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€¦ · Lothar Weisser Das Fitnessprogramm für Ihre Finanzen Warum viele über Sex mehr wissen als über Geld und Finanzen

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  • Lothar Weisser

    Das Fitnessprogramm für Ihre Finanzen

    Warum viele über Sex mehr wissen als über Geld und Finanzen

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    © 2017 Lothar Weisser Verlag und Druck: tredition GmbH, Grindelallee 188, 20144 Hamburg ISBN Paperback: 978-3-7439-6220-0 Hardcover: 978-3-7439-6221-7 e-Book: 978-3-7439-6222-4

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzuläs-sig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfälti-gung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Die Webseite des Autors inklusiv Finanzfitness-Test:

    www.lotharweisser-finanzfitness.de

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    Einführung .................................................................................................7

    Kapitel I: Voraussetzungen der Vermögensbildung .......................13 I.1 Finanzielle Voraussetzungen ......................................................... 13 I.2 Mentale Voraussetzungen .............................................................. 17 2.1 Was ist Geld, wo kommt es her? ................................................................ 17 2.2 Der Zins als Preis des Geldes ...................................................................... 19 2.3 Der schwierige Umgang mit Geld ............................................................. 21 2.4 Tabuthema Geld ........................................................................................... 26 2.5 Geld und Glück ............................................................................................. 30 2.6 Planungsarten ............................................................................................... 35 2.7 Haushaltsbuch .............................................................................................. 36 2.8 Finanzplan ..................................................................................................... 38 2.9 Systematische Finanzplanung .................................................................... 41 I.3 Konsumpsychologische Voraussetzungen ................................... 46 3.1 Verbrauchermarkt ........................................................................................ 47 3.2 Kaufentscheidung ........................................................................................ 48 3.3 Wie Werbung verführt................................................................................. 52 3.4 Werbung: Appell an das Unterbewusste .................................................. 55 3.5 Schutz vor Werbung .................................................................................... 56 3.6 Verhaltenspsychologie ................................................................................. 58 3.7 Bigness-Bias ................................................................................................... 62 I.4 Risikoadäquate Voraussetzungen ................................................. 64 4.1 Risiko .............................................................................................................. 64 4.2 Risikopersönlichkeit ..................................................................................... 67 4.3 Risikotragfähigkeit ....................................................................................... 70 4.4 Versicherungsabschluss .............................................................................. 70

    Kapitel II: Strategien der Vermögensbildung ...................................85 II.1 Vermögensarten .............................................................................. 85 1.1 Vermögensbegriff ......................................................................................... 85 1.2 Sachgüter ....................................................................................................... 87 1.3 Kapitalgüter ................................................................................................... 89 1.4 Fundamentalwert ......................................................................................... 92 1.5 Persönliche Vermögensbilanz .................................................................... 95 1.6 Gesetzliche Rente ........................................................................................ 103 1.7 Die Rentenlücke .......................................................................................... 109

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    1.8 Unsichtbares Vermögen ............................................................................ 111 II.2 Vermögensmanagement ............................................................... 115 2.1 Anlegerstruktur .......................................................................................... 116 2.2 Portfoliotheorie ........................................................................................... 117 2.4 Grundsatz der Drittelparität ..................................................................... 120 II.3 Anlagestrategien ............................................................................ 122 3.1 Anlagekriterien ........................................................................................... 122 3.2 Anlageberatung .......................................................................................... 125 3.3 Genutzte Anlageformen ............................................................................ 126 3.4 Die vier fundamentalen Anlagestrategien ............................................. 132 3.5 Fundamentalstrategie „Sicherheit“ ......................................................... 133 3.6 Fundamentalstrategie „Rentabilität“ ...................................................... 136 3.7 Fundamentalstrategie “Kapitalmarkt“ ................................................... 159 3.8 Fundamentalstrategie “Mitunternehmer“ .............................................. 215 II.4 Staatliche Sparförderung .............................................................. 223 4.1 Staatliche Förderprogramme .................................................................... 223 4.2 Riester-Rente ............................................................................................... 224 4.3 Basisrente (Rürup-Rente) .......................................................................... 230 4.4 Betriebliche Altersversorgung .................................................................. 232 4.5 Besteuerung von Vermögenserträgen ..................................................... 234 II.5 Zur Psychologie des Anlegers ..................................................... 239 5.1 Wahrnehmungsanomalien ........................................................................ 242 5.2 Unterlassungseffekte ................................................................................. 247 5.3 Entscheidungsanomalien ......................................................................... 255

