10
Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion Calibration pressures generated by static expansion of gases W. Jitschin Zusammenfassung Das Verfahren der Erzeugung genau be- kannter Kalibrierdru ¨ cke mittels stati- scher Expansion von Gasen wird vorge- stellt und die beno ¨ tigten Gleichungen werden in allgemeiner Form fu ¨ r reale Gase hergeleitet. Temperatureffekte durch den Expansionsprozess werden theoretisch abgescha ¨ tzt und mit Mess- werten an einer Apparatur verglichen. Anschließend werden die experimen- telle Bestimmung des Expansionsver- ha ¨ ltnisses und die Erzeugung von Kali- brierdru ¨ cken u ¨ ber einen weiten Druck- bereich diskutiert. Durch Thermostati- sierung der Apparatur mit Hilfe eines umgewa ¨ lzten Wasserbads konnte der Unsicherheitsbeitrag infolge von Tem- peratureffekten verglichen mit her- ko ¨ mmlichen Apparaturen erheblich ver- ringert werden. Das Messunsicherheits- budget zeigt, dass mit der Apparatur ein Druck von z. B. 0,1 mbar bei einer Reihe von Gasen mit einer kleinen relativen Unsicherheit (2r) von 1 10 -3 erzeugt werden kann. Summary The method of generating well known calibration pressures by means of static expansion of gases is described and the required mathematical equations are derived in general form for real gases. Temperature effects caused by the ex- pansion process are estimated and compared with experimental data ob- tained at an expansion apparatus. Thereafter, the experimental measure- ment of the expansion ratio and the gen- eration of calibration pressures over a wide pressure range are discussed for a specific apparatus. Controlling the temperature by immersing the appara- tus in a circulated water bath, the uncer- tainty contribution due to temperature effects was substantially reduced as compared to conventional appara- tuses. The uncertainty budget reveals that this apparatus allows the genera- tion of a pressure of, e.g., 0.1 mbar for various gases with a small relative un- certainty (2r) of 1 10 -3 . 1 Einleitung Vakuummessgera ¨ te werden kalibriert, indem man sie einem bekannten Druck aussetzt und ihre Anzeige notiert. Kali- brierdru ¨ cke oberhalb von etwa 30 mbar lassen sich mit handelsu ¨ blichen Kolbenmanometern mit geringer Unsi- cherheit erzeugen [1]. Kleinere Kalibrier- dru ¨ cke lassen sich mit Flu ¨ ssigkeitsma- nometern auf fundamentale Weise mes- sen. Eine kleine relative Messunsicher- heit erfordert allerdings einen erhebli- chen apparativen Aufwand fu ¨r die Ho ¨- henmessung der Flu ¨ ssigkeitssa ¨ ule. Der Aufwand nimmt zu kleinen Messdru ¨- cken hin stark zu. Bei einer Druckauflo ¨- sung in der Gro ¨ ßenordnung von 1 10 -5 mbar ist die Grenze des technisch Machbaren erreicht. Eine leistungsfa ¨ hige alternative Me- thode zur Erzeugung von Kalibrierdru ¨- cken im Bereich des Fein- und Hochva- kuums ist das Verfahren der statischen Gasexpansion, das als Prima ¨ rverfahren von einer Reihe von metrologischen In- stituten (z. B. PTB in Deutschland, NPL in Großbritannien und IMGC in Italien) verwendet wird. Bei dem Verfahren der statischen Gasexpansion wird zuna ¨ chst ein kleiner Beha ¨lter mit dem Testgas auf einen be- kannten Druck gefu ¨ llt. Anschließend wird dieser Beha ¨ lter durch O ¨ ffnen eines Ventils mit einem wesentlich gro ¨ ßeren, urspru ¨ nglich evakuierten Beha ¨ lter ver- bunden (Abb. 1). Das Gas verteilt sich nun vom kleinen Beha ¨ lter auf beide Be- ha ¨lter. Entsprechend der Volumenver- gro ¨ ßerung ergibt sich eine Druckverrin- gerung. Bei bekanntem Verha ¨ ltnis der Beha ¨ ltervolumina la ¨ sst sich der er- zeugte Kalibrierdruck berechnen. Der Expansionsprozess kann wiederholt werden, wodurch sich sukzessiv kleine- re Dru ¨ cke erzeugen lassen. Das Prinzip der statischen Gasexpan- sion ist einfach. Will man jedoch eine Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3 169–178 Ó WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 2000 0947-076X/00/0306-0169/$17.50+.50/0 169

Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

Kalibrierdruckerzeugung durchstatische Gasexpansion

Calibration pressures generated by static expansion of gases

W. Jitschin

Zusammenfassung

Das Verfahren der Erzeugung genau be-kannter KalibrierdruÈ cke mittels stati-scher Expansion von Gasen wird vorge-stellt und die benoÈ tigten Gleichungenwerden in allgemeiner Form fuÈ r realeGase hergeleitet. Temperatureffektedurch den Expansionsprozess werdentheoretisch abgeschaÈ tzt und mit Mess-werten an einer Apparatur verglichen.Anschlieûend werden die experimen-telle Bestimmung des Expansionsver-haÈ ltnisses und die Erzeugung von Kali-brierdruÈ cken uÈ ber einen weiten Druck-bereich diskutiert. Durch Thermostati-sierung der Apparatur mit Hilfe einesumgewaÈ lzten Wasserbads konnte derUnsicherheitsbeitrag infolge von Tem-peratureffekten verglichen mit her-koÈ mmlichen Apparaturen erheblich ver-ringert werden. Das Messunsicherheits-budget zeigt, dass mit der Apparatur einDruck von z. B. 0,1 mbar bei einer Reihevon Gasen mit einer kleinen relativenUnsicherheit (2r) von 1 � 10-3 erzeugtwerden kann.

Summary

The method of generating well knowncalibration pressures by means of staticexpansion of gases is described and the

required mathematical equations arederived in general form for real gases.Temperature effects caused by the ex-pansion process are estimated andcompared with experimental data ob-tained at an expansion apparatus.Thereafter, the experimental measure-ment of the expansion ratio and the gen-eration of calibration pressures over awide pressure range are discussed fora specific apparatus. Controlling thetemperature by immersing the appara-tus in a circulated water bath, the uncer-tainty contribution due to temperatureeffects was substantially reduced ascompared to conventional appara-tuses. The uncertainty budget revealsthat this apparatus allows the genera-tion of a pressure of, e.g., 0.1 mbar forvarious gases with a small relative un-certainty (2r) of 1 � 10-3.

1 Einleitung

VakuummessgeraÈ te werden kalibriert,indem man sie einem bekannten Druckaussetzt und ihre Anzeige notiert. Kali-brierdruÈ cke oberhalb von etwa 30mbar lassen sich mit handelsuÈ blichenKolbenmanometern mit geringer Unsi-cherheit erzeugen [1]. Kleinere Kalibrier-druÈ cke lassen sich mit FluÈ ssigkeitsma-nometern auf fundamentale Weise mes-sen. Eine kleine relative Messunsicher-

heit erfordert allerdings einen erhebli-chen apparativen Aufwand fuÈ r die HoÈ -henmessung der FluÈ ssigkeitssaÈ ule. DerAufwand nimmt zu kleinen MessdruÈ -cken hin stark zu. Bei einer DruckaufloÈ -sung in der GroÈ ûenordnung von 1 � 10-5

mbar ist die Grenze des technischMachbaren erreicht.

Eine leistungsfaÈ hige alternative Me-thode zur Erzeugung von KalibrierdruÈ -cken im Bereich des Fein- und Hochva-kuums ist das Verfahren der statischenGasexpansion, das als PrimaÈ rverfahrenvon einer Reihe von metrologischen In-stituten (z. B. PTB in Deutschland, NPLin Groûbritannien und IMGC in Italien)verwendet wird.

Bei dem Verfahren der statischenGasexpansion wird zunaÈ chst ein kleinerBehaÈ lter mit dem Testgas auf einen be-kannten Druck gefuÈ llt. Anschlieûendwird dieser BehaÈ lter durch OÈ ffnen einesVentils mit einem wesentlich groÈ ûeren,urspruÈ nglich evakuierten BehaÈ lter ver-bunden (Abb. 1). Das Gas verteilt sichnun vom kleinen BehaÈ lter auf beide Be-haÈ lter. Entsprechend der Volumenver-groÈ ûerung ergibt sich eine Druckverrin-gerung. Bei bekanntem VerhaÈ ltnis derBehaÈ ltervolumina laÈ sst sich der er-zeugte Kalibrierdruck berechnen. DerExpansionsprozess kann wiederholtwerden, wodurch sich sukzessiv kleine-re DruÈ cke erzeugen lassen.

