Made In Germany – Ausgabe 23 2013 des strassenfeger

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  • 7/22/2019 Made In Germany Ausgabe 23 2013 des strassenfeger

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    Straenzeitung fr Berlin & Brandenburg

    1,50 EURdavon 90 CT fr

    den_die Verkufer_in

    No. 23, November 2013

    GUMMIBRCHEN &KETTENSGENDas Bese aus deuschenLanden (Seie )

    TDLICHE WAFFENGefrag in aller Wel:Kriegsgere (Seie )

    BERLINER KLTEHILFE

    gesare (Seie )

    MADE INGERMANY

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    srasseneger | Nr. | November | INHALT

    strassen|fegerDie soziale Sraenzeiung srassenegerwird vom Verein mob obdach-lose machen mobil e.V.herausgegeben. Das Grundprinzip des srassenegeris: Wir bieen Hile zur Selbshile!

    Der srassenegerwird produzier von einem Team ehrenamlicherAuoren, die aus allen sozialen Schichen kommen. Der Verkau des sras-senegerbiee obdachlosen, wohnungslosen und armen Menschen dieMglichkei zur selbsbesimmen Arbei. Sie knnen selbs enschei-den, wo und wann sie den srassenegeranbieen. Die Verkuer erhaleneinen Verkuerausweis, der au Verlangen vorzuzeigen is.

    Der Verein mob e.V. finanzier durch den Verkau des srassenegersoziale Projeke wie die Nobernachung und den sozialen TreffpunkKaffee Bankrot in der Prenzlauer Allee 87.Der Verein erhl keine saaliche Unerszung.

    Liebe Leser_innen,auch Sie vertrauen ganz sicher gern auf das berhmte Gtesie-gel Made in Germany oder?! Ich jedenfalls habe das schonim Hinterkopf, wenn ich ein bestimmtes Produkt kaufen will.Doch ist das tatschlich noch en vogue im Zeitalter der Glo-balisierung? Gibt es das Produkt made in Germany berhaupt

    noch oder ist mittlerweile nicht eh alles Resultat der interna-tionalen Arbeitsteilung?

    Unsere Autor_innen haben recherchiert und rumgestbert, umdiese Fragen zumindest ein wenig beantworten zu knnen. AmAnfang der Ausgabe finden Sie einen Text, der erst einmal er-klrt, was es mit diesem Label auf sich hat. (Seite 3) Wir stellenIhnen einige Produkte vor, die durchaus zu Recht dieses Labeltragen und fr beste deutsche Wertarbeit stehen. (Seite 4) Lei-der sind wir bei unseren Recherchen auch auf Produkte gesto-en, die zwar technische Hchstleistungen verkrpern, abermoralisch abzulehnen sind. Die Rede ist von den in aller Weltgefragten tdlichen Przisionswaffen wie Sturmgewehren undPanzern aus deutschen Rstungs-Manufakturen. Natrlichwerden diese Waffen auch zum Schutz eingesetzt. Leider aber

    auch zum Tten. Vor allem Krisen- und Schwellenlnder sindganz scharf darauf, legal oder illegal an diese Waffen made inGermany zu kommen. Deutschland ist brigens der drittgrteWaffenexporteur der Welt und das mit unserem historischenHintergrund. (Seite 6)

    In der Rubrik art strassenfegerstellen wir Ihnen diesmal denMeister groer und kleiner Geister, den Dsseldorfer Bild-hauer Thomas Schtte, vor. (Seite 16)

    Auerdem in dieser Ausgabe: Unser Brennpunkt zum Startder Berliner Kltehilfe (Seite 18) und ein Bericht ber dieNotbernachtung von mob obdachlose machen mobil e.V.,die wenn wir bis zum Ende des Jahres keine neuen Rumegefunden haben von Schlieung bedroht ist. Abgerundetwird diese Ausgabe durch einen Bericht vom Spitzenspiel der

    Hertha-Fuballer gegen Schalke 04 (Seite 26) und unseremRatgeber zu Hartz IV-Problemen.

    Ich wnsche Ihnen, liebe Leser_innen, wieder viel Spa beim Lesen!Andreas Dllick

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    MADE IN GERMANYMade in Germany - Fluch oder Fak?

    Vom Haribo-Brchen bis zum Teddybr

    Przisionswaffen made in Germany

    mp das TaschenormaTop & Shne Ingenieure r den Tod

    Denken Made in Germany

    Wenn Marken nich halen, was sie versprechen

    Die deuschen Liedermacher

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    TAUFRISCH & ANGESAGTa r t s t r a s s e n f e g e r

    Thomas Schte: Schne Gre vomMeiser groer und kleiner Geiser im

    me Collecors Room Berlin

    B r e n n p u n k tObdachlos im Winer Berliner Klehile sare

    V e r e i nmob e.V.: Nobernachung vor Aus

    miten im Winer

    K a f f e e b a n k r o t tkaffeebankrot im Sudio von Black Box Music

    K u l t u r t i p p s

    skurril, amos und preiswer!

    S p o r tHerha BSC uneffekiv Schalke effekiv

    S o z i a lGrundvig-Parnerschasprogramm

    in der Wallonie

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    AUS DER REDAKTION

    H a r t z I V - R a t g e b e rDarlehen Teil

    K o l u m n eAus meiner Schnupabakdose

    V o r l e t z t e S e i t eLeserbriee, Vorschau, Impressum

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    srasseneger | Nr. | November MADE IN GERMANY |

    Made in GermanyFluch oder Fakt / Was bedeutet Made in Germany noch?T E X T : A s t r i d B a t y

    Ende des 19. Jahrhunderts wollte sich England ge-gen Billigimporte wehren. Am 23. August 1887wurde der Merchandise Akt 1887 Gesetz, der be-sagte, Waren, die nicht in England entstanden sind,mssen gekennzeichnet werden, um dem Kufer zu

    zeigen, ob er englische oder auslndische Ware vor sich hat.

    Auslser dieser Kennzeichnung war die Weltausstellung von1862 in London gewesen, dort brachen erstmals deutscheWaren die englische Dominanz im Maschinenbau. Vorherwar die Idee gewesen, schlechtere Waren so zu kennzeich-nen. Mit dem Madrider Abkommen ber die Unterdrckungfalscher Herkunftsangaben von 1891 bernahmen viele an-dere Staaten diese Herkunftskennzeichnung. Das war dieGeburt des Made in-Siegels. Im Laufe der Zeit wech-selten die Bedeutungen des Siegels. Im Ersten Weltkrieg undauch im Zweiten Weltkrieg benutzte man diese Siegel, umKauf von Feindesware zu unterdrcken. Nach dem zweitenWeltkrieg wurde das Made in Germany-Siegel Ausdruckdes deutschen Wirtschaftswunders. Als die DDR gegrndetwurde, herrschte noch ein Mal Verwirrung, da auch die DDRihre Waren mit Made in Germany kennzeichnete. Deshalb

    konterte Westdeutschland mit Made in W. Germany, unddie DDR kennzeichnete mit Made in GDR, um die Waren-unterscheidung zu erleichtern.

    1995 urteilte das Oberlandesgericht Stuttgart, dass ...Irre-fhrung durch das Made in Germany-Siegel nicht rechtensist, wenn zahlreiche Teile im Ausland gefertigt oder gekauftsind. Es mssen Herstellung der Teile oder des gesamten Ge-

    rtes berwiegend in Deutschland passieren.Fast widerrufen wurde dieses Urteil im Jahre2002, als das gleiche Oberlandesgericht eineIrrefhrung des Wettbewerbes sah, wenn diemeisten Teile im Ausland gefertigt oder einge-kauft werden. Deshalb haben viele Lnder, wie

    zum Beispiel die USA, viel strengere Kennzeich-nungspflichten oder Definitionen des BegriffsMade in...Daher ist heute Vorsicht angesagt, falls auf einerWare Made in Germany steht, da manche Wa-ren nur noch bis zu 30 Prozent in Deutschlandhergestellte Teile enthalten oder in Deutschlandzusammengefgt wurden. Das heit, der PCoder das Handy nennt sich zwar noch Made inGermany wurde aber in China oder irgendwoin Asien hergestellt oder die meisten Innenteilestammen aus Billiglohnlndern.

    Nun knnte man sagen: Aber die werden dochnach deutschem Gesetzt gemacht! Das nennt

    man dann Globalisierung. Gemeint ist, das Wa-ren dort hergestellt werden, wo sie billig fabri-ziert werden knnen, damit die Konzerne diegrtmglichen Gewinne einfahren knnen.

    Dann kam die EU, und laut eines Urteils desEuropischen Gerichtshofes ist die Kennzeich-nung auslndischer Waren mit Herstellungs-siegel illegal, wenn damit die Einfuhr verbotenwird. Gleichzeitig besagt dieses Urteil aber, dassdie Kennzeichnung legal ist, um nationale undinternationale Waren zu unterscheiden. Auchwenn die Kennzeichnung auslndische Warenteurer macht, die gleichwertig sind.

    Bewundernswert ist, dass einige Herstellerdiese Kennzeichnung schon vor Inkrafttretendes Gesetzes in England benutzten. Das besteBeispiel ist ein von einem Schmied gefertigtesSchwert, das den Aufdruck trgt Merv Berns.Me fecit Solingen!, ein im Mittelalter geprg-tes Gtesymbol fr die Klingen der Stadt Solin-gen, die auch noch heute weit ber die GrenzenDeutschland bekannt sind. Selbst in den USAoder im Nahen Osten werden Messer und an-dere Klingen aus Solingen gerne benutzt. Sei esvon Kchen oder anderen Berufsgruppen oderim Haushalt. Auch die Firma Wilkinson lsstin Deutschland Klingen fr Rasierer herstellen.Das bedeutet, das Gtesiegel Made in Ger-many kann und wird auch weiterhin fr guteQualitt stehen, auch wenn es heit, die Warensind etwas teurer.

    Wandbild von Ren Schneider r die

    Bollmann GmbH an der Kreuzbergsrae

    in Remscheid (Quelle: Wikipedia/Frank Vincenz)

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    Adidas-Fuballschuhe World

    Cup made in Germany

    (Quelle: Wikipedia)

    Haribo-Brchen sind as hunder-

    prozenig made in Germany

    (Foo: Andreas Dllick VG Bild-Kuns)

    Mercedes - deusche Markenware?

    (Foo: Andreas Dllick VG Bild-Kuns)

    Werbeprospek r Miele Geschirr-

    splmaschinen (Quelle: Wikipedia)

    Teddybr von Marin Bren

    Sonneberg(Quelle: Wikipedia)

    srasseneger | Nr. | November | MADE IN GERMANY

    Made in Germany Gibtes das tatschlich noch?Vom leckeren Haribo-Brchen bis zum knuddeligen TeddybrT E X T : A n d r e a s D l l i c k

    E

    in Auto der Marke Mercedes gilt vielen Men-schen als Synonym fr ein Produkt made in Ger-many. hnlich ist es bei BMW und Volkswagen.Doch im Zeitalter der Globalisierung ist derGlaube an das von deutschen Facharbeitern unter

    Einsatz deutscher Materialien in deutschen Betrieben herge-

    stellte werthaltige Produkt leider oft nur noch ein schnerTraum. Die oben genannten Marken sind nur noch zu einemgewissen Prozentsatz deutsch (Stand 2011, Quelle www.welt.de): BMW 70 Prozent, Mercedes 68 Prozent und VWgerade mal noch 26 Prozent. Lngst ist es billiger, bestimmteTeile bzw. ganze Produkte im Ausland herzustellen, sie denVerbrauchern aber als Made in Germany-Waren anzudie-nen, dass sich dadurch in der Regel ein hherer Verkaufspreiserzielen lsst. Das Meinungsforschungsinstitut Infratest er-mittelte 2010, dass mehr als die Hlfte der Deutschen bereitsind, mehr Geld fr ein Produkt auszugeben, das made inGermany ist. 84 Prozent der Befragten sind der Meinung, dasSiegel stehe fr Qualitt.

    I n f o r m a t i o n e n z u M a d e i n G e r m a n y g i b t s b e i w w w . c o b a j o . d e

    Andererseits kaufen viele Konsumenten immer hufiger Ar-tikel, die deutlich preiswerter sind als vergleichbare ProdukteMade in Germany, heit es auf dem Informationsportal www.cobajo.de. Dort kann man sich u. a. ber Produkte aus dem Au-tomobilbereich, der Haushalts- und Unterhaltungs-Elektroniksowie der Bekleidungs-, Einrichtungs- und Freizeit-Industrieeingehend informieren. Dort erfhrt man auch, dass riesigeMengen modisch kurzlebiger Konsumprodukte den Marktberschwemmen, die wiederum die Umwelt belasten und Roh-stoffe verschwenden. Weiter heit es: Das kann auf Dauernicht gut gehen. Denn neben den kologischen Folgen desweltumspannenden Warentransports kommen einschneidendeKonsequenzen fr den deutschen Arbeitsmarkt hinzu. Langfris-tig fhren die Waren aus Billiglohnlndern zu sinkenden Lh-nen in Deutschland, aber auch in anderen Industrielndern.Die Empfehlung des Portals ist, auf Produkte zurckzugreifen,

    die in Deutschland hergestellt werden und Madein Germany sind. Konsumenten sollten Anbieterverstrkt nach ihrer sozialen Verantwortung beur-teilen, die sie bernehmen.