    Fazit ......................................................................................................... 280

    Anhang ................................................................................................... 281 Teil 1: Finanzfitness-Test ..................................................................... 282 Teil 2: Risikotest – Fragen ................................................................... 284 Teil 3: Risikotest – Auswertung ......................................................... 286

    Stichwortverzeichnis ........................................................................... 287

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    Einführung

    In mehreren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass das Wissen der meisten Menschen auf dem Gebiet von Geld und Finanzen eher als bescheiden zu bezeichnen ist. Das hängt nicht zuletzt, vor allem bei der älteren Generation, damit zusammen, dass dieses Thema in ihrer Jugend kaum vorkam, weder in der Schule noch zu Hause („über Geld spricht man nicht“). Und später be-schäftigte man sich eher zurückhaltend, ja sogar verschämt, mit Geldange-legenheiten. Möglicherweise gilt tatsächlich der Spruch „Finanzen und Sex, alles machens´ – niemand spricht darüber.“1 Und dies auch erst dann, wenn man diesem Thema nicht mehr ausweichen konnte, wenn „life-events“ die Beschäftigung damit zwangsweise erforderlich machten, wie bei Geburt der Kinder, dem Bau eines eigenen Hauses, der Frage, ob die in Aussicht gestellt Rente einmal auskömmlich sein würde oder wenn eine Erbschaft gemacht wurde und man nicht so recht wusste, wie damit umzugehen. Manche behaupten sogar, dass das Wissen im finanziellen Bereich etwa auf dem Stand des Sexualwissens vor 100 Jahren sei!

    So oder ähnlich lauteten viele Schlagzeilen der letzten Wochen. Zeitungen starteten ganze Serien, um die zukünftigen Rentner auf ihre Vorsorgeprob-leme aufmerksam zu machen. Es wurde argumentiert, dass es auf das ei-gene Engagement ankomme, die gesetzliche Rente reiche in Zukunft nicht

    1 http://mafis90.de/2016/10/finanzen-sind-wie-sex-alle-machens-niemand-spricht-drueber.

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    mehr aus. Und die Banken selbst lassen nichts unversucht, um die Öffent-lichkeit auf den „Anlagenotstand“ der Sparer hinzuweisen und fordern ve-hement die Beendigung der aktuellen Nullzinspolitik.

    Reicht es denn nicht aus, sich als Sparer und Anleger von den Vertretern der Finanzbranche beraten zu lassen, also von den Banken und Sparkassen, Versicherungen und Immobilienhändlern? Zumindest was die Beratungs-qualität der deutschen Banken angeht, scheint es nicht zum Besten zu ste-hen. Sie verkaufen nach wie vor Produkte, und – so ein bekannter Spruch – „wer Produkte verkauft, verkauft auch seine Kunden“. Die Untersuchungser-gebnisse der Stiftung Warentest (Finanztest) zeigen, dass nach wie vor haar-sträubende Fehler in der Anlageberatung gemacht werden. Dazu kommt, dass viele junge Menschen sich gar nicht erst beraten lassen, sie haben schlichtweg keinen Beratungsbedarf. Weit verbreitet ist die Einstellung un-ter ihnen, dass sich Sparen und Anlegen bei den augenblicklichen „Micker-zinsen“ eh nicht lohne und es deshalb besser sei, das Geld in Konsumpro-dukten anzulegen. Abgesehen davon verfügt die „Generation Praktika“ trotz bester Ausbildung oft gar nicht über das nötige Geld, um etwas auf die hohe Kante zu legen.

