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Low N°5 (2/2009)

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Titelblatt: Dan Grzeca | Plakatkunst aus Polen | Emek | Victor Castillo | Urban Knitting | Decoder Ring Design Concern | Merry Karnoswsky Gallery | Canvas Stories: Diederick Kraaijeveld, James Jean, Andrea Offermann, Mateo Heft N°5 (Ausgabe 2/2009) Broschiert: 72 Seiten Magazin Format: 21 cm x 21 cm Veröffentlichungsdatum: 7. August 2009

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Page 1: Low N°5 (2/2009)

LOW K U N S T m a g a z i N · a U S g a b E № 5 0 2 / 2 0 0 9 D € 6 , 3 0

p l a K a T K U N S T a U S p o l E N · E m E K · v i c T o r c a S T i l l o · U r b a N K N i T T i N g · D E c o D E r r i N g D E S i g N c o N c E r N

Page 2: Low N°5 (2/2009)

DAS LOW MAGAZIN GIBT ES AB SOFORT AUCH IM ABONNEMENT. WEITERE INFORMATIONEN AUF WWW.LOW-MAGAZINE.COM/ABO ODER UNTER TELEFON +49 (0) 351 – 2 13 04 57

Page 3: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 3

VICTOR CASTILLO 48

NOTIZEN 5 TERMIN 6 AUSSTELLUNGEN 7 KOMISCH GOTISCH 8 BÜCHER 10 STREET ART: SPY

CANVAS STORIES60 DIEDERICK KRAAIjEVELD62 jAMES jEAN64 ANDREA OFFERMANN66 MATEO

DIE TITELSTORY68 DER TITELBLATTKÜNSTLER

DIESER AUSGABE: DAN GRZECA

HERAUSGEBER & REDAKTIONLow GbRFichtenstraße 1201097 Dresden, Germanyfon: +49 (0)351 2 13 04 57fax: +49 (0)351 2 13 05 65e-mail: [email protected]: http://www.low-magazine.comGeschäftsführung: Mario Marquardt, Danny Winkler

CHEFREDAKTIONMario Marquardt, [email protected] Winkler (dw), [email protected]

ART DIRECTORDanny Winkler

MITARBEITER DIESER AUSGABELilo Krebernik, Andy MacDougall, Christian Woelki,Nadja Poppe, Lurker Grand (lg), Christian Elmer, Louise Bartel, Christin Damian, Iñigo Martínez

TITELBILDDan Grzeca

DRUCKGEMI s.r.o., Prag

VERTRIEBIPS Pressevertrieb GmbH, Meckenheim

ANZEIGENVERANTWORTLICHERMario Marquardt

ANZEIGENVERTRETUNGOFFICE FOR MEDIA Ltd & Co. KGThorsten Petersfon: +49 (0)40 5 55 65 94 31e-mail: [email protected]

Das nächste Heft erscheint am 2. Februar 2010.

Der Herausgeber übernimmt keine Haftung für unangefordert zugesandte Manuskripte, Photos, Illustrationen etc. Diese werden nur nach vorheriger Absprache zurückgesandt. ©2009 Low GbR. Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere dürfen Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste und Internet und Vervielfältigung auf sämtlichen Datenträgern nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung des Herausgebers erfolgen.

POSTERLAND POLEN

EMEK

14

26

I N D I E S E R A U S G A B E

I M P R E S S U M

AUF DIE HERKUNFT KOMMT ES (NICHT) AN

Die Merry Karnowsky Gallery in L.A ist eine der wich-tigsten Galerien des amerikanischen Pop Surrealismus. Seit einem Jahr ist sie auch in der Kunsthauptstadt Berlin vertreten. Christian Woelki war vor Ort.

POSTERLANDPolen ist berühmt für seine anspruchsvollen Kunst- und Kulturplakate. Danny Winkler beleuchtet die polnische Schule der Plakatkunst und bat den Plakatkünstler Wieslaw Walkuski zum Kurzinterview.

THE THINKING MAN’S POSTER ARTISTDer amerikanische Künstler Emek macht Plakate für intelligente Menschen und beschreitet dabei neue Dimensionen in der Plakatkunst. Mario Marquardt stellt ihn vor.

GOURMETWüRSTE & KUNSTDRUCKEDie texanische Grafikdesign-Firma Decoder Ring Design Concern ist mehr als eine Werbeagentur. Andy MacDou-gall fand im Interview mehr heraus.

OFF THE WALLDaß Rockposter-Künstler nicht nur Rockposter machen können, zeigt uns Lilo Krebernik in Wort und Bild. Er stellt uns einige Art-Toy-Kreationen von Posterkünstlern vor.

MANN FRISST MANNDer chilenische Maler Victor Castillo spricht im Inter-view über seine Kunst und den Einfluß der ehemaligen Militärdiktatur in seinem Land.

GUERILLA-STRICKENMagda Sayeg strickt für ihr Leben gern. Wir fanden her-aus, warum ihre Leidenschaft zur Graffiti-Kunst gehört.

14

12

26

36

42

48

54Diederick Kraaijeveld spricht in seiner Canvas Stroy über diesen Schädel aus uraltem Holz.60

AUSGABE NO.5 · 2/2009 – AUGUST BIS jANUAR

Page 4: Low N°5 (2/2009)

4 Low Magazin

E D I T O R I A L

ls ich vor einigen Jahren selbst noch leidenschaftlich Plakate gestaltete und mit Muskelkraft

druckte, war ich fest davon überzeugt, daß das was ich da tat Kunst sein müsse. Es waren

weniger der handgemachte Charme und die gezeichneten Vorlagen die mich auf den Gedan-

ken brachten, mein Zeug als »Kunst« zu bezeichnen. Es war wohl mein Bauchgefühl, das mir

vorgaukelte, bei meinen Sachen überwiege die Seele im Vergleich zum Nutzen. Das klingt

inzwischen wie eine naive Ausrede. Natürlich – heute bin ich schlauer. Kunst geht oft viel

weiter, als sich von der neuesten Platte einer Rockband inspiriert Bilder einfallen zu lassen.

Aber grundlegend lag ich damals gar nicht so falsch. Das Plakat ist ein Medium, das von

vielen verschiedenen Leuten gebraucht, genutzt und benutzt wird und auch durchaus Kunst

sein kann. Heute überwiegt meist der kommerzielle Nutzen und der informative Charakter

der Plakate, weil sie hauptsächlich von Werbeagenturen gestaltet werden. Es ist ein wenig in

Vergessenheit geraten, daß es auch Künstler gibt, die das Plakat als persönliches Ausdrucks-

mittel verwenden. In unserem Nachbarland Polen zum Beispiel war das Plakat in Künstler-

hand. Dort wurde das kulturelle Kunstplakat über viele Jahrzehnte gepflegt und geachtet. Im

Artikel »Posterland« in diesem Heft stellen wir Euch die polnische Schule der Plakatkunst

vor. Neben dem polnischen Kunstplakat kommt auch das Rockposter in diesem Heft nicht

zu kurz. In unserer Geschichte über Emek zum Beispiel, dem amerikanischen Plakatkünstler,

zeigen wir wie intelligent und innovativ Rock’n’Roll-Plakate sein können.

Seit unserer ersten Ausgabe begleitet uns die Plakatkunst und sie wird uns sicherlich auch in

Zukunft nicht kalt lassen. Dort haben wir, die Low-Redaktion, schließlich unsere Wurzeln

und dort fanden wir praktischen Zugang zur großen Welt der Kunst.

Zum Schluß noch ein paar interne Worte zum Erscheinungsbild dieses Heftes: Low hat

gründlich aufgeräumt. Um Euch mehr Platz beim Lesen zu geben, haben wir die englischen

Übersetzungen gestrichen. Low gibt es ab jetzt also wieder einsprachig. Da wir uns als

Kunstmagazin verstehen und nicht nur über Kunst BERICHtEN wollen, stellen wir ab die-

ser Ausgabe unsere titelblätter exklusiv Künstlern zur Verfügung. Ein Sieg für die Kunst! Das

titelblatt dieser Ausgabe gestaltete Dan Grzeca aus Chicago. Wer er ist, könnt ihr ab Seite 68

lesen. Viel Spaß mit Low Heft Nummer 5!

Danny Winkler

A

Das Titelblatt dieser Ausgabe von

Dan Grzeca.

Exklusiv für Low hat der Chicagoer

Künstler davon eine limitierte Auf-

lage gedruckt. In unserem Online-

Shop auf www.low-magazine.com

gibt es die ca. 48 mal 64 Zentime-

ter große Serigraphie zu kaufen.

Die Grafik ist ein Siebdruck in fünf

Farben auf hochwertigem French

Paper. Nummeriert und vom

Künstler signiert.

FOTO

: NA

DjA

PO

PPE

Page 5: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 5

TERMIN

F L A T S T O C K E U R O P E 4

Hier in Europa bietet sich selten eine

andere Möglichkeit, Hunderte von

Konzertsiebdruckplakaten am Stück

sehen zu können, als beim Besuch der Flat-

stock Postershows in Hamburg.

jedes jahr reisen Posterdesigner aus ganz Eu-

ropa und den Vereinigten Staaten nach Ham-

burg, um den Fans und Sammlern handge-

machte Siebdruckplakate zu zeigen und zum

Kauf anzubieten.

Seit 2006 wird die amerikanische Postershow-

Reihe auch in Europa veranstaltet. Die vom

American Poster Institute ins Leben gerufe-

nen Flatstock-Shows finden in den USA wäh-

rend großer Musikfestivals in San Francisco,

Austin, Chicago und Seattle statt. Nach die-

sem Vorbild banden die Initiatoren auch die

europäische Adaption ins Rahmenprogramm

eines Musikfestivals ein. Das »Reeperbahnfes-

tival«, das ebenfalls 2006 ins Leben gerufen

wurde, bot dafür die besten Möglichkeiten. In

Hamburgs Stadtviertel St. Pauli finden dazu in

vielen Clubs und anderen Veranstaltungsorten

Konzerte verschiedenster Indiebands statt.

Der Festivalbesucher kann mit seinem Ticket

von Club zu Club ziehen und sich das ganze

Wochenende Bands anschauen. Im Zentrum

des Geschehens, auf dem Spielbudenplatz

direkt an der Reeperbahn, stehen dann die

Stände der Flatstockkünstler.

Bei Redaktionsschluß standen 48 Bands für

das diesjährige Festival fest. Darunter unter

anderen Dinosaur jr., Sophia, The Editors,

Orka feat. Yann Tiersen und Tele. Auch die

Flatstockfraktion kündigt Stars ihres Genres

an. Zugesagt haben bisher jay Ryan, Tara Mc-

Pherson, Lil Tuffy, Diana Sudyka und andere.

■ (dw)

Flatstock Europe 4 beim Reeperbahnfestival 2009

vom 24. bis 26.09.2009 · Hamburg, Spielbuden-

platz · Der Besuch des Flatstock-Geländes ist

kostenlos! · www.reeperbahnfestival.com

Low Magazin 5

FOTO Danny Winkler, Archiv

Page 6: Low N°5 (2/2009)

U N D E R G R O U N D - P L A K A T EI N D R E S D E N

AUSSTELLUNGEN

Seit 101 jahren

pflegt die Lon-

doner Nahver-

kehrs-Gesellschaft,

die London Under-

ground oder heute

die Transport for

London, eine schöne

Tradition. Sie gibt

Kunstplakate in Auf-

trag und wirbt damit

für ihre U-Bahn. Eine

Retrospektive dieser

Plakatkunst ist in

diesem Sommer zu

Gast in Dresden. Aus

den 1000 Original-

entwürfen, die das

London Transport

Museum inzwischen gesammelt hat, zeigt das

Dresdner Verkehrsmuseum eine Auswahl von

Arbeiten aus allen jahrzehnten.

Obwohl es in dieser Ausstellung um Plakate

geht, ist es im Prinzip keine Plakatausstel-

lung, denn gezeigt werden hauptsächlich die

Originalentwürfe der Künstler und Grafikde-

signer. Die Tätigkeit des Plakatmalers war da-

mals noch ein richtiger Beruf. Das älteste Bei-

spiel in der Ausstellung, aus dem jahre 1911,

zeigt den Entwurf von Alfred France, der das

gesamte Plakat inklusive seiner Schrift mit

Gouache-Farben malte – eine recht typische

Arbeitsweise in den jahrzehnten vor der Ver-

breitung von Computern. Aber auch Arbeiten

aus den letzten jahren zeigen echte künstleri-

sche Handarbeit für die Plakate, obwohl die

Kunst sich dann auf die Malerei oder die Gra-

fik beschränkte. Der typographische Teil der

Plakate wurde später durch Schriften aus dem

Computer ergänzt, ganz im Sinne der Verein-

heitlichung in der modernen, Werbegrafik.

Die Ausstellung zeigt einen hervorragenden

Querschnitt durch ein ganzes jahrhundert

des britischen Grafikdesigns. Zudem werden

Videos über die Plakatherstellung vorgeführt

und verschiedene Arbeitsmaterialien der da-

maligen Künstler und Designer präsentiert. ■ (dw)

»The Art of the Poster – Plakatkunst aus Lon-

don« läuft noch bis zum 30. August 2009 im Ver-

kehrsmuseum Dresden, Augustusstraße 1, 01067

Dresden · www.verkehrsmuseum-dresden.de

Alfred France’ Originalentwurf für ein Plakat der Londoner U-Bahn weist den Weg in

den Ausstellungsraum mit unter anderem 60 weiteren Originalentwürfen aus einem

Jahrhundert. FOTO Danny Winkler

6 Low Magazin

Noch bis zum 20. August läuft in der

Berliner Galerie Bongout die Ausstellung

»ATAK vs. Blexbolex« und zeigt Arbeiten

von zwei herausragenden Illustratoren

und Comic-Künstlern.

Georg Barber alias ATAK (siehe Abb.)

wuchs in der DDR auf und gründete

bereits 1989 die Comicgruppe »Renate«

und das gleichnamige Magazin. Später

wurde er ein erfolgreicher Professor für

Illustration. Er lehrt an verschiedenen

Gestalterschulen im In- und Ausland. Er

veröffentlicht Bücher und ist Kolumnist

bei der Zeitschrift »Das Magazin«.

Bernard Granger alias Blexbolex ist ein

in Berlin lebender Franzose. Auch er

kommt aus der Comicbranche und ist

ein erfolgreicher Illustrator vieler Bü-

cher.

Beide Künstler beweisen in ihren Arbei-

ten einen subtilen und intelligenten Hu-

mor und pflegen laut Galerieinfo einen

»schnörkellosen Vintage-Stil«. ■ (dw)

»ATAK vs. Blexbolex« noch bis zum 20. Au-

gust 2009 im Bongout Showroom, Torstr.

110, 10119 Berlin · www.bongout.org

A T A K v s . B L E X B O L E X

Page 7: Low N°5 (2/2009)

Die Milch aus Mutters Brust verfehlt knapp den Mund

des überrascht blickenden Jesuskindes in ihrem Arm und

auch der Heilige im Bild rechts scheint sich des Ernstes

seiner Situation nicht bewußt zu sein – Die Ausstellung

»La edad de oro del arte valenciano« in Valencia förderte

nicht nur religiöse Ernsthaftigkeit aus dem Mittelalter zu

tage. FOTOS Nadja Poppe

La edad de oro del arte valenciano – Das

goldene Zeitalter der valencianischen

Kunst. Der Ausstellungstitel spielt auf

die häufige Verwendung von Blattgold in den

Malereien damaliger Zeiten an.

Die mittelalterliche gotische Kunst stand noch

voll und ganz unter dem Pantoffel der Kirche.

Die Handwerksgilden der Maler fertigten Bil-

der für Altäre und andere Ausschmückungen

des Kirchenraums. Freie Kunst, in dem Aus-

maß wie wir sie heute kennen, gab es damals

kaum.

