen auch auf bestimmte andere Pharmaka wie Chininund einige Sulfonamide mit einer Hämolyse: der Genuss be-stimmter Leguminosen, wie der Saubohne (Vicia fava) undmancher Sorten von grünen Erbsen führt ebenfalls zu derarti-gen Erscheinungen, die schon lange unter der BezeichnungFavismus bekannt waren.

Bei den – meist männlichen – Betroffenen ist die Aktivitätder X-chromosomal kodierten Glucose-6-phosphat-Dehydro-genase (G-6-PDH) der Erythrozyten mehr oder weniger starkherabgesetzt, was eine verminderte Bereitstellung vonNADPH und eine verminderte Fähigkeit zur Reduktion vonoxidiertem Glutathion zur Folge hat. Treten bei oxidativemStoffwechsel von Medikamenten oder von Leguminosen re-aktive Sauerstoffverbindungen auf, so können diese nicht aus-reichend entgiftet werden; sie bewirken Veränderungen derErythrozytenmembran, die zur Hämolyse führen können. Au-ßerdem ist bei G-6-PDH-Mangel die Reduktion von Methämo-globin (Fe3+) zu Hämoglobin (Fe2+) beeinträchtigt, so dass dieo. g. Arzneistoffe zur Methämoglobin-Bildung führen.

3.4 Allergische Reaktionen

Zahlreiche Wirk- und Fremdstoffe können, obgleich siekeine Eiweißkörper sind, zu allergischen Reaktionen füh-ren. Der Wirk- oder Fremdstoff fungiert in diesem Fall alsHapten, das sich zusammen mit einem körpereigenen Ei-weißmolekül zu einem Vollantigen verbindet. Nicht immerist das Pharmakon das Hapten, manchmal ist es auch seinAbbauprodukt.

Außerdem kann eine allergische Reaktion durch phar-mazeutische Hilfsstoffe (wie Lösungsvermittler, Stabilisato-ren, Konservierungsmittel) hervorgerufen werden. Auchbei der Herstellung nicht abgetrennte Verunreinigungenkönnen die Ursache allergischer Reaktionen sein, z. B. beiPenicillin und Insulin. Dies gilt auch für allergische Myosi-tiden nach Einnahme von verunreinigtem L-Tryptophan.█

693.4 Allergische Reaktionen

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