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Klausur S 79 StrafrechtWS 2009/2010Friedrich Toepel
• 1. Abschnitt: Auswechseln der Nummernschilder durch A
• Strafbarkeit des A
• I. § 242 I StGB durch Abmontieren der Schilder
• 1. Obj. Tb.: unproblematisch;
• 2. Subj. Tb.:
• a) Vorsatz +,
• b) Absicht rw Zueignung -, Enteignungskomponente fehlt:
• Enteignung = dauerhaftes Entziehen zumindest der wirtschaftlichen Position des Eigentümers,
• Hier: -, da Rückführungswille
• hingegen wollte A die Schilder nach dem Überfall wieder anbringen, also keine Enteignungsabsicht.
• II. § 246 I StGB durch Abmontieren der Schilder
• Obj. Tb.: Zueignung -, da Enteignungskomponente fehlt
• III. § 274 I Nr. 1 StGB (Vernichten) durch Abmontieren der Schilder von X’s Fahrzeug
• 1. Obj. Tb.:
• a. Kfz.-Kennzeichen = Urkunde?
• h.M.: +, Kfz.-Kennzeichen = Beweiszeichen,
• bilden zusammen mit dem Kfz. eine zusammengesetzte Urkunde
• aa) verkörperte Gedankenerklärung und Beweisfunktion:
• durch feste Verbindung zwischen Beweiszeichen und Bezugsobjekt,
• bb) Aussteller: durch Siegel auf dem Nummernschild, also Straßenverkehrsbehörde, erkennbar, BGHSt 34,276; 45, 200
• (Mindermeinung: -, ausdrückliche schriftliche Wiedergabe einer Gedankenerklärung erforderlich)
• b. Urkunde, die A nicht gehört: +,• Gehören = Beweisführungsbefugnis• A nicht beweisführungsberechtigt• c. vernichtet: +,• Aufhebung der festen Verbindung einer
zusammengesetzten Urkunde = Vernichten der Beweiseinheit
• 2. Subj. Tb.:• a. Vorsatz• b. Absicht der Nachteilszufügung:• dolus directus 2. Grades (sicheres Wissen,
hochgradige Wahrscheinlichkeit eines Nachteils) reicht,
• aber aa. h. M.: Nachteil = Verschlechterung der Beweislage,
• nicht unmittelbar aufgrund Abmontierens, sondern erst aufgrund weiteren Verhaltens (Anmontieren bei A, Ausführen des Überfalls),
• daher nach h. M. Nachteilsabsicht iVm Abmontieren -,
• bb. Mindermeinung: Verzicht auf Unmittelbarkeit der Nachteilszufügung,
• dennoch nach Musterlösung nicht Wissen um Nachteil aufgrund dieses Handelns, daher ebenfalls –
• (a. A. gut vertretbar:
• einziger Zweck der Manipulation, Passanten irrezuführen, die sich die Nummer merken können)
• IV. § 274 I Nr. 1 StGB (Vernichten) durch Abmontieren der Schilder vom eigenen Fahrzeug
• 1. Obj. : bereits keine Urkunde, s. V.
• 2. Subj.: auch hier Absicht der Nachteilszufügung problematisch wegen Unmittelbarkeitskriteriums,
• gleich zu entscheiden wie Streit unter III. 2 b
• V. § 267 I Fall 1 oder 2 StGB durch Anbringen der Schilder am eigenen Fahrzeug
• Obj.:
• Unechte Urkunde hergestellt/echte Urkunde verfälscht?
• Zusammengesetzte Urkunde?
• Plastikschnur nach h. M. keine hinreichend feste Verbindung für zusammengesetzte Urkunde,
• daher -
• 2. Abschnitt: Betanken des Fahrzeugs ohne Zahlungsbereitschaft
• A. Strafbarkeit des A
• I. § 263 I StGB durch Vorspiegeln der Zahlungsbereitschaft beim Betanken
• 1. Obj. Tb.:
• a. Täuschung + (konkludent über innere Tatsache der Zahlungsbereitschaft),
• b. Irrtum: entsprechend, keine bloße ignorantia facti,
• c. Vermögensverfügung:
• Einverständnis des F mit Betanken,
• Verhalten des F dem T zuzurechnen (Dreieckbetrug)?