Die Ausstellung im Museo de Bellas Artes im

spanischen Valencia zeigte eindrucksvoll wie

grotesk, phantasievoll und humorvoll die da-

maligen Maler zu Werke gingen. Sie ermög-

lichte neue Sichtweisen auf eine angestaubte

Kunstepoche. Hier hatte man die Gelegenheit,

nicht nur Altarbilder einmal aus aller Nähe

zu betrachten. In den großzügig angelegten

Altar-Installationen in den Kirchen gingen

vermutlich viele Details unter. Von einem

der Bilder lächelt einem herzlich ein Mönch

entgegen, obwohl ein riesiges Messer seine

Schädeldecke spaltet und ein zweites in sei-

ner Herzgegend steckt. Die freiwillige oder

auch unfreiwillige Komik dieser uralten Bilder

und Ikonen ließ den Ausstellungsbesucher

staunen und schmunzeln: Da gab es hübsche

gelockte Pferde die aus einem Disney-Mär-

chen entsprungen schienen oder ein recht

niedliches Minischaf mit seinem eigenen Hei-

ligenschein aus Blattgold, das ganz treuherzig

die Gestalt seines Hirten anschaut. Die Frage,

die sich beim Betrachten dieser Werke auftat,

war nicht nur die nach den dargestellten Hei-

ligen, ihren Martyrien und ihrer Bedeutung.

Man war sich auch nicht ganz im Klaren da-

rüber, wo die naive Darstellungsweise endete

und die Parodie begann. In jedem Fall fiel ein

wenig Licht in das sonst recht finster darge-

stellte Mittelalter.

Viele dieser bemalten Holztafeln erinnern

stark an moderne pop-surrealistische Werke,

die oberflächlich betrachtet ähnlich mit Ko-

mik, Groteske und einer überzogenen Dar-

stellung spielen. So wirkt vieles erstaunlich

modern und steht zeitgenössischen Comic-

Malern und Künstlern des Pop Surrealismuses

in Bezug auf Ideenreichtum und phantasievol-

ler Gestaltung in nichts nach. ■ (dw)

AUSSTELLUNGSRüCKBLICK

K O M I S C H G O T I S C H

Low Magazin 7

Page 8: Low N°5 (2/2009)

BüCHER

Nach Derek Yaningers Buch »Wilds-

ville« ist nun mit jay Strongmans

»Tiki Mug« (Krug) das zweite Buch

zum Thema Tiki bei Korero Books erschienen.

Doch wer glaubt hier nur ein Buch über Mugs

vorzufinden, wie es ja der Titel vermuten läßt,

täuscht sich gewaltig. Auf den ersten 60 Sei-

ten wird in verschiedenen Kapiteln das Phä-

nomen Tiki allgemein aufgezeigt. Für alle die

das längst vergriffene Buch von Sven Kirsten

»The Book of Tiki« nicht ergattern konnten,

ist mit diesem Buch Ersatz gefunden. Auf über

100 Seiten in diesem Buch kommt aber auch

der Liebhaber und Sammler von Tiki Mugs

ganz auf seine Kosten. Alles was Rang und

Namen hat: Tiki Farm, Munktiki, Porcelanas

Pavón, Gecko’z South Sea Arts und weitere –

und die Top-Künstler wie Shag, Bosko, Crazy

Al, Ocea Otica und Tiki Diablo sind vertreten.

Dies mit über 250 wunderschön inszenierten

Abbildungen von Mugs. ■ (lg)

T I K I M U G S

Die beiden Herausgeber von Korero Books

selbst, haben sich dem Thema der Visuali-

sierung von Burlesque Anlässen in diesem

wunderschönen Buch angenommen. Dies

geschieht durch die Plakate oder Flyers die

auf die Anlässe hinweisen. Und sie sind alle

hier zu finden; die schönsten, wildesten,

meist hänselnden Burlesque Poster. Einige

präsentieren sich subtil wie ein Fantanz, an-

dere frech wie sich drehende Quasten. Dies

aus der Zeit der Folies Bergère von 1880 bis

in die London Neo-Burlesque Epoche von

2008. Mehr als 150 Plakatmotive auf 170 Sei-

ten illustrieren die Geschichte des bumping

und grinding, des Flirten und der Subver-

sion. Alle die auf

der Suche nach

der Entwicklung

dieser besonde-

ren Kunstform

sind, finden in

diesem Buch al-

les Wesentliche.

Größen wie Glen

Barr, Alan Forbes,

Mitch O’Connell, Shag, Derek Yaniger, Mi-

chel Casarramona, Rockin’ jelly Bean, The

Pizz und viele weitere tragen dazu bei. ■ (lg)

Yak El-Droubie & Ian C. Parliament »Burles-

que Poster Design – The Art of Tease«

in englischer Sprache · 170 Seiten

Koreo Books · 25,00 Euro · klangundkleid.de

B U R L E S Q U EP L A K A T E

Jay Strongman »Tiki Mugs – Cult Artifacts of

Polynesian Pop« · in englischer Sprache · 170

Seiten · Koreo Books · 30,00 Euro

www.klangundkleid.de

Burlesque-Poster von Gollin Gordon

Das Buch zeigt auf 170 farbigen Seiten mehr als 150

Burlesque Plakatmotive

8 Low Magazin

Page 9: Low N°5 (2/2009)

Seit er fünfzehn ist, hört David Biene

Rockabilly und Rhythm’n’Blues, und be-

sucht seit Anfang 2000 regelmäßig Hot-

Rod-Festivals. Dort fotografiert der 30-jährige

die europäische Interpretation der »Roaring

50s«.

David Biene lebt und arbeitet als freischaf-

fender Fotograf in Berlin, wo er hauptsächlich

die Großen und Noch-Nicht-Ganz-Großen der

internationalen Musik-, Literatur- und Schau-

spielwelt für nationale und internationale

Magazine und Managements vor die Kamera

bittet.

Nach einigen Ausstellungen und Ausstel-

lungsbeteiligungen zwischen japan, dem Li-

banon und Deutschland konzentrierte er sich

seit mehreren jahren neben der täglichen

Arbeit auf seinen ersten Foto-Bildband »Hop-

ped-Up«, der im juni 2009 im Verlag Onkel &

Onkel erschien.

In einer beeindruckenden Kombination aus

anspruchsvoller Fotografie und Interviews do-

kumentiert David Biene authentische Charak-

tere – ohne Inszenierung, Wiederholung oder

Retusche. Er begleitete die Szene über fünf

jahre von Spanien bis Norwegen, auf Treffen,

Rennen sogar bis hinein in die Garagen und

Wohnzimmer der Protagonisten. Das sind für

ihn nicht in erster Linie die »Hot Rods«, die

aufgemotzten alten Fahrzeuge. Ihn interessie-

ren die Menschen: Topchops und Flatheads,

ölverschmierte Schrauber, mit Pomade fri-

sierte Rockabillies, flankiert von tätowierten

Wasserstoffblondinen an wilden Renn- und

Tanzwochenenden. Um dem Leser und Be-

trachter ein einzigartiges Gefühl für diese

Atmosphäre zu geben, liegen dem Buch zwei

CDs bei, die die Musik der Szene, als auch das

Renngefühl weitergeben. ■ (onkel&onkel)

David Biene

»Hopped-Up – European Hot Rod Culture«

in englischer Sprache · 240 Seiten + 2 CDs

Onkel & Onkel · 29,00 Euro

BüCHER

D A V I D B I E N E : H O P P E D - U P

Low Magazin 9

Page 10: Low N°5 (2/2009)

10 Low Magazin

Der spanische Künstler SpY begann

bereits in den Achtzigern mit seiner

künstlerischen Karriere. Seine ers-

ten Arbeiten in den Straßen Madrids waren

Graffitis. Experimenteller arbeitete er ab den

frühen Neunzigern. Er modifizierte Reklame-

tafeln, klebte riesige Plakate und griff in das

Stadtleben ein.

SpY nutzt das, was ihm im Stadtgebiet zur

Verfügung steht, um damit spielerisch zu ar-

beiten. Er reproduziert urbane Elemente um

sie verändert in das Stadtbild zu integrieren.

Seine Arbeiten sind voller Ironie und Witz. Ein

Lichtblitz und ein Lächeln für jeden, der im

trägen Trott der Stadt gefangen ist.

SpY ist kein Zerstörer, kein untalentierter

Schmierer. Er geht sehr subtil mit seiner Um-

gebung um. Er beobachtet sein Umfeld und

reflektiert es mit Humor. Er ist ein Spion der

Straße. ■ (dw)

STREET ART

S P I O N D E R S T R A S S E

Page 11: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 11

Page 12: Low N°5 (2/2009)

12 Low Magazin

Dunkel wird es wird langsam in

der torstraße. Wie die meisten

Galerien in Berlin-Mitte hat auch

die Merry Karnowsky Gallery ei-

gentlich schon geschlossen. Doch Gregory

teodori hat gerade das Licht angemacht,

setzt sich noch einmal hinter seinen Schreib-

tisch und schiebt erneut die CD in seinen

Computer, die ihm der nette aber doch ir-

gendwie seltsame typ in die Hand gedrückt

hatte, der vor ein paar Monaten plötzlich in

der Galerie stand. Fast hätte er sie zwischen

den Stapeln von Postkarten, CDs, Flyern

und Bildern, die jede Woche bei teodori

landen, nicht mehr gefunden. Nun schaut er

sich Ernesto Canovas’ Menschen mit Hasen-

köpfen schon zum achten oder neunten Mal

an und überlegt. Gleich wird er zum Hörer

greifen und in L.A. anrufen. Gregory muß

Merry endlich von dem Spanier erzählen. Er

soll teil von MKG werden.

Seit einem Jahr gibt es in Berlin eine

Zweigstelle der Merry Karnowsky Gallery

(MKG) aus L.A. Gezeigt werden hier wie

dort Künstler der so genannten Lowbrow-

Szene. Beging die MKG in Kalifornien ihr

10-jähriges Bestehen im Jahr 2007, so feierte

die Galerie in der torstraße gerade ihr ers-

tes Jubiläum mit der Ausstellung »Hard Left

2«, der achten nach der Eröffnungsausstel-

lung »Hard Left«. Neben bekannten Namen

wie Mark Ryden, travis Louie, Miss Van

oder Camille Rose Garcia, die auch bereits

in L.A. zu sehen waren, wurden dort MKG-

Neuzugänge wie der anfangs erwähnte Er-

nesto Canovas, Blue & Joy oder der Berliner

Graffiti-Künstler Superblast gezeigt. Letz-

terer drückte Galerieleiter Gregory teodori

sein Buch im März 2008 bei der Galerieer-

öffnung in die Hand, wodurch der Jahrestag

nicht nur einen Kreis schließt.

Gregory teodori, ein 52-jähriger Glatz-

kopf mit imposantem Schnauzbart, arbei-

tete mit Merry Karnowsky schon in L.A.

zusammen, als sie noch die tamara Baine

Gallery leitete. Dort ging es darum, mög-

lichst viel möglichst teuer zu verkaufen und

viele der Künstler, die Merry mochte und

gerne unterstützt hätte, hatten in der Gale-

rie keine Chance. 1997 gründete sie MKG

und Gregory wurde bald Assistant Director.

Ihre erste Ausstellung zeigte todd und Ka-

Auf Die Herkunftkommt es (nicHt) Anzum 1. geburtstag der Merry Karnowsky Gallery Berlin

TEXT Christian Woelki

thy Schorr, es folgten Kent Williams, Dälek,

FriendsWithYou und viele andere, die heute

weit über die USA hinaus bekannt sind. Als

es darum ging, einen weiteren Ausstellungs-

raum zu eröffnen und New York schnell als

zu offensichtlich abgetan wurde, kam ein

Zufall zu Hilfe. Gregory flüchtete Anfang

2007 vor dem Wahnsinn seines 50. Geburts-

tages nach Berlin und verliebte sich sofort

in die Stadt. »this is the place« übermittelte

er nach L.A. und bewies Weitsicht gegen-

über der zweiten Wahl England. »London

hätte 10-mal mehr gekostet und jetzt ist ihre

Wirtschaft völlig den Bach runter…« fühlt

sich teodori heute bestätigt.

Wenn er heute aus dem Fenster seiner

Wohnung im obersten Stock eines Platten-

baus in Mitte auf den Fernsehturm schaut,

muß er lächeln, wenn er an den Rest des

Jahres 2007 denkt. »Wir haben den Rest des

Jahres die ganze Stadt abgesucht, Charlot-

tenburg, Friedrichshain, Mitte. Man erzählte

uns, daß hier zwischen August- und Lini-

enstraße die alte Garde zu finden wäre. [...]

Mir gefällt, daß hier in der Nähe der tor-

straße die ehemalige Grenze verlief. Diese

Page 13: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 13

Straße ist wie die Grenze, sie ändert sich an-

dauernd.« teodori und Karnowsky konnten

natürlich nicht ständig in Berlin sein für ihre

Suche nach den richtigen Räumlichkeiten.

Es war schließlich die in Berlin lebende Ma-

lerin, Filmemacherin und Musikerin Dani-

elle de Picciotto, die ihnen zu ihrem jetzigen

Standort in dem angesagten Galerienviertel

verhalf.

Mittlerweile haben sich teodori und die

MKG eingelebt in Berlin. Mit einigen be-

nachbarten Galerien ist man befreundet,

besucht sich nach Ladenschluß oder geht

gemeinsam die Nächte durchfeiern. Einige

Künstler, die bei Merry Karnowsky ausstel-

len wollen, offenkundig aber nicht wissen,

wie deren Programm normalerweise aus-

sieht, empfiehlt Gregory auch schon mal

an andere Galeristen, wenn ihm der künst-

lerische Ansatz zusagt. Allerdings komme es

in Berlin sehr auf die Herkunft, sowohl der

Kuratoren als auch der Künstler an, so teo-

dori. Viele der alt eingesessenen Galerien

beäugten es eher skeptisch, wenn Gregory

so offen auf sie zuging und auch noch Leute

empfahl, die er selbst gar nicht kannte oder

bei sich ausstellen wollte. »Unser Fokus liegt

hauptsächlich auf Gemälden, Zeichnungen

oder Drucken aus den Bereichen Pop Sur-

realismus, Cartoon Surrealismus und Stra-

ßenkunst«, erklärt der Gallerist den Ansatz

von MKG. Dabei ist Gregory immer offen

für Neues. Er gab in seinem ersten Jahr ne-

ben Ernesto Canovas, Superblast und Blue

& Joy auch Maryrose Crook aus Neuseeland

eine Chance, so wie er Anfang 2009 anläß-

lich des Mauerfall-Jubiläums entgegen dem

Grundansatz von MKG mit dem Berliner

Szene-Urgestein und Berghain-türsteher

Sven Marquardt auch eine reine Fotoausstel-

lung eines gebürtigen Berliners kuratierte.

Derzeit überlegt er zusammen mit Merry,

welche dieser Künstler sie in das L.A.-Pro-

gramm integrieren können.

In der torstraße steht währenddessen ein

Künstler auf dem Programm, der eine lange

und enge Beziehung zur MKG vorzuweisen

hat und seit dem Wahlkampf von Barack

Obama wohl einer der bekanntesten Pos-

terkünstler der USA geworden ist: Shepard

Fairey a.k.a. Obey Giant. Ihm wird im Juni

eine Print Retrospektive gewidmet, wo ne-

ben äußerst raren Posterdrucken auch eine

neue Kollage zu sehen sein wird: Ein Portrait

Mustafa Kemal Atatürks, des Begründers

der modernen türkei. Diese Persönlichkeit

wollte Fairey natürlich nicht zufällig zuerst

in Berlin präsentieren, sind es in Deutsch-

land doch gerade die türken, die in ähnli-

cher Form wie die Afro-Amerikaner in den

USA eine herausragende Stellung unter den

Minderheiten des Landes mit immer noch

nicht gelösten Integrationsproblemen ein-

nehmen.

