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Der stille Angriff auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke
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DIGITALER DARWINISMUS – DER STILLE ANGRIFF AUF IHR GESCHÄFTSMODELL UND IHRE MARKEAdapt or die – wenn sich Technologie und Gesellschaft schneller verändern, als sich
Unternehmen darauf einstellen, kommt es zum Aussterben so brutal wie in der
Evolution. Und das Sterben hat bereits begonnen. Viele Unternehmen, von Kodak
bis Neckermann, haben verschlafen oder zu spät erkannt, wie dramatisch und
schnell neue Technologien – Social Media, Cloud Computing oder Mobile Enterprise –
das Kundenverhalten verändern. Umfassender als jeder Technologiesprung zuvor
greift die digitale Revolution in alle Lebensbereiche ein, und zwar nicht über Jahr-
zehnte hinweg, sondern innerhalb von zwei bis fünf Jahren. Und was für Unternehmen
gilt, gilt auch für Verbände.
Karl-Heinz Land
Als unsere Vorfahren Mitte
des 18. Jahrhunderts die
erste industrielle Revolu-
tion, also die Einführung
der Mechanisierung durch Wasser- und
Dampfkraft, miterlebten, hatte dies u. a.
die Entstehung der Mittelschicht und
Demokratie zur Folge. Die sozialen, die
politischen sowie die ökonomischen
Rahmenbedingungen wurden radikal
verändert.
Während es im ersten Zeitalter der
Maschinen, der industriellen Revolution
ab Ende des 18. Jahrhunderts, vorrangig
darum ging, menschliche Muskelkraft
durch mechanische Kraft zu ersetzen,
brauchte es damals immer noch Men-
schen für die Entwicklung, Bedienung
und Kontrolle der Maschinen. Mensch
und Maschine waren komplementär.
Nicht jedoch in der neuen, „digitalen
Revolution“. Durch die Fortschritte in
der Erforschung der künstlichen Intel-
ligenz werden Maschinen eigenständig
lernen, zu mehr und mehr kognitive
Aufgaben schneller, besser und güns-
tiger als Menschen übernehmen und
folglich in bisher ungeahntem Ausmaß
humane Arbeit ersetzen. Noch dazu in
einem derartig schnellen Tempo. Tech-
nologische Quantensprünge erfolgen in
beachtlich kurzen Zeiträumen, weil sich
gemäß dem sogenannten „Moor’schen
Gesetz“ die Rechenleistung von Compu-
terchips seit 1958 etwa alle 18 Monate
verdoppelt. Allein in Apples iPhone 4
war mehr Rechenleistung eingebaut als
im schnellsten, fünf Millionen Dollar
teuren Supercomputer 20 Jahre zuvor.
Wir leben in einer Zeit, in der Techno-
logien aus Science-Fiction-Filmen (wie
der Tricorder aus Star-Trek, Apple nennt
es heute iPhone) Realität werden, intel-
ligent vernetzte Eigenheime den Ener-
giehaushalt selbstständig regeln, Super-
computer Harvard- und MIT-Studenten
beim Jeopardy!-Spiel schlagen, autono-
me Autos in den ersten Ländern Straßen-
lizenzen erhalten, 3-D-Drucker ganze
Häuser drucken und Industrieroboter
durch Gestenführung programmiert
werden. Diese Entwicklungen führen
zu einer schnellen und radikalen Verän-
derung der ökonomischen, politischen
und sozialen Rahmenbedingungen.
VERPASSEN DEUTSCHE
UNTERNEHMEN DIE CHANCE
DER DIGITALEN WELT?
Derzeit gibt es nur einen kleinen Pro-
zentsatz von Unternehmen, die digita-
le Entwicklungen vorantreiben. Diese
Innovatoren brechen in traditionelle
Märkte wie Handel, Gesundheits- oder
Finanzwesen als digitale Disruptoren
ein und hebeln mit ihren Geschäftsmo-
dellen bisherige Marktgesetze aus. „Digi-
tal clever“ agierende Unternehmen – so
die weltweite, branchenübergreifende
SCHWERPUNKT | VERBAND & MANAGEMENT
| Verbändereport 07
MIT-Sloan-Studie „The Digital Advan-
tage“ (2012) mit 400 beteiligten Unter-
nehmen – generieren mehr Umsatz (plus
9 Prozent), sind deutlich profitabler
(plus 26 Prozent) und haben einen höhe-
ren Firmenwert (im Schnitt 12 Prozent).