    A d i d a s m e h r G l o b a l P l a y e ra l s d e u t s c h e s U n t e r n e h m e n

    Aber leicht ist es heutzutage nicht mehr, he-rauszubekommen, welche Produkte eigentlichzu Recht das Label Made in Germany tra-gen. Selbst traditionsreiche deutsche Firmenwie Adidas lassen heutzutage teilweise imAusland fertigen. Ist der Adidas-Turnschuhmade in Germany? Das Scheinfelder Werkproduziert Sonderanfertigungen fr einzelneSpitzensportler. Und, gewiss: Adidas pro-duziert noch zwei Fuballschuh-Modelle imbayrischen Scheinfeld. Dort fertigen 360 Mit-arbeiter die Modelle World Cup und CopaMundial. Aber: Bestandteile fr die Schuhe

    kommen aus zehn Lndern. Der Groteil derAdidas-Produktion findet im Ausland statt. DieFirma bezieht ihre Bestandteile aus insgesamt63 Lndern und von 1 232 Zulieferfabriken.Dafr sind Produktmanagement, Design undEntwicklung zu groen Teilen in Bayern ange-siedelt. (Quelle: Sddeutsche Zeitung)

    G u m m i b r c h e n 1 0 0 P r o z e n t d e u t s c h ?

    1922 erfand Hans Riegel in Bonn die Gummibr-chen. Angeblich naschte schon der letzte deut-sche Kaiser Wilhelm II. die Haribo-Brchenmit Genuss. Gelatine, Zucker, Dextrose, Wasser,Aromen und natrliche Farben - alle Zutatenkommen nach Angaben der Firma von Rohstoff-lieferanten aus Deutschland. Produziert wirdan vier deutschen Standorten in Bonn, Main-

    INFO & LITERATUR

    www.ja-zu-deuschland.com www.cobajo.de.

    Buch: Maschinen Made in Ger-many (Faszinierende Beispiele derInnovaions- und Leisungskradeuscher Ingenieurskuns), Gabler

    Verlag

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    srasseneger | Nr. | November | MADE IN GERMANY

    Der Tod ist ein Meister aus

    Deutschland. (Paul Celan)Przisionswaffen made in GermanyB E R I C H T : A n d r e a s D l l i c k

    M

    ilitrs und Paramilitrs, Befreiungskmpferund Mrderbanden, sie alle schtzen tdlichePrzisionswaffen mit dem Gtesiegel Madein Germany. Die Firma Heckler & Koch

    aus Oberndorf am Neckar (Baden-Wrttem-berg) z. B. ist fhrend auf dem Gebiet der Handfeuerwaf-fen. Der Wahlspruch von Heckler & Koch: Keine Kom-promisse spiegele die selbst auferlegte Verpflichtung wider,durch den Einsatz der besten Materialien und der modernstenTechnologie jederzeit die hchste Qualitt der Produkte zu ge-whrleisten. (Quelle Heckler & Koch)Exportschlager der Firmaist das Sturmgewehr G36.

    Auf der Webseite der Firma wird dieses Meisterwerkdeutscher Ingenieurskunst folgendermaen beworben: Ent-standen aus den Forderungen der deutschen Bundeswehr,setzt das G36 nach wie vor den Mastab in der Kategorie derSturmgewehre. Eingesetzt als Infanteriewaffe zahlreicher Na-tionen, vertrauen nicht zuletzt Spezial- und Sicherheitskrfteder konstanten Zuverlssigkeit des G36. Wesentliche Bauteiledes G36 bestehen aus glasfaserverstrktem Kunststoff. DerAnwender erhlt dadurch eine leichte Waffe mit hoher Leis-tung bei geringem Wartungsaufwand. Das G36 ist perfekt ge-

    eignet fr infanteristische Aufgaben im abgeses-senen Kampf. Optimal in der Handhabung, imGewicht und der Feuerdichte im Nahkampf, so-wie fr ein schnelles, przises und durchschlags-

    krftiges Einzelfeuer im Fernkampf.Wie gefragt diese Przisionswaffe weltweitist, geht aus der Selbstdarstellung des Unterneh-mens hervor: Das Gewehr G36 ist das Stan-dard-Sturmgewehr der Deutschen Bundeswehr,sowie zahlreicher verbndeter Nationen. Dar-ber hinaus ist es bei ber 30 weiteren Nationeneingefhrt. (Quelle Heckler & Koch)

    D e u t s c h e S t u r m g e w e h r e f r d i e W e l t

    Der Journalist Ren Heilig informierte im Juli2011 im Neuen Deutschland darber, dassdas G36 trotz eines Exportverbots auch inGeorgien, Mexiko, Libyen bzw. in Saudi-Ara-bien eingesetzt wurden. Heilig legte auch offen,dass der Bundessicherheitsrat den Export einerkompletten G36-Fabrik nach Saudi-Arabien

    HECKLER &KOCH - FHREND

    IN TECHNOLOGIE,FORSCHUNG UND

    ENTWICKLUNGVON INFANTERIE-

    WAFFENSYSTEMEN(Eigenwerbung)

    Inaneriesoldaen der

    US-Army bei Schiebun-

    gen mi dem Surmge-

    wehr G36 von Heckler

    & Koch im Kosovo.

    (Quelle: Wikipedia/SSG VIN-

    CENT A KING, USA)

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    srasseneger | Nr. | November MADE IN GERMANY |

    tungsfirma Krauss-Maffei Wegmann GmbH &Co. KG ist stolz auf ihre effizienten Produkte:

    Krauss-Maffei Wegmann ist Marktfhrer inEuropa fr hochgeschtzte Rad- und Ketten-fahrzeuge. Auf die Einsatzsysteme von KMWverlassen sich weltweit die Streitkrfte von ber30 Nationen, heit es auf der Webseite.

    D e r K a m p f p a n z e r L e o p a r d 2i s t e i n e H i g h t e c h w a f f e

    Prunkstck der Waffenschmiede ist der Kampf-panzer Leopard 2 mit den Leistungsmerkmalendes A7+. Und in der Tat: Das Gert ist eineHightech-Maschine, die die Begehrlichkeitender Militrs in aller Welt weckt. Die Firmaselbst bewirbt den Panzer so: Der LEOPARD

    2A7+ wurde fr die neuen Aufgaben der Bun-deswehr entwickelt und qualifiziert. Die aufden Schutz der Fahrzeugbesatzung optimiertenSystemkomponenten bewhren sich derzeit imAfghanistan-Einsatz mit dem NATO-PartnerKanada. Zu seinen Leistungsmerkmalen zh-len: Passiver Rundumschutz fr die Besatzunggegen Bedrohungen wie Sprengfallen, Minenoder Panzerfaustbeschuss, Schnittstelle zumAnbringen von Anbaugerten, z. B. eines Mi-nenpflugs, Minenrollers oder Rumschildeszum Beseitigen von Minen, Sprengfallen oderGebudetrmmern, die Straen unbefahrbarmachen, Kampfraum-Khlanlagen in Turmund Fahrgestell, verbesserte Optroniken (Tag/Nacht) zur Aufklrung ber weite Entfernun-gen, kombinierte Fahrer-Nachtsicht (Wrme-bildgert/Restlichtverstrker) fr Front- und

    Krauss-Maffei WegmannGmbH & Co. KG ist Marktfhrer

    in Euro pa f r hoch gesc ht zteRad- und Kettenfahrzeuge.

    Auf die Ein sat zsy stem e v onKMW verlassen sich weltweitdie Streitkrfte von ber 30Nationen. (Eigenwerbung)

    genehmigt hat (brigens auch den Export vonLeopard-Panzern!). Weiter heit es im Ar-

    tikel: Es drfte der Bundesregierung wiebereits beim Leopard-Panzer-Projekt schwer-fallen zu erklren, wie die Saudi-Diktatoren perdeutschem Sturmgewehr Demokratie und Men-schenrechte frdern werden. (Quelle: www.ag-frie-densforschung.de/themen/export/saudi8.html)

    Der Merkur berichtete am 31.08.2011,dass Libysche Rebellen nach InformationenStuttgarter Nachrichten und des ARD-Maga-zins Kontraste bei ihrem Vormarsch zahlrei-che G36-Sturmgewehre aus Deutschland erbeu-tet htten. Nach Augenzeugenberichten seien sieden Rebellen beim Sturm auf die Residenz deslibyschen Diktators Muammar al-Gaddafi in Tri-polis in groer Anzahl in die Hnde gefallen. Un-

    klar sei, wie die Waffen nach Libyen kamen. Frden Freiburger Rstungsgegner Jrgen Grsslinbestnde der begrndete Verdacht, dass Heck-ler & Koch oder Zwischenhndler das G36 ingroen Mengen illegal an das Gaddafi-Regimegeliefert haben.

    Der Abrstungsexperte Jan van Aken vonder Partei Die Linke habe im Bundestag um-fassende Aufklrung gefordert und von einemunfassbaren Vorgang gesprochen. (Quelle:http://www.merkur-online.de/aktuelles/brennpunkt/li-

    byen/berichte-deutsche-g36-sturmgewehre-libyen-einsatz-

    zr-1384801.html)Dem ist wirklich nicht viel hin-zuzufgen. Man mchte es eigentlich gar nichtwissen, wo diese Waffen trotz Kriegswaffenkon-trollgesetz noch gelandet sind!

    Aber das ist lange noch nicht alles an td-lichen Waffen aus Deutschland. Auch die Rs-

    Hecksicht, digitalisiertes und multifunktiona-les Bedienerkonzept.Halleluja! Kein Wunder, dass viele alliierte

    Partner Deutschlands, aber auch zahlreiche Kri-senlnder so richtig scharf auf das Gert sind.Aber auch auf dessen Vorgnger, der LEO-PARD 2 A6, ist immer noch sehr gefragt, wiedie Firma zu berichten wei: Auf die vielseitigeberlegenheit des LEOPARD vertrauen dieStreitkrfte von 16 Nationen. KMW hat sie allegeliefert. Das ist bei ber 3 500 Stck eine welt-weit einzigartige Quote. Und: In der modernen2 A6-Version wurde vor allem eine reichweiten-gesteigerte Feuerkraft realisiert. Ausgerstet mitder L55-Glattrohrkanone (120 mm), berzeugter durch eine enorme Zielgenauigkeit und die F-higkeit zur Zielbekmpfung auf Entfernungen biszu 6 000 Metern. ... Absolute berlegenheit auf

    Der Kamppanzer Leopard 2 A6 bei der Durchquerung eines Gewssers im Rahmen des Vorbens

    zur Inormaionslehrbung Heer am Ausbildungszenrum Munser. (Quelle: Wikimedia/ Bundeswehr/Rot)

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    srasseneger | Nr. | November | MADE IN GERMANY

    K l e i n w a f f e n - A u s f u h r g e n e h m i g u n g e n i m V e r g l e i c h 2 0 1 1 z u 2 0 1 2

    2012 war das absolue Rekordjahr r den Kleinwaffen- Expor. Die Bundesregierung genehmigeKleinwaffenverkue in Hhe von 76,15 Mio. Euro. Zum Vergleich: 2011 waren es nur 37,9 Mio., damiha sich der Kleinwaffenexpor innerhalb eines Jahres verdoppel. Der bislang hchse Wer ausdem Jahre 2009 lag bei 70,4 Mio. Euro.

    L a n d 2 0 1 2 ( i n E u ro ) 2 0 1 1 ( i n E u ro )

    I r a k2 791 120 + Muniion:190 000 = 2 971 120

    3 485 308 + Muniion:366 150 = 3 851 458

    Jo rd a n i e n10 806 + Muniion: 0 =10 806

    0

    K a t a r9 949 + Muniion: 684 =10 633

    0

    K u w a i t 0 + Muniion: 28 246 0

    O m a n1 073 077 + Muniion:40 472 = 1 113 549

    132 747 + Muniion: 1 330= 134 077

    VA E1 989 454 + Muniion1 330 623 = 3 320 077

    61 610 + Muniion: 30 613= 92 223

    S a u d i - A r a b i e n6 542 541 + Muniion:49 095 = 6 591 636

    9 351 496 + Muniion: 0= 9 351 496

    L i b a n o n3 908 Muniion: 87 402(nich deklarier, ob rUN-Mission)

    21 522 Muniion: Nur UN-Mission

    G e n e h m i g u n g e n i m J a h rt o t a l

    Kleinwaffen 12 420 855Muniion: 1 726 492Muniion ohne Libanon:

    1 639 090

    Kleinwaffen: 13 052 683Muniion: 398 093

    Quelle: www.jan-van-aken.de (27.05.2013, Rstungsexportbericht der Bundesregierung 2011, S. 26)

    K l e i n w a f f e n - A u s f u h r g e n e h m i g u n g e n i n A r a b i s c h e L n d e r

    dem Gefechtsfeld. Die optimale Fhrbarkeit desLEOPARD 2 beruht auf der einzigartigen Symbi-

    ose zwischen Fahrzeugbesatzung und anspruchs-vollster Technologie made in Germany.

