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53MMW-Fortschr. Med. Nr. 16 / 2012 (154. Jg.)
_ Die menschliche Hand spielt im Prozess des „Begreifens der Welt“ eine überragende Rolle. Es gibt kaum eine Tätigkeit, bei der die Hände nicht zumindest mittelbar beteiligt sind. Daher sind die Hände auch Spiegelbild und Visitenkarte der gesamten Persönlichkeit des Menschen. Vielleicht hat man deshalb das Handlesen und die Deutung der Handlinien als eine Methode des Wahrsagens und der Zukunftserkennung entwickelt.
Wir müssen uns aber bei der Deutung der Hände gar nicht auf das Gebiet des Okkultismus begeben. Vielmehr bieten Hände im wahr sten Sinn des Wortes ganz „handfeste“ Befunde, die dem Kenner vielfältige Hinweise auf die Lebens umstände eines Menschen, aber auch auf Erkrankungen, geben. Sind die Hände grob, rau und verschwielt oder glatt und feingliedrig? Sind die Nägel kurz geschnitten, lang gewachsen, gepflegt, lackiert oder verfärbt (Abb. 1), eingerissen oder abgekaut
Oft sind es scheinbar banale Befunde an den Händen, die Patienten beunruhigen und zu einem Arztbesuch veranlassen. Oder Sie selbst bemerken Veränderungen an den Händen Ihrer Patienten, die ein erster Hinweis auf eine bisher unbekannte Allgemeinerkrankung sein können. Wenn Sie in der Lage sind, diese Befunde kompetent zu benennen und sicher einzuordnen, werden Sie bei Ihren Pati-enten sicher hohe Anerkennung ernten.
Hände als Spiegel des Gesundheitszustandes und der Persönlichkeit
Ein intensiver Blick lohnt!
(Abb. 2)? Ist der Händedruck des Patienten lasch oder kräftig, lang oder kurz? Sind die Hände kalt oder warm, trocken, rau oder schweißnass? Ähnlich wie die Sprache verraten die Hände viel über den sozialen Hintergrund und den psychischen Zustand des Patienten. Wie verwendet der Patient seine Hände beim Sprechen, zeigt er sie, versteckt er sie oder hat er kaum Gesten?
Von allen unseren Körperregionen haben wir die eigenen Hände am häufigsten im Blick. Vielleicht sind deshalb auch lokale Befunde an den Händen
nicht selten der Grund für einen Arztbesuch. Oft handelt es s ich um scheinbar banale Befunde, die aber den Patienten beunruhi
gen können. Wer in der Lage ist, diese Befunde kompetent zu benennen, sicher einzuordnen und hinsichtlich des weiteren Vorgehens eine klare Meinung zu äußern, erwirbt bei seinen Patienten hohe Anerkennung. Manchmal gelingt es sogar, durch die richtige Interpretation
„Was ist das Schwerste von allem? Was dir das Leichteste dünket:
Mit den Augen zu sehn, was vor den Augen dir lieget.“
J. W. Goethe, Xenien
Abb. 2 Abgekaute Nägel (Onychophagie) bei einer jungen Patientin mit emotional-instabiler Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ.
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Abb. 1 Extreme Braun- bis Schwarzfärbung des Zeige- und Mittelfingers bei einem selbst-drehenden Kettenraucher (60 Zigaretten ohne Filter pro Tag).
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Prof. Dr. med. H. S. FüeßlLeiter Somatischer Querschnittsbereich Isar-Amper-Klinikum, Klinikum München-Ost, Haar
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CME DER MMW
In Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesärztekammer
Teilnahme unter www.springermedizin.de/kurse-mmw
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG– FOLGE 345
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FORTBILDUNG–ÜBERSICHT
von Veränderungen, die nicht einmal der Patient an sich selbst bemerkt hat, den ersten Hinweis zur Diagnose einer bisher nicht bekannten Allgemeinerkrankung zu bekommen. So ein Vorgang löst in der Regel höchsten Respekt beim Patienten aus und kann die Grundlage für ein gutes ArztPatientenVerhältnis bilden.