Das Prinzip der statischen Gasexpan-sion ist einfach. Will man jedoch eine

Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3 169±178Ó WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 2000

0947-076X/00/0306-0169/$17.50+.50/0 169

Page 2: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

kleine Unsicherheit erreichen, so muÈ s-sen Fehlerquellen erkannt und behobenbzw. korrigiert werden. Eine Evaluationeiner Expansionsapparatur mit sorgfaÈ lti-ger Fehleranalyse findet sich in der Lite-ratur [2]. Es zeigt sich, dass Temperatur-effekte den groÈ ûten Beitrag zur Gesamt-unsicherheit bilden. Man hat daher dieseEffekte detailliert untersucht [3, 4].

Das Labor fuÈ r Vakuumtechnik derFachhochschule Giessen-Friedberg be-

treibt seit einigen Jahren eine Apparaturzur Kalibrierdruckerzeugung durch stati-sche Gasexpansion, um einerseitshoÈ chstmoÈ gliche Genauigkeit zu erzie-len und andererseits unabhaÈ ngig von an-deren Laboratorien zu sein. Um das Pro-blem der Temperatureffekte besser inden Griff zu bekommen, wurden nundie VakuumbehaÈ lter der Apparatur inein umgewaÈ lztes Wasserbad einge-taucht (Abb. 2). Diese LoÈ sung ist nahelie-gend, wurde aber nach Wissen des Au-tors bislang bei solchen Apparaturennicht praktiziert. Durch diese Thermosta-tisierung werden ± wie noch gezeigt wird± Unsicherheiten durch Temperaturef-fekte drastisch reduziert, wodurch dieGenauigkeit wesentlich verbessert wird.

In der vorliegenden VeroÈ ffentlichungwird zunaÈ chst die statische Expansionrealer Gase unter nicht isothermen Be-dingungen theoretisch in allgemeinerForm behandelt. Es folgen Untersu-chungen der verschiedenen Tempera-tureffekte, deren GroÈ ûen sowohl theore-tisch abgeschaÈ tzt als auch experimen-tell gemessen werden. Dann wird fuÈ rdie vorhandene Apparatur die experi-mentelle Bestimmung des Expansions-verhaÈ ltnisses beschrieben. Schlieûlichwerden die Unsicherheit der Kalibrier-druckerzeugung und die Kalibrierungvon MessgeraÈ ten diskutiert.

2 Prinzip der Kalibrierdruck-erzeugung durch statischeExpansion

Bei dem Verfahren der statischen Ex-pansion von Gasen wird grundsaÈ tzlichangenommen, dass bei dem Expansi-onsprozess die Menge des Gases (be-schrieben z. B. durch Anzahl der Gas-teilchen oder durch die Stoffmenge inMol) erhalten bleibt. Diese Annahmeist zumindest bei Edelgasen, die bei Um-gebungstemperatur nicht an OberflaÈ -chen haften, sehr gut erfuÈ llt. Aus dieserBedingung ergibt sich im Fall einer kon-stanten Menge eines idealen Gases fol-gender Erhaltungssatz fuÈ r die Zustands-groÈ ûen Druck p, Volumen V und Tempe-ratur T:

p � VT� const �1�

Unter Umgebungsbedingungen zeigendie realen Gase geringfuÈ gige Abwei-

chungen (typisch in der GroÈ ûenord-nung von � 0,1 %) vom Verhalten desidealen Gases. Bei einer hier angestreb-ten relativen Unsicherheit von 1 � 10-4

koÈ nnen diese Abweichungen gut durcheine Korrektur in erster NaÈ herung desDrucks beschrieben werden. Man er-haÈ lt somit fuÈ r reale Gase folgende Be-dingung:

p

1� B 00 � p �V

T� const �2�

Der Koeffizient B 00 ist der zweite Virial-koeffizient. Dieser hat die Dimension¹1/Druckª und haÈ ngt von der Tempera-tur ab. In der Literatur findet sich derzweite Virialkoeffizient auch unter derBezeichnung B mit der Dimension ¹Vo-lumen/Stoffmengeª, die Umrechnungist wie folgt:

B � B 00 � R � T �3�

Hierbei ist R die molare Gaskonstante(R� 8,3145 J �mol-1 �K-1 ) und T die ther-modynamische Temperatur (in Kelvin).Werte fuÈ r den zweiten Virialkoeffizien-ten einiger Gase sind in Tabelle 1 ange-geben. Beispielsweise betraÈ gt bei demrealen Gas Argon unter den Bedingun-gen 1 bar und 20 8C die Korrektur desDrucks ± 0,074 %.

Eine Apparatur zur Erzeugung von Ka-librierdruÈ cken durch statische Gasex-pansion besteht zumindest aus zwei Be-haÈ ltern, von denen der kleinere das Vo-lumen Vk und der groÈ ûere das VolumenVg hat und die durch ein Ventil verbun-den sind

170 Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3

Tabelle 1: Zweiter Virialkoeffizient fuÈ reinige Gasarten bei 20 8C (Werte nachRef. 5 und 6).

Gas-art

B (cm3/mol) B 00 (10-6/mbar)

He 11 0,49

Ne 12 0,49

Ar ± 20 ± 0,74

Kr ± 59 ± 2,37

Xe ±143 ± 5,94

H2 + 14 0,60

N2 ± 8 ± 0,28

CO2 ±132 ± 5,4

C3H8 ±380 ±15,6

Abb. 1: Prinzip der Kalibrierdrucker-zeugung durch statische Gasexpan-sion.

Abb. 2: Apparatur zur MessgeraÈ teka-librierung durch statische Gasexpan-sion an der Fachhochschule in Gie-ûen.

Page 3: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

Beim Betrieb der Apparatur werdenzunaÈ chst beide BehaÈ lter evakuiert.Dann wird der kleinere BehaÈ lter mitdem Testgas auf einen Anfangsdruckpstart gefuÈ llt. Anschlieûend wird das Ven-til geoÈ ffnet, das Gas verteilt sich auf bei-de BehaÈ lter und ergibt den Enddruckpkal, der fuÈ r eine Kalibrierung genutztwird. Bei unserer Apparatur haben dieBehaÈ lter die Volumina Vk � 1 l, Vg �99 l, was recht typische Werte sind.Bei einem einzigen isothermen Expansi-onsschritt eines idealen Gases wird so-mit der Druck um das Expansionsver-haÈ ltnis Vk/(Vk+Vg) � 1 /100 verkleinert.

Der bei nicht-isothermer Expansioneines realen Gases erzeugte Kalibrier-druck pkal errechnet sich unter Ausnut-zung von Gleichung (2) zu:

pkal

1� B 00 � pkal

� pstart

1� B 00 � pstart:

Vk=Tk

Vk=Tk � Vg=Tg�4�

Hierbei kennzeichnen Tk und Tg die ther-modynamischen Temperaturen (in Kel-vin) des Gases im kleinen bzw. groûenBehaÈ lter.

Zur Vereinfachung der Schreibweisesoll im Folgenden der rechts stehendeFaktor in Gleichung 4, also das Expansi-onsverhaÈ ltnis durch das Symbol R (fuÈ rengl. ratio) bezeichnet werden:

R � Vk=Tk

Vk=Tk � Vg=Tg

� 1

1� �Vg=Vk� � Tk=Tg�5�

Damit laÈ sst sich Gleichung 4 in folgendereinfacher Form schreiben:

1

pÿ1kal � B 00

� R

pÿ1start � B 00

�6�

3 Einfluss der BehaÈ lter-temperatur

Wie Gleichung 5 zeigt, beeinflussen dieTemperaturen der BehaÈ lter unmittelbardas ExpansionsverhaÈ ltnis und damitden erzeugten Kalibrierdruck. Anderer-seits beeinflussen die Temperaturender BehaÈ lter auch die Bestimmung desExpansionsverhaÈ ltnisses, wenn diesenach dem uÈ blichen Verfahren (siehe Ka-

pitel 7) erfolgt. FuÈ r eine hohe Genauig-keit des erzeugten Kalibrierdrucks istes daher erforderlich, dass das Tempe-raturverhaÈ ltnis Tk / Tg in den beiden FaÈ l-len der Kalibrierdruckerzeugung und derVerhaÈ ltnisbestimmung moÈ glichst dengleichen Wert hat.