    D e u t s c h l a n d w i l l L e o p a r d 2 A 7 + a n d i e S a u d i s l i e f e r n

    Wie stark das Interesse gerade bei Krisen- undSchwellenlndern ist, zeigen folgende Medien-berichte: Laut Bild am Sonntag wolle Saudi-Arabien bei Kraus-Maffei Wegmann bis zu 200Leopard 2-Kampfpanzer kaufen. Laut einemBericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegelhat der Bundessicherheitsrat im Juni 2011 denExport von 200 modernen Leopard-Kampf-panzern grundstzlich gebilligt. Das geheim ta-gende Gremium entscheidet unter anderem ber

    besonders kritische Rstungsexportantrge.Der Rstungsexperte des Internationalen

    Konversionszentrums Bonn (BICC) Jan Grebesagte dazu gegenber BILD.de: Der Leopard2 A7+, um den es offenbar geht, ist speziell aus-gerstet fr den Einsatz bei Aufstnden auch instdtischen Gebieten. Er eignet sich damit frdie interne Repression. Da wre es natrlichsehr problematisch, ausgerechnet solche Panzeran ein autoritres Regime wie Saudi-Arabien zuliefern, whrend in vielen Lndern der Regiondie Vlker um Freiheit und Demokratie kmp-fen. Saudi-Arabien zhlt zu den wichtigstenZiellndern deutscher Rstungsexporte. 2009genehmigte die Regierung laut Rstungsexport-

    bericht sieben Geschfte mit einem Gesamtum-fang von 168 Millionen Euro. Damit war Saudi-Arabien auf Platz sechs der Bestimmungslnder.Im selben Jahr wurden 147 Leopard-Panzeran Chile, Finnland, Griechenland, Singapur, dieTrkei und nach Brasilien geliefert. (Quelle www.tagesschau.de/inland/panzer138.html)

    Die Bundesrepublik liegt brigens unter denStaaten, die mit dem Export von RstungsgternGeld verdienen, hinter den USA und Russlandauf Platz drei! Nach zwei verheerenden Welt-kriegen mit Millionen Toten, angezettelt vonDeutschland, sollte dieses Land eigentlich niewieder solche tdlichen Waffen herstellen dr-fen. Diese Lektion sollten deutsche Politikereigentlich gelernt haben. Aber wie schrieb PaulCelan in der Todesfuge doch so treffend: DerTod ist ein Meister aus Deutschland.

    Jan van Aken (Die Linke) (Quelle: www.die linke.de)

    G36-Surmgewehr der Bundeswehr mi einem Zeiss RSA-S-Inrarolichgr(Quelle: Wikipedia/KrisromGermany)

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    srasseneger | Nr. | November MADE IN GERMANY |

    INFO

    www.player.de

    mp3 das TaschenformatWie meine Musiksammlung das Laufen lernteB E R I C H T : A n d r e a s P e t e r s

    mp3 ist dieses Dateiformat, an das heutekaum ein Musiksammler vorbei kommt.Mir jedenfalls fllt zu mp3 als erstes ein,dass ich Unmengen von Musik, sowohlauf meinen kleinen mp3-Player, als auchauf der Festplatte meines Computers gesammelt habe. Nichtallein zum Anhren, dafr reicht ja kaum ein erwachsenesMenschenleben, sondern, weil es so einfach ist und physisch

    im Vergleich zur Schallplatte oder CD keinen Unterschiedmehr macht. Keinen? Nicht wirklich, aber dazu spter mehr.In jedem Fall bentige ich heute, wo ich frher umstndlichmit CDs und einem Player hantieren musste, nur noch einkleines Abspielgert oder ein Handy. Das war revolutionrund ein Fortschritt der besonderen Art, der nicht nur meineArt Musik zu hren entschieden verndert hat. Und dies istnicht japanischen oder amerikanischen Wissenschaftlern zuverdanken, sondern deutschen.

    m p 3 w u r d e a m F r a u n h o f e r - I n s t i t u t e n t w i c k e l t

    1982 wurde das Dateiformat unter der Leitung von Hans-Ge-org Musmann von einer Gruppe um Karlheinz Brandenburgam Fraunhofer-Institut fr Integrierte Schaltungen (IIS) inErlangen sowie an der Friedrich-Alexander-Universitt Erlan-

    gen-Nrnberg in Zusammenarbeit mit AT&T Bell Labs undThomson entwickelt. mp3 steht dabei als Abkrzung fr ISOMPEG Audio Layer 3 und definiert ein Codierungsverfahrenvon Audiodateien, dass schlielich Mitte der Neunziger Jahreber entsprechende Abspielgerte und Software (Lame-En-coder) seinen Siegeszug antrat. mp3 gilt mittlerweile weltweitals Standard der Audiobermittlung und zwar nicht nur fr

    Musik, sondern auch zum Beispiel fr Sprachnachrichten.Brandenburg wurde fr diese Entwicklung zu Recht mehr-fach ausgezeichnet.

    H o h e s S u r f t e m p o s o r g t e f r S i e g e s z u g v o n m p 3

    Ausgangspunkt dieser Erfindung war die Fragestellung, wiekann die Gre einer Audiodatei soweit reduziert werden,

    dass zum einen der damit verbundene Qualittsverlust fr dasmenschliche Ohr kaum oder gar nicht wahrgenommen wer-den kann und zum anderen die Gre dazu gereicht ber dasInternet bermittelt zu werden. Man erinnere sich. Mitte derNeunziger war man noch mit einfachen Modems im Internetunterwegs (54 Kilobytes/Sekunde) und froh, wenn die Ver-sendung einer E-Mail mit Anhang gelang. Mit der wachsendenSurfgeschwindigkeit stieg allerdings ebenso rasant die Verbrei-tung von mp3 als Musikdateiformat. Tauschbrsen entstandenberall im Netz und sorgten fr die weltumspannende Verbrei-tung von Musikmaterial. Meist illegal und unter Umgehungdes Urheberrechts und selten mit Zustimmung der Komponis-ten und Musiker, die um ihre Einnahmen als Knstler frchte-ten. Mittlerweile gibt es ganz legal Musikportale, die Millionenvon Titeln fr jeden bereithalten, alles zum Downloaden immp3-Format, fr 20 bis 30 Euro im Monat. Ein Spottpreis,

    wenn ich an meine musikalische Hochzeit denke, wo allein einDoppelalbum schon rund 30 DM kostete.

    D a t e n k o m p r e s s i o n f h r t e z uW a h r n e h m u n g s v e r l u s t e n

    Doch, wie das so ist mit dem Fortschritt, es gibt auch einennicht ganz unwesentlichen Nachteil. Die Forscher um Bran-denburg haben es sich fr das mp3-Verfahren nmlich zuNutzen gemacht, dass der Mensch zwei Tne erst ab einemgewissen Mindestunterschied der Tonhhe voneinander un-terscheiden kann. Vor und nach sehr lauten Geruschen kanner fr kurze Zeit leisere Gerusche schlechter oder gar nichtwahrnehmen. Diesen psychoakustischen Effekt der mensch-lichen Wahrnehmung von Tnen und Geruschen nutzt das

    mp3-Verfahren ebenso, wie die meisten anderen verlustbehaf-teten Kompressionsformate aus. Fr den geschulten Musik-hrer bedeutet dies in jedem Fall vor heimischer High-End-Anlage eine qualitative Einbue. Das Hren einer CD und erstrecht das Hren einer Schallplatte bieten jedenfalls selbst aufeinfacherer Musikanlage einen, subjektiv betrachtet, deutlichvollstndigeren Hrgenuss.

    Damit gerade auch diese Musikliebhaber zuknftig nichtauf die volle Bandbreite des Hrgenusses verzichten mssen,gibt es mittlerweile weiterentwickelte Musikformate, wiezum Beispiel flac (Free Lossless Audio Codec), welchessich durchaus eignet, den CD und Plattengaraus entgegenzu wirken. mp3 hat unsere Musiksammlung mobil gemacht.Keiner braucht mehr unterwegs auf seine Musik verzichten.Zugleich freue ich mich aber immer wieder, wenn ich zuflligeines meiner Lieblingslieder mal wieder im Radio hre und seies ein noch so schlechter Klang. Musik lsst sich eben dochnicht allein auf ein Dateiformat reduzieren.

    Apple iPod, der meisver-

    kaufe MP3-Player (Foo:

    Wikipedia /Sahlkocher)

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    Erns-Wolgang und Ludwig Top 1938

    (Quelle: Falblat zur Ausellung Techniker der Endlsung /

    Jdisches Museum Berlin)

    Denkmal vor dem Verwalungsgebude von Top

    & Shne in Erur. (Quelle: Wikipedia/Michael Sander)

    Verbrennungsen der Firma Top und Shne im

    KZ Buchenwald (Quelle: Pc. W. Chichersky. (Army))

    srasseneger | Nr. | November | MADE IN GERMANY

    Ingenieure

    fr den TodDie Mitwirkung der Firma Topf &Shne und ihrer Ingenieure an denMassenmorden der NazisT E X T : M a n f r e d W o l f f

    Made in Germany brgte fr Qualitt,sorgfltige Verarbeitung, hohe Leistungund genialen Erfindungsreichtum. Je-der Deutsche ist ein Ingenieur, sagt man

    scherzhaft. Es waren Deutsche, die das Auto er-funden haben und das Fernsehen, die Kltema-

    schine und den Dieselmotor. Das Siegel Madein Germany adelte Produkte und gab ihnen einAlleinstellungsmerkmal. Da wundert es nicht,dass Produkte aus Deutschland kopiert wurden,um an dieser Aura teilzuhaben. Mit falschen

    Messern aus Solingen lie sich gut verdienen.Made in Germany war aber auch die

    grte Mordmaschine, die je von Menschenerdacht wurde: das KZ und VernichtungslagerAuschwitz. Ein kompliziertes logistisches Rder-werk brachte die Opfer ins Lager, wo sie ber

    einen lngeren Zeitraum durch Arbeit unter un-menschlichen Bedingungen ums Leben kamenoder wo sie sogleich industriell gettet wurden.Am Ende des Leidensweges standen die fen derFirma Topf.

    D e r T o d a l s e i n t e c h n i s c h e s P r o b l e mu n d g u t e s G e s c h f t

    J. A. Topf & Shne war eine mittelstndischeFirma in Erfurt. Sie stellte vor allem Feuerungs-anlagen, Mlzereien, Brauereimaschinen, Silo-anlagen, gasdichte Tren her ganz normalerIndustriebedarf. 1914 wurde die Produktionspa-lette auf Krematoriumsfen ausgeweitet; das

    blieb mit einem Anteil von drei Prozent nur einRandbereich. Er sollte jedoch Folgen haben.Im Herbst 1939 brach im KZ Buchenwald

    eine Ruhrepidemie aus. ber 1.000 Insassenfielen ihr zum Opfer. Die SS wusste nicht, wo-hin mit den Leichen. Fr gewhnlich wurden sieim Krematorium in Weimar verbrannt. DessenKapazitt reichte nicht fr die aktuellen Anfor-derungen aus. Deshalb wandte sich das Reichs-sicherheitshauptamt an die Firma Topf & Shneund erwarb einen Krematoriumsofen fr das KZ.Die Zusammenarbeit mit der Nazi-Behrde ent-stand ohne politischen Druck, und auch morali-sche Bedenken kamen bei den Topfs angesichtseiner Verschuldung des Unternehmens von fasteiner halben Million Reichsmark nicht auf.

    Aufgrund der guten Erfahrungen bestelltedie SS auch Krematoriumsfen fr die Lager

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    Dachau, Gusen und Stammlager Auschwitz bei Topf. 1941intensivierte der Bauleiter der SS in Auschwitz-Birkenau KarlBischoff die Zusammenarbeit mit Topf & Shne und ordertefnf Dreimuffelfen fr das dortige Krematorium. Damitkonnte die Kapazitt auf 4.416 Leichen pro Tag ausgelegtwerden. Die Anlagen wurden von Ingenieuren der FirmaTopf vor Ort installiert und gewartet. Am ersten Probelaufder Gaskammern am 14. Mrz 1943 nahmen Topf-Ingenieureals Beobachter teil.

    D e r S c h a r f s i n n e i n e s I n g e n i e u r s

    Leitender Ingenieur war ein gewisser Kurt Prfer, der mitseinem Erfindungsreichtum und technischen Sachverstandseinem Beruf alle Ehre machte. Er installierte Entlftungs-

    anlagen fr die Gaskammern, um eine schnellere Abfolgeder Ttungen zu erreichen. Prfer machte eine ganze Reihevon Verbesserungsvorschlgen. Unter dem Stichwort Ex-pressarbeit schlug er vor, drei Leichen in einer Ofenkam-mer gleichzeitig zu verbrennen und das aus den Leichenaustretende Krperfett zur Befeuerung weiterzuverwenden.Er berichtete 1942 seinem Chef, dass statt der 250 Verbren-nungen pro Tag und Ofen mit den verbesserten fen 800Verbrennungen mglich sein werden. Von ihm kommt auchder Vorschlag, die Gaskammern mit der Abluft der fen zubeheizen, damit das Zyklon B schneller wirkt und man we-niger davon braucht.

