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links 3.12 1 Inhalt Nr. 3/2012 Nein zu EL-Kürzungen 2 Kein Grund für KB-Privatisierung 3 Mit dem «Sparpaket II» ins Abseits 4 SP stellt Weichen für den Wahlherbst 5 Zum Rücktritt von Kathrin Hilber 6 Der Steuerwettbewerb war Schuld 8 «Eine andere Wahl ist möglich» 9 Volksbühne neu aufgestellt 10 Editorial Im Jahrestakt liegen sie auf dem Tisch, die Sparpakete: letztes Jahr 90 Mio., jetzt 200 Mio. Franken. Und nur, weil die Steuererleichterungen in den Jahren 2007 bis 2010 zu «sportlich» waren, wie es in der Studie von BAK Basel hiess. Doch sie waren nicht sportlich, sondern unverantwortlich und naiv. Der Geldsegen durch die Reichen, die angelockt werden sollten, blieb aus. Statt dessen wird abgebaut. Damit weniger Vermögens- oder Gewinnsteuern bezahlt werden müssen, sollen nun bei den mittellosen Heimbewohnenden die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen für Auslagen für den persönlichen Bedarf gekürzt werden. Weitere Beispiele sind ein totaler Personalstopp und der Wegfall des Teuerungsausgleichs für das Staatspersonal, Kürzungen bei der Suchtprävention und bei der Beratungsstelle für Familienplanung. Der Bildungsbe- reich ist eine fast unerschöpfliche Zitrone: Lektionen streichen, Klassen- und Schulstand- orte zusammenlegen, Klassenlehrerentschädigung streichen, KantischülerInnen in Hörsä- len unterrichten, Studiengebühren nochmals erhöhen. Aber auch Beiträge an Denkmal- pflege, Bereitstellen von Umweltdaten, Gewässerbau, Schutzwaldpflege und medizinische Forschung werden zusammengestrichen. Diese Sparerei hat sich in eine Hysterie verwandelt. Obwohl es in der Schweiz eigent- lich genug Geld gibt. Aber 1% der Bevölkerung besitzt soviel wie die anderen 99 Prozent zu- sammen. Der von allen erarbeitete Reichtum muss endlich besser verteilt werden, indem die überdimensionierten Steuergeschenke an Privilegierte korrigiert werden. Die SP hat die notwendigen Motionen dazu im Kantonsrat bereits eingereicht. Jetzt müssen die Segel neu gesetzt werden! Claudia Friedl, Präsidentin SP Kanton St.Gallen Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Juni 2012 Nr. 3 L etzten Herbst scheiterten die SVP-Hard- liner bei der Eroberung des Ständerats. Blocher verlor, Toni Brunner hatte gegen Paul Rechsteiner (SP) das Nachsehen. Seit- her fährt die Rechte laufend Wahlnieder- lagen ein. Am 11. März verlor die SVP im St.Galler Kantonsrat 7 Sitze und die FDP einen. Auch bei den Regierungsratswah- len hatte die SVP das Zwei am Rücken: Ihr Kandidat Michael Götte verlor gegen Fredy Fässler deutlich. Der Trend ist unverkenn- bar: Die Rechte verliert, die Linke gewinnt. Chancen stehen gut Sachpolitisch steht am 17 . Juni der nächs- te Test an: die Kürzung der kantonalen Er- gänzungsleistungen für Behinderte und Bedürftige. Wird diese höchst unsoziale Vorlage durchkommen? Die Chancen für eine Abfuhr stehen gut. Nicht nur SP und Grüne sind dagegen. Auch die CVP hat sich gegen einen So- zialabbau bei den Schwächsten aus- gesprochen. Nur SVP und FDP wol- len diese 10pro- zentige Einkom- menskürzung für Menschen am untersten Rand der Gesellschafts- pyramide noch durchstieren. Dies mit dem Slo- gan von «fairen Ergänzungsleis- tungen». Das ist nichts anderes als blanker Zynismus. Dahinter steht eine bezeichnende Mentalität: Bei andern kann man sparen, nur bei sich selber nicht. Ein Beispiel da- für lieferten die letzten Kantonsratsprä- sidenten aus der FDP und der SVP. Beide gaben gerne Geld aus. Die Ausgaben des Ratspräsidiums stiegen von Jahr zu Jahr. Letztes Jahr waren es rund 57’000 Fran- ken. Nach jeder Sitzung gab es ein feuda- les Essen. Sitzungen wurden aufs Land ver- legt, um sich der Wahlklientel zu zeigen. Das gab es alles früher nicht. Gewiss, die Kosten sind im Vergleich zum Kantons- budget Peanuts. Doch die fröhliche Ausga- benpolitik passt nicht zu den Sparpredig- ten. Das dürfte nun bald ein Ende haben. Nicht nur, weil die Sache der Finanzkom- mission auffiel und in den Fraktionen zu Diskussionen führte. Sondern auch, weil nun wieder bescheidenere Amtsinhaber in Sicht sind. Solche, die nicht anderen ein 200-Mio-Sparpaket zumuten, während bei ihnen selbst die Steuergelder locker sitzen. Die Ära des Sozialabbaus, der Steuer- senkungen für Reiche, der Begünstigung der Unternehmen, der wachsenden Haus- haltsprobleme und der immer grösseren Sparpakete ist zu Ende. Die Menschen wol- len eine Politik des Ausgleichs und der Fairness. Es ist Zeit für eine andere, besse- re Politik. (rh) Bild links Die Rechts-Ära geht zu Ende Die Linke eilt von Erfolg zu Erfolg. Das zeigt: Die Menschen haben genug von der bleiernen Rechts- Ära. Auch im Kanton St.Gallen. «Klar sozial» ist in der Pfalz wieder auf dem Vormarsch.

Links St.Gallen 2012 Ausgabe 3

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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Page 1: Links St.Gallen 2012 Ausgabe 3

links 3.12 1

Inhalt Nr. 3/2012Nein zu EL-Kürzungen 2Kein Grund für KB-Privatisierung 3Mit dem «Sparpaket II» ins Abseits 4SP stellt Weichen für den Wahlherbst 5Zum Rücktritt von Kathrin Hilber 6Der Steuerwettbewerb war Schuld 8«Eine andere Wahl ist möglich» 9Volksbühne neu aufgestellt 10

E d i t o r i a l Im Jahrestakt liegen sie auf dem Tisch, die Sparpakete: letztes Jahr 90 Mio., jetzt 200 Mio. Franken. Und nur, weil die Steuererleichterungen in den Jahren 2007

bis 2010 zu «sportlich» waren, wie es in der Studie von BAK Basel hiess. Doch sie waren nicht sportlich, sondern unverantwortlich und naiv. Der Geldsegen durch die Reichen, die angelockt werden sollten, blieb aus. Statt dessen wird abgebaut. Damit weniger Vermögens- oder Gewinnsteuern bezahlt werden müssen, sollen nun bei den mittellosen Heimbewohnenden die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen für Auslagen für den persönlichen Bedarf gekürzt werden. Weitere Beispiele sind ein totaler Personalstopp und der Wegfall des Teuerungsausgleichs für das Staatspersonal, Kürzungen bei der Suchtprävention und bei der Beratungsstelle für Familienplanung. Der Bildungsbe-reich ist eine fast unerschöpfliche Zitrone: Lektionen streichen, Klassen- und Schulstand-orte zusammenlegen, Klassenlehrerentschädigung streichen, KantischülerInnen in Hörsä-len unterrichten, Studiengebühren nochmals erhöhen. Aber auch Beiträge an Denkmal- pflege, Bereitstellen von Umweltdaten, Gewässerbau, Schutzwaldpflege und medizinische Forschung werden zusammengestrichen. Diese Sparerei hat sich in eine Hysterie verwandelt. Obwohl es in der Schweiz eigent-lich genug Geld gibt. Aber 1% der Bevölkerung besitzt soviel wie die anderen 99 Prozent zu-sammen. Der von allen erarbeitete Reichtum muss endlich besser verteilt werden, indem die überdimensionierten Steuergeschenke an Privilegierte korrigiert werden. Die SP hat die notwendigen Motionen dazu im Kantonsrat bereits eingereicht. Jetzt müssen die Segel neu gesetzt werden! Claudia Friedl, Präsidentin SP Kanton St.Gallen

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Juni 2012 Nr. 3

Letzten Herbst scheiterten die SVP-Hard-liner bei der Eroberung des Ständerats.

Blocher verlor, Toni Brunner hatte gegen Paul Rechsteiner (SP) das Nachsehen. Seit-her fährt die Rechte laufend Wahlnieder-lagen ein. Am 11. März verlor die SVP im St.Galler Kantonsrat 7 Sitze und die FDP einen. Auch bei den Regierungsratswah-len hatte die SVP das Zwei am Rücken: Ihr Kandidat Michael Götte verlor gegen Fredy Fässler deutlich. Der Trend ist unverkenn-bar: Die Rechte verliert, die Linke gewinnt.

