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det Yamamoto zu Recht ein, dass das ein sehr aufwendiges Verfahren ist und sehr viel Energie verbraucht. Ausgekocht Die Alternative: Kot und Wasser in ein druckfestes Gefäß geben und eine Stunde lang auf 150 bis 250 °C erhitzen. Die Wissenschaftlerin ver- glich auf diese Weise die Exkre- mente von vier pflanzenfressenden Nutztieren, Rind, Pferd, Ziege und Panda, mit denen des fleisch- fressenden Tigers, in dessen Aus- scheidungen sich erwartungsgemäß keine Polyphenole fanden. Die Resultate zeigen, dass sich aus dem Dung aller Pflanzenfresser auf diese Weise Polyphenole gewin- nen lassen. In den Extrakten identi- fizierte Yamamoto neben Vanillin- Bei der alljährlichen Verleihung der Ignobel-Preise im Sanders Thea- tre der Universität Harvard in Cam- bridge erfährt der Zuschauer gele- gentlich Dinge, die er eigentlich gar nicht so genau wissen will. Zum Bei- spiel: Wie riecht eigentlich gekochter Kuhfladen? In ihrer Dankesrede zur Verlei- hung des Ignobel-Preises in Chemie beantwortete die Chemikerin Mayu Yamamoto diese Frage mit „It is very strange and sweet. Can you imagine that?” Glücklicherweise nicht. Den Preis erhielt Yamamoto für ihre Versuche, Polyphenole aus Tier- exkrementen zu gewinnen. Allein in Japan fallen jährlich etwa 40 000 Ton- nen Dung aus der Nutztierhaltung an, und den müssen die Fleischpro- duzenten irgendwie loswerden. In die Flüsse kippen kann das Zeug heut- zutage niemand mehr. 1) Außerdem ist das ja Biomasse, aus der sich möglicherweise wert- volle Rohstoffe gewinnen lassen. Im Fokus der Aufmerksamkeit ist Lignin, das unverdaulich ist und im Dung von Pflanzenfressern in gro- ßen Mengen vorkommt. Lignin ist ein Polymer aus Polyphenolen wie Cumarylalkohol oder Coniferylalko- hol. Phenolische Abbauprodukte des Lignins sind Grundchemikalien für die Industrie, zum Beispiel Aus- gangsprodukte für Aromen oder Pharmazeutika. Überkritisches Wasser bei 22 bar Druck und 374 °C, das zeigen andere Arbeiten, 2) depolymerisiert Lignin zumindest zum Teil. Allerdings wen- Der Ignobel-Preis für Chemie ging dieses Jahr an die Japanerin Mayu Yamamoto. Sie entwickelte eine Methode, Vanillin aus Kuhfladen zu gewinnen. was hinten raus kommt Entscheidend ist, April, April säure, Syringasäure und Protocate- chusäure vor allem Vanillin. In ihrer Arbeit 3) schreibt Yamamo- to: „Wir konnten zeigen, dass sich hochwertige Produkte aus tierischen Exkrementen gewinnen lassen.“ An der Effizienz muss die Wissenschaft- lerin allerdings noch arbeiten. Die maximale Ausbeute an Vanillin lag bei 50 Mikrogramm je Gramm Ex- krement. Verkochte man sämtlichen jährlich in Japan anfallenden Dung auf diese Weise, erhielte man ins- gesamt zwei Tonnen Vanillin, gerade einmal 0,6 Prozent der Menge, die al- lein Japan jährlich verbraucht. Dennoch haben bereits einige Vi- sionäre die Bedeutung des Kotko- chens für unser aller Wohlergehen er- kannt. Der Eisladen Toscanini's Ice Cream in Cambridge widmete Yama- motos Entdeckung eine eigene Eissor- te, „Yum-a-Moto Vanilla Twist“, die er anlässlich der Preisverleihung der Öf- fentlichkeit präsentierte. In ihrer Rede empfahl Yamamoto das neue Produkt: „Eat ice cream with cow dung.“ Was die kleinen schwarzen Krü- mel im Vanilleeis sind, dürfte damit nun auch geklärt sein. Lars Fischer, Frankfurt 1) Siehe auch: Simpsons – The Movie. 2) A. Yashiro, Recycling of plant poly-phenol with supercritical water. Fundameutals and Applications of supercritical fluids, Techno system Press, Tokio 2002, 492. 3) M. Yamamoto, Novel production method for plant polyphenol from livestock ex- crement using subcritical water reaction, International Medical Center of Japan, nicht publiziert. Mayu Yamamoto während ihrer Dankes- rede zur Verleihung des Ignobel-Preises in Chemie. (Foto: Kees Moeliker Annals of Im- probable Research) (Foto: Nordmilch) 442 Nachrichten aus der Chemie | 56 | April 2008 | www.gdch.de/nachrichten

Entscheidend ist, was hinten raus kommt

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det Yamamoto zu Recht ein, dass das ein sehr aufwendiges Verfahren ist und sehr viel Energie verbraucht.

