40
Studentenmagazin für die Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen 062011 pflichtlektüre www.pflichtlektuere.com Aufgegabelt Woher kommt das Mensa-Essen?

pflichtlektüre 06/2011

Embed Size (px)

DESCRIPTION

 

Citation preview

Studentenmagazin für die Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen

062011

pfl ichtlektüre

www.pfl ichtlektuere.com

AufgegabeltWoher kommt das Mensa-Essen?

Wat muss dat muss! Zehn Dinge, die für Studenten der Ruhr-Unis Plichtprogramm sein sollten

Rein

Fakt ist ...... dass es unglaublich viele verschiedene Kaffee-Varianten gibt. 04

StUDiUm

08 Leidenschaft zwischen VitrinenCornelia Weber-Lehmann leitet die Kunstsammlung in Bochum.

10 Willkommen im Sumpf!Chaos an der Uni Duisburg-essen: Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

14 TellergeschichtenWoher das essen auf dem mensa-Porzellan kommt, ist nicht leicht zu beantworten.

Helfende Hand Special Op: Sarah hilft einer behinderten Studentin, im Alltag allein zu bestehen.

Warum Stromberg (k)ein Vorbild ist Chefs dieser Welt haben eigenarten. ein Überblick.

1922

Überleben in der Bürokratie Bafög, Steuern, Versicherung: Äh, wie bitte? Wichtige tipps für blutige Anfänger.

25LeBen

Baby im Bachelor Warum ein Kind im Studium nicht zum Heulen ist - sondern bereichernd.

2630

RAUS

38V-Tippsmagische Orte und sehenswerte Streifen: Unsere Veranstaltungstipps für den Winter.

02inhalt

KulturgebietWürde die manga-Göre Sailor moon wohl „the evergreen Donkey“ mögen?36

JOB

eins vorab

TEXTTIMO BAUDZUS foToFLORIAN HÜckeLHeIM

03rein

Jeder, der in diesem Wintersemester an einer deutschen Hochschule eingeschrieben ist, kann sicher ein Liedchen von der Seltsamkeit des Studentendaseins singen. Da entscheidet irgendein ominöses Kultus-ministerium die Verkürzung der Gymnasialzeit und dann bricht aus heiterem Himmel noch die Wehrpflicht weg - und schon findet man sich als Ersti - anstatt wie erwartet in einem handelsüblichen Hörsaal - in einem gigantischen Cineplex wieder, um dort die Vorlesung von

Professor XY zu hören.

„Hey, cool!“, mag manch einer denken. Und tatsächlich, geben wir es doch zu, so eine Vorlesung im Kino ist ja auch extrem cool. Wer hat schon Lust auf das Gedrücke, Gedränge und Geschiebe, das auf

den Fluren und Seminarräumen an der TU, RUB und UDE zur Zeit gang und gäbe ist? Der Autor dieser Zeilen jedenfalls nicht. Denn

wer schon einmal morgens um sechs Uhr aufgestanden ist, nur damit man um sieben in der Uni ist, um für die Vorlesung um acht einen

halbwegs guten Platz zu ergattern, und trotzdem nur auf dem Boden Platz nehmen durfte, weiß was ich meine. Abgesehen davon ist der

Eventcharakter einer Vorlesung in einem Cineplex natürlich um

Längen höher als in einem klaustrophobisch anmutenden Seminar-Kabuff, in dem man sich übereinander stapeln muss. Vielleicht

können die Kinobetreiber sich mit diesem Vorlesungsangebot ein ganz neues Geschäftsmodell erschließen: Warum denn groß umrüs-ten auf 3D-Technik, wenn man einfach nur einen kleinen Beamer

installieren muss, um den Saal voll zu machen? Vielleicht sitzt bereits irgendein genialischer Mark Zuckerberg-Verschnitt in seiner Garage und bastelt an einer Domain namens www.vorlesung.to, so dass es irgendwann Gesetze geben muss, die das Mitschneiden, Mitschrei-ben und Filmen während der Vorlesung mit bis zu fünf Jahren Haft

bestrafen.

