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1 links 5.07 Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Editorial // Ich gratuliere Hildegard Fässler und Paul Rechsteiner herzlich zu ihrer hervorragenden Wiederwahl in den Nationalrat. 30 Pro- zent der Wählenden haben sich für Kathrin Hilber als Ständerätin ausgespro- chen. Das ist sehr viel für die SP. Für einen Sitz hat es aber leider nicht gereicht. Insgesamt war es für uns ein schwieriger Wahlkampf. Wir müssen uns fragen, welches die Ursachen für das teils enttäuschende Abschneiden waren. Nur eine klare Analyse bringt uns hier weiter. Allen Beteiligten, Kandidierenden so- wie Wahlhelferinnen und Wahlhelfer möchte ich an dieser Stelle für ihre grosse Arbeit herzlich danken. Nun muss ein Ruck durch unsere Partei, denn bereits laufen die Vorbereitungen für die kantonalen Wahlen. Wir wollen, dass im Kanton die soziale und ökologische Politik gestärkt wird. Das heisst, wir brauchen eine starke SP-Fraktion im verkleinerten Kantonsrat, und wir brau- chen unsere beiden Regierungsrätinnen mit ihrem hervorragenden Leis- tungsausweis. Die Nationalratswahlen haben gezeigt, dass unsere Kandidie- renden in ihren Wahlkreisen sehr gute Resultate erzielt haben. Das zeigt, dass die SP-PolitikerInnen in ihrer Region bekannt sind und für ihr Engagement geschätzt werden. Das ist eine gute Ausgangslage für die kantonalen Wahlen. Mit einem politischen, kreativen und lustvollen Wahlkampf wollen wir so- zialökologische Akzente setzen. Liebe Genossinnen und Genossen, dazu brau- chen wir wieder eure volle Unterstützung. Ich danke euch für den Einsatz für einen fortschrittlichen Kanton St. Gallen. Claudia Friedl, Präsidentin SP Kanton St.Gallen Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Die SP musste bei den National- und Ständeratswahlen auch im Kanton St.Gallen herbe Verluste hinnehmen. Erste Erklärungsversuche. D er . Oktober war für die Sozialdemokra- tie ein schwarzer Tag. Neun Sitzverluste im Na- tionalrat kommen einer historischen Wahlniederlage gleich. Im Kanton St.Gallen haben wir zwar keine Sitz- verluste zu beklagen, doch auch hier sind wir in der Gunst der Wählerinnen und Wähler teils stark einge- brochen. Wir haben überall im Kanton verloren. Bei der genaueren Betrachtung zeigen sich dennoch kla- re lokale Besonderheiten. In der Stadt St.Gallen etwa konnte der Stimmenanteil nahezu gehalten werden, was unter diesen Umständen einem grossen Erfolg gleichkommt. Dagegen sind die Verluste in anderen Städten empfindlich. Teils markante Rückgange // In Rorschach war die SP lange die stärkste Kraft. Vor vier Jahren betrug der WählerInnen-Anteil hier noch satte ,%. Heute ist die SVP stärkste Kraft am See. Die SP fiel auf ,% zurück. Ebenfalls deutlich waren die Einbussen in Rapperswil-Jona (-,%), Rorschacherberg (-%) und Sevelen (-,%). Symptomatisch für das Einbrechen in kleineren Gemeinden ist Rebstein. In der Rheintaler Gemeinde verlor die SP mehr als %, die SVP konnte nochmals um ,% zulegen. Das ist ein Erdrutsch. Nicht überall hat Links-Grün jedoch an die SVP verloren. Im Toggenburg etwa konnten die Grünen die Verluste der SP nahezu kompensieren. Die SVP legte in der Heimat von Toni Brunner nur noch um , Pro- zentpunkte zu. Es scheint, als hätte die SVP in den sehr ländlichen Regionen ihren Zenit erreicht. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt verhält es sich im Sarganserland und im Linthgebiet. Die SVP stagniert oder legt minimal auf Kosten des Freisinns zu, Links- Grün kann den WählerInnen-Anteil halten. Schwache Mobilisierung // Wir sind mit vier Lis- ten zu den Wahlen angetreten. Unser erklärtes Ziel war es, möglichst breit zu mobilisieren. Das ist uns nicht gelungen. Die Analyse der Wahlergebnisse zeigt, dass nur die SVP von der erhöhten Stimmbeteiligung profitieren konnte. Im Wahlkreis St.Gallen ist diese Schwäche bei der Mobilisierung von Neuwählenden augenfällig. Die SP hat gegenüber den Wahlen vor vier Jahren zwar lediglich Parteistimmen eingebüsst. Wahlen: Was ist schiefgelaufen? Fortsetzung auf Seite Inhalt November 2007 // Nr. 5 3 Stadt St.Gallen: SP schnitt gut ab 4 Die Millionen der SVP 5 Arbeitsgerichte erhalten! 7 Rorschach: teurer Stadtpräsident 8 Erinnerungspolitik: alles vergessen? 9 Ausblick auf Regierungsratswahlen 10 Südspange: Fata Morgana für Milliarden Bild «links» Gebannte Blicke aufs Resultat: SP-Vertreter am Wahltag im Pfalzkeller

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch

E d i t o r i a l // Ich gratuliere Hildegard Fässler und Paul Rechsteiner herzlich zu ihrer hervorragenden Wiederwahl in den Nationalrat. 30 Pro- zent der Wählenden haben sich für Kathrin Hilber als Ständerätin ausgespro-chen. Das ist sehr viel für die SP. Für einen Sitz hat es aber leider nicht gereicht. Insgesamt war es für uns ein schwieriger Wahlkampf. Wir müssen uns fragen, welches die Ursachen für das teils enttäuschende Abschneiden waren. Nur eine klare Analyse bringt uns hier weiter. Allen Beteiligten, Kandidierenden so-wie Wahlhelferinnen und Wahlhelfer möchte ich an dieser Stelle für ihre grosse Arbeit herzlich danken. Nun muss ein Ruck durch unsere Partei, denn bereits laufen die Vorbereitungen für die kantonalen Wahlen. Wir wollen, dass im Kanton die soziale und ökologische Politik gestärkt wird. Das heisst, wir brauchen eine starke SP-Fraktion im verkleinerten Kantonsrat, und wir brau-chen unsere beiden Regierungsrätinnen mit ihrem hervorragenden Leis-tungsausweis. Die Nationalratswahlen haben gezeigt, dass unsere Kandidie-renden in ihren Wahlkreisen sehr gute Resultate erzielt haben. Das zeigt, dass die SP-PolitikerInnen in ihrer Region bekannt sind und für ihr Engagement geschätzt werden. Das ist eine gute Ausgangslage für die kantonalen Wahlen. Mit einem politischen, kreativen und lustvollen Wahlkampf wollen wir so- zialökologische Akzente setzen. Liebe Genossinnen und Genossen, dazu brau-chen wir wieder eure volle Unterstützung. Ich danke euch für den Einsatz für einen fortschrittlichen Kanton St. Gallen.

Claudia Friedl, Präsidentin SP Kanton St.Gallen

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch

Die SP musste bei den National- und Ständeratswahlen auch im Kanton St.Gallen herbe Verluste hinnehmen. Erste Erklärungsversuche.

Der . Oktober war für die Sozialdemokra-tie ein schwarzer Tag. Neun Sitzverluste im Na-

tionalrat kommen einer historischen Wahlniederlage gleich. Im Kanton St.Gallen haben wir zwar keine Sitz-verluste zu beklagen, doch auch hier sind wir in der Gunst der Wählerinnen und Wähler teils stark einge-brochen. Wir haben überall im Kanton verloren. Bei der genaueren Betrachtung zeigen sich dennoch kla-re lokale Besonderheiten. In der Stadt St.Gallen etwa konnte der Stimmenanteil nahezu gehalten werden, was unter diesen Umständen einem grossen Erfolg gleichkommt. Dagegen sind die Verluste in anderen Städten empfindlich.

Te i l s m a r k a n t e R ü c k g a n g e // In Rorschach war die SP lange die stärkste Kraft. Vor vier Jahren betrug der WählerInnen-Anteil hier noch satte ,%. Heute ist die SVP stärkste Kraft am See. Die SP fiel auf ,% zurück. Ebenfalls deutlich waren die Einbussen in Rapperswil-Jona (-,%), Rorschacherberg (-%) und Sevelen (-,%). Symptomatisch für das Einbrechen in kleineren Gemeinden ist Rebstein. In der Rheintaler Gemeinde verlor die SP mehr als %, die SVP konnte nochmals um ,% zulegen. Das ist ein Erdrutsch. Nicht überall hat Links-Grün jedoch an die SVP verloren. Im Toggenburg etwa konnten die Grünen die Verluste der SP nahezu kompensieren. Die SVP legte in der Heimat von Toni Brunner nur noch um , Pro-zentpunkte zu. Es scheint, als hätte die SVP in den sehr ländlichen Regionen ihren Zenit erreicht. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt verhält es sich im Sarganserland und im Linthgebiet. Die SVP stagniert oder legt minimal auf Kosten des Freisinns zu, Links-Grün kann den WählerInnen-Anteil halten.