Jeder hat schon einmal bei einer Museumsführung erlebt, wie er erst durch den Hinweis eines kundigen Führers Dinge auf einem Bild erkannt hat, die ihm die ganze Zeit vor Augen lagen. Ähnlich verhält es sich mit der Blickdiagnostik. Man sieht in der Regel nur das, was man kennt. Gerade an den Händen finden sich häufig hinweisende oder sogar pathognomonische Befunde für viele Stoffwechselkrankheiten, endokrine Erkrankungen, Knochen und Gelenkerkrankungen sowie Infektionskrankheiten. Daher lohnt es sich, die Hände einer genauen Inspektion zu unterziehen.
HautfarbeDie Hautfarbe unterliegt einer ausgeprägten Variationsbreite, die von vielen individuellen, äußeren und vegetativen Faktoren abhängig ist. Dennoch gibt es einige Veränderungen, die diagnostische Rückschlüsse erlauben. Bei einer ausgeprägten Anämie (Hb 7–8 g/dl) kommt es zu einer wächsernen Blässe der Haut. An der Hand eignet sich besonders die Farbe des Nagelbettes zur Beurteilung der Blässe, da hier, im Gegensatz zur Haut, die Farbe nicht durch die Pigmentierung beeinflusst wird. Im Zweifelsfall sollte man den Vergleich mit den eigenen Händen heranziehen. Abb. 3 zeigt die blasse Farbe des Nagelbettes bei einem Patienten mit einer Tumoranämie.
Eine Blauverfärbung der Haut, insbesondere bei Kälte, ist häufig durch eine harmlose neurovegetative Funktionsstörung der Hautdurchblutung bedingt. Diese Verfärbung geht unter dem Einfluss von Wärme weitgehend zurück. Die Blauverfärbung kann jedoch auch als so genannte Zyanose auf eine gravierende Störung der Sauerstoffversorgung des Blutes hinweisen. Sauerstoffreiches (oxygeniertes) Hämoglobin ist hellrot gefärbt, sauerstoffarmes (desoxyge
niertes) Hämoglobin weist dagegen eine dunkelrote bis blaue Farbe auf. Ab einem Gehalt von 5 g/dl desoxygeniertem Hämoglobin wird die Zyanose klinisch erkennbar.
Man unterscheidet zwischen peripheren und zentralen Zyanosen, die auch gleichzeitig vorliegen können. Im ersten Fall ist der Blutfluss in der Körperperipherie so verlangsamt, dass ein Missverhältnis zwischen oxygeniertem und desoxygeniertem Hämoglobin vorliegt (Ausschöpfungszyanose). Im zweiten Fall besteht eine unphysiologische Mischung zwischen sauerstoffreichem und armem Blut aufgrund eines Shuntvitiums im Herzen oder einer ungenügenden Oxygenierung des Blutes in der Lunge (Mischungszyanose).
Abb. 4 zeigt die linke Hand eines 56 jährigen Patienten mit schwerer, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung und Lungenemphysem (unten) und die Hand einer gesunden Krankenschwester (oben). Im Bereich der Körperenden, der Akren (Hände, Füße, Nase, Kinn, Wangen) wirkt sich eine Kombination aus vermehrter Ausschöpfung wie auch ungenügender Oxygenierung des Blutes besonders deutlich aus.
Stoffwechselstörungen
HyperlipoproteinämieDie Haut ist Manifestationsorgan für teils pathognomonische, teils hinweisende Befunde sowie zahlreiche Komplikationen von Stoffwechselstörungen. Die wichtigsten Veränderungen beziehen sich auf Lipid, Glukose, Harnsäure und Pophyrinstoffwechsel. Aus dem Verteilungsmuster und der Art von Ablagerungen lassen sich Rückschlüsse auf den Typ der Fettstoffwechselstörung ziehen.
An den Händen finden sich bei der familiären Hypercholesterinämie vorwiegend tuberöse Xanthome (Abb. 5), die insbesondere an den Strecksehnen liegen. Man sollte auch Achilles, Patellar und Trizepssehnen inspizieren.