Es folgen eine weitere Gruppenausstel-

lung von Juli bis Oktober, Kill Pixie im No-

vember und zum Jahresausklang eine Solo-

Show von Blue & Joy, welche hoffentlich

ähnlich über die Galerie herfallen wird, wie

ihre beiden phantastischen »Hard Left 2«

Beiträge. Doch bevor nun die Obey-Drucke

an die Wände kommen, ist Gregory mit

dem Kopf schon einige Monate weiter: »Wir

schließen gerade die Planung des nächsten

Jahres ab und hoffen, daß wir einige neue

Crossover zwischen L.A. und Berlin hinbe-

kommen.« Lange Nächte sind da wohl vor-

programmiert. ■

Merry Karnowsky Gallery · Torstraße 175 · 10115 Berlinwww.mkgallery.com

Page 14: Low N°5 (2/2009)
Page 15: Low N°5 (2/2009)

Was ist schon ein

gutes Plakat? Da

scheiden sich

die Geister. Die

einen mögen es

schön dekorativ,

manche mit Witz oder intelligenten Hinter-

gedanken und dann gibt’s noch so manchen

Firmenchef, der kann die Qualität seiner

Plakate nur an seinen Umsatzzahlen erken-

nen. Eigentlich läßt sich aber feststellen, daß

ein Plakat dann gut ist, wenn es seine Wirk-

dauer überleben kann, wenn das Datum der

beworbenen Veranstaltung längst vorüber

ist oder es durch eine neue Werbekampa-

gne ersetzt wurde. Erst wenn es nicht mehr

in den Straßen hängt, sondern seinen Platz

an Küchen- und Wohnzimmertapeten be-

kommt, in Sammlerschubladen verschwin-

det oder sogar den Weg ins Museum findet,

dann kann man wohl ganz diplomatisch von

Die polnische

Schule der

Plakatkunst

TEXT Danny Winkler

einem guten Plakat sprechen. In Polen gibt es

besonders viele dieser guten, museumswür-

digen Plakate.

Von DER KUnST zUM DESign UnD zURÜCK zUR KUnSTNicht jeder weiß es, aber unser Nachbarland

im Osten ist ein Land, das für seine Plakate

weltberühmt und hoch angesehen ist. Man

spricht hochachtungsvoll von der polnischen

Schule der Plakatkunst. Diese Schule prokla-

miert keinen festen Stil oder orientiert sich

an einem Manifest. Diese Schule nutzt das

Plakat als künstlerische Ausdrucksform. In

Polen ist das Plakat Kunst! Warum aber ist

gerade in Polen das Plakat so sehr angesehen

und warum entwickelte es sich gerade dort

zu einer Kunstform? Allgemein wird das Pla-

kat als Vermittler und Werbeträger nicht der

Kunst zugeschrieben. In den Designschulen

vieler Länder wird es als Designprodukt be-

posterland

Abb. linke Seite:

Stasys Eidrigevicius

Plakat zum Theaterstück

»Onkel Wania«

1989

Low Magazin 15

Page 16: Low N°5 (2/2009)

16 Low Magazin

links:

Franciszek Starowieyski

»Marriage«

1961

rechts:

Jan Sawka

Plakat zum jazzfestival »jazz nad Odra«

1978

16 Low Magazin

Grund emotional wie auch rational ausdrü-

cken kann. Das intensive Naturempfinden,

das ein guter Künstler hat, ließ sich nun auch

auf eine lebendige Stadtkultur anwenden.

Das waren genau die Voraussetzungen, um

für Kulturveranstal-

tungen wie theater,

Operette, Konzerte und

Kabarett zu werben.

Erst mit dem steigen-

den Einsatz in der Industrie und auf kom-

merziellem Gebiet verlor das Plakat seine

künstlerische Note und verkam langsam

zum Packesel kapitalistischer Interessen. Das

Plakat sollte hauptsächlich Produkte verkau-

fen. Anstatt künstlerische Vorbildung waren

dabei nun andere Voraussetzungen gefragt

– marktorientierte Psychologie zum Beispiel.

Diese Entwicklung fand nach dem zweiten

Weltkrieg vorwiegend in den kapitalistischen

Ländern statt. In Polen dagegen, wo man

einen kommunistischen Weg eingeschlagen

hatte, war das Interesse an verkaufsfördern-

den Maßnahmen nicht sonderlich hoch. Die

polnische Obrigkeit erkannte schnell die

Macht der Plakate auf das Volk und begann

dieses Genre zu fördern. Natürlich nicht

ohne eigenen Nutzen aus der Sache zu schla-

gen, denn in den Jahren nach dem Krieg ge-

brauchten die Polen das Plakat zum Großteil

noch für ihre politische Propaganda. Später,

in den fünfziger Jahren, knüpften polnische

Maler und Grafiker wieder dort an, wo die

frühen Franzosen aufhörten. Sie begannen

wieder verstärkt Kunstplakate für kulturelle

Veranstaltungen zu gestalten. »Kunst wirbt

für Kunst«, war die Devise.

handelt, das seine festgelegten Funktionen

hat und sie auch erfüllen soll. Da Kunst in der

Regel den Anspruch hat, keinen bestimmten

praktischen Nutzen zu erfüllen und Design

nun mal funktionell sein sollte, wird der Aus-

druck »Plakatkunst« eigentlich zu einem in

sich widersprüchlichen Begriff.

Dabei begann alles so schön künstlerisch.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte

sich mit der Erfindung der Farblithographie

das Bildplakat zu einer Spielwiese künstle-

rischen Ausdrucks. Es waren vornehmlich

die Künstler der Avantgarde, die dem Plakat

Kunst injizierten – allen voran die Pioniere

der französischen Plakatkunst Jules Chéret,

Henri de toulouse-Lautrec, Pierre Bonnard

und der tscheche Alfons Mucha. Geübt

durch ihr Leben als Künstler, Maler und Gra-

fiker wußten diese Leute von verschiedenen

Farb- und Formenwirkungen. Sie wußten

wie man sich auf einem zweidimensionalen

»Das Plakat soll singen …« Jan Leneca

Page 17: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 17

Wieslaw Walkuski

Ausstellungsplakat

2002

Low Magazin 17

Page 18: Low N°5 (2/2009)

18 Low Magazin

Franciszek Starowieyski

Plakat zu Dürrenmatts »Frank der Fünfte«

1962

18 Low Magazin

Page 19: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 19Low Magazin 19

UnTER DEM SCHUTz DER KoMMUniSTEnAuch in anderen Ländern gab und gibt es

Künstler, die ähnliche Ansprüche an die

Plakatgestaltung stellten wie die Polen; al-

lerdings blieben es dort weitestgehend Ein-

zelfälle. In Polen wurde das Plakat auf na-

tionaler Ebene gefördert und hatte somit

die Chance, sich über viele Jahre ungestört

entwickeln zu können. Diese künstlerische

Freiheit unter dem Schutz der Kommunisten

ließ die Plakatkunst in Polen aufblühen. Seit

Jahrzehnten wird daher in Polen das Gestal-

ten von Plakaten in den Kunsthochschulen

gelehrt. Ein feiner, aber gravierender Unter-

schied zu anderen Ländern, wo die Plakatge-

staltung meist im Zuständigkeitsbereich der

Designschulen liegt.

Das polnische Plakat entwickelte sich in

seiner Blütezeit – in den fünfziger und sech-

ziger Jahren – zu einer eigenständigen Kunst-

form und avancierte zu einer Art National-

kunst. Jeder in Polen hat durch die Plakate

auf den Straßen Zugang zur Bildenden Kunst

bekommen können, was der Popularität des

Plakates nur dienlich sein konnte. Der reiche

Schatz in Polens Kunstlandschaft hielt sich

aber keineswegs in den nationalen Gren-

zen. Der internationale Ruf des polnischen

Plakates war und ist beispielhaft. Polnische

Plakate gewannen Preise bei Ausstellungen

und auf den einschlägigen Poster-Biennalen

in aller Welt. Polnische Künstler arbeiteten

in Paris oder unterrichteten in Mexiko. 1966

fand zum ersten Mal die Warschauer Poster-

Biennale statt und zwei Jahre später eröffnete

ebenda das erste Plakatmuseum der Welt.

Polen wurden zum Posterland.

DER PLaKaTPioniER PoLEnSEiner der Künstler, der den Weg der polni-

schen Schule der Plakatkunst geebnet hat,

war Henryk tomaszewski. Der Illustrator

und studierte Maler bekam Ende der vier-

ziger Jahre den Auftrag, Plakate für die

Filmvertriebsgesellschaft »Film Polski« zu

gestalten. Seine Werke waren keine gewöhn-

lichen Filmplakate. Er verzichtete darauf,

lediglich Filmausschnitte und die Haupt-

darsteller in heldenhaften Posen abzubilden.

tomaszewski ging sehr unkonventionell und

künstlerisch an die Sache. Er transformierte

die Geschichten und Assoziationen, die der

Film mitbrachte, in seine eigene, teils ver-

schlüsselte Bildsprache. Er konzentrierte die

Essenz der Film- und theatergeschichten in

klare Formen und in flächige Farben. Einen

sehr wichtigen teil nimmt in tomaszewskis

Plakaten die typographie ein – die Schrift-

gestaltung. Er sah davon ab, den Filmtitel in

möglichst plakativen Buchstaben in Szene

zu setzten. Vielmehr benutzte er die Schrift

als eigenständiges Grafikelement, das sich

dem Ganzen unterzuordnen hat. Schon al-

lein diese subtile Herangehensweise, die to-

maszewski pflegte, beschreibt prinzipiell die

Grundpfeiler der polnischen Plakatkunst.

Intelligente Gedanken und Hintergedan-

ken, unkonventionelle Sichtweisen und das

Erkennen einer der Sache innewohnenden

Substanz sind neben der Persönlichkeit des

Künstlers die Dinge, die das polnische Plakat

zu dem gemacht haben, was es ist.

tomaszewskis Einfluß auf die polnische

Plakatkunst war enorm. Als Professor für

Plakatgestaltung an der Warschauer Kunst-

akademie von 1952 bis 1985 förderte er die

künstlerische Eigenständigkeit der Gra-

fikstudenten. Die Plakatlandschaft Polens

wurde mit diesen neuen Geistern reicher. Die

Ernsthaftigkeit und die lakonische Bildspra-

che in der Plakatgestaltung, die sich in den

fünfziger Jahren weiter herausbilden konnte,

waren ein großer Gewinn für die Kunst des

Landes.

EinFLÜSSE & STiLAuch hinter dem eisernen Vorhang blieben

der kulturoffenen Nation Polens die Ent-

wicklungen in der Kunst nicht verwehrt. Der

Kubismus und der Expressionismus hinter-

ließen dabei genauso ihre Spuren wie auch

der Surrealismus und die damals in den

Fünfzigern moderne Abstrakte Kunst. All

diese Stilrichtungen verankerten sich in der

polnischen Kunstszene und vor allem waren

sie der Plakatkunst dienlich. Die Abstraktion

eignete sich hervorragend für den formalen

Gehalt eines Plakates. Um Empfindungen

und persönliche Auffassungen eines theater-

stücks oder einer Oper geschmackvoll wie-

derzugeben, griffen einige Künstler surreale

Elemente auf. Das Kunstplakat Polens sprach

vornehmlich mit seinem Bild und der darin

verstrickten Symbolik durch die individuelle

Page 20: Low N°5 (2/2009)

20 Low Magazin20 Low Magazin

Stasys Eidrigevicius

Plakat zum 100. Todestag von Vincent van Gogh

1990

Page 21: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 21Low Magazin 21

Persönlichkeit des Künstlers. Die Schrift, die

im kommerziellen Werbeplakat so wichtig

geworden war, nahm teilweise eine unterge-

ordnete Stellung ein. Oft diente sie nur der

ornamentalen Vervollständigung der eigent-

lichen Bildwelt, um sie gestalterisch zu unter-

streichen. Viele polnische Plakatkünstler ver-

wendeten dazu ihre eigene Handschrift und

Kalligraphie oder malten das gesamte Plakat

am Stück mitsamt seiner Schrift. Das gab der

Gestaltung buchstäblich die handschriftliche

Note des Künstlers.

Jan LEniCaNeben Henryk tomaszewski gab es weitere

Künstler, denen man großen Pioniergeist in

den glorreichen Zeiten des polnischen Pla-

kates zuschreibt. Einer von ihnen ist Jan Le-

nica, einer der berühmtesten Plakatkünstler

Polens. Der studierte Architekt war nicht nur

ein hervorragender Grafiker, er betätigte sich

auch erfolgreich auf dem Gebiet des Anima-

tionsfilms, zeichnete satirische Illustrationen

für Zeitschriften und war Kunstkritiker. Er

sagte einmal: »Das Wesen des Plakates ist Ab-

wehr und Angriff zugleich: Abwehr vor der

Umgebung, gegen andere Plakate, gegen die

Straßenarchitektur, und gleichzeitig der An-

griff auf den Passanten. Die Methoden des

Angriffs können verschieden sein: Eine der

wirksamsten ist, wie ich es auffasse, der An-

griff durch Überraschung.«

Lenica schlug in seinen Plakaten oft po-

etische und lyrische töne an. Seine Gestal-

tungen sind wie Bildgedichte und melodiöse

Lieder. »Das Plakat soll singen …«, sagte er

einmal. Lenica verwendete wie tomaszewski

sehr einfache Formen, die in ihrer Schlicht-

heit alles vereinten was wichtig war für die

Wirkung des Plakates, für den Angriff und

die Abwehr und die Überraschung.

DiE anDEREnIn den sechziger Jahren gab es in Polen viele

ausgereifte und gute Plakatkünstler. Einer

von ihnen dominierte das Straßenbild Polens

mit seinen Werken in dieser Zeit wie kaum

ein anderer: Roman Cieslewicz. Er war ein

Meister des Experiments in der Formenge-

staltung. Gerade in den Sechzigern stürzte er

sich auf ein Feld, das nicht mehr die tradi-

tionellen Werkzeuge wie Pinsel und Farbpa-

lette benötigte. Cieslewicz beschäftigte sich

hauptsächlich mit Collagetechniken und ar-

beitete mit der Fotografie. Seine durchaus re-

volutionären Ansätze brachten weitere neue

Impulse in die Plakatkunst Polens und präg-

ten sie über Jahre. Weitere neue Injektionen

brachte Franciszek Starowieyski. Bereits in

den sechziger Jahren malte er märchenhaft-

surrealistische Plakate – ein Stil der heute

typisch ist für das polnische Plakat. Staro-

wieyskis Plakate sind anders als die Arbeiten

von Lenica, tomaszewski oder Cieslewicz,

wurden aber doch mit dem selben Feinge-

fühl und dem polnischen Gespür für die

Substanz des beworbenen Werks gemacht.

Die düsteren Farben, die rätselhaften Welten

und die Mehrdeutigkeiten der altmeister-

lich gemalten Plakate eröffneten den Pla-

katkünstlern großartige Möglichkeiten für

schwere Dramen und tragödien in theater,

»Der Salon der Plakate ist die Straße« Henryk Tomaszewski

Henryk Tomaszewski

»Ladies & Hussars«

1977

Page 22: Low N°5 (2/2009)

22 Low Magazin

obere Reihe v.l.n.r.:

Franciszek Starowieyski

»A Year of the Quiet Sun« (1984)

Mieczyslaw Górowski

»Policja« (1982)

Wieslaw Walkuski

»Idioci« (1999)

mittlere Reihe v.l.n.r.:

Sebastian Kubica

»jazz Posters« (2006)

Franciszek Starowieyski

»Twarza w twarz« (1973)

Stasys Eidrigevicius

(2002)

untere Reihe v.l.n.r.:

Stasys Eidrigevicius

»Zamek« (1987)

Joanna Górska & Jerzy Skakun

»Kret« (2008)

Stanislaw Miedza-Tomaszewski

»Cyrk« (1974)

22 Low Magazin

Page 23: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 23

Film und Oper. In den Siebzigern und Acht-

zigern reifte diese Stilrichtung und brachte

viele interessante Blüten hervor. Stasys Eidri-

gevicius, Mieczysław Górowski oder Wiesław

Wałkuski sind auch heute noch beliebte und

gefragte Leute der alten polnischen Schule

der Plakatkunst.