S c h w a c h e M o b i l i s i e r u n g // Wir sind mit vier Lis-ten zu den Wahlen angetreten. Unser erklärtes Ziel war es, möglichst breit zu mobilisieren. Das ist uns nicht gelungen. Die Analyse der Wahlergebnisse zeigt, dass nur die SVP von der erhöhten Stimmbeteiligung profitieren konnte. Im Wahlkreis St.Gallen ist diese Schwäche bei der Mobilisierung von Neuwählenden augenfällig. Die SP hat gegenüber den Wahlen vor vier Jahren zwar lediglich Parteistimmen eingebüsst.

Wahlen: Was ist schiefgelaufen?

Fortsetzung auf Seite

I n h a l t November 2007 // Nr. 53 Stadt St.Gallen: SP schnitt gut ab4 Die Millionen der SVP5 Arbeitsgerichte erhalten!7 Rorschach: teurer Stadtpräsident8 Erinnerungspolitik: alles vergessen?9 Ausblick auf Regierungsratswahlen10 Südspange: Fata Morgana für Milliarden

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Gebannte Blicke aufs Resultat: SP-Vertreter am Wahltag im Pfalzkeller

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Das sind rund Personen weniger, die SP gewählt ha-ben. Im Gegensatz dazu haben sich aber beinahe ’ zusätzliche Wählerinnen und Wähler für die Grünen oder die Grünliberalen entschieden. In anderen Wahlkreisen hat meist nur die SVP von der höheren Stimmbeteiligung profitiert. Sehr oft hat Links-Grün gleichviel Parteistimmen sammeln können wie vor vier Jahren. Die millionenschwere Kampagne der SVP (vgl. Seite ) hat auch in unserem Kanton ihre Wirkung nicht verfehlt. Ein grosser Teil der zusätzlichen Wählerinnen und Wähler hat SVP ge-wählt. Im Gegensatz zu den traditionellen Hochbur-gen mit empfindlichen Verlusten konnten wir uns in anderen Gemeinden auf hohem WählerInnen-Anteil halten. Neben der Stadt St.Gallen sticht Buchs heraus. Dort hat die SP sogar real an Stimmen zugelegt, we-gen der höheren Stimmbeteiligung insgesamt jedoch trotzdem verloren.

G u t e p e r s ö n l i c h e E r g e b n i s s e // Hilde Fässler und Paul Rechsteiner haben im Sammeln von Pana-schierstimmen alle geschlagen. Sie konnten am meis-ten Stimmen auf andern Listen sammeln. Der Abstand zu den übrigen KandidatInnen auf den SP-Listen ist sehr gross. Das hat zwei Gründe. Als Bisherige profi-tieren sie von einem Bonus und erhalten oft auch von Nicht-SP-Wählenden eine Stimme (Fässler ’, Rech-steiner ’). Hinzu kommen nochmals ’ (Fäss-ler) bzw. ’ (Rechsteiner) Stimmen auf den SP-Lis-ten. Hilde Fässler und Paul Rechsteiner geniessen innerhalb und ausserhalb der SP eine grosse Anerken-nung. Das bringt Stimmen. Der traditionell grosse Ab-stand zu den nachfolgenden KandidatInnen auf den SP-Listen rührt auch diesmal Jahr daher, dass sich die SP-Stimmen auf verschiedene Listen aufteilen. Vor vier Jahren konnte einzig die damalige SP-Kandidatin Heidi Hanselmann die Lücke zu Hilde Fässler etwas schliessen. Auch diesmal hat sich am Beispiel der Grünen Kandidatin Yvonne Gilli heraus-gestellt, dass es sich auszahlt, als Nationalratskandi-datin auch für den Ständerat zu kandidieren.

Ein Blick in die Wahlkreise zeigt, dass alle Kan-didierenden in ihren Wahlkreisen gute Ergebnisse er-zielt haben. Die Lücken zu Fässler und Rechsteiner sind zum Teil beachtlich kleiner. Joe Walser hat im Sargan-serland gut drei Viertel der Stimmen von Paul Rech-steiner erreicht. Ebenfalls über ein sehr gutes persön-liches Resultat können sich Bettina Surber (Juso-Liste) und Antonio Donno (Liste inter.national) freuen. Sur-ber hat in der Stadt St.Gallen vier SP-KandidatInnen, die auf den Hauptlisten antraten, hinter sich gelassen. Die Liste inter.national, zu der Antonio Donno beina-he ein Fünftel der Stimmen beisteuerte, hat insgesamt mehr Stimmen gemacht als die rechtsaussen politisie-renden Schweizer Demokraten.

Z i e l e i m S t ä n d e r a t v e r f e h l t // Die Kandida-tur von Kathrin Hilber für den Ständerat war ebenfalls nicht vom erwarteten Erfolg gekrönt. Das gute Ergeb-nis – Kathrin Hilber hat mit ,% der Stimmen klar auch ausserhalb der Partei mobilisiert – kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die Ziele höher gesetzt waren. Der deutliche Rückstand auf die beiden Bishe-rigen und den Kandidaten der SVP wäre im zweiten Wahlgang nur schwer einzuholen gewesen. Der Rück-zug von Kathrin Hilber ist der Beitrag der SP, die Wahl von Toni Brunner in den Ständerat zu verhindern. Jetzt liegt es an Erika Forster und Eugen David, ernst-haft um die Stimmen aus dem links-grünen Lager zu kämpfen. Die Mitglieder der Kantonsratsfraktion, die kantonale Geschäftsleitung und die PräsidentInnen der Sektionen machen sich nun daran, nach den de-taillierten Gründen für diese Niederlage zu suchen, um danach geeint in die kantonalen Wahlen vom . März steigen zu können. Wir nehmen uns einen ganzen Tag Zeit, um diese sorgfältige Analyse unter professio-neller Moderation vorzunehmen. Es wäre aus unserer Sicht zu einfach, die Schuld der Millionenkampagne der SVP, dem Klima oder der SP Schweiz in die Schuhe zu schieben. Vielmehr wollen wir die nötigen Schlüsse aus unseren eigenen Fehlern ziehen, um im Frühjahr unsere neuen Wahlziele zu erreichen. Peter Olibet

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Fortsetzung von Seite

Stimmen Verhältnis zu im Fässler/Rechsteiner Wahlkreis im WahlkreisSt.Gallen 1 Rechsteiner Paul 10’997 2 Fässler-Osterwalder Hildegard 9’822 3 Friedl Claudia 4’219 41%4 Fässler Fredy 3’342 32%5 Blumer Ruedi 3’028 29%6 Hasler Etrit 2’982 29%11 Fehr Dietsche Christina 2’021 19%13 Gerlach Rahel 1’920 18%21 Surber Bettina 1’523 15%26 Donno Antonio 1’078 10% Rorschach 1 Rechsteiner Paul 3’054 2 Fässler-Osterwalder Hildegard 2’881 3 Möckli Silvano 1’573 53%4 Gemperle Felix 1’098 37%6 Huber Maria 762 26%

Stimmen Verhältnis zu im Fässler/Rechsteiner Wahlkreis im WahlkreisRheintal 1 Fässler-Osterwalder Hildegard 3’856 2 Rechsteiner Paul 3’169 3 Hermann Urs 1’533 44%4 Erat Ruth 1’099 31% Werdenberg 1 Fässler-Osterwalder Hildegard 4’204 2 Rechsteiner Paul 2’612 3 Altenburger Ludwig 1’518 45%4 Gähwiler-Bader Barbara 1’182 35% Sarganserland 1 Fässler-Osterwalder Hildegard 2’619 2 Rechsteiner Paul 2’449 3 Walser Joe 1’909 75%4 Propbst Esther 1’491 59%

Re s u l t at e d e r r e g i o n a l e n S P- K an d i d at I n n e n i m Ve r g l e i c h z u d e n b e i d e n B i s h e r i g e n

Wahlen 2007

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Re s u l t at e d e r r e g i o n a l e n S P- K an d i d at I n n e n i m Ve r g l e i c h z u d e n b e i d e n B i s h e r i g e n

SP bleibt stärkste Partei in St.Gallen

In allen Gemeinden des Kantons hat die SP Stimmenanteile ver- loren. Doch in der Stadt St.Gallen bleibt die SP die stärkste Partei. Und Links-Grün hat sogar zugelegt.