Handlinienxanthome (Abb. 6) sind pathognomonisch für die familiäre Dysbetalipoproteinämie (TypIIIHyperlipidämie), bei der eine Störung des Metabolismus von Chylomikronen und
Abb. 4 Zyanotische Hand eines Patienten mit COPD und Emphysem (unten); nor-male Hand zum Vergleich (oben).
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Abb. 5 Tuberöse Xanthome an den Strecksehnen der Finger eines 12-jäh-rigen Mädchens mit homozygoter fami-liärer Hypercholesterinämie (Cholesterin 648 mg/dl).
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Abb. 6 Handlinienxanthome bei einer 52-jährigen Frau mit familiärer Dysbeta-lipoproteinämie Typ III; Cholesterinwert 356 mg/dl; Triglyzeride 637 mg/dl; zu-sätzlich Diabetes mellitus Typ 2.
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Abb. 3 Blasses Nagelbett bei Tumor-anämie (HB 7,3 g/dl).
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VLDLRemnants vorliegt, deren Aufnahme in die Leber durch Apolipoprotein E (Apo E) vermittelt wird. Remnants sind Abbauprodukte des plasmatischen LipoproteinStoffwechsels und gehören zu den stark atherogenen Lipidpartikeln. Die betroffenen Patienten haben daher ein sehr hohes kardiovaskuläres Risiko. Biochemisch findet man eine erhöhte Serumkonzentration von βVLDL bei gleichzeitiger Erhöhung von Triglyzeriden und Gesamtcholes terin.
HyperurikämieBei einer jahrelang bestehenden Hyperurikämie kann es zu weißlichen Harnsäureablagerungen im bradytrophen Gewebe (Sehnen, Knorpel, Knochen), sog. Tophi kommen. Typisch sind „Gichtperlen“ im Bereich des Ohrmuschelknorpels, aber auch an den Gelenkkapseln der Fingergelenke, an Beuge und Strecksehnen, am Nasenknorpel und in der Haut können Tophi auftreten, die zu ausgeprägten Deformierungen der Finger führen.
Abb. 7 zeigt die Hand eines Mannes mit einer seit vielen Jahren bestehenden, nicht behandelten Hyperurikämie, die nicht zu Gichtanfällen geführt hat. Bei Eröffnung der Hauteinlagerungen mit einem Skalpell entleerte sich ein weißlichbröckliges Material, reines Urat.
PorphyrieDie häufigste Störung des PorphyrinStoffwechsels in unseren Breiten ist die
Porphyria cutanea tarda (Abb. 8). Sie tritt bei 1% der Bevölkerung zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr auf. Es besteht eine deutliche Assoziation zu meist alkoholtoxisch bedingten Leberschäden. An den chronisch lichtexponierten Hautarealen, v. a. am Handrücken, befinden sich nebeneinander frische Erosionen, Blasen, hämorrhagischekrus tige Läsionen und hyperpigmentierte Narben. Charakteristisch ist das bunte Bild von ganz verschiedenen, nebeneinander bestehenden Effloreszenzen.
Es handelt sich zwar um eine Blickdiagnose, sie wird jedoch bestätigt durch den Nachweis einer erhöhten Porphyrinkonzentration im Urin. Diese erscheint bierbraun, fluoresziert jedoch im WoodLicht (UVLicht) rötlich. Die verschiedenen Porphyrine lassen sich quantitativ im 24hUrin bestimmen.
Kranke Leber: auch an den Handflächen erkennbarDie Leberzirrhose geht mit einer ganzen Reihe von charakteristischen Hautveränderungen einher. Dazu gehört an den Händen das Palmarerythem (Abb. 9), eine mehr oder weniger intensive Rotfärbung mit auffallend glänzender Haut. Daneben kann es zu einer sog. „Bauchglatze“ bei Männern, d. h. die Ausbildung eines weiblichen Typs der Schambehaarung, einer Gynäko mastie, einem Caput medusae als Hinweis auf einen Umgehungskreislauf des Portalsystems
Abb. 7 Rechte Hand eines 46-jährigen Mannes mit tophöser Gicht; asymme-trische Deformierungen des Fingermittel-gelenks D2 rechts; multiple Weichteil-tophi; am Daumenendglied weißliche kutane Harnsäureeinlagerungen.