Unsere Erfahrungen zeigen allerdings,dass bei uÈ blichen Betrieb der Apparaturin Umgebungsluft Temperaturunter-schiede von 3 8C (oder mehr) an ver-schiedenen Stellen des groûen BehaÈ l-ter auftreten, die durch WaÈ rmequellenwie Pumpen entstehen. Die zu einembestimmten Zeitpunkt herrschendeTemperaturverteilung haÈ ngt von der Ein-schaltdauer der Pumpen und auch vonder Umgebung (Sonneneinstrahlung,Zugluft, etc.) ab. Die schwankende Tem-peraturverteilung kann somit durchauseinen Messfehler in der GroÈ ûenordnungvon 1 % erzeugen. Um dieses Problemzu loÈ sen, kann man die Temperaturen anmehreren Stellen des BehaÈ lters erfassenund einen raÈ umlichen Mittelwert bilden[2]. Hierdurch lassen sich relative Unsi-cherheiten von 3 � 10-4 durch Tempera-turgradienten und von 1 � 10-4 durchTemperaturdriften erreichen.

Bei unserer Apparatur wurde dasTemperaturproblem auf eine andere,wirkungsvolle Weise geloÈ st, indem bei-de BehaÈ lter in ein Wasserbad einge-taucht wurden (Abb. 2). Das Wasser,das eine sehr groûe WaÈ rmekapazitaÈ that, wird durch eine Pumpe umge-waÈ lzt. Es wurde eine kleine Pumpe (FoÈ r-derstrom 10 l/min) gewaÈ hlt, um einemerkliche Aufheizung durch Reibungbei der WasserfoÈ rderung zu vermei-den. Das Wasser umflieût zunaÈ chstden groûen BehaÈ lter, wo zu einem Tem-peraturausgleich kommt, und dann denkleinen BehaÈ lter.

Bei der Erprobung der Apparatur wur-den die Wassertemperaturen des umge-waÈ lzten Wasserbades an verschiedenenStellen des Bades gemessen, indemPt100-MessfuÈ hler (AufloÈ sung 0,01 8C)kurz nacheinander voll eingetaucht andiesen Stellen positioniert wurden. DieMessdaten zeigen, dass die Wasser-temperaturen uÈ berall nahezu gleichsind, die empirische Standardabwei-chung (1r) der Einzelwerte vom Mittel-wert liegt in der Regel unter 0,02 8C.Die Wassertemperatur wird derzeitnicht geregelt, so dass die zeitliche Driftvon den Umgebungsbedingungen ab-haÈ ngt. In der Regel liegt sie unter0,1 8C pro Stunde. Durch manuelles Ge-

gensteuern der Temperatur der Umge-bungsluft laÈ sst sich die Wassertempera-tur uÈ ber Stunden auf � 0,02 8C konstanthalten.

Eine Schwachstelle der Thermostati-sierung bilden die Apparaturteile auûer-halb des Wasserbades, insbesonderedie Verbindung zur Vakuumpumpe (sie-he Abb. 2). Diese Teile sind der Raum-temperatur ausgesetzt, ferner stellt dieTurbomolekularpumpe bei Betrieb eineWaÈ rmequelle dar. In der Tat wurdenam unteren Teil des Ventils zwischen Va-kuumbehaÈ lter und Turbomolekularpum-pe Temperaturen gemessen, die bis zu1 8C hoÈ her waren als die Temperaturdes Wasserbads. Nimmt man an, dassdie Apparaturteile auûerhalb des Was-serbades ein Volumen von 3 % des Ge-samtvolumens haben und dass ihremittlere Temperatur um 0,5 8C hoÈ herals die des Wasserbades ist, so schaÈ tztman eine VerfaÈ lschung der mittleren Be-haÈ ltertemperatur um 3 % � 0,5 8C �0,015 8C ab. Diese SchwachstellekoÈ nnte behoben werden z. B. durch An-bringen von durchstroÈ mten Wasserroh-ren an den betreffenden Apparaturteilen.

Insgesamt ergibt sich, dass die Tem-peraturen der beiden BehaÈ lter mit einerUnsicherheit (2 r) von 0,04 8C gleichsind. Damit hat die Thermostatisierungder BehaÈ lter die erhoffte Reduzierungder Unsicherheiten der BehaÈ ltertempe-raturen voll erfuÈ llt.

4 Temperatureffekte durchGasexpansion

LaÈ sst man ein ideales Gas ins Vakuumexpandieren, so aÈ ndert sich seine Tem-peratur bekanntlich nicht (Gay-Lussac-scher UÈ berstroÈ mversuch). LaÈ sst mandagegen ein reales Gas ins Vakuum ex-pandieren, so aÈ ndert sich seine Tempe-ratur, was als Joule-Thomson-Effekt be-kannt ist. FuÈ r den Zusammenhang zwi-schen TemperaturaÈ nderung dT undDruckaÈ nderung dp wird in LehrbuÈ chernder Thermodynamik folgender Zusam-menhang hergeleitet:

dT

dp� ÿ 1

m � cmp��

V ÿ T � dV

dT

����p�const

��7�

Dabei bezeichnen m die Stoffmenge desGases und cmp seine molare WaÈ rmeka-pazitaÈ t bei konstantem Druck.

Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3 171

Page 4: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

Man kann ein reales Gas mit der van-der-Waals Gleichung beschrieben undso die obere Gleichung ausrechnen. Inunserem Fall reicht es voÈ llig aus, nurdie Korrekturterme bis zur ersten Ord-nung im Druck (bzw. in Stoffmenge/Vo-lumen) zu beruÈ cksichtigen. Damit erhaÈ ltman:

dT

dp� ÿ bm

cmp��

1ÿ am

bm� 2

R � T�

�8�

Hierbei sind am und bm die van-der-Waals Konstanten (bezogen auf dieStoffmenge in Mol).

In unserem Fall der Gasexpansion vonmoderaten AnfangsdruÈ cken (maximaleinige Bar) aÈ ndert sich die Temperaturdurch den Joule-Thomson-Effekt nurum maximal wenige Kelvin, so dassman im letzten Term der Gleichung (8)die variable Temperatur T im Nenner naÈ -herungsweise durch die konstante Um-gebungstemperatur (293 ...296 K) erset-zen darf. Dann ist die rechte Seite derGleichung eine leicht auszurechnendeKonstante. Werte der van-der-WaalsKonstanten (am, bm) und der errechne-ten TemperaturaÈ nderung pro DruckaÈ n-derung (dT/dp) sind in Tabelle 2 angege-ben. Wie man sieht, bleibt die Tempera-turaÈ nderung der gesamten Gasmengeinfolge des Joule-Thomson-Effekts beieiner DruckaÈ nderung von 1 bar unter 1 K.

Weitaus groÈ ûer sind lokale Tempera-turaÈ nderungen infolge der Dynamikdes Expansionsprozesses, die auchbeim idealen Gas auftreten. Hierbei han-delt es sich um folgenden physikali-schen Prozess: Bei der Expansion desGases aus dem kleinen BehaÈ lter inden groûen BehaÈ lter presst das im klei-nen BehaÈ lter jeweils noch befindliche

Gas eine geringe Gasmenge aus demkleinen BehaÈ lter heraus und verrichtetdabei Arbeit. Entsprechend kuÈ hlt sichdas Gas im kleinen BehaÈ lter ab unddas Gas im groûen BehaÈ lter wird er-waÈ rmt. Der resultierende Temperaturef-fekt ist erheblich: Unmittelbar nach derExpansion von 2 ... 3 bar Ar aus demkleinen in den groûen BehaÈ lter ist dasGas im groûen BehaÈ lter um ca. 8 C waÈ r-mer, wie Messungen zeigen (siehe Ref.[3], [8] und unten Abb. 3).

Man kann diesen Expansionsprozessmit einigen Annahmen thermodyna-misch berechnen. AnfaÈ nglich soll sichdas gesamte Gas im kleinen BehaÈ lterbefinden, waÈ hrend der groûe BehaÈ lterevakuiert ist. Die folgende Expansionsoll nun so verlaufen, daû das jeweilsnoch im kleinen BehaÈ lter befindlicheGas einem polytropen Expansionsver-halten folgt, also sich mit fallendemDruck allmaÈ hlich abkuÈ hlt entsprechendder Poisson-Gleichung (n ist der Polytro-penexponent)

p1-n � Tn = const.