• aa. Rspr. F stand in Nähevh. zum Vermögen, war vom T an dessen Stelle gesetzt worden,
• bb. Lagetheorie: F befand sich im Lager des T
• cc. auch Befugnis des F zur Vertretung des T,
• daher nach allen Ansicht Vermögensverfügung +
• (nach Musterlösung vertretbar, nach Befugnisteorie anders zu entscheiden, wenn Auftrag des F enger ausgelegt wird, ohne Bezug auf das Vermögen des T,
• dann allerdings gute Begr. erforderlich)
• d. Vermögensschaden:
• Benzinverlust = unkompensierte Vermögensminderung
• 2. Subj. Tb.
• a. Vorsatz +, b. Abs. rw. Bereicherung +,
• Strafbarkeit + (falls nicht Vermögensverfügung -)
• II. § 242 I StGB durch Betanken bzw. späteres Wegfahren
• Scheitert obj., keine Wegnahme: mangels Einverständnisses
• III. § 246 I StGB durch Betanken bzw. späteres Wegfahren
• 1. Obj. Tb.:• fremde Sache?• a. OLG Düsseldorf NStZ 1985, 370: -,• Übereignungsangebot bereits mit Ansetzen
zum Tanken • Annahme durch Gewährenlassen
• b. OLG Hamm NStZ 1983, 266: +,
• stillschweigend erklärter Eigentumsvorbehalt, daher Annahme des Übereignungsangebots erst mit Bezahlung des Benzins,
• auch Zueignen? Problem wiederholter Zueignung, nach BGH Zueignung - BGHSt 14, 38,
• wegen vorangegangenen Betrugs
• 2. Subj. Tb.: +, wer OLG Hamm im obj. Tb. folgt,
• gelangt zu § 246 I StGB +, konsumiert von § 263 I StGB
• (mitbestrafte Nachtat, nicht Subsidiaritätsklausel des § 246 I StGB, falls wiederholte tatbestandliche Zueignung für möglich gehalten wird, sonst scheitert bereits obj. Tb., BGHSt 14, 38)
• B. Strafbarkeit des B• §§ 263 I, 25 II StGB durch Vorspiegeln der
Zahlungsbereitschaft beim Betanken• Tankverhaltens des A dem B zurechenbar
gemäß § 25 II StGB?• 1. Subj. Theorie: • Täterwille +
• (Indizien:
• keine Willensunterordnung des B,
• Eigeninteresse des B zumindest am Gesamtplan,
• gewichtiger Tatbeitrag zum Gesamtplan)
• 2. Tatherrschaftslehre:
• a. mehr faktisch orientiert (Roxin):
• funktionelle Tatherrschaft,
• B ist zumindest am Tatort anwesend, verstärkt durch sein Verhalten den Eindruck der Zahlungswilligkeit
• abweichendes Ergebnis vertretbar: wenn Tatbeitrag im Ausführungsstadium gefordert wird (z. B. enge Variante dieser Ansicht von Rudolphi, Bockelmann FS)
• b. mehr normativ orientiert (Jakobs):
• A und B beide gewichtigen Anteil an der Gesamtausführung des Plans
• 3. Abschnitt: Auftreten des B im Verkaufsraum des T
• A. Strafbarkeit des B • I. §§ 253, 255, StGB durch Bedrohen des F
und Veranlassen zur Herausgabe des Geldes
• 1. Obj. Tb• a. Nötigungskomponente:• konkludente Bedrohung mit Leib u. Leben
durch Ziehen der Schusswaffe +,• b. dadurch Herausgabe des Geldes
veranlasst: Vermögensverfügung erforderlich?
• aa. Nach der h. L.: • +, hier: Kasse fest installiert, lässt sich nur
mit Schlüssel öffnen,• F allein kennt Aufbewahrungsort, insofern:
Täter auf Mitwirkung des Opfers angewiesen = grundsätzlich Verfügung gegeben
• bb. Rspr.: • Vermögensverfügung nicht erforderlich,• äußerlich Weggabe, hier ebenfalls
grundsätzlich +• c. Dreiecksverhältnis, hinreichende
Nähebeziehung des Verfügenden F zum T?
