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links 2.13 1 Inhalt Nr. 2/2013 Neue Volksinitiative «AHVplus» 2 Barbara Gysi: Werkstattbericht aus Bern 3 Energie: untauglicher Gegenvorschlag 5 Keine weiteren Parkgaragen in St.Gallen 6 VBSG dürfen nicht privatisiert werden 9 Welche Geschäfte tätigt Transoil? 10 Sparpaket III: Steuern rauf 11 Editorial Am 3. März scheiterte die Abstimmung über den Familienartikel am Stände- mehr. Das Volksmehr tröstet dabei nur wenig darüber hinweg, dass die Bürgerli- chen mit einer konservativen und geradezu lächerlichen «Staatskinder»-Debatte und dem Hochstilisieren realitätsfremder Familienbilder diese Abstimmung gewinnen konnten. Das Resultat zeigt aber vor allem eines: Der Vormarsch des Neokonservatismus hat nicht nur die Migrationsdebatte, sondern auch die Familien- und Gleichstellungspolitik voll erfasst. Die längst vergessen und begraben geglaubte «Frauen an den Herd»-Rhetorik scheint wie- der salonfähig zu werden. Das sollte alle fortschrittlichen Kreise in Alarmbereitschaft versetzen. Der 3. März muss der nötige Weckruf für uns sein, die Gleichstellungsdebatte wieder mit allem Engagement, dem nötigen Mut und neu entfachtem Feuer zu führen. Es ist Zeit, dem Kampf für Gleich- berechtigung in dieser Partei wieder die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht sind es nicht mehr die genau gleichen Themen und Fragen, die bei der Debatte im Zentrum stehen, und vielleicht ist es nicht mehr die gleiche Art, mit der junge Frauen für Chancenge- rechtigkeit einstehen werden. Aber es ist nach wie vor der gleiche Kampf, und er sollte von uns allen gemeinsam und mit vereinter Kraft geführt werden: für die Freiheit und Emanzi- pation der Geschlechter und damit für das Recht aller Menschen, ihr Leben selbstbestimmt und mit den gleichen Chancen zu gestalten. Der Kampf für Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen. Und der sozialdemokratische Kampf für die Rechte der Frauen. Er ist seit dem 3. März neu eröffnet. Monika Simmler, Präsidentin SP Kanton St.Gallen Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch April 2013 Nr. 2 H inter den Kulissen spielt sich jetzt das Tauziehen um das Sparpaket III ab. Doch dieser Titel ist missverständlich. Da sagt die bürokratische Bezeichnung «Entlastungsprogramm und Leistungs- überprüfung 2013» schon mehr. Es geht um einen Staatsabbau nach neoliberalem Muster: Ausgabenkürzungen, Verschlech- terungen des Service Public, Mehrbelas- tungen für die Bevölkerung. Abschied von Illusionen Seit nunmehr drei Sparpaketen hören wir jedesmal dieselbe Lüge: Danach werde der Staatshaushalt saniert sein. Das Gegenteil traf ein. Die Löcher wurden noch grösser. Spätestens jetzt ist es Zeit, die Illusionen abzulegen. Erst kürzlich bestätigte ein Bericht der Regierung, was die SP schon lange moniert: Die unverantwortlichen Steuersenkungen für Reiche und Unter- nehmen in den Nullerjahren haben so grosse Löcher in die Staatskasse gerissen, dass sie kurzfristig nicht zu stopfen sind. Und die ver- sprochenen Mehreinnah- men aus den Steuerprivile- gien blieben jeweils aus. Nun müssen diese steu- erpolitischen Irrtümer kor- rigiert werden. Aber nicht durch weitere Kürzungen auf Kosten der Bevölkerung. Auch nicht durch weitere all- gemeine Steuererhöhungen. Sondern durch eine Rück- gängigmachung der durch nichts zu rechtfertigenden Steuerprivilegien für Krei- se, die dank dieser Vorteile kaum mehr an die staatliche Infrastruktur zahlen, aber von ihr in höchstem Mass profitieren. Millionäre und Maseratis Mehr Steuergerechtigkeit heisst das Wort der Stunde. Ist es zu rechtfertigen, dass Fa- milien ständig mehr Schulgeld, mehr Stu- diengebühren, mehr Bildungslasten, mehr Prämien und Abgaben irgendwelcher Art bezahlen müssen, nur damit Millionäre weiterhin in Saus und Braus leben und Un- ternehmer und Banker mit teuren BMW- Limousinen und Maseratis herumfahren können? Es ist seit längerem ein Klassen- kampf von oben im Gang, ein Kampf der Reichen gegen den Rest der Bevölkerung. SVP und FDP waren die Promotoren der schamlosen Privilegienpolitik. Ein Umdenken wird bei ihnen zuletzt einset- zen. Gefordert ist hingegen die CVP, die ebenfalls lange auf der neoliberalen Wel- le mitschwamm. In ihren Reihen müssen wieder das Gerechtigkeitsbewusstsein und die Gemeinwohlorientierung aktiviert werden. Interessenpolitik für Reiche auf Kosten der Bevölkerung kann nicht län- ger Sache einer auf Ausgleich bedachten Christenpartei sein. Mit einer Wende zum Sozialen könnte sie an Profil gewinnen und die Konkurrenz von rechts stehen las- sen. Der Zeitpunkt dafür ist gekommen. (red.) Zeit für mehr Steuergerechtigkeit Statt ein Sparpaket III braucht es endlich mehr Steuergerechtigkeit. Besonders in der Pflicht steht dabei die CVP. Bild links Die Bevölkerung will keinen Staatsabbau (Demo des Staatspersonals vom November 2012).

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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Inhalt Nr. 2/2013Neue Volksinitiative «AHVplus» 2Barbara Gysi: Werkstattbericht aus Bern 3Energie: untauglicher Gegenvorschlag 5Keine weiteren Parkgaragen in St.Gallen 6VBSG dürfen nicht privatisiert werden 9Welche Geschäfte tätigt Transoil? 10Sparpaket III: Steuern rauf 11

E d i t o r i a l Am 3. März scheiterte die Abstimmung über den Familienartikel am Stände-mehr. Das Volksmehr tröstet dabei nur wenig darüber hinweg, dass die Bürgerli-

chen mit einer konservativen und geradezu lächerlichen «Staatskinder»-Debatte und dem Hochstilisieren realitätsfremder Familienbilder diese Abstimmung gewinnen konnten. Das Resultat zeigt aber vor allem eines: Der Vormarsch des Neokonservatismus hat nicht nur die Migrationsdebatte, sondern auch die Familien- und Gleichstellungspolitik voll erfasst. Die längst vergessen und begraben geglaubte «Frauen an den Herd»-Rhetorik scheint wie-der salonfähig zu werden. Das sollte alle fortschrittlichen Kreise in Alarmbereitschaft versetzen. Der 3. März muss der nötige Weckruf für uns sein, die Gleichstellungsdebatte wieder mit allem Engagement, dem nötigen Mut und neu entfachtem Feuer zu führen. Es ist Zeit, dem Kampf für Gleich-berechtigung in dieser Partei wieder die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht sind es nicht mehr die genau gleichen Themen und Fragen, die bei der Debatte im Zentrum stehen, und vielleicht ist es nicht mehr die gleiche Art, mit der junge Frauen für Chancenge-rechtigkeit einstehen werden. Aber es ist nach wie vor der gleiche Kampf, und er sollte von uns allen gemeinsam und mit vereinter Kraft geführt werden: für die Freiheit und Emanzi-pation der Geschlechter und damit für das Recht aller Menschen, ihr Leben selbstbestimmt und mit den gleichen Chancen zu gestalten. Der Kampf für Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen. Und der sozialdemokratische Kampf für die Rechte der Frauen. Er ist seit dem 3. März neu eröffnet. Monika Simmler, Präsidentin SP Kanton St.Gallen

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch April 2013 Nr. 2

Hinter den Kulissen spielt sich jetzt das Tauziehen um das Sparpaket III

ab. Doch dieser Titel ist missverständlich. Da sagt die bürokratische Bezeichnung «Entlastungsprogramm und Leistungs-überprüfung 2013» schon mehr. Es geht um einen Staatsabbau nach neoliberalem Muster: Ausgabenkürzungen, Verschlech-terungen des Service Public, Mehrbelas-tungen für die Bevölkerung.

Abschied von IllusionenSeit nunmehr drei Sparpaketen hören wir jedesmal dieselbe Lüge: Danach werde der Staatshaushalt saniert sein. Das Gegenteil traf ein. Die Löcher wurden noch grösser. Spätestens jetzt ist es Zeit, die Illusionen abzulegen. Erst kürzlich bestätigte ein Bericht der Regierung, was die SP schon lange moniert: Die unverantwortlichen Steuersenkungen für Reiche und Unter-nehmen in den Nullerjahren haben so grosse Löcher in die Staatskasse gerissen,

dass sie kurzfristig nicht zu stopfen sind. Und die ver-sprochenen Mehreinnah-men aus den Steuerprivile- gien blieben jeweils aus. Nun müssen diese steu-erpolitischen Irrtümer kor-rigiert werden. Aber nicht durch weitere Kürzungen auf Kosten der Bevölkerung. Auch nicht durch weitere all-gemeine Steuererhöhungen. Sondern durch eine Rück-gängigmachung der durch nichts zu rechtfertigenden Steuerprivilegien für Krei-se, die dank dieser Vorteile kaum mehr an die staatliche Infrastruktur zahlen, aber von ihr in höchstem Mass profitieren.