Die SP erlitt kantonsweit in den Städten Rorschach (-,%) und Rapperswil (-,%) erhebliche und in

den Landgemeinden mittlere bis hohe Verluste zwi-schen % und %. Einzig in der Stadt St.Gallen und in Buchs blieb sie praktisch stabil. Das genaue Wahler-gebnis in der Stadt St.Gallen zeigt, dass die SP gegen-über vor vier Jahren mit 25,4% weiterhin stärkste Kraft ist und weniger als % eingebüsst hat. Diese leichten Verluste werden gar durch die Zugewinne von Grü-nen und Grünliberalen mehr als kompensiert, so dass Rot-Grün den Wählerstimmenanteil um , Prozent auf knapp Prozent steigern konnte. Verliererin in der Stadt ist die CVP mit minus ,%. Insbesondere im Städtevergleich mit Bern (minus %) und Zürich (mi-nus %) ist dieses Ergebnis für die SP ein Lichtblick. Mit rund Prozent tragen die Liste Internatio-nal (%) und die Juso (,%) in der Stadt einen knap-pen Sechstel zum guten SP-Ergebnis bei. Im Verhältnis zum übrigen Kantonsgebiet sind das zweieinhalbmal mehr Stimmen. Ohne die Stimmen dieser beiden Lis-

ten wäre der Sitz von Hilde Fässler an die FDP verlo-ren gegangen! Sucht man nach den Gründen für das städtische Ergebnis, so wird rasch klar, dass viele Mo-saiksteine dazu beigetragen haben. Im Unterschied zu Zürich und Bern hat St. Gallen mit je zwei FDP- und CVP-Mitgliedern und mit Elisabeth Beéry nur eine SP-Vertreterin in der Regierung und damit eine klar bür-gerliche Mehrheit. Die SP ist nicht für alles verant-wortlich, was in der Stadt schlecht läuft.

D u r c h w e g s g u t e S P - E r g e b n i s s e // Mit rund % Stimmenanteil erreichte die SVP in der Stadt ei-nen Drittel weniger Stimmen als im Kantonsdurch-schnitt (über %). Diese offensichtlich deutlich klei- nere Basis konnte in der Stadt vor den Wahlen keine eigentliche SVP-Euphorie entfachen. Der geringe Zu- wachs der SVP von weniger als einem Prozent ist ein Indiz dafür. Offensichtlich sind die städtischen Wäh-lerInnen widerstandsfähiger gegenüber der Propa-gandawalze der SVP. Die im Vergleich zum übrigen Kantonsgebiet auf den SP-Listen überproportional vertretenen KandidatInnen aus der Stadt und deren überdurchschnittlicher Bekanntheitsgrad haben dazu wesentlich beigetragen. Ein Indiz dafür sind die durchwegs guten persönlichen Ergebnisse von Paul Rechsteiner, Claudia Friedl, Fredy Fässler, Etrit Hasler, Christina Fehr und Rahel Gerlach. So sammelte die SP am meisten Fremdstimmen (Panaschierstimmen) al-ler Parteien; dies auch ohne Berücksichtigung der Pa-naschierstimmen unter den eigenen vier SP-Listen. Dazu kommt die Kandidatur von Regierungsrä-tin Kathrin Hilber für den Ständerat. Sie erzielte in der Stadt mit über ’ Stimmen deutlich mehr Stimmen als die ebenfalls aus der Stadt stammenden Bisherigen Erika Forster und Eugen David. Es ist zu hoffen, dass dieses stabile Ergebnis aus der Stadt für die Kantons-ratswahlen motivierend und wegweisend sein wird.

Heinz Brunner

Die SP schnitt bei den Nationalratswahlen in der Stadt St.Gallen gut ab.

Wahlen 2007

Stimmen Verhältnis zu im Fässler/Rechsteiner Wahlkreis im WahlkreisSee-Gaster 1 Fässler-Osterwalder Hildegard 3’929 2 Rechsteiner Paul 3’576 3 Colombo Daniela 2’274 61%4 Kofler Josef 1’279 34%6 Keller Eva B. 1’104 29% Toggenburg 1 Fässler-Osterwalder Hildegard 3’154 2 Rechsteiner Paul 2’824 3 Ledergerber Donat 1’252 42%6 Schönenberger-Hofmann Trudi 618 21%

Wil 1 Fässler-Osterwalder Hildegard 4’592 2 Rechsteiner Paul 4’526 3 GysiBarbara 2’487 55%4 Hartmann Peter 1’541 34%

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Der . Oktober war ein historisches Datum. Noch nie hat eine Partei so viel Geld für Wahlpro-

paganda aufgewendet wie die SVP. Alles Bisherige wur-de in den Schatten gestellt. Schon Monate vor dem Ter-min rollte eine erste Plakat- und Inseratewelle an. In der heissen Phase, das heisst fünf Wochen vor dem Wahltermin, wurde das ganze Land mit SVP-Plakaten und -anzeigen zugeklebt. An sämtlichen massenrele-vanten Punkten war die Partei präsent. Mit grosser Wucht wurden die rechtspopulistischen Parolen («Ord-nung im Asyl- und Ausländerbereich!», «Blocher wäh-len!», «Schweiz wählen!») ins öffentliche Bewusstsein getrieben. Die Überpräsenz der SVP, die Belagerung des öffentlichen Raums sowie der kumulative Effekt der Plakat- und Anzeigenwellen hatten zur Folge, dass die an die Wand gedrückte Konkurrenz aus dem Blickfeld des Wahlvolks verschwand. FDP, CVP, SP und Grüne standen da, als würden sie gar keinen Wahlkampf be-treiben – dabei führten sie normale Wahlkämpfe wie immer. Selbst finanzkräftige Kandidaten wie der St.Galler Textilunternehmer Max Hungerbühler (FDP), der für seine persönliche Wahlwerbung tief in die Ta-sche griff, gingen im Wald der Blocherplakate unter.

Übrigens: Da wurde weniger für einen Bundesrat als für einen Führer geworben, auch das ein Novum.

D u n k l e P a r t e i k a s s e n // So etwas ist nur mit ho-hem finanziellem Aufwand möglich. Laut der Markt-forschungsfirma Media Focus hat die SVP mehr Geld für Plakate und Inserate ausgegeben als alle anderen Parteien zusammen. Von den von Juli bis August aus-gegebenen Geldern gingen bereits % aufs Konto der Rechtspartei. Mit % fiel die FDP schon stark ab, nicht zu reden von SP (%), CVP (%) oder den Grünen (%). Später wurden die Wahlausgaben noch massiv erhöht. Vor allem in der Schlusskampagne zündete die SVP mit der Person Blocher ein einzigartiges Feuerwerk im po-litischen Raum. Man schätzt, dass die Partei gesamt-haft mindestens Mio. Franken ausgegeben hat. Wahr- scheinlich waren es noch mehr. Nie wurde so deutlich, mit welch ungleichen Spiessen die Parteien kämpfen. Den fairen Parteien-wettbewerb hat es zwar nie gegeben, nun aber wurde er völlig pervertiert. Es war, wie wenn vier Trabi gegen ei-nen Porsche antreten müssten, eine «mission impos-sible». Der wahre Wahlsieger war die Plutokratie. Sie erinnert an die Geldherrschaft im Berlusconi-Italien. Das ist an sich schon demokratiepolitisch bedenklich und ruft nach Massnahmen, denn keine Demokratie kann sich einen Parteiendarwinismus auf Dauer leis-ten. Alle (ausser der SVP) haben ein Interesse daran, dass sich solches nicht wiederholt. Noch bedenklicher aber ist die Intransparenz. Woher kommt das Geld? In einem Artikel im «Tages-Anzeiger» (. Oktober) sagte die neu gewählte Nationalrätin Nathalie Rickli, das Geld stamme aus «privaten Spenden» und diese gehörten nicht an die Öffentlichkeit. Ueli Maurer machte seinerseits dem TV-Volk weis, man habe Inserateraum kaufen müssen, weil die Zeitungen schlecht über die SVP schrieben. Zum Lachen! Die Schweiz ist wohl die einzige Demo-kratie der Welt, die solche Missstände zulässt. Andern-orts müssen Parteispenden deklariert werden. Die Par- teispendenskandale zeugen davon, dass die Regelung funktioniert, sonst gäbe es sie nicht. Höchste Zeit, dass bei uns Licht in dunkle Parteikassen gebracht wird.