Chancen stehen gutSachpolitisch steht am 17. Juni der nächs-te Test an: die Kürzung der kantonalen Er- gänzungsleistungen für Behinderte und Bedürftige. Wird diese höchst unsoziale Vorlage durchkommen? Die Chancen für eine Abfuhr stehen gut. Nicht nur SP und Grüne sind dagegen. Auch die CVP hat sich

gegen einen So- zialabbau bei den Schwächsten aus-gesprochen. Nur SVP und FDP wol-len diese 10pro-zentige Einkom-menskürzung für Menschen am untersten Rand der Gesellschafts-pyramide noch durchstieren. Dies mit dem Slo-gan von «fairen Ergänzungsleis-tungen». Das ist nichts anderes als blanker Zynismus. Dahinter steht eine bezeichnende Mentalität: Bei andern kann man sparen, nur bei sich selber nicht. Ein Beispiel da-für lieferten die letzten Kantonsratsprä-sidenten aus der FDP und der SVP. Beide gaben gerne Geld aus. Die Ausgaben des Ratspräsidiums stiegen von Jahr zu Jahr. Letztes Jahr waren es rund 57’000 Fran-

ken. Nach jeder Sitzung gab es ein feuda-les Essen. Sitzungen wurden aufs Land ver-legt, um sich der Wahlklientel zu zeigen. Das gab es alles früher nicht. Gewiss, die Kosten sind im Vergleich zum Kantons-budget Peanuts. Doch die fröhliche Ausga-benpolitik passt nicht zu den Sparpredig-ten. Das dürfte nun bald ein Ende haben. Nicht nur, weil die Sache der Finanzkom-mission auffiel und in den Fraktionen zu Diskussionen führte. Sondern auch, weil nun wieder bescheidenere Amtsinhaber in Sicht sind. Solche, die nicht anderen ein 200-Mio-Sparpaket zumuten, während bei ihnen selbst die Steuergelder locker sitzen. Die Ära des Sozialabbaus, der Steuer-senkungen für Reiche, der Begünstigung der Unternehmen, der wachsenden Haus-haltsprobleme und der immer grösseren Sparpakete ist zu Ende. Die Menschen wol-len eine Politik des Ausgleichs und der Fairness. Es ist Zeit für eine andere, besse-re Politik. (rh)

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Die Rechts-Ära geht zu EndeDie Linke eilt von Erfolg zu Erfolg. Das zeigt: Die Menschen haben genug von der bleiernen Rechts-Ära. Auch im Kanton St.Gallen.

«Klar sozial» ist in der Pfalz wieder auf dem Vormarsch.

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2 links 3.12

Nein zu unsozialen EL-Kürzungen!Die Ärmsten der Armen sollen nicht für die verfehlte Steuerpolitik zugunsten der Reichen büssen müssen: Am 17. Juni stimmen wir Nein zur Kürzung der Ergänzungs-leistungen.

Selbst die CVP hat gemerkt, dass so et-was nicht geht: Sie lehnt die Kürzung

der Ergänzungsleistungen für Behinderte und Betagte als unsozial ab. Damit wach-sen die Chancen, dass in der kantonalen Volksabstimmung vom 17. Juni ein höchst ungerechter Entscheid der alten SVP-FDP-Rechtsmehrheit im Kantonsrat korrigiert wird. Formell geht es um den VI. Nachtrag zum Ergänzungsleistungsgesetz.

Lohnkürzung um zehn ProzentWie schon mehrfach im «links» dargelegt, kürzte der Kantonsrat im Rahmen der Sparpolitik die kantonalen Ergänzungs-leistungen (EL) für Behinderte und ältere pflegebedürftige Personen. Das Geld für die persönlichen Ausgaben soll um 12.5% reduziert werden. Der Sparertrag beläuft sich auf minime 3.2 Mio. Franken. Ein Klacks gemessen am Milliardenbudget des Kantons. Sechs Sozialverbände ergriffen das Referendum: Pro Infirmis, Pro Senec-tute, Procap, Curaviva, Insieme und Insos. Die SP unterstützt sie und lehnt die Kür-zungen ebenfalls ab. Was würden die Kürzungen auslösen? Tausende von Personen sind betroffen, die in Heimen wohnen und keinerlei Vermö-gen haben. Diese sind voll von den EL ab-hängig. Mit dem Geld für die persönlichen Ausgaben müssen sie vieles berappen: Tele-fon, Coiffeur, Kleider, Schuhe, Körperpfle-

ge, öV-Benutzung, Zeitung, Internet etc. Jede Einschränkung rückt diese Leute noch mehr in die soziale Isolation. «Mei-ne Ausgaben sind schon minim. Was kann ich noch tun, wenn der Betrag reduziert wird?», fragt sich Jeannette Hiestand, eine Betroffene. Und der behinderte Roger Bi-schof sagt: «Ich lebe mit wenig Geld. War-um wird ausgerechnet mein Einkommen gekürzt?» Bischofs Frage ist mehr als berech-tigt. Wem sonst wird in diesem Land auf einen Schlag eine Lohnkürzung von über zehn Prozent zugemutet? Das gibt es in der Wirtschaft nicht. Mit sozialer Blind-heit geschlagene bürgerliche Sparapostel wollen das aber im Kanton St.Gallen tun. Sie sehen nicht, dass es um die Ärmsten der Armen geht. «Sparen auf dem Buckel der Schwächsten ist unsozial und ethisch nicht vertretbar» heisst es im Flyer der sechs Sozialverbände, die für ein Nein am 17. Juni werben. Geradezu zynisch wirkt das «überpar- teiliche» Komitee, das aber bezeichnen-derweise nur aus FDP und SVP und den Wirtschaftsverbänden besteht. Es wirbt für «faire» Ergänzungsleistungen» und

warnt, ein Nein «schwäche» das «ausgewo-gene Sparpaket». Sind das überzeugende Argumente?

Perverser ZusammenhangGeradezu pervers wird es, wenn die Kür-zung im finanzpolitischen Zusammen-hang gesehen wird. Das brutale 200-Mio-Sparpaket ist insbesondere deshalb auf der Agenda, weil der Kanton in den letz-ten Jahren bei den Steuersenkungen für die Wirtschaft und die Vermögenden völ-lig übertrieben hat. Es fehlen heute ge-nau die 200 Mio. Franken, die nun in die Taschen der Unternehmen und der Rei-chen geflossen sind. Deshalb lautet die Frage: Sollen ausgerechnet die Ärmsten für diese falsche Politik büssen? Nein! Vielmehr müssen die Fehler der Ver-gangenheit korrigiert werden: Es ist wie-der Steuergerechtigkeit herzustellen. Die Profiteure des verhängnisvollen Steuer-wettbewerbs, die dem Staat mittlerweile kaum mehr einen Obolus abliefern, müs-sen wieder zur Finanzierung der öffentli-chen Aufgaben angemessen herangezogen werden. Das Nein am 17. Juni macht den Weg in diese Richtung frei. (red.)

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Jeanette Hiestand Roger Bischof

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Kein Grund für eine Privatisierung der KantonalbankDie St.Galler Kantonalbank soll laut der Regierung ganz privatisiert werden. Doch ein triftiger Grund dafür besteht nicht.

Die Regierung hat eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt. Danach

soll die St.Galler Kantonalbank (SGKB) voll privatisiert werden. Es ist geplant, die Min-destbeteiligung des Kantons am Aktien-kapital von 51 auf 34 Prozent zu senken. Damit hätten Private beim Institut das Sagen. Zuvor müsste das Kantonalbankge-setz geändert werden. Dieses schreibt im-mer noch vor, dass der Staat mindestens 51% der KB-Aktien halten muss.

Ein Projekt der RechtenDie Privatisierung der KB ist ein Projekt aus dem Jahr 2008. Der Kantonsrat erteil-te damals den Auftrag zu dieser Vorlage.

duzieren», heisst es in der Vorlage. Wozu also die ganze Übung? Die Regierung be-ruft sich auf ein Gutachten, das hypothe-tisch den Teufel an die Wand malt: Es kön-ne nicht ausgeschlossen werden, dass die KB dereinst einmal in existenzbedrohen-de Probleme geraten könnte. Dann sei der Kanton selber wegen der Staatshaftung davon betroffen. Die Begründungsproble-me sind offensichtlich.

Absurde BegründungDoch muss die KB privatisiert werden, bloss weil theoretisch einmal ein Unfall passieren könnte? Das ist absurd. Dieses Schreckgespenst wurde von Privatisie-rungsideologen hochgepusht, nachdem einige Kantonalbanken Misswirtschaft betrieben hatten, etwa jene in Appenzell-Ausserrhoden oder Genf. Aber das waren Ausahmefälle. Jetzt müssen Beschwörun-gen über die Fragilität des Finanzsystems

herhalten, um veraltete Privatisierungpro-jekte noch plausibel zu machen. Doch wie sagt selbst die Regierung? Die St.Galler KB ist gesund. Die jetzige Vorlage entpuppt als Pro-jekt aus der neoliberalen Mottenkiste, das längst auf den Misthaufen der Geschich-te gehört. Es bleibt der Verdacht, dass ein Prestigeprojekt des ehemaligen CVP-Fi-nanzchefs Peter Schönenberger über die Runden gerettet werden soll. Unter seiner Ägide wurde 1996 gegen den Widerstand der Linken – es gab damals ein Referen-dum – die Teilprivatisierung der KB durch-gedrückt. Diese endete im Debakel: Weil der Börsengang zum falschen Zeitpunkt erfolgte, floss viel weniger Geld als erwar-

tet in die Staatskasse. Dafür sahnten spä-ter umso mehr Privatinvestoren ab, als die Aktienkurse stiegen.