Ferner sind folgende Annahmen plausi-bel:l Die Menge (Masse) des gesamten

Gases bleibt beim Expansionsvor-gang erhalten.

l Nach der Expansion herrscht in bei-den BehaÈ ltern der gleiche Druck.

l Die vom Gas im kleinen BehaÈ lter ab-gegebene WaÈ rmeenergie ist gleichder vom Gas im groûen BehaÈ lter auf-genommenen WaÈ rmeenergie.

Mit diesen Annahmen ist der Expansi-onsprozeû eindeutig beschreibbar (Ver-oÈ ffentlichung ist in Vorbereitung) undder Endzustand kann berechnet wer-

den. Zur Veranschaulichung des Expan-sionsprozesses soll folgendes Beispielbetrachtet werden:l Polytropenexponent n� Isentropenexponent� 1,67 (Edelgas)

l ExpansionsverhaÈ ltnis R = 0,01l Anfangstemperatur T1 = 300 Kl Anfangsdruck: egal

Durch Ausrechnen findet man fuÈ r dieTemperaturen der Gasmengen im klei-nen bzw. groûen BehaÈ lter nach der Ex-pansion: 48 K bzw. 317 K. Aufgrund derstarken AbkuÈ hlung des Gases im kleinenBehaÈ lter befindet sich nach der Expan-sion im kleinen BehaÈ lter noch 6% derGasmasse.

Die im Experiment gemessenen Tem-peratureffekte sind deutlich kleiner alsdie soeben berechneten. Grund hierfuÈ rist, daû der Expansionsprozeû nichtisentrop (also ohne WaÈ rmeaustauschmit der Umgebung) stattfindet, sonderndaû es bereits waÈ hrend der Expansionzu einem WaÈ rmeaustausch kommt. Beider Berechnung ist fuÈ r den Polytrope-nexponenten n nicht der Isentropenex-ponent einzusetzen, sondern ein kleine-rer Wert.

Aufgrund der betraÈ chtlichen lokalenTemperatureffekte durch die Gasexpan-sion wird man auf den ersten Blick einestarke BeeintraÈ chtigung des erzeugtenKalibrierdrucks erwarten. TatsaÈ chlichaber ist die BeeintraÈ chtigung klein,denn ± wie im folgenden Kapitel disku-tiert ± kommt es je nach experimentel-len Bedingungen mehr oder wenigerschnell zum WaÈ rmeaustausch des Ga-ses mit der Umgebung (BehaÈ lterwaÈ n-de), deren WaÈ rmekapazitaÈ t sehr viel groÈ -ûer als die des Gases ist. Eine grobe Ab-schaÈ tzung der WaÈ rmekapazitaÈ ten vonGas und Umgebung ergibt folgendeWerte:

Stoff WaÈ rme-kapazitaÈ t(J/K)

Gas (1 l Argon bei 1 bar) 1

kleiner BehaÈ lter(1,5 kg Edelstahl)

750

groûer BehaÈ lter(40 kg Edelstahl)

20000

Wasserbad (120 l) 500000

Kommt es zu einem WaÈ rmeaustauschzwischen dem Gas und den BehaÈ lternbzw. dem umgebenden Wasserbad, so

172 Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3

Tabelle 2: Stoffdaten einiger Gase zur quantitativen Berechnung des Joule-Thomson-Effekts (Werte nach Ref. 6 und 7). Die letzte Spalte wurde nach Glei-chung 8 berechnet.

Gasart am

(bar � l2 �mol-2)bm

(l �mol-1)cmp

(J �mol-1 �K-1)dT/dp(K/bar)

He 0,034 0,0237 20,8 ±0,10

Ne 0,211 0,0171 20,8 0,00

Ar 1,345 0,0322 20,8 0,38

Kr 2,318 0,0398 20,8 0,72

H2 0,244 0,0266 28,8 ±0,02

N2 1,390 0,0391 29,1 0,26

CO2 3,592 0,0427 37,1 0,68

C3H8 8,664 0,0845 73,8 0,85

Page 5: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

wird das Gas infolge seiner sehr gerin-gen WaÈ rmekapazitaÈ t praktisch die Tem-peratur des BehaÈ lters annehmen. Jegli-che TemperaturaÈ nderung durch denProzess der Gasexpansion wird somit

auf Werte unter 0,01 K reduziert undist damit vernachlaÈ ssigbar klein. DerWaÈ rmeaustausch erfolgt in der Tatrecht schnell, wie nun gezeigt werdensoll.

5 WaÈ rmeausgleich des Gasesmit der Umgebung

Ein WaÈ rmeaustausch des Gases im Be-haÈ lter mit seiner Umgebung (BehaÈ lterund Wasserbad) kann durch WaÈ rmelei-tung und durch freie Konvektion erfol-gen. Da Konvektion schwierig abzu-schaÈ tzen ist, soll in der folgenden Ab-schaÈ tzung des WaÈ rmeaustausches derunguÈ nstige Fall, dass ausschlieûlichWaÈ rmeleitung auftritt, betrachtet wer-den.

Wie in LehrbuÈ chern der Thermodyna-mik hergeleitet, wird die Schnelligkeitdes WaÈ rmeaustausches durch die Tem-peraturleitfaÈ higkeit a bestimmt, die wiefolgt definiert ist:

a � kq � cp

�10�

Hierbei sind k die WaÈ rmeleitfaÈ higkeit, qdie Dichte und cp die spezifische WaÈ r-mekapazitaÈ t bei konstantem Druck.FuÈ r einen (unendlich langen) Zylindermit Durchmesser d betraÈ gt die charakte-ristische Zeitkonstante s des WaÈ rme-austausches

s � d2

23 � a �11�

(gemaÈ û Gleichung 1.113 aus Ref. 9 fuÈ rdas formal identische Diffusionspro-blem).

In Tabelle 3 findet sich eine Zusam-menstellung der fuÈ r den WaÈ rmeaus-gleich wichtigen Werte fuÈ r einige Stof-fe. FuÈ r die BehaÈ lterwand und das Was-serbad findet man sehr kleine Werte derTemperaturleitfaÈ higkeit. Zwar kann hier-fuÈ r wegen der anderen raÈ umlichen Geo-metrie die Gleichung (11) nicht ange-wendet werden, aber man schaÈ tzt hierkurze Zeitkonstanten von weniger als1 s fuÈ r den thermischen Ausgleich ab.

Die laÈ ngste Zeit benoÈ tigt der thermi-sche Ausgleich des Gases im BehaÈ ltermit seiner Umgebung. Die WaÈ rmeleitfaÈ -higkeit k ist im viskosen Bereich nahezuunabhaÈ ngig vom Druck. Damit wir diecharakteristische Zeit des WaÈ rmeaus-gleichs um so laÈ nger, je kleiner die Tem-peraturleitfaÈ higkeit a wird, also je groÈ ûerDichte q und Druck p des Gases werden.Tabelle 3 gibt die fuÈ r den groûen BehaÈ lterbei p � 10 mbar berechneten Zeitkon-stanten an.

Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3 173

Abb. 3: Zeitverhalten des Drucks nach raschem FuÈ llen des groûen BehaÈ ltersmit verschiedenen Gasen. Obere Reihe: Anfangsdruck ca. 2000 mbar. MittlereReihe: Anfangsdruck ca. 1000 mbar. Untere Reihe: Anfangsdruck ca. 500 mbar.

Page 6: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

Um die tatsaÈ chliche Zeitdauer desWaÈ rmeausgleichs quantitativ zu bestim-men, wurden Messungen durchgefuÈ hrt.Bei diesen Messungen wurden zu-naÈ chst beide BehaÈ lter evakuiert. Dannwurde der kleine BehaÈ lter mit einemTestgas zu ca. 2 bar, 1 bar bzw. 0,5bar gefuÈ llt. Anschlieûend wurde dasVentil zwischen kleinem und groûem Be-haÈ lter fuÈ r kurze Zeit (wenige Sekunden)geoÈ ffnet und wieder geschlossen. Aufdiese Weise wurde der groûe BehaÈ ltermit einer bestimmten Gasmenge auf ei-nen Druck von ca. 20 mbar, 10 mbarbzw. 5 mbar gefuÈ llt. Die Temperaturdes Gases im groûen BehaÈ lter wurdenicht direkt gemessen, da diese vomOrt abhaÈ ngt und die schnelle Tempera-turmessung bei Gasen von der Mess-technik her problematisch ist. Statt des-sen wurde der Druck als Funktion derZeit nach dem FuÈ llen mit einem kapazi-tiven Membranvakuummeter gemes-sen. GemaÈ û Gleichung 1 bzw. 2 ist derDruck ein direktes Maû fuÈ r die raÈ umlichgemittelte Gastemperatur. Die Datensind in Abb. 3 gezeigt, die Ordinate um-fasst jeweils das Intervall von �5 % umden Sollwert. Die absoluten Abweichun-gen des erzeugten Drucks vom Sollwertsind hier uninteressant, da sie aus unge-nauer Realisierung des Anfangsdrucksund unvollstaÈ ndigem Druckausgleichbei der kurzen Zeit der VentiloÈ ffnung,die manuell erfolgte und leicht vari-ierte, resultieren.