Und wenn selbst die Kinosäle irgendwann zu klein werden - Deutschland ist schließlich wirklich extrem geburtenträchtig - kann man immer noch in den Signal-Iduna-Park oder die Veltins-Arena ausweichen – da macht das Lernen sicher auch großen Spaß. Die

Geisteswissenschaften in die Nordkurve, in die Südkurve die Natur-wissenschaften und der AStA in die VIP-Lounge – warum

nicht? So würde jeder den Platz kriegen, der ihm gebührt. Oder?

Freut sich auf Vorlesungen im Kino und im Stadion: Timo Baudzus.

04rein

EntnommEn ausMatthias stolz und ole häntzschel: die grosse Jahresschau. Knaur taschenbuch.

Fakt ist ...... dass man beim Kaffee trinken oft gar nicht genau weiß, was drin ist.

Von Matthias Stolz und Ole Häntzschel („ZEITmagazin“)

05rein

Das Leben als Erasmus-Student ist seltsam. Man hat zwar nicht so viele Vorlesungen, kommt aber trotzdem nicht zur Ruhe. „Kulturel-le Besichtigung“ hier, Party dort. Erst wenn ich - wie so oft - auf die verspäteten deutschen Züge warte, kann ich endlich einmal an mein neues Leben in Dortmund denken.

Der erste Tag in Deutschland war für mich als Französin enttäu-schend. So sehr unterscheidet sich das Leben gar nicht vom Alltag in Toulouse. Ich denke da an die allgemein zu langsamen, fast trä-gen Leute in der morgendlichen U-Bahn, Wochenendausflüge mit Freunden oder an das stundenlange Shoppen im Stadtzentrum.

Für deutsche Klischees bleibt da nicht mehr viel Platz. Hier im Ruhrgebiet kann ich nämlich nicht das Schloss von Ludwig II. besichtigen, keine Berliner Hipster auf der Straße treffen oder aus-giebig das Oktoberfest feiern.

Die kleine Französin war also verpflichtet, ihre Erwartungen neu zu definieren. Nun wird für mich die kleinste Alltäglichkeit zum Abenteuer. Wenn ich auf der Straße jemanden nach dem Weg frage und diese Person bitte, die Beschreibung doch bitte noch einmal zu wiederholen. Ab der dritten Nachfrage, die Leute schauen schon schief oder grimmig, stelle ich fest, dass es die bessere Lösung ist, so zu tun, als ob ich alles verstanden hätte.

Trotz der anfänglichen Verständigungsprobleme habe ich besonders die traditionellen Dortmunder Kneipen und ihre Gäste ins Herz geschlossen: mit all den alten Menschen, Fußball, gezapftem Bier und deutschen Kartoffelgerichten. Das hat für mich schon fast ein exotisches Potenzial entwickelt. Jedenfalls wäre das französische Äquivalent nicht so spannend.

Was für eine nervöse Französin wie mich nach Monaten immer noch unfassbar bleibt, sind die Leute am Bahnhof, die bei all den Verspätungen der Züge so gelassen bleiben. Vielleicht liegt es daran, dass die Deutschen in den Bahnen Bier trinken dürfen. Zumindest beobachte ich das, wenn der BVB spielt. Als ich das Spiel Dort-mund gegen Hertha BSC Berlin gesehen habe, war die Stimmung selbst am Abend noch unglaublich. Diese ungebrochene Begeiste-rung überall wo man hinschaute – trotz einer Niederlage der Borus-sen. Das hat mir eine wichtige Erkenntnis über Dortmund und das Ruhrgebiet gebracht: Fußball ist hier König und nicht Ludwig II.

Der König im PottNeulich in Deutschland: Janne Huet (19) wirft ihre Deutschland-Klischees über Bord.

PROTOKOLLsebastian hetheier fOTOLENA KALMER

Eilige Französin lässt sich vom Ruhrgebiet ausbremsen: Janne Huet.

Mailt uns eure Momente-Fotos! [email protected]

Momente *

06rein

Matthias Dierkes: Durch das Fell.

Anna Knübel: Durch das Abendrot.

07rein

Florian Hückelheim: Durch die Nacht.

Inga Hinnenkamp: Durch den Advent.