CVP, wohin das Auge blicktUnd vom wem stammt das Gutachten, mit dem die Privatisierung jetzt begrün-det wird? Die Autoren Terenzio Angelini und Prof. Martin Kolmar sind keine Unbe-kannten: Der eine war unter Schönenber-ger Chefbeamter im Finanzdepartement, der andere ist vom Institut für Finanz-wirtschaft der Uni St.Gallen. Beide wollen weismachen, dass die KB für den Kanton ein «erhebliches Risiko», ja gar ein «Klum-penrisiko» darstelle. Als Begründung ge-nügt wiederum ein möglicher Finanz-GAU, nichts weiter. Bei beiden Gutachtern sind Zweifel an ihrer Unabhängigkeit an-gebracht: Statt Angelini hätte man ge-nausogut den ex-Finanzchef selber fragen können. Man wusste vorher, was raus-

kommt. Und dass die HSG seit je zu den ideologischen Promoteren der Privatisie-rung gehört, ist nun jedem einigermassen kritischen Geist bekannt. Bleibt nur noch ein Blick auf den lo-kalen Politfilz, der hier besonders gut ins Auge springt: Langjähriger VR-Präsident der KB ist Franz Peter Oesch (CVP). So-wohl der jetzige wie der einstige Finanz-chef sind CVP-Exponenten. Auch einer der weiteren Gutachter in diesem Zusammen-hang, Prof. Ulrich Cavelti, ist ein gestande-ner CVP-Mann. Wenn es um die KB geht, also um das wichtigste politökonomische Machtzentrum im Staate St.Gallen, dreht sich alles um die CVP. Ein Zufall? Sicher nicht. (rh)

Der Vorstoss war ein typisches Produkt der Rechtsmehrheit von SVP, FDP und Tei-len der CVP, gemäss ihrem politischen Pro-gramm «Steuern senken, Staat abbauen, öffentliche Dienstleistungen privatisie-ren». Dieses Programm ist überholt und hat den Kanton finanziell an die Wand ge-fahren: Im Staatshaushalt klaffen immer grössere Löcher, die nur noch mit Mühe geschlossen werden können. Es gibt keinen Grund für eine Pri-vatisierung. Die Regierung räumt sogar selber ein: «Die SGKB steht heute auf so-lider Basis und ist gesund. Aufgrund der Beurteilung des aktuellen Risikos besteht kein Grund, die Beteiligung des Kantons an der SGKB und die Staatsgarantie zu re-

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Den BefürworterInnen einer Privatisierung der Kantonalbank gehen die Argumente aus.

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4 links 3.12

Sparpaket II: St.Gallen im AbseitsDie Umverteilung geht weiter: Nach den Geschenken an Unter-nehmen, Reiche und Vermögende sollen jetzt wieder alle zur Kasse gebeten werden. Das Sparpaket II setzt wichtige Leistungen des Staates erheblich unter Druck.

Das Positive zuerst: Die St.Galler Re-gierung hat nach langen Jahren der

Verweigerung eingesehen, dass ein Aus-gleich des Staatshaushalts nicht nur durch Sparpakete und einen sorgfältigen Um-

gang mit den Staatsfi-nanzen, sondern auch durch Mehreinnahmen erreicht werden muss. Jetzt braucht es aber noch einen weiteren Schritt: Die Mehrein-nahmen muss sie dort holen, wo in den letzten vier Jahren die grossen

Steuergeschenke gemacht wurden. Tut sie dies nicht, so trägt sie die Verantwortung für die Umverteilung zu Gunsten der Rei-chen, Vermögenden und ertragsstarken Unternehmen, aber zu Lasten der breiten St.Galler Bevölkerung. Leider ist von ei-nem solchen notwendigen Schritt noch nichts zu sehen.

Nachwirkungen der Ära SchönenbergerEingeläutet wurde die grosse Umvertei-lung der letzten zehn Jahre durch den frü-

heren Finanzchef, CVP-Regierungsrat Pe-ter Schönenberger. Er gab den Startschuss zu einer Vielzahl von Steuergesetzrevisio-nen und heizte damit den sinnlosen Steu-erwettbewerb zwischen den Kantonen an. Er setzte auch einen innerkantonalen Fi-

nanzausgleich durch, der in weiten Teilen zu Gunsten der finanzstarken Gemeinden wirkt und keinen Ausgleich zwischen den Gemeinden kennt. Heute stehen wir vor der unappetitli-chen Situation, dass sich die Schere zwi-schen armen und reichen Gemeinden in wenigen Jahren weit geöffnet hat. Alle Kürzungen in diesem Bereich gehen aus-schliesslich zu Lasten der finanzschwa-chen Gemeinden. Das System ist in diesem Bereich gescheitert. Doch die Regierung macht vor allem auf Kosmetik.

Bildung unter DruckEine Vielzahl von Kürzungen (siehe Kas-ten) setzt die Bildung unter Druck. Beson-ders betroffen sind die Berufs- und Mit-telschulen sowie die tertiäre Stufe. Mit grösseren Klassen, weiteren Wegen, weni-ger unterstützenden Massnahmen und ei-ner Demotivation der Lehrpersonen wird die Schulqualität erheblich reduziert. Da-zu kommt eine Vielzahl von Kürzungen bei der Forschung, gerade auch im Ge-sundheitswesen. Gestrichen werden sollen auch ver-schiedene Anstrengungen, welche die Re-krutierung von Mitarbeitenden in den Be-reichen Pflege und Betreuung verbessern sollten. Angesichts der demografischen Entwicklung werden sich die Folgen in ei-ner Knappheit an qualifiziertem Personal zeigen.

Kultur und Personal als NonvaleurKultur hat keinen Stellenwert mehr. So werden Aufgaben wie die Denkmalpfle-ge, die im Rahmen der Abgrenzung der Verantwortung zwischen Bund und Kan-tonen als Aufgabe der Kantone definiert wurden und pauschal entschädigt wer-den, weiter zusammengestrichen. Die Fi-nanzierungsverantwortung wird dem Lot-teriefonds zugewiesen. Damit reduzieren sich zwangsläufig die Möglichkeiten der Kulturförderung. Ähnlich ergeht es dem Staatsperso-nal. Die wenigen Verbesserungen aus dem neuen Personalgesetz muss es jetzt auch noch allein finanzieren und tragen. Mit dem Verzicht auf den Teuerungsausgleich und Reallohnanpassungen bis ins Jahr 2015 sinkt die Attraktivität des Arbeitge-bers Kanton St.Gallen. Wann werden die gebeutelten Staatsangestellten endlich ge-gen diese Behandlung protestieren? Die Folgen werden Demotivation und innere Verabschiedung sein. Die im Vergleich zur Privatwirtschaft schlechten Anstellungs-bedingungen werden sich negativ auf die Qualität der Dienstleistungen auswirken.

Mehreinnahmen am falschen OrtFür einen soliden Staatshaushalt fehlen die Einnahmen. Die Regierung setzt hier

Das von der bürgerlichen Rechtsmehrheit diktierte Abbaupaket umfasst 200 Mio. Franken. Hauptopfer sind die Staatsange-stellten, denen auf drei Jahre hinaus der Teuerungsausgleich und jede Reallohnerhö-hung gestrichen wird (rund 20 Mio.). Dies nachdem das Personal bereits beim Sparpa-ket I mit rund 30 Mio. die Hauptlast getra-gen hat. Rund 50 Mio. sollen durch verlän-gerte Abschreibungen hereingeholt werden – eine buchhalterische Massnahme, welche die SP schon seit Jahren fordert. Durch Kürzungen sollen die Departemente rund 53 Mio. Franken abbauen. Grössere Brocken sind bei der Universität (höhere Studien- gebühren), der PHS und den Berufsfach-schulen sowie den Technika, aber auch bei den Spitälern zu finden, wo rund 8 Mio. allein bei der Forschung und der Versor-gungssicherheit reduziert werden.

D a s g r o s s e S t r e i c h k o n z e r t : A b b a u a n a l l e n F r o n t e n

Die Bevölkerung wird durch die Begren-zung des Pendlerabzugs (13 Mio. ) mehr belastet, aber auch durch Gebührenanpas-sungen aller Art. Durch Lastenverschie- bungen auf die Gemeinden soll der Staats-haushalt weiter abgemagert werden. Trotz aller Kürzungen bleibt eine Lücke von rund 84 Mio., die durch eine Steuerfuss-erhöhung um Umfang von 7.7 Prozent ge-schlossen werden soll. Die Profiteure der Steuersenkungen (Wirtschaft und Reiche) kommen ungeschoren davon. Von einer Anhebung der Steuern für diese Gruppen im Sinne der dringend nötigen Wiederherstel-lung von Steuergerechtigkeit findet sich kein Wort. Hätte es keine Steuersenkungs-runden gegeben, hätte der Kanton im Jahr 2010 rund 850 Mio. Franken mehr ein-genommen. Es wäre kein Abbau nötig. (red.)