O l i g a r c h B l o c h e r // Dann würde schnell klar, dass die Wahlsiegerin ihren Erfolg zu einem schönen Teil er-kauft hat. Bis zum Beweis des Gegenteils behaupten wir, dass von den Millionen deren zehn aus Blochers Privatschatulle stammen. Denn vom Wahlsieg hing sein Sitz im Bundesrat ab. Hätte die SVP am . Oktober nicht reüssiert, hätte der Milliardär seinen Bundesrats-sessel nicht auf sicher gehabt. Jetzt ist die Blocher-Ab-wahl kein Thema mehr. Ist das nicht zehn Millionen wert? Der Betrag ist für einen Milliardär, dem die Polit-karriere mehr als alles andere bedeutet, verkraftbar. Die SVP profitiert immer mehr von der neurei-chen Finanzoligarchie, die mit Tettamanti, Ebner und Blocher zur unsichtbaren Macht aufgestiegen ist. Die-se Leute kennen sich persönlich, bilden informelle Netzwerke und lösen die alte FDP-Wirtschaftsclique ab, die mit der Swissair endültig untergegangen ist. Sie kommen als potenzielle Finanzierer des Rechtspopu-lismus in Frage, denn der schützt ihre Geldinteressen zweifellos am besten. (rh)

Die dunklen Kassen der SVP

Mit einer nie dagewesenen Propa- gandawalze hat die SVP bei den jüngsten Wahlen alle anderen Parteien überrollt und den Wahlsieg davon- getragen. Demokratie im Griff des grossen Geldes – woher stammt es?

Woher stammtdas viele Geldder SVP?

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Wahlen 2007

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Die SP-Fraktion im St.Galler Kantonsrat und der Vorstand des Gewerkschaftsbundes des Kantons

St.Gallen forderten schon in der Vernehmlassung zur Revision des Gerichtsgesetzes, dass die Arbeitsgerichte erhalten bleiben müssten. Ja mehr noch: Sie sollten – nach dem Vorbild des Kantons Zürich – auch über hö-here Streitwerte als die bisherigen ’ Franken ent-scheiden können. Die Arbeitsgerichte sind nämlich unkomplizier-te, einfache und anerkannte Gerichtsinstanzen. Die Parteien müssen persönlich erscheinen, sie können sich aber auch von Laien begleiten lassen. Das nutzen viele Arbeitnehmende und nehmen einen Gewerk-schaftsvertreter mit, der sich für sie einsetzt. Die Ar-beitsgerichtsverhandlungen sind bis zu einem Streit-wert von ’ Franken kostenlos, die Verhandlungen sind weitgehend mündlich, der Papierkrieg ist mini-mal. Und vor allem: Die Gerichte sind paritätisch zu-sammengesetzt. Neben dem Gerichtspräsidenten oder der -präsidentin, entscheiden auch je ein Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Seite mit. Das hat vie-le Vorteile. So kommen Arbeitnehmende öfter zu ihrem Recht, denn die Richter kennen die Probleme des Be-rufsalltags. In der Mehrheit der Fälle geht es denn auch um zu tiefe Löhne, um ungerechtfertigte Kündigungen oder um nicht bezahlte Überstunden.

V o r t e i l h a f t f ü r A r b e i t n e h m e n d e // Schon heu-te versucht das Arbeitsgericht den Streit – meistens geht es um ein paar Tausend Franken – zuerst mit ei-nem Vergleich zu lösen. Zwei Drittel der Fälle können so erledigt werden. Oft muss zwar die Arbeitnehmer-seite auf einen Teil ihres Geldes verzichten, dafür be-kommt sie es sofort. Finden sich die Parteien nicht im Vergleich, wird unmittelbar entschieden. Heute kann der Arbeitsgerichtspräsident resp. die -präsidentin Fäl-le bis zu ’ Franken Streitwert allein entscheiden, zwischen ’ und ’ Franken tagt das Gericht in der paritätischen Dreier-Besetzung. Und wichtig: Es entsteht keine Verpflichtung, die Kosten der Gegenpar-

tei zu übernehmen, auch wenn man unterliegt. Der St.Galler Kantonsrat will trotz dieser unbestrittenen Vorteile die Arbeitsgerichte abschaffen und durch Schlichtungsstellen ersetzen. Angeblich weil die Revi-sion der Zivilprozessordnung schweizweit dies so ver-langen werde. Doch hier irren Regierung und Kantons-rat. Der bisherige Entwurf für die neue Zivilprozess-ordnung überlässt es ausdrücklich den Kantonen, ob sie Arbeitsgerichte und/oder Schlichtungsstellen ein-setzen wollen. Geregelt wird nur das Verfahren.

W i r d e i n R e f e r e n d u m n ö t i g ? // Über diese Fachauskunft aus dem Bundesamt für Justiz verfügten in der ersten Lesung weder die Kommission noch die Regierung. Der genaue Blick in den Entwurf der Zivil-prozessordnung widerspricht der Aussage von Regie-rungsrätin Karin Keller-Sutter, die Kantone müssten die Arbeitsgericht über kurz oder lang sowieso aufge-ben. Dies schafft nun eine neue Ausgangslage. Der Kantonsrat handelt deshalb klug, wenn er auf den Entscheid der ersten Lesung zurückkommt und die Arbeitsgerichte weiterführt. Denn die vorgeschla-genen Schlichtungsstellen können die spezialisierten Gerichtsinstanzen nicht ersetzen, sie haben nämlich – im Gegensatz zu den Schlichtungsstellen für Mietstrei-tigkeiten – keine Entscheidungskompetenz. Können sich die Kontrahenten vor der Schlichtungsstelle nicht einigen, treffen sie sich vor dem Einzelrichter oder gar vor dem Kreisgericht in grösserer Besetzung wieder. Das kann die Parteien aber teuer zu stehen kommen, denn diese Verfahren werden entschädigungspflichtig – CVP-Kantonsrat Werner Ritter (Hinterforst) hat dies im Kantonsrat so durchgebracht. Er wolle so den Druck erhöhen, sich vor der Schlichtungsstelle zu einigen, be-gründete er seine arbeitnehmerfeindliche Haltung. Die Abschaffung der Arbeitsgerichte würde nicht nur zu teureren, sondern auch zu einem formalis-tischeren und längeren Instanzenweg führen. Der Druck, sich auf einen – mitunter faulen – Kompromiss zu einigen, wird dadurch grösser. Denn klar ist: In der Regel kann sich die Arbeitnehmerseite keinen Prozess leisten. In Gewerkschaftskreisen ist man entschlossen, das Gerichtsgesetz mit einem Referendum zu bekämp-fen, falls die Arbeitsgerichte wirklich abgeschafft wer-den sollten. Dann wäre die Justizreform als ganzes ge-fährdet.

Gegen den Willen der Linken sollen die Arbeitsgerichte abgeschafft werden. Der Entscheid basierte jedoch auf einer Falschinformation der Regierung. Noch besteht die Möglichkeit zur Korrektur. Wenn nicht, steht ein Referendum im Raum.

Arbeitsgerichte: Regierung informierte falsch

Von Thomas WepfPräsident des kantonalen Gewerk-schaftsbundes

Die St.Galler Arbeitsgerichte dürfen nicht abgeschafft werden.

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6 links 5.07

Mehr Hilfe für Einkommensschwache

Von SP-Kantons- rätin Barbara Gysi, Wil

Nach der Ablehnung der kanto-nalen SP-Volksinitiative für mehr Steuergerechtigkeit braucht es jetzt Massnahmen für einkommensschwache Familien.

Die Steuererträge sind dank der sehr guten Wirt-schaftslage derzeit erfreulich. Der Kanton und

auch viele Gemeinden schreiben Überschüsse. So kön-nen sogar die beträchtlichen Ertragsausfälle des II. Nachtrags zum Steuergesetz verkraftet werden. Und dank den Zuwendungen an den Kanton St. Gallen im Rahmen der Neuen Finanzordnung und der Aufgaben-teilung Bund-Kantone (NFA) sieht es für die nächs-ten Jahre ebenso gut aus, profitiert doch der Kanton St.Gallen von einer rund -Millionen-Franken-Sprit-

ze des Bundes. Die Bürgerlichen und die Regierung wollen vor allem eines: den Steuerfuss senken und zwar möglichst deutlich. Die Regierung will auch noch eine weitere Steuergesetzrevision im Schnellverfahren vor der Pensionierung des Finanzdirektors durchpeit-schen. Doch die SP hat noch ein paar andere Ideen. Zu einer moderaten Steuerfusssenkung können wir Ja sa-gen. Doch in erster Linie geht es uns um gezielte Mass-nahmen und auch um Investitionen.