Diese Vorreiter haben sich bereits men-
tal, organisatorisch und technologisch
darauf eingestellt, den „digitalen Darwi-
nismus“ zu überleben, denn um nichts
Geringeres geht es momentan. Jene Un-
ternehmen aber, die jetzt den Anschluss
verpassen, werden den Rückstand
nicht mehr aufholen und riskieren den
Untergang.
Wer hätte noch vor drei Jahren ge-
dacht, dass der Suchmaschinenkon-
zern Google als Mitbewerber in der
Haustechnik mit dem im Januar 2014
für 3,2 Milliarden US-Dollar übernom-
menen Unternehmen Nest mitmischt,
dass das soziale Netzwerk Facebook
den Einstieg in die Bankenbranche
plant und somit klassischen Finanz-
instituten Konkurrenz macht. Diese
Dynamik führt dazu, dass Unterneh-
men auf die Entwicklungen einer di-
gitalisierten Welt in einer nicht da-
gewesenen Geschwindigkeit reagieren
müssen, indem sie ihre klassischen Ge-
schäftsmodelle und Geschäftsprozesse
und die Interaktion mit Kunden neu
denken.
08 Verbändereport |
SCHWERPUNKT | VERBAND & MANAGEMENT
Auto und Handel preschen vor, Industrie hinkt hinterher
Auto
Handel
Energieversorger
Telekommunikation
Banken
Versicherung
Gesundheit
Industrie
10 %0 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %
Unteres Drittel Mittleres Drittel Oberes Drittel
ALLES WAS AUTOMATISIERT WERDEN
KANN, WIRD AUCH AUTOMATISIERT UND
ALLES WAS DIGITALISIERT WERDEN KANN,
WIRD AUCH DIGITALISIERT WERDEN.
Ein Blick auf den „Digital Readiness Index“ (DRI), den die strategische Beratung neuland entwickelt hat, macht den digitalen Reifegrad einzelner Branchen deutlich: Die Automobilbranche sowie der Han-del, insbesondere im Bereich Mode, haben den Wandel schon recht weit vorangetrieben. Hier sind Unternehmen sehr nah am neuen Lifestyle und kommunizieren sehr viel mit dem Kunden. Weniger gut abgeschnitten haben beispielsweise Unternehmen aus der Pharmaindustrie oder Energieversorger. Hier merkt man sehr deutlich, dass diese Branchen wenig Kundenkontakt hatten und haben.
© Verbändereport 2015 | Quelle: neuland GmbH & Co. KG, Digital Readiness Index (DRI)
DIE ZUNEHMENDE DIGITALISIE-
RUNG VERÄNDERT DAS
KONSUMENTENVERHALTEN
Immer bessere Smartphones ermun-
tern immer mehr Konsumenten zu einer
„Alles-sofort-überall-Mentalität“. Und
stetig neue, disruptive Technologien wie
etwa „augmented reality“ oder „ibeacons“
erhöhen die Kundenbindung durch loka-
le, mobile und personalisierte Services.
Nur wer sich auf die neuen Kunden-
präferenzen dieser „Instant-Gesellschaft“
fokussiert, schnelle und offene Prozesse
etabliert sowie genaue Profile der „wert-
vollsten“ Kunden erstellt und vertrau-
ensvoll nutzt, kann einen personalisier-
ten Service leisten und Kundenloyalität
erwarten. Diese Herausforderung ist zu-
gleich auch die Chance, durch maßge-
schneiderten Customer Advantage, mit
einem einzigartigen Kundenvorteil, auf
dem Markt herauszustechen. Existenziell
ist hierbei, das Vertrauen der Kunden zu
gewinnen und zu respektieren, da dieses
im Falle von Missbrauch schnell verspielt
ist. Das Vertrauen des Kunden wird also
zur nächsten Währung, die im digitalen
Zeitalter eine wichtige Rolle spielt.
Der Konsument ist immer online, erst
recht, während Unternehmen versuchen,
ihre Zielgruppe über das abendliche
Fernsehprogramm zu erreichen. 75 Pro-
zent derjenigen, die TV gucken, nutzen
parallel das Internet. Diese Tatsache bie-
tet Herausforderungen, aber auch neue
Chancen für die Unternehmen. Die Ver-
schmelzung von Fernsehen und Internet
zum interaktiven Social-TV beispiels-
weise ermöglicht eine neue Käuferwelt,
kreiert neue Geschäftsmodelle und Inter-
aktionsmöglichkeiten mit dem Kunden.