DaS PoLniSCHE PLaKaT HEUTEViele Künstler und Freunde der traditions-

reichen Plakatkultur Polens sehen die Ent-

wicklung dieser Kunstrichtung ab den neun-

ziger Jahren mit eher gemischten Gefühlen.

Seitdem sich Polen ab 1989 einem anderen

politischen System zuwandte, hielt auch der

Kapitalismus wieder Einzug im Land. Der

marktwirtschaftliche Wettbewerb brachte

unzählige konsumorientierte Plakate und

Plakatwände ins Stadtbild. Das anspruchs-

volle Kunstplakat wurde zunehmend von

den Straßen verdrängt und fand seinen Platz

in Nischen intellektueller Kreise, in theatern

und Ausstellungsräumen. Dazu kam die Ver-

breitung des Personalcomputers. Der altein-

gesessene Plakatkünstler Waldemar Swierzy

sagte dazu vor ein paar Jahren in einem Inter-

view: »Heute ist jeder PC-Besitzer überzeugt,

daß er damit alles machen kann, zum Bei-

spiel grafische Zeichen, Logos, Reklame und

Plakate. Aber das sind wertlose Produkte, die

nichts in einem bewegen, wenn man sie an-

schaut. Es gibt alte Plakate, an die man sich

heute noch erinnert, so suggestiv waren sie.

Aus der heutigen visuellen Werbung merken

wir uns fast nichts.«

Die Seele des polnischen Plakates wird

heutzutage von weitaus weniger Künstlern

und Galerien gepflegt. Auch in Polen über-

wiegt inzwischen das reine Konzeptplakat

und unterscheidet sich nur noch selten vom

Kommunikationsdesign anderer Länder.

Wurden früher für importierte Filme noch

extra für den polnischen Markt wunder-

schöne und kreative Kunstplakate angefer-

tigt, so finden heute wie überall die gleichen

Filmplakate Verwendung, die nach ein und

demselben Schema aufgebaut sind.

Die technischen Möglichkeiten, Photo-

graphie und Schrift kinderleicht zu einem

Plakat zusammenzustellen, sind heute weit

verbreitet. Selbst wenn Amateure, Werbegra-

fiker oder Hobbydesigner die gestaltungs-

technischen Grundlagen beherrschen, wird

ihnen immer das fehlen, was die Besonder-

heit des polnischen Kunstplakates ausmacht

– der künstlerische Blick und die Gabe, Seele

in ein Plakat zu bringen. ■

Hubert Hilscher

Zirkusplakat

1964

ABBILDUNGEN MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG VON CONTEMPORARYPOSTERS.COM, DES WILANóW POSTERMUSEUMS IN WARSCHAU UND DER KÜNSTLER Low Magazin 23

Page 24: Low N°5 (2/2009)

24 Low Magazin

Wiesław Wałkuski ist einer der

populärsten Plakatkünstler Po-

lens. Mit seinen dramatischen

und surrealistischen Plakat-

entwürfen inszeniert er wie

ein Regisseur Theaterstücke,

Filme und Konzerte für den

Papierbogen. Wałkuski wurde

1956 in Bialystok in Polen ge-

boren. Er studierte von 1976

bis 1981 an der Kunstakademie

in Warschau. Seit 1987 ist er

freiberuflicher Künstler. Er lebt

und arbeitet in Warschau.

24 Low Magazin ABB. LINKS: WIESLAW WALKUSKI · PLAKAT ZU »DER TRUBADOUR« VON VERDI · 2002 · ABB. OBEN RECHTS: WIESLAW WALKUSKI · PLAKAT ZUR jULES MASSENETS OPER »WERTHER« · 1994

Page 25: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 25

Herr Wałkuski, ihre Bilder sprechen

eine deutliche surrealistische Spra-

che. Woher kommt das?

Surrealistisch? Ich habe nie über die Sprache

meiner Bilder nachgedacht. Ich habe nie ver-

sucht meinen eigenen Stil und meine eigene

Sprache zu erfinden. Das ist alles natürlich.

All das kommt aus meiner inneren Natur, mei-

nem Geist, meiner Lebenserfahrung und mei-

nem Blick auf die Dinge denen ich begegne.

Die meisten ihrer Plakate sind gemalt. Haben

Sie jemals andere Techniken ausprobiert?

Ich bin kein Grafikdesigner. Ich bin ein Maler.

Für mich gibt es keine Notwendigkeit andere

»Offen gestanden:Ich mag keine Plakate!«

Techniken zu benutzen. Offen gestanden: Ich

mag keine Plakate! Ich mag nur die Malerei,

wo auch immer sie zur Anwendung kommt.

Wenn Sie ein Plakat für einen Film oder ein

Theaterstück machen, wie bereiten Sie sich

darauf vor, eine Idee für das Plakat zu fin-

den?

Ich öffne einfach meinen Geist dem Thema

des Films oder des Theaterstücks und versu-

che das Thema zu SEHEN. Nicht irgendetwas

zu erfinden, sondern nur den Inhalt zu SEHEN.

Ich weiß wirklich nicht wie das passiert. Das

ist eine Frage für einen Psychologen.

Was sind ihre Haupteinflüsse?

Mein Leben.

Wieviele Plakate haben Sie bisher entwor-

fen?

Etwa 250.

Was ist die Essenz der polnischen Schule der

Plakatkunst?

Malerischer Gehalt, Intelligenz, Humor, Über-

raschung, Ausdruck, Individualität, nicht

Kommerz – die nobelsten Eigenschaften.

Ist das polnische Plakat von heute noch in

dieser besonderen Position wie in früheren

Jahren?

Absolut nicht. Die guten Zeiten sind vorbei.

Der Kommerz hat die Oberhand.

Was machen Sie neben dem Gestalten von

Plakaten?

Malen natürlich.

Was würden Sie all den jungen Plakat-Künst-

lern da draußen sagen, was das allerwich-

tigste an einem Plakat ist?

Ich würde sagen: Das wichtigste an einem

Plakat bist DU! ■

wieslaw walkuski

Low Magazin 25

Page 26: Low N°5 (2/2009)

26 Low Magazin

Page 27: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 27

THETHINKING MAN’S POSTERARTIST

Low Magazin 27

amerikanische

Posterkunst von

EmekTEXT Mario Marquardt

Page 28: Low N°5 (2/2009)
Page 29: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 29Low Magazin 29

PLAKAT »MARS VOLTA«

58,4 CM x 81,3 CM

SIEBDRUCK IN 3 FARBSCHICHTEN

2008

ABBILDUNG LINKE SEITE:

PLAKAT »THE DECEMBERISTS«

SIEBDRUCK IN 11 FARBSCHICHTEN

2007

Page 30: Low N°5 (2/2009)

30 Low Magazin30 Low Magazin

»UNCLE SAM«

ACRYL AUF KARTON

CD & DVD-COVER FÜR

BAD RELIGION

Page 31: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 31

Kinder viel Zeit im Studio der Eltern, lernten dabei wie

man schweißt, modelliert, druckt und zeichnet und ganz

nebenbei erhielten sie auch ein Gespür für gute Musik,

da im Haus immer irgendwo eine Schallplatte lief. Emek:

»Als wir noch Kinder waren, legten meine Eltern immer

Beatles-Scheiben auf und mein Bruder und ich tanzten

dazu. Als ich zehn Jahre alt war, nahmen sie mich eines

tages aus der Schule, um mich zu einem Konzert von

Pink Floyd mitzunehmen, zu ›the Wall‹ – das hat mich

echt umgehauen, in eine neue Welt abtauchen lassen«

So ließ es sich eben nicht vermeiden, daß auch die

Kinder eine künstlerische Veranlagung entwickelten.

Emeks Schwester fing an Mini-Comics zu malen und

sein Bruder schrieb und illustrierte gemeinsam mit Erich

Origen eine Parodie auf das amerikanische Kinderbuch

»Goodnight Moon« von Margaret Wise Brown. Ihre Pa-

rodie nannten sie »Goodnight Bush«. Worum es in die-

sem Buch geht, braucht man hier wohl nicht weiter zu

erklären. Es wurde jedenfalls ein Bestseller.

Was aus Emek selbst wurde, können wir heutzutage

sowohl auf Konzertpostern als auch auf vielen politi-

schen Plakaten sehen. In einer »ganz normalen« Familie

würde man für solche Werke viel Lob und Anerkennung

ernten, nicht so bei Emeks Familie, den Golans: »Ich

hab zeitig lernen müssen, daß sie nicht leicht zu beein-

drucken sind – wenn deine Eltern, dein Bruder und deine

Schwester alle Künstler sind, erzählen sie die ganze Zeit

wie sie dieses oder jenes besser machen würden, anstatt

dir einfach ein Kompliment zu machen.«

Als Emek anfing Poster zu machen, war es ihm sehr

wichtig nur für Bands zu arbeiten, deren Musik er mag.

Er fand aber schnell heraus, daß es nicht immer darum

geht, die Musik zu mögen, sondern um den Prozess, den

man mit den Künstlern durchzustehen hat. So kann es

schon einmal vorkommen, meint er, daß er mit einer

Band, die er mag, absolut nicht zusammenkommt, da sie

ihn nicht in Ruhe arbeiten läßt und ihre eigenen Ideen

Fast schon bei der Ge-

burt abgeschrieben,

hatte Emek ein sehr

schwieriges, oft tragi-

sches Leben. Nachdem

er als Kind jahrelang

dazu gezwungen wurde, in einem Plutoniumbergwerk zu

arbeiten, gewann er eines von wenigen Bergbaustipendi-

en für die Kunsthochschule. Was er nicht wußte – damit

begannen seine Probleme erst. Auf der Kunsthochschule

schloß er sich den schlimmsten Leuten an, welche, nachdem

sie ihren Abschluß hatten, in die Welt der Kriminalität als

freischaffende Künstler abrutschten. Von ihnen hat man

nie wieder etwas gehört. Die einzige Möglichkeit für Emek,

diesem hoffnungslosem Schicksal WERBUNG, welches

seinen Kollegen widerfahren ist, zu entgehen, war es, ein

Rock’n’Roll-Künstler zu werden.«

Ob es wirklich seine einzige Chance war, mit seinem

talent etwas zu erreichen, wissen wir nicht. Was wir aber

wissen, ist, daß man diesen text mit einem Augenzwin-

kern lesen sollte. Dieser kleine Ausschnitt aus Emeks

selbstverfaßter und auf seiner Webseite nachzulesenden

Biographie liest sich um einiges interessanter als seine

wirkliche. Schon an dieser ironischen Herangehenswei-

se an das eigene Leben kann man erkennen, daß Emek

sich selbst und sein Gesamtkunstwerk nicht allzu ernst

nimmt. Was er aber sehr wohl ernst nimmt, ist die Arbeit

an jedem einzelnen seiner Werke, seien es politische Pla-

kate, Rockposter oder Zeichnungen.

Obwohl sein Leben nicht dieses von vielen Leuten

an Künstlerleben erwartete Leid und Elend beinhaltet,

kann man es dennoch oder vielleicht auch gerade des-

halb nicht übergehen. Emeks Eltern waren selbst Künst-

ler. Seine Mutter malte zenbuddhistische Kalligraphien

und sein Vater zeichnete und druckte riesige politische

Poster. Emek und seine zwei Geschwister verbrachten als

Page 32: Low N°5 (2/2009)

32 Low Magazin

»IMMER wENN IcH GEfRAGT wERdE, wElcHES MEIN lIEblINGS-POSTER IST, ANTwORTE IcH: MEIN NäcHSTES.«

32 Low Magazin

verwirklicht sehen will. Wobei hingegen »andere Bands,

die zwar nicht dem eigenen Musikgeschmack entspre-

chen, dem künstlerischen Schaffensprozess sehr respekt-

voll und enthusiastisch gegenüber stehen.«

Emek genießt es, in seiner Kreativität nicht einge-

schränkt zu werden. Am meisten motiviert es ihn, wenn

die Bands ihm nur eine Auflage mit auf den Weg geben:

»etwas Cooles zu liefern«. Bands, die ihre kompletten ei-

genen Ideen in einem Kunstwerk verewigt sehen wollen

und es sich herausnehmen Emek zu diktieren, sollten

genügend Geld mitbringen, so

Emek, als Wiedergutmachung

sozusagen. »Heutzutage wissen

aber die meisten Bands, wie ich

arbeite, das macht es einfacher.«

Und was dabei herauskommt,

wenn man Emek in Ruhe ar-

beiten läßt, kann man in seinen

Postermotiven sehen und füh-

len: Poster, auf denen im Detail

noch ein Detail im Detail zu se-

hen ist. Emek ist nur ganz selten

der Meinung, mit einer Arbeit

fertig zu sein. »Bei den meisten

Arbeiten denke ich: Wenn ich

doch nur noch einen tag mehr

Zeit hätte. Ich arbeite fast immer

bis zur allerletzten Sekunde und

wenn ein Poster dann endlich

fertig ist, sehe ich für gewöhn-

lich immer noch Dinge, die ich

hätte machen können, die anders hätten sein können. Ich

bin nie zufrieden, das spornt mich an. Immer wenn ich

gefragt werde, welches mein Lieblingsposter ist, antworte

ich ›mein nächstes‹.«

Dieser Einstellung verdankt er es, daß bei jedem sei-

ner Plakate die komplette Posterwelt in helle Aufregung

versetzt wird. Es sind seine ungewöhnlichen Poster, sei-

ne ungewöhnlichen Herangehensweisen. Er ist ein Star

in der weltweiten Posterszene. Obwohl seine Werke fast

immer sehr filigran und detailreich gezeichnet sind,

kann man ihn dann im Druckprozess häufig als Mann

des Groben bezeichnen. Dann kann es schon einmal

vorkommen, daß er eine Gasmaske trägt, um nicht die

giftigen Dämpfe einer flüssigen, heißen Kunststoffmasse

einzuatmen oder daß er in einer alten Fabrik an einer rie-

sigen antiken Druckerpresse steht. Je abwegiger eine Idee,

je unlösbarer sie erscheint, desto mehr spornt es ihn an,

diese in die tat umzusetzen.

Emek beschreitet Wege in der Plakatkunst, an die an-

dere Posterkünstler nicht einmal im traum denken wür-

den und so platt es auch klingen mag, Emek bekommt

seine meisten Ideen im traum, wacht dann auf und denkt

sich: »Wow, das wäre cool,

das hat noch niemand vor

mir gemacht, aber wie um

Gottes Willen stelle ich

das an!?«

Zum Glück kommt es

ihm dabei zugute, in solch

einem kreativen Haushalt

aufgewachsen zu sein.

»Ich will, daß meine Pos-

ter eine Herausforderung

werden, sie sollen anders

sein, genau das ist es, was

es für mich immer wieder

spannend macht. Ich kann

mich auf all die Erfahrun-

gen in den verschiedenen

Kunstrichtungen aus mei-

nem Elternhaus stützen.

Kann mit diesen unter-

schiedlichen Ansätzen ex-

perimentieren. Also suche ich mir ein Medium und eine

Methode um meine Idee umsetzen zu können. Meist

durch probieren und wieder probieren, bis ich endlich

Erfolg habe und das Endprodukt vor mir liegt.«

Dieses Endprodukt kann auch schon einmal ein Pos-

ter sein, welches eigentlich keines mehr ist. Für ein Kon-

zert der Queens of the Stoneage zum Beispiel bastelte er

einfach ein paar Drehscheiben für ein twisterspiel und

für die thievery Corporation mußte es unbedingt ein

Druck in der dritten Dimension sein. Auf seiner Webseite

emek.net findet man einige bebilderte Kurzanleitungen

über seine ungewöhnlichen Arbeiten.