S t e u e r g u t s c h r i f t e n n ö t i g // Unsere Vorstellun-gen der Steuerpolitik im Kanton St.Gallen haben wir bereits mit unserer Steuergerechtigkeitsinitiative ein-gebracht. Nachdem diese vor den Nationalratswahlen schlichtweg unterging und an der Urne deutlich gebo-digt wurde, haben wir unmittelbar nach der Abstim-mung in der Septembersession zwei Vorstösse einge-reicht. Denn eines ist klar: Wir wollen weiterhin für eine Verbesserung für Familien kämpfen und bringen dazu zwei weitere Vorschläge ein. Zum Ersten wollen wir Steuergutschriften für einkommensschwache Familien erreichen, damit auch diejenigen profitieren können, die so wenig verdienen, dass sie gar keine Steuern mehr zahlen müssen (resp. können). Das Fehlen einer Steuergutschrift wurde uns von GegnerInnen unserer Initiative im Abstimmungs-kampf vorgeworfen. Der Regierungsrat lehnt diese Massnahme unter Hinweis auf eine Studie des Bundes ab. Ob sich das Parlament noch an seine Argumenta- tion vor der Abstimmung erinnert? Zum Zweiten for-dern wir Ergänzungsleistungen für einkommens-schwache Familien mit Kindern. Eine Studie über das verfügbare Einkommen (nach Abzug von Miete, Steu-ern, Kinderbetreuung, Krankenkasse) zeigt eklatan-te Unterschiede unter den Kantonshauptorten der Schweiz auf. Dabei werden drei Falltypen untersucht: alleinerziehende Frau mit einem Kind, Familie mit zwei Kindern, alleinlebender Mann mit Alimentenver-pflichtung. St.Gallen befindet sich in allen Kategorien in der hinteren Hälfte der Rangliste. Für die Alleiner-ziehenden und die Familien ist die Situation im Mit-telfeld wenig gemütlich, alimentezahlende Väter sind im Vergleich sogar sehr schlecht gestellt.

A l l e i n s t e h e n d e s c h l e c h t g e s t e l l t // Sucht man nach den Gründen, so sind diese rasch klar. Ein wich-tiger Grund sind die tiefen Beiträge der Prämienverbil-ligung bei den Krankenkassenprämien. Hier fällt ins Gewicht, dass in den letzten Jahren insbesondere Al-leinstehende sehr schlecht gestellt wurden, dies zu-gunsten marginaler Verbesserungen für Familien mit Kindern. Ein zweiter Punkt fällt auf, wenn man mit den Städten in den besten Rängen vergleicht: dort wer-den Ergänzungsleistungen oder Haushaltzulagen für Familien ausgerichtet. Zum Beispiel kennt der Kanton Tessin schon lange das Modell der Ergänzungsleistun-gen für Familien. Dort wollen wir nun ansetzen. Ein-kommensschwache Familien, Ein- oder Zweieltern, mit Kindern sollen auch im Kanton St.Gallen mit Er-gänzungsleistungen gezielt unterstützt werden. Ich bin nun gespannt auf die Debatte in der Novemberses-sion des Kantonsrats. Ob sich unsere Podiumsgegne-rInnen noch daran erinnern, dass sie diesen Weg bei der Bekämpfung unserer Initiative als «gangbar» be-zeichnet haben?

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Ein teurer Stadtpräsident

Rorschachs Stadtpräsident verdient mehr als Zürichs Stadt-oberhaupt. Auch sonst stellen sich ein paar Fragen zum Finanzgebaren der Hafenstadt.

Als das Stimmvolk der Stadt Zürich einer Initia- tive des «Bundes der Steuerzahler» zustimmte und

den Lohn des Stadtpräsidenten von ’ auf ’ Franken kürzte, da soll Elmar Ledergerber gesagt ha-ben, er verdiene jetzt weniger als sein Kollege in Ror-schach. Für ihn war klar: Mit Ospelt oder Vasella konn-te er sich nicht vergleichen, beim Staat verdient man generell weniger als in der Privatwirtschaft. Aber dass er lohnmässig in der gleichen Kategorie eingeordnet wurde wie das Oberhaupt einer Gemeinde mit weniger als zehntausend Einwohnerinnen und Einwohnern, das machte ihm doch zu schaffen. Wir rechnen nach: Der Rorschacher Stadtprä-sident Thomas Müller (CVP) verdient pro Einwohne-rIn, die er zu regieren hat, etwa Mal mehr als Elmar Ledergerber in Zürich. Nun ist dieser ein Opfer des aufgestachelten Volksgeizes, der Vergleich ist deshalb unfair. Suchen wir also Vergleichsfälle in der näheren Umgebung. Rorschach hat ’ EinwohnerInnen und bezahlt seinem Stadtpräsidenten etwa ’ Fran-ken. In Wil (’ EinwohnerInnen) und Flawil (’

EinwohnerInnen) erhalten diese ungefähr gleich viel wie in Rorschach. Der Lohn in Buchs (’ Einwoh-nerInnen) liegt unter ’ Franken. Die beiden grössten Städte im Kanton, Rapperswil-Jona und die Hauptstadt St.Gallen (’ respektive ’ Ein-wohnerInnen) lassen sich ihre Stadtpräsidenten mit ’.– respektive ’ Franken etwas mehr kos-ten. Rorschach leistet sich also einen teuren Stadtprä-sidenten, der Lohn liegt aber einigermassen im übli-chen Rahmen.

Z u v i e l f ü r e i n e n H a l b t a g s j o b // Doch ver-gessen wir nicht, dass Rorschach nach dem alten Fi-nanzausgleich eine Ausgleichsgemeinde ist. Im Jahr flossen , Millionen Franken aus besser gestell-ten Gemeinden an den Bodensee, der Grossteil da-von für Schule und Strassen, aber immerhin ’ Franken zur Deckung des Fehlbetrags im Gemeinde-budget. Mit andern Worten: Müllers Gehalt wurde von Steuerzahlenden aus dem ganzen Kanton mitfinan-ziert. Dass der grosse Sparer Thomas Müller Stadt und Kanton auf Sparpotenzial bei seinem Lohn hingewie-sen hätte, davon haben wir noch nichts gehört.

ist Thomas Müller für Felix Walker in den Nationalrat nachgerutscht. Ein Nationalratsmandat bedeutet vor-sichtig gerechnet ein Arbeitspensum von Prozent. Für Rorschach bleiben also die zweiten Prozent, das Stadtpräsidium ist für ihn offensichtlich ein Halbtags-job. Dafür sind die ’ Franken eindeutig zuviel. Auf ein -Prozent-Pensum umgerechnet verdient er mehr als ein Regierungsrat. Natürlich wird er das anders sehen: Er arbeitet eben mehr als Prozent, er liefert rund ’ Fran-ken von seinen Entschädigungen für seine Arbeit als Nationalrat – insgesamt ca. ’ Franken – an die Stadtkasse ab, und Rorschach profitiert von seiner Ar-beit in Bern. Doch alle diese Rechtfertigungsversuche wischen die Tatsache nicht vom Tisch: Rorschach leis-tet sich einen allzu teuren Stadtpräsidenten.

Z w e i m a l u n t e r s c h r i e b e n ? // Dabei haben wir die verschiedenen weiteren Tätigkeiten von Thomas Müller noch gar nicht berücksichtigt. So kann er als

ehemaliger Präsident des FC St.Gallen die Finger nicht vom Fussball lassen. Er reist (natürlich nur in seiner Freizeit) als Fifa-Kommissar durch die Lande und be-sucht im Auftrag des Fussballverbandes wichtige Spie-le. Und er ist auch Verwaltungsratspräsident der Bo-densee-Schiffahrtsgesellschaft AG, die nach dem Verkauf der Bodenseeflotte durch die SBB entstanden ist. Nebenbei: Müller hat es als Nationalrat unterlas-sen, dieses Mandat im Rahmen der Offenlegung der Interessenbindungen anzugeben. In dieser AG ist er sicher mit offenen Armen aufgenommen worden, weil er gleich die Schifffahrts-betriebe Rorschach mitgebracht hat (die Gemeinden Rorschach, Thal und Rheineck wurden mit Aktien der neuen Gesellschaft entschädigt). Ob bei diesem Ge-schäft alles mit rechten Dingen zugegangen ist, das ist bis heute nicht geklärt. Auf die Frage einer Rorschache-rin an der Bürgerversammlung, ob der Stadtrat in eige-ner Kompetenz den Betrieb verkaufen dürfe, versprach Müller, die Sache werde «seriös» abgeklärt – sie war-tet immer noch auf eine Antwort. Gerne wüssten wir, ob Thomas Müller bei der Behandlung des Geschäftes im Stadtrat in den Ausstand getreten ist oder ob er den Vertrag zwischen der Schifffahrtsgesellschaft und der Stadt gleich zwei Mal unterschrieben hat: als Verwal-tungsrats- und als Stadtpräsident.

Hansueli Baumgartner

Mehr als Zürich: Der hohe Lohn von Rorschachs Stadtpräsident Thomas Müller stösst auf Kritik.

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Mühe mit der Geschichte

Der St.Galler Regierung fällt der Umgang mit der Vergangenheit schwer. Das zeigt sich bei Würdigung der beiden Fluchthelfer Karl Zweifel und Christian Dutler.