• aa. Lit.:• Befugnistheorie:• rechtliche Verfügungsmacht des F -, F nach
dem Sachverhalt nur zur Überwachung des Verkaufsraums ermächtigt, nicht zum Bedienen der Kundschaft
• bb. übrige Ansichten:• Lagertheorie, faktisches Näheverhältnis • bzw. BGHSt 41, 125: Dritter muss
Schutzfunktion zugunsten des Geschädigten ausüben spätestens zum Zeitpunkt der Verfügung,
• hier gegeben +,
• cc. teilweise angenommen:
• erforderlich dass das gegenüber Drittem angekündigte Übel auch für den Vermögensinhaber ein Übel
• („Freikaufscharakter“): hier Freundschaft zwischen F und T, daher Personenschaden bei F auch für T ein Übel, Vermögensverf. +
• daher Auseinandersetzung zwischen den Theorien erforderlich (Abgrenzung bb und cc zu aa)
• d. Vermögensschaden: Besitzverlust, nicht kompensiert
• 2. Subj. Tb.: • a. Vorsatz +, • b. Absicht rw Bereicherung +, • RW, Sch gegeben, strafbar gem. §§ 253,
255 StGB
• II. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1 StGB aufgrund desselben Verhaltens:
• Verwendung einer Schusswaffe +,• [§ 250 I Nr. 1a StGB = generelles Gesetz,
tritt dahinter zurück]
• III. §§ 249 I, 250 II Nr. 1, 25 I 2. Alt. StGB aufgrund desselben Verhaltens:
• dann +, wenn oben bei der Prüfung der §§ 253, 255 StGB der Befugnistheorie gefolgt wurde,
• T muss sich die Vermögensverfügung des F nicht zurechnen lassen, daher kein relevantes Einverständnis mit dem Gewahrsamswechsel des Geldes
• [Falls mit Raub begonnen:
• Abgrenzungsproblem beim Gewahrsams-bruch/ Einverständnis im obj. Tb.]
• IV. § 240 I StGB, V. § 241 StGB aufgrund desselben Vh. +,
• aber subsidiär zu §§ 249, 255 StGB
• B. Strafbarkeit des A
• §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 StGB bzw. §§ 249 I, 250 II Nr. 1, 25 II StGB wegen Bereithaltens im Fluchtauto
• Handeln des B dem A zurechenbar gem. § 25 II StGB?
• + für alle Theorien außer Mindermeinung Rudolphi, wie oben
• Bei Tatherrschaft auch abweichendes Ergebnis vertretbar
• 4. Abschnitt: Einschreiten des T und die Folgen
• A. Das Einschreiten gegen B
• I. § 240 I StGB des T gegenüber B
• Tb.: unproblemat. Drohung mit empfindlichen Übel
• Rw:
• a. § 32 StGB +
• aa. Notwehrlage: Angriff, rw, gegenwärtig,
• bb. Verteidigungshandlung erforderlich, geboten
• b. § 859 II BGB, Besitzschutzrecht +
• II. § 223 I StGB durch Abgeben des Schusses auf die Beine des B
• Tb.: unproblemat. +, beide Alternativen
• Rw: a. § 32 StGB +
• aa. Notwehrlage, Angriff, rw, gegenwärtig = unm. bevorstehender Schuss,
• bb. Verteidigungshandlung erforderlich, geboten
• [= keine sozialethischen Einschränkungen des Notwehrrechts Provokation durch die Nötigung nicht rw, nicht sozialethisch missbilligt]
• B. Untätigbleiben des T
• §§ 212 I, 13, 22 StGB durch zeitweiliges Untätigbleiben
• 1. Vorprüfung: unproblematisch
• 2. Tatentschluss:
• a. Vorsatz bezüglich Tod +
• für möglich gehalten und sich damit abgefunden = bedingter Tätungsvorsatz,
• b. Vorsatz auch bezüglich Garantenstellung iSd § 13 StGB?
• Garantenstellung bei rechtmäßigem Vorverhalten? Beides vertretbar:
• aa. Rechtmäßiges Vorverhalten hindert auch späteres Entstehen einer Garantenstellung, danach §§ 212 I, 13, 22 StGB -,
• bb. Rechtmäßigkeit endet mit Erfolg der Verteidigung,
• danach kann Pflicht entstehen, größeren Schaden beim Angreifer zu verhindern,
• danach §§ 212 I, 13, 22 StGB: Tatenschluss +, beides vertretbar, Auseinandersetzung erforderlich
• Falls oben Ansicht unter 1 b bb gefolgt wurde:
• 3. § 22 StGB:• hier nach allen Auffassungen zum
Versuchsbeginn beim Unterlassen: +, • = T geht von Sterben des B aus.
• 4. Rücktritt, § 24 I 1 2. Alt. StGB?• beendeter Versuch: • Vollendung verhindert? Ernsthaftes
Bemühen wie bei § 24 I 2 StGB erforderlich?
• Mindermeinung Jakobs/Roxin: ernsthaftes Bemühen erforderlich, hier nicht gegeben, Rücktritt -, Strafbarkeit +
• h. M.: kein ernsthaftes Bemühen erforderlich,• (Freiwilligkeit +), • Rücktritt hier +, Strafbarkeit -• [§ 221 I Nr. 2, § 323c StGB nicht zu prüfen]