Page 33: Low N°5 (2/2009)

3D-PLAKAT

»THIEVERY CORPORATION«

45,7 CM x 70 CM x 1,3 CM

3D-GUSS BEMALT

2002

(MAKING-OF AUF SEITE 34)

Low Magazin 33

Page 34: Low N°5 (2/2009)

34 Low Magazin34 Low Magazin

DAS MAKinG-OF: Emeks 3D-Poster für

»Thievery Corporation«

1

2

3

4

6

5 7

GESTALTEN UND ZEICHNEN DER SCHRIFTELEMENTE

ZEICHNEN DES PLASMANS

ANMISCHEN DER GIFTIGEN FORMMASSE

UNORDNUNG

DIE GEGOSSENE MASTER-FORM BILDET EIN NEGATIV DES MOTIVS. DARIN WERDEN DIE EINZELNEN ABGÜSSE GEGOSSEN.

DIE ABGÜSSE WURDEN AUS DER MASTER-FORM GE-NOMMEN UND TROCKNEN IM GARTEN BIS SIE ANGE-MALT WERDEN KöNNEN

DAS FERTIGE 3D-POSTER

1

23

45

6

7

Page 35: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 35

Bis zur Ideenfindung unterscheidet sich seine Arbeits-

weise aber kaum von anderen Posterkünstlern. Er stellt

Recherchen an über die Bands, ihre Musik, den Veran-

staltungsort. Wenn die Band dann mit dem Entwurf zu-

frieden ist, dauert es etwa ein bis zwei Wochen um zu

drucken und einige tage um zu nummerieren und zu

signieren. »Verpacken und Verschicken nimmt auch sehr

viel Zeit in Anspruch, schließlich möchtest du dir vorher

nicht all die Arbeit gemacht haben und diese am Ende

wegen transportschäden ruiniert sehen.«

Beschäftigt man sich mit Emek und seinen Plakaten,

stößt man immer wieder auf zweierlei Dinge. Zum einen

den Slogan »the thinking Man’s Poster Artist« und zum

anderen auf viele, viele Skelette.

Zu seinem Slogan meint Emek: »Vor 15 Jahren, zu der

Zeit, als ich anfing Poster zu machen, gab es haufenweise

Darstellungen von solchen Mädels in teufelsgestalt und

andere Bezüge zu popkulturellen Dingen. Meine Arbeit

sollte konzeptioneller sein. Es hatten natürlich auch an-

dere Künstler solche Slogans, naja, jedenfalls sagte eines

tages ein befreundeter Musiker, mit dem ich gerade ar-

beitete, zu mir: ›Now you’re thinking‹ und ich erwiderte

›Yeah, I’m the thinking man’s poster artist.‹ Dabei blieb es

einfach. Eine Art Witz eigentlich, es machte aber auch ir-

gendwie Sinn. Heute arbeiten ja viel mehr Posterkünstler

konzeptionell.«

Konzeptionell hin oder her, Skelette müssen aber eben

auch bei Emek herhalten. Nur liefert er dafür auch gleich

eine tiefgründige Erklärung. »Allein der Gedanke, daß

unter jedem lebenden, atmenden, schönen Ding Blut,

Innereien und Knochen stecken, das ist faszinierend.

›Blood and Gore‹ (intensive Gewalttätigkeit, Metzelei;

Anm. der Redaktion) hab ich nie gemocht, aber eben die

mechanische Funktionsweise von Muskeln und Skelet-

ten… Knochen sind immer in uns und sie sind das, was

von uns übrig bleibt, wenn wir nicht mehr sind. Deshalb

muß es auch unbedingt solche ›anstößigen‹ Arbeiten

»blOOd ANd GORE HAb IcH NIE GEMOcHT«

geben, um uns einerseits an unsere Ängste zu erinnern,

aber uns anderseits auch die Realität unter der Oberflä-

che zu zeigen.«

Wie sein Vater und sein Bruder, ja eigentlich wie die

komplette Familie, ist auch Emek ein sehr politischer

Mensch. Er läßt es sich nicht nehmen auch hin und wieder

provokante politische Poster mit in sein Repertoire auf-

zunehmen. Meist

richten sich diese

gegen die Republi-

kaner, in den letz-

ten Jahren natürlich

überwiegend gegen

Bush, der für die

meisten amerika-

nischen Künstler

der Inbegriff des

Bösen und gleichzeitzig eine Witzfigur ist. Dies spiegelt

sich auch auf Emeks Postern wieder.

Zum Abschluß interessiert uns daher natürlich noch,

wie er jetzt über Obama denkt, über den Machtwechsel,

ob es sich jetzt überhaupt noch lohnt, politische Poster

zu machen, und ob er sich mit seiner öffentlichen Mei-

nung auch Feinde gemacht hat. »In unserem Familien-

leben hat Politik schon immer eine große Rolle gespielt,

schon immer haben wir uns gemeinnützig engagiert. Na-

türlich macht man sich unweigerlich Feinde, wenn man

seine Meinung laut verkündet, aber im Großen und Gan-

zen sind Menschen, die Kunst und Musik schätzen dabei

toleranter. Daher sind es nur die engstirnigen Leute, die

mit meiner Meinung nicht einverstanden sind, aber ich

fände es sowieso besser, wenn die meine Arbeiten nicht

sammeln. Obama ist viel besser als Bush, aber die kor-

rupten Unternehmen, welche Bush kontrolliert haben,

sind immer noch stark und besitzen immer noch Macht.

Politische Poster werden immer wichtig sein. SIE kont-

rollieren die Medien, aber die Straßen gehören UNS. ■

Page 36: Low N°5 (2/2009)

36 Low Magazin

GourmetWürste

& KunstdrucKeDer Decoder Ring Design Concern ist mehr als eine werbeagentur

DIE DREI VON DER WÜRSTCHENBUDE. DIE DECODER RING BOSSE GEOFF PEVETO, PAUL FUCIK UND CHRISTIAN HELMS (V.L.N.R.)

Page 37: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 37

GourmetWürste

& KunstdrucKe

In der üblichen Grafikdesign- und Wer-

bewelt ist Wahrgenommenwerden und

Image alles. Wie gewinnt also ein klei-

nes Unternehmen mit Sitz in Austin,

texas, das sich nach einem Spielzeug

aus einer Kindermüslipackung be-

nannt hat, landesweit Aufmerksamkeit – und

Kunden? Obwohl sie stetig Aufmerksamkeit

gewinnen konnten und großartige Werbung

in einer Vielzahl von Medien herausbrachten,

finden die einzelnen Mitarbeiter Zeit, um sich

für Nebenprojekte zu engagieren. Darunter

ist ein Spezialitäten-Restaurant mit außer-

gewöhnlich leckeren Hot Dogs und ein am-

bitioniertes Kunstsiebdruck-Projekt mit den

derzeit angesagtesten alternativen Künstlern.

Der Decoder Ring Design Concern (DRDC)

ist mehr als eine Werbeagentur.

In einer Welt von seltsamen korporati-

ven Firmenphilosophien ist die Philosophie

von DRDC einfach: »Arbeit, die wir lieben

für Kunden, die wir bewundern«. Einige der

besten früheren Sachen sind Plakate, Plat-

tencover und anderes Material für Bands wie

Modest Mouse und the Hold Steady, die Pla-

kate der Obama-Präsidentschaftskampagne

für die Initiative für jugendliche Wähler, Far-

mers Fare in Maine und Pauls zweimonatige

Surfboard-Designstudie in Neuseeland.

Gegenwärtig arbeiten sie zusammen mit

John Bielenberg an einer erstaunlichen Mar-

kenentwicklung für Farmers Fare. Das Res-

taurant »Frank« entsteht. Sie arbeiten mit

David Bazan an einer Verpackung für sein

neues herausragendes Album auf Barsuk Re-

cords. Weiterhin entstehen einigen Sachen

für die Black Sheep Bar, ein neuer Pub in

Austin, und für thunderbird Hotel & Ball-

room in Marfa.

Obwohl das Unternehmen außerhalb der

großen Werbezentren Nordamerikas ope-

riert, blieb all diese Arbeit nicht unbemerkt.

In der Design- und Werbewelt erhielt DRDC

Aufmerksamkeit mit Beiträgen beim »Step

100« (ein Designwettbewerb, Anm. der Redak-

tion), einem Beitrag im Communication Arts

Magazin und Siege bei den Design Annuals,

sowie Christians tätigkeit als Jurymitglied

des CA Design Annuals. Ihre Arbeit war im

Print Magazine und auf der Biennale in Chi-

cago vertreten. »Man könnte noch viel mehr

aufzählen, aber das wäre langweilig«, sagt

Peveto.

CHRISTIAN HELMS

Er hat ein Diplom

in journalismus/

Massenkommu-

nikation von der

Universität North

Carolina/Chapel

Hill mit Hauptstu-

dium am Portfolio

Center. Danach

arbeitete er unter

Michael Beirut für

Pentagram, für

verschiedene ande-

re Agenturen und

freiberuflich.

GEOFF PEVETO

Er ist eine Hauptfigur des

Studios mit Photographiever-

gangenheit. Er gründete Factor

27, ein Unternehmen in Austin,

das auf Entertainmentdesign

spezialisiert war. Er brachte

auch das Peterbelly Magazine

heraus. Siebdruck ist eins sei-

ner Fachgebiete, Bier trinken

ein anderes. In seiner Freizeit

hat er es geschafft das Ame-

rican Poster Institute, das die

Flatstock-Shows auf die Beine

stellt, mitzugründen und ihm

als Präsident zu dienen.

PAUL FUCIK

Das dritte Mitglied des

Teams gestaltet und

druckt seit seiner Kindheit.

Unterstützt wurde das

durch seine Skateboard-

und Surfstudien während

der Pausen auf der Design-

schule. Auch er hat Factor

27 mitgegründet und

setzt seine umfangreichen

Siebdruckerfahrungen in

die Tat um. Gelegentlich

arbeitet er auch für die

Coronado Studios als

Meisterdrucker.

TEXT & INTERVIEW

Andy MacDougall

Page 38: Low N°5 (2/2009)

38 Low Magazin

Ihr seid gerade umgezogen. Eure neu-en Räumlichkeiten sind großartig. Gebt uns bitte einen kurzen Überblick über die Raumaufteilung und wie sie eure Firma verbessert hat!Geoff: Wir sind glücklich, den Raum mit

einem talentierten und exzentrischen Land-

schaftsarchitekten zu teilen, so sind wir

jetzt von Bambus und einer landschaftlich

tadellos gestalteten Anlage umgeben. Es ist

unglaublich entspannend im Vergleich zu

unserem letzten Büro. Das Gebäude, ein altes

renoviertes Haus, ist groß genug für einzelne

Arbeitsbereiche, einem Konferenzraum und

unseren Siebdruckbetrieb.

Arbeitet ihr meistens mit lokalen, nationa-len oder internationalen Klienten? Aus wel-chen Geschäftsbereichen kommen sie?Christian: Seltsamerweise haben wir lan-

desweit eine Menge Arbeit, oft für größere

Agenturen und Mu-

siklabels und hier

und da auch ein paar

internationale Sa-

chen. In den vergan-

genen Jahren haben

wir auch für regionale

Restaurants, Firmen

und Einzelhandelsunternehmen gearbeitet

und ihnen geholfen eine eigene Sprache und

eine eigene Identität zu finden. Musik ist ein

kleinerer teil des Pensums als am Anfang,

aber immer noch ein sehr wichtiges Element.

Wir sind alle immer noch Musikfreaks.

Geoff: Nach wie vor lieben wir es, Poster zu

machen und zwei oder drei im Monat her-

auszubringen. Wir werden auch weiterhin

bei Flatstock (Rockposter-Shows, Anm. der

Redaktion) dabei sein, weil es einfach Spaß

macht. Auch die Kunstdruckserie die wir

kuratieren und drucken geht weiter. Es gibt

einfach zu viele Künst-

ler mit denen wir diese

Arbeit fortsetzen wol-

len.

Wohin geht die Mu-sikindustrie aus Sicht des Grafikdesigns, des

Marketings und der Werbung und welche Rolle spielt DRDC dabei?Geoff: Es wird interessant. In mancher Hin-

sicht haben sich die Anforderungen für Grafik

im digitalen Zeitalter geändert. Manche La-

bels legen weniger Wert auf die Verpackung.

Allerdings scheint das Wiederaufleben von

Vinyl und Plakaten eine direkte Gegenreakti-

on zu den digitalen Bestandteilen zu sein, die

den Fans nichts Visuelles bieten können.

Christian: Ja, die Leute wollen noch immer

etwas Handfestes, etwas Fühlbares, das die

Musik repräsentiert die sie damit verbinden.

DECODER RING IST ALLES ANDERE ALS EINE SCHICKIMICKI-WERBEAGENTUR. LINKS: CHRISTIAN UND PAUL BEIM HANDSIEBDRUCK, RECHTS: VERPFLEGUNGSTÜTEN DER MITARBEITER

»Fans wollen immer eine

Art Fahne, durch die sie

sich selbst mit der musik,

die sie lieben,

identifizieren können.«

Page 39: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 39

Es sind vor allem Merchandisesachen, Poster

und andere Artikel. Fans wollen immer eine

Art Fahne, durch die sie sich selbst mit der

Musik, die sie lieben, identifizieren können.

Schon seit den Anfängen seid ihr stark am American Poster Institute beteiligt. Wächst die Rockposterbewegung weiter oder hat sie sich eingepegelt?Geoff: Sie scheint immer noch zu wachsen.

Jedes Flatstock bringt einen neuen Schub

Postermacher und meist auch wirklich groß-

artige. Mindestens einen vielversprechenden

Neuen gibt es in der Regel auch jedesmal

wenn Clay die Neuzugänge auf www.gigpos-

ters.com aktualisiert. Wir werden von Bands

kontaktiert, die nicht immer eine Vorge-

schichte mit Plakaten haben. Sie sind daran

interessiert sich ganze tourserien machen zu

lassen. So werden die Leute aufmerksam.

Hat die Wirtschaftskrise eher DRDC oder das American Poster Institute getroffen?Christian: Wir sind bei Decoder tatsächlich

beschäftigter als jemals zuvor. Eine Rolle

dabei spielt timing, die Aufrechterhaltung

langandauernder Beziehungen und daß die

Leute, angesichts der Wirtschaftlichkeit, eher

zu uns kommen als zu größeren Agenturen

zu gehen. Wir sind glücklich darüber, mo-

mentan an ein paar wirklich großen Projek-

ten zu arbeiten.

Geoff: Das letzte Flatstock in Austin blieb

etwa zehn Künstler unter seiner normalen

Kapazität. Wenn wir mit den »Stammgästen«

die nicht da waren sprechen, kommt heraus,

daß sie eher nicht verreisen konnten, weil sie

so beschäftigt waren. Geld spielte da keine

Rolle. Wir hatten viele Besucher und es war

bisher das größte SXSW (Musikfestival in

Austin, Anm. der Redaktion). Die Leute soll-

ten die Nachrichten ausschalten und einfach

weiter arbeiten.

CD-GESTALTUNG DES MODEST MOUSE ALBUMS »WE WERE DEAD BEFORE THE SHIP EVEN SANK«

UNTEN: SIEBDRUCKPLAKAT FÜR EIN MANU CHAO KONZERT

Page 40: Low N°5 (2/2009)

40 Low Magazin

denen wir Spaß haben können und heraus-

zufinden, wie wir etwas zusammen aufbauen

können.