    E i n z y n i s c h e r V e r b e s s e r u n g s v o r s c h l a g

    Die Ingenieure waren mit der Muffelofenlsung nicht zu-frieden und sannen auf grundlegende Verbesserungen desAblaufs an den Gaskammern und Verbrennungsfen. Das

    Ergebnis war ein Patentantrag fr einen Durchlaufofen frden Massenbetrieb. Das Verfahren sollte einmal der wei-teren Beschleunigung des Vorgangs dienen. Durch denTransport der Leichen auf einer schiefen Ebene entstndenkeine Aufwendungen fr den Antrieb der transportketten,da das durch die Schwerkraft erfolgte. Durch die nahezusenkrechte Anordnung der Leichen konnte beim Verbren-nungsvorgang Brennstoff gespart werden, da die Leichenfr einander als Brennstoff dienten.

    F r e i n e n I n g e n i e u r i s t n i c h t s z u s c h w e r

    Auch die Einleitung des Patentantrags ist lesenswert: In dendurch den Krieg und seine Folgen bedingten Sammellagern derbesetzten Ostgebiete mit ihrer unvermeidbar hohen Sterblich-

    keit ist die Erdbestattung der groen Menge verstorbener La-gerinsassen nicht durchfhrbar. Einerseits aus Mangel an Platzund Personal, andererseits wegen der Gefahr, die der nherenund weiteren Umgebung durch die Erdbestattung der vielfachan Infektionskrankheiten Verstorbenen unmittelbar und mit-telbar droht. Es besteht daher der Zwang, die stndig anfal-lende, groe Anzahl von Leichen durch Einscherung schnell,sicher und hygienisch einwandfrei zu beseitigen. Dabei kannnatrlich nicht nach den fr das reichsdeutsche Gebiet gelten-den gesetzlichen Bestimmungen verfahren werden.

    So spricht der Ingenieur, der sich allein fr die Machbar-keit und Zweckmigkeit seiner Arbeit verantwortlich wei.Seine Maschinen haben keine Moral. Der Patentantrag wurdeim Krieg aus Geheimhaltungsgrnden nicht mehr bearbeitet.Aber seine Autoren erfuhren Gerechtigkeit. 1953 wurde dasVerfahren und eine Vorrichtung zur Verbrennung von Lei-chen, Kadavern und Teilen davon vom Bundespatentamtgewrdigt. Made in Germany war wieder einmal geschtzt.

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    Kriik der reinen Vernunf, Tiel-

    blat der Ersausgabe von 1781

    (Quelle: Wikipedia)

    Kan und seine Tischgenossen.

    Gemlde von Emil Drsling,

    1892/1893. (Quelle: Wikipedia)

    Immanuel Kan (Quelle: Wikipedia)

    Denken

    made in GermanyIdealismus gegen anglo-amerikanischen PragmatismusB E T R A C H T U N G : B e r n dS

    chon beim Studium der Juristerei habe ich Unter-schiede zwischen dem deutschen (kontinentalen)Rechtssystem und dem englischen bemerkt. Dasdeutsche strebt nach einer vollkommenen, idealenRegelung, man fragt: Was ist richtig? Nach vie-

    len Beratungen schreibt man die gefundene Lsung in einemGesetz fest. Da die Vielfalt des Lebens aber immer wiederSituationen hervorbringt, an die der Gesetzgeber gar nichtgedacht hat und deshalb keine brauchbare Lsung bietet,enthlt das Gesetz fr solche Ausnahmeflle eine sogenannte

    Salvatorische Klausel. Das ist wie ein Schlupfloch, das eineabweichende, vernnftige Antwort ermglicht.

    Das anglo-amerikanische Rechtssystem verzichtet weitgehendauf solche Festlegungen (Statuierungen), weil man sich nichtzutraut, im Voraus alle Wechselflle des Lebens erfassen undgenerell abstrakt fr die Zukunft regeln zu knnen. Man fragtenicht, wie in Deutschland: What ist right?, sondern umge-kehrt, What is wrong? Was ist hier falsch? Woran hapertes? Sodann lst man das konkrete Problem anhand von fr-heren Einzelfallentscheidungen, die gesammelt worden sind(Case Law), sowie anhand des Common Sense, des gesun-den Menschenverstandes; oder, wie man es heute nennt, nachder Auffassung aller billig und gerecht Denkenden.*

    Diese Art zu denken hat ihre Wurzeln in der englischen Moral-und Staatsgeschichte. Das wird deutlich an dem Mathemati-ker und Staatsphilosophen Thomas Hobbes (1588-1679). Derfragte nicht, was ist idealerweise zu erstreben, welche Theoriefhrt zu einer sittlich gerechtfertigten Staatslehre, sondern erstellte ganz einfach, wenn auch bedauern, durch Beobachtungseines Lebensumfeldes fest, dass die Menschen habgierig sind.Folglich begrndet er seine Theorie pragmatisch, man mssebeim Raffen nach irdischen Gtern mglichst schnell sein undden anderen zuvorkommen. Hehre Gedanken, wie z. B. derkategorische Imperativ von Immanuel Kant (1724-1804), demwohl bedeutendsten Philosophen des deutschen Idealismus,stehen ihm fern.Thomas Hobbes war nicht unumstritten. Der Englnder Da-vid Hume (1711-1776) hat ihm bezglich seiner Staatstheo-rie widersprochen. Nichts desto weniger hat seine Lehre dieenglische und heute die US-amerikanische Auenpolitik, ins-

    besondere die Kolonialpolitik, stark beeinflusst.Gefrdert worden war diese Tendenz durchden schottischen Wirtschaftswissenschaftlerund Moral(!)-Philosophen Adam Smith (1723-1790), den Begrnder der Volkswirtschafts-lehre. Der hatte in seinem Hauptwerk TheWealth of Nations zwar die Vorzge von De-mokratie, Rechtsstaat, Freiheit gepriesen, vorallem des internationalen Freihandels, dannaber im weniger bekannten Teil seines Buches

    diese hehren Prinzipien fr die Kolonialvlkerausgeschlossen. Diese durften nur als Rohstoff-lieferanten und als Abnehmer der Fertigwarenaus England fungieren; wurden also schamlosausgebeutet und an ihrer eigenen Entwicklunggehindert. (Heute kommen deren Nachfahrenals Bootsflchtlinge nach Lampedusa).Abgerundet wird diese pragmatische Ausrichtungder Anglo-Amerikaner von der Lehre des franzsi-schen Reformators Johannes Calvin (1509-1564),dass die Wohlgeflligkeit Gottes gegenber ein-zelnen Menschen sich auch in deren wirtschaftli-chem Erfolg auf Erden zeigt. Der Calvinismus hatdie Geisteshaltung der Menschen in England und

    in den USA stark beeinflusst und in dem Pur-suit of Happiness (= Jagd nach Glck) Eingangin die amerikanische Unabhngigkeitserklrungvom 04. Juli 1776 gefunden. Man bezog happi-ness nicht nur auf Emotionen und Gesundheit,sondern auch auf den wirtschaftlichen Erfolg. Dasenorme Vermgen, das einige superreiche Fami-lien der USA in dieser Geisteshaltung angehufthaben, ist in den Grnderjahren zum groen Teildurch kriminelle Handlungen zustande gekom-men; vor allem durch Bestechung.Das unterschiedliche Denken von Idealisten undPragmatikern wirkt bis zum heutigen Tage fort,und zwar mit schwerwiegenden Folgen:

    Die US-Wirtschaft produziert weniger langlebigeGebrauchsgter, wie das in Deutschland jeden-

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    falls vor Einsetzen der Amerikanisierung nachdem II. Weltkrieg der Fall war, sondern eher Wa-ren von minderer Qualitt (ex und hopp), mg-lichst mit eingebauter Obsoleszenz (Soll-Bruch-stelle), um Umsatz und Gewinn zu steigern. Diedabei entstehenden Umweltbelastungen ignoriertman. Im Wettlauf um die Rohstoffe der Erde, vor

    allem um Erdl- und Erdgaslager, schrecken dieUS-Amerikaner vor nichts zurck. Sie erstrebendie Weltherrschaft, wie frher England, damalsdie grte Kolonialmacht der Erde. Dazu werdenDiktatoren, Scheichtmer, Bananenrepublikenund andere nicht demokratisch legitimierte Re-gierungen militrisch und wirtschaftlich gesttztund dominiert sowie Kriege unter fadenscheini-gen Vorwnden vom Zaune gebrochen; zuletztin Vietnam, Irak und anderen Staaten. Diese ei-genschtige Politik hat zu einer haarstrubendenUngleichverteilung des Wohlstandes auf der Erdegefhrt; und zu einer Ungerechtigkeit, die wie-derum Protest und Widerstand der Armen sowieden Terrorismus radikaler Krfte auslste.

    Der Idealismus Kantscher Prgung hingegenknnte die Menschheit retten gem dem Kate-gorischen Imperativ: Handele stets so, dass dieMaxime (subjektive Leitlinien) deines Willensjederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinenGesetzgebung gelten kann.*Richtig wre, anhand des gesunden Volks-empfindens. Denn das hier mageblicheRechtsgefhl ist ein Erzeugnis des Geistes, dasman durch Empfinden aus der Tiefe des Gemtsempfngt, und nicht des irdischen, an Raumund Zeit gebundenen Verstandes. Da aber derBegriff gesundes Volksempfinden von denNationalsozialisten fr ihre Zwecke instrumen-

    talisiert wurde, ist er heute negativ besetzt undwird nicht mehr gebraucht.

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    Mit fremder FederWenn Marken nicht halten, was sie versprechenT E X T : J a n M a r k o w s k y

    Albrecht Drer war als Grafiker erfolg-

    reich. An seinen Erfolg haben sichAndere rangehngt. Deshalb hatteer seine Werke mit dem charakteris-

    tischen AD gekennzeichnet. Auch das halfnicht. Die Kopisten erkannten die Absicht undkopierten auch das Label.

    I c h u n d e i n e s t a a t l i c hg e w o l l t e F l s c h u n g

    Ich habe frher viel Bier getrunken. In der DDRwurde gutes Bier gebraut und auch getrunken.Beliebt waren neben dem Bier aus Radeberg dasBier aus Wernesgrn. Als Student habe ich inMerseburg viel fades Bier aus Weienfels kon-sumiert. In der Innenstadt in Merseburg wurde

    mir in einem Lokal vom Kellner WernesgrnerBier suggeriert. Es schmeckte fad. Einen Monatspter bin ich mit der Bahn an Weienfels vor-bei gefahren und entdeckte auf dem Gelndeder Brauerei dort Flaschen mit dem Etikett derBrauerei aus Wernesgrn. Da wurde mir klar,weshalb Bier mit Wernesgrner Etikett nachWeienfels schmeckte. Lebensmittelflschungim staatlichen Auftrag.

    K e h r s e i t e d e r G l o b a l i s i e r u n g

    Bei der Suche im Internet bin ich zunchst aufUnderberg gestoen, das Unternehmen, das inRheinbergen Kruterlikr in kleinen Flaschen

    verkauft. Schon Hubert Underberg legte bei derGrndung der Firma 1846 Wert auf das unver-wechselbare uere der Verpackung. Genau daswurde und wird kopiert, oft mit kleinen nde-rungen. Die Anlehnung an das Original aus derrheinischen Stadt ist unverkennbar. Ein Umsatzin Millionenhhe reizt einfach zur Kopie. Dastrifft auch auf Klamotten zu. Lacoste und Gucci,nur um zwei der bekannten Marken zu nennen,waren davon betroffen. Das Benutzen bekannterMarken ohne Genehmigung des Markeninhabersist eine Kehrseite der Globalisierung. Die Websitewww.markenpiraterie.de spricht von Umsatzver-lusten in Milliardenhhe und von Gefhrdungvon 700 000 Arbeitspltzen. Auf dieser Websitewird geschtzt dass acht bis zehn Prozent desWelthandels mit geflschten Waren abgewickeltwird. Kein kleines Problem. Es ist dafr eine gute

    Logistik und einiges Know-how notwendig. Erzeugt werden

    die geflschten Produkte in den klassischen Staaten Hong-kong, Thailand, Taiwan, Vietnam, auch in Tschechien, Polen,Ukraine, den GUS-Staaten und der Trkei. Umsatzeinbuedurch Trittbrettfahrer schadet den Unternehmen. Schlimmerist der Imageschaden, wenn der Trittbrettfahrer minderwerti-ges oder gar ungeeignetes Material verwendet.

    F l s c h u n g e n g e f h r d e n L e i b u n d L e b e n

    Angesichts dieser Grenordnung geht es lngst nicht mehrum Magenbitter, T-Shirts, Tschchen, Uhren. Der Aktions-kreis gegen Produkt- und Markenpiraterie e.V. hat auf seinerWebsite fr das Jahr 2008 fr einige wichtige Produktgrup-pen eine erhebliche Zunahme der vom Zoll festgestellten undaus dem Verkehr gezogenen Flschungen festgestellt. Bei denProdukten zur Krperpflege waren das 42 Prozent, bei den

    Arzneimitteln 57, bei elektrischen Gerten 58 und bei Kin-derspielzeug 136 Prozent.

    Welche Gefahren von geflschten Produkten ausgehenknnen, wird an potenziell gefhrlichen Erzeugnissen wieKettensgen deutlich. Die hier in den Verkehr gebrachten Pro-dukte mssen auf ihre Sicherheit geprft sein. Kein Herstel-ler im Ausland kme auf die Idee, eine Kettensge beim TVRheinland prfen zu lassen, nur um sie unter der Marke Stihlzu vermarkten. Da die Nachahmer lngst nicht alle wichtigenDetails wie die Wahl der Materialien der originalen Sge ken-nen, sind Flschungen gefhrlich. Stahl ist, wenn es darauf an-kommt, nicht gleich Stahl. Und die Funktionssicherheit ist nurein Aspekt fr das sichere Arbeiten mit gefhrlichen Gerten.Wenn dann etwas passiert, fllt es nicht auf die Dunkelmn-ner zurck, sondern auf das Opfer der Flschung. In unserem

    Beispiel htte die Firma Stihl den Imageschaden. Bei Kompo-nenten fr Flugzeuge sind die Folgen noch grer.Neben den Gerten wurden Arzneimittel genannt. In ge-

    wisser Weise sind Generika Nachahmerprodukte. Nur: Hierist der Schutz abgelaufen. Generika haben auch ihre eigenenMarken und mssen auch Wirkung und Unbedenklichkeitnachweisen. Der bekannte Hersteller ratiopharm hat eineeigene Forschungsabteilung. Nicht so Flscher. Ich wrdedeshalb bei Versandapotheken mit Online-Bestellung sehrvorsichtig sein.

    F a z i t

    Markenpiraterie ist ein ernstes Problem. Nicht der Jugendli-che, der einen Film und/oder Musik aus dem Internet fr sichauf seinem Computer ldt, macht groen Schaden, sondernder smarte Geschftsmann, der sich des schnden Mammonswegen mit fremden Federn schmckt. Wernersgrner Bier (Quelle: Wikipedia)

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    srasseneger | Nr. | November MADE IN GERMANY |

    Die Liedermacherei ist eine Musiksparte, die manals typisch deutsch bezeichnen kann. Sie ist be-einflusst vom franzsischen Chanson und vonder Folkmusik. Reinhard Mey war z. B. von derspanischen und englischen Folklore und vom

    franzsischen Chanson inspiriert. Hannes Wader hatte Vor-bilder wie George Brassens, Bob Dylan und Pete Seeger an,die ihn beeinflussten. Die Anfnge der deutschen Liederma-cherszene liegen anerkanntermaen im Burg-Waldeck-Festi-val. Drei der groen vier der Szene, die sie geprgt habenReinhard Mey, Hannes Wader und Franz Josef Degenhardt haben auf Burg Waldeck ihre Karriere begonnen und sinddort entdeckt worden.

    D i e A n f n g e d e r S z e n e

    Das Burg-Waldeck-Festival war sozusagen die Wiege der deut-schen Liedermacherszene. Es fand von 1964 bis 1969 statt.Diethart Krebs, Mitveranstalter des Festivals, sagte in der Er-ffnungsrede der ersten Veranstaltung, Pfingsten 1964: Wirfanden, dass eine bestimmte Art von Musik, fr die wir eineganz besondere Vorliebe haben, in Deutschland lngst nochnicht genug beachtet und gepflegt wird. Und: Wir haben unsgefragt, warum wir in unseren Breiten keinen George Brassensoder Yves Montand, keinen Pete Seeger und keine Joan Baezhaben. Wir mchten gerne herausfinden, welche Mglichkei-ten das Chanson bei uns hat oder haben knnte.

    Die Folkmusiker Hein und Oss Krher begrndeten denkurzzeitigen Aufstieg der politischen Lieder und der Lieder-

    macherszene folgendermaen: Der ganze Kitsch von RoteRosen, Rote Lippen, Roter Wein und diese ganze ra, dieuns zum Halse heraushing das wussten wir, das ging damitzu Ende. Zum 40. Jahrestag des ersten Waldeck-Festivalsschrieb der Journalist Holger Bning in der Zeitung Frei-tag: Fr einen kleinen Augenblick war das deutschspra-chige politische Lied zu einer kulturellen Erscheinung vonerheblicher Bedeutung geworden. In den Liedern der erstendrei Festivals war bereits eine leise, oft noch verklausulierteGesellschaftskritik zu vernehmen erste seismografischeVorboten von 1968.

    Der Autor Detlef Siegfried konstatierte in seinem BuchTime Is On My Side Konsum und Politik der westdeutschenJugendkultur der 60erJahre (2005) zur Bedeutung der Lie-dermacher und Waldeck: Die Waldeck ist ein bedeutender

    Katalysator (), ein Brennpunkt, an dem immer wieder kon-trovers ber die Gegenwartstendenzen und ihre Folgen freine anspruchsvolle Kultur gehandelt wurde (). Sie stelltedie Wirkungsmacht von sozialen Verhaltensformen wie To-leranz, Selbstttigkeit und experimentelle Kreativitt unterBeweis, die sich als zukunftstrchtig erweisen sollten.

    D i e g r o e Z e i t d e r L i e d e r m a c h e r

    Die damalige politische Stimmung und die Unbeweglichkeitder Regierung Adenauer begnstigten den Aufstieg der Lieder-macher fr einige Jahre. Sie splte sie regelrecht hoch und schufihr den Raum, um sich zu entfalten. Gerade das politische Lied,der Protestsong deutscher Art, der von den Liedermachernmeist allein zur Gitarre vorgetragen wurde, war extrem ange-sagt. Hannes Wader, Reinhard Mey, Franz Josef Degenhardtund seine Kollegen konnten sich vor Auftritten kaum retten.Auch Konstantin Wecker, der auf dem Klavier mit klassischen

    Arrangements berzeugte, eroberte damals die Bhne. Abernicht nur die groen Liedermacher, sondern auch junge, unbe-kannte Snger erhielten die Mglichkeit, sich auf Schallplattenzu verewigen. Die 68er gaben der Szene mit ihren ffentlichenProtesten der Szene reichlich Nahrung, machten sie unberseh-bar und bedeutungsvoll und zum Sprachrohr politisch anders-denkender Menschen.

    D i e S z e n e w i r d u n p o l i t i s c h

    Mit dem Aktivwerden vieler Akteure der 68er-Bewegung inder groen Politik und der Beendigung der groen Kriege(Vietnam, Korea) flaute der Erfolg der Szene ab. Nachdem

    sich die groen Proteste gegen Atomkraft und Atomwaffen,gegen Krieg und Ausbeutung in der ffentlichkeit gelegthatten, reduzierten sich die Erfolge. Bis auf wenige Ausnah-men z. B. Konstantin Wecker, der stets politisch engagierteLieder sang entpolitisierte sich die Szene. Durch das Endeder DDR wurde diese Entwicklung zementiert. Liedermachersangen pltzlich poetische Lieder, Gedichte wurde vertont,und es wurde mehr ber persnliche Erlebnisse wie Liebe undSchmerz gesungen, wenn auch in sehr schner Sprache. DieseEntpolitisierung der Liedermacherszene sorgte dafr, dass siesozusagen nicht mehr gebraucht wurde. Sie verschwand ausder groen ffentlichkeit und wurde nach und nach wiederzur Minderheitenkultur, die im Verborgenen blht. DieseTatsache kann auch der Erfolg von Hannes Waders letztem Al-bum Nah dran nicht berdecken. Aber: Seit einiger Zeit gibt

    es sie wieder, die deutschen Liedermacher mit der Klampfe:Zu nennen sind hier u.a. Alin Coen und Phillip Poisel, derenstimmungsvolle Konzerte immer ausverkauft sind.

    Lieder zur GitarreDas Burg-Waldeck-Festival und die deutschen LiedermacherB E T R A C H T U N G : D e t l e f F l i s t e r

    Publikum au dem Gelnde der Burg Waldeck oberhalb des Baybach-

    als whrend des Burg Waldeck Fesivals 1968 (Quelle: Wikipedia/ Mirdsson2)

    Hein und Oss (Heinrich

    und Oskar Krher),

    Folksnger und Lieder-

    macher aus Deuschland(Quelle: Wikipedia/rs-oo)

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    srasseneger | Nr. | November | TAUFRISCH & ANGESAGT a r t s t r a s s e n f e g e r

    INFO

    Schne Gre Thomas Schtte

    noch bis zum 23. Mrz 2014 im meCollecors Room / Siung Olbrichin der Augussrae 68, 10117 Berlin

    Gene Diensag bisSonnag 12-18 UhrEinzelicke 7 /ermig 4, Einri rei bis 18 Jahre undr Harz-IV-Empnger

    www.me-berlin.com

    Thomas SchtteSchne Gre vom Meister groer und kleiner

    Geister im me Collectors Room BerlinR E Z E N S I O N : U r s z u l a U s a k o w s k a - W o l f f

    Er gehrt zu den international bekann-testen und begehrtesten deutschenKnstlern und ist einer, der (fast) al-les kann. Der am 16. November 1954

    in Oldenburg geborene und in Dsseldorf le-bende Thomas Schtte zeichnet, aquarelliert,fotografiert, tzt, knetet, modelliert, tpfert,hobelt und meielt. Er lsst Groe Geister,Wichte und Frauen aus Bronze, Stahl undAluminium gieen, baut bizarre Architektur-

    modelle und echte Tee- oder Gartenhuserfr Sammler. Er findet fr jedes Material dasrichtige Medium, und fr jedes Medium dasrichtige Material. Er bevorzugt Techniken undMotive, die als antiquiert belchelt werden:voluminse figurative Skulpturen, Kpfe undVasen aus Keramik, Blumenradierungen, Port-rts, Akte und mit einigen wenigen Linien skiz-zierte Szenen aus dem Alltagsleben. ThomasSchtte hat Freude am Formen und Gestalten,an der intellektuellen und krperlichen Arbeit,die Kunst bedeutet. Er tut also das, was in sei-ner Studienzeit (1973-1981) an der Kunstaka-demie Dsseldorf verboten und verpnt war.Kunst ist fr ihn ein ernstes Spiel, auch mit

    Worten, wie man auf vielen seiner Grafiken le-sen kann: The Witzelblower, Laberinth,Nicht so laut! Hier wird gebaut!, Die PartyPartei, Walkrampf, Blde Blume, SillyLily, Breite Masse oder Not Me.

    D r u c k g r a f i k e n u n d b e r l e b e n s g r o e P l a s t i k e n

    Thomas Schtte, ein Schler von Gerhard Rich-ter, ist ein Widerspenstiger, der sich von der brei-ten Masse der Kunstanbieter, Kunstlobbyistenund Kunstkonsumenten nicht zhmen lsst. Ei-gentlich scheint er fr den Kunstmarkt ungeeig-net zu sein, denn er will nichts Revolutionreserfinden und fhrt mit einer beeindruckendenKonsequenz vor, dass Kunst schn, dekorativ,heiter oder dster sein darf, dass sie sthetische

    Bedrfnisse befriedigen kann, ohne vor der Wirklichkeit dieAugen zu verschlieen. Trotzdem oder gerade deshalb hat erErfolg. Sptestens seit seiner Teilnahme an der documentaIX (1992) in Kassel, wo er auf dem Portikus des ehemaligenRoten Palais die mehrteilige Keramikplastik Die Ankunftder Fremden zeigte, um auf das Schicksal von Flchtlingenaufmerksam zu machen, erfreut sich sein vielseitiges Oeuvreeiner ungebrochenen Popularitt. Er ist ein unglaublich pro-duktiver Meister groer und kleiner Geister, denn er fertigtsowohl handliche Druckgrafiken und Keramiken als auch ber

    2,5 Meter hohe Plastiken. Fr seine bis zu anderthalb Tonnenschweren Skulpturen aus der Serie Frauen, von denen er inden Jahren 1998-2009 sage und schreibe 18 geschaffen hat,wurde er 2005 auf der Biennale von Venedig als bester inter-nationaler Knstler mit dem Goldenen Lwen ausgezeichnet.Auch gegenwrtig reien sich um den in der ffentlichkeitungern auftretenden Mann Sammler, Galerien und Museen.Allein in diesem Herbst ist eine Auswahl aus seinem bildhaue-rischen und zeichnerischen Werk in drei Ausstellungshusern:im Museum Folkwang in Essen, im Kunstmuseum in Luzernund in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel zu sehen.

    N i c h t i g i s t w i c h t i g

    Gut, dass es in Berlin einen Ort gibt, wo zum ersten Mal in die-

    ser Stadt eine groe Einzelausstellung des anderswo so gefei-erten und geschtzten Knstlers besichtigt werden kann. Dasist der me Collectors Room in der Auguststrae 68, wo derSammler Thomas Olbricht die von ihm erworbenen WerkeThomas Schttes, darunter 200 Druckgrafiken aus dessenMeisterhand, zur Schau stellt. Den Schwerpunkt seiner Kol-lektion bildet das druckgrafische Werk, die der Knstler seitMitte der 1990er Jahre bis heute mit unverminderter Experi-mentierfreude und Schaffenskraft produziert: Radierungen,Holzschnitte und Lithografien. Im Gegensatz zu seinen ppi-gen und robusten Frauen, von denen zwei die StahlfrauI und die Bronzefrau III in der Schne Gre ThomasSchtte betitelten Ausstellung prsentiert werden, sindSchttes Bttenbltter dezent, reduziert, fragil und ephe-mer. Wie die Silly Lily, eine Blde Blume, die am AnfangGut, doch dann kaum erblht, schon verblht, verwelktund Tot ist: unentrinnbares The End. Thomas SchttesKunst ist von dieser Welt, denn sie befasst sich mit dem Le-

    Thomas Schte, Porolio o Nine

    Woodcus (6), 2011 (Quelle: Copyrigh

    Thomas Schte, VG Bild-Kuns, Bonn 2012,

    Foo Nic Tenwiggenhorn)

    Thomas Schte, Ganz Groe Geiser,

    1998-2004, Skulpur Bronze

    (Quelle: Copyrigh Thomas Schte, VG Bild-

    Kuns, Bonn 2013, Foo Chrisian Gbel, Essen)

    Thomas Schte, Insallaion im me

    Collecors Room Berlin, 2013

    (Quelle: Copyrigh Thomas Schte, VG Bild-

    Kuns, Bonn 2013, Foo Bernd Borchard)

    Thomas Schte: Pope, 2007,

    Keramik (Foo: Urszula Usakowska-Wolff)

    Thomas Schte: Ohne Tiel, 1999,

    glasierer Ton

    (Foo: Urszula Usakowska-Wolff)

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    srasseneger | Nr. | November TAUFRISCH & ANGESAGT | a r t s t r a s s e n f e g e r

    ben, wozu das Streben, Eifern, Scheitern und Sterben geh-ren. Zugleich stellt er die Rolle und Bedeutung des Knstlersals einen groen Geist und Schpfer in Frage, indem er seine

    Grafikserien Quengelware oder Sweet Nothings nennt.Das ist lustig und zeugt von einer gehrigen Portion Humor,doch seine Kunst ist keine Kiste mit schn verpackten zucker-sen Nichtigkeiten. Die kleinformatigen Papierarbeiten sindgenauso wichtig wie die Groen Geister und andere monu-mentale Skulpturen, weil sie sich auch ein minderbemittelterKunst-Fan leisten und in seine Wohnung hngen kann.

    M e l a n c h o l i e u n d H a r m o n i e

    Thomas Schtte ist ein zeitgenssischer Klassiker, der sich derTradition verpflichtet fhlt. Er setzt sich in seiner Kunst offen-sichtlich mit den Groen Meistern und Meisterinnen wie zumBeispiel Hokusai, Honor Daumier, Henri Laurens, AmadeoModigliani, Wilhelm Busch, Marcel Duchamp oder LouiseBourgeois auseinander. Im Mittelpunkt seines Interesses stehtder Mensch, den er hufig verzerrt und verkrampft, aber im-mer mit viel Empathie darstellt: eine tragikomische Figur und

    ein Janusgeschpf, der, wie die Keramikplastik Doppelkopfversinnbildlicht, gleichzeitig nach hinten und nach vorneblickt, doch in welche Richtung sein Weg auch gehen mag,

    fhrt er immer zum The End. Genauso einfach wie die Bot-schaft der Kunstwerke ist ihre Prsentation im Erdgeschoss,Treppenhaus und in der ersten Etage des me Collectors Room.Die Schau Schne Gre wirkt ausgesprochen klassisch,ganz und gar traditionell. Die Skulpturen stehen im Raum, dieBsten der Wichte sumen wie ein Fries eine Wand, die Ra-dierungen und Zeichnungen hngen in Reihen oder Blckenan den Wnden, die Grafikmappen liegen in Vitrinen. KeineMonitore, kein Flimmern und Rauschen, keine Lautsprecher,kein Ton. Nichts bewegt sich auer den Schritten und Bli-cken der Besucher und Besucherinnen, die von Bild zu Bild,von einer Plastik zur anderen wandern. Sie haben viel Zeit,um sich in aller Ruhe auf das Gezeigte einzulassen. SchttesWerk ist geprgt von Melancholie und Harmonie, Ernst undIronie, von Sehnsucht nach Perfektion und ewiger Schnheit.Einer Schnheit, die der Knstler auch in den gewhnlichstenGeschichtszgen, Pflanzen und Dingen entdeckt und nichtdavor zurckschreckt, sie fr alle sichtbar zu machen.

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    srasseneger | Nr. | November | TAUFRISCH & ANGESAGT B r e n n p u n k t

    HINWEIS

    Brger, die hilflose Personen sehen,knnen sich glich von 19 bis 23Uhr an das Klehileeleon wen-

    den: (030) 81 05 60 425

    Obdachlos im WinterAnfang November hat die Berliner Kltehilfe ihr Notprogramm fr denWinter gestartet. Auf einer Pressekonferenz dazu ging es auch um dieprekre gesundheitliche Lage vieler auf der Strae lebender MenschenB E R I C H T : J u t t a H .

    Wer auf der Strae lebt, sich schlecht ernhrt,sich nur gelegentlich wscht, wer unregel-mig schlft und Suchtmittel konsumiert,um dessen Gesundheitszustand steht es inder Regel nicht zum Besten. Dennoch su-

    chen nur die wenigsten wohnungslosen Menschen einen Arztauf. Da ist Scham, die mangelnde Fhigkeit fr sich selbst zusorgen oder Unwissenheit ber medizinische Angebote.

    Auf den schlechten gesundheitlichen Zustand vielerWohnungsloser in Berlin machten Vertreter von Hilfsorga-nisationen auf der jhrlichen Pressekonferenz zum Start derKltehilfe am 31.Oktober aufmerksam. Passend zum Themahatte man die Journalisten in die medizinische und zahnmedi-zinische Praxis fr obdachlose Menschen am Stralauer Platzeingeladen, deren Trger seit Kurzem die Organisation Ge-bewo Soziale Dienste ist.

    Die Berliner Kltehilfe ist ein etabliertes und gut funkti-onierendes Netzwerk aus Hilfsangeboten fr wohnungsloseMenschen whrend der kalten Jahreszeit. Sie beginnt jeweilsam ersten November und endet am 31.Mrz. Beteiligte Orga-nisationen sind die Wohlfahrtsverbnde, Kirchengemeindenund Vereine. Das Angebot der Kltehilfe umfasst Wrmestu-ben, Suppenkchen, Mglichkeiten, Beratung und rztlicheVersorgung in Anspruch zu nehmen, und die fr den ncht-lichen Schutz vor Klte entscheidenen Schlafpltze in Not-bernachtungen und Nachtcafs.

    M a n h t t e g e r n e m e h r S c h l a f p l t z ea n g e b o t e n , d o c h e s f e h l t a n R u m l i c h k e i t e n

    Das Angebot an bernachtungspltzen wird in diesem Win-

    terhalbjahr bei durchschnittlich 433 Pltzen liegen. Damitliegt die Zahl etwa auf dem Niveau des vorherigen Winters, indem durchschnittlich 422 Pltze zur Verfgung standen. Vonden Verantwortlichen hie es, man htte gerne mehr Pltzezur Verfgung gestellt, um der hohen Auslastung der Not-unterknfte in den vergangenen Jahren gerecht zu werden.Die Auslastung der Unterknfte hatte im vergangenen Winterdurchschnittlich 111 Prozent betragen. Doch man habe, ge-rade im Innenstadtbereich, keine weiteren geeigneten Rum-lichkeiten finden knnen. Dabei stnden finanzielle Mittel desSenats fr 500 Pltze bereit.

    Schtzungen von Hilfsorganisationen gehen davon aus,dass derzeit bis zu 1 000 Menschen in Berlin auf der Straeleben. Bei unter 500 angebotenen Schlafpltzen in Notunter-knften entscheidet sich also ein groer Teil der Obdachlosen,im Winter im Freien zu bernachten bzw. sich in die Nischender Grostadt zu verkriechen. Ortrud Wohlwend, ffentlich-keitsreferentin der Berliner Stadtmission, sagte, tatschlich

    machten die Teams der Kltebusse jeden Winterdie Erfahrung, dass viele obdachlose Menschenes ablehnten, in eine Notunterkunft gefahren zuwerden. Hufig wrden psychisch kranke oderverstrte Menschen auf der Strae angetroffen.Deshalb werde in diesem Winterhalbjahr einPsychologe einmal in der Woche mit im Kltebusunterwegs sein, um Kontakt zu diesen Menschenaufzubauen. Zustzlich zu dem Psychologenwerde einmal in der Woche auch ein Arzt oder im Wechsel eine Krankenschwester mit anBord des Kltebusses sein.

    E i n i g e O b d a c h l o s e s i t z e n i mR o l l s t u h l , a n d e r e s c h i e b e n e i n e n

    G e h w a g e n v o r s i c h h e rZustzlich zu zwei Kltebussen der Stadtmis-sion wird wieder ein Wrmebus des DeutschenRoten Kreuzes (DRK) im Winter obdachloseMenschen in der Stadt anfahren. Hans-JoachimFuchs vom DRK berichtete, er habe im vergan-genen Winter vermehrt Menschen auf der Straeangetroffen, die im Rollstuhl saen oder einenGehwagen vor sich herschoben. Andere Perso-nen htten Gipsverbnde getragen. Insgesamt seiihm und seinen Kollegen aufgefallen, dass sichder Gesundheitszustand der Menschen, die wirnachts antrafen, eindeutig im Vergleich zumVorjahr verschlechtert hat. Eindeutig knneer aber nicht sagen, worauf diese krperliche

    Verelendung zurckzufhren sei. Ein Teil die-ser Menschen gehre sicher zu denen, die vorJahren aus mittel- und osteuropischen Lndernnach Deutschland gekommen sei und heute anden Sptfolgen ihres Alkoholkonsums litten.

    Doch die gesundheitliche Versorgung woh-nungsloser Menschen ist nicht nur ein Thema derKltehilfe. Mehrere ambulante Praxen, hinter de-nen verschiedene Trger stehen, bieten in Berlinmedizinische Hilfe fr Menschen ohne Kranken-versicherung an. Die lteste Praxis fr wohnungs-lose Menschen ist die Ambulanz der Caritas amBahnhof Zoo. Eva Gummlich, rztin im Ruhe-stand, die dort einmal in der Woche ehrenamtlichttig ist, berichtete auf der Pressekonferenz vonihrer Ttigkeit in der Ambulanz. Die meisten Pa-tienten kmen mit Hautkrankheiten wie der sehransteckenden Schleppe oder kmen mit groen,

    Wohnungslose Polen in Berlin

    (Foo: Juta H.)

    Zel eines Obdachlosen

    (Quelle: Freie Wohlahrspflege NRW)

    Schlaender im Vorraum einer

    Bankfiliale (Foo: Juta H.)

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    srasseneger | Nr. | November TAUFRISCH & ANGESAGT | B r e n n p u n k t

    schlecht abheilenden Geschwren. Viele Patien-ten htten Luse oder Krtze. AlkoholabhngigePatienten kmen hufig mit Anfallsleiden oderLeberschdigungen. Hepatitis B und C trten auf,hufiger auch wieder Tuberkulose.

    V o r a l l e m m i t H a u t k r a n k h e i t e nk o m m e n d i e P a t i e n t e n i n d i e P r a x i s

    Ein Patient habe ihr erzhlt, so Gummlich, dasser nachts die Schuhe nicht mehr ausziehe seit

    diese ihm einmal geklauft worden seien. Dashabe ihr klargemacht, warum gerade Feund Beine ihrer wohnungslosen Patienten hu-fig in einem sehr schlechten Zustand seien.Manchmal kme jemand in die Ambulanz, derdringend im Krankenhaus behandelt werdenmsste, aber nicht als Notfall gelte. In diesemFall lehnten Krankenhuser normalerweisenicht versicherte Patienten ab, denn nur frNotfallbehandlungen bekmen sie die Behand-lungskosten vom Bezirk erstattet. Da sei dannmanchmal viel Geschick erforderlich, um demdiensthabenden Arzt in der Rettungsstelle einesKrankenhauses kollegiale Hilfe abzuringen.

    Ulrike Kostka, Direktorin des Caritasver-bandes fr das Erzbistum Berlin, wies daraufhin, dass seit der Gesundheitsreform 2007 inDeutschland eigentlich niemand ohne Kranken-

    versicherung sein sollte. Tatschlich habe dieReform zu vielen Verbesserungen gefhrt. Trotz-dem sei die Arbeit der niederschwelligen medizi-nischen Dienste in Berlin nach wie vor dringend

    ntig. Zu einem groen Teil kmen die Patienten,die diese Praxen aufsuchten, aus anderen EU-Lndern. Ihr Anteil an denen, die die Caritas-Ambulanz am Zoo aufsuchten, lge bei ber 60Prozent. Kostka kritisierte, dass diese Menschenaus Sicht der Senatsverwaltung fr Wohnungs-lose keinen Anspruch auf Krankenversorgunghaben, obwohl es sich um EU-Brger handelt.Wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Se-nat erhalte die Ambulanz der Caritas am Zoo seitknapp zwei Jahren keine finanziellen Mittel des

    Berliner Senats mehr. Auch die Krankenhusermssten hufig die Behandlungskosten fr nichtversicherte Patienten selber tragen.

    Zum Abschluss der Pressekonferenz wur-den die Journalisten durch die Rumlichkeitender medizinischen und zahnmedizinischen Praxisam Stralauer Platz gefhrt. Tglich werden hier25 bis 30 Personen medizinisch und etwa sechsPersonen zahnmedizinisch behandelt. Der Senatleistet finanzielle Zuwendungen an die Praxis,macht diese allerdings davon abhngig, dass sichdie Organisation Gebewo Soziale Dienste, diezum ersten September die Trgerschaft der Pra-xis bernommen hat, an den 1995 zwischen demSenat, der Kassenrztlichen Vereinigung und demdamaligen Trger der Praxis geschlossenen Ver-trag hlt. Danach drfen in der Praxis nur deut-sche Staatsbrger behandelt werden.

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    srasseneger | Nr. | November | TAUFRISCH & ANGESAGT V e r e i n

    Notbernachtungfr Wohnungslosedroht Auflsungmitten im WinterNach Kndigung der Rumlichkeiten in derPrenzlauer Allee wurde noch kein geeignetesErsatzquartier fr die knapp 20 Notschlaf-pltze gefundenB E R I C H T & F O T O S : J u t t a H .

    B

    ei Karl Schnoor schwindet langsam die Hoffnung,in den nchsten Monaten noch eine geeignete Im-mobilie zu finden. Der Projektleiter der Notber-nachtung des Vereins mob Obdachlose machenmobil e.V. hat im Sozialausschuss des Bezirks

    vorgesprochen, hat bei diversen Politikern auf Bezirks- undStadtebene um Untersttzung bei der Immobiliensuche ge-beten, ist Immobilienangeboten nachgegangen. Bislang ver-geblich. Leerstehende Immobilien sind Mangelware, in Berlinebenso wie im Bezirk Pankow, dem bisherigen Standort desVereins mob Obdachlose machen mobil e.V.

    Die Wohnungssituation hat sich im Laufe der letztenJahre im Prenzlauer Berg so verndert, dass es uns nicht mehrmglich ist, ein Projekt Ihrer Art in unserem Objekt zu hal-ten, so hatte die Vermieterin dem Verein die Kndigung derRumlichkeiten in der Prenzlauer Allee 87 begrndet und ihrim Oktober eine Rumungsklage folgen lassen. Zehn Jahrelang hatte der Verein mob e.V. hier seine Hilfsprojekte frwohnungslose Menschen unterhalten. Fr das TagescafKaffee Bankrott, das Sozialwarenkaufhaus Trdelpoint

    und die Redaktion der Straenzeitung strassenfeger sindinzwischen neue Rumlichkeiten in der Storkower Strae,nicht weit entfernt vom bisherigen Standort, gefunden wor-den (siehe strassenfeger22/2013). Doch Platz fr die Notun-terkunft des Vereins, den gibt es dort nicht.

    E i n a b s c h l i e b a r e r S p i n d w e l c h e i n P r i v i l e gf r e i n e n s o n s t o b d a c h l o s e n M e n s c h e n

    Karl Schnoor, ein Mann mit grauer Lockenmhne und Brille,fhrt durch die Rumlichkeiten der Notunterkunft in derPrenzlauer Allee. Einen Raum fr Mnner gibt es hier, mitzehn Betten, daneben einen fr Frauen mit sieben Betten.Die Rume sind nicht gro, doch die Atmosphre ist hell undfreundlich. Jedes Bett ist mit bunter Bettwsche bezogen, undzu jedem Bett gehrt ein abschliebarer Spind mit blauer Tr.Hab und Gut einschlieen zu knnen, fr sonst obdachloseMenschen ein seltenes Privileg. Mnner- und Frauenbereich

    verfgen jeweils ber ein Bad mit Toilette undDusche. Fr die Mitarbeiter gibt es ein Bro, dasauch als zentraler Treffpunkt und Beratungs-raum in den Abendstunden dient.

    ber 300 Menschen jhrlich haben hier in

    den vergangenen Jahren einen Schlafplatz aufZeit gefunden, die Auslastung der Einrichtungliegt seit Jahren durchschnittlich bei fast 100Prozent. Viele Interessenten mssen wegge-schickt bzw. an andere Einrichtungen weiter-vermittelt werden. 3 350 bernachtungen gabes im laufenden Jahr bereits. Zugenommen hatin den letzten Jahren die Zahl der Menschenaus rmeren EU-Lndern, die hier nach einemBett fragen. Bei aller Unterschiedlichkeit ihrerLebensgeschichten befnden sich alle, die in dieNotunterkunft kmen, in einer Notlage, so Pro-jektleiter Schnoor, alle seien ohne eigenes Dachber dem Kopf. In der Notunterkunft fndensie einen Schutzraum auf Zeit, eine Auszeit

    vom Leben auf der Strae. Auch wenn es nurein Bett in einem Raum mit anderen ist und dieEinrichtung tagsber verlassen werden muss,fr obdachlose Menschen ist es ein nchtlicherRckzugsraum, den sie sonst entbehren. Besten-falls gelnge es einem Gast in der Zeit, in derer oder sie hier sei, Schritte in Richtung einereigenen Wohnung oder eines Wohnheimplatzesauf den Weg zu bringen.

    W e r s i c h b e m h t , D i n g ev o r a n z u b r i n g e n , d a r f l n g e r b l e i b e n

    28 Tage drfen unsere Gste bei uns bleiben,sagt Schnoor. Wenn allerdings jemand mitar-beitet, etwas fr sich auf den Weg bringen will,fr den verlngern wir gerne die Aufenthalts-zeit. Zurzeit sei beispielsweise ein Mann bereits

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    srasseneger | Nr. | November TAUFRISCH & ANGESAGT | Verein

    Hier war der Verein mob e.V.

    zehn Jahre zuhause

    Hauseingang des Vereins

    + Nobernachung:

    Bereich r Frauen

    und Mnner

    knapp zwei Monate Gast in der Einrichtung. DerMann habe die letzten 15 Jahre auf der Straegelebt, inzwischen sei er ber 50 und habe ge-uert, so nicht mehr weitermachen zu knnen.Gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Notber-

    nachtung sei es inzwischen gelungen, ihm Leis-tungen vom Jobcenter zu verschaffen, zudemstehe inzwischen eine Wohnung und sogar eineArbeit in Aussicht.

    19 Mitarbeiter sind in der Notbernachtungttig. Alle arbeiten ehrenamtlich. Es sind Men-schen mit den unterschiedlichsten Berufen, diesich aus eigenen Stcken gemeldet haben, weilsie helfen wollen. Sie sind in den Abendstundenin der Unterkunft ttig oder begleiten tagsberGste zu einer Behrde. Unsere Mitarbeiterhelfen bei mtergngen, untersttzen in Aus-weis- und Kontoangelegenheiten, bieten Hilfebei der Suche nach einer Wohnung oder einemWohnheimplatz. Das Engagement der ehren-

    amtlichen Mitarbeiter sei enorm, sagt der Pro-jektleiter. Sie setzen sich mit ganz viel Herzblutfr die Gste ein, das ist wirklich toll.

    D i e N o t u n t e r k u n f t h a t a n j e d e m T a gd e s J a h r e s g e f f n e t

    365 Tage im Jahr hatte die Notunterkunft in derPrenzlauer Allee jahrein jahraus geffnet. Sie wardamit stets eines der wenigen Schlafplatzangebotefr Wohnungslose in Berlin, das auch im Sommergeffnet hatte. Lediglich drei weitere Notber-nachtungen in der Hauptstadt sind ganzjhriggeffnet, wovon sich ein Angebot nur an Frauenrichtet und eines nur an Mnner. Den insgesamtetwa 100 im Sommer zur Verfgung stehendenBetten in der Stadt steht die von Hilfsorganisatio-nen geschtzte Zahl von gut 1 000 auf der Strae

    lebenden Menschen gegenber.Andreas Dllick, einer der drei Vorsitzenden des Vereins mobe.V. und Chefredakteur des strassenfeger, sieht die Zukunftder Notunterkunft optimistischer als Schnoor. Zwar httensich alle bislang in Frage kommenden Gebudeangebote zer-schlagen und seien auch Anfragen beim Liegenschaftsfonds

    der Stadt negativ ausgegangen, doch ringe man mit Ansprech-partnern der Stadt weiter um eine Lsung. Am 11. Novemberetwa gebe es ein Treffen mit der stellvertretenden SPD-Frak-tionsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus Clara Westund einem Vertreter der Berliner Gesellschaft fr Stadtent-wicklung, von dem er sich einiges verspreche.

    Konkret suche man Rumlichkeiten, so Karl Schnoor,die den Erfordernissen einer Notunterkunft fr Wohnungs-lose gerecht wrden: Eine geeignete Unterkunft msse zweigetrennte Schlafrume jeweils fr Mnner und Frauen auf-weisen, die separat zugnglich seien. Entsprechend der An-zahl der Schlafpltze msse es ausreichend sanitre Anlagen Toiletten und Duschen geben. Zustzlich sei ein Aufent-haltsraum fr die Gste und eine kleine Kche fr die Zu-bereitung von heien Getrnken und kleinen Speisen erfor-derlich. Ebenso ein Bro fr die Mitarbeiter und ein weitererRaum, in dem Einzelgesprche gefhrt werden knnen. DieRumlichkeit sollte barrierefrei erreichbar sein.

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    srasseneger | Nr. | November | TAUFRISCH & ANGESAGT K u l t u r t i p p s

    skurril, famosund preiswert!Kulturtipps aus unserer RedaktionZ U S A M M E N S T E L L U N G : L a u r a

    MUSIK

    Vortragsabend Violinklasse

    Die Hochschule fr Musik Hanns EislerBerlin, 1950 unter dem Namen DeutscheHochschule fr Musik gegrndet, befindet sichim Herzen Berlins am Schloplatz und amGendarmenmarkt. An der Hochschule gibt es

    derzeit ein Sinfonieorchester, einen Hochschul-chor, das ECHO-Ensemble fr Neue Musik undzahlreiche Kammermusikensembles. Regelm-ig ldt die Hochschule zu gnstigen undkostenfreien Konzerten, Konzertreihen,Vortragsabenden und Workshops ein. ImNovember finden mehrere kostenfreie Vortrags-abende statt, darunter das Konzert der Violin-klasse unter der Leitung von Professor JohannesKittel am 16. November.

    Am 16. November, um 18 Uhr, Eintritt frei!Tickes: Per Teleon uner 030 20309-2101

    Hochschule r Musik Hanns EislerKKSCharlotensrae 5510117 Berlin

    Ino & Bildnachweis: www.hm-berlin.de THEATER

    Am Liebsten zu Dritt

    Hurra: Theater RambaZamba ist wieder da!Regisseurin Gisela Hhne greift Themen wie denneuen Bluttest auf Trisomie 21, die Inklusions-Debatte und die verminderte Fruchtbarkeit vonMnnern mit Downsyndrom auf und gibt ihneneine unverwechselbare poetische Form. EinHotel wird berfallen und die Besetzer stellenmchtige Forderungen: Schluss mit demDualismus, her mit der Herrschaft der Drei. Umdie Welt mit Down-Syndrom-Babys zu bevl-kern, nehmen sich die schnen Gangsterbrute,was ihnen gebhrt. Doch fhrt die Wunschbe-fruchtung mitten hinein in die Irrungen derLiebe. Die Gangster gucken in die Rhre undder Tanz mit den neuen Wlfen lsst die coolenFrauen nicht kalt. Am Ende gilt: Ob eine Fraumit zwei Mnnern oder zwei Mnner und einBaby Hauptsache Downies und am liebsten zuDritt!

    Am 11. und am 12. November, um 19 UhrEinrit: el Euro, ermig: ach EuroKonak: [email protected]

    Theaer RambaZambaSchnhauser Allee 36-3910435 Berlin

    Ino: www.heaer-rambazamba.orgBildnachweis: www.kulurbrauerei.de

    LITERATUR

    Die Warrior CatsIm Kino Babylon steigt die finale Wildkatzen-Tour zur Macht der Drei-Staffel. StarautorinVicky Holmes vom Autorinnenkollektiv ErinHunter und der deutsche Schauspieler MarianFunk erwecken die Warrior Cats wieder zumLeben. Sie lesen aus Sonnenaufgang! ZurHandlung: Die Wahrheit ber die Herkunft vonHherfeder, Distelblatt und Lwengluthat schreckliche Folgen: Nicht nur die dreiGeschwister ringen mit ihrem neuen Wissen, derganze Clan ist erschttert. Whrend der Wald inder Blattleere erstarrt, wenden sich Clan-Gefhr-ten pltzlich voller Misstrauen gegeneinander.Die Geschwister sind verzweifelt: Kann sich dieProphezeiung von der Macht der drei berhauptnoch erfllen oder ist dies das Ende ihres Clans?

    Am 18. November, Einlass um 16.30 UhrBeginn um 17 UhrEinrit: n Euro

    Kino BabylonRosa-Luxemburg-Srae 3010178 Berlin

    Ino: www.babylonberlin.deBildnachweis: Belz Verlag

    LESEN

    Stadt Land BuchBereits im 23. Jahr prsentiert Stadt LandBuch zur Freude des lesenden Publikums einenLesemarathon, in diesem Jahr mit der rekordver-dchtigen Anzahl von fast 140 Veranstaltungenin neun Tagen. In Buchhandlungen undVerlagen, Theatern und Literaturhusern,Bibliotheken und sonstigen Orten, an denenAutor_innen gern gesehen und gehrt werdenund ihre Leser_innen finden. Gastland istdiesmal die Schweiz, die das Programm miteinigen Schwerpunktveranstaltungen bereichert.U.a. stellt Stefan Lukschy seine Erinnerungen anLoriot vor, die unter dem Titel Der Glcklicheschlgt keine Hunde. Ein Loriot Portrt imAufbau Verlag erschienen sind.

    Bis 17. November.Sean Lukschy lies am 17. November um 20 Uhr.Die Abschlussveransalung kose ach Euro,ermig sechs Euro

    Or der AbschlussveransalungAufau KreuzbergPrinzensrae 85

    10969 BerlinIno & Bild: www.berlinerbuchhandel.de

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    srasseneger | Nr. | November TAUFRISCH & ANGESAGT | K u l t u r t i p p s

    KOMDIE

    Die WahrheitDass es bei einer Komdie mit dem Titel Die Wahrheit. Vonden Vorteilen, sie zu verschweigen, und den Nachteilen, siezu sagen eher um das Gegenteil geht, ist zu erwarten. Derfranzsische Autor Florian Zeller whlt als Motto fr seineKomdie einen Text des franzsischen Schriftstellers und

    Philosophen Voltaire: Die Lge ist nur dann ein Laster, wennsie Bses tut. Sie ist nur dann eine Tugend, wenn sie Leidenvermeidet. Der Schauspieler Helmut Zierl gibt den erfinderi-schen Lgenbaron Michel. Immer, wenn man glaubt, dieWahrheit zu kennen, stellt der Autor alles wieder auf denKopf. Ist die Dreiecksgeschichte in Wirklichkeit eineVierecksgeschichte?

    Ab dem 20. NovemberVon Diensag bis Samsag um 20 Uhr, am Sonnag um 16 UhrEinrit: zwischen 13 Euro und 39 Euro

    Tickebesellung: 030 88591188 oder www.komoedie-berlin.de

    Komdie am KurrsendammKurrsendamm 20910719 Berlin

    Ino: www.komoedie-berlin.deBild: Bernd Bhner / www.komoedie-berlin.de

    AUSSTELLUNG

    In Search of Europe?

    Wir leben in einer Welt, in der es unmglicherscheint, ber die Wirklichkeit nachzudenken,ohne Bezug auf ein Anderswo zu nehmen.Eines der berhmt-berchtigsten Anderswosder vergangenen 200 Jahre war Europa. Knnenwir ber Europa reden, ohne eurozentrisch zusein? Wie ist es mglich, sich auf Augenhhe in

    einer ungleichen Welt zu begegnen? DieAusstellung In Search of Europe? ist dasErgebnis einer Zusammenarbeit von sechsWissenschaftler und Wissenschaftlerinnen desZentrums Moderner Orient in Berlin mitKnstler_innen. In ihren Arbeiten gehen sie ausvielfltigen Perspektiven der Frage nach,inwiefern Europa heute noch ein Mastab ist, andem sich Menschen in anderen Teilen der Weltmessen. War Europa jemals das Vorbild, als dases sich gerne sieht?

    Bis 12. Januar 2014, tglich 12 Uhr - 19 UhrEinrit rei!BehanienMariannenplaz 2

    10997 BerlinIno & Bild: www.insearchoeurope.de

    LESUNG

    Verhalten beiWeltuntergang

    Wer erleichtert ist, das Ende desMaya-Kalenders berlebt zu haben,

    hat nicht mit dem Aztekenkalenderund dem geplanten Ende von 2023gerechnet. Davor noch knnte unsder nchste Asteroid erwischen.Hchste Zeit also, die letztenFragen der Menschheit zu klren.In angemessener Untergangsstim-mung entschlsselt Florian Wernerdie Geheimnisse des endgltigenEndes: Der nchste Weltuntergangkommt. Ganz sicher. Aber wanngenau? Welche Musik hrt mandazu? Wie kommt man beimJngsten Gericht ins Himmelreich,und welche Qualen erwarten denVerdammten? Woran erkennt manden Antichristen? Wer hat diemeisten Anhnger vorab in den Todbefohlen, und warum wird denPropheten selbst nach offenkundi-ger Falschprognose weiterhingeglaubt? All diese Fragen klrtFlorian Werners letztgltigeAnleitung.

    Am 21. November, 20 UhrEinrit: ach Euro,Tickes: Per Inerneormular unerwww.icke.volksbuehne-berlin.de

    Roer SalonRosa-Luxemburg-Plaz

    10178 BerlinIno & Bild: www.roer-salon-berlin.de

    PERFORMANCE & GESPRCH

    Izle und TalkDie Tanzfabrik Berlin prsentiert drei Premieren von Ami

    Garmon, Shannon Cooney und Felix Mathias Ott. Ergnztwird das Programm durch die Wiederaufnahme einerPerformance von Jasmin Ihrac und ein Gesprch in der Reihe35. Jahre Tanzfabrik Berlin: Bei der Veranstaltung Izle imUferstudio 4 geht es auf die Suche nach dem, worber nichtgesprochen wird im deutsch-trkisch-armenischen Bezie-hungsgeflecht. Der Bericht handelt vom Ahnen, von Orten,die unbekannt und doch vertraut, von Dingen, die gewusstaber schwer zu greifen sind. In der Veranstaltung Talk gibtes das vierte Gesprch ber zeitgenssischen Tanz. Talkfindet im Uferstudio 5 statt.

    Izle am 15. & 16. November jeweils um 19.30 Uhr.Talk am 16. November, um 22 Uhr.

    Die Veransalung Talk is kosenlos.Die Veransalung Izle kose ach Euro

    Tanzabrik BerlinMckernsrae 6810965 Berlin

    Ino: www.anzabrik-berlin.deBildnachweis: www.kuns-pr-ojeke.de

  • 7/22/2019 Made In Germany Ausgabe 23 2013 des strassenfeger

    24/32

    Links: Sandorkare des Su-

    dios von Black Box Music

    Unen: Die Band A Kews

    Tag (Quelle: Guido Fahrendholz)

    srasseneger | Nr. | November | TAUFRISCH & ANGESAGT k a f f e e b a n k r o t t

    kaffeebankrott bekommt

    ein neues StudioAb 22. November bespielen wir das Studio von Black Box Music!B E R I C H T : G u i d o F a h r e n d h o l z

    Als mit dem Beginn dieses Jahres ausunserem bis dahin recht erfolgrei-chen TV-Format strassenfeger un-

    plugged das neue TV-Magazin kaf-feebankrottentstand, lag dem ein langjhrigerEntwicklungsprozess zu Grunde. Im Laufe derzurckliegenden fast vier Jahre hatte die redak-

    tionelle Arbeit in der Produktion der Show im-mer mehr Raum bekommen, damit den inhalt-lichen Charakter der Sendung anspruchsvollergestaltet. Dabei profitierten wir natrlich auchvon den Erfahrungen der Zeitungsredaktiondes strassenfeger, aber vor allem auch von in-zwischen acht Jahren strassenfegerradio, demwchentlichen Radio-Format auf 88vier. DerUmstieg zum Magazin war somit eine kausaleNotwendigkeit. Mit einer Crew zu arbeiten dieauch diesen Weg verantwortungsvoll mitgetra-gen hat, ist von unschtzbarem Wert. Aber ohnedie technische Untersttzung von auen, httenwir uns dabei sicherlich um einiges schwerergetan. Von Anfang an begleitete Thilo BabyGoos, Geschftsfhrer von Black Box Music

    mit seinem Team die technische Umsetzung undstellte hochwertiges Equipment fr Beschallungund Beleuchtung zur Verfgung. Er war es auch,der die Weichenstellung fr den nun folgendennchsten groen Schritt anschob.

    Thilo lud uns zu sich und zu einem kleinenRundgang durch die heiligen Hallen von BlackBox Music ein. Er berzeugte uns von den lo-gistischen Mglichkeiten einer Produktion vorOrt, von kurzen Wegen fr die Ton- und Licht-technik und nicht zuletzt den variablen Grender Produktionssttte. Um es kurz zu machen,beginnend mit der Aufzeichnung der nchstenSendung von kaffeebankrott am 22. Novem-ber 2013, folgen wir seiner Einladung und zie-

    hen in ein neues Studio auf dem Gelnde vonBlack Box Music.

    Z u G a s t : A n d r e a s R e s p o n d e , A n d r e a sM l l e r & d i e B a n d A k e w s T a g

    Andreas Responde ist wieder Koch. Wieder?Der Mann wurde am Treptower Park das Opfersinn- wie erbarmungsloser Jugendgewalt, als erdoch eigentlich nur helfen wollte. Ausfhrlichwird er uns ber seinen langen Weg zurck insLeben berichten. Einen Weg durch Krankenhu-ser, Reha-Stationen, Therapien, aber auch einenWeg durch Gerichtssle.Andreas Mller ist Jugendrichter am Amtsge-richt Bernau und war ein enger Vertrauter derBerliner Jugendrichterin Kirsten Heisig. Mllerleitete auch einen Prozess gegen einen der Tter

    die Andreas Responde fast zu Tode schlugen. Erwird die Urteile erklren, das Instrumentariumeinen Jugendrichters vorstellen, dessen Grenzen

    aufzeigen und eine nach seiner Erfahrung ange-messene Rechtsprechung erlutern.Musikalischer Gast des Abends ist die Band Akews Tag. Anfang 2011 ins Leben gerufen fa-ckelten die drei Grndungsmitglieder JohannesWeik, Julian Helms und Dominik Schad nichtlang rum, sondern begannen gleich mit der Pro-duktion ihres Debt-Albums. In weniger als vierWochen war der Longplayer in Stein gemeielt.Mit dem Teil im Gepck sammelten sie dannauch gleich noch den erfahrenen Bassisten Ni-klas Beck ein. Die Band ist perfekt, und die Re-cord-Release-Party zum Album am 8. Mai 2011war ein riesen Erfolg. Die Jungs wissen, was siewollen, und sie wollen auch auf der Bhne von

    kaffeebankrott stehen.

    W i r s e h e n u n s a m 2 2 . N o v e m b e r i m B l a c k B o x M u s i c

    kaffeebankrott wird aufgezeichnet am 22.November 2013 und nun zum ersten Mal imStudio von Black Box Music. Dieses befin-det sich in der Hertzstrae 73, in 13158 Ber-lin-Pankow. Es stehen ausreichend Parkpltzezur Verfgung und Bushaltestellen sowie derS-Bahnhof Wilhelmsruh befinden sich nur we-nige Minuten vom Gelnde entfernt. Die Stu-dio-Tore ffnen sich fr das geneigte Publikumgegen 19 Uhr und die Show beginnt dann gegen19.30 Uhr. Der Eintritt ist wie immer frei unddas Mitbringen von vor allem Kaltgetrnken istausdrcklich erwnscht!

    INFO

    kaffeebankrott im Studio von Bla ck Box Music

    Herzsrae 73, 13158 Berlin-Pankow.

    TV-Aufzeichungen

    22. November 2013, A Kews Tag

    13. Dezember 2013, The Wake Woods

    08. Januar 2014, Dvora Davis

    22. Januar 2014, Bukowski Wais For Ever

    05. Februar 2014, Chrisian Haase & Band

    05. Mrz 2014,Jessy Marens

    10. April 2014, Ray Wilson

    Einlass: 19.00 Uhr Beginn: 19.30 UhrEINTRITT FREI!

    kaff eeba nkrot t be i face book

    hps://www.acebook.com/kaeebankro?re=s

  • 7/22/2019 Made In Germany Ausgabe 23 2013 des strassenfeger

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    srasseneger | Nr. | November TAUFRISCH & ANGESAGT | Verein

    Ihr Kinderleinkommet

    Weihnachten 2013 bei mob e.V. / strassenfeger

    Wildfremde Menschen saen zusammenund sprachen miteinander. Sie redetenunbeschwert ber ihre kleinen und oft-mals groen Sorgen und sangen gemein-sam die wunderschnen, alten Lieder

    vom Tannenbaum mit den grnen Blttern und der stillen, Hei-ligen Nacht.

    Und dieses Beisammensein war fr die meisten unserer Gstewahrscheinlich ebenso wichtig wie die liebevolle Dekorationunseres Kaffee Bankrott, das leckere Essen, das unsere flei-igen Helfer fr sie zubereitet hatten und die kleinen Aufmerk-samkeiten.

    Aber erst die strahlenden Augen der vielen Menschen, die be-schenkt und glcklich um den festlich geschmckten Christ-baum herumtollten, machten unsere Weihnachtsfeier im ver-gangenen Jahr zu einem groen Erfolg.

    Dafr mchten wir uns an dieser Stelle noch einmal ganz herz-lich bei Ihnen bedanken.

    Wie Sie wissen, haben wir keine Sponsoren. Wir haben auchkeine Promis, die nur einmal im Jahr und dann mglichst medi-enwirksam, Gutes tun wollen.

    Aber wir haben Sie, liebe Leserinnen und Leser. Seit vielenJahren hat Ihr Engagement ermglicht, dass wir den rmstenunserer Mitbrger ein bescheidenes, aber trotzdem festlichesWeihnachtsfest bereiten.