Ausgekocht

� Die Alternative: Kot und Wasser in ein druckfestes Gefäß geben und eine Stunde lang auf 150 bis 250 °C erhitzen. Die Wissenschaftlerin ver-glich auf diese Weise die Exkre-mente von vier pflanzenfressenden Nutztieren, Rind, Pferd, Ziege und Panda, mit denen des fleisch -fressenden Tigers, in dessen Aus-scheidungen sich erwartungsgemäß keine Polyphenole fanden.

Die Resultate zeigen, dass sich aus dem Dung aller Pflanzenfresser auf diese Weise Polyphenole gewin-nen lassen. In den Extrakten identi-fizierte Yamamoto neben Vanillin-

� Bei der alljährlichen Verleihung der Ignobel-Preise im Sanders Thea-tre der Universität Harvard in Cam-bridge erfährt der Zuschauer gele-gentlich Dinge, die er eigentlich gar nicht so genau wissen will. Zum Bei-spiel: Wie riecht eigentlich gekochter Kuhfladen?

In ihrer Dankesrede zur Verlei-hung des Ignobel-Preises in Chemie beantwortete die Chemikerin Mayu Yamamoto diese Frage mit „It is very strange and sweet. Can you imagine that?” Glücklicherweise nicht.

Den Preis erhielt Yamamoto für ihre Versuche, Polyphenole aus Tier -exkrementen zu gewinnen. Allein in Japan fallen jährlich etwa 40 000 Ton-nen Dung aus der Nutztierhaltung an, und den müssen die Fleischpro-duzenten irgendwie loswerden. In die Flüsse kippen kann das Zeug heut-zutage niemand mehr.1)

Außerdem ist das ja Biomasse, aus der sich möglicherweise wert-volle Rohstoffe gewinnen lassen. Im Fokus der Aufmerksamkeit ist Lignin, das unverdaulich ist und im Dung von Pflanzenfressern in gro-ßen Mengen vorkommt. Lignin ist ein Polymer aus Polyphenolen wie Cumarylalkohol oder Coniferylalko-hol. Phenolische Abbauprodukte des Lignins sind Grundchemikalien für die Industrie, zum Beispiel Aus-gangsprodukte für Aromen oder Pharmazeutika.

Überkritisches Wasser bei 22 bar Druck und 374 °C, das zeigen andere Arbeiten,2) depolymerisiert Lignin zumindest zum Teil. Allerdings wen-

Der Ignobel-Preis für Chemie ging dieses Jahr an die Japanerin Mayu Yamamoto.

Sie entwickelte eine Methode, Vanillin aus Kuhfladen zu gewinnen.

was hinten raus kommt

Entscheidend ist,

�April, April�

säure, Syringasäure und Protocate-chusäure vor allem Vanillin.

In ihrer Arbeit3) schreibt Yamamo-to: „Wir konnten zeigen, dass sich hochwertige Produkte aus tierischen Exkrementen gewinnen lassen.“ An der Effizienz muss die Wissenschaft-lerin allerdings noch arbeiten. Die maximale Ausbeute an Vanillin lag bei 50 Mikrogramm je Gramm Ex-krement. Verkochte man sämtlichen jährlich in Japan anfallenden Dung auf diese Weise, erhielte man ins-gesamt zwei Tonnen Vanillin, gerade einmal 0,6 Prozent der Menge, die al-lein Japan jährlich verbraucht.

Dennoch haben bereits einige Vi-sionäre die Bedeutung des Kotko-chens für unser aller Wohlergehen er-kannt. Der Eisladen Toscanini's Ice Cream in Cambridge widmete Yama-motos Entdeckung eine eigene Eissor-te, „Yum-a-Moto Vanilla Twist“, die er anlässlich der Preisverleihung der Öf-fentlichkeit präsentierte. In ihrer Rede empfahl Yamamoto das neue Produkt: „Eat ice cream with cow dung.“

Was die kleinen schwarzen Krü-mel im Vanilleeis sind, dürfte damit nun auch geklärt sein.

Lars Fischer, Frankfurt

1) Siehe auch: Simpsons – The Movie.

2) A. Yashiro, Recycling of plant poly-phenol

with supercritical water. Fundameutals

and Applications of supercritical fluids,

Techno system Press, Tokio 2002, 492.

3) M. Yamamoto, Novel production method

for plant polyphenol from livestock ex-

crement using subcritical water reaction,

International Medical Center of Japan,

nicht publiziert.

Mayu Yamamoto während ihrer Dankes-

rede zur Verleihung des Ignobel-Preises in

Chemie. (Foto: Kees Moeliker Annals of Im-

probable Research)

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