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Abb. 9 Palmarerythem bei einem 48-jährigen Mann mit alkoholischer Leberzirrhose.
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Abb. 8 Am Handrücken des 62-jährigen Mannes mit Porphyria cutanea tarda finden sich neben-einander verkrustete Läsionen hyperpigmentierte Areale und eine frische Exkoriation am Daumen-grundglied.
Abb.10 Spindelförmige Schwellung der Fingermittelgelenke bei früher rheuma-toider Arthritis.
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und zu Spider naevi als charakteristischem Hautbefund kommen. Die Ursache für das Palmarerythem wie auch der Spider naevi ist nicht bekannt.
Hände bei Fieber und InfektionenDie Endokarditis gehört zu den schwierig zu stellenden Diagnosen. Selbst das vermeintlich obligate Symptom Fieber kann gelegentlich fehlen, auch Blutkulturen sind nicht zuverlässig und die echokardiografische Beurteilung der Herzklappen ist oft erschwert. In dieser Situation sollte man einfache klinische Hinweise nicht vernachläs sigen.
Abb. 11 zeigt die Finger eines 45jährigen Patienten mit Alkoholkrankheit und einer bakteriellen Endokarditis der Mitralklappe. Am fünften Tag des statio nären Aufenthaltes bildeten sich
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subunguale Splitterblutungen und OslerKnötchen. Wahrscheinlich ausgelöst durch Mikroembolien von Klappenauflagerungen in akralen Gefäßen oder eine Immunkomplexvaskulitis treten an den Finger und Zehenkuppen rötliche Papeln von wenigen Millimetern Durchmesser auf (OslerKnötchen). Unter den Fingernägeln sind Splitterblutungen typisch. Die Veränderungen sind oft sehr diskret und nur durch eine sorgfältige klinische Untersuchung erkennbar.
Handbefunde bei KollagenosenEntzündliche Systemerkrankungen manifestieren sich häufig an den Gelenken und gehen mit typischen Hauterscheinungen einher. Dabei sind besonders oft die Hände betroffen.
Abb. 10 zeigt die Hände einer 38jährigen Frau, bei der seit einigen Wochen, v. a. am Morgen, starke Schmerzen in den spindelförmig geschwollenen Fingergrund und Mittelgelenken bestehen. Die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis wird gestützt durch die Anam nese und den typischen klinischen Befund sowie Entzündungszeichen im Labor (erhöhtes CRP und Antikörper gegen citrullinierte Peptide (antiCCP)). Wegen der heute verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten kommt es auf eine rasche Diagnosestellung und frühzeitige Therapie an, um Gelenkdestruktionen zu vermeiden.
Die progressive systemische Sklerodermie bezieht mehrere Organsysteme ein und kann sich an der Haut, am MagenDarmTrakt und an den kleinen Gefäßen manifestieren. Typische Be
funde an den Händen sind Hyperkeratosen des Nagelfalzes und Teleangiektasien (Abb. 12). Die erweiterten Kapillarschlingen sind besonders gut bei der Kapillarmikroskopie zu erkennen. Infolge der Sklerose der Haut kommt es zu einer perioralen Fältelung und zum sog. „Tabaksbeutelmund“. Aufgrund von Gefäßverschlüssen im Bereich der Akren können Fingerkuppennekrosen auftreten. In frühen Krankheitsstadien wird auch ein RaynaudPhänomen an den Fingern beobachtet.
Die Polymyositis und Dermatomyositis gehören ebenfalls zur Gruppe der Kollagenosen. Gemeinsames klinisches Leitsymptom ist eine oft schleichend auftretende symmetrische Schwäche der proximalen Muskulatur und Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Fieber und Gewichtsverlust. Bei der Dermatomyositis liegen zusätzlich charakteristische Hautmanifestationen vor. Bei beiden Erkrankungen können weitere Organe, insbesondere die Lungen, von entzündlichen Manifestationen betrof
fen sein. Die Diagnose wird neben dem klinischen Bild mithilfe bestimmter Antikörperbefunde gestellt. Bei der Dermatomyositis treten verschiedene, meist erythematös bis violett gefärbte Hautbefunde auf, z. B. an den Oberlidern (helio tropes Exanthem) oder an den Streckseiten der Fingermittelgelenke. An den Händen sind sog. Gottron Papeln pathognomonisch für die Dermatomyositis (Abb. 13).