    Natürlich gibt es zum Thema „Geld“ (Sach)Bücher, die den richtigen Weg weisen wollen. Gibt es vielleicht sogar zu viele Bücher dazu? Tatsächlich besteht kein Mangel an Darstellungen, die den Weg zu schnellem Reichtum aufzeigen wollen – getreu dem Motto „ich mache Sie reich“. Den Höhepunkt haben diese Reichtums-Ratgeber schon seit längerem überschritten, man-che ihrer Autoren saßen gar im Gefängnis. Aber diese Bücher verkauften sich gut, trotz ihrer vielen unhaltbaren Versprechungen. Sie schienen die Antwort darauf zu geben, was viele Leser ausschließlich interessiert, wenn es um Geld geht: Um den ultimativen Tipp, wie sich Geld schnell, mühe- und risikolos vermehren lässt. Jüngstes Beispiel ist das Buch „Die Millio-närsformel“ des Multimillionärs Carsten Maschmeyer. Mit Hilfe eines großan-gelegten Werbefeldzuges will er seine Erkenntnisse unters Volk bringen – ausgerechnet dieser Mann, dem vorgeworfen wird, Tausende von Kleinan-leger durch den von ihm gegründeten Finanzvertrieb AWD um ihr sauer ver-dientes Geld gebracht zu haben. Es ist einigermaßen erstaunlich, dass dieser Mann, dem das Image eines „Drückerkönigs“ (ARD-exklusiv vom 12.01.2011) anhaftet, sich nun plötzlich des kleinen Mannes annimmt, indem er ihm

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    zeigen will, wie man es nicht nur zu Geld, sondern sogar zum Millionär bringen kann.

    Es gibt auch seriösere Abhandlungen über Privat- bzw. Verbraucherfinan-zen, sie sind aber eher in der Minderzahl. Sie werden meist von Verlagen herausgebracht, die Verbrauchermagazine verlegen, sich dabei jedoch eher mit Einzelaspekten befassen. Ihr Ziel ist, den optimalen Umgang mit Geld zu lehren ohne vorzugaukeln, dass dies ohne eigene Anstrengungen und ausschließlich auf der Basis heißer Tipps möglich sei. Der Schwerpunkt wird meist auf einzelne Aspekte gelegt, wobei es meist um den Anlagenbe-reich geht. Als Beispiel sei das erfolgreiche Buch von Susan Levermann „Der entspannte Weg zum Reichtum“ erwähnt. Abgesehen davon, dass auch hier wieder der Reichtum im Vordergrund steht, der offenbar mühelos er-reichbar sei, befasst sich die Autorin in erster Linie mit Anlageberatung und dies vor allem unter dem Aspekt der „Fondsindustrie“. Reich geht also im-mer.

    Das hier vorliegende Buch geht in zweifacher Weise über die herkömmliche Geldliteratur hinaus. Zum einen wird das Schwergewicht auf eine systema-tische Gesamtschau des Gebietes „Geld und Finanzen“ gelegt. Es bietet dem Leser eine Art Finanz-Fitnessprogramm an, er soll „fit for finance“ werden. Das setzt voraus, alle Gebiete anzusprechen, die für eine Finanzielle Le-bensplanung von Bedeutung sind.

    Nun zum Inhalt des vorliegenden Buches: Vermögen kann nur gebildet werden, wenn bestimme Voraussetzungen erfüllt sind – darum geht es im Kapitel I. Im Kapitel II stehen dann die Strategien der Vermögensbildung im Mittelpunkt. Vergleiche dazu auch die „roadmap“ in der Grafik weiter unten. Eine solche primär produktorientierte Darstellung ist aber nicht alles. Erfolgreiche Vermögensbildung setzt voraus, sich mit konsum- und finanz-psychologischen Erkenntnissen (Behavioral Finance/Verhaltensökonomie) zu beschäftigen. So wird den neueren Erkenntnissen der konsumpsycholo-gischen Forschung in ihrer Bedeutung für das tägliche Verhalten der Ver-braucher der 3. Abschnitt in KAPITEL I gewidmet und die jüngeren Ergeb-nisse der Finanzpsychologie werden speziell unter dem Aspekt der Vermö-gensanlage im letzten Abschnitt von KAPITEL II unter Punkt 5 „Triebe, Tricks und Täuschungen“ vorgestellt.