Millionäre und MaseratisMehr Steuergerechtigkeit heisst das Wort der Stunde. Ist es zu rechtfertigen, dass Fa-milien ständig mehr Schulgeld, mehr Stu-diengebühren, mehr Bildungslasten, mehr Prämien und Abgaben irgendwelcher Art bezahlen müssen, nur damit Millionäre

weiterhin in Saus und Braus leben und Un-ternehmer und Banker mit teuren BMW-Limousinen und Maseratis herumfahren können? Es ist seit längerem ein Klassen-kampf von oben im Gang, ein Kampf der Reichen gegen den Rest der Bevölkerung. SVP und FDP waren die Promotoren der schamlosen Privilegienpolitik. Ein Umdenken wird bei ihnen zuletzt einset-zen. Gefordert ist hingegen die CVP, die ebenfalls lange auf der neoliberalen Wel-le mitschwamm. In ihren Reihen müssen wieder das Gerechtigkeitsbewusstsein und die Gemeinwohlorientierung aktiviert werden. Interessenpolitik für Reiche auf Kosten der Bevölkerung kann nicht län-ger Sache einer auf Ausgleich bedachten Christenpartei sein. Mit einer Wende zum Sozialen könnte sie an Profil gewinnen und die Konkurrenz von rechts stehen las-sen. Der Zeitpunkt dafür ist gekommen. (red.)

Zeit für mehr SteuergerechtigkeitStatt ein Sparpaket III braucht es endlich mehr Steuergerechtigkeit. Besonders in der Pflicht steht dabei die CVP.

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Die Bevölkerung will keinen Staatsabbau (Demo des Staatspersonals vom November 2012).

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«AHVplus» heisst das neue Initia-tivprojekt des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds. Es soll eine Wende in der Rentenpolitik bringen. Paul Rechsteiner legt das Projekt dar.

Vor kurzem hat mich ein frisch pensio- nierter Elektriker angesprochen. Ob-

wohl er immer voll gearbeitet hat, beträgt seine Rente aus der Pen-sionskasse ganze 1400 Franken pro Monat. Das reicht nicht weit. Sein wichtigstes Einkommen ist die AHV. So wie ihm geht es vielen in der Schweiz. Das Verfas- sungsziel der Altersvor- sorge heisst «Fortsetzung

des gewohnten Lebens in angemessener Weise» durch die Renten der AHV und der Pensionskasse. Es ist in manchen Haushal-ten knapp geworden: Die Renten stagnie-ren und die Kosten steigen, allen voran die Gesundheitskosten.

AHV-Renten liegen zurückDie AHV-Renten haben den Vorteil, dass sie via Mischindex regelmässig an die Teuerung angepasst werden. Ganz im Ge-gensatz zu den Renten der Pensionskasse. Aber auch die AHV-Renten bleiben immer stärker hinter der Lohnentwicklung, das heisst der wirtschaftlichen Entwicklung, zurück. Die Lohnersatzquote sinkt lang-sam aber sicher (sogenannte «kalte Degres-sion»). Deshalb ist ein Zuschlag zur AHV-Rente überfällig. AHVplus verlangt einen Zuschlag auf die Altersrenten von 10%. Für Alleinstehende brächte das eine monat-liche Rentenverbesserung von rund 200 Franken, für Verheiratete von rund 350 Franken. Weshalb eine Volksinitiative? Die Plä-ne des Bundesrats in der Rentenpolitik se-hen in den entscheidenden Punkten nur Verschlechterungen vor. Zwar ist es Alain Berset gelungen, das Rentenalter 67 aus den Zielen des Bundesrats zu verabschie-den. Auch schlägt er vor, die Rentenver-sorgung aus der ersten und der zweiten Säule zusammen zu betrachten, so wie es die Verfassung vorschreibt . Die zentralen Punkte der Agenda des Bundesrates sind aber nach wie vor negativ: Senkung des Umwandlungssatzes, sprich Rentensen-kung bei den Pensionskassen, Verschlech-terung des Teuerungsausgleichs bei der AHV (Stichwort «Schuldenbremse»), ganz zu schweigen von der Heraufsetzung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Die übri-gens auch die verheirateten Männer trifft, müssen doch auch sie ein Jahr länger auf

die Ehepaarrente warten. Bis vor 15 Jahren war es auch für bürgerliche Bundesräte selbstverständlich, von Zeit zu Zeit wieder eine Anpassung der AHV-Renten an die Be-dürfnisse, sprich eine Rentenverbesserung vorzuschlagen. Das galt namentlich für die CVP-Bundesräte in der Nachfolge von SP-Bundesrat Hanspeter Tschudi, der den Ausbau der AHV am entschiedensten vo-rantrieb. In den letzten 15 Jahren waren wir bei der AHV leider nur noch mit Pa-nikszenarien und Abbauplänen konfron-tiert. Dass es den Gewerkschaften zusam-men mit der SP gelungen ist, mit grossen Volksmehrheiten den Rentenabbau zu ver-hindern, ändert nichts daran, dass es in-zwischen wieder einen Nachholbedarf gibt. Deshalb braucht es jetzt diese Volks-initiative.

Gutes Preis-LeistungsverhältnisNatürlich ist eine Rentenverbesserung nicht gratis. 10 Prozent Rentenerhöhung bedeuten Kosten von 3,6 Milliarden Fran-ken. Umgelegt auf Lohnprozente wären das je 0,55% für Arbeitnehmer und Arbeit-geber. Das ist ein ausgezeichnetes Preis-

Leistungsverhältnis. Rentenerhöhungen kommen bei der AHV für die grosse Mehr-heit der Bevölkerung viel billiger als bei den Pensionskassen und erst recht um ein Vielfaches günstiger als bei privaten Vor-sorgelösungen. Im Übrigen wären zwei Drittel der Rentenverbesserung bereits finanziert, wenn die vor kurzem einge-reichte Initiative für eine Erbschaftssteuer durchkäme. Das gleiche gilt, wenn die Ta-baksteuer der AHV zu Gute käme statt in die Bundeskasse fliessen würde. Die AHV ist ausserordentlich solid fi-nanziert. So konnte sie die enorme Zunah-me der Lebenserwartung und der Zahl der RentnerInnen ohne grosse Beitragserhö-hungen finanzieren. Das kommt einem Ausbau zugute. Was ist das Rezept dieser erfolgreichen Finanzierung? Es ist so ein-fach wie leistungsfähig: Alle, auch Ein-kommensmillionäre, zahlen auf dem gan-zen Einkommen Beiträge. Aber auch ein Einkommensmillionär bekommt keine höhere AHV-Rente als die Mehrheit der Be-völkerung. An der AHV zeigt sich, dass die Solidarität auch effizient ist. Stärken wir die AHV. Im Interesse aller.

Von SP-Ständerat Paul Rechsteiner, St.Gallen

«AHVplus» muss die Wende bringen

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Die AHV erfüllt ihr Leistungsversprechen nicht. Es braucht einen Zustupf zu den Renten.

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Werkstattbericht aus BernBarbara Gysi sitzt neu als SP- Vertreterin im Nationalrat. Für «links» berichtet sie über ihre ersten politischen Erfahrungen unter der Bundeshauskuppel.

Der Blick in den Briefkasten und die Agenda zeigen an, dass die Session

näher rückt. Botschaften mit den Anträ-gen der Kommission und zig Dokumente türmen sich. Ebenso Lobbyschreiben: Ver-

schiedenste Vorschauen von Verbänden, die ih-nen wichtige Geschäfte mit Abstimmungsemp-fehlungen versehen, treffen ein. Ich werde auf allen Kanälen an-gepeilt. Der Laptop hat sich zum wichtigsten

Begleiter entwickelt, damit ich nicht all das Papier mitschleppen muss. Jeweils zehn Tage vor der Session reise ich nach Bern an die vorbereitende Frak-tionssitzung – zum ersten Mal mit Clau-dia Friedl, die jetzt mit mir das St. Galler SP-Nationalratstandem bildet. Auch wäh-rend der Session trifft sich die Fraktion wöchentlich. Sie ist einiges grösser, als ich das von St.Gallen gewohnt bin. Wir sind 46 NationalrätInnen und 11 StänderätIn-nen. An den Sitzungen sind auch unsere FachsekretärInnen, die GeneralsekretärIn-nen und oft auch unsere BundesrätInnen, zumindest für bestimmte Geschäfte, und ihre persönlichen Mitarbeitenden dabei. Einzelne Geschäfte schaue ich mir detail-liert an.