Alarmzeichen an den FingerendgliedernEin 63jähriger Patient bemerkte in den vergangenen Monate eine kolbige Auftreibung seiner Fingerendglieder. Er ist starker Raucher und stellte in der letzten Zeit eine Zunahme seines chronischen Hustens mit Expektoration von bräunlichem Sputum fest. Der V. a. ein Bronchialkarzinom bestätigte sich in der RöntgenThoraxAufnahme.
Zu Trommelschlegelfingern und Uhrglasnägeln kommt es durch kolbige Auftreibung der Endglieder infolge einer sog. hypertrophischen Osteoarthropathie (Abb. 14). Darunter versteht man eine Hyperplasie und Hypertrophie von Weichteilen und Periost. Die Pathogenese dieser Deformation von Finger und Zehenendgliedern ist im Detail unklar. Diskutiert werden eine chronische Hypoxämie oder nicht näher bekannte Wachstumsfaktoren im Sinne eines paraneoplastischen Syndroms.
Bei neu aufgetretenen Trommelschlegelfingern sollte man daher immer an ein Bronchialkarzinom denken und eine Röntgenunetrsuchung des Thorax veranlassen. Allerdings sind Trommel
Abb. 12 Nagelfalzhyperkeratose und Te-leangiektasien im ödematösen Stadium einer progressiven systemischen Sklero-dermie.
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Abb. 13 Gottron-Papeln über den Finger-mittelgelenken bei Dermatomyositis.
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Abb. 14 Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel bei Bronchialkarzinom.
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Abb. 11 Subunguale Splitterblutung am 4. Finger und Osler-Knötchen am 3. Fin-ger rechts bei Mitralklappenendokarditis.
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schlegelfinger auch mit einer Reihe von Allgemeinerkrankungen assoziiert, z. B. Bronchiektasen, Mesotheliom, Shuntvitien, infektiöser Endokarditis, Leberzirrhose, Sarkoidose und Morbus Crohn.
Nachdem es eine primäre oder familiäre Form der hypertrophischen Osteoarthropathie gibt – Letztere beginnt gewöhnlich in der Kindheit –, sollte man unbedingt fragen, wie lange die Veränderungen an den Fingern bereits bestehen. Bei der Patientin in Abb. 15 fallen nicht nur angedeutete Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel, sondern auch eine ausgeprägte Zyanose auf. Bei ihr lag eine schwere Pulmonalstenose vor.
Häufige FehldiagnoseDie 56jährige Hausfrau wird wegen Schwellungen und Schmerzen an den Fingerendgliedern unter der Verdachtsdiagnose einer rheumatoiden Arthritis zum Rheumatologen überwiesen (Abb. 16). Diese Verdachtsdiagnose trifft sicher nicht zu, da die rheumatoide Arthritis niemals die Fingerendglieder befällt. Vielmehr handelt es sich um eine Fingerpolyarthrose. Typisch ist der zumeist regelmäßige Befall mehrerer distaler Interphalangealgelenke mit Ausbildung von „HeberdenKnötchen“. Die Erkrankung kommt sehr häufig bei Frauen im höheren Lebensalter vor und ist durch einen Blick sicher zu stellen.
Woher kommen die roten Pünktchen? Der 72jährige Patient kommt wegen einer Eisenmangelanämie regelmäßig alle
vier Wochen zur Bluttransfusion. Sein Hämoglobin ist vor der Transfusion jeweils auf Werte zwischen 6,8 und 7,5 g/dl abgefallen. Neben den roten Pünktchen an den Fingern finden sich ähnliche Veränderungen auch an der Zunge, den Lippen und am Ohrläppchen. Beim Morbus Osler finden sich meistens im gesamten MagenDarmTrakt, aber auch an den Händen und im Gesicht Teleangiektasien (Abb. 17). Im Bereich des MagenDarmTrakts kommt es zu chronischen Blutungen, die wegen der ubiquitären Ausdehnung nicht operativ behandelt werden können.