Produkte stehen orts- und zeitunabhän-
gig in jeglicher Auswahl online zur Verfü-
gung. Kaufimpulse können, egal ob über
On- oder Offline-Kanäle, getriggert und
zur jeder Zeit befriedigt werden.
Bei dieser Digitalisierung verändern
sich altbekannte Rahmen und Verhalten.
Es werden nicht nur Daten (bspw. über den
Kunden) und Prozesse (wie Beratung, Ver-
kauf, Zahlungsprozesse) zunehmend digi-
talisiert und damit mobil verfügbar, son-
dern auch bisher überwiegend physisch
bereitgestellte Produkte (bspw. Bücher,
SCHWERPUNKT | VERBAND & MANAGEMENT
Wir drucken alles(ausgenommen Geldscheine)
Bücher Geschäftsberichte, Hardcover, Broschüren, Magazine, Wimmelbilderbuch, Daumenkino, Flyer Faltblätter, Folder, Büroartikel Ordner, Präsentationsmappen, Register, Schreibblocks, Schreibtischunterlagen, Spiele Brettspiele, Kartenspiele, Puzzle, Memospiele, Spielkarten,
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verlieren ihre Körperlichkeit. Damit wer-
den physische Grenzen überwunden, die
bisher in unseren Geschäft smodellen eine
große Bedeutung hatten und häufi g deren
Grundlage darstellten. Welche nachhalti-
gen Auswirkungen die sogenannte Dema-
terialisierung auf ganze Branchen haben
kann, zeigt sich deutlich an der Musik und
Zeitungsbranche, in der der Darwinismus
bereits in vollem Gange ist.
VOM INDUSTRIELLEN INS
KOLLABORATIVE ZEITALTER
Neue mobile Plattformen und der so-
genannte KoKonsum (Abkürzung für
Kollaborativer Konsum) ermöglichen die
gemeinsame, zeitlich begrenzte Nutzung
von Ressourcen zwischen Privatpersonen
und kreieren branchenübergreifend radi-
kal neue Geschäft smodelle auf Basis des
Kundennutzens. Diese Geschäft smodelle
sprechen besonders eine jüngere Generati-
on an, die den Gedanken der Zusammenar-
beit von digitalen Treff punkten gewohnt
ist. Seine wachsende Beliebtheit refl ektiert
ein zunehmendes Verbraucherbewusst-
sein, das auch die Einsicht einschließt, die
eigene Klimabilanz verbessern zu müssen.
Entrepreneure wie Travis Kalanick,
Gründer der amerikanischen Mitfahr-App
Uber, wollen nichts anderes, als die Welt
umkrempeln, und gehen der Frage nach,
wie Mobilität in einer digitalen Welt klug,
umweltfreundlich und ressourcensparend
organisiert werden kann. Dabei ist das Prin-
zip ganz einfach: Alle Autofahrer können
auch Taxifahrer sein.
Durch neue digitale Plattformen wie
Uber, Airbnb oder Meal Sharing werden
Privatpersonen zu Chauff euren, Hoteliers
oder Köchen und können ihr Auto, ihre
Wohnung oder ihren Esstisch mit anderen
teilen – die sogenannte „Share-Economy“
erhält Einzug in das 21. Jahrhundert. Damit
treten diese Start-ups in Konkurrenz zu den
Platzhirschen der Branche und hebeln alte
Regeln und Gesetze aus. Mit 13 Milliarden
Dollar ist Airbnb laut Analysten mittler-
weile mehr wert als die börsennotierten
Hyatt- oder Wyndham-Hotelgruppen.
10 Verbändereport |
SCHWERPUNKT | VERBAND & MANAGEMENT
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Innovator: >280 Experte: > 210-280 Talent: > 140-210 Entwickler: >70-140 Nachzügler: 0-70
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I-P
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Im Handel am deutschen Markt hat das Versandhaus Otto eindeutig die Nase vorn. Schlusslichter unseres DRI-Index wie Schlecker, Praktiker oder auch ProMarkt haben indessen nicht rechtzeitig in ihre digitale Zukunft investiert und sind dem digitalen Darwinismus bereits zum Opfer gefallen.