Christian Dutler und Karl Zweifel waren zwei St.Galler Polizeibeamte, die vor dem Zweiten Welt-

krieg in einem Fluchthelferring mithalfen, zahlreiche vom Naziregime verfolgte Linke, Gewerkschafter und Flüchtlinge im Rheintal über die Grenze zu schleusen. Wie ihr Vorgesetzter, Polizeikommandant Paul Grü-ninger, verloren auch sie ihre Stelle und blieben fortan geächtet. Während Grüninger seit rehabilitiert ist, widerfuhr den beiden Fluchthelfern bis heute keine Gerechtigkeit. Der Historiker und SP-Kantonsrat Max Lemmenmeier nahm daher eine Forderung aus der Re-gion auf und verlangte zusammen mit Elsbeth Schre-pfer in einer Interpellation im Kantonsparlament von der St.Galler Regierung eine postume Würdigung.

O h n e Z u s a m m e n h a n g // Wie sich in der Antwort zeigt, tut sich die Regierung immer noch schwer mit der unrühmlichen Vergangenheit. Es sei unklar, wes-wegen die Beamten entlassen worden seien, und re-habilitieren könne man sie nicht, da sie gar nie ver-urteilt worden seien. Zur Begründung wird auf Akten im Staatsarchiv verwiesen, in denen von Alkohol- und Disziplinproblemen der beiden die Rede ist. Diese Dar-stellung erinnert in fataler Weise an die Grüninger-Af-färe: Statt die humanitäre Leistung zu würdigen, müs-sen Vorwürfe und negative Qualifikationen herhalten, um das fragwürdige Verhalten der Behörden nachträg-lich in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Der Regierungsrat lässt zudem den politischen Zusammenhang ausser acht. Aus diesem ergibt sich zweifelsfrei, dass Dutler und Zweifel aus politischen Gründen gehen mussten – selbst wenn dabei noch an-dere Aspekte eine Rolle gespielt haben mögen. Der ver-antwortliche Regierungsrat Valentin Keel (SP) war vom rechtsextremen Vaterländischen Verband kurz vor den Regierungsratswahlen öffentlich angegriffen worden, er toleriere «Emigrantenschmuggel». Keel wollte sich aus der Schusslinie retten. Dutler und Zweifel waren als Fluchthelfer nicht mehr zu halten. Dieser Kontext wird überhaupt nicht beachtet. Vom Vaterländischen Verband, dem Urheber der damaligen Kampagne, ist kein Wort zu lesen. Es zeigt sich hier, dass Geschichte

mit einer rein buchhalterischen Konsultation der Ak-tenlage nicht vernünftig zu rekonsturieren ist. Max Lemmenmeier zeigte sich Ende September im Grossen Rat zu Recht aufgebracht über diese unpo-litische, ja diskriminierende Optik. Er kritisierte die fa-denscheinige Argumentation und die Ausklammerung der damaligen politischen Lage. Den beiden Beamten würden unsaubere Machenschaften und ein unehren-hafter Lebenswandel unterstellt, ohne dass dafür Be-weise erbracht werden könnten, sagte Lemmenmeier. «Damit werden die heute noch lebenden Familien ein-mal mehr in ein schiefes Licht gerückt und die wahren Umstände – nämlich, dass hier zwei Beamte die wahre Not richtig erkannt haben – gezielt durch einen Dunst-kreis von Unterstellungen verdeckt.» Der Historiker hält es für beschämend, dass es der Kanton unterlas-sen habe, den Fluchthelfern einen offiziellen Dank und eine offizielle Ehre zukommen zu lassen. Es sei ei-ne Tatsache, dass Dutler und Zweifel in Verletzung von Vorschriften Menschen vor Folter, Erniedrigung und Tod bewahrt hätten.

N a c h h i l f e n ö t i g // Indem der Regierungsrat le-diglich in einem einzigen Satz einräumt, dass die bei-den Polizisten Menschenleben gerettet hätten, doku-mentiert er seine Verständnislosigkeit – und wohl auch sein eigenes Trauma aus der Grüninger-Debatte, in der er keine gute Figur machte. Offensichtlich fällt es ihm immer noch schwer vorbehaltlos zuzugeben, dass es ein moralisches Handeln entgegen den damaligen Dienstvorschriften gab. Ebenso mag er nicht konze-dieren, dass das antifaschistische Handeln die muti-ge und richtige Antwort auf die damaligen Ereignis-se war. Ja, der historische Begriff des Antifaschismus kommt in der regierungsrätlichen Antwort überhaupt nicht vor, obwohl er doch den Kern der Affäre bildet. Die Rehabilitierung der beiden Polizeibeamten Dutler/Zweifel bleibt somit ein Postulat der Zukunft. Es wurde eine grosse Gelegenheit verpasst, einen Bei-trag zu einem zeitgemässen Geschichtsverständnis zu leisten. Offenkundig ist doch noch viel Nachhilfeun-terrricht nötig. (rh)

Unrühmliche Vergangenheit: Flüchtlinge an der Grenze im Rheintal.

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Regierungsratswahlen:Wer rückt nach?

Endlich konnten sich die Regierungs- räte Peter Schönenberger (66, CVP, 16 Jahre in der Regierung) und Hans- Ulrich Stöckling (67, FDP, 20 Jahre in der Regierung) zu einem Rücktritt durchringen. Das grosse Sessel- rücken beginnt.

Peter Schönenberger hat sich als Supersparer ei-nen Namen gemacht. Er ist kein Kind von Gross-

zügigkeit, seine Amtszeit war geprägt von defensiven Budgets, Steuererleichterungen für die Wirtschaft und Sparpaketen fürs Volk. Bereits in der ersten Ausgabe sah sich «links» gezwungen zu titeln «Das Problem Schönenberger». Hans-Ulrich Stöckling genoss die Regierungs-tätigkeit in vollen Zügen. Als Präsident der Erziehungs-direktorenkonferenz sah er sich gerne in der Rolle des heimlichen Bildungsministers und reiste um die Welt. Leider rückte dabei die tägliche Arbeit im Kanton an den Rand. Unliebsame Geschäfte schob er auf die lan-ge Bank. Stöckling wie Schönenberger waren grosse

Könner im Verteilen von gut bezahlten Jobs an Partei-mitglieder. Im Finanzdepartement herrscht die CVP, das Erziehungsdepartement wird vom Freisinn kon-trolliert.

G r o s s e K o n k u r r e n z // Am . März sind die Regierungsratswahlen angesagt. Mit Kathrin Hilber und Heidi Hanselmann kann die SP auf weitherum an-erkannte Bisherige mit einem ausgezeichneten Leis-tungsausweis setzen. Trotzdem wird der Wahlkampf für uns kein Spaziergang, da die Konkurrenz und die Ambitionen im gegnerischen Lager gross sind. Begin-nen wir mit der CVP. Vor vier Jahren konnte ihr die SP mit Heidi Hanselmann einen Sitz entreissen. Nicht ganz unschuldig daran war das sture Festhalten der CVP an der gescheiterten Spitalreform Quadriga. Die Partei wird alles daransetzen, den dritten Sitz wieder zu besetzen. In der Poleposition steht Armin Eugster, CVP-Fraktionschef. Er wollte bereits vor acht Jahren den Sitz der abgewählten Rita Roos erben, doch die Partei gab damals Josef Keller den Vorzug. Ebenfalls zum zweiten Mal ihre Ambitionen angemeldet hat Lu-crezia Meier-Schatz. Die CVP-Nationalrätin hat schon vor vier Jahren um die Gunst der CVP-Basis geworben. Sie unterlag parteiintern dem Rheintaler Walter Hess, der seinerseits an Heidi Hanselmann scheiterte. Eugster und Meier-Schatz dürften nominiert werden, zusammen mit dem wieder antretenden Josef Keller, dessen Rücktritt später erwartet wird. Die CVP-Basis wird die beiden Politiker kaum ein zweites Mal im Regen stehen lassen. So richtig an einen Sitzgewinn glauben mag man aber nicht. Daran dürften auch die bereits regional nominierte Kantonsrichterin Martha Niquille-Eberle und Kantonsrat Markus Hobi nichts ändern.

K ö p f e , a b e r k e i n P r o f i l // Der arg gebeutelte Freisinn, elektoral auf einem historischen Tiefpunkt, gibt sich nach wie vor selbstbewusst und erhebt, als wäre nichts geschehen, weiterhin Anspruch auf drei Sitze. Nach Jahren Stöckling sind die Ambitionen der Zukurzgekommenen natürlich gross. Ob der blas-se FDP-Fraktionschef Andreas Hartmann im Kampf um die Sitze mithalten kann, ist fraglich. Die Hoff-nungslosigkeit von FDP-Politikern, irgendwann in die St.Galler Regierung gewählt zu werden, zeigt sich am Beispiel von Kantonsrat Beat Tinner. Er streckte be-reits die Fühler Richtung SVP aus, doch scheint nichts daraus zu werden. Jetzt steht er zwischen den Stühlen und muss eventuell sogar um seine Wiederwahl in den Kantonsrat bangen. Die SVP kämpft seit Jahren mit dem gleichen Problem: Es fehlt ihr an Köpfen mit dem Format für die Regierung. Viele haben es versucht, alle sind kläglich gescheitert. Sollte Toni Brunner nicht in den Stände-rat gewählt werden, wird er wohl ein weiteres Mal in die Hosen steigen müssen, um den Machtanspruch der Siegerpartei zu realisieren. Mit dem guten Ergebnis am . Oktober haben die Grünen ihre Ambitionen un-terstrichen. Yvonne Gilli steht nach ihrer Wahl in den Nationalrat wohl nicht mehr für eine weitere Runde zur Verfügung. So wird sich voraussichtlich mit Bosco Büeler aus Flawil ein dritter Fraktionschef um die zwei freien Regierungssitze streiten. Es wird spannend wer-den! Peter Olibet

Heidi Hanselmann und Kathrin Hilber: zwei Regierungsrätin-nen mit einem Top-Leistungsausweis.