Endokrine Ursachen für Handveränderungen
Wenn die Hände wachsenDer 59jährige Mann stellt sich wegen Kopfschmerzen vor. Auf Nachfrage gibt er an, dass ihm seit längerer Zeit die Handschuhe zu klein geworden sind und die Ringe nicht mehr passen (Abb. 18). Beim Vergleich mit alten Fotos stellen Arzt und Patient gemeinsam fest, dass sich die Gesichtszüge des Patienten sehr verändert haben.
Der Akromegalie liegt ein Adenom der Hypophyse zu Grunde, in dem Wachstumshormon (Somatotropin, STH) in überschießendem Maß gebildet wird. Dies führt auch beim Erwachsenen zum Wachstum der Akren wie Hände, Füße, Augenwülste, Kinn, Ohren und Nase. Es handelt sich um eine seltene endokrine Erkrankung mit einer Inzidenz von 3–4/Million Einwohner und einer Prävalenz in Deutschland von 3000–6000 Patienten.
Braune HandlinienEine bisher immer gesunde 58jährige Frau bemerkte einen deutlichen Rückgang ihrer Leistungsfähigkeit. Während sie bislang sportlich sehr aktiv war, führten innerhalb von drei Monaten selbst harmlose Spaziergänge in ebenem Gelände zu schweren Erschöpfungszuständen und Atemnot. Bei Aufregungen stellten sich manchmal auch Angstzustände, Palpitationen, Panikattacken, Kopfschmerzen und ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit ein.
Bei einer ärztlichen Untersuchung fielen eine eigenartige bräunliche Pigmentierung der Handflächen mit besonderer Betonung der Handlinien (Abb. 19), ein niedriger Blutdruck und v. a. eine anhaltende Hyponatriämie mit Werten zwischen 120 und 125 mmol/l auf. Dieser Befund führte zu einer endokrinologischen Abklärung. Durch den fehlenden Cortisolanstieg im ACTHStimulationstest, erhöhte Plasma
Abb. 15 Zyanose, Trommelschlegel-finger und Uhrglasnägel bei schwerer Pulmonal stenose.
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Abb. 16 Fingerpolyarthrose bei einer 56-jährigen Frau mit typischen Heber-den-Knötchen an den Fingerendgliedern.
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Abb. 17 Teleangiektasien an den Fingern bei Morbus Osler (hereditäre hämorrha-gische Teleangiektasie).
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Abb. 18 Vergrößerung der Hände und des Kinns bei Akromegalie.
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ACTHKonzentrationen, nicht feststellbares Aldosteron bei erhöhter PlasmaReninaktivität und Antikörper gegen Nebennierenrinde konnte die Diagnose eines Morbus Addison gesichert werden. Unter einer Substitutionstherapie mit Hydrocortison bildeten sich die Symptome in kurzer Zeit zurück.
Weißer Finger bei AufregungWenn die 23jährige Frau Stress hatte, bemerkte sie häufig eine Weißverfärbung, ein Kribbeln und ein Kältegefühl im rechten oder linken Zeigefinger. Der Zustand hielt etwa 10 min an und bildete sich spontan zurück.
Der Befund ist so typisch, dass eine Blickdiagnose gestellt werden kann. Es handelt sich um ein RaynaudSyndrom, das hier nur einen Finger betrifft. Man spricht in diesem Fall vom Digitus mortuus (Abb. 20). Häufiger sind alle Langfinger beider Hände gleichzeitig betroffen.
Dem RaynaudSyndrom liegt pathogenetisch eine Fehlinnervation durch den Sympathikus zugrunde, der über αAdrenorezeptoren eine Gefäßkonstriktion der Arteriolen bewirkt. Es kommt zu einem kurz dauernden Gefäßspasmus, der sich spontan löst. Meistens ist das RaynaudSyndrom harmlos und eine Therapie nicht notwendig. Das Auftreten der Symptome kann durch Warmhalten der Finger und Zehen verkürzt bzw. vermieden werden. Allerdings gilt es zu klären, ob es sich nicht um ein sekundäres RaynaudSyndrom handelt, das mit Autoimmunerkrankungen wie der Sklerodermie assoziiert sein kann.