Konzentration ist unerlässlichAngesichts der Fülle muss man sich aber auf die eigenen Kerngebiete und auf be-sonders bedeutende Vorlagen konzent-rieren. Wichtige Anträge und Vorlagen diskutieren wir in der Fraktion. Das ist we-sentlich für die Meinungsbildung. Regel-mässig gibt es Fach-Inputs zu weiteren ak-tuellen Themen und Projekten. Für mich als Mitglied der Finanzkommission stehen naturgemäss die Sommersession mit der Rechnung und die Wintersession mit dem Budget im Vordergrund. In der Frühjahrs-session ist kein Geschäft der Finanzkom-mission zu behandeln. Sprechen im Rat will ich zur Initiati-ve «Ja zur Hausarztmedizin». Dazu habe ich mich noch mit dem St.Galler Gesund-heitsdepartement für ein paar aktuelle Informationen aus unserem Kanton kurz-geschlossen. Bei Voten zu Initiativen ist es mir besonders wichtig, auch den regiona-len Aspekt oder meine konkreten Erfah-rungen aus dem Sozial- und Altersbereich einzubringen. Gerade bei der Hausarztme-

dizin wurde unser Kanton schon früh ak-tiv. Doch es braucht gesamtschweizerische Verbesserungen. Darum unterstütze ich Initiative und den Gegenvorschlag.

Stark reglementiertDas Sprechen im Rat ist stark reglemen-tiert. Oftmals können nur die Kommis- sionsmitglieder und die Antragstellenden sprechen. Generell läuft sehr viel auch au-sserhalb des Ratssaals. Abseits von aktuel-len Sessionsgeschäften muss viel Vorarbeit geleistet werden, so etwa bei der Vorbe-reitung auf das Sparpaket des Bundes (Konsolidierungs- und Aufgabenüberprü-fungspaket 2014). Wir werden dieses in der Finanzkommission an mehreren Sit-

men. Unsere FachsekretärInnen leisten wertvolle Unterstützung. Wenn ich zu-sätzliche Unterlagen benötige, kann ich diese auch über die Parlamentsdienste be-stellen.

Wie Bürgerliche funktionierenDas erwähnte Sparpaket ist ein typisches Beispiel, wie bürgerliche Finanzpolitik funktioniert. Dank positiver Rechnungs-abschlüsse wäre es nämlich gar nicht mehr nötig. Jährlichen Einsparungen von gut 700 Mio. stehen Mehreinnahmen von rund 650 Mio. gegenüber. Und auf der Ausgabenseite sind die 300 Mio. Jahres-tranchen für den Gripen-Fonds schon ein-berechnet. Die «Milchbüchlirechnung»

Von SP-Nationalrätin Barbara Gysi, Wil

zungstagen Mitte April und Mitte Mai be-handeln und dazwischen in den zuständi-gen Subkommissionen die Detailberatung durchführen. Ich habe diverse Besprechungen mit Personen befreundeter Organisationen, um mit ihnen die Auswirkungen und Strategi-en zu besprechen. Dabei nutze ich meine Kontakte zu Hause im Kanton, und auch mit unserer Verantwortlichen der Fach-kommissionen sitzen wir noch zusam-

zeigt: Da ist gar kein Finanzloch, und oh-ne Kampfjetbeschaffung braucht es noch viel weniger ein Sparpaket. Doch die Bür-gerlichen sehen das anders. Nachdem be-reits die Unternehmenssteuerreform II zu Milliardenausfällen geführt hat, ist bei uns schon die Reform III auf dem Tisch. Und da wollen die Bürgerlichen etwas in der Schatulle haben, für weitere Steuerge-schenke! Wir werden dies bekämpfen und auf das Sparpaket gar nicht erst eintreten.

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Der Ratsbetrieb in Bern ist stark reglementiert.

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Hilde hat uns alle geprägtNach 16 Jahren hat Hilde Fässler ihre politische Karriere im Natio-nalrat abgeschlossen. Als bedeu-tende st.gallische Politikerin wird sie noch lange in Erinnerung blei-ben. Im «links» würdigen Claudia Friedl, Hans-Jürg Fehr sowie Käthi Gut und Elsbeth Schrepfer ihre Tätigkeit unter der Bundeshaus-kuppel, aber auch im Kanton St.Gallen und im Werdenberg.

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Eine grosse LeistungIch habe viele Jahre an der Seite von Hilde in parlamentarischen Kommissionen gear-beitet. Sie war immer bestens vorbereitet und stets bereit, Arbeit oder Führung zu übernehmen. Ich habe sie als Präsidentin der Wirtschaftskommission erlebt, die sie souverän und mit viel Geschick in oft stür-mischen Gewässern steuerte. Am meisten Eindruck hat sie mir aber als Fraktions-präsidentin gemacht. Die SP-Bundeshaus-fraktion ist ein schwieriger Haufen mit vielen Alphatieren und Primadonnen; mit Leuten, die etwas leisten und sich in Szene setzen wollen; mit Frauen und Männern, die kooperieren und rivalisieren. Als Hil-de Präsidentin wurde, war die Fraktion alles andere als ein verschworener Klub von Gleichgesinnten. Sie hatte begriffen, dass sie in diesem Amt sehr viel in Team-bildung und Beziehungspflege investieren musste. Sie tat dies ebenso unspektakulär wie wirkungsvoll. Alle, die dabei waren, wissen, dass die Fraktion unter ihrer Füh-rung wieder zusammenwuchs und der in-terne Stimmungspegel markant anstieg. Das war eine grossartige Leistung und bleibt ein grosses Verdienst. Hans-Jürg Fehr

Hilde Fässler, Politikerin fürs WerdenbergHilde Fässler ist eine «Zugezogene» in Grabs. Die Tätigkeit ihres Ehemanns Peter am NTB brachte sie ins Werdenberg. Nicht ganz leicht, dort akzeptiert zu werden, wenn man so einen markanten Thurgau-er Dialekt spricht. Als Querflötenspielerin in der Musikgesellschaft und regelmässige Läuferin im Lauftreff fand Hilde den An-schluss aber schnell. Bei der SP und spe-ziell bei den SP-Frauen fühlte sie sich von ihrer Werthaltung her zu Hause. Ihren politischen Einstieg gab sie als Bezirks-schulrätin und fiel durch ihre originellen, frischen Ideen auf. Auf einer Frauenlis-te wurde sie 1993 in den Kantonsrat und 1997 in den Nationalrat gewählt. Der «run-de Tisch» von Nationalrätin Hilde Fässler

wurde im Werdenberg zu einer einzigar-tigen Institution. Immer nach der Session in Bern informierte sie eine ständig wach-sende Zahl von Interessierten aus vielen politischen Lagern – in der ihr eigenen pointierten und humorvollen Art. Jetzt ist Hilde Fässler Präsidentin des Vereins «Freunde Schloss Werdenberg». Schon über 200 Personen engagieren sich dort. Sie sagte am Gründungsabend: «Ich freue mich, mit einem motivierten Team für einen kulturellen Schatz in unserer Region zu arbeiten.» Käthi Gut, Elsbeth Schrepfer

Viel von ihr gelerntHilde hat die SP St.Gallen massgeblich ge-prägt. Als ich 2004 von ihr das Präsidium der Kantonalpartei übernahm, war sie gleichzeitig schon zwei Jahre Präsidentin der Bundeshausfraktion. Eine unglaubli-che zeitliche Herausforderung. Und trotz-dem war Hilde, wenn immer die Kan-tonalpartei sie um ein Referat über ein Bundesthema anfragte, bereit, es zu hal-ten. Nur wenn der Termin auf den Mitt-woch fiel, dann konnte Hilde auf stur schalten (es gelang ihr zwar nicht im-mer!). Mittwoch ist ihr Trainingstag. Es ist allgemein bekannt, dass Hilde nicht nur

in der Politik, sondern auch im Sport so manchen alt aussehen lässt. Auch als Mathematikerin stellte sie uns ihre Dienste zur Verfügung. Als es bei-spielsweise darum ging, die Initiative für gerechte Kinderabzüge bei den Steuern zu lancieren, rechnete sie vor- und rück-wärts, damit wirklich die richtigen, näm-lich die «kleinen Leute», für die Hilde Po-litik machen wollte, profitieren konnten. Hildes Energie und Ehrgeiz, der immer oh-ne Ellenbogen auskam, konnte ich dann bei der Nomination für den Bundesrat im Herbst 2010 so richtig miterleben. Nach gründlicher Überlegung trat sie vor die Medien und erklärte prägnant und über-zeugend ihre Motivation für die Kandida-tur. Die Enttäuschung, als es dann doch nicht klappte, war nicht nur bei ihr gross. Hilde ist zwar aus dem Nationalrat aus- getreten, aber sie ist dort allgegenwärtig: Bei verschiedenen Minderheitsanträgen er- scheint ihr Name auf der Abstimmungs-fahne. Noch nicht behandelte Vorstösse tragen ihre Autorschaft. Ja selbst vom Rednerpult hört man vom politischen Gegner, dass Hilde Fässler wohl sicher wieder interveniert hätte. Ich danke Hilde für ihren enormen Einsatz. Ich habe viel von ihr gelernt. Claudia Friedl

Politik als Leidenschaft: Hilde Fässler fühlte sich im Bundeshaus wohl.