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‹Südspange› – eine milliardenschwere Fata Morgana

Die neue «Südspange» in St.Gallen erweist sich als untaugliches Projekt, das Milliarden kostet. Statt neue Autobahnen braucht es eine durchgreifende Förderung des öffentlichen Verkehrs.

Die Stadt St.Gallen ist ein langgezogener Schlauch mit wenig Platz für den Verkehr. Bereits die Stadt-

autobahn, die eröffnet wurde, musste deshalb mehrheitlich in den Rosenberg verlegt werden. Heute ist das Tal der Steinach überwiegend überbaut, und es gibt oberirdisch keinen Platz mehr für zusätzliche Ver-kehrsachsen. Die Verkehrsmenge ist in den letzten Jah-ren aber kontinuierlich gestiegen. Der durchschnittli-che Verkehr im Rosenbergtunnel beträgt heute täglich ’ Fahrzeuge. Vor Eröffnung der Autobahn musste die Zürcherstrassse ’ Fahrzeuge schlucken, heu-te «nur» noch ’. Das heisst, wir haben in Jahren auf dieser Achse eine Zunahme von ’ Fahrzeu-gen, was mehr als einer Verdoppelung entspricht. Kein Wunder, dass die vor Jahren geschaffene zusätzli-che Verbindung heute an ihre Kapazitätsgrenze stösst. Bei der Eröffnung der Autobahn haben wir da-mals davor gewarnt, dass die Autobahn uns nur für kurze Zeit Entlastung bringen werde. Das hat sich leider drastisch bestätigt. Von den PendlerInnen be-nutzten im Jahr mehr als die Hälfte (%) das Auto, waren das erst % und das bei einer Verdrei- fachung der Pendlerzahl. In Luzern werden nur % aller Kilometer auf Stadtgebiet mit dem Auto zurück-gelegt, in St.Gallen sind es %. Hier liegt also ein be-achtliches Umsteigepotenzial.

K e i n U m d e n k e n b e i m K a n t o n // Bereits haben die St.GallerInnen das Projekt «Südumfahrung» mit deutlichem Mehr (%) bachab geschickt. Für eine Mehrheit der Bevölkerung ist klar, dass sich das Ver-kehrsproblem nicht mehr mit zusätzlichen Strassen lösen, sondern bestenfalls verschieben lässt, wie das Beispiel der Autobahn zeigt. Auch bei Tunnelprojekten entstehen Probleme, nicht nur bei den Ein- und Aus-fahrtsorten. Nichtsdestotrotz setzen sich der Kanton und die bürgerlichen Parteien jetzt dafür ein, dass eine neue Tunnelstrecke mit vier Anschlüssen auf Stadtge-biet auf der Südseite der Stadt geplant werden soll. Ein solches Projekt würde mindestens eine Milliarde Fran-ken kosten. Für diesen Preis könnte die heutige VBSG während Jahren gratis benutzt werden. Das Projekt hat nicht nur einen untauglichen Ansatz, sondern beinhaltet zusätzlich riesige Gefah-ren. Die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass neue Autoverbindungen unweigerlich mehr Autos anziehen, sodass die neue Verkehrsfläche relativ schnell wieder aufgefüllt ist. Da die AutofahrerInnen die Stadt pro-blemlos erreichen können, haben sie überhaupt keinen Anlass, den öffentlichen Verkehr zu benützen. Dieser kann seine Dienstleistungen kaum ausbauen und fris-tet ein Randdasein. Die Luftverschmutzung und der Lärm in der Stadt nehmen aber mit jeder Autofahrt zu. Heute lebt immer noch jede fünfte St.GallerIn in einer Wohnung, in der sie Krank wird, der Hauptverursacher ist der motorisierte Verkehr. Auch werden die Luft-grenzwerte für Stickstoffoxyd, Ozon und Russpartikel häufig überschritten, was die Gesundheit der Bevölke-rung beeinträchtigt. Es ist also nicht so, dass der Stau das einzige Problem des Verkehrs ist. Viel gravierender sind seine andern negativen Auswirkungen.

Von Susanne Schmid, SP-Gemeinderätin St. Gallen

A g g l o - P r o g r a m m m i t b ö s e n L ü c k e nDas Agglomerationsprogramm St.Gallen/Arbon-Rorschach hat derartige Lü-cken, dass es vom Bund zurückgewiesen zu werden droht. Dies befürchten die Verkehrsverbände VCS, TCS, Igöv und Pro Velo in seltener Einmütigkeit. Daher fordern sie, dass der Hauptmangel, nämlich die fehlenden Massnahmen für den Langsamverkehr, beseitigt wird. Zwar hat der Kanton die milliardenteure «Südspange», einen neuen Autobahn-Stadttunnnel, ins Programm gehievt, je-doch nur wenig für den Fuss- und Veloverkehr getan. Insbesondere beim Kan-ton scheint man noch weit von einem Umdenken entfernt. Es geben dort ganz offensichtlich noch die Hardliner-Strassenbauer den Ton an. Der Bund akzep-tiert jedoch solch reine «Beton-Programme» nicht mehr. Ohne Nachbesserung droht St. Gallen ab 2011 keine Bundesbeiträge aus dem Agglomerationsfonds zu erhalten. (sp)

ÖV schlägt Individualverkehr: so viele AutofahrerInnen habenin einem Bus Platz.

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Bei realistischer Betrachtung der Finanzlage von Bund, Kanton und Stadt muss sehr daran gezwei-felt werden, dass das Projekt Südspange in näherer Zukunft verwirklicht wird. Es wird uns ähnlich ge-hen wie Rapperswil mit dem Seedammprojekt. Leider führt die Fata Morgana – genannt «Südspange» – aber dazu, dass in der Stadt laufend zusätzliche Parkplätze bewilligt werden, da man hofft, dass die heute bereits bestehenden Engpässe auf dem Strassennetz in Zu-kunft durch den neuen Tunnel beseitigt werden. Da-durch wird der Spielraum für bessere Lösungen lau-fend eingeschränkt. B e s s e r d e n ö V f ö r d e r n // Mehr als die Hälfte al-ler Fahrten auf Stadtgebiet sind kürzer als 3 km, eine Distanz also, die problemlos mit Bus oder Velo zurück-gelegt werden könnte. Ein vollbesetzter Gelenkbus er-setzt zum Beispiel rund Autos, was einer Kolonne von m entspricht. Die wirksamste Stau-Vorbeu-gung ist also eine starke öV-Förderung, das heisst aber nicht nur neues Rollmaterial, sondern auch Privilegie-rung der Busse an Lichtsignalen und eigene Busspu-ren, wo immer der Bus im Stau stecken bleiben könnte.

Dies wäre heute schon ohne zusätzlichen Tunnel mög-lich, sofern die Verantwortlichen dies wollten.

S t . G a l l e n m u s s i n v e s t i e r e n // St.Gallen hat im Vergleich zu andern schweizerischen Städten einen sehr tiefen ÖV-Anteil am Gesamtverkehr. Zürich hat seit den er-Jahren riesige Investitionen ins S-Bahn-netz getätigt und damit einen grossen Umsteigeeffekt erzielt. Dies wäre auch in St.Gallen möglich, wenn in den nächsten zehn Jahren konsequent auf den öffent-lichen Verkehr gesetzt würde. Bereits mit einem klei-nen Teil des Betrags der Milliarden-Spange könnte ein beachtlicher Ausbau beim öV bezahlt werden, sei dies eine neue Tramlinie, ein besseres S-Bahnnetz oder mehr und schnellere Busse. Auch vor dem Hintergrund der Klimaerwär-mung muss unbedingt vom Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr umgestiegen werden. Denn ein vollbesetzter Bus produziert pro transportierte Per-son einen Bruchteil von CO-Gasen im Vergleich zum Privatauto. Der öffentliche Verkehr ist also viel billiger und sicherer als das Auto, braucht weniger Platz und ist klima- und umweltfreundlicher. St.Gallen braucht deshalb eine öV-Offensive und keine neue Autobahn.