Der groÈ ûte Temperatureffekt wird beider Expansion von 2 bar Kr beobach-tet, naÈ mlich ca. 4 %, was einer Tempe-

raturerhoÈ hung des Gases im groûen Be-haÈ lter von ca. 12 K unmittelbar nachdem FuÈ llen entspricht. Aus dem Ver-gleich der Kurven fuÈ r verschiedene An-fangsdruÈ cke folgt, dass ± wie erwartet± die Temperatureffekte etwa proportio-nal zum Druck selbst sind. Vergleichtman Werte fuÈ r verschiedene Gasarten,so findet man, dass die Temperaturef-fekte etwa umgekehrt proportional zurWurzel aus der Teilchengeschwindig-keit und der molaren WaÈ rmekapazitaÈ tist.

Beim Betrieb der statischen Expansi-onsapparatur benoÈ tigt man den thermi-schen Ausgleichszustand. FuÈ r die Praxisist es daher interessant, wie schnell die-ser Zustand erreicht ist. Die Messkurven(Abb. 3) zeigen, dass der Temperatur-ausgleich uÈ berraschend schnell erfolgt.Bei den meisten Messkurven ergibtsich eine Zeitkonstante von ca. 3 s.Wie in einer unabhaÈ ngigen Messungdurch abruptem Gaseinlass gepruÈ ft wur-de, ist das etwa die Zeitkonstante desverwendeten DruckmessgeraÈ ts (kapa-zitives Membranvakuummeter mit inte-grierendem AnzeigegeraÈ t), naÈ mlich2,2 s. Lediglich bei den Gasen C3H8

und CO2 und Druck 20 mbar werdendeutlich laÈ ngere Zeitkonstanten, naÈ m-lich etwa 8 s beobachtet, was etwa mitden abgeschaÈ tzten Werten (Tab. 3) uÈ ber-einstimmt.

Im Fall eines exponentiellen Zeitver-haltens hat ein Signal sich nach einerZeitdauer von 7 Zeitkonstanten bis auf0,1 % dem stationaÈ ren Wert genaÈ hert.Die Abweichung des Druckes unmittel-

bar nach dem Expandieren vom statio-naÈ ren Wert betraÈ gt bei den in Abb. 3 ge-zeigten Messungen maximal 4 % desWertes (bei 20 mbar Kr). Wartet manalso eine Zeit von 1 min nach der Gas-expansion, so hat man sich selbst im un-guÈ nstigsten Fall (Kr, C3H8, 20 mbar) demstationaÈ ren Druck mit einer relativen Ab-weichung unter 1 � 10-4 genaÈ hert. Das giltfuÈ r den groûen BehaÈ lter.

Bei dem kleinen BehaÈ lter liegen dieVerhaÈ ltnisse etwas anders: Der ca. 100mal hoÈ here Druck vergroÈ ûert die Zeit-konstante um einen Faktor von ca.100, der 1¤4 so groûe Durchmesser ver-ringert die Zeitkonstante auf 1/16. Alsoist die Zeitkonstante beim kleinen BehaÈ l-ter etwa 6 mal laÈ nger als beim groûen,d. h. ca. 50 s im unguÈ nstigsten Fall.Beim FuÈ llen des kleinen BehaÈ ltersmuss dann ca. 5 min gewartet werden,um eine relative Abweichung unter1 � 10-4 zu erhalten.

In der Literatur werden laÈ ngere Rela-xationszeiten fuÈ r das Temperaturgleich-gewicht angegeben, naÈ mlich 203 s und601 s [3]. Hierbei handelt es sich umdas FuÈ llen eines kugelfoÈ rmigen kleinenBehaÈ lters mit 3 bar Ar. FuÈ r diesen Fallberechnet man nach den obigen Glei-chungen (wobei wegen der Kugelformanstelle von Gleichung 11 die entspre-chende Gleichung 1.114 von Ref. 9 zunehmen ist) eine charakteristische Zeit-konstante s � d2 / 39 � a � 59 s. Die laÈ n-geren experimentellen Werte sind moÈ g-licherweise auf den langsamen thermi-schen Austausch mit der Umgebungs-luft zuruÈ ckzufuÈ hren.

6 Messungen zum Virial-koeffizienten

Bei der erreichten hohen Reproduzier-barkeit der Druckerzeugung lassensich auch die durch Virialkoeffizientenbeschriebenen stationaÈ ren Abweichun-gen der realen Gase vom Verhaltendes idealen Gases experimentell unter-suchen. In einer Messreihe wurde hier-zu mit verschiedenen Gasen ein immergleicher Anfangsdruck pstart � 1000mbar mit einem Kolbenmanometer er-zeugt. Dieser Druck wurde jeweils 5 Mi-nuten lang am kleinen BehaÈ lter konstantgehalten, um somit den thermischemAusgleich sicherzustellen. Anschlie-ûend wurden die Gase expandiert unddie sich jeweils einstellenden DruÈ cke

174 Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3

Tabelle 3: Stoffwerte zum WaÈ rmeausgleich. Bei den Gasen wurde ein Druckvon 10 mbar angenommen. Der Wert fuÈ r a wurde mit Gleichung 10 berechnet,der Wert fuÈ r s hieraus mit Gleichung 11 fuÈ r d � 0,4 m.

Stoff k(W �m-1 �K-1)

q(kg �m-3)

cp

(J � kg-1 �K-1)a(m2 � s-1)

s(s)

Edelstahl 15 7800 500 3,8 �10-6

Wasser 0,60 998 4182 1,4 �10-7

He 0,149 0,00164 5200 0,0175 0,4

Ne 0,0477 0,00828 1031 0,0056 1,2

Ar 0,0173 0,01639 521 0,0020 3,5

Kr 0,0095 0,03438 248 0,0011 6,3

H2 0,184 0,00083 14340 0,0155 0,4

N2 0,0256 0,01149 1038 0,0021 3,3

CO2 0,0159 0,01806 846 0,0010 7,0

C3H8 0,0171 0,01809 1671 0,0006 11,6

Page 7: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

mit zwei kapazitiven Membranmanome-tern als Funktion der Zeit gemessen(Abb. 4). Deutlich sieht man, dass sichinfolge der unterschiedlichen Virialkoef-fizienten leicht unterschiedliche End-druÈ cke ergeben. Wertet man die sichnach 2 Minuten einstellende DruÈ cke un-ter BeruÈ cksichtigung der jeweiligen Null-punkte der beiden MessgeraÈ te aus, soerhaÈ lt man die in Abb. 5 oben dargestell-ten Werte fuÈ r die durch Gasexpansionerzeugten DruÈ cke.

Die absolute Werte der angegebenDruÈ cke sind hier nicht interessant, dasie von der Justierung der verwendetenMessgeraÈ te abhaÈ ngen. Interessant sinddie Unterschiede der Werte fuÈ r die ver-schiedenen Gase. Die gemessenenDruckwerte fuÈ r die verschiedenen rea-len Gase koÈ nnen entsprechend Glei-chung (2) unter Benutzung der jeweili-gen Virialkoeffizienten (Tab. 1) so korri-giert werden, als ob ein ideales Gas vor-liegen wuÈ rde. Die korrigierten experi-mentellen Daten sind in Abb. 5 unten ge-zeigt, sie sollten nicht mehr von derGasart abhaÈ ngen. In der Tat zeigen dieexperimentellen Daten dieses Verhal-ten mit einer Ausnahme: Der Wert fuÈ rHelium ist deutlich hoÈ her. Bei dieserMessung trat allerdings auch einehohe Drift der MessgeraÈ te auf. LaÈ sstman diesen herausfallenden Wert fuÈ rHelium weg, so stimmen die uÈ brigenWerte gut uÈ berein: Der Mittelwert be-sitzt eine relative statistische Unsicher-heit (2r) von 3 � 10-4. Die geringe Streu-ung der Einzelwerte resultiert moÈ glicher-weise aus der Wiederholbarkeit der ver-wendeten MessgeraÈ te.