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Von SP-Kantonsrat Felix Gemperle, Goldach

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Der Berg hat eine Maus geborenDie Energiewende ist in aller Munde, ihre Notwendigkeit breit anerkannt. Doch wenn es darum geht, dafür die nötigen Mittel bereit zu stellen, hapert es gewaltig – speziell im Kanton St.Gallen.

Eine kurze Rückblende. Im Jahr 2000 hat der Kanton St.Gallen im Energie-

gesetz eine Grundlage für ein kantonseigenes Förderprogramm be-schlossen. 2004 hat der Kantonsrat diesen Ar-tikel aus finanziellen Gründen aber wieder gekippt. 2007/08 wurde dann das Energiekon-zept verabschiedet und

das Gesetz wieder mit einem Förderarti-kel ergänzt. Seither fliessen in unserem Kanton sehr spärliche Mittel, um die Ener-gieeffizienz zu erhöhen bzw. um erneuer-bare Energien zu fördern. Wir bewegen uns damit im interkantonalen Ranking auf den letzten Plätzen, viel weiter hinten als im Steuerranking.

Die Mittel fehlenDas Energiegesetz im Kanton St.Gallen stimmt grundsätzlich, ebenso das kan-tonale Energiekonzept. Das Baudeparte-ment hat diesbezüglich die Hausaufgaben gemacht. Was aber seit Jahrzehnten fehlt, sind die Mittel zur Umsetzung. Das ist der Grund, weshalb die SP mit der «Ener-giewende – St.Gallen kann es» eine Volks-initiative lanciert hat, die eine neue und konsequente Finanzierung verlangt. Wir wollen 50 Millionen Franken jährlich oder ein Prozent der Staatsausgaben in diese Zukunftsaufgabe investieren. Die Regierung hat sich in der Zwi-schenzeit ausführlich mit der Initiative auseinandergesetzt. Sie anerkennt den energie- und klimapolitischen Handlungs-bedarf ausdrücklich. Aus finanziellen Gründen hat sie sich aber für einen Ge-genvorschlag entschieden. Sie ist lediglich bereit, die jetzt noch weit bescheideneren jährlichen Beiträge auf 5 Millionen zu er-höhen, was gut 10 Franken je Einwohner entspricht. Das ist gerade etwa ein Zehntel des Betrags, den der Nachbarkanton Thur-gau als Vorzeigekanton je Einwohner in-vestiert.

St.Gallen spart die Zukunft wegDie Energiewirtschaft ist einer der wich-tigsten wirtschaftlichen Treiber in den nächsten Jahrzehnten. Mit der Reduktion von fossilen Brennstoffen bleibt die Wert-schöpfung im eigenen Land, beispielswei-

se im Energietal Toggenburg. Die Umset-zung von Cleantech-Massnahmen schafft massiv Arbeitsplätze, beispielsweise in den Bereichen Holzbewirtschaftung, Pho-tovoltaik oder Abfallbewirtschaftung. Zur Zeit geben wir im Kanton jährlich ca. 1,6 Milliarden Franken für Energie aus. Ver-braucht werden meist fossile Brennstoffe. Viel Heizenergie verpufft wegen ungenü-genden Isolationen. Deshalb braucht es jetzt Investitionen in die Effizienz. Zur Zeit werden jährlich nur 1% der aus energetischer Sicht proble-matischen Gebäude saniert. Solche Sanie-rungen lösen eine hohe Wertschöpfung aus und ermöglichen sehr grosse Einspa-rungen, vor allem beim Heizöl. Mit einer wirkungsvollen Unterstützung des Gebäu-deprogrammes des Bundes könnten wir sehr viel im Kanton St.Gallen bewegen, im Interesse der Wirtschaft, der BürgerInnen und des Klimas. Dazu braucht es Investi-tionen des Kantons, die sich lohnen.

Energieprojekte können begeisternDass Energiethemen auch begeistern, zeigen die Abstimmungsergebnisse der Stadt St.Gallen. Investitionen in eine kon-sequente Politik, welche die 2000-Watt-Gesellschaft zum Ziel hat, wurden bisher mit satten Mehrheiten gutgeheissen. Dazu

gehört unter anderem das Geothermiepro-jekt. Ein solches Leuchtturmprojekt wür-de auch dem Kanton gut anstehen. Aber dafür braucht es die nötigen Mittel. Die Zeit drängt im Energiebereich. Bei zunehmender Knappheit steigen die Prei-se rasant. Wer bezüglich tiefem Verbrauch bzw. möglichst hoher unabhängiger Pro-duktion die Nase vorne hat, ist der Gewin-ner. Er schafft Innovationen und besitzt auch das nötige Knowhow, das aus wirt-schaftlicher Sicht entscheidend ist. Mit den bescheidenen Mitteln von lediglich 5 Millionen jährlich, welche die Regierung mit ihrem Gegenvorschlag zur Verfügung stellen will, schaffen wir die Wende nicht. Da passt schon eher der Ausspruch «Der Berg hat eine Maus geboren». Dieser spärli-che Betrag ist umso erstaunlicher, weil die Finanzierung ja nicht zu 100% über den Kanton erfolgen muss. Der Initiativtext sieht explizit auch die Möglichkeit vor, Er-träge aus Beteiligungen an Energiegesell-schaften dafür einzusetzen. Ohne massive Nachbesserung im Kan-tonsrat ist für mich somit klar, dass der Gegenvorschlag keine taugliche Alternati-ve ist. Dann setzen wir aufs Volk und sind überzeugt, dass wir dort mit unserem An-liegen auf grosse Unterstützung zählen können.

Der Kanton St.Gallen trägt bis jetzt zu wenig zur Energiewende bei.

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Raus aus dem EiertanzDie SP macht den Eiertanz um eine neue Parkgarage im St.Galler Zentrum nicht länger mit. Signal für einen Neukurs in Zeiten eines SP-losen Stadtrats?

Mitte Februar platzte der städtischen SP der Kragen. Sie gab bekannt, dass

sie sich nicht mehr den Gesprächen um den so genannten «Parkplatzkonsens» be-teilige. «Wir haben kein Interesse an Ge-sprächen, die einzig der Rechtfertigung der Parkgarage Schibenertor dienen», war in der Medienmitteilung zu lesen. Weitere Verhandlungen hätten keinen Sinn mehr.

Reine AlibiübungWenig später räumte auch der Stadtrat das Scheitern dieser Übung ein, die auf Betreiben des FDP-Lagers gestartet wur-de. Tatsächlich schien die neuerliche Kon-sensrunde zu einer blossen Alibiübung verkommen. Mit der Ablehnung der Markt-platz-Vorlage im Mai 2011 war einem ir-gendwie gearteten «Parkplatzkonsens» be-reits die Grundlage entzogen. Das Volk, so das Ergebnis der damaligen Abstimmung, will keinen Kuhhandel, bei dem unter dem Titel «Neugestaltung» die Aufhebung der lästigen Parkplätze am Marktplatz mit einer neuen Parkgarage unter dem Schibe-nertor/ Union erkauft werden sollte. Nur: Kreise um die City Parking AG wollen nicht von ihrem Projekt lassen. Ganz offenkundig diente die Zweitau-flage der Konsensgespräche nur diesem einen Zweck: doch noch eine Legitima- tionsgrundlage für den Bau der unnöti-gen Schibenertor-Garage herzustellen. Dass nun die SP diesem durchsichtigen Spiel ein Ende bereitet hat, verweist auf ei-nen neuen «Kurs der Klarheit». Fraktions-chef Daniel Kehl sagt: «Der Stadtrat muss jetzt endlich den Volkswillen umsetzen.» Er spielt damit auf die Vox-Analyse zur Marktplatz-Abstimmung an. Diese ergab, dass die Vorlage zur Hauptsache wegen der umsgtrittenen Tiefgarage abgelehnt worden war. Volkes Stimme scheint beim jetzigen Stadtrat wieder vergessen gegangen zu sein. Nach der Marktplatz-Abstimmung meinte die zuständige Stadträtin Elisa-beth Beéry noch unmissverständlich: «Der Stadtrat wird für die Tiefgarage Schibe-nertor keine Konzession erteilen.» Als al-ternatives Zückerchen machte eine mög-liche Aufstockung der UG24-Garage am Unteren Graben die Runde. Doch die Ver-fechter einer autogerechten Stadt denken keineswegs ans Aufgeben, Abstimmungs-niederlage hin oder her. Offensichtlich ha-ben sie den Stadtrat unter Druck gesetzt. Wie anders ist es möglich, dass eine stau-

nende Öffentlichkeit plötzlich Äusserun-gen von Stadtrat Nino Cozzio vernehmen musste, die in eine ganz andere Richtung zielen? Er bezeichnete das Schibenertor-Projekt als eine «mögliche Option». Mu-tiert der Stadtrat zum Wackel-Rat?