Erzählt uns etwas über die Art-Print-Serie!Geoff: Paul und ich, wir beide drucken und

wir betreiben das Siebdruckstudio, wo wir in

erster Linie nur Decoder Ring Sachen dru-

cken. Eines tages saßen wir beide da und

überlegten wofür wir unseren Raum noch

nutzen könnten und wir beschlossen, Kunst-

drucke zu machen. Unsere Gigposter blieben

in der Regel im Drei- bis Vierfarbbereich,

doch wir wollten unsere Druckfähigkeiten

vorantreiben, deshalb fertigen wir in unse-

rer Serie Drucke mit 15 bis 25 Farben. Wir

arbeiteten mit großartigen Künstlern wie Jay

CHRISTIAN HELMS BEIM DRUCKEN DES JAMES VICTORE

KUNSTDRUCKS »ART IS A TOOL«

DECODER RING HABEN EINEN GUTEN RUF IN DER ROCKPOSTER-SZENE: SIEBDRUCKPLAKATE FÜR DIE KINGS OF LEON VON 2008 (LINKS) UND SPOON AUS DEM JAHRE 2005 (RECHTS)

Was ist »Frank«?Geoff: »Frank« ist ein Projekt an dem ich ge-

rade mit meinem Kumpel Daniel Northcutt

der im Restaurantgeschäft ist, arbeite. Selt-

samerweise gibt es keine guten Hot Dogs in

Austin. Gelangweilt von miesen Chili-Dogs

machten Daniel und ich unseren eigenen La-

den auf. Es wird klassische Chili-Dogs und

Chicago-Dogs geben, wie auch Gourmet-

würste gepaart mit handgemachtem Käse

und selbstgemachten Saucen. Und für unsere

deutschen Freunde wird auch Currywurst

auf der Karte stehen.

Christian: Ich kümmere mich um das Bran-

ding und mein jüngerer Bruder zog von Ca-

rolina runter um als Chefkoch zu fungieren.

Wir freuen uns, Menschen zu finden mit

Page 41: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 41

Ryan, tara McPherson, Dalek, Gary Base-

man und anderen. Du kannst die ganze Serie

unter www.thedecoderring.com/shop/prints

sehen.

Habt ihr eine gute stupid client story?Christian: Wir haben keine dummen Kli-

enten. Das Leben ist zu kurz um mit diesen

Leuten zu arbeiten. Allen Ernstes, wir haben

Glück gehabt mit einer Menge Leute zu ar-

beiten, die wir bewundern und mit denen

wir Spaß haben. Abgesehen von Dan von

Aesthetic Apparatus. Er war sternhagelvoll

als er mit uns an seinem Druck arbeitete.

Bleibt ihr in der Zukunft in dieser Beset-zung oder wollt ihr expandieren?Christian: Wir haben ein Netzwerk von ta-

lentierten Mitarbeitern, auf die wir nach Be-

darf zurückgreifen können, ansonsten halten

wir uns klein und fein.

Geoff: Wir mögen die Größe unseres Unter-

nehmens. Sie erlaubt uns eine engere Zusam-

menarbeit mit dem Kunden.

Habt ihr einen Traumklienten?Geoff & Christian: Wir würden gern für eine

Bierfirma arbeiten.

Vervollständigt diesen Satz: Wenn wir es uns leisten könnten würden wir ... kaufen.Geoff: Ein Riesenstudio mit jeder erdenkli-

chen Art von Druckmaschinen.

Christian: ... und eine Brauerei

Abschließende Worte. Eure Kommentare zu irgendeinem Thema.Geoff: Christian Helms ist ein Riesen-

schlappschwanz!

Christian: Sterilisiert und kastriert eure

Haustiere. Bleibt auf dem teppich und greift

weiter nach den Sternen. ■

KUNSTENGAGEMENT IM HAUSE DECODER

RING: ZWEI SIEBDRUCKE AUS IHRER AUF-

WENDIGEN KUNSTDRUCKSERIE. RECHTS

»THE FIDELITY AND CASUALTY« VON AES-

THETIC APPARATUS IN 19 FARBSCHICHTEN

UND UNTEN DER KUNSTDRUCK VON AARON

HORKEY VON BURLESQUE OF NORTH AME-

RICA MIT 21 FARBEN GEDRUCKT.

Page 42: Low N°5 (2/2009)

42 Low Magazin

Im Bild: ANARCHY TROOPER (10 Inch, 2008)1984 LABBIT (10 Inch, 2009)SMOKIN JOE (Obey Edition, 4 Inch, 2006)DUNNY Endangered Series (3 Inch, 2009)DUNNY Series 4(3 Inch, 2007)HUMBUG DUNNY (3 Inch, 2005)

42 Low Magazin

Page 43: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 43

Gigposter und andere limited edition prints haben etwas

ganz Besonderes an sich, denn sie promoten meist neben

Acts und Events auch den Designer des Posters. So haben

sich eine Reihe von Künstlern inzwischen einen Namen gemacht,

und ihre Drucke sprechen eine eindeutige Bildsprache, genauso

wie ihre Art toys.

Die Faszination Urban Art toys funktioniert nach ähnlichem

Prinzip, denn neben dem Hersteller stehen die Künstler im Ram-

penlicht. So gesehen ist es also nicht verwunderlich, daß einige der

bekannten Posterkünstler inzwischen erfolgreich toys gestalten.

Und im Gegensatz zu der Vielzahl an Illustratoren, die hin und

wieder die Ehre haben eine Figur zu gestalten, gibt es Gesichter

innerhalb der Gigposter-Szene, die inzwischen eine Vielzahl an

collectibles geschaffen haben.

Die gezeigten Beispiele veranschaulichen vor allem eines: Egal

wann oder wie viele Poster und toys diese Künstler bereits gestal-

tet haben, ihr persönlicher Stil unterscheidet sie stark voneinander

und das macht sie interessant. Einerseits gibt es einen Wiederer-

kennungswert, andererseits legen sie viel von ihrer Persönlichkeit

in die Arbeiten – und die Arbeiten selber werden auch irgendwie

teil ihrer Persönlichkeit.

Die große Gemeinsamkeit zwischen Gigposter und toys ist vor

allem für Sammler ein wichtiger Punkt: Sie sind leistbar! Und da-

her wunderbare Plattformen. ■

FRANK KOZIKDer gebürtige Spanier lebt seit 1976 in den

USA und versteht es wie kaum ein ander-

er, seine Toys zu vermarkten. Angefangen

hat es aber bei ihm mit Grafikdesign, mit

der Gestaltung einer Vielzahl an Tourpos-

tern. Kozik hat in seiner Laufbahn unter

anderem für die Red Hot Chili Peppers,

Nirvana, Pearl jam, Sonic Youth, Pixies,

Beck, Soundgarden und die Beastie Boys

gearbeitet. Sein Stil hat ihm Aufträge von

Oakley, Nike, BASF und MTV verschafft.

Inzwischen kümmert er sich aber haupt-

sächlich um seine Art Toys, und davon gibt

es eine ganze Menge. Die Bekanntesten

haben eines gemeinsam: Eine Zigarette.

So gibt es neben den Smoking Mongers

u.a. die Smorkin’ Labbits, rauchende Dun-

nys und smoking Qees. Ein anderes Thema

das sich durch seine Arbeit zieht, sind Re-

ferenzen an »The Shining«, viele seiner

Toys gibt es als redrum-Versionen.

Unabhängig von Hersteller und Plattform

hat Frank Kozik den Designer Toys seinen

Stempel aufgedrückt, wie eine Vielzahl an

Produkten beweist. Da er unter anderem

für Kidrobot, Toy2R, Adfunture, jamungo

und andere gearbeitet hat, ist es unmög-

lich alle seiner Figuren aufzulisten.

OFF THE WAll

Persönlicher Stil ist meist

medienübergreifend. Das gilt

auch für Posterkünstler.

TEXT & FOTOS Lilo Krebernik

Page 44: Low N°5 (2/2009)

44 Low Magazin

Im Bild: BUBBLE YUCKY DUNNY (8 Inch, 2007)DUNNY Series 4 (3 Inch, 2007)DUNNY LA Series (3 Inch, 2006)GAMMA MUTANT SPACE FRIENDS (3 Inch, 2009)

TARA McPHERSON

Die New Yorker Künstlerin Tara

McPherson ist bekannt für ihre un-

glaublichen Gigposter für Alternati-

ve Bands wie Death Cab For Cutie,

Queens Of The Stone Age, Modest

Mouse, Melvins und Beck, aber

auch für Duran Duran und Depe-

che Mode! Ihr Stil ist sehr stark von

Comics geprägt, und es verwun-

dert nicht, daß sie unter anderem

während ihres Praktikums bei den

Rough Draft Studios an »Futura-

ma« mitgearbeitet hat. Bekannt

wurde Tara unter anderem mit Il-

lustrationen eines Mädchens mit

gebrochenem Herzen, das sie sym-

bolisch aus ihrem Körper nimmt.

Dieses Motiv hat sie 2006 bei der

Dunny LA Series auf einem Dunny

umgesetzt und somit die Basis für

weitere Toys geschaffen. Inzwi-

schen sind einige weitere Vinyltoys

gefolgt, unter anderem Dunnys,

Ace und Ion sowie zuletzt ihre ei-

gene Mini-Serie »Gamma Mutant

Space Friends«.

Page 45: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 45Low Magazin 45

Page 46: Low N°5 (2/2009)

46 Low Magazin

JIM PHIllIPSEin Grafiker der alten Schule, der

bereits vor mehr als 25 jahren ein

richtiges icon geschaffen hat, ist jim

Phillips. Seine Arbeit als Designer bei

Santa Cruz Skateboards hat ihn weit

über die Szene bekannt gemacht,

und seine Poster, Sticker und Decks

mit der Screaming Hand sind legen-

där. Seine Rockposter für Motorhead,

Canned Heat und The Doors gelten als

Meilensteine für viele Illustratoren,

und die Bücher über seine Arbeiten

fehlen in keinem guten Designstu-

dio. Vor allem in den letzten jahren

wurden seine Arbeiten neu aufgelegt

und remixed, zuletzt für Produkte von

Skullcandy, Grenade Gloves und seine

Screaming Hand als Art Toy von Gara-

ge Works/Made by Monsters.

Im Bild: SCREAMING HAND (10 Inch, 2007)

46 Low Magazin

Page 47: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 47

SHEPARD FAIRY

Auch durch seine Poster bekannt

wurde Shepard Fairey, zuletzt

natürlich in der öffentlichkeit

durch sein »Hope« Wahlposter

für Barack Obama. 1989 startete

er mit seiner »André the Giant

has a Posse« Stickerkampagne,

aus der sich in weiterer Folge

»Obey Giant« entwickelte.

Faireys Stil ist geprägt von kom-

munistischen Propaganda-Pla-

katen und Schablonen, und er

erarbeitete sich damit schnell

einen Ruf als gefragter Künst-

ler für Plattencover und Poster.

Neben den Black Eyed Peas,

Smashing Pumpkins, Flogging

Molly, Led Zeppelin und Anthrax

gestaltete er das Filmposter für

»Walk The Line« und eine Serie

limitierter Prints seiner Ikonen

wie Run DMC, Sid Vicious, joe

Strummer, joan jett und Henry

Rollins.

Als bekanntester Streetartist

war es nur eine Frage der Zeit,

daß er für verschiedene Herstel-

ler Toys gestalten konnte, und

es gibt neben Qees und Dunnys

zum Beispiel einen VW Bus von

Mattel sowie zuletzt Meldun-

gen über die ersten Prototypen

des Mr. Spray Characters als Art

Toy.

Im Bild: STEALTH BOMBER DOG QEE (8 Inch, 2005)

Page 48: Low N°5 (2/2009)
Page 49: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 49

Ein interview mit

Victor Castillo

über Chile,

Cartoons und

seine Malerei

artoon-Figuren mit Wurstnasen sind sein

Markenzeichen – eine Bildsprache, die den

Einstieg in seine Kunstwelt für jeden erleich-

tert. Seine Charaktere scheinen offensichtlich

heiter und witzig, aber hinter Victor Castillos

Bildern steckt weit mehr als ein reiner visu-

eller Effekt.

Der 36-jährige Künstler wurde im süd-

amerikanischen Santiago de Chile geboren

und wuchs dort während der Militärdiktatur

Augusto Pinochets auf. Seine Werke sind ge-

prägt von den düsteren Zeiten seines Landes,

von der Unterdrückung, der Zensur und der

Verfolgung, aber auch vom starken Einfluß

der USA und deren Kultur auf Chile in die-

ser Epoche. Victor Castillo lebt und arbeitet

heute in Barcelona in Spanien und in Santi-

ago de Chile; seine Bilder hängen in Galerien

in Europa und Amerika.

C Als ich das erste Mal Kontakt zu Victor

aufgenommen hatte, schrieb er mir E-Mails

von einer abgelegenen Insel irgendwo bei

Südamerika, in der Nähe von Chile.

Was treibst Du auf einer chilenischen In-sel?Ich nehme Abstand von allem, speziell von

der Stadt. Die Möglichkeit zu haben, die

Natur und die Stille zu genießen und da-

bei Energie zu tanken, ist perfekt. Danach

kommt man mit einem klareren Kopf zurück

in die Stadt. Es ist immer gut, manchmal die

Perspektive zu wechseln.

Existieren in Chile eine lebendige und un-abhängige Kunst und eine Untergrund-Kunst-Szene?Neben den gängigen klassischen Avantgar-

disten, die sich konzeptionell mit dem poli-

tischen Kontext der Siebziger und Achtziger

MANNFRISSTMANN

TEXT & INTERVIEW Danny Winkler

Abbildung linke Seite: »Un tornado arrazo mi ciudad y mi jardin primtivo« 2008 · Acryl auf Leinwand · 145 cm x 145 cm

Page 50: Low N°5 (2/2009)

50 Low Magazin

beschäftigen, besteht momentan Interesse an

neuen Richtungen, die von gängigen inter-

nationalen trends beeinflußt sind, nicht nur

in der Kunst, auch in der Musik, im Design

und in der Mode. Alles geht durch den Filter

der chilenischen Eigenart mit ihren Beson-

derheiten. Dank des Inter-

nets ist die lokale Kunstszene

nicht mehr so isoliert, wie sie

es früher einmal wegen ihrer

geographischen Lage war.

Wieviel Freiheit hatten Künstler in Chile innerhalb der Diktatur?Während der Diktatur gab

es überall in Chile Angst und

eine rüde Zensur. Diese hallt

noch immer, hauptsächlich

in den konservativen Me-

dien, nach. Während ihrer

dunkelsten Periode war es

wirklich gefährlich ein politisch engagierter

Künstler zu sein. Mehrere Künstler wurden

wegen der politischen Hinterfragung in

ihrer Arbeit festgenommen, gefoltert und

verbannt. Es gibt eine Anekdote die meiner

Meinung nach sehr gut das Konzept der auf-

gezwungenen Kultur schildert: Während mi-

litärischer Razzien wurden Museen geplün-

dert, Kunstwerke zerstört und eine Menge

Bücher verbrannt, einschließlich der Bücher

über Kubismus, weil das Militär dachte, sie

bezögen sich auf Kuba. Es war eine buchstäb-

lich graue Epoche.

Hast du schon in deinem Heimatland Chile ausgestellt?Ja, sehr oft. Ich hab auch schon ein paar

Preise gewonnen. In der Presse wurde auch

des öfteren über mich berichtet. Aber erst

seitdem ich bedeutende Ausstellungen in

großen Museen hier in Chile habe.