Von Peter Hartmann, SP-Fraktionschef, Flawil

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Die Staatsangestellten tragen die Hauptlast desunsozialen Sparpakets.

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links 3.12 5

ausschliesslich auf die Erhöhung des Staatssteuerfusses. Das heisst, dass künf-tig alle mehr bezahlen müssen. Die Aus-wirkungen dieser Massnahme sind fatal: Auf allen Ebenen wurde und wird den We-nigen viel gegeben, die bereits viel haben, und jetzt wird allen genommen. Der Staat nimmt seine Verpflichtung zum Ausgleich der sozialen Gegensätze immer weniger wahr. Eine Kurskorrektur ist notwendig. Dies bedeutet, dass ein Teil der Steuerge-schenke zurückgenommen werden und Unternehmen, Reiche und Vermögende sich wieder angemessen an der Finanzie-rung der Staatsaufgaben beteiligen müs-sen. Dies müsste auch bedeuten, dass im Finanzausgleichsgesetz ein horizontaler Ausgleich zwischen den Gemeinden auf-genommen wird.

Die Erhöhung des Staatssteuerfusses wird von SVP und FDP scharf bekämpft. Sollte dies Erfolg haben, so schlägt die Re-gierung zusätzliche Sparmassnahmen vor. Erstmals würden dann ganze Leistungspa-kete verschoben (Pflegefinanzierung auf die Gemeinden) oder gestrichen (Angebot der Wirtschaftsmittelschule) und sozial-politische Versprechen bei der individuel-len Prämienverbilligung gebrochen. Die St.Galler Bevölkerung hätte von den Stel-lungnahmen der Parteien zum Sparpaket vor den kantonalen Wahlen vom 11. März Kenntnis haben müssen. Die SP forderte denn auch eine rechtzeitige Offenlegung der Sparpläne. Die Allianz der Verlierer-parteien SVP, FDP und CVP hat dies aber aus Angst vor weiteren Verlusten an der Urne gezielt verhindert.

SP eilt von Erfolg zu Erfolg!Zwei SP-Wahlerfolge liegen hinter uns. Jetzt folgt im Herbst die dritte Runde. Es stehen die Gemeindewahlen an. Erste SP-Nominationen sind bekannt.

Am 29. April wurde Fredy Fässler in die St.Galler Regierung gewählt. Er schlug

seinen Widersacher Michael Götte (SVP) in zweiten Wahlgang klar mit 46‘629 gegen 42‘859 Stimmen. Die SP verteidigte damit ihre beiden Sitze in der kantonalen Exeku-tive, was keineswegs als gesichert gelten

konnte. Fässler lieferte einen engagierten Wahlkampf und beherzigte die Erfahrun-gen aus dem Ständeratswahlkampf: Er führte eine Kampagne nahe bei den Leu-ten, war oft in den Gemeinden unterwegs und stellte sich dem Direktkontakt mit den BürgerInnen. Das zahlte sich aus. Be-sonders überzeugend war sein Resultat in der Stadt St.Gallen, wo er weit über zwei Drittel der Stimmen für sich verbuchte. Der Regierungswahlkampf entpupp-te sich so in mehrfacher Hinsicht als Neu-auflage des Wahlerfolgs von Paul Rechstei-ner. Fässler präsentierte sich mit sozialen Themen und bezog klar Stellung gegen

den Sozialabbau. Er überzeugte auch per-sönlich durch seine umsichtige und ver-mittelnde Art. Trotz bescheidenen Mit-teln entfaltete die Kampagne eine grosse Wirkung. Fässler konnte sein Potenzial in den bevölkerungsstarken Agglomera- tionen ausschöpfen. Da nützte es dem SVP-Konkurrenten wie seinerzeit Toni Brunner nichts, dass er in der Mehrzahl der Land-gemeinden vorne lag.

Hegemonie von rechts bröckeltNach dem Ständerat also ein zweiter wich-tiger SP-Sieg, der die vormals erdrückende Hegemonie der Rechten gebrochen hat. In-zwischen hat Fredy Fässler von Karin Kel-ler-Sutter (FDP) das Sicherheits- und Justiz-departement übernommen. Hier besteht viel Entscheidungsautonomie im Tagesge-schäft. Nach Florian Schlegel und Hans Rohrer zieht wieder ein Sozialdemokrat am Oberen Graben in St.Gallen ein. Im kommenden September stehen die Kommunalwahlen an. Auch hier ist die SP vielerorts in der Pole-Position. Vor-ab in St.Gallen: Das linksgrüne Lager soll endlich angemessen in der städtischen Ex-ekutive vertreten sein. Die SP zieht mit der Stadtparlamentarierin Sylvia Huber und Kantonsrat Ruedi Blumer ins Rennen. Sie sollen die zurücktretende Elisabeth Beé-ry ersetzen und einen zweiten Sitz holen. Weil dies ein Anliegen des gesamten lin-ken Lagers ist, wurde mit Huber eine Kan-didatin ausgewählt, die zwar mit der Po-litischen Frauengruppe (PFG) über der Parteigrenze situiert, aber inzwischen auch Parteimitglied ist und schon lange eng mit SP-Leuten zusammenarbeitet. Der Gossauer Ruedi Blumer wiederum reprä-sentiert die Agglomeration, weshalb die Nominierung auch unter dem Titel «St.Gallen ist grösser» erfolgte.

Nominationen in Rapperswil und Wil Auch in Rapperswil will die SP weiter-hin mit zwei Leuten im Stadtrat vertre-ten sein. Die zurücktretenden Marianne Aguilera und Hans Länzlinger sollen durch Willi Schneider und Pablo Blöchlinger er- setzt werden, wobei ersterer das freiwer-dende Bauamt avisiert. Rechtsanwalt Blöch- linger ist im Mieterverband aktiv, Schnei-der in der GPK. Er leitet ein Glarner Gar-tenbauunternehmen und hat grosse Affi-nität mit dem Bauwesen. In Wil stürmt die SP ebenfalls mit zwei Kandidaturen Rich-tung Stadtrat: Für die frischgebackene Na-tionalrätin Barbara Gysi will SP-Parteise-kretär Dario Sulzer nachrücken. Und auch beim Stadtpräsidium mischt die SP mit der Kandidatur von Marianne Mettler mit. «links» wird in der nächsten Ausgabe aus-führlich auf die Nominierten in den Re-gionen eingehen. Bis dahin heisst es: Der Wahlkampf läuft! (sp)

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Mit einem engagierten Strassenwahlkampf sicherte sich Fredy Fässler den Wahlerfolg am 29. April.

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6 links 3.12

KollegInnen des Schulteams der ehemaligen Höheren Fachschule für Soziale Arbeit würdigen Kathrin Hilbers Wirken.

Kathrin war unsere Chefin, zuerst an der OSSA, der Ostschweizerischen Hö-

heren Fachschule für Soziale Arbeit. Als ehemalige Lehrbeauftragte für Sozialpoli-tik hat sie diese Funktion 1989 angetreten. Sie hat damals ein hoffnungslos zerstritte-nes Team angetroffen und mutig Führung übernommen. Geradezu symbolhaft steht dafür das Entfernen der Matratzen aus den Schulräumen an der Kapellenstrasse zugunsten von Arbeitstischen und Stüh-len. «Lismen» und Hunde im Unterricht wurden untersagt – kein Witz! Kathrin hat im wahrsten Sinne des Wortes aufge-räumt und damit den Boden für die fachli-che Profilierung der Sozialen Arbeit in der Ostschweiz bereitet. Beim Aufstellen des neuen Teams hat sie konsequent auf Frauen- und Männer-anteile geachtet und dabei Jugend und Er-fahrung nicht als Widerspruch gesehen, sondern als Bereicherung. Ihr Blick auf vorhandene Ressourcen, ihre Fähigkeit, dies nicht nur ihren Mitarbeitenden, son-dern auch den Studierenden bewusst zu

machen, liess bereits nach kurzer Zeit die Schule aufblühen. Kathrin war in dieser Zeit schon lan-ge Kantonsrätin und sollte nun als Kandi- datin für den Nationalrat aufgestellt wer-den. Kathrin, aber auch wir KollegInnen des Schulteams waren hin- und hergeris- sen. Dass Kathrin überzeugend in den Na-tionalrat und kaum ein Jahr später in den Regierungsrat des Kantons St.Gallen ge-wählt wurde, hat uns stolz gemacht – auch wenn wir sie vermissten. Was für uns Ar-beitskollegInnen von damals quasi als ideelles Erbe blieb, war der selbstbewuss-te Auftritt einer Teamleitung, mit dem wir nach dem Ausscheiden von Kathrin aus der Leitung in die neue Trägerschaft gingen. Auch wenn dieses paritätische Führungsmodell mit der Fachhochschul-entwicklung nicht mehr weiter geführt werden konnte, so gingen wir doch als starkes und kompetentes Team in die Fu-sion mit den Abteilungen Wirtschaft und Technik. Kathrin hat viel zur Entwicklung die-ser Schule beigetragen. Und das hat mit ihrem Austritt aus der Schulleitung nicht aufgehört. Ihr Selbstverständnis von der politischen Dimension der sozialen Arbeit hat wesentlich zur Profilierung und zur Anerkennung der Profession beigetragen.