Druckanfällige ExekutiveDer offenkundig druckanfällige Stadt-rat setzt sich damit dem Vorwurf der Missachtung des Volkswillens aus. Leider scheint dieser Vorwurf gleich mehrfach begründet. Das zeigen die Machenschaf-ten bei der Departementsverteilung nach den Wahlen vom letzten November deut-lich. Obwohl der parteilose Rebell Mar-kus Buschor unmissverständlich mit dem Mandat gewählt wurde, für eine bessere Baupolitik zu sorgen, wurde er vom Stadt-rat ins Schulamt abgeschoben. Die Direk-tion Bau und Planung bekam dafür Pa-trizia Adam (CVP). Von ihr verspricht sich die Baulobby einen angenehmen Umgang. Und Wirtschaftskreise sind ob einer rein bürgerlich zusammengesetzten Exekuti-ve in Euphorie verfallen. Sie meinen, nun ihre Interessen notfalls auch gegen Volks-entscheide durchsetzen zu können. Die Kritik, den Volkswillen zu igno-rieren, trifft auch den Stadtpräsidenten. Thomas Scheitlin gab in einem Interview mit dem «St.Galler Tagblatt» ganz offen zu erkennen, dass er den Auftrag zu ei-ner nachhaltigen Verkehrspolitik nicht ernst nimmt. Diesen erteilte das Stimm-volk den Behörden im März 2010 mit sei-nem klaren Ja zur Städteinitiative. Da-nach muss das weitere Verkehrswachstum

durch den öffentlichen und den Langsam-verkehr aufgefangen werden. Oder mit an-deren Worten: Der private Autoverkehr ist zu plafonieren. Doch Scheitlin will von Restriktionen nichts wissen und sorgt sich mehr um die Erreichbarkeit der City (mit dem Auto). In entlarvender Noncha-lance meinte er im Interview, man müs-se das Verkehrswachstum «so gut es geht» über den öV auffangen. Derartige Äusse-rungen sind ein Affront und lassen die Frage aufkommen, ob im Rathaus Ab-stimmungsgergebnisse ignoriert werden, wenn sie nicht passen. Auch darf sich nie-mand wundern, wenn die Stadt St.Gallen beim jüngsten Mobilitäts-Städtevergleich besonders schlecht abschneidet. Das Volks-verdikt für eine umweltfreundlichere Verkehrspolitik wird von einem inkom-petenten Behörden- und unwilligen Inter-essenfilz einfach nicht umgesetzt. Statt in diesem Karrussell der Ver-hinderer auf dem Alibi-Sitz noch länger mitzufahren, sendet die SP nun Opposi-tionssignale aus. Darauf dürften manche gewartet haben, die nach der historischen Wahlschlappe eine Linkspartei mit mehr Biss erwartet haben. Derweil ist in FDP-Kreisen beträchtliche Nervosität zu spü-ren. Fraktionschef Roger Dornier reagierte in einem Leserbrief auf den neuen SP-Kurs bereits ziemlich gereizt, allerdings mit den immergleichen, abgedroschenen Par-teiphrasen. Doch die Frage ist, wie lange der unwürdige Eiertanz im Rathaus noch andauert. Oder ob endlich Einsicht ein-kehrt und der Volkswille demokratiege-mäss umgesetzt wird. (rh)

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Am Schibenertor in St.Gallen braucht es keine neue Parkgarage.

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Raus aus dem Eiertanz Nein zur Asylrevision am 9. JuniDank des unermüdlichen Einsatzes von verschiedenen Organisationen ist das Referen-dum gegen die Asylgesetzrevision zustande gekommen. Am 9. Juni stimmt das Schweizer Volk ab.

«Seit Jahrhunderten haben religiös oder politisch Verfolgte in der

Schweiz Schutz vor den ihnen drohenden Gefahren gesucht. Der Grund dafür liegt nicht allein in der geographischen Lage unseres Landes, sondern ebenso sehr in seiner politischen, konfessionellen und kulturellen Vielfalt.» Mit diesen Worten wird auf der Home-page des Bundesamts für Migration die humanitäre Tradition der Schweiz be-schrieben. Nach den neuerlichen Verschär-fungen des Asylgesetzes – mittlerweile die zehnte seit 1981 – kann man davon ausge-hen, dass die Mehrheit des Parlaments von GLP bis SVP nichts mehr von unserer huma- nitären Tradition hält. Zwar wird von bür-gerlicher Seite immer wieder behauptet, mit den Verschärfungen wolle man den «Miss-brauch» bekämpfen und den «richtigen» Flücht-lingen helfen. Doch die Realität sieht anders aus. Mit der erneuten Asylgesetzrevision hat sich die Mehrheit des Parlaments zum Ziel gesetzt, die bis anhin so genannten «echten» Flüchtlinge in «unech-te» umzuwandeln. Es sieht fast so aus, als hät-te man Angst vor den echten Flüchtlingen, vor Menschen, die in ihrem Heimatland be-droht werden und die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Denn anders sind die Verschärfun-gen, wie zum Beispiel die Aufhebung des Botschaftsasyls oder die Nichtanerkennung der Desertion als Asylgrund, nicht zu erklären.

Kein Botschaftsasyl mehrBis anhin gab es die Möglichkeit, auf ei-ner Schweizer Vertretung im Ausland ein Asylgesuch zu stellen. 2012 waren es 7667 Gesuche (wovon lediglich 579 bewil-ligt wurden). Die Aufhebung wird damit begründet, dass die Schweiz als einziges europäisches Land Botschaftsgesuche er-

mögliche und dass dies angeblich zu einer Überbelastung seiner Auslandsvertretun-gen führe.

Verheerende FolgenDie Streichung wird vor allem für flüch-tende Frauen und Kinder verheerende Fol-gen haben. Für sie gibt es nun keine Mög-lichkeit mehr, auf einem sicheren Weg ein Asylgesuch zu stellen. Sie bleiben der Gefahr im Herkunftsland ausgesetzt oder müssen den gefährlichen Fluchtweg Rich-tung Europa einschlagen. 2011 sind allein im Mittelmeer bei versuchten Überque-rungen 1500 Menschen ertrunken. Mit den Flüchtlingen – ob tot oder lebendig – verdienen sich kriminelle Schlepperban-den eine goldene Nase. Anstelle des Botschaftsverfahrens gibt es immer noch die Möglichkeit, ein humanitäres Visum auf einer Schweizer Botschaft zu beantragen. Problematisch bei diesen Anträgen ist, dass man diese im Heimatland stellen muss. Beim Bot-

füllt und durften in der Schweiz bleiben, viele als anerkannte Flüchtlinge. In Erit-rea herrschen immer noch kriegsähnli-che Zustände. Der Grenzkonflikt mit Äthi-opien flammt immer wieder auf. Männer und Frauen werden zwangsrekrutiert und müssen unter sklavenähnlichen Bedin-gungen Dienst leisten. So auch Samiel aus St.Gallen. Fünf Jah-re war er in der eritreischen Armee, bevor er vor der Militärdiktatur flüchtete. Er hat in der Schweiz Asyl beantragt und ist ein anerkannter Flüchtling. Unter dem neuen Gesetz hätte er einen anderen Status und wäre nur vorläufig aufgenommen wor-den. Das heisst ein Leben in Ungewissheit, was die Zukunft bringt. Er ist unglaublich dankbar für das neue Leben in Sicherheit, das er sich hier in der Schweiz aufbauen darf. Samiel hatte Glück, dass er 2009 in die Schweiz geflüchtet ist und nicht 2013! Dass Probleme im Asylwesen beste-hen, bestreitet wohl niemand. Doch dass mit der Asylgesetzrevision auch nur ein

schaftsasyl war es noch möglich, das Ge-such in einem Drittstaat zu stellen. Reali- tät ist aber, dass viele Flüchtlinge schon in einen Drittstaat geflüchtet sind. 2012 wur-den mehr als die Hälfte der Botschafts-gesuche von Eritreern gestellt. In Eritrea gibt es keine Schweizer Botschaft! In vielen Ländern droht Wehrdienst-verweigerern und Deserteuren Folter und Verfolgung. Vor allem Deserteure aus Eri-trea haben als Militärdienstverweigerer diese Flüchtlingseigenschaft bis anhin er-

Problem behoben wird, ist zu bezweifeln. Getroffen werden die Schutzbedürftigs-ten. Menschen, die bis anhin Anrecht auf Asyl hatten und nun nicht mehr. Bürgerli-che werden sich in ihrem Verschärfungs-wahn nie zufrieden geben. Die nächste Revision ist schon in den Startlöchern. Es muss ein Zeichen für mehr Menschlichkeit und Solidarität ge-setzt werden. Darum Nein am 9. Juni zur unmenschlichen Asylgesetzrevision. Daniel Hungerbühler

Der neuerliche Abbau des Asylrechts ist nicht zu rechtfertigen.