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    Der Autor hat zu diesem Buch einen Finanzfitness-Test entworfen. Die Fra-gen dazu finden Sie im ANHANG. Wer sich diesem Test unterziehen will, kann meine Webseite www.lotharweisser-finanzfitness.de aufrufen. Bei erfolgreicher Teilnahme an diesem Test gibt es ein Zertifikat, in dem die Finanzfitness bestätigt wird. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens zwei Drittel der Antworten (16 von 24 Fragen) richtig beantwortet werden.

    Interessant waren die Reaktionen der Personen, denen der Autor diese Fra-gen zu Testzwecken vorlegte. Die eine Gruppe gab unumwunden zu, von Geld und Finanzen nichts zu verstehen, so dass ein nicht kleiner Teil das Ansinnen rundweg ablehnte, die Testfragen zu beantworten. Die zweite Gruppe wollte in der anschließenden Diskussion wissen, ob der Autor Tipps parat habe, wie man in relativ kurzer Zeit zu viel Geld kommen könne. Dass Vermögensbildung ein langfristiger Prozess ist, bei dem es we-niger um den schnellen Gewinn oder gar um Reichtum geht, war nicht allen klar. In der Diskussion zeigte sich außerdem, dass kaum jemand angeben konnte, wie man die eigene Altersrente berechnen kann und noch weniger, wie hoch die zu erwartende Rentenlücke einmal sein wird. Jedoch offenbar-ten viele ihr ungutes Gefühl hinsichtlich der Altersvorsorge. Nicht wenige schienen es als unvermeidliches Schicksal hinzunehmen, später einmal Ab-striche vom früheren Lebensstandard hinnehmen zu müssen. Kam das Ge-spräch auf die Betriebsrente, so wusste kaum jemand, dass es einen gesetz-lichen Anspruch auf Gehaltsumwandlung gibt, aber auch nicht, dass damit gewisse Nachteile hinsichtlich der späteren gesetzlichen Rente verbunden sind.

    Jule, 20, Studentin

    glaubt für ihre Altersvorsorge hat sie noch viel Zeit.

    „Und von Geld versteht´ ich eh nichts, das kam im Gymnasium

    gar nicht vor“

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    Eine Übersicht, was Sie in diesem Buch erwartet:

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    Kapitel I: Voraussetzungen der Vermögensbildung

    I.1 Finanzielle Voraussetzungen „Was man nicht ererbt, erheiratet oder erhandelt, muss man erarbeiten“.

    (Spruch der Donauschwaben)

    In diesem Buch geht es um die Verbraucher- bzw. Privatfinanzen2, also da-rum, mit Geld richtig umzugehen. Sein Ziel ist, den Verbraucher bei seiner Konsum-, Kredit- und Risikoplanung zu unterstützen und die Vorausset-zungen dafür zu schaffen, das meist sauer verdiente Geld richtig anzulegen. Geld sparen und anlegen kann allerdings nur, wer genügend Einkommen erzielt. Deshalb zuerst ein paar Überlegungen zur richtigen Berufswahl – in erster Linie unter ökonomischen Aspekten. Rentiert sich heutzutage über-haupt noch eine Ausbildung oder ein Studium?

    „Wenn du Erfolg haben willst im Leben, stelle dich immer ein bisschen dümmer als jene, die dir den Erfolg bereiten können“ (Georg Christoph Lichtenberg).

    2 Interessant und bezeichnend ist es, dass es dafür bislang keinen allgemein verwendeten Begriff

    geht! Auch die Deutsche Nationalbibliothek führt keinen entsprechenden Begriff in ihrer Katego-rie Sachbuch.

    0,6

    0,73

    1

    1,39

    0 0,5 1 1,5

    Lehre

    Meister o.ä.