7 Bestimmung des Expansi-onsverhaÈ ltnisses

Die praÈ zise Bestimmung eines Expansi-ons- bzw. VolumenverhaÈ ltnisses stellteine experimentelle Herausforderungdar. Ein etabliertes Verfahren ist die gra-vimetrische Methode. Hierbei wird jedereinzelne BehaÈ lter leer und mit einer FluÈ s-sigkeit gefuÈ llt gewogen. Aus der Ge-wichtsdifferenz und der Dichte der FluÈ s-sigkeit ergibt sich das Volumen. Aller-dings ist diese Methode muÈ hsam. Inder Vakuumtechnik wendet man dahermeist ein anderes Verfahren zur Bestim-mung des VolumenverhaÈ ltnisses an,naÈ mlich die wiederholte Expansion vonGas vom kleinen in den groûen BehaÈ lterohne zwischenzeitliche Evakuierung.Hierdurch wird das Gas stufenweise imgroûen BehaÈ lter akkumuliert und er-reicht Werte, die mit einem praÈ zisenDruckmessgeraÈ t genau gemessen wer-den koÈ nnen.

Diese Methode der akkumulierendenGasexpansion ist ausfuÈ hrlich in der Lite-ratur beschrieben [10, 4] und soll hier fuÈ rden allgemeinen Fall unterschiedlicherTemperaturen der BehaÈ lter und realesGasverhalten behandelt werden. Es

wird angenommen, dass bereits einAusgangsdruck pn-1 im groûen BehaÈ ltervorliegt. Dieser kann auf beliebige Weiseerzeugt worden sein. In der praktischenDurchfuÈ hrung der Methode ist er durchn-1 vorhergehende Expansionsschritteentstanden.

Es soll nun eine Gasexpansion desGases vom kleinen in den groûen BehaÈ l-ter erfolgen, also in der praktischenDurchfuÈ hrung der n-te Expansions-schritt. ZunaÈ chst ist das Verbindungs-ventil zwischen beiden BehaÈ ltern ge-schlossen. Der kleine BehaÈ lter mit Volu-men Vk wird nun bei der Temperatur Tk

mit dem Testgas auf den Druck pstart ge-fuÈ llt. Dann erfolgt die Expansion des Ga-ses durch OÈ ffnen des Ventils. Unter derAnnahme der Erhaltung der gesamtenGasmenge (gemaÈ û Gleichung 2) undDruckgleichheit in beiden BehaÈ ltern er-gibt sich folgende Bedingung:

pnÿ1

1� B 00 � pnÿ1� Vg

Tg� pstart

1� B 00 � pstart� Vk

Tk

� pn

1� B 00 � pn��

Vg

Tg� Vk

Tk

��12�

Nach einigen Umformungen erhaÈ lt manhieraus fuÈ r das in Gleichung 5 definierteExpansionsverhaÈ ltnis R:

R� pn=�1�B 00 � pn�ÿpnÿ1=�1�B 00 � pnÿ1�pstart=�1�B 00 � pstart�ÿpnÿ1=�1�B 00 � pnÿ1�

� 1=�1=pn � B 00� ÿ 1=�1=pnÿ1 � B 00�1=�1=pstart � B 00� ÿ 1=�1=pnÿ1 � B 00�

�13�

Gleichung 13 erlaubt die Bestimmungdes ExpansionsverhaÈ ltnisses aus ei-nem einzigen Expansionsschritt.

Entsprechende Messreihen wurdenmit den Gasen Argon und StickstoffdurchgefuÈ hrt. Der Anfangsdruck pstart

betrug 2000 mbar und wurde mit einemKolbenmanometer erzeugt, wobei derDruck 5 Minuten lang zwecks thermi-schen Ausgleichs am kleinen BehaÈ lteranlag (siehe Kapitel 5). Der Druck nachExpansion wurde mit einem Quarzwen-delmanometer und mit einem kapaziti-ven Membranmanometer gemessen.Beide MessgeraÈ te wurden vor undnach den Messreihen gegen das Kol-benmanometer kalibriert. Die beidenKalibrierungen ergaben eine Wiederhol-barkeit der MessgeraÈ te von 0,02 mbar(empirische Standardabweichung 1r),was bei einer DruckerhoÈ hung pro Ex-

Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3 175

Abb. 4: KalibrierdruÈ cke erzeugt mitverschiedenen Gasen ausgehendvon einem konstantem Anfangsdruckvon 1000 mbar. Interessant sind dasZeitverhalten und die Unterschiededer DruÈ cke bei den verschiedenenGasen. Die Absolutwerte sind wegender absoluten Messunsicherheitender beiden verwendeten MessgeraÈ tenicht aussagefaÈ hig.

Abb. 5: Oben: mit verschiedenen Ga-sen aus konstantem Anfangsdruck1000 mbar durch Gasexpansion er-zeugte EnddruÈ cke (gleiche Messda-ten wie in Abb. 4). Unten: die gleichenDaten, jedoch wurden die gemesse-nen DruÈ cke mit den jeweiligen Virial-koeffizienten korrigiert, um soscheinbar das Verhalten eines idealenGases zu erhalten.

Page 8: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

pansionsschritt von ca. 20 mbar eine re-lative statistische Unsicherheit (1r) von1 � 10-3 ergibt. Die unter Benutzung vonGleichung (13) hergeleiteten Werte desExpansionsverhaÈ ltnisses fuÈ r 19 Expan-sionsschritte des Gases Ar sind inAbb. 6 gezeigt. Eine statistische Ana-lyse ergibt einen Mittelwert von0,010235 und eine empirische Standar-dabweichung (1r) der Einzelwerte von0,000006 (absolut) bzw. 6 � 10-4 (relativ)± in UÈ bereinstimmung mit der Erwar-tung. FuÈ r den Mittelwert resultiert einerelative statische Unsicherheit (1r) von1,4 � 10-4. Unter BeruÈ cksichtigung einerzusaÈ tzlichen geringen systematischenUnsicherheit ergibt sich damit fuÈ r denMittelwert eine relative statistische Unsi-cherheit (2r) von 4 � 10-4.

Bei der in Abb. 6 gezeigten Messreihewurde die Temperatur des Wasserba-des, in dem sich beide BehaÈ lter befin-den, durch manuelle Regelung mit einerstatistischen Unsicherheit (2r) von 0,03K konstant gehalten. Ferner gibt es ei-nen etwa gleich groûen Temperaturgra-dienten (siehe Kapitel 4). Insgesamt wirdangenommen, dass die TemperaturenTg und Tk gleich sind innerhalb einer re-lativen Unsicherheit (2r) von 2 � 10-4.

Werte der Virialkoeffizienten in ver-schiedenen Quellen zeigen gering-fuÈ gige Abweichungen voneinander.SchaÈ tzt man die Unsicherheit (2r) desVirialkoeffizienten auf 0,05 � 10-6 mbar-1,so resultiert hieraus bei einem Anfangs-druck pstart � 2000 mbar eine relativeUnsicherheit (2r) des Expansionsver-haÈ ltnisses von 1 � 10-4.

Messfehler durch das Ausgasen derBehaÈ lter koÈ nnen bei der Messung desExpansionsverhaÈ ltnisses vernachlaÈ s-sigt werden, da diese bei relativ hohenDruÈ cken erfolgt.

Insgesamt ergibt sich damit das in derfolgenden Tabelle aufgestellte Unsicher-heitsbudget fuÈ r das ExpansionsverhaÈ lt-nis. GemaÈ û der Richtlinie Ref. [11] sindalle Werte als relative Werte mit 2r-Ver-trauensbereich aufzufassen. Da die ein-zelnen BeitraÈ ge unkorreliert sind, erfolgtdie Berechnung der Gesamtunsicherheitdurch quadratische Addition [11].