© Verbändereport 2015 | Quelle: neuland GmbH & Co. KG, Digital Readiness Index (DRI)
Im Fokus der DRI-Untersuchungen stehen sogenannte digitale Kunden-Touchpoints, die
anhand von 150 Bewertungskriterien in den Bereichen Website, Digitales Marketing/Social
Media, Team & Customer Support, E-Commerce & Loyalty und Mobile, analysiert werden.
FAZIT:
Es geht bei der digitalen Transforma-
tion eines Unternehmens nicht nur um
eine sich verändernde Unternehmens-
kommunikation, sondern sie betrifft
sämtliche Funktionsbereiche von Service
über Innovationsmanagement bis hin
zum Personal. Social Media, Cloud, Mo-
bile, Big Data und vieles mehr entfachen
einen regelrechten Tsunami und stellen
einen Angriff auf Geschäftsmodelle, Ver-
triebskonzepte, Marketing, Kommuni-
kation, Service, Marktforschung dar und
verändern generell die Art und Weise,
wie wir mit Kunden und auf Märkten in-
teragieren und Unternehmen führen.
Nach diesem Sturm wird vieles nicht
mehr so sein wie zuvor. Das Unterneh-
men von heute und morgen muss sei-
nen digitalen Reifegrad kennen und die
Bereitschaft zeigen, mit den stetig sich
verändernden Bedürfnissen des Kunden
mitzuwachsen. Der Digital Transformati-
on Awards, welcher 2014 zum ersten Mal
von neuland und WirtschaftsWoche un-
ter der Schirmherrschaft von Alexander
Dobrindt vergeben wurde, hat gezeigt,
dass eine erfolgreiche digitale Transfor-
mation nachhaltige Auswirkung auf ein
Unternehmen hat, da der Wandel techni-
sche, kulturelle und strategische Aspekte
beinhaltet. Eine branchenübergreifende
Zusammenarbeit zwischen Unterneh-
men, die sogenannte „networked econo-
my“, gilt nicht länger als Widerspruch,
sondern eher als Rezept für die Neuord-
nung des ökonomischen, sozialen und
politischen Lebens im 21. Jahrhundert.
Wer die neuen Marktbedingungen igno-
riert und seine Strategie noch wie früher
in Fünf-jahres-Zyklen in Stein meißelt,
wird voraussichtlich Opfer des digitalen
Darwinismus werden.
| Verbändereport 11
SCHWERPUNKT | VERBAND & MANAGEMENT
DER NEUE „CONNECTED, INFORMED AND
ALL POWERFUL CONSUMER“ HAT EINE
KLARE ERWARTUNGSHALTUNG: „ICH, ALLES,
SOFORT UND ÜBERALL.“
In ihrem Buch liefern die beiden Autoren konkrete Anregungen, um die Kreativität zu
fördern und Lösungsprozesse im Unternehmen anzustoßen. Sie bieten wertvolle Hilfe-
stellungen und Denkanstöße, informieren über Best Practices und machen Mut, eigene
Ideen auszuprobieren, solange der Markt Fehler von Unternehmen noch verzeiht.
Digitaler Darwinismus: Der stille Angriff auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke
Karl-Heinz Land ist gemeinsam mit Ralf T.
Kreutzer Autor des 2013 im Springer-Gabler
Verlag erschienenen Buches
KARL-HEINZ LAND
ist „Digital Darwinist &
Evangelist“ und Grün-
der von neuland. Er gilt
als Visionär und berät
Unternehmen in Fragen
der digitalen Transfor-
mation mit den Schwer-
punkten Social Media,
Mobile, Big Data und E-
Commerce. Karl-Heinz Land erhielt 2006 den
“Technology Pioneer“ Award auf dem World
Economic Forum (WEF) in Davos und dem
„Time Magazine“, ist Co-Autor des Bestsellers
„Digitaler Darwinismus – Der stille Angriff
auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke“ und
Redner. Karl-Heinz Land war über 25 Jahre in
verschiedenen Managementpositionen, u. a.
bei Oracle, BusinessObjects, Microstrategy,
GrandCentrix und VoiceObjects, tätig.
→ www.neuland.me
AUTOR
www.verbaende.com/fachartikel (geschützter Bereich für Abonnenten und
DGVM-Mitglieder)