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Valiers Schikanen gegen linksDer jüngste Übergriff gegen Jusos ist kein Zufall: Die St.Galler Stadtpolizei hat unter ihrem Kommandanten Pius Valier immer wieder neue Schikanen gegen Linke erfunden.

Ein Gummiparagraph ist die Haupt-waffe der St.Galler Stadtpolizei gegen

alles, was stören könnte. Unter dem Titel «Gesteigerter Gemeingebrauch» kann sie in der Innenstadt alle möglichen Aktivitä-ten im öffentlichen Raum verbieten – und macht dabei immer wieder Politik. Natür-lich nur gegen links. In den letzten Jahren bekamen dies die Aktivisten der Gruppe «Aktiv Unzufrieden» oder Demonstranten für den Langsamverkehr zu spüren.

Auf den Posten abgeführtDas jüngste Beispiel: Im Februar sammel-ten zwei Juso in der St.Galler Marktgasse Unterschriften gegen eine Initiative, die sich gegen Spekulation mit Nahrungsmit-teln richtete. Allerdings nicht lange: Zi-vilpolizisten verlangten eine Bewilligung und nahmen die beiden Juso im Kastenwa- gen auf den Posten. Das Vorgehen – immer- hin gegen eines der zentralen demokrati-schen Grundrechte gerichtet – sorgte für Empörung. Innert weniger Tagen wurde ein parlamentarischer Vorstoss von Ange-lo Zehr und Monika Simmler beantwortet. Eine Entschuldigung suchte man ver-gebens. Im Gegenteil: Plötzlich sollte ein sogenannter «Kundenstopper», eine Infor-mationstafel, der Grund für die Mitnah-me der beiden Unterschriftensammler ge-wesen sein. Die Intervention sei deshalb zu Recht erfolgt, behauptete der Stadtrat. Nur war das Schild in den Diskussionen zwischen den Polizisten und den beiden Juso in der Marktgasse gar kein Thema ge-wesen. Zudem hätte es auch eine einfache Lösung gegeben: das Schild zusammen-klappen und an eine Wand stellen.

Nachträgliche RechtfertigungMan kann deshalb getrost davon ausge-hen, dass hier nachträglich eine Recht-fertigung gesucht und gefunden werden musste. Die Aktion ist besonders bemer-kenswert, weil einige Jahre zuvor bereits die GSoA das Grundrecht der Unterschrif-tensammlung gegen willkürliche Ein-schränkungen der St.Galler Stadtpolizei bis vor Bundesgericht verteidigen muss-te. Die nach dem Urteil aus Lausanne von ihm angekündigte Klarheit konnte Stadt-rat Nino Cozzio (CVP) innerhalb der Poli-zei offensichtlich nicht durchsetzen. Bekanntlich wird der seit Jahren um-strittene Polizeikommandant Pius Valier in Kürze die Polizeischule in Neuenburg

übernehmen. Deshalb ist eine Bilanz sei-ner Tätigkeit angezeigt: Flecken auf der Weste gibt es vor allem wegen zahlreicher polizeilicher Schikanen gegen Linke – und dem ungeschickten bis unsauberen Vorge-hen gegen Fussballfans. Valier, der mehr-mals vergeblich auf der Liste der FDP für den Kantonsrat kandidiert hat, wirkte als verlängerter Arm der Kreise um die City-Vereinigung, die die Innenstadt in direk-tem Konkurrenzkampf mit den Einkaufs-zentren am Stadtrat sehen und deshalb gleiche Bedingungen fordern: möglichst viele Parkplätze, möglichst keine Störung des Konsums. Valiers Ankündigung vor dem Ab-stimmungskampf um das neue Polizeireg-lement, St.Gallen müsse «die sicherste und sauberste Stadt im Bodenseeraum» wer-den, brachte diese Haltung auf den Punkt. Eine Auswirkung der daraus abgeleiteten repressiven Politik sind die absoluten Re-kordzahlen der aus der Innenstadt wegge-wiesenen Personen. Die ruhige und eher etwas langweilige Stadt St.Gallenliegt da-mit schweizweit ganz vorne.

Protectas flaniert...Es gibt neben der Videoüberwachung eine bisher wenig beachtete Auswirkung von Valiers fatalem Diktum. Inzwischen ha-ben die Geschäfte in der Altstadt private Sicherheitsleute angeheuert, die Aufgaben übernehmen, die eigentlich Sache der Po-lizei wären. Wie in der Shopping-Arena

patrouillieren Angestellte der Firma Pro-tectas durch die Gassen und Läden. Erste Bilanzen zeigen, dass sie sich wohl vor al-lem als Fremdenführer betätigen müssen. Dass die City-Geschäfte dafür ausgerech-net die Firma Protectas ausgewählt ha-ben, die sich in einem internen Video als gewaltbereite Paramilitärs darstellten, ist nur die eine Seite. Die andere ist, dass der St.Galler Polizeisprecher, statt sich gegen das überflüssige Engagement der privaten Konkurrenz zu wehren, deren Einsätze ausdrücklich begrüsste. Der Vorwurf der Unsauberkeit muss sich Valiers Polizeitruppe in Zusammen-hang mit einem Verfahren gegen einen Fussballfan aus Basel gefallen lassen. Zu-erst wurde der Verteidigerin auf wieder-holtes Nachfragen beschieden, es existier-ten zu den Vorfällen keine Videobilder. Als sie dann Bilder aus anderen Quellen erhielt, tauchten die Sequenzen plötzlich doch noch auf. Damit nicht genug: Darauf war zu sehen, dass die beschuldigten Fuss-ballanhänger an den Auseinandersetzun-gen gar nicht beteiligt waren. In einem Interview im «Tagblatt» weigerte sich Pius Valier, diesen eklatanten Vorfall als Feh-ler einzugestehen. Wie immer in solchen Fällen war vom verantwortlichen Stadtrat Nino Cozzio kein Wort zu vernehmen. Der Eindruck, dass er sich gegen den Polizei-chef in den entscheidenden Fragen kaum je durchsetzen konnte, bestätigte sich ein-mal mehr. (akn)

Die St.Galler Polizei schränkt notorisch die demokratischen Rechte beim Unterschriftensammeln ein.

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Keine Privatisierung der VBSG!Im Juni werden die Stimmberech-tigten der Stadt St.Gallen über die Privatisierung der VBSG entschei-den. Die Vorlage ist ein Lehrstück dafür, wie wenig Liberalisierung, Wettbewerb und Privatisierungen zur Lösung von Problemen im öffentlichen Verkehr taugen.

Der Stadtrat hat sich viel Zeit gelassen für die Vorlage zur Ausgliederung

der Verkehrsbetriebe der Stadt St.Gallen (VBSG). Bereits für die Legislatur 2009 – 2012 hatte er sich die «rechtliche Verselbständi-gung» vorgenommen. Am 9. Juni können die städti- schen Stimmberechtigten nun darüber entscheiden. Was der Stadtrat und die bürgerliche Mehrheit des Stadtparlaments wollen, überrascht wenig: Die Ver-kehrsbetriebe sollen in zwei Aktiengesellschaften ausgegliedert und somit privatisiert werden. Der Glaube, dass Privatisie-rung, Wettbewerb und Kon- kurrenz immer zu besse- ren Lösungen bei der Er-füllung öffentlicher Aufga-ben führen, ist unerschüt-terlich und macht blind dafür, dass diese Rezepte vielfach untauglich sind. Das zeigt sich ganz besonders bei der vorge-schlagenen VBSG-Privati-sierung. Der Stadtrat ver-wahrt sich zwar dagegen, dass es sich um eine «Pri-vatisierung» handle und argumentiert, die Aktien-mehrheit der Gesellschaf-ten verbleibe bei der Stadt. Das ändert nichts daran, dass privatrechtliche Ak-tiengesellschaften der de-mokratischen Einflussnah-me durch Parlament und Bürgerschaft weitgehend entzogen sind. Die Verwal-tungsräte sind dem Parla-ment kaum Rechenschaft schuldig und können ohne Weisungen handeln.