Unsicherheitsbeitrag relativeGroÈ ûe

Anfangsdruck 1 � 10-4

Druckzunahme proExpansionsschritt(Mittelwert der Messreihe)

4 � 10-4

Virialkoeffizient 1 � 10-4

Temperatureffekte 2 � 10-4

Summe (quadratische Addition) 5 � 10-4

Der jetzt erhaltene Mittelwert stimmt mitfruÈ heren Ergebnissen, die unter wenigergut kontrollierten aÈ uûeren Bedingungenerhalten wurden, uÈ berein:

Datum Gas ExpansionsverhaÈ ltnis

28.10.1997 N2 0,010229 � 0,000010

05.01.1999 N2 0,010232 � 0,000010

31.08.1999 Ar 0,010235 � 0,000005

08.09.1999 N2 0,010229 � 0,000005

Mittelwert 0,010231 � 0,000005

FuÈ r den Mittelwert wurde die gleiche Un-sicherheit wie die der besten Einzelmes-sungen angegeben, um potentiellesystematische Effekte zu beruÈ cksichti-gen.

8 Erzeugung von Kalibrier-druÈ cken

Das angewandte Verfahren zur Erzeu-gung bekannter KalibrierdruÈ cke haÈ ngtvon der GroÈ ûe des gewuÈ nschtenDrucks ab.

a) Druckbereich 30±2000 mbarMit dem vorhandenen Kolbenmanome-

ter [1] lassen sich AnfangsdruÈ cke im Be-reich 30±2000 mbar direkt erzeugen.Alternativ kann der Anfangsdruck auchmit einem anderen kalibrierten Messge-raÈ t gemessen werden.

b) Druckbereich 0,3±40 mbarBei der Erzeugung von KalibrierdruÈ ckenmittels einstufiger Expansion wird zu-naÈ chst der kleine BehaÈ lter mit Gas aufden Anfangsdruck pstart1 gefuÈ llt und an-schlieûend wird das Gas in den vorherevakuierten, groûen BehaÈ lter expan-diert. Der sich einstellende Kalibrier-druck pkal1 nach dem Expandieren wur-de bereits berechnet (Gleichung 6):

1

1=pkal1 � B}� R

1=pstart1 � B 00�14�

Unter Benutzung des Kolbenmanome-ters lassen sich bei einem Expansions-verhaÈ ltnis von ca. 1/100 somit Kalibrier-druÈ cke im Bereich 0,3±20 mbar erzeu-gen.

Die LuÈ cke der KalibrierdruÈ cke von 20bis 30 mbar kann durch Gasakkumulati-on im groûen BehaÈ lter geschlossen wer-den. Hierzu erzeugt man zunaÈ chst durcheinstufige Expansion einen Kalibrier-druck pkal1 gemaÈ û Gleichung 14. Dannschlieût man das Ventil zwischen bei-den BehaÈ ltern und fuÈ llt den kleinen Be-haÈ lter mit Gas auf einen Anfangsdruckpstart2. Anschlieûend wird das Gas vomkleinen in den groûen BehaÈ lter expan-diert, ohne dass letzterer jedoch zwi-schendurch evakuiert wurde. Auf dieseWeise wird Gas akkumuliert und bei ein-maligem NachfuÈ llen koÈ nnen so Kalibrier-druÈ cke bis zu 40 mbar erzeugt werden.Der nach der zweiten Expansion er-zeugte Kalibrierdruck pkal ergibt sich un-ter den uÈ blichen Annahmen zu:

1

1=pkal � B}

� �1ÿ R� � R1=pstart1 � B 00

� R

1=pstart2 � B 00�15�

c) Druckbereich 0,003±0,4 mbarKleinere KalibrierdruÈ cke lassen sich er-zeugen, wenn man den Prozess derGasexpansion unter zwischenzeitlicherEvakuierung des groûen BehaÈ lters wie-derholt (zweistufige Expansion). Hier-bei wird zunaÈ chst wie bei der einstufi-gen Expansion ein Kalibrierdruck inden BehaÈ ltern erzeugt, der sich nachGleichung 14 (bei einmaligem FuÈ llen)

176 Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3

Abb. 6: Bestimmung des Expansi-onsverhaÈ ltnisses aus 19 einzelnenExpansionsschritten. Die Fehlerbal-ken entsprechen der Messunsicher-heit (2r) des MessgeraÈ tes fuÈ r den er-zeugten Druck.

Page 9: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

bzw. Gleichung 15 (bei akkumulieren-dem FuÈ llen) berechnet. Nach Tempera-turausgleich wird das Ventil zwischenden beiden BehaÈ ltern geschlossen.Der kleine BehaÈ lter enthaÈ lt nun dasGas mit bekanntem Ausgangsdruck fuÈ rden zweiten Expansionsschritt. Der gro-ûe BehaÈ lter wird nun wieder evakuiert.Schlieûlich wird im zweiten Expansions-schritt das im kleinen BehaÈ lter verblie-bene Gas in den groûen BehaÈ lter expan-diert. Auf diese Weise stellt sich nachzweistufiger Expansion folgender Kali-brierdruck ein:

Im Fall des einmaligen FuÈ llens in der 1.Stufe:

1

1=pkal � B}� R2

1=pstart � B 00�16�

Im Fall des akkumulierenden FuÈ llens inder 2. Stufe:

1

1=pkal � B}

� �1ÿ R� � R2

1=pstart1 � B 00� R2

1=pstart2 � B 00�17�

Auf diese Weise ist der Druckbereichvon 0,003 bis 0,4 mbar zugaÈ nglich. Die-ser reicht voÈ llig aus, um z. B. den Ak-kommodationsfaktor eines Gasrei-bungsvakuummeters zu bestimmen.

Bei geringen Abstrichen bezuÈ glich derGenauigkeit ist es moÈ glich, den Bedie-nungsaufwand bei zweistufiger Expansi-on zu reduzieren. Hierzu werden die An-fangsdruÈ cke im Bereich 0,3±40 mbar di-rekt mit einem kalibrierten MessgeraÈ tgemessen und dann wird mit einem ein-zigen Expansionsschritt der Kalibrier-druck erzeugt.

d) Druckbereich < 0,003 mbarNoch kleinere KalibrierdruÈ cke lassensich im Prinzip durch dreistufige Gasex-pansion erzeugen. Allerdings ist bei der-art kleinen DruÈ cken die Gasabgabe vonden BehaÈ lterwaÈ nden zu beruÈ cksichti-gen. Insbesondere stoÈ rt der hierdurchbedingte zeitliche Anstieg des Drucksim groûen BehaÈ lter. Man kann dieGasabgabe durch Ausheizen um mehre-re Zehnerpotenzen verkleinern und danngenaue KalibrierdruÈ cke bis herunter zu1 � 10-5 mbar erzeugen [2].

Die vorhandene Kalibrierapparatur istnicht ausgelegt fuÈ r Kalibrierungen unter1 � 10-3 mbar. Zwar wurden an den Flan-

schen in der Regel Metalldichtungenverwendet, jedoch wurde auf eine Aus-heizvorrichtung verzichtet. Unter uÈ bli-chen Kalibrierbedingungen wurde einDruckanstieg durch Ausgasen im gro-ûen BehaÈ lter (Ventil zur Pumpe ge-schlossen) von Dp/Dt � 3 � 10-6 mbar/min gemessen. Bei der Kalibrierung ei-nes kapazitiven Membranvakuumme-ters, bei dem die Zeitkonstante in derGroÈ ûenordnung von 1 s liegt, liegt somitder Fehler durch Ausgasen unter 1 � 10-6

mbar, also unter der AufloÈ sungsgrenzeselbst der empfindlichsten GeraÈ te. DasGasreibungsvakuummeters besitzt ± jenach Software-Programmierung ± einegroÈ ûere Zeitkonstante. Wird jedoch derDruckverlauf mit der Zeit erfasst undauf den Zeitpunkt des Expansionsvor-gangs extrapoliert, kann auch hier dieUnsicherheit durch Ausgasen unter1 � 10-6 mbar gehalten werden.

Insgesamt ergibt sich folgendes Unsi-cherheitsbudget fuÈ r den erzeugten Kali-brierdruck, wobei alle Unsicherheiten ei-nem 2r-Vertrauensbereich entsprechen:

Beitrag relativeUnsicher-heit

absoluteUnsicher-heit

Anfangsdruck 1 �10-4 0,015mbar

Expansionsver-haÈ ltnis (n-stufigeExpansion)

n � 5 � 10-4

Ausgasen 1 � 10-6

mbar

Die Gesamtunsicherheit ist gemaÈ û Ref.[11] durch quadratische Summationder einzelnen, unkorrelierten BeitraÈ gezu bilden. Diese ist in Abb. 7 als relativeUnsicherheit gegen den Kalibrierdruck.aufgetragen.