Dieser kleine Zwerg, wahr-scheinlich aus dem antiken Alexandrien, ist Cornelia Weber-Lehmanns Liebling. Sie hat ihn selbst entdeckt. Zum 30-jährigen Jubiläum konnte sie ihn dann mit Geldern der Freunde und Förderer des Museums für die Sammlung erwerben.

tEXtJULIA KNÜBEL, HANNAH SANDERS FotoFLORIAN HÜCKELHEIM

Cornelia Weber-Lehmann studierte nur vier Semester lang Archäologie in Bochum. Dann zog es sie für 20 Jahre nach Freiburg – der Liebe wegen. 1998 kehrte Sie dann nach Bochum zurück. Sie ist Archäologin und Expertin für etruskische Kunst. Im Sommer 2011 wurde sie zur Professorin ernannt.

Campuskopf

08studium

Die Archäologin eilt

von Termin zu Termin und pendelt zwischen der Sammlung und dem Hörsaal. In ihrer Freizeit hält sie

sich mit Sport fi t, hört gern klassische Musik und singt im Unichor. Ihre liebsten Reiseziele sind Griechenland

und Italien – wo sie sich natürlich kein Museum und keine Ausgrabung entgehen lässt.

In diesem Raum der Sammlung wird eine Verbindung zwischen modernen Porträts und Büsten der Antike gezogen. Cornelia Weber-Lehmann fi ndet die Antike faszinierend, da die Menschen trotz begrenzter und primitiver Mittel bis heute Nachwirkendes geleistet haben.

In der Lehrwerkstatt „Experimentelle Archäo-logie“ versucht Cornelia Weber-Lehmann die Arbeit von Künstlern in der Antike nachzu-empfi nden. Anstatt mit Marmor arbeiten die Studenten mit Sandstein, aber wie richtige Steinbildhauer stellen sie im Seminar auch kleine Skulpturen her.

Seit ihrem zwölften Lebensjahr stand für Cornelia Weber-Lehmann fest:

Ich werde Archäologin. Bereits als junge Studentin war sie 1975 bei der Eröffnung

der Kunstsammlungen an der RUB dabei. Seit 1998 leitet sie diese Einrichtung.

09studium

Sag mal, ProfprotokollSEBASTIAN HETHEIER FotosFLORIAN HÜCKELHEIM, LENA KALMER, GISELA PETER/PIxELIO.dE MoNtAGEHANNE ERMANN

Der Blickkontakt ist vor allem eine Frage von Nähe und Distanz. Es gibt viele Situationen, denen man als Student täglich ausgesetzt ist. Ob in der Bahn oder im Fahrstuhl, man ist ständig von fremden Personen auf engem Raum umgeben. Oft fühlt man sich unwohl und zwar gerade dann, wenn der eigene Blick sich mit anderen Menschen kreuzt.

Die Psychologen Michael Argyle und Janet Dean haben sich Mitte der 1960er-Jahre mit der Frage beschäftigt, welche Effekte der Blickkontakt bei zwischenmenschlichen Beziehung hat und die sogenannte „Equilibrium“-Theorie formuliert. Ob und wann man den Blick abwendet, hängt unter anderem davon ab, wie viel Intimi-tät man bereit ist zuzulassen und in welcher Beziehung man zu seinen Mitmenschen steht.

Sitzt man in der Bahn beispielsweise einer Person gegenüber, die man nicht kennt, besteht eine sehr geringe zwischenmenschliche In-timität. Kommt jetzt noch der Blickkontakt zwischen den Personen hinzu, die dazu noch körperlich nah beieinander sitzen, so haben wir zusätzliche Intimität, welche die Gesamtintimität der Situation beeinflussen.

Wenn wir dies aber alles nicht zulassen wollen, fühlen wir uns fast schon ängstlich, da wir aus unserem persönlichen Gleichgewicht

gebracht werden. Wir versuchen nun Wege zu finden, um dieses Unwohlsein auszugleichen. Deshalb wenden wir am ehesten unse-ren Blick ab und weichem dem Blickfeld der anderen aus.

Gerade in Fragen der Dominanz und Hierarchie gibt es ein Phäno-men, das man gerne in dem Satz zusammenfasst „They can stare but don’t have to look“. Das bedeutet, dass dominante Menschen ihren Gesprächspartner anstarren, wenn sie selbst sprechen, aber ihn nicht anschauen, wenn dieser spricht. Beim „untergebenen“ Sprecher verhält es sich umgekehrt. Das zeigt sich am deutlichsten in streng hierarchisierten Strukturen, besonders in großen Unternehmen.