    FH

    Uni

    Lebenseinkommen (Mio. Euro)

    Lebenseinkommen(in Mio. Euro)

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    Die jüngste Bildungsstudie, die das Ifo-Institut im Auftrag der Kapitalanla-gegesellschaft Union Investment durchführte, zeigte für die letzten 40 Jahre erhebliche Verschiebungen im Bildungsstand. Wie aus der folgenden Gra-fik hervorgeht, hat sich der Anteil der Hochschulabsolventen (Universität plus Fachhochschule) fast verdreifacht, nämlich von 6 auf 18 %. Dagegen ging der Anteil an Beschäftigten, die über keinen Berufsabschluss verfügen, von 38 auf 16 % zurück. Dass sich berufliche Umwege und Zusatzqualifi-kationen lohnen, geht aus den Lebenseinkommen hervor, die in dieser Bil-dungsstudie ermittelt wurden (vgl. folgende Grafik). Jeder Ausbildungs-schritt, selbst nach Abzug aller Ausbildungskosten, lohnt sich. Wer eine Lehre absolviert hat, verdient in seinem Berufsleben ca. 600.000 Euro. Wer die Meisterprüfung abgelegt bzw. eine Technikerausbildung abgeschlossen hat, verzeichnet ein zusätzliches Einkommen von 130.000 Euro. Ein Fach-hochschul-Abschluss wird durchschnittlich mit weiteren 270.000 Euro ho-noriert, so dass er es auf ein Lebenseinkommen von einer Million Euro bringt. Besonders groß ist der Einkommenszuwachs des Universitäts-Ab-solventen, denn ein Uni-Abschluss wird mit weiteren 390.000 Euro ent-lohnt. Ihr durchschnittliches Lebenseinkommen beträgt somit knapp 1,4 Millionen Euro.

    4 2 6

    51

    38

    11 7 10

    57

    16

    0102030405060

    in v

    .H.

    Berufsabschlüsse (linker Balken 1976, rechter Balken 2013)

    Bildungsverschiebung in Deutschland zwischen 1976 bis 2013

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    „Bildung ist mehr denn je die Grundvoraussetzung für beruflichen Erfolg“, sagt Bildungsforscher Ludger Wößmann vom Ifo-Institut München, der die Bil-dungsstudie zusammen mit seinem Team erstellt hat.3

    Aber nicht nur das Einkommen ist höher, auch das Arbeitslosigkeitsrisiko ist geringer. So betont Wößmann, dass Absolventen eines Universitätsstudi-ums zum Personenkreis zählen, der das niedrigste Risiko hat, arbeitslos zu werden. Hinzu kommt, dass die Diskrepanz zwischen ungelerntem Arbei-ter und Akademiker im Laufe der Zeit immer größer wurde. So lag in den vergangenen 30 Jahren die durchschnittliche Arbeitslosenquote von Hoch-schulabsolventen nie über 4,0 %. Zuletzt war sie mit 2,5 % weniger als halb so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote. Ähnliches gilt für Fachhoch-schulabsolventen. Schon eine Lehre verringert merklich die Gefahr, ohne Job dazustehen. Das Arbeitslosigkeitsrisiko von Menschen mit abgeschlos-sener Berufsausbildung liegt zwölf Prozentpunkte unter demjenigen von Personen ohne qualifizierenden Berufsabschluss. Das heißt aber auch: Für Geringqualifizierte wird es in unserer Wissensgesellschaft zunehmend en-ger.4

    Nicht übersehen werden darf, dass gerade im akademischen Bereich die Einkommensspreizung beträchtlich ist. An der Spitze rangieren die Medi-ziner, die nicht nur eine Million mehr verdienen als Personen, die lediglich eine Lehre aufweisen, sondern die mehr als doppelt so viel verdienen wie Informatiker, Naturwissenschaftler oder Ingenieure. Am unteren Ende der Akademiker-Einkommensskala finden sich Kulturwissenschaftler und stu-dierte Sozialarbeiter. In der Mitte sind die Juristen angesiedelt, und mit et-was Abstand darunter die Ökonomen. Allerdings sind die Einkommensdif-ferenzen bei den Medizinern besonders extrem, denn die Vertreter der Ap-paratemedizin, insbesondere die Radiologen, verdienen bis zu fünfmal mehr als Hausärzte und Psychiater. Bildung zahlt sich also im Allgemeinen aus, jedoch gilt dies nicht für jeden Berufsabschluss in gleichem Maße. In-nerhalb der einzelnen Bildungsstufen zeigen sich teilweise riesige Unter-schiede.