Demokratisch mitbestimmenDer Stadtrat bagatellisiert diesen Demo-kratieverlust und stellt fest, Parlament und Bürgerschaft hätten ohnehin nicht mehr viel zu sagen. Das ist leider richtig: Der Entscheid über das Angebot auf den

meisten VBSG-Linien liegt beim Kanton als Besteller, und über die Tarife entschei-det der Tarifverbund Ostwind. Die heuti-ge Führung der VBSG als städtisches Un-ternehmen stellt jedoch sicher, dass neben geschäftlichen auch soziale und ökolo-gische Kriterien berücksichtigt und dass Investitionsentscheide demokratisch ge-fällt werden. Die Bürgerschaft wird es kaum gutheissen, dass die mit ihrer Zu-stimmung und mit ihrem Geld geschaf-fenen grossen Werte – Busse, Depot und Leitungen – ihrem Einfluss entzogen wer-den. Die St.GallerInnen sind stolz auf ih-re VBSG, wollen aber auch mitbestimmen können, wo immer es möglich ist. Die Pri-

vatisierung sei nötig, so argumentiert der Stadtrat, weil der öffentliche Verkehr in der Agglomeration St.Gallen schlecht ko-ordiniert sei. Vier Anbieter verkehren teil-weise auf denselben Strecken. Das führe zu Doppelspurigkeiten und ungenutzten Synergiepotenzialen. Für die Stadt sei das besonders störend, weil sie die dadurch be-dingten höheren Kosten mitfinanzieren

müsse und für ihre Leistungen unzurei-chend abgegolten werde.

Konkurrenz verhindert KooperationDiese Feststellungen sind richtig. Aus Sicht der SP ist das allerdings wenig verwunder-lich. Im Laufe der letzten 15 Jahre – vor allem mit dem revidierten Eisenbahnge-setz von 1996 – wurde die Steuerung und Finanzierung des öffentlichen Verkehrs zunehmend liberalisiert, das heisst in ein System von Wettbewerb und Konkurrenz überführt. Man versprach sich davon ef-fizientere Leistungen, mehr Markt und weniger Staat. Während öffentliche Auf-gaben – und dazu gehört der öffentliche

Verkehr eindeutig – bisher durch Bund, Kantone und Gemeinden erfüllt wur-den, sollen nun konkurrie- rende Unternehmen im Auftrag der «Besteller» die Leistungen erbringen. Dass ein auf dem Eigennutz der Konkurrenten basierendes System dem Kooperations-willen und der Beachtung sozialer und ökologischer Standards nicht gerade förderlich ist, liegt auf der Hand. Die vom Stadtrat be-klagten Probleme im öf-fentlichen Verkehr in der Agglomeration zeigen ex-emplarisch die Schwäche dieses liberalisierten Sys-tems auf. Was ist nun aber die Antwort des Stadtrats auf diese Probleme? Er setzt darauf, die VBSG im Wett-bewerb zu stärken – gegen die andern Anbieter im öf-fentlichen Agglomerations-verkehr. Und ausgerechnet mit solchem Konkurrenz-gebaren soll dann Koordi-nation möglich werden! Der Glaube an das geschei-terte Modell von Konkur-renz und an die wunder-samen Wirkungen von Liberalisierung scheint unerschütterlich zu sein. Für eine Koordination des öV braucht es keine Priva-tisierung, sondern Zusam-

menarbeit und eine übergreifende Strate-gie. Gefordert sind dabei alle Beteiligten, besonders aber die Kantone. Hier soll die Stadt Druck machen. Die Privatisierungs-vorlage, die auch vom Personal und von der Gewerkschaft VPOD abgelehnt wird, ist ein untaugliches Mittel zur Lösung der Probleme und muss abgelehnt werden. (red.)

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Valiers Schikanen gegen links

Die St.Galler Verkehrsbetriebe sollen bei der öffentlichen Hand bleiben.

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Ölige und russige GeschäfteDie Firma Transoil wurde als dicker Fisch der St.Galler Wirtschaftsför-derung hochgejubelt. Doch von den grossspurigen Versprechungen ist nicht viel geblieben.

Ob die Taxifahrer mittlerweile den Fir-mensitz am Stadtrand von St.Gallen

besser finden? Das Protokoll über die aus-serordentliche Generalversammlung der Transoilgroup AG vom 27. August 2011 in der Villa Wegelin im Schönbüelpark hielt noch fest, dass «Aktionär G. sich für sein spätes Erscheinen entschuldigte, weil der Taxifahrer die Adresse nicht gefunden ha-be». Im Dezember desselben Jahres konnte dann die St.Galler Standortförderung ih-

re Begeisterung nicht mehr zurückhalten. Die Ansiedlung des Rohstoffkonzerns war dem St.Galler Volkswirtschaftsdirektor eine Foto wert: Beni Würth schüttelt Ver-waltungsratspräsident Hediger die Hand, im Hintergrund strahlen weitere Manager vor dunklem Holz um die Wette. Stand-ortförderer Harry Bärlocher war «extrem happy», sprach von einer «stillen Perle», träumte von St.Gallen als Cleantech-Pio-nierstadt und hatte ganz einfach «ein gu-tes Gefühl».

Risiko RohstofffirmenEin schlechtes Gefühl hatten damals schon alle, die sich der Gefahr bewusst waren, dass sich die Schweiz nach ihrem Ende als Steuerparadies zum Rohstofffir-men-Eldorado entwickeln könnte. Oder

auch alle jene, die nur fünf Minuten lang die schillernde Karriere des in Kanada polizeilich gesuchten Transoil-Mitglieds Frank Hertel gegoogelt hatten. Im April 2012 warf «links» in einem grösseren Ar-tikel verschiedene Fragen auf, inklusive jene der Besteuerung von Rohstoffkonzer-nen wie Transoil oder Suek (immerhin ei-ner der zehn grössten Kohleproduzenten der Welt) durch den Kanton St.Gallen. Was ist seit jener Zeit passiert? Nach Ansicht der SP-Fraktion im Kantonsrat er-schreckend wenig: Aus den Verlautbarun-gen der Firma geht seit ihrer Gründung mit schöner Regelmässigkeit nur Vages hervor: dass die Übernahme des Visoka-Ölfeldes in Albanien praktisch abgeschlos-sen sei, dass die sogenannte Hertel-Tech-nologie unmittelbar vor dem Durchbruch stehe und dass das Patent für den «Hertel-Motor» innert Kürze erteilt werde. Laut Handelsregister und Firmenmitteilung ist zudem Wolfgang Hertel im Oktober 2012 aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden, angeblich um sich «auf die Entwicklung der ‹Enhanced Oil Recovery and Energy Generation›-Methode zu konzentrieren». Auch der neueste Transoil-Newsletter tönt so, als sei er vom früheren irakischen Propagandaminister Muhammad as-Sah-haf (genannt «Comical Ali») verfasst wor-den. Die Steigerung der Ölproduktion sei, so war am 8. März 2013 zu lesen, «auf-grund des reduzierten Produktionsni-veaus während der kalten Wetterperiode und notwendigen Investitionen in die Be-handlung von Ölbohrungen kleiner als er-wartet». Mit ersten Ergebnissen werde «im Verlaufe des Jahres gerechnet». Dann wür-den auch «weitere Patente» angemeldet und schliesslich «basierend auf unseren im letzten Jahr entwickelten Technologien der Hertel-Motor als Prototyp gebaut». Die Pläne «für die neuen Bohrungen» seien fer-tiggestellt, man sei «im Prozess der Auf-tragserteilung», und die Produktion werde dann «substanziell erhöht».

Biblisch schlichtIm Vergleich dazu sind die Fragen in der Interpellation von SP-Fraktionschef Peter Hartmann an die St.Galler Regierung von geradezu biblischer Schlichtheit: Hat der angekündigte Ausbau bei Transoil von 9 auf 30 Stellen stattgefunden? Ist aus den angekündigten Cleantech-Kontakten mit den St.Galler Stadtwerken und der Univer-sität St.Gallen etwas geworden? Die Regierung tut gut daran, sich bei ihrer Antwort an Matthäus 5:37 zu orien-tieren: «Es sei aber eure Rede: Ja, ja! Nein, nein!» Und sie tut gut daran, die Gretchen-frage der Interpellation klar zu beantwor-ten: Wie habt Ihr's mit der steuerlichen Be-handlung von Transoil und Suek? Hans FässlerVilla Wegelin in St.Gallen: Was für Geschäfte werden hinter dieser schönen Fassade getätigt?

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Vor dem Sparpaket IIIEs dämmert langsam, dass das Loch in der St.Galler Staatskasse von den überrissenen Steuer- senkungen herrührt. Doch die Bereitschaft zu den nötigen Konsequenzen lässt noch auf sich warten.

Anfang März veröffentlichte die St.Gal-ler Regierung einen Grundlagenbe-

richt über die finanzielle Entwicklung des Kantons St.Gallen. Das Medienecho war höchst interessant: Die meisten Medien ti-telten wie das «St.Galler Tagblatt»: «Steuer-senkungen reissen Loch in die Staatskas-se». Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Hauptschuld an der Fi-nanzmisere bei den Steuersenkungen für sehr gut Verdienende, Vermögende und Unternehmen zu suchen ist. Diese Steu-ergeschenke wurden durch FDP, SVP und CVP verteilt. Aber nach wie vor scheinen sich Regierung und bürgerliche Partei-en zu weigern, daraus die nötigen Konse-quenzen zu ziehen. Das erinnert an das gallische Dorf von Asterix und Obelix.