Nächtliche HandschmerzenDie 76jährige Frau sucht den Arzt wegen seit mehreren Monaten bestehender Schmerzen in der linken Hand auf, die sie v. a. nachts plagen. Bei der genauen Inspektion der linken Hand fällt auf, dass die Thenarmuskulatur partiell atrophiert ist (Abb. 21). Der Befund wird v. a. beim Vergleich mit der rechten Hand deutlich.
Bei der Untersuchung sind das HofmannTinelZeichen und das PhalenZeichen positiv. Damit besteht der dringende V. a. ein Karpaltunnelsyndrom.
Der Karpaltunnel wird gebildet durch die Halbröhre der Handwurzelknochen und das straffe Retinaculum flexorum. In ihm verlaufen die Beugesehnen und der Nervus medianus, der bei raumfordernden Prozessen komprimiert und geschädigt werden kann.
Das Karpaltunnelsyndrom ist die häufigste Nervenläsion der oberen Extremität. Es tritt bei chronischer Polyarthritis, Akromegalie, Amyloidose und Diabetes mellitus, aber auch ohne feststellbare Ursache auf.
Literatur beim Verfasser
Anschrift des Verfassers:Prof. Dr. med. H. S. FüeßlInternist GastroenterologieLeiter Somatischer QuerschnittsbereichIsar-Amper-KlinikumKlinikum München-OstRingstr. 33aD-85540 HaarE-Mail: [email protected]
Abb. 20 Digitus mortuus.©
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ßlAbb. 21 Atrophie der Thenarmuskulatur bei Karpaltunnelsyndrom.
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Signs for spot diagnosis: Have a close look at the hands of your patient!
Hand signs – clinical examination – spot diagnosis
Keywords
Unter den diagnostischen Verfahren, die dem Arzt zur Verfügung stehen, gehört die Blickdiagnose wohl zu den effizientesten Methoden überhaupt. Das Verfahren ist extrem schnell und für den Patienten nicht belastend, im Gegenteil: der Akt der Diagnos-tik fördert in besonderer Weise die Arzt-Patienten-Beziehung. Die Hände stellen ein besonders reichhaltiges und ergiebiges diagnostisches Betätigungs-feld dar.
Für Gesundheitsökonomen mag in-teressant sein, dass die Blickdiagnose nicht nur praktisch nichts kostet, son-dern auch enorme Kosten durch die Vermeidung sinnloser Untersuchungen spart. Der Arzt dagegen blickt leider unter dem heute noch geltenden Ver-gütungssystem vollständig in die Röh-re, da diese hervorragende und effizi-ente Leis tung praktisch nicht belohnt wird. Es scheint längst an der Zeit, dass daran etwas geändert wird.
Fazit für die Praxis
InteressenkonfliktDie Autoren erklären, dass sie sich bei der Erstellung des Beitrages von keinen wirtschaftlichen Interessen leiten ließen. Sie legen folgende potenzielle Interes-senkonflikte offen: keine. Der Verlag erklärt, dass die inhaltliche Qualität des Beitrags von zwei unabhängigen Gutachtern geprüft wurde. Werbung in dieser Zeitschriftenaus-gabe hat keinen Bezug zur CME-Fortbildung. Der Verlag garantiert, dass die CME-Fortbildung sowie die CME-Fragen frei sind von werblichen Aussagen und keinerlei Produktempfehlungen enthalten. Dies gilt insbesondere für Präparate, die zur Therapie des dargestellten Krankheitsbildes geeignet sind.
Abb. 19 Hyperpigmentierte Handlinien bei Morbus Addison.
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Bitte beachten Sie:• Die Teilnahme ist nur online unter www.springermedizin.de/eAkademie möglich.• ausführliche Erläuterungen unter www.springermedizin.de/info-eakademie
Die Hände des Patienten: ein intensiver Blick lohnt
☐ Subkutane Knoten an den Handflächen ☐ Atrophie der Thenarmuskulatur ☐ Hautatrophie über den Fingermittelgelenken
Osler-Knötchen an den Fingerkuppen und subunguale Splitterblutungen treten bevorzugt bei welcher Erkrankung auf?