»Mehrere Künstler wurden wegen der

politischen Hinter-fragung in ihrer

Arbeit festgenommen, gefoltert und

verbannt.«

Abbildung oben: »Lie to me« 2008 · Acryl auf Leinwand · 100 cm x 100 cm · Abbildung unten: »Stupid Anyway« 2009 · Acryl auf Leinwand · 100 cm x 100 cm

Page 51: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 51Abbildung: »Chick Habit« 2007 · Acryl auf Leinwand · 50 cm x 50 cm

Page 52: Low N°5 (2/2009)

52 Low Magazin

Welche Ausbildungen hast Du genossen?Ich bekam eine herkömmliche Grundausbil-

dung, so sehr zensiert und manipuliert, wie

ein öffentliches Schulwesen innerhalb einer

Diktatur nur möglich sein kann. Danach war

ich ein enttäuschter Student an der Kunst-

akademie. Ich betrachte mich als einen gut

informierten selbsterlernten Künstler.

Wann warst Du auf der Kunstakademie?Seit 1990 ging ich durch unterschiedliche

Kunstschulen. Ich verließ sie alle enttäuscht,

bis es damit endete, daß ich die schlimmste

von allen besuchte: Die Katholische Schule

der Künste. Die Unverträglichkeit war so

groß, daß ich schließlich von dort verwiesen

wurde. Du kannst dir vorstellen wie das ist,

Kunst an einem Ort zu studieren, an dem du

nicht über Sex, Religion oder Politik sprechen

kannst. Das macht überhaupt keinen Sinn.

Deine Bilder nehmen einen starken Bezug auf das 18. und 19. Jahrhundert, hinsicht-lich alter viktorianischer Photographien und der düsteren Atmosphäre später Ge-mälde von Francisco de Goya. Was verbin-det dich mit diesen alten Zeiten?Viktorianische Ästhetik, die manchmal so

romantisch sein kann und ein anderes Mal

mit ihrer Pracht so arrogant wirkt, mit ihrer

Eleganz und ihrer Würde, erinnert mich an

den imperialen Stolz, der heute in verschie-

denen symbolischen Formen der Machtde-

monstration sehr präsent ist. Auf der ander-

en Seite bin ich von Goya fasziniert, weil

diese düstere Atmosphäre in einer so guten

Art und Weise die Natur der menschlichen

Leidenschaften darstellt. Das Verbinden von

Goya und viktorianischer Ästhetik ist eine

der visuellen Strategien mit denen ich mich,

wie in einer Art Metapher, an themen wie

die Stetigkeit der faktischen Mächte (Die

tatsächlichen Machtinhaber wie Armee, Bank-

Wann und warum kamst Du nach Spanien?Im November 2004 wurde ich zum interna-

tionalen Festival zeitgenössischer Kunst im

»Contemporary Culture Centre« in Barce-

lona eingeladen. Der Zuspruch war überwäl-

tigend.

Gibt es für dich unterschiedliche Einflüsse auf den zwei Kontinenten, auf denen Du ar-beitest und lassen sich dabei visuelle Unter-schiede in deinen Bildern feststellen?Selbst wenn die Hauptbezugsquelle meiner

Einflüsse das Internet und andere Massen-

medien sind, liefert jeder Ort – sei es Chile,

Spanien oder sonst wo – verschiedene visu-

elle, politische und emotionale Inspiratio-

nen, die direkten Einfluß auf meine Arbeit

haben.

Was machst Du neben dem Malen und dem Kunstschaffen?Das künstlerische Schaffen nimmt all meine

Zeit in Anspruch. Eigentlich bräuchte ich

viel mehr Zeit, um all das zu tun, was ich

tun muß und tun will, zum Beispiel um an

Skulpturen, Anima-

tionen, Musik oder

Comicprojekten zu

arbeiten.

Also ist Kunst Dein Hauptberuf.Es ist ein Vollzeit-

Job. Kunst und Le-

ben sind ein und

dasselbe für mich – entdecken, koordinieren,

verbinden, kreieren und produzieren. Es gibt

keinen bestimmten Zeitplan für die Arbeit.

Wenn ich nicht im Atelier bei der Arbeit bin,

arbeitet mein Verstand trotzdem weiter, weil

irgendetwas um mich herum inspirierend

sein könnte.

»Du kannst dir vorstellen wie das ist, Kunst an einem Ort zu studieren, an dem du nicht über Sex,

Religion oder Politik sprechen kannst.«

Abbildung: »Moonshadow« · 2009 · Acryl auf Leinwand · 100 cm x 100 cm

Page 53: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 53

wesen oder Medien. Anm. der Redaktion) an-

nähere.

Warum benutzt du die visuelle Sprache des klassischen amerikanischen Cartoons?Ich wuchs in einem Land und in einer Zeit

auf, wo visuelle und kulturelle Einflüsse sehr

begrenzt waren. Das Fernsehen mit seinem

belehrenden Monopol zeigte meist Serien

und tV-Programme aus den USA. Wie jedes

Kind wuchs ich fasziniert von Walt Disney,

Merry Melodies, Looney tunes und einer

ganzen Reihe klassischer Zeichentrickfilme

auf. Wie könnte ich den politischen Einfluß

dieser Figuren außer Acht lassen, die solch

ein wichtiger teil meines Lebens und mei-

nes Landes waren? Heutzutage haben diese

Charaktere einen gemeinsamen Platz, einen

idealen Raum, um Identifikation mit dem

gewöhnlichen Zuschauer zu schaffen und

ihn zum Nachdenken anregen.

Mit welcher Absicht malst du Cartoon-Fi-guren und Würstchen?Ich bin davon überzeugt, daß es in meinem

Fall effektiver und amüsanter ist, menschli-

che Leidenschaften durch Karikatur und Hu-

mor darzustellen.

Was ist die Aussage Deiner Kunst?In wenigen Worten: »Mann frisst Mann«.

Wir haben uns nicht sehr verändert seit den

Zeiten, als Menschen in Höhlen lebten. Wir

benehmen uns wie Wilde. In meiner Arbeit

versuche ich eine Art tragikomisches Porträt

der heutigen Gesellschaft zu schaffen, mit

dem ich ihr trotz des dunklen Humors, zu-

tiefst mißtraue. Die Welt ist ein Dschungel. ■

Abbildung: »Supplica a Mia Madre« · 2007 · Acryl auf Papier · 44 cm x 33 cm

Page 54: Low N°5 (2/2009)

54 Low Magazin

Urban Knitting ist die sanfte Masche

der graffiti-Kunst

in den Städten tobt der Kampf gegen die Kälte des Be-

tons. illegale, wärmebringende Strickwaren verbrei-

ten sich unaufhaltsam im Stadtgebiet. Die zeiten, in

denen das Stricken als beliebte Freizeitbeschäftigung

den großmüttern und Urgroßmüttern vorbehalten

war, sind ein für alle mal vorbei. Jetzt klappert die

Subkultur mit der Stricknadel aus dem Untergrund.

Stricken avanciert zur revolutionären gegenkultur.

TEXT Danny Winkler

GUERILLASTRICKEN

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Low Magazin 55Low Magazin 55

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56 Low Magazin

Magda Sayeg, die Begründerin des Urban Knittings und Chefin des

Knitta Please Kollektivs mißt ihre Strickzeiten in Filmlängen: »Ein ge-

mütliches Stoppschild braucht ungefähr einen Film«, sagt sie.

Foto: john Calhoun

In Houston/texas, im Süden der Verei-

nigten Staaten, sitzt die Boutique-Be-

sitzerin Magda Sayeg in ihrem Laden

und strickt. Diesmal strickt sie keinen

Pullover, keine Socken und auch kei-

nen Schal. Masche für Masche entsteht aus

den blauen und rosa Wollknäueln ein klei-

ner dünner Schlauch. Magda möchte den

stahlgrauen Griff ihrer Ladentür zum Leben

erwecken – sie strickt ihm einen wollenen

Wärmer. Das bringt sie auf eine Idee. In ih-

rem Stadtviertel scheint ihr alles ziemlich tot

– Beton, Stahl, Glas. Grau und vor allem kalt

ist es dort. Magda beginnt den Dingen auch

außerhalb ihres Ladengeschäfts kleine woh-

lig-warme Anziehsachen zu stricken: Stop-

Schildern, Straßenlaternen, Steinbrocken.

Das Urban Knitting – urbanes Stricken – ist

geboren. »Ich wollte, daß die Welt lebendiger

aussieht, belebter.« erklärt Magda.

Die heute 35-Jährige führt nicht nur

die Boutique »Raye« im zentralen Stadtteil

Neartown/Montrose in Houston, sondern

im Prinzip auch ein ganz normales Leben.

Sie hat Familie und ein Diplom in Mathe-

matik und sie mag die Musik von Johnny

Cash. trotzdem begibt sie sich auf die schiefe

Bahn, auf ein illegales terrain, denn sie ge-

staltet mit ihrer Strickerei den öffentlichen

Raum ohne jegliche Genehmigung. »Aber du

mußt schon ein ziemlich gelangweilter Cop

sein, um mich festzunehmen«, relativiert sie

ihre kriminelle Energie. Ihr Gestricktes stößt

fast durchweg auf Wohlwollen und lächelnde

Menschen. Lediglich Ratlosigkeit steht so

manchem Passanten ins Gesicht geschrie-

ben. »Sie verstehen meine Überlegung nicht.

Wenn ich meine Idee, Wärme in die Welt zu

bringen, erkläre, scheinen sie aber fasziniert

und angenehm überrascht zu sein.«

Die direkten Reaktionen bekommt die

adrette Revoluzzerin nur selten mit. Wie fast

alle ihrer Streetart- und Graffiti-Kollegen,

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Low Magazin 57

Mit einem Türgriff an der La-

dentür ihrer Boutique fing

alles an. Seitdem hinterließ

Magda Strickzeichen nicht nur

in ihrer Heimatstadt Houston,

sondern zum Beispiel auch in

Paris und an der großen Mau-

er in China.

Low Magazin 57

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58 Low Magazin

wenn Magda Sayeg die Stricknadeln beiseitelegt und zur Strickmaschine

greift, muß es schon um etwas so großes wie einen Bus gehen.

58 Low Magazin

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Low Magazin 59

agiert auch sie verdeckt aus dem Untergrund.

Magda sieht ihr Eingreifen in den Stadtraum

mit der Graffiti-Kunst eng verwandt, denn

auch ihre Strickereien verändern öffentliche

Räume. »Meine Kunst wirkt mit unserer

alltäglichen Umgebung zusammen und ist

denen zugänglich, die von einer Kunstwelt

die sich nur Akademikern und Kuratoren er-

schließt, ausgeschlossen sind«, erklärt sie.

Autoantennen, Verkehrsschilder und Sta-

tuen mit leuchtend-bunten Socken und Pul-

lovern sind neu im Stadtbild. Die Absichten,

die Magda Sayeg dahin treiben, diese Sachen

zu stricken und auszusetzen sind von recht

edler Natur. Der augenscheinlichste Grund

ist sicher der Witz an der Sache. »Definitiv

gibt es eine humorvolle Absicht, Strickereien

in den Straßen anzubringen, wo sie nie hin-

gehörten und wo sie jetzt mit dem maskuli-

nen Ausdruck der Spray-Dosen und Straßen-

kultur konkurrieren«, sagt sie. Aber sie sieht

auch eine starke politische Relevanz in ihrer

Arbeit, indem sie auf all den Zement und

den Stahl in unserem städtischen Lebens-

raum verweist und damit zeigen möchte,

was in unserer Welt fehlt, nämlich Wärme.

Für Magda ist es wichtig, den Menschen

klarzumachen wo sie leben, ihnen die Augen

zu öffnen und zu zeigen, was um sie herum

passiert und »um vom Stoppschild oder dem

Feuerhydranten zu wissen, an denen sie je-

den tag vorüber gehen«, wie sie es trefflich

formuliert.

Magda ist aber keineswegs die Einzel-

kämpferin mit der Stricknadel im Großstadt-

dschungel. Schon zu Beginn gab es Mitstrei-

ter an ihrer Seite. Mit denen gründete sie das

Knitta Please Kollektiv. Anfangs versuchte

sie ihre Idee erst einmal einer Freundin, die

ebenfalls strickte, zu erklären. »Sie verstand es

erst nicht«, sagt Magda, aber diese Freundin

gab ihr eine unfertige Babydecke und schloß

sich ihr an. »Wir nahmen diese halbfertigen,

frustrierenden Strick-Bündel und verwan-

delten sie in öffentliche Installationen.« Ihr

Projekt explodierte dann relativ schnell und

es kamen Leute, die sie fragten ob sie in ihrer

Strickgruppe mitwirken könnten. Seitdem

wuchs das Knitta Please Kollektiv zu einer

stattlichen Armee wärmebringender Strick-

soldaten heran; alles Frauen und Männer im

Alter zwischen 25 und 75 Jahren. Jeder von

ihnen handelt aber meist eigenständig. Das

Kollektiv hat inzwischen auch andere Stricker

dazu inspiriert, ihre eigenen Crews zu grün-

den. »Das ist teil meiner Mission, anderen

zu helfen, ihre eigenen Gruppen aufzubauen

und eventuell für ein gemeinsames Projekt

zusammenzubringen«, erklärt Magda.

Inzwischen sind strickbegeisterte Mit-

menschen weltweit der Idee des Urban Knit-

ting gefolgt und wickeln die Metropolen auf

allen Kontinenten in Stricksachen ein. Da

gibt es zum Beispiel die Gruppe »Knit Sea«

in Finnland oder »Masquerade« in Schwe-

den. Das »International Fiber Collabora-

tive« zum Beispiel strickte einmal eine ganze

tankstelle inklusive der tanksäulen ein und

einen Baum mitsamt seiner Blätter.

Magda selbst hat bereits fast über die

komplette Erdkugel ihre Maschen verteilt. Sie

strickte an der großen chinesischen Mauer,

in vielen Städten der USA, in Frankreich,

Deutschland, Schweden, den Niederlanden,

Australien und Mexiko. Hin und wieder re-

alisiert sie dort selbst offizielle Großprojekte.

Eines ihrer außergewöhnlichsten Projekte

war ein gewöhnlicher Stadtbus, den sie in Me-

xico City von oben bis unten einstrickte. Bei

den großen Flächen eines solchen Gefährts

scheute sie auch den Einsatz von Strickma-

schinen nicht. Im Inneren des auf dem Plaza

Luis Cabrera geparkten Busses wurden dann

Strickworkshops abgehalten.

Wolle unter freiem Himmel bleibt stets

eine temporäre Angelegenheit. Wenn die

gestrickten tags nicht gerade von Passanten

abgenommen werden um sie bei eBay zu

versteigern, verblassen sie mit der Zeit an Ort

und Stelle. »Was ich an meinen teilen mag,

ist, daß sie am Anfang leuchtend, wirken sich

aber mit der Zeit dem anpassen, um das sie

gewickelt wurden. Das Garn absorbiert den

Ruß und die Verschmutzung und nimmt den

Charakter an, den es umgibt«, sagt Magda.

Die Stadt, die sich selbst schluckt. Das

ewige Nebeneinander von Anonymität,

Dreck, Bewegungen und solchen bunten

Gegenbewegungen wie das Urban Knitting

ist vielleicht genau das, was eine Stadt zu

einer pulsierenden Stadt werden läßt. Der

Guerilla-Kampf mit Wollgarn und Strickna-

del ist zwar sanft, wirkt aber umso tiefer im

Gemüt des trottenden Stadtbewohners: »Als

ich den Bus in Mexiko einhüllte lächelten die

meisten Menschen und sie schienen meine

Motivation alltägliche Objekte in der Öffent-

lichkeit zu dekorieren zu verstehen.« ■

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60 Low Magazin

I ch arbeite ausschließlich mit Holz,

das ich in Abfallcontainern, in verlas-

senen Gebäuden und an abgelegenen

Küsten überall auf der Welt finde.

Ich verwende das Holz in seinem ur-

sprünglichen Anstrich. Für meine modernen

Ikonen benutze ich keine Farben. Angefan-

gen habe ich mit amerikanischen Musclecars

aus den Siebzigern, jetzt gehe ich aber mehr

und mehr in Richtung Haushaltsartikel und

Porträts.