Festzuhalten bleibt: Ein neutrales und langes Angucken unter Menschen ist nicht möglich, wenn sie nicht in einer engen persön-lichen Beziehung zueinander stehen. Unser Blickverhalten ist durch kulturelle und soziale Normen überformt, so dass wir von klein auf bereits lernen: Fremde Personen starrt man nicht einfach so an.

Was wolltest du schon immer wissen? Mail es uns an [email protected]

Die besten Fragen lassen wir von Experten im Heft beantworten.

Jannick Frömming (21) lässt sich von Sozialpsychologin Prof. Dr. Nicole Krämer erklären, warum er nicht gerne zurückstarrt.

Warum vermeiden wir Blickkontakt?

10studium

Endstation GerichtssaalAn der Uni Duisburg-Essen herrscht weiter Chaos: Der Allgemeine Studierendenauschuss verklagt

Rektorat und Kanzler. Zusätzlich ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen gegen Mitglieder der

Studentenvertretung. Der Vorwurf: Korruption und Veruntreuung von Studentengeldern.

TexTJULIA KnübeL, HAnnAH SAnderS FoTosFLOrIAn HüCKeLHeIM

sollte die zerstrittenen Parteien an einen Tisch bringen, um einen Wahltermin auszuhandeln. „Die Diskussionsrunden waren sehr konstruktiv, alle sind der Einladung gefolgt“, erklärt Thunemeyer. Für November stand dann der Wahltermin fest.

In den folgenden Monaten spitzte sich die Lage erneut zu: Der Streit wanderte vor Gericht. Da ist die Klage des AStA gegen den Kanzler: Ausgangspunkt sind die Genehmigungen einiger StuPa-Sitzungen. Sowohl Opposition als auch Regierung nahmen Ab-weichungen von der Geschäftsordnung und der Satzungsordnung häufig zum Anlass, Sitzungen für ungültig zu erklären.

Entscheidend ist: Nach einer Frist von 61 Tagen ohne gültige StuPa-Sitzung muss sich das Parlament auflösen und Neuwahlen durchführen. Dazu wäre es bereits gekommen, ginge es nach dem Willen von AStA-Chef Jens Eiß-mann. Dieser hatte die StuPa-Sitzungen von Mai bis August aufgrund solcher formaler Fehler angefochten. So hätte das StuPa die vorgeschriebene Zeitspanne von 61 Tagen überschritten und hätte nur noch die Neuwahlen vorbereiten dürfen.

Aber das StuPa kam erst gar nicht dazu zu tagen. Denn auf die Klage hin,

wandte sich StuPa-Präsident Felix Hesse per E-Mail an die Hoch-schulleitung. Hesse, als Jungsozialist Mitglied der parlamentarischen Opposition, bat den Kanzler um eine Stellungnahme zu den Bean-standungen. Vom Kanzler erhielt er folgende Rückmeldung: „Nach Prüfung der uns bekannten Einwendungen teile ich Ihnen mit, dass

Das Chaos um das Studierendenparlament (StuPa) an der Univer-sität Duisburg-Essen (UDE) verschärft sich. Es handelt sich dabei nicht mehr nur um Meinungsverschiedenheiten. Die Konflikte haben sich zu juristischen Auseinandersetzungen entwickelt.Was war passiert? Im StuPa Duisburg-Essen gibt es seit mehr als einem Jahr Probleme. Wie die pflichtlektüre berichtete, blockierten Streitigkeiten zwischen den Fraktionen die Arbeit der Studentenver-treter.

Wie die Sitzungsprotokolle zeigen, endeten die Diskussionen regelmäßig in Beschimpfungen: „Nur weil der B. noch keine Frau angefasst hat, darf er ihr doch nicht das Wort verbieten“ oder auch „L. hält C.s Demokratiever-ständnis für pervers und empfiehlt ihm, in einen diktatorischen Staat zu ziehen.“ Das Arbeitsklima war vergiftet. Schließlich musste sogar der Wahlter-min verschoben werden. In dieser Situation wand-te sich der Vorsitz des Allgemeinen Studieren-denauschusses (AStA) an die Hochschulleitung.