☐ Lungentuberkulose ☐ Sarkoidose ☐ Bakterielle Endokarditis ☐ Morbus Addison ☐ Morbus Cushing
Über welche Beobachtung berichten Patienten mit Akromegalie?
☐ Die Finger verfärben sich oft blau. ☐ Die Nägel sind brüchig geworden. ☐ Die Kraft in den Händen hat nachgelassen.
☐ Die Handschuhe sind zu groß geworden. ☐ Der Ring ist zu klein geworden.
Nagelfalzhyperkeratosen und Finger-kuppennekrosen lassen an welche Ver-dachtsdiagnose denken?
☐ Dermatomyositis ☐ Rheumatoide Arthritis ☐ Bronchialkarzinom ☐ Sklerodermie ☐ Gicht
☐ Spindelförmige Schwellungen der Fingermittelgelenke
Welche Aussage trifft zu? ☐ Die Fingerpolyarthrose befällt bevorzugt Männer.
☐ Die Fingerpolyarthrose ist immer schmerzhaft.
☐ Die rheumatoide Arthritis befällt nicht die Fingerendgelenke.
☐ Die tophöse Gicht geht mit einer symmetrischen Arthritis der Fingermittelgelenke einher.
☐ Der transversale Gelenksbefall ist typisch für die periphere Gelenksbeteiligung bei Spondylarthritis.
Bei einer Hyperpigmentierung der Hand-linien denken Sie an
☐ Diabetes mellitus ☐ Hyperlipoproteinämie Typ 3 ☐ Porphyria cutanea tarda ☐ Dermatomyositis ☐ Morbus Addison
Charakteristische Hautbefunde der Hand bei Porphyria cutanea tarda sind
☐ Palmarerythem ☐ Blasen, Krusten, Exkoriationen, Narben und Hyperpigmentierungen am Handrücken
Gottron-Papeln bei Dermatomyositis fin-den sich an welchen Stellen der Hand?
☐ An den Fingerkuppen ☐ Über den Fingermittelgelenken ☐ Am Daumenendglied ☐ Auf den Handflächen ☐ An der Beugeseite der Handgelenke
Welches Symptom ist für das Karpal-tunnelsyndrom typisch?
☐ Weißverfärbung der Langfinger ☐ Uhrglasnägel ☐ RaynaudPhänomen ☐ Nächtliche Handschmerzen ☐ Palmarerythem
Bei neu aufgetretenen Trommelschlegel-fingern ist vor allem an welche Diagnose zu denken?
☐ Rheumatoide Arthritis ☐ Morbus Bechterew ☐ Bronchialkarzinom ☐ Bakterielle Endokarditis ☐ Diabetes mellitus
Der pathognomonische Befund für die familiäre Hypercholesterinämie ist
☐ tuberöse Sehnenxanthome ☐ Handlinienxanthome ☐ Xanthelasmen der Oberlider ☐ Tüpfelnägel
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CME-Fragebogen FIN MM1216Fu
springermedizin.de/eAkademie
gültig bis 9. Oktober 2012
Diese CME-Fortbildungseinheit ist von der Bayerischen Landes ärztekammer mit zwei bzw. drei Punkten zur zertifizierten Fort bildung anerkannt.
CME-Herausgeber- und Review-Board: Prof. Dr. A. Berghaus, Prof. Dr. M. Blumenstein, Prof. Dr. Dr. h.c. Th. Brandt, Prof. Dr. K. Friese, Prof. Dr. H. S. Füessl, Prof. Dr. B. Göke, Prof. Dr. M. Graw, Prof. Dr. H. Holzgreve, Prof. Dr. A. Imdahl, Prof. Dr. K.-W. Jauch, Prof. Dr. K. Krüger, Prof. Dr. H.-J. Möller, Prof. Dr. Dr. h.c. Th. Ruzicka, Prof. Dr. A. Schneider, Prof. Dr. Ch. Stief, U. Weigeldt.