Der damalige Rauswurf der Matratzen hat sozusagen diesen Kulturwandel eingeläu-tet. Kathrin, schon damals eine hervor-ragende Netzwerkerin, hat sich während ihrer Zeit als Regierungsrätin parteiüber-greifend immer wieder für bildungspoli-tische Entwicklungen stark gemacht. So ist es massgeblich auch ihr Verdienst, dass der Fachbereich Soziale Arbeit der FHS St.Gallen so gut verankert und profiliert in der Ostschweizerischen Bildungsland-schaft steht. Natürlich bedauern auch wir, dass wir mit dir, Kathrin, eine starke Verbündete in der Regierung verlieren! Nichtsdestotrotz möchten wir dich auf zwei grosse Vortei-le, die dein Austritt aus der Regierung mit sich bringt, aufmerksam machen: 1. Jetzt, wo du dieses exponierte Amt verlässt, kannst du im Kontakt viel wähle-rischer sein und2. wirst du nicht mehr «exponiert» wer-den, ausser du willst das – zum Beispiel als «Ausruferin» auf dem Marktplatz, was du ja immer mal wieder sein wolltest. Aber weil es «das schwierigste ist, zu tun, was man will» (Albert Camus), wün-schen wir dir Unerschrockenheit, Mut und Kraft, das zu tun, was du willst! Monika Wohler, Reto Eugster,

Christina Fehr Dietsche

Nach sechzehn Jahren in der St.Galler Regierung tritt Kathrin Hilber (SP) zurück. Während ihrer Amtszeit konnte sie bedeutende politische Geschäfte umsetzen.

1996 wurde Kathrin Hilber in die St.Galler Regierung gewählt. Sie über-

nahm das Departement des Innern, des-sen Vorsteherin sie bis zum Schluss der Amtszeit blieb. Der Reformbedarf in die-sem Departement, das zuvor von CVP-Leu-ten verwaltet worden war, war gross, be-sonders im Sozialbereich. Eine der ersten Aufgaben bestand etwa darin, Remedur im Gestrüpp der Heime zu schaffen. Ka-thrin Hilber baute eine Heimaufsicht auf und konnte so nicht nur Missbräuche ein-dämmen, sondern auch eine Professiona-lisierung dieses Bereichs aufgleisen. Die Reform der st.gallische Verfas-sung zählte zu den bedeutendsten Ge-schäften, denen die SP-Regierungsrätin ihren Stempel aufdrückte. Die Reform nahm vier Jahre in Anspruch und führ-te im Jahr 2000 zu einer modernen Ver-fassung des Kantons. Unter ihrer Ägide wurde auch eine neue Kantonsgeschichte

verfasst. Auch wenn es in der breiten Be-völkerung noch wenig wahrgenommen wurde: Dieses Werk war und ist ein Mark-stein des Kantons auf seinem Weg in die moderne Gegenwart.

Motor der ModernisierungKathrin Hilber war in der Regierung ein Motor der Modernisierung auf verschie-

densten Ebenen. Die Liste der Reformpro-jekte, die sie anschob und auch gegen mannigfaltige Widerstände durchzog, ist lang. Dazu gehören Verwaltungsreformen, die in der Öffentlichkeit wenig Widerhall finden, aber für einen leistungsfähigen Staat sehr wichtig sind. Als Beispiel seien die Gemeindefusionen genannt. Die Zahl

Zum Rücktritt von Kathrin Hilber aus der Regierung

Mutig Führung übernommen

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Zum Rücktritt von Kathrin Hilber aus der Regierung

Die SP erreichte mitunter schon frü-her ganz anständige Flughöhen. 1995

eroberte sie erstmals zwei Sitze in der St. Galler Regierung. Es gab noch keine SVP, aber FDP und CVP waren massgebend und mit je drei Sitzen in der Regierung ver-treten. Der eine Sitz wurde der SP seit je duldsam zugestanden. Diesen unterwür-fig anmutenden Zustand wollten wir än-dern und mit einer Doppelkandidatur ge-gen die Übervertretung der FDP antreten. Ich erklärte mich als Bisheriger (ich war schon neun Jahre im Amt) dazu bereit, aber nur, wenn Kathrin Hilber kandidiere. Für diese Haltung bekam ich von meinen Anhängern nicht bloss Lob, da ich ja mei-nen eigenen Sitz riskierte, denn man trau-te Kathrin einiges zu. Für die Bürgerlichen war der Fall so-wieso klar. Der SP-Sitz wurde nicht be-stritten; nun sollen halt die Wählerinnen und Wähler entscheiden, ob sie für Roh-rer oder Hilber stimmen wollten. Wie dem

auch sei: Wir stürzten uns als «Dream-team» («der bewährte Bisherige und die engagierte Frau») selbstüberzeugt in den Wahlkampf. Ein solcher zeichnete sich ab, da die FDP – unser erklärter Gegner – wie-der mit drei Kandidaten anrückte. Dass wir es schliesslich im ersten Wahlgang schafften, war auch für uns sel-ber ein kleines Wunder. Es war vor allem Kathrin zu verdanken. Sie brach mit ihrer Wahl das Eis und zog als erste Frau in die St. Galler Regierung ein. Sie hält daneben aber auch bis zum heutigen Tag einen Re-kord: Sie ist nämlich seit 1995 das einzi-ge erstmals kandidierende SP-Mitglied, das die Wahl im ersten Durchgang schaff-te. Hut ab! Bezüglich Parteistärke liegt es nicht auf der Hand, dass die SP den zwei-ten Sitz auch bei der letzten Wahl wieder bestätigen konnte. Der Vorteil besteht da-rin, dass sie immer wieder glaubwürdige Persönlichkeiten präsentieren kann. Hans Rohrer, Regierungsrat 1986 bis 2000

der politischen Gemeinden soll von 90 auf 77 und diejenige der Schulgemeinden von 128 auf 64 sinken. Das der Staat heute als kulturell enga-giert wahrgenommen wird, ist das grosse Verdienst von Kathrin Hilber. Sie verfocht eine fortschrittliche und aktive Kulturpo-litik. In allen Regionen blühte denn auch

das Kulturleben auf. Mit der Lokremise er-hielt St.Gallen ein zeitgenössisches Kultur-zentrum, das über die Region ausstrahlt. Sogar in Zeiten der Austeritätspolitik ge-lang es Kathrin Hilber, die Kultur vor dem Kahlschlag durch ihre Verächter zu be-wahren. Geschuldet ist dies nicht zuletzt ihrer sozialen und kommunikativen Kom-

Im März 1992 schnupperte ich erstmals als Neugewählte bei der damaligen SP-Fraktion und war enttäuscht: fast nur «al-te» Männer, zwei Frauen. Wo war ich da hineingeraten? Doch die neue Fraktion 1992–1996 wurde eine frauenbestimm-te, und Kathrin war das Zentrum. Es gab zu Beginn der Legislatur eine Frauensit-zung im Dufour, wo wir unsere Anliegen besprachen und Kathrin uns über die Ge-pflogenheiten im Rat instruierte. Es war eine frauenbewegte Zeit, was innerhalb und ausserhalb der SP-Fraktion zu Diskus-sionen führte. Kathrin vermittelte, wenn Feminismus und Rheintaler Mannstum aufeinanderprallten. Sie wusste ausser-dem, dass man «fädle» musste und auch, wie dieses taktische Vorgehen zu gesche-hen hatte. Als «Fraktionsmami» hatte sie immer mindestens zwei Schachteln Lä-kerol auf dem Kantonsratspult, aus de-nen wir uns bedienen konnten, um unse-re Stimmen für die Reden zu schmieren. Kathrin nahm alle ernst und verstand es, dies den Menschen in ihrer Umgebung zu zeigen und sie zu motivieren. Bereits nach drei Jahren verliess sie uns Richtung Bern, erfreulicherweise kam sie 1996 als Regie-rungsrätin wieder in die Fraktion. Kath-rin ist keine Ideologin, sondern versucht Lösungen zu finden. Sie hat Spuren hin-terlassen und wird auch weiterhin positiv wirken. Danke, Kathrin! Anita Blöchliger Moritzi

petenz sowie ihrem Motivationstalent. Ein sichtbarer Ausdruck davon war die Anschaffung eines Busses, mit dem die Re-gierung fortan zu den Anlässen chauffiert wurde. Das war ganz Kathrin Hilber: öV statt Staatskarosse, Kollektivgefühl statt Repräsentationsgehabe! Eine subtile ge-meinschafsbildende Massnahme mit poli-tischen Folgen. (red.)

Eisbrecherin und Rekordhalterin

Danke, Kathrin!

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8 links 3.12

Es war der Steuerwettbewerb, Dummkopf!Ein neuer Bericht widerlegt die oft gehörte Behauptung, die Staats-ausgaben seien aufgrund von Be-gehrlichkeiten und Ausgabenwut ins Unermessliche gestiegen. Selbst Experten bestätigen nun, dass der Steuerwettbewerb fatale Folgen hat.