    3 https://www.welt.de/wirtschaft/article163242993/So-viel-ist-Ihr-Studienabschluss-im-Berufsleben-

    wert.html 4 A.a.O.

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    Interessant ist auch das Ergebnis, dass bei einem Studium die aufgewende-ten Studienkosten über das gesamte Erwerbsleben mit durchschnittlich zehn Prozent jährlich verzinst werden. Die Akademisierung vieler Berufsbe-reiche bringt es aber mit sich, dass Handwerker oft mehr verdienen als Hochschulabsolventen. "Handwerk hat goldenen Boden", dieser Spruch längst vergangener Zeiten hat auch heute nichts an Aktualität verloren, eher trifft das Gegenteil zu. So gibt es insbesondere im Bauhandwerk viele gut be-zahlte Jobs, Gas- und Wasserinstallateure sowie Anlagenmechaniker ver-dienen gutes Geld.5

    Keinesfalls sollte ausgeblendet werden, dass eine Berufswahl nicht aus-schließlich von finanziellen Motiven bestimmt sein sollte. An oberster Stelle steht, ob man mit dem gewählten Beruf zufrieden ist. Umfragen zeigen aber, dass es damit nicht zum Besten steht. So war eines der Ergebnisse der von der ManpowerGroup Deutschland durchgeführten repräsentativen Stu-die zum Thema „Jobzufriedenheit 2017“, dass fast die Hälfte der befragten Arbeitnehmer mehr Frust als Lust bei ihrer Tätigkeit verspüren. Als Ursa-chen wurde die schlechte Bezahlung, mangelnde Anerkennung, Unzufrie-denheit mit dem Arbeitsklima und den Aufstiegschancen genannt. Auch die fehlende Flexibilität der Unternehmen im Bereich Familienkompatibili-tät wurde bemängelt, ebenso die fehlende Karriereförderung in vielen Fir-men. Nicht weniger als 46 % gaben an, den Arbeitsplatz in den nächsten 12 Monaten wechseln zu wollen – ein Ergebnis, dass als überraschend, ja sogar als niederschmetternd, zu bezeichnen ist.

    5 Vgl. https://www.gehaltsvergleich.com/gehalt/Handwerk

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    I.2 Mentale Voraussetzungen 2.1 Was ist Geld, wo kommt es her? Wer sich mit Geld beschäftigen will, benötigt zumindest eine gewisse Vor-stellung davon, was Geld überhaupt ist, wie sein Wert bestimmt wird und wie es in den Wirtschaftskreislauf gelangt. Darüber hinaus ist vor allem für den Sparer und Anleger wichtig zu erfahren, wieso bei uns plötzlich ein derart niedriges Zinsniveau herrscht, was der ökonomische Hintergrund der sog. „Nullzinspolitik ist und welche Rolle die Europäische Zentralbank (EZB) dabei spielt. Wie die Auswertung des Eingangstests ergab, sind es gerade diese Bereiche, über die am wenigsten Klarheit herrscht.