Sektenschulen mehr unter die Lupe nehmen!

Die umstrittene Privatschule «Domino Servite» in Kaltbrunn scheint auch der Regierung nicht ganz geheuer. Rechtliche Schritte können aber noch nicht eingeleitet werden.

Lange hat es gedauert, dann kam sie doch noch: die Antwort des Erziehungsdepartementes auf eine

Interpellation von SP-Kantonsrätin Daniela Colombo (Rapperswil-Jona). Colombo wollte im Oktober von der Regierung wissen, wie sie sich zu den Vorwür-fen gegen die Privatschule «Domino Servite» stellt. In der Öffentlichkeit (unter anderem auch vom renom-mierten Sektenexperten Hugo Stamm) wurde die Kalt-brunner Privatschule mit einem christlich-fundamen- talistischen Klima von Frömmigkeit bis hin zum Psy-choterror gegen einzelne Schüler in Verbindung ge-bracht. Dass die Schule vom fundamentalistischen Missionswerk «Kwasizabantu» betrieben wird, liess die massiven Vorwürfe in den Augen von Sektenexper-ten als durchaus plausibel erscheinen und bei ihnen die Alarmglocken läuten.

N e u e V o r w ü r f e v o n E h e m a l i g e n // Nach der Einreichung ihrer Interpellation wurde Colombo von verschiedenen Ehemaligen und Ausgetretenen der Do-mino Servite-Schule kontaktiert. Sie bestätigten zum einen das beschriebene Schulklima von Frömmig-keit und Unterdrückung. Zum andern wurden kon-krete Fälle von Mobbing und psychischem Druck ge-schildert, insbesondere auf Schüler, die den Willen zum Verlassen der Schule signalisiert hatten. Es wur-de von gezielten Notenmanipulationen und inszenier-ten Schulbesuchen der Aufsichtsbehörden berichtet. Auch Fälle von physischen Strafen (mit dem Leder-gurt) wurden bekannt, genauso wie Strafversetzungen von Schülern ins Sektenzentrum nach Südafrika. Das Sündenregister der christlichen Privatschule scheint erheblich, und nur durch die öffentliche Diskussion

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Jesus allein reicht nicht: Religiöse Privatschulen wie «Domino Servite» müssen besser beaufsichtigt werden.

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SP St.Gallen4. Dezember, 20 Uhr, Mitgliederver-sammlung, Nomination Kantons-ratswahlen, Hintere Post, St.Gallen29. November, 17.30 Uhr, Infover-anstaltung Steuern, Hintere Post, St.Gallen25. November, Abstimmung: «Nein zur Videoüberwachung am Bohl»

SP Altstätten, oberes Rheintal und Rebstein-Marbach7. Dezember, 20 Uhr, Chlausfeier, Hopfenstube Altstätten

SP Rapperswil-Jona4. Dezember, 20 Uhr, Mitgliederver-sammlung, Restaurant El Mejor

SP Rheintal11. Januar, Neujahrsbegrüssung,

Bibliothek St.Margrethen12. Januar, Gründung Juso Rheintal

SP Rheineck26. November, 20 Uhr, SP-Stamm, Restaurant Kreuz, Rheineck

SP Sargans und Umgebung27. November, 14.30 Uhr, «Fahrt in die Pfalz», www.sp-sargans.ch

SP St. Margrethen22. Januar, Vollmondwanderung

SP Wil7. Januar, Neujahrsbegrüssung, Wil

SP Zuzwil29. November, 20.15 Uhr, SP-Stamm, Rest. Nossi-Pic in Zuzwil

SP Wil – Untertoggenburg20. November, 20 Uhr, Delegier-tenversammlung und Nomination Kantonsratswahlen, Hotel Uzwil (Uzwil)

Juso26. November, 19.30 Uhr, Vollver-sammlung, Rest. Dufour

16./17. Mai 2008, SUFO Sozial und Umweltforum Ostschweiz, www.sufo.ch

SP SeniorInnen11. Dezember, Dezember-Anlass, Museum im Lagerhaus, Davidstras-se, St.Gallen

SP-Vorstösse aus der September-session des Kantonsrates:

Motionen:SP-Fraktion: Steuerliche Entlastun-gen auch für einkommensschwa-che Familien mit Kindern; SP-Frak-tion: Ergänzungsleistungen für einkommensschwache Familien mit Kindern; Blumer-Gossau: Grüne Parkzone; Möckli-Rorschach und andere: Unabhängiges Par- lamentssekretariat

Postulate:Blumer-Gossau/Gemperle- Goldach: Konsequenz in der Raum-planung

Interpellationen:Altenburger-Buchs: Wildtierkorri-

Impressum «links». // Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, Fax 071 222 45 91. An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Heinz Brunner, Barbara Gysi, Ralph Hug, Ariana Krizko, Peter Olibet u.a.; Markus Traber: Gestaltung, Layout Druck: Tschudy Druck AG, St.Gallen

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S e r v i c eLinks Nr. 1/2008 Redaktionsschluss: 22. Januar 2008Erscheinen: 15. Februar 2008

Alle Termine 2007 und ein News-letter auf www.sp-sg.ch

dor, Wildverbiss und Schälungen; Hartmann-Flawil: Schutz vor Lohn-dumping und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit; Hartmann-Flawil und andere: Aufhebung der SBB-Haltestellen Algetshausen und Schwarzenbach; Hermann-Rebstein: Vollzugstätigkeiten Arbeitsvermittlungsgesetz; Gem-perle-Goldach: Übergreifende Zonenplanung; Gysi-Wil und ande-re: Filmförderung durch den Lotte-riefonds Verpasste Chance durch die Streichung des Filmbeitrages an Pipilotti Rist

können sie ans Licht gebracht werden. Dieses Ziel ist laut Colombo teilweise erreicht worden. Vielen Leuten sei bewusst geworden, dass es nötig ist, «Domino Ser-vite» weiterhin kritisch im Auge zu behalten.

R e c h t l i c h n i c h t s z u m a c h e n // Die Verzögerung in der Beantwortung von Colombos Vorstoss lässt sich teilweise damit erklären, dass ein externer Rechtsan-walt zur Überprüfung der Vorwürfe eingesetzt wurde. Dessen Fazit: Wegen «Mangel an tauglichen Beweisen» muss auf Sanktionen verzichtet werden. Grundsätzlich hält die Regierung fest: «Werden in einer Schule das leibliche und seelische Wohl der Kinder mit Rechtsver-stössen nachweislich missachtet, wird die Bewilligung entzogen.» Aus der regierungsrätlichen Antwort lässt sich zwar durchaus ein gewisses Unbehagen über die ver-muteten Zustände an der «Domino Servite»-Schule und ein generelles Misstrauen gegenüber religiös-tradi- tionalistischen Privatschulen herauslesen. Allerdings wird gleichzeitig auch die Qualität der belastenden Quellen als nicht ausreichend bezeichnet. Juristisch seien die Vorwürfe nicht verwertbar. So kommt denn die Regierung zum Schluss, dass aufgrund der aktuel-len Aktenlage kein Anlass zu rechtlichen Schritten ge-gen die Privatschule bestehe. Ein Hauptproblem bei der weiteren Aufklärung der Situation liegt sicherlich darin, dass viele der frag-

würdigen Psychomethoden gegen die SchülerInnen im Einverständnis von deren Eltern angewendet wer-den. Die wohl effizienteste Kontrollinstanz von Privat-schulen fällt im Falle von religiös-fundamentalistisch motivierten Schulen also weg, da sich die Eltern emo-tional und ideell sehr stark mit der Schulleitung iden-tifizieren und deshalb allzu leicht den rechten Mass-stab zur Beurteilung der schulischen Methoden und der Anwendung von religiösen Idealen verlieren. Dem Staat sind die juristischen Interventionsmöglichkeiten genommen, wenn die Indoktrination der SchülerInnen im Einverständnis der Eltern erfolgt. Erst bei Verstös-sen gegen die Rechtsordnung kann der Staat in solch ideell abgekoppelten Schulstrukturen intervenieren. Diese lassen sich im Falle von «Domino Servite» mo-mentan nicht nachweisen, weshalb der Regierung vom juristischen Standpunkt her die Hände gebunden sind, wie auch Daniela Colombo eingesteht.

W a r n u n g e n e r n s t n e h m e n // Es bleibt zu hof-fen, dass das Erziehungsdepartement die gewonnenen Einsichten ernst nimmt und die «Domino Servite»-Schule einer vertieften Prüfung und einer verstärkten Aufsicht unterzieht. Privatschule ist eben nicht gleich Privatschule. Auch wenn sich momentan keine rechtli-che Handhabe bietet, so sind die Warnungen von ehe-maligen SchülerInnen und Sektenexperten Anlass ge-nug, genauer hinzuschauen. Felix Birchler