Im Bericht «Öffentliche Abgaben im Kan-ton St. Gallen» analysiert die Regierung

die Entwicklung der Steuern und Gebüh-ren in den Jahren 2001 bis 2010. Danach

ist im Kanton die Steu-erquote (Anteil der Steu-ereinnahmen am Brut-toinlandprodukt) um über 10% gesunken. Bis zum Jahr 2008 sind die Steuerein- nahmen infolge Zunah- me des Steuersubstrats und der progressiven

Ausgestaltung stetig gestiegen. Nach den Steuersenkungen gingen die Einnahmen jedoch deutlich zurück. Durch die Sen-kungen bei den natürlichen Personen hat-

ten Kanton und Gemeinden von 2006 bis 2010 Mindereinahmen von 24%. Bei den juristischen Personen belaufen sich die mutmasslichen Mindereinnahmen auf fast 40%. Das heisst: Ohne die Steuersenkun- gen wären bei Kanton und Gemeinden im Jahr 2010 die Einnahmen um 848 Mio. Franken höher ausgefallen. Den grösseren Teil der Einnahmenausfälle hatte mit 552 Mio. Franken der Kanton zu tragen. Die Einnahmen aus Gebühren sind bei Kanton und Gemeinden um insgesamt 48 Mio. Franken oder 27% gestiegen. Entge-gen der Auffassung gewisser Kreise mach-te folglich die Zunahme der Gebührenlast die Mindereinnahmen bei den Steuern nicht einmal ansatzweise wett. Die Steige-rung bei den Gebühren ist hauptsächlich auf die Zunahme bearbeiteter Fälle zu-rückzuführen. Nur teilweise gab es Tarif- erhöhungen. Zu berücksichtigen ist je-doch, dass mit der Zahl der bearbeiteten Fälle auch der Aufwand in der Verwaltung gestiegen ist. Leider fehlen im Bericht die Angaben dazu. Betrachtet man die Steuer- und Gebüh-reneinnahmen im Verhältnis zum Brutto- inlandprodukt, ergibt sich klar, dass die Belastung mit Steuern und Gebühren seit

2001 deutlich gesunken ist: Die Fiskalquo-te ist beim Kanton um rund 15% und bei den Gemeinden um rund 6,5% zurückge-gangen. Insgesamt ergibt das eine um 10% tiefere Steuer- und Gebührenbelastung für die BürgerInnen. Damit ist klar, dass der Kanton trotz der Übernahme neuer Aufgaben vom Bund (z.B. Pflegefinanzie-rung, Spitalfinanzierung) seine Ausgaben mit immer tieferen Steuererträgen finan-zieren muss.

Steuersenkungen nützten nichtsWie die Regierung feststellen muss, hat der Kanton trotz der Steuersenkungen sei-ne Position im interkantonalen Vergleich nicht wesentlich verbessern können. Bei den meisten Einkommenssteuerpflichti- gen liegt er immer noch im mittleren oder hinteren Mittelfeld. Besser positioniert ist er bei den Verheirateten mit Kindern. Auch nach der massiven Entlastung von 25% bei den Vermögenssteuern liegt St.Gal- len weiter im hinteren Mittelfeld. Das Steuermonitoring zeigt auf, dass der Mittelstand im Kanton St. Gallen ge-genüber der Schweiz und den Ostschwei-zer Nachbarkantonen stark belastet wird. Nur bei sehr tiefen und sehr hohen Ein-�

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Von Laura Bucher, SP-Kantonsrätin, St.Margrethen

Die Reichen werden vom Fiskus «entlastet» – wie lange noch?

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Der Autor war selber Teil des engsten Wahlkampfteams. Die LeserInnen er-

halten so einen tiefen Einblick in die Vor-gänge während praktisch des gesamten letzten Jahres. Hug erzählt, wie erste Über-legungen zu einer Ständeratskandidatur Paul Rechsteiners anfangs 2011 bald zur Gewissheit führten, dass in diesem Jahr eine Kampfkandidatur nötiger denn je ist. Dass nach der verfehlten bürgerlichen Po-litik der letzten Jahre auch im Stöckli ein neuer Wind wehen müsse. Das Buch er-möglicht durch die Zusammenfassung der Ereignisse einen Überblick, wie sich viele kleine Veranstaltungen und einige grösse-re – wie der Rentenkongress in Gossau – zu einem Ganzen zusammenfügten.

Keine blosse NacherzählungDas Buch ist aber nicht bloss eine simple Nacherzählung der Geschichte. Auch wenn die bekannte Chronologie inklusive Wahl-

resultate einen Platz findet, offenbart der Autor weit mehr. Man erfährt, wie kom-pliziert Entscheidungen zu treffen sind, die vermeintlich banal anmuten. Man er-fährt, wie das Wahlkampfteam mit be-schränkten finanziellen Mitteln möglichst viel zu erreichen versuchte. Und nicht zu-letzt erfährt man auch Interna, die so bis anhin nicht bekannt waren. Dazu gehört ein mutmasslicher Versuch der Gegner,

über einen Journalisten Korruptionsvor-würfe ins Spiel zu bringen. Die SVP solle Geld für einen Rückzug der SP-Kandidatur geboten haben. Die Geschichte war aber sogar dem Journalisten zu dünn, weshalb die Urheberschaft nie klar wurde. Am stärksten ist das Buch aber da, wo Hug auf die Gefühlswelt der Beteiligten eingeht. Die Nervosität am ersten und vor allem am zweiten Wahltag ist förmlich zu greifen. Die LeserInnen werden nach der Lektüre froh sein, die Entscheidung für ein nochmaliges Antreten im zweiten Wahlgang, nicht selber gefällt haben zu müssen. Das Auf und Ab, das Für und Wi-der wird eindrücklich geschildert. Nicht zuletzt dient das Buch auch da-zu, sich der Tragweite dieser Wahl noch-mals bewusst zu werden. Sich zu vergegen- wärtigen, wie wenig irgendjemand damit gerechnet hat, dass die SP im konservativen Kanton St.Gallen tatsächlich einen Stän- deratssitz erobern kann. Kaum ein Journa-list hatte ein solches Ergebnis für möglich gehalten. Schon gar nicht die Medien, de-ren Rolle ebenfalls analysiert wird. Bei ei-nigen Leserinnen und Lesern dürfte sich daher gar etwas Schadenfreude zeigen, wenn man Zitate von Journalisten nach Bekanntgabe der Kandidatur liest: «Paul Rechsteiner ist nicht mehrheitsfähig.» Ruben SchönenbergerRalph Hug: Eine andere Wahl ist möglich. Wie Paul Rechsteiner Ständerat wurde. Rotpunkt-Verlag, Zürich, 2012, 180 Seiten, Fr. 24.–

Das Wahlwunder von St.Gallen

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sDer 27. November 2011 ging für die SP St.Gallen in die Geschichte ein: Paul Rechsteiner gelingt im zwei-ten Wahlgang der Einzug in den Ständerat. Dieser Erfolg ist auch das Ergebnis eines fortschrittli-chen, dynamischen Wahlkampfs. Darüber berichtet das neue Buch von Ralph Hug.

� kommen ist die Steuerbelastung ver-gleichsweise gering. Immer wieder kommen Regierung und Fachleute also zum Schluss, dass der Kanton St.Gallen trotz der grosszügigen Steuersenkungen, die massive Auswirkun-gen auf den Staatshaushalt haben, seine Position im Steuerwettbewerb nicht ent-scheidend verbessern konnte. Denn im gleichen Zeitraum haben auch die ande-ren Kantone Steuerentlastungen beschlos-sen. Was uns nun bleibt, sind strukturelle Defizite und Sparpakete, die auf dem Bu-ckel der Ärmsten, der Kultur, der Gesund-heit, der Bildung und der Familien ausge- tragen werden. Folgerichtig wäre es statt-dessen, einen Teil der Steuersenkungen rückgängig zu machen, damit der Kanton seine Ausgaben wieder durch angemesse-ne Einnahmen decken kann. Doch die Regierung möchte die Stand-ortattraktivität unseres Kantons durch weitere Steuersenkungen steigern, um damit Mehreinnahmen zu generieren. Und dies, obwohl selbst Fachleute mitt-lerweile die positive Wirkung von Steuer-senkungen bezweifeln. Solche Senkungen sind nur durch einen spürbaren Abbau der staatlichen Leistungen auf allen Ebenen

finanzierbar. Deshalb ist es einfach nur kurzsichtig, wenn die Regierung weiter-hin an ihren Steuerzielen festhält. Zudem ist es aufgrund der völlig unter- schiedlichen Ausgangslage blauäugig, sich als Kanton St.Gallen mit kleinen Tief-steuerkantonen wie Appenzell Innerrho-den oder Obwalden vergleichen zu wol-

In den Jahren 2008 und 2009 wurde auf-grund der guten Konjunkturlage und der Ausschüttung der Goldreserven der Natio-nalbank der Kantonssteuerfuss in zwei Schritten von 115 auf 95 Steuerprozente ge- senkt. In diversen Nachträgen zum Steuergesetz wurden teils massive Steuer-senkungen bei den Einkommens- und Ver-mögenssteuern für natürliche Personen und den Gewinnsteuern für Unterneh-mungen beschlossen. Zusammen mit der schlechten Wirtschaftslage und dem Ausfall der Ausschüttung der Nationalbank-Gewinne führten die tieferen Steuereinnah-men zu Defiziten. Gemäss Bericht der unabhängigen BAK