    Wer hat eigentlich das Recht, Banknoten auszugeben, also Geld in Umlauf zu bringen? Das sog. Notenmonopol hat bei uns ausschließlich die Zentral-bank (Deutsche Bundesbank bzw. Europäische Zentralbank), was allge-mein bekannt ist. Setzt sich damit die Geldmenge aus Banknoten und Mün-zen zusammen? Diese Frage wird meistens bejaht, was jedoch nicht richtig ist. Denn heute spielt nicht mehr das Bargeld, also Münzen (die übrigens vom Bund herausgegeben werden, das sog. „Münzregal“) und Banknoten, die entscheidende Rolle, sondern das Giralgeld (Buchgeld). Dieses bringen die Geschäftsbanken in den Umlauf – obwohl sie eigentlich gesetzlich gar nicht dazu ermächtigt sind. Der Staat akzeptiert aber ganz offiziell dieses Geld, denn Steuerschulden, Gebühren und Abgaben können damit bezahlt werden. In der EU beträgt das Verhältnis Buchgeld zu Bargeld ca. 5:1. Die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken wird also vom Staat weitge-hend geduldet, was weitrechende Konsequenzen für das gesamte Wirt-schaftsleben hat. Banken benötigen unmittelbar auch keine Spareinlagen von Kunden, sie vergeben Kredite einfach in Form von Gutschriften auf Kundenkonten. Nur wenn diese Kredite bar abgehoben werden, könnte es zu Zahlungsschwierigkeiten der Banken kommen. Dies ist aber nur zu ei-nem kleinen Teil der Fall, da heutzutage über die meisten Kredite unbar verfügt wird, d.h. das „Geld“ wird auf andere Kundenkonten entweder bei den gleichen oder anderen Banken überwiesen. Im Klartext heißt dies, so-lange die Banken im Gleichschritt marschieren, wenn also die Überweisun-gen von Bank A an Bank B denen von B an A prinzipiell entsprechen, gibt

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    es kaum eine Grenze für diesen Geldschöpfungsprozess.6 Dass mit dieser Schaffung von Geld eine riesige Machtfülle des Bankenapparates einher-geht, dürfte unmittelbar klarwerden. Der Traum der meisten Menschen, ihr eigenes Geld zu produzieren, ist also schon längst Wirklichkeit, eine Wirk-lichkeit allerdings, die gerne im Verborgenen abläuft. Und falls Banken ein-mal in Schwierigkeiten geraten, also sozusagen „überzocken“, dann steht ja der Staat – wie die Bankenkrise von 2008 bewies – Gewehr bei Fuß.

    Viele Menschen glauben, der Wert des Geldes beruhe auf den Goldvorrä-ten, die in den Tresoren der Zentralbank lagern. Aber mit dieser irrigen Meinung sind sie nicht allein. Jahrhundertelang glaubten dies alle und ins-besondere die Herrscher – und nicht zuletzt die meisten Ökonomen –, dass der Wert des Geldes von einem Edelmetall (Gold oder Silber) abhängig sei. Dabei machte es prinzipiell keinen Unterschied, ob die Münzen selbst aus diesem Metall bestanden oder das Geld bei der National-/Zentralbank zum Umtausch in Gold vorgelegt werden konnte. Heute bestreitet kaum noch jemand – abgesehen von ein paar Uneinsichtigen und sogar einigen Weni-gen in der ökonomischen Zunft –, dass der Wert des Geldes in keiner Weise von einem Edelmetall abhängig ist, und ist der Goldschatz in den Tresoren der Zentralbanken noch so groß. Dieser falschen Auffassung hing lange die Mehrzahl der Nationalökonomen an, was besonders verhängnisvoll in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg war, als man mit Gewalt die Goldwährung wie-dereinführte. Nicht zuletzt führte das Streben nach möglichst großen Gold-beständen die damalige Weltwirtschaft in das Chaos, der internationale Handel brach weitgehend zusammen. Nutznießer der dadurch verursach-ten Weltwirtschaftskrise war der Nationalsozialismus mit all seinen Schre-cken.

    Von was ist der Wert des Geldes denn nun abhängig? Das folgende Schau-bild versucht dies zu verdeutlichen. Es kommt allein auf das Verhältnis der Geldmenge zur Gütermenge an, also wie viel Ware (inklusiv Dienstleistun-gen) man für sein Geld bekommt.