Wie tönt es?Unterdessen trifft sich ein sogenanntes «sounding board», ein Gremium des Kan-tonsrats und der Regierung. Hier macht die Regierung einen «sound check». Will heissen, sie sucht das Echo der VertreterIn-nen des Kantonsrats zu möglichen Mass-

nahmen von Leistungsab-bau. Ohne die vereinbarte Vertraulichkeit zu verlet-zen: Es sind keine, auch kei-ne zeitlich begrenzten Steu-ererhöhungen für die sehr gut Verdienenden, Vermö-genden oder die Unterneh-men geplant. Wir alle sollen also die Steuergeschenke für wenige berappen! Ende April soll das Sparpa-ket III veröffentlicht wer-den. Anlässlich der Son-dersession vom 24./25. Juni 2013 wird dieses dritte Spar-paket beraten. Da im Kan-tonsrat angesichts der bür-gerlichen Mehrheit wenig auszurichten ist, können wir uns schon heute für den

nötigen Widerstand ausserhalb des Parla-ments rüsten. Peter Hartmann

Gretler-Ausstellung: ein Muss!

Im Regierungsgebäude ist derzeit die Aus-stellung «Gretlers Panoptikum zur Sozi-

algeschichte» zu sehen. Der aus St.Gallen stammende Fotograf Roland Gretler (76) hat während Jahrzehnten Fotografien, Bilddokumente und Plakate zur Arbeiter- und Protestgeschichte der Schweiz gesam-melt. Hunderte seiner Objekte sind jetzt in der Ausstellung versammelt. Sie bilden einen Querschnitt durch sein Lebenswerk und ein Panorama der Arbeiterbewegung im 20. Jahrhundert. Die Schau bietet eine Fülle von Entdeckungen: eine im Bündner-land vergrabene Kiste mit Lenin-Büchern, Aufnahmen der Globuskrawalle 1968 in Zürich, antiautoritäre Originalplakate aus der Flower-Power-Zeit, Propagandaflyer ge-gen den Vietnamkrieg, Fotos von Tina Mo-dotti, Dokumente von Urteilen gegen Spa-nienkämpfer, Bilder von geschlossenen Grenzen im Zweiten Weltkrieg, 1. Mai-Pla-kate, Bildzeugnisse des Feminismus und nicht zuletzt auch persönliche Erinne-rungsstücke von Gretler selbst (seine abge-laufenen Militärschuhe). Die Ausstellung, die durch den Verein Pantograph in Zu-sammenarbeit mit dem Frauenarchiv und den Gewerkschaften möglich wurde, wird als Höhepunkt in die Geschichte des kriti-schen St.Gallen eingehen. (rh)

Kulturraum am Kosterplatz, Klosterhof 1, St.Gallen. Bis 28. April. Rahmenprogramm im KinoK und im Palace. � www.gretlers-panoptikum.ch

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Impressum «links»Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, [email protected]

An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Guido Berlinger-Bolt, Felix Birchler, Laura Bucher, Ralph Hug, Ruben Schönenberger, Daniel Hungerbühler u.a. Gestaltung, Layout: Markus Traber Druck: Brändle Druck AG, Mörschwil

Links Nr. 3/2013 Redaktionsschluss: 7.5.2013Erscheinen: 31.5.2013

SP Schweiz27. April, Ordentlicher Partei-tag, Rorschach – Stella Ma-ris29. April, Geschäftsleitungs-sitzung, St.Gallen – Sekreta-riat, 19.1011. – 12. Mai, 9. Sozial- und Umweltforum Ostschweiz (SUFO)25. Mai, Fraktionssitzung, Kirchberg, 9.0028. Mai, Geschäftsleitungssit-zung, St.Gallen – Sekreta- riat, 19.10

SP Kreis Werdenberg30. Mai, DV mit Barbara Gysi und Verabschiedung Hilde Fässler

SP Buchs13. April, Unterschriften-

S e r v i c esammlung „Gegen die Speku-lation mit Nahrungsmitteln“, Buchs – Bahnhofsstr., 9.0030. Mai, Rechnungssitzung zur bevorstehenden Bürgerver-sammlung

SP Schmerikon2. Mai, Hauptversammlung, Schmerikon – Rest. Froh-sinn, 19.00

SP Flawil23. Mai, Hauptversammlung, Flawil – Rest. Park, 20.00

SP Gossau-Arnegg27. Mai, Hauptversammlung, Gossau – La Piazza, 18.15

SP Rheineck26. Apri, Hauptversammlung, Rheineck – Est Est Est, 19.30

SP Rapperswil-Jona9. April, SP-Stamm, Jona – Johanna, 19.30

7. Mai, SP-Stamm, Jona – Johanna, 19.30 22. Mai, Parteiversammlung, Rapperswil, 19.30

SP Wil29. Mai, SP-Stamm, Wil – Re-staurant Signal, 19.00

SP Stadt St.Gallen30. April, Stadtparlaments-sitzung, St.Gallen – Waag-haus, 16.001. Mai, Neumitgliederessen, St.Gallen7. Mai, Hauptversammlung, St.Gallen – 20.0021. Mai, Stadtparlamentssit-zung, St.Gallen – Waag-haus, 16.0029. Mai, Parteivorstand, St.Gallen – SP-Sekretariat, 18.30

Vorstösse von SP-Politike-rInnen (16.2.2013–9.2.2013)

Einfache Anfragen:� Anita Blöchliger Morit-zi, Abtwil: Statt Lärm-schutz auf dem Waffen-

platz Herisau / Gossau, Schiessplatz Breitfeld, An-passungen für erweiterte Gefechtsausbildungsanla-ge?

Interpellationen:� Peter Hartmann, Flawil: Stand Ansiedlung Roh-stoffkonzern „Transoil“� Daniel Gut, Buchs et al: Zukunft der Rheintallinie jetzt sichern� Daniel Baumgartner, Flawil: Durch burökrati-sche Hürden wird Men-schen mit einer schweren Sprachbeeinträchtigung die Kommunikation er-schwert und verunmög-licht� Remo Maurer, Altstät-ten / Laura Bucher, St.Mar-grethen et al: Aufhebung REX-Halt in Rheineck� Max Lemmenmeier, St.Gallen et al: Die Erinne-rung an eine herausragen-de Persönlichkeit wach halten: Wie geht der Kan-ton St.Gallen mit dem An-

AZB9000 St.Gallen

denken an Paul Grüninger um?� Daniel Baumgartner, Flawil et al: Ombudsstelle für Menschen im Alter

F A I R E L Ö H N EB E S S E R ER E N T E N

1. Mai im Kanton St.GallenMaifeiern gibt es dieses Jahr in Walenstadt, Wil, Rapperswil und St.Gallen. Hauptrednerin in Rapperswil und St.Gallen ist SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr.

Der 1. Mai fällt dieses Jahr auf einen Mittwoch. Landesweit stehen die

Kundgebungen unter dem Motto «Faire Löhne, bessere Renten». Das St.Galler 1. Mai-Komitee hat wieder ein eigenes Plakat geschaffen, das von Markus Traber gestal-tet wurde. Auch diesmal gibt es in der Stadt St.Gallen eine Demo mit Kundgebung. Besammlung ist um 17 Uhr beim Bahn-hofplatz. Bei der Kundgebung um 18 Uhr in der Marktgasse hält SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr das Hauptreferat. Wei-ter sprechen von der Juso Andrea Scheck und Anna Bleichenbacher sowie Gugliel-mo Bozzolini von der italienischen Links-partei «Sinistra Ecologia Libertà». In der Marktgasse gibt es eine Festwirtschaft (bei schlechter Witterung in der Grabenhalle). Um 20 Uhr präsentieren die Juso in der Grabenhalle den Film «Salvador Allende». An der Nachfeier am Freitag, 3. Mai um

19.30 Uhr im Frauenarchiv an der Florastrasse 6 findet ein Podiums-gespräch unter dem Titel «Krise in Griechenland: Allgemeines Un-glück – subjektives Elend» statt. Es nehmen Sofia Roditi (Sprecherin des Frauenkomitees im Stahlwerk von Aspropirgos), Katsaros Panagio-tis (Streikführer von Aspropirgos) und Florian Eicher (Vertreter der MLGS) teil. Auch in der Region finden am 1. Mai Feiern statt. So in Wa-lenstadt, wo Nationalrätin Clau-dia Friedl sowie Ständerat Paul Rechsteiner eine Rede halten wer-den. Die Veranstaltung beginnt um 17.30 Uhr, der Veranstaltungsort ist der Tagespresse zu entnehmen. In Wil im Rest. Adler sprechen um 19.30 Daniel Straub (Psychologe, Mitbegründer Agentur zum Grund-einkommen) und SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher. Dazu gibt’s Musik mit Blues und Latin. In Rap-perswil ist auf dem Fischmarkt von 11.30 bis 18 Uhr ein Festbetrieb ein-gerichtet. Um 15 Uhr findet die Be-grüssung mit einer Ansprache von Jacqueline Fehr statt.

Das diesjährige St.Galler 1.-Mai-Plakat, gestaltet von Markus Traber.