S t e u e r s e n k u n g e n f ü h r e n z u D e f i z i t e n Basel Economics AG sind die strukturellen Probleme mindestens teilweise auf der Ein-nahmeseite, als bei den Steuern, zu orten. Die Steuersenkungen in den Jahren 2008 und 2009 haben zu Steuerausfällen von mehr als 200 Mio. Franken pro Jahr geführt. Gemäss den Experten waren diese Senkun-gen «voreilig» und «sportlich», da sie am Ende einer Blase erfolgten und «ans Limit des Machbaren» gingen, so die Studie. Die Folge war das Sparpaket I, das der Kantonsrat im Jahr 2011 verabschiedete. Trotz Erhöhung des Staatssteuerfusses auf 105 Steuerprozente im Jahr 2011 rechnet der Kanton mit jährlichen Defiziten von 300 Mio. Franken in den Jahren 2013-2015. (red.)

len. Vielmehr wäre der Mut angezeigt, endlich aus diesem ruinösen Teufelskreis auszusteigen und ihm so ein Ende zu set-zen. Auch das Thema Steuerharmonisie-rung muss endlich auf den Tisch, sonst gehen die Kantone aufgrund des Drucks, ständig die Steuern senken zu müssen, rei-henweise bankrott.

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10 links 3.12

Neu aufgestellte Volksbühne St.GallenMit der Voksbühne günstig ins Stadttheater St.Gallen: Das tradi- tionelle Angebot der Bildungs- gemeinschaft bleibt nach wir vor aktuell.

«Durch Bildung zur Freiheit» war einst der Kampfruf der Arbeiter-

schaft nach dem Ersten Weltkrieg. Auch in St.Gallen erkannte der Bildungsaus-schuss der Gewerkschaften, dass der Ar-beiterschaft die Möglichkeit zum Besuch von Theateraufführungen erschlossen werden müsse. Die Volksbühne wurde als selbständige Organisation des St.Galler Bildungsausschusses ins Leben gerufen. Es wurden Karten A und B geschaffen, was ermöglichte, abwechselnd die günstigen mit den weniger günstigen Plätzen zu tau-schen. Die Volksbühne erhielt das Recht, aus dem normalen Spielplan des Theaters die geeigneten Stücke auszuwählen und für den Spielplan eigene Vorschläge zu machen. Für die Spielzeit 1926/27 lud sie erstmals zum Abonnement ein.

Für beide Seiten VorteileEs war für das Theater einerseits und die Volksbühne sowie den Bildungsausschuss anderseits eine Win-Win-Situation: Das Theater konnte mit einer festen Einnahme sowie einem vollen Hause rechnen und war von der Administration entlastet. Der Bil-dungsausschuss seinerseits ermöglichte der Arbeiterschaft Theaterbesuche zu er-schwinglichen Preisen und trug so zur Kul- turförderung auf einem von der Arbeiter-schaft bisher vernachlässigten Gebiet bei. Im Jahr 1975 übertraf die Abonnen-tenzahl die Marke von 2000 deutlich. Die Administration wurde in die Hände von Coop Ostschweiz übergeben, die ihre pro-fessionelle Arbeit jahrzehntelang als Kul-tursponsorin gratis zugunsten der Volks-bühne erbrachte. Nicht mehr nur Arbeiter und Angestellte, sondern alle Schichten der Gesellschaft nutzten zunehmend das Angebot der Volksbühne.

Das Ziel bleibt dasselbeDiese Öffnung des Publikumskreises der Volksbühne gab in den Jahren 2005/06 den Anstoss für die gänzliche Trennung der Volksbühne von der Bildungsgemein-schaft der SP und für die Überführung in den neu gegründeten Verein Volksbühne St.Gallen. Die Zusammenarbeit mit Coop hat 2012 ein Ende gefunden; die Volksbüh-ne ist dadurch vermehrt gefordert und muss sich neu aufstellen. Das Ziel aber ist dasselbe geblieben: Der breiten Bevölke-rung Theaterbesuche zu einem erschwing-

lichen Preis und damit die Teilnahme am kulturellen Leben zu ermöglichen. Auch das Grundkonzept der Volks-bühne ist nach 85 Jahren das Gleiche: Kauf ganzer Vorstellungen, Einheitspreis, keine Sitzplatzkategorien, aber Abtausch

der Plätze nach der Mitte des Abos. Die-sem Versand liegt die Bestellbroschüre der Volksbühne bei. Wenn Sie schon immer einmal wieder ins Theater gehen wollten, nutzen Sie die Gelegenheit, ein Abo der Volksbühne zu bestellen. Armin Linder

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Mit der Volksbühne kann man günstig Vorstellungen im St.Galler Stadttheater geniessen.

Zum Artikel «Köllikers magere Bilanz», 2/2012 Solange Hansueli Baumgartner über Regierungs- rat Köllikers Bilanz als Bildungschef herzieht und sich nebenbei herablassend zum KLV äus-sert, berührt mich dies wenig. Wenn er dann aber wörtlich schreibt: «Viele SchülerInnen, die in der Real landen, erhalten damit das Urteil ‹le-benslänglich›. Sie werden ihr Leben lang unten in der Gesellschaft bleiben», so berührt mich das umso mehr, weil diese Aussagen nicht nur falsch, sondern auch verletzend sind. Die Jugendlichen werden von bestens ausgebildeten Lehrkräften nicht verurteilt, sondern zugeteilt und zwar je-ner Schulstufe, die ihrem Leistungsvermögen und Lerntempo am besten entspricht. Für einen Teil der Jugendlichen ist dies die Realstufe. Dort werden sie auch sehr intensiv im Berufswahl-prozess begleitet und unterstützt. Dieses System hat seine Vor- und Nachtei-le, funktioniert aber im Grossen und Ganzen

erfolgreich. Unser Kanton hat eine extrem tiefe Jugendarbeitslosigkeit, und die St.Galler Ober-stufe erreicht bei den PISA-Tests stets sehr gute Werte. Praktisch alle RealschülerInnen absolvie-ren nach der Volksschule eine Berufslehre und werden erfolgreiche Berufsleute. Viele bilden sich nach der Berufslehre weiter und machen oft erstaunliche Berufskarrieren. Spätestens nach dem Lehrabschluss interessiert es keine Men-schenseele und keinen Arbeitgeber mehr, ob die Berufsfrau oder der Berufsmann je die Sek oder die Real besucht hat. Wie Hansueli darauf kommt, solch ein ab-wertendes Urteil über die RealschülerInnen ab-zugeben, ist mir unerklärlich. Es ist erlaubt, andere Visionen für die St.Galler Oberstufe zu haben. Dies berechtigt aber nicht dazu, eine Schulstufe einfach schlecht zu reden und zu stig-matisieren.

Joe Walser, Reallehrer, KLV-Sektionspräsident, Kantonsrat SP

Bitte keine Stigmatisierung der Realschule!L e s e r b r i e f

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Ich habe Peter Sutter, Oberstufenlehrer in Buchs und Autor des Buches «Zeit für

eine andere Welt», an einem der regelmä-ssigen Informationstreffen von Hildegard Fässler kennen gelernt. Dort hat er das erst im Entwurf vorliegende Buch vorge-stellt. Sutter verstand es damals schon, die Kritik am herrschenden Wirtschaftssys-tem auf den Punkt zu bringen, ohne dass man gleich ein Ökonom sein muss.

Marktwirtschaft mit MissständenEs ist ganz einfach: Der Wettbewerb, die Konkurrenz, die zum System «Markt-wirtschaft» gehören, verursachen diese Missstände unweigerlich. Da sind etwa Lohndruck, die fehlende Rücksichtnahme ge- genüber Natur und insbesondere Tieren, der unfaire Einkauf der Rohstoffe zu tie-fen Preisen, die Produktion sinnloser Ar-tikel, das Auslagern von Arbeitsplätzen

Peter Sutter gibt in seinem Buch «Zeit für eine andere Welt» dem Kapitalismus wenig Zukunftschan-cen. In Buchs werden seine Thesen in einer offenen Gesprächsrunde diskutiert. Renato Werndli berichtet.

in Länder, wo die Menschen-, Natur- und Tierrechtsgesetze weniger streng sind, die Förderung von Verschwendung, die Nicht-anstellung von Handicapierten, Auslän-dern, Unqualifizierten, Schwachen. Dies alles geschieht um der Rendite willen, ge-hört also zum Wesen des Kapitalismus. Auch das gehört zum System: In den Betrieben sind es ausgerechnet die am we-nigsten verdienenden Arbeiterinnen und Arbeiter, die den ganzen Verwaltungsap-parat finanzieren müssen. Und nicht nur den: Auch für die Rendite der Investieren-den ihrer Firma und sogar für die durch ihre Produktivität überflüssig gemachten Kolleginnen und Kollegen, die nun Ar-beitslosengeld beziehen, müssen sie Ge-winne erarbeiten.