Als Dr. Bernd Thune-meyer, der Vertreter der Hochschulleitung, davon hörte, konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen. Studentenvertreter, die das Rektorat um Hilfe bitten müssen? „Früher wäre das undenkbar gewesen.“ Er war zu seiner Studienzeit selbst in Fachschaftsgremien aktiv. „Wir hatten ähnliche Konflikte. Aber wir mussten nicht das Rektorat in Anspruch nehmen. Da muss man mal miteinander reden.“ Das fand auch UDE-Rektor Prof. Ulrich Radtke, der Thunemeyer im Mai 2011 zum Moderator berief. Er

Stimmen aus dem Untergrund: das Sumpfgeist-Schreiben.

die StuPa-Sitzung stattfinden kann. Die Beanstandungen werden vom Rektorat bzw. dessen Vertretern abgelehnt!“ Felix Hesse nahm dies als Rechtsgrundlage für die weiteren Sitzungen des StuPa bis zu den Wahlen im November. Der Beschluss des Kanzlers hatte die Beanstandungen von AStA-Chef Jens Eißmann aufgehoben. Dieser reichte anschließend zusammen mit Finanzreferent Boris Schön beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage ein – gegen die Uni-versität Duisburg-Essen und gegen den Kanzler. Die Parlamentarier haben auf ihrer Sitzung im Oktober einen Antrag auf Rückzug dieser Klage gestellt. Ob Jens Eißmann die Klage tatsächlich zurück-zieht, bleibt abzuwarten. Er wollte trotz mehrfacher Anfragen keine Stellung zu den Vorfällen nehmen.

Vorwürfe aus dem SumpfNeben dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen befasst sich nun auch die Staatsanwaltschaft Essen mit den Querelen um AStA und StuPa: Sie hat ein anonymes Schreiben erhalten, das der pflichtlektüre vorliegt. Der Verfasser erhebt unter dem Pseudonym „Sumpfgeist“ schwere Vorwürfe, die teilweise bis ins Jahr 2004 zurückreichen. Er bezichtigt AStA-Mitglieder der Korruption und der Veruntreu-ung von Studentengeldern. So sollen diese AStA-Mittel für private Zwecke genutzt haben, die dann im Haushalt „kreativ verbucht“ wurden. Die Staatsanwaltschaft Essen hat der pflichtlektüre bestä-tigt, dass sie ermittelt, wollte zum derzeitigen Stand jedoch keine weitere Auskunft geben.

Einer der Hauptbeschuldigten im „Sumpfgeist“-Schreiben ist Boris Schön. Der anonyme Verfasser klagt an, Schön sei kein Student mehr und arbeite trotzdem für ein studentisches Gremium. Schön ist Finanzreferent des AStA und gleichzeitig Geschäftsführer der AStA Service GmbH, die im Auftrag des AStA das KKC (Kunst- und Kulturcafé) auf dem Campus der UDE betreibt. Diese Dop-pelbesetzung bezeichnet „Sumpfgeist“ als „bedenklich“, da Gelder zwischen AStA Service GmbH und AStA hin und her geschoben würden – ohne jegliche unabhängige Kontrolle. ‚Sumpfgeist‘ behauptet weiter, Schön habe Gelder der Studierendenschaft für eigene Zwecke genutzt. So hätte er mehrere GmbHs gegründet und wäre mittlerweile sogar Besitzer eines Hotels an der Ostsee. Auf der Internetseite von besagtem Hotel wird Boris Schön als Verantwortli-cher genannt. Inwieweit die Vorwürfe des „Sumpfgeist-Schreibens“ zutreffend sind, muss nun die Staatsanwaltschaft überprüfen.

Eines zumindest ist Fakt: Wie aus den Sitzungsprotokollen her-vorgeht, war Boris Schön im StuPa kaum anwesend. Während der Recherchen der pflichtlektüre war er für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Als er letztendlich auf die wiederholten Anfragen reagierte, verwies er auf seinen vollen Terminkalender und dar-auf, dass die pflichtlektüre eine „journalistisch nicht ausgewogene Berichterstattung“ betreibe. Wie er zu dieser Einschätzung kommt, bleibt allerdings sein Geheimnis, da er weiter schrieb: „Ich habe Ihr Blatt bislang vermieden zu lesen.“ Der anonyme Hinweisgeber schickte das „Sumpfgeist-Schreiben“ auch an verschiedene Medien, unter anderem an die Süddeutsche Zeitung, die WAZ und den WDR. Die Staatsanwaltschaft hat indessen Ermittlungen gegen den ‚Sumpfgeist‘-Autor aufgenommen, wegen falscher Verdächtigungen.