    6 Vgl. dazu die reichhaltige herkömmliche Geldliteratur. Kritische Darstellung zur Geldschöpfungs-

    macht der Banken gibt es erst in jüngerer Zeit, so von Horst Seiffert, Geldschöpfung, Die verborgene Macht der Banken, 2014, Stephen Zarlenga, Der Mythos vom Geld – die Geschichte der Macht, 1999 sowie und vor allem Paul Schreyer, Wer regiert das Geld? 2016.

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    Dies versinnbildlicht das Bild einer Waage. Kommt zu viel Geld in Umlauf, so neigt sich die Waage nach links mit der Folge, dass die Warenpreise ansteigen, es kommt zur In-flation. Umgekehrt, wenn Geld aus dem Umlauf abge-zogen wird, so neigt sich die Waage nach rechts, das Über-angebot drückt auf die Preise (Deflation). Diese Gefahr ei-nes allgemeinen Preisverfalls

    versucht die Europäische Zentralbank mit aller Macht zu bekämpfen, denn nichts fürchtet sie so sehr, als einen Preisverfall auf breiter Front. Sie hat dabei jedoch schlechte Karten, insbesondere was die Akzeptanz ihres Han-delns vor allem in Deutschland betrifft. Denn auf Grund unserer Geschichte ängstigen sich die Bundesbürger vor nichts so sehr wie vor einer Inflation.

    Was bei einer Deflation auf den ersten Blick für den Verbraucher erfreulich ist – er erhält ja nun mehr Ware für das gleiche Geld – kann sich aber län-gerfristig als fatal erweisen. Denn wenn Käufer heute davon ausgehen kön-nen, dass morgen die Preise sinken, so werden sie sich mit dem Kauf zu-rückhalten. Dies wurde in Deutschland im Gefolge der Weltwirtschafts-krise in den Jahren 1931/32 schon einmal durchexerziert, und zwar so per-fekt durch systemwidrige Eingriffe des Staates in das Wirtschaftsleben, ins-besondere in das Preisgefüge, dass die Arbeitslosigkeit auf 50 % anstieg und was damit endete, dass das gesamte Wirtschafts- und Gesellschaftssystem kollabierte.

    2.2 Der Zins als Preis des Geldes Was bedeutet dies nun für den Sparer? Soll er angesichts der niedrigen Zin-sen überhaupt noch sparen? Und heißt dies für Investoren, dass sie nun großen Mengen an Krediten aufnehmen sollten, da diese so günstig zu ha-ben sind?

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    Tatsächlich, bei 7 % Ansparzins während der gesamten Laufzeit würde eine Million nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten (die exakte Lösung ist 6,72 %). Aber: Wie realistisch ist diese mit viel Pomp und Werbung groß-artig angekündigte „Millionärsformel“?

    Zum einen der finanzpsychologische Einwand: Es ist wenig realistisch, dass es jemand fertigbringt, 45 Jahre lang jeden Tag 10 Euro auf die hohe Kante zu legen. Viele Menschen überschätzen grundsätzlich ihre Fähigkeit, lang-fristige Verträge (und sei es quasi mit sich selbst) durchzuhalten. Wenn das Beispiel umgesetzt werden sollte, dann müsste der Sparer nicht nur den täglichen Betrag aufbringen, sondern – was noch wichtiger wäre – ihn so anlegen, dass er seinem jederzeitigen Zugriff entzogen wäre. Die Erfahrun-

    Wie werde ich Millionär? Das Sparbeispiel des „neuen“ Carsten Maschmeyer

    „Die Millionärsformel“

    • Man lege täglich 10 Euro auf die Seite • Einmal pro Jahr trägt man das Geld zur Bank • Der Zinssatz beträgt 7 % beträgt. • Welche Summe ergibt sich nach 45 Jahren?

    Milionärbeispiel Maschmeyer tägliche Sparsumme 10 €

    gesparter Betrag pro Jahr (360 Tage) 3.600 €

    gesparter Betrag nach 45 Jahren 162.000 €

    Anlagezinssatz 7,00%

    Laufzeit 45

    Endbetrag 1.028.698 €