Reiche bevorzugtSystembedingt sind weitere Phänomene: Die produzierten Waren gehen nicht zu den Bedürftigen, da diese ja nicht bezah-len können, sondern zu jenen, die bereits viel haben. Zu den Reichen, die das alles problemlos erwerben können. Nur bedingt zum System gehört ein weiterer Missstand: Die Kopfarbeit ist ge-genüber der ebenso wertvollen körperli-chen Arbeit total überbezahlt. Peter Sut-

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ter betont in seinem Buch, dass jede Arbeit gleich wertvoll und gleich wichtig ist. Wa-rum es dann bereits Milliardäre wie in den USA gibt, die nicht nur wie Vasella 700, sondern 40’000 mal mehr verdienen als jene mit den tiefsten Einkommen, ist absolut unglaublich und absurd. Dies ist nur eine ganz kurze Zusam-menfassung des Buches. Insgesamt ist man nach der Lektüre überzeugt: Wäre da nicht Gegensteuer gegen die ärgsten Missstände gegeben worden, wäre das System längst kollabiert. Peter Sutter hat mit seinem Buch auch andere bewegt. In Buchs hat sich eine Gesprächsrunde mit dem Autor gebildet. Immer mehr Leute treffen sich monatlich zum Gedanken-austausch über die Themen dieses Buches. Weil dies im «Bären» Buchs ist, nennt sie sich die «Bärenrunde». Wer mal schnup-pern möchte, ist herzlich eingeladen: [email protected] Renato WerndliPeter Sutter: Zeit für eine andere Welt. Warum der Kapitalismus keine Zukunft hat, Norderstedt 2011, 280 Seiten, Fr. 17.–

Der Kapitalismus hat keine Zukunft

Freitag, 29. Juni – streicht dieses Datum im Kalender rot an! An diesem Freitag-abend steigt das Abschiedsfest der SP für Kathrin Hilber. Wir treffen uns ab 17 Uhr im «Leonhardspärkli» zum Apéro, ab 18 Uhr sind wir dann in der Hauptpost (3. Stock). Bei Essen, Trinken – dafür wird Barbara Ochsner sorgen – und einem ab-wechslungsreichen Programm feiern wir unsere Ex-Regierungsrätin. Die Organisa-torInnen haben versprochen: Es wird kei-ne Abdankung, sondern ein Fest. Nur die unvermeidlichen Reden, dafür viel Musik. Zeremonienmeister Etrit Hasler wird dar-auf achten, dass dieses Versprechen einge-halten wird. Und wenn sich junge und alte SP-Mitglieder und Sympis in der grossen Halle im dritten Stock drängen, dann geht in der Hauptpost die Post ab. (sp)

Fest für Kathrin

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rich Zwicky (Rapperswil-Jona) wird gleich durch zwei SP-Mitglieder ersetzt. Neu neh-men Yvonne Kräuchi-Girardet (Berg) und Daniel Schönenberger (Wil) für die SP Ein-sitz in den Rat. (sp)

Impressum «links»Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, [email protected]

An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Laura Bucher, Ralph Hug, Ruben Schönenberger, Dario Sulzer u.a. Gestaltung, Layout: Markus Traber Druck: Brändle Druck AG, Mörschwil

Links Nr. 4/2012 Redaktionsschluss: 14.8.2012Erscheinen: 7.9.2012

SP Schweiz23. Juni, Delegiertenver-sammlung, Basel – Volks-haus

SP Kanton St.Gallen4. – 6. Juni, Kantonsratsses-sion, St.Gallen – Regie-rungsgebäude9. Juni, Situation, Entwick-lung und Probleme der Fach-hochschulen, Rapperswil – Hochschule für Technik, Saal 1.221, 10.1525. Juni, Geschäftsleitungssit-zung, St.Gallen – Sekreta- riat, 19.1029. Juni, Abschiedsfest Kathrin Hilber, St.Gallen –

S e r v i c eSt.Leonardspark (Apéro)/Hauptpost (Fest), 17.00/18.0020. August, Geschäftslei-tungssitzung, St.Gallen – Sekretariat, 19.10

SP Kreis Toggenburg und Wil26. August, Brunch mit Bun-deshausbericht von Barbara Gysi, Oberhelfenschwil – Weid-Hof, 10.00

SP Flawil6. September, Mitgliederver-sammlung, Flawil – Restau-rant Park, 20.00

SP Rapperswil-Jona7. Juni, SP-Stamm, Jona – Johanna, 19.309. Juli, SP-Stamm, Jona – Johanna, 19.30

9. August, SP-Stamm, Jona – Johanna, 19.306. September, Parteiver-sammlung, Rapperswil – Paragraph 11, 19.30

SP Rebstein-Marbach15. Juni, Nominationsver-sammlung Gemeindebehörden mit Grillabend, Marbach – Nüeschenstrasse 7, 19.00

SP Stadt St.Gallen12. Juni, Stadtparlament, St.Gallen – Waaghaus, 16.0026. Juni, Stadtparlament, St.Gallen – Waaghaus, 16.003. Juli, Stadtparlament, St.Gallen – Waaghaus, 16.004. Juli, Parteivorstand mit Grill, St.Gallen – Sekreta-

riat, 18.3016. August, Mitgliederver-sammlung28. August, Stadtparlament, St.Gallen – Waaghaus, 16.00

Vorstösse von SP-PolitikerInnen (20.03.2012 – 09.05.2012)

Interpellationen:� Felix Gemperle, Gol-dach: Stärkung des Tertiär-bereichs B� Peter Hartmann, Flawil / Maria Huber, Rorschach / Martha Storchenegger,

AZB9000 St.Gallen

Jonschwil: Lohngleichheit im Dialog – bisher ohne sichtbare Wirkung

Abschied vom Kantonsrat

Für drei KantonsrätInnen der SP war die April-Session die letzte. Martina Gadient, Walenstadt, wurde 2004 in den Kantons-rat gewählt. Sie engagierte sich in vielen vorberatenden Kommissionen, schwerge-wichtig im Gesundheits- und Sozialbe-reich. Im letzten Jahr ihrer Amtstätigkeit war sie zudem Mitglied der Staatswirt-schaftlichen Kommission. Martina Gadient hat für die Wahlen 2012 nicht mehr kan-didiert. Bruno Willi, Wartau, war seit 2010 Mitglied des Parlaments. Bereits ein Jahr nach seiner Wahl wurde er zum 2. Stim-menzähler gewählt und war damit Mit-glied des Ratspräsidiums. Die SP Werden-berg verpasste bei den Wahlen 2012 den dritten Sitz knapp. Bruno Willi musste über die Klinge springen. Fredy Fässler, St.Gallen, war seit 1992 Kantonsrat. In dieser Zeit hat er sich für die verschiedensten Anliegen eingesetzt. In den ersten Jahren seiner Ratszugehörig-keit war er Mitglied der Rechtspflegekom-

mission. Von 1997 bis 2008 präsidierte er die SP-Fraktion. Fredy Fässler bleibt der kantonalen Politik als neugewählter Re-gierungsrat erhalten. (sp)

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Martina Gadient, Walenstadt Bruno Willi, Wartau Fredy Fässler, St.Gallen

SP und Grüne in einer FraktionSP und Grüne werden erstmals als ge-meinsame Fraktion im Kantonsrat auf-treten. Neben den 20 Mitgliedern der SP (siehe links 2/12) sind vier Grüne Teil der SP/G-Fraktion. Es sind dies Franziska Wenk (St.Gallen), Susanne Hoare-Widmer (St.Gal-len), Meinrad Gschwend (Altstätten) und Silvia Kündig-Schlumpf (Rapperswil-Jona). Durch die Grösse von 24 Mitgliedern hat die Fraktion neu Anrecht auf drei Sitze in den 15-köpfigen Kommissionen. Das hat auch Einfluss auf andere Gremien. So hat die SP seit letzter Woche wieder zwei Sit-ze im Erziehungsrat. Der aufgrund der Amtszeitbeschränkung abtretende Hein-

Der St.Galler Gewerkschaftsbund fordert vom Volkswirtschaftsdepartement endlich wirksame Kontrollen für den Lohnschutz. Ein neuer Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft zeigt nämlich, dass der Kan-ton St.Gallen nach wie vor nur das vorge-schriebene Minimum tut. So wurden letz- tes Jahr lediglich 1447 Personen kontrol- liert. Andere Grenzkantone erfüllen ihre Pflichten besser wie Baselland (2014 Perso- nen) oder nehmen gar den Lohnschutz wirklich ernst wie Genf (11’030). St.Gal- len trödle herum, obwohl es viel mehr von Lohndumping bedroht sei als andere Kan- tone, kritisiert der Gewerkschaftsbund. Er wirft dem Departement unter Regierungs- rat Benedikt Würth (CVP) vor, dass es mit seinem Minimalismus Lohndumping zum Nachteil der st.gallischen Arbeitneh- menden in Kauf nehme. Das Problem liegt beim kantonalen Amt für Arbeit und der Tripartiten Kommission, die stark unter dem Einfluss der Wirtschaftsvertreter der Industrie- und Handelskammer (IHK) ste-hen. Diese wollen gemäss ihrem neolibe-ralen Credo möglichst keine staatlichen Kontrollen. Dies obwohl die Lohnmiss-bräuche dauernd zunehmen. (red.)

Lasche Lohn-kontrollen