Die Idee für dieses Vanitas (oder »Skull

I«) hatte ich in den tagen als Damien Hirsts

Multimillionen-Dollar-Schädel in Amster-

dam gezeigt wurde. Mir gefiel die Spannung

zwischen Hirsts Diamanten und meinem

»wertlosen« Holz um einen anderen Schädel

zu schaffen. Es ist mein Ziel begehrenswerte

Objekte aus Materialien zu machen, die die

Menschen gedankenlos wegwerfen.

Es hat sich erwiesen, daß sich das manch-

mal Jahrhunderte alte Holz, das ich ver-

wende äußerst gut für einen Schädel eignet.

Dieses ist von Insekten befallen, hat Feuch-

tigkeitsflecken und ist heruntergekommen,

wie ein Schädel der seit Jahrhunderten in

der Erde lag. Normalerweise mache ich Bil-

der von meinen Objekten, auch im Fall des

originalen Schädels. Ich habe ihn schon

lange in meinem Besitz; erworben von ei-

nem Amateurarchäologen in der höllandi-

schen Stadt Leiden. Er hatte ihn an einem

Ort ausgegraben, wo Jahrhunderte vorher

ein Nonnenkloster stand. Es wird angenom-

men, daß der Schädel einer Nonne aus dem

17. Jahrhundert gehörte. ■

Diederick Kraaijeveld,

Amsterdam (Niederlande)

D I E D E R I C K K R A A I J E V E L D V A N I T A S / S K U L L I

Keiner weiß über das Kunstwerk besser

bescheid als der Künstler, der es gemacht hat.

Wir zeigen in jeder »Canvas Story« einen

Künstler mit einem seiner Werke. Und nur der

Künstler kommt zu Wort.

»Vanitas / Skull 1« · 2008

gefundenes Holz im ursprünglichen anstrich und nägel

69 cm x 130 cm x 4,5 cm

CANVAS STORY

»Selbstportät« · Holz

Page 61: Low N°5 (2/2009)
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62 Low Magazin

E ine Minnesängermaus spielt

einige sehnsuchtsvolle töne.

Das Lied wird zum Kampf, eine

Jagd über eine amphibische

Landschaft, die Luft stickig von

der Hitze der Schlacht. Ein Ritter ist dabei,

sich langsam in sich selbst aufzulösen. Die

Zweige und verdrehten Ranken des Sumpfes

verschlingen die Rüstung, das harte Außen-

skelett gibt nach unter dem hartnäckigen

Vordringen des krebsartigen Zellstoffs. Der

Stahl Albrecht Dürers verschlungen von den

Blütenblättern Martin Johnson Heades. Die

bleiche Erscheinung einer Kröte attackiert

den fliehenden Ritter. Ihr Herz schlägt an

der Luft, doch da ist kein Blut. Ihre Haut

ist dünn wie Papier, trocken vor Neid. Ihre

Zunge schnellt heraus und umklammert das

Bein des Widders. Ihre geschickten Finger

fangen die Pfeile der Nymphe mit dem Bo-

gen.

Die Szene wirkt wie eine japanische Geis-

tergeschichte durchweicht mit der tragik

Grimm’scher Märchen. Die kreuzweise Be-

stäubung der Genres übersät die Lotusblät-

ter. Der glitzernde Rogen ist reif und voller

Blut. In der Ferne steigt ein Mond auf, als

Hommage an Yoshitoshis »100 Ansichten

des Mondes«. Doch warum wirkt die Nym-

phe so gelassen und selbstsicher? Rettet sie

den Ritter oder stürzt sie ihn ins Verhäng-

nis? Jetzt sieht die Kröte klagend und ver-

zweifelt aus, es klammern sich Babykröten

lebenshungrig an sie, die innere Motivation

der Kröte ist sichtbar und schlagend wie ihr

ungeschütztes Herz.

Die Jagd ist eingefroren in dem Moment

vor der Katastrophe, bevor der Widder im

Schlund des Dschungels verschwindet, be-

vor der Ritter zerspringt in einen Nebel aus

knöchernen Porzellanscherben und ver-

drehten Weinreben. Die Nymphe spannt si-

cher einen Pfeil, der bald das papierne Herz

der Kröte durchbohren wird. Während sie

in diesem Durcheinander von Drähten, Re-

ben und Gitarrensaiten hängen, erblühen sie

für immer in Liebe, Hass, Neid, Angst und

Selbstvertrauen. ■

James Jean, Los Angeles (USA)

»Ballad« · 2008

acryl und Öl auf Büttenkarton

152,4 cm x 104,1 cm

J A M E S J E A NB A L L A D

FOTO

: LU

KE

HO

VER

MA

N

CANVAS STORY

Page 63: Low N°5 (2/2009)
Page 64: Low N°5 (2/2009)

64 Low Magazin

D as Bild »the Ship Sank« ist

eines von vier Bildern aus

einer Serie, die ich 2006 für

einen Wettbewerb gemalt

habe. Das Buch »Schiffbruch

mit tiger« von Yann Martel hatte gerade

den Booker Prize gewonnen, und der Ver-

lag Canongate Books hatte zusammen mit

der times London beschlossen, einen Wett-

bewerb auszuschreiben, um das Buch zu il-

lustrieren. Ich hatte das Buch gerade gelesen

und war begeistert davon. Als ich von dem

Wettbewerb hörte, war sofort klar, daß ich

mitmachen wollte, und welche Szene ich

malen wollte. In einem der Schlüsselmo-

mente des Buches geht der Überseedamp-

fer, auf dem Pi mit seiner Familie und deren

Zoo nach Kanada fährt, unter, und mit dem

Schiff Pis Familie und fast der ganze Zoo.

Pi rettet einige tiere, darunter einen tiger,

in sein Rettungsboot, mit dem er über 200

tage lang auf dem Meer sein wird.

Diese Szene wird aus Pis Sicht beschrie-

ben und konzentriert sich auf ihn, das Boot

und den tiger. Aber so viel mehr passiert

hier, denn eine Unzahl von tieren und Men-

schen kämpft um sie herum ums Überle-

ben. Ich wollte sie als einen teil der ganzen

Szene darstellen und zeigen, was unter der

Wasseroberfläche passiert, was Pi nicht se-

hen kann, aber fühlt. Anstatt eine grausame

Untergangsszene zu malen, beschloß ich, die

Welt unter Wasser in einer Art trancezu-

stand darzustellen, denn Pi konzentriert sich

hier nur auf Richard Parker, den tiger, und

versucht, alles andere auszublenden. Diese

Szene markiert auch den Beginn eines neuen

teils der Geschichte, der zum Schluß in zwei

Versionen existiert. Ich möchte mit den zwei

Ebenen in diesem Bild auch darauf hindeu-

ten, daß unter der Oberfläche des Erzählten

möglicherweise noch weitere Welten liegen.

Die Arbeit an einem Vorschlag für dieses

Buch war sehr wichtig für mich, denn ich

hatte völlig freie Hand und konnte experi-

mentieren, sowohl was die Umsetzung des

textes betraf, als auch die Art und Weise, die

Bilder zu malen. Zu diesem Zeitpunkt hatte

ich mein Studium gerade 6 Monate abge-

schlossen, und entwickelte noch Arbeitswei-

sen und Stilfeinheiten. Für die Bilder dieser

Serie arbeitete ich zum ersten Mal mit einer

Kombination von tuschezeichnung mit Öl-

lasuren, was einen Effekt von tiefe und Drei-

dimensionalität hervorrief, was sehr gut zu

meinem Konzept passte.

Im Moment ist es selten, daß ein Roman

für Erwachsene illustriert wird. Aber gerade

diese Bücher können dem Illustrator durch

ihre Vielschichtigkeit viel Raum bieten, um

weitere Facetten der Geschichte hervorzu-

heben, und so die Erfahrung des Lesers zu

vertiefen. ■

Andrea Offermann, Lübeck

A N D R E A O F F E R M A N NT H E S H I P S A N K

»The Ship Sank«

Tusche/Finelinerzeichnung

auf Clayboard mit Öllasuren

ca. 20,3 cm x 25,4 cm

CANVAS STORY

Page 65: Low N°5 (2/2009)
Page 66: Low N°5 (2/2009)

66 Low Magazin

D ie Pubertät hinterließ ihre

Spuren auf mir. Als ich sieb-

zehn war, war ich dreimal

größer als irgendjemand

den ich kannte, und mir

wuchs ein unnützes Flügelpaar. Die Beulen

auf meinem Kopf kamen erst später. Das

genügte um zu sagen, ich sei ein Monster.

Ich bin nicht das einzige in der Stadt, aber

Monster wie ich sind selten genug, so daß

die Leute aufhören zu sprechen, wenn ich

einen Raum betrete.

Ich wußte immer, daß ich anders war.

Als ich jung war, nannten mich die anderen

Kinder »Mongo« oder »Die Kreatur aus dem

Weltall«, wenn sie überhaupt mit mir spra-

chen. Ich lernte die Sticheleien zu ignorieren

und wurde schließlich so groß, daß niemand

mehr tapfer genug war, um mich weiterhin

zu beschimpfen, zumindest nicht von Ange-

sicht zu Angesicht.

Ich lernte allein zu spielen und eignete

mir an, wie man Dinge aus Holz schnitzt.

Ich schnitzte oft große Skulpturen, die

meine Mom stolz in den Vorgarten stellte.

Von denen, die ich machte, als ich jung war,

stehen immer noch einige dort. Sie sind

nicht sehr gut, aber sie mag sie und sagt, daß

sie sie nicht entfernt. Sie war immer die, die

mich am meisten ermutigte.

An den tagen an denen ich das Haus ver-

lasse, gebe ich mein Bestes um mich anzu-

passen. Gewöhnlich trage ich meine mensch-

liche Maske und ich versuche freundlich zu

anderen zu sein, auch wenn sie starren. Es

kann manchmal lästig sein, aber ich weiß,

daß ich wahrscheinlich auch gaffen würde,

wenn ich sie wäre. Sie sind schließlich nur

Menschen. ■

Mateo, Berlin

»incognito«

acryl und Collage auf Holz

40 cm x 70 cm

M A T E OI N C O G N I T O

CANVAS STORY

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Page 68: Low N°5 (2/2009)

68 Low Magazin ABBILDUNG: PLAKAT MELVINS · 2007 · SIEBDRUCK MIT 4 SIEBEN

Page 69: Low N°5 (2/2009)

Low Magazin 69

Dan Grzeca nimmt eine be-

sondere Stellung in Ame-

rikas blühender Rock-

Poster-Szene ein. Wenige

seiner Kollegen zeigen in

ihren Plakatarbeiten solch eine künstlerische

Eigenständigkeit wie er es tut. Dan Grzeca,

dessen komplizierter Name die Amerikaner

tschetsah aussprechen, lebt und arbeitet in

Chicago. Er ist vierzig Jahre alt und stolzer

Vater zweier töchter. Er besitzt ein Diplom

in Malerei und Grafik von der Northern Illi-

nois University in DeKalb.

Sein Wirken als Plakatkünstler begann

bereits 1992, als er sein erstes Plakat für die

letzte Show der Band tar gestaltete. Bei einer

seiner anschließenden Malerei-Ausstellun-

gen ermutigte ihn Bob Hartzell vom Druck-

und Designstudio Screwball Press dazu,

mehr Plakate zu machen. Das nahm er sich

zu Herzen und er begann nach dieser Begeg-

nung tatsächlich eine Menge Plakate zu ge-

stalten und zu drucken. Viele seiner Arbeiten

waren für Jazzkonzerte und die Chicagoer

Musikszene. Vor allem für Ken Vandermark

gestaltete er einige sehr schöne Siebdruck-

plakate, aber auch für Szenegrößen wie Peter

Brötzmann und Steve Lacy. Später konzent-

rierte Dan Grzeca sich hauptsächlich auf die

Rock-Szene und zeichnete und druckte für

die Konzerte alternativer Rockbands wie den

Melvins, Shipping News oder Explosions In

the Sky.

Allein in diesem Jahr wird er bis zu fünf-

zig Plakate entwerfen und drucken und

ebenso viele Kunstsiebdrucke. Das Konzert-

plakat und der Kunstdruck rangieren bei

Dan Grzeca dicht nebeneinander. Durch das

Weglassen der Schriftelemente wird dabei

eine Plakatgrafik zu einem Kunstdruck. Aber

auch ein Kunstdruck kann bei ihm zum Pla-

kat werden.

Seine Zeichnungen in skizzenhaften

Strichen, die sich filigran aus dem Schwarz

der Formen winden, verschaffen den Pla-

katen und Grafiken eine geheimnisvolle

Aura und Lebendigkeit. Für diesen Effekt

nutzt er meist ein Clayboard – eine mit

ton beschichtete Hartfaserplatte – als eine

Art Kratzplatte, auf die er ganz locker seine

Ideen in flächigen Formen tuscht. Anschlie-

ßend kratzt er die feinen Details aus dem

Material heraus. Diese technik und die lose

Arbeitsweise erzeugt Spannung und Über-

raschung in seinen Zeichnungen. Die restli-

chen Farbschichten zeichnet er einzeln auf

Der Titelblattkünstler dieser ausgabe D A N G R Z E C A

Wir stellen das Titelblatt jeder Ausgabe

exklusiv einem Künstler zur Verfügung.

Hier erzählen wir, wer er ist.

TEXT Danny Winkler

DIE TITELSTORY

ABB. OBEN: PLAKAT THE BLACK KEYS · 2008 · SIEBDRUCK MIT 2 SIEBEN ABB. UNTEN: SERIGRAPHIE »REBIRTH« · 2009 · SIEBDRUCK MIT 8 SIEBEN

Page 70: Low N°5 (2/2009)

Sie sind so unmittelbar und spontan, gut ge-

macht und skurril«, fügt er hinzu.

Dan Grzecas Plakate für Musikgrup-

pen beziehen sich immer auf das Wesen

der Band und ihrer Musik. Er sagt, daß er

die Energie eines Plakates dem Niveau des

Konzertes anzupassen versucht. Weiterhin

erklärt er, er habe eine Art fortlaufende Er-

zählung, die er immer wieder abstimmt, je

nachdem ob er nun ein Plakat für Mogwai

macht oder zum Beispiel eines für Peter

Brötzmann. So entsteht kein einfaches Wer-

beplakat, das für ein Konzert wirbt sondern

ein eigenständiges Kunstwerk, das in enger

Verbindung zum Sound der Musiker und

gleichzeitig auch zur Persönlichkeit des Pla-

katkünstlers steht. Dabei gelingt ihm etwas,

das die Substanz der Musik intensiver nach

außen trägt, als es mit einem gewöhnlichen

Werbeplakat möglich wäre. ■

transparentpapierbögen. Alle Schichten bis

hin zur anfangs entstandenen Zeichnung

druckt er nacheinander im Siebdruckverfah-

ren. Bei seinen Plakaten kommen da meist

vier bis sechs Farbschichten zusammen, bei

den Kunstdrucken schon mal bis zu 15.

Dan Grzecas Bildwelt steckt voller Ku-

riositäten. In ihr finden sich zum Beispiel

Hühner mit Holzdächern oder Häuser mit

langen Beinen. »Ich bin nicht sicher, warum

die Häuser so bedeutsam geworden sind.

Was ich aber sicher sagen kann, ist, daß sie

so bald nicht verschwinden werden«, sagt er.

Sein künstlerischer Einfluß ist eher un-

typisch für moderne Rockposter-Künstler,

denn er bezieht sich stark auf die klassische

Moderne des letzten Jahrhunderts. Er sagt,

er sei ein großer Fan von Max Ernst, Max

Beckmann, George Grosz und Jacob Law-

rence aber auch von Ed Pashke und den

Clayton Brothers. »Picassos Plakate und

Drucke aus den Jahren in Vallauris haben

einen besonderen Platz in meinem Herzen.

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