Bei dem Messunsicherheitsbudgetwurde kein Beitrag durch Temperaturef-fekte beruÈ cksichtigt. Dieser ist nicht nurklein (1 ± 2 � 10-4) und haÈ tte bei derquadratischen Summenbildung kaumEinfluss auf das Endergebnis. Vielmehrkann auch davon ausgegangen wer-den, dass bei der Bestimmung des Ex-pansionsverhaÈ ltnisses R (Kapitel 7) sehraÈ hnliche Bedingungen, und damit aÈ hnli-che Temperaturverteilungen wie bei denKalibrierungen vorliegen. Damit aberfaÈ llt der Einfluss der Temperatureffektebei der Berechnung des Kalibrierdrucksheraus.

9 Anwendungsbeispiele

In Abb. 8 sind die Kalibrierdaten zweierMessgeraÈ te, naÈ mlich eines Quarzwen-delmanometers und eines kapazitivenMembranmanometers, die beide denBereichsendwert 1000 mbar haben, ge-

Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3 177

Abb. 7: Relative Messunsicherheit(2r) der Kalibrierdruckerzeugung mitder vorhandenen Expansionsappara-tur. Die durchgezogene Linie ist dieGesamtunsicherheit. Die grob gestri-chelte Linie zeigt die Unsicherheit desAnfangsdrucks (gemessen mit demKolbenmanometer). Die fein gestri-chelte Linie zeigt die Unsicherheitdurch Ausgasen.

Abb. 8: Gleichzeitig gemessene Kali-brierdaten eines Quarzwendelmano-meters (obere Datenreihe) und eineskapazitiven Membranmanometers(untere Datenreihe). Bei den gestri-chelt verbundenen Daten im Bereich10±40 mbar erfolgte die Kalibrier-druckerzeugung durch einstufigeGasexpansion, bei den gestricheltverbundenen Punkten im Bereich30±1000 mbar wurden die Kalibrier-druÈ cke direkt mit dem Kolbenmano-meter erzeugt. Die durchgezogenenKurven sind angepasste Polynome3. Ordnung im Druck.

Page 10: Kalibrierdruckerzeugung durch statische Gasexpansion. Calibration pressures generated by static expansion of gases

zeigt. An die Daten wurde jeweils ein Po-lynom 3. Ordnung im Druck angepasst.Da beide GeraÈ te gleichzeitig kalibriertwurden, resultieren die groÈ ûerenSchwankungen der Daten des Mem-branmanometers aus der geringerenStabilitaÈ t dieses GeraÈ ts. Die Daten desQuarzwendelmanometers zeigen einesehr geringe Punkt-zu-Punkt-Streuung.Innerhalb der angegeben Unsicherhei-ten der Kalibrierdruckerzeugung (Abb.7) stimmen die Daten, die durch direk-ten Vergleich der beiden Kalibriergegen-staÈ nde mit dem Kolbenmanometer (30±1000 mbar) und durch einstufige Gasex-pansion (10±40 mbar) erhalten wurden,im UÈ berlappungsbereich gut uÈ berein.

Abb. 9 zeigt die Kalibrierdaten zweierkapazitiver Membranmanometer mitBereichsendwert 10 mbar, die gleichzei-tig kalibriert wurden. Die durchgezoge-nen Linien sind angepasste Linien, dieaus einem Polynom 2. Ordnung imDruck mit einer zusaÈ tzlichen Korrektionauf den Effekt der thermischen Effusionbestehen. Diese Korrektion wurde derLiteratur entnommen [12], lediglich dieTemperatur der Membranmanometerwurde als einziger freier Parameter an-gepasst. Der Verlauf der Linien im Be-reich 1±10 mbar reflektiert die Justier-genauigkeiten von Empfindlichkeit undLinearitaÈ t des jeweiligen GeraÈ tes. DerAnstieg bei 10-2 mbar resultiert ausdem Effekt der thermischen Effusion.Zwar waren die beiden Membranmano-meter nicht thermostatisiert, dennochergibt sich infolge der im Messkopf ein-gebauten Elektronik mit einer Verlustlei-stung von ca. 1 W eine Aufheizung derDruckdose um wenige 8C, die durch di-rekte Temperaturmessung bestaÈ tigtwurde. Der beobachtete Anstieg der Ka-librierwerte um ca. 0,42 % entspricht ei-ner EigenerwaÈ rmung von ca. 2,5 8C.Auch an diesen Daten ist kein Sprungan dem UÈ bergang der Kalibrierdrucker-zeugung durch einstufige Expansion(� 0,3 mbar) und zweistufige Expansi-on (� 0,2 mbar) erkennbar.

Die Kalibrierung eines Gasreibungs-vakuummeters erfolgt bei DruÈ cken >3 � 10-3 mbar. Bei diesen kleinen DruÈ -cken ist der Effekt der thermischen Effu-sion zu beachten, da hier die mittlerefreie WeglaÈ nge der Gasteilchen ver-gleichbar mit den BehaÈ lterabmessun-gen ist. Es stellt sich ein StroÈ mungs-gleichgewicht ein, wodurch Tempera-turunterschiede zu DruckunterschiedenfuÈ hren. In der Tat kann der Anschluss-stutzen fuÈ r das zu kalibrierende Gasrei-bungsvakuummeter um 0,5 8C waÈ rmersein als die mittlere Temperatur des gro-ûen BehaÈ lters, woraus ein relativer Feh-ler von 0,08 % resultiert. Dieser Fehlerdurch thermische Effusion kann erheb-lich verkleinert werden, wenn mandurch manuelle Steuerung der Umge-bungstemperatur oder durch zusaÈ tzli-che Thermostatisierung den Tempera-turunterschied zwischen Anschlussstut-zen und Wasserbad reduziert. Alternativkann man die Temperaturen erfassen

und entsprechende Korrektionen an-bringen [13]. Durch diese Maûnahmenwird auch bei kleinen DruÈ cken von eini-gen 10-3 mbar die in Abb. 7 angegebenekleine Unsicherheit der Kalibrierung er-reicht.

Referenzen

[1] W. Jitschin, Vakuum in Forschungund Praxis 12, im Druck Heft 4/2000

[2] K. Jousten und G. Rupschus, Vacu-um 44, 569 (1993) und K. Jousten,in Foundations of Vacuum Scienceand Technology, ed. by J.M. Laffer-ty, New York: John Wiley & Sons(1998), p. 657

[3] K. Jousten, Vacuum 45, 1205(1994)

[4] F.J. Redgrave, A.B. Forbes undP.M. Harris, Vacuum 53, 159 (1999)

[5] K. SchaÈ fer and G. Beggerow (Eds),Landolt-BoÈ rnstein II, Ch. 1. Berlin:Springer (1971) Virial-Koeff.

[6] G.W.C. Kaye und T.H. Laby, Tablesof Physical and Chemical Con-stants, London: Longman 14. Aufla-ge (1975)

[7] R. C. Weast (Herausgeber), CRCHandbook of Chemistry and Phy-sics, 70. Auflage, Boca Raton:CRC Press (1989)

[8] W. Jitschin, J.K. Migwi and G.Grosse, Vacuum 40, 293 (1990)und Vacuum 41, 1799 (1990)

[9] Chr. Edelmann, Vakuumtechnik,Heidelberg: HuÈ thig (1986)

[10] K.W.T. Elliott and P.B. Clapham,NPL Report MOM 28, NPL, Ted-dington, UK (1978)

[11] Richtlinien DKD-3 und DKD-3 E1(1998)

[12] W. Jitschin und P. RoÈ hl, J. Vac. Sci.Technol. A 5, 372 (1987)

[13] K. Jousten, Vacuum 49, 81 (1998)

178 Vakuum in Forschung und Praxis (2000) Nr. 3

Abb. 9: Gleichzeitig gemessene Kali-brierwerte zweier kapazitiver Mem-branvakuummeter. Die Linien sind an-gepasste Kurven (siehe Text). Der Ver-lauf zwischen 1 und 10 mbar reflek-tiert die Empfindlichkeiten und Linea-ritaÈ ten der jeweiligen GeraÈ te. Der An-stieg zu kleinen DruÈ cken hin resultiertaus dem physikalischen Effekt derthermischen Effusion.