Moderator Thunemeyer: „Wir reden über viel Geld.“

11studium

Derweil geht das Leben am UDE–Campus weiter, ohne dass den Studenten der Fall nachhaltig bekannt wäre: Die pflichtlektüre hat Studenten nach ihrer Meinung zu den Konflikten um StuPa und AStA gefragt. Fazit: Von den Vorwürfen und der juristischen Ausei-nandersetzung wusste niemand etwas. Dennoch fiel das Urteil über die Studenten-Vertretung nicht positiv aus. „Vom AStA habe ich noch nie etwas bemerkt. Wenn der nicht da wäre, wäre das wahr-scheinlich auch kein Unterschied“, meinte beispielsweise Martin, Lehramtsstudent im 9. Semester. Und Jason, 1. Semester Mathe, sagte: „Mit Hochschulpolitik habe ich mich noch nie auseinan-dergesetzt.“ Und die Wahl? „Ich gehe nicht wählen, ich wüsste gar nicht, wen“, so Julian, 3. Semester Anglistik.

Einen Schlussstrich unter die Querelen um das StuPa könnte mit den Neuwahlen im November gesetzt werden, meint Bernd Thunemeyer. Das Hauptproblem seien die Diskussionen im StuPa. „Wir reden über viel Geld, und zwar studentisches Geld!“ Mit dem Taschenrechner rechnet er vor: „Es geht um etwa eine Million Euro jährlich. Da kann ich doch die Erwartung haben, dass ich dafür auch gute Arbeit kriege.“ Er setzt darauf, dass nach den Wahlen neue Gesichter ins StuPa kommen und die persönlichen Fehden enden. Dann könnten die Studentenvertreter wieder das tun, wofür sie eigentlich da sind: die Studenten zu vertreten.

Auf den nächsten Seiten: Interview mit einer Expertin für Hochschulrecht und Kommentar

12studium

„Klagen war richtig“Mascha Franzen ist Anwältin für Hochschulrecht. Sie berät verschiedene

Hochschulgremien in ganz Nordrhein-Westfalen. Für die pflichtlektüre hat sie sich

durch den Aktendschungel in Duisburg-Essen gekämpft.

INTeRVIeWJULIA KnübeL, HAnnAH SAnderS FoToprIvAt

Der AStA-Vorsitzende klagt den Kanzler an. Wer hat denn das Recht oder die Pflicht, StuPa-Sitzungen zu genehmigen?Die Rechtsaufsicht über das StuPa ist im Hochschulgesetz eindeutig geregelt: Zunächst hat der AStA-Vorsitzende die Pflicht, StuPa-Sitzungen zu beanstanden, wenn seiner Meinung nach etwas nicht korrekt gelaufen ist. Kommt er mit seinen Beanstandungen nicht weiter, muss er die Angelegenheit an die nächste Instanz abgeben. Das ist das Präsidium der Universität. In Duisburg-Essen ist der Kanzler als Vertreter der Unileitung für das StuPa zuständig.

War der AStA-Vorsitzende also mit seiner Klage gegen den Kanzler im Recht?Ich hätte anstelle des AStA-Chefs auch Klage eingereicht, wenn ich mich im Unrecht fühle. Schließlich kann auch der Kanzler nicht einfach Stupa-Sitzungen für gültig erklären, wenn sie formal falsch abgelaufen sind. Ob das so ist, wird aber letztendlich das Verwal-tungsgericht Gelsenkirchen zu klären haben.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des anonymen Schrei-bens von „Sumpfgeist“. Was ist davon zu halten, ist dieses Schreiben ernst zu nehmen?Wenn die Staatsanwaltschaft ermittelt, bedeutet dies, dass sie die Vorwürfe für gewichtig genug hält. Offensichtlich sind die Vorwür-fe nicht völlig aus der Luft gegriffen, sie sind ja sehr detailliert. Es könnte zum Beispiel zu einem Verfahren wegen Bestechlichkeit und Bestechung kommen. Veruntreuung oder Unterschlagung könn-te auch sein, oder Betrug. Diese Vorwürfe gehen ja alle aus dem Schreiben hervor. Außerdem wäre eine Anklage wegen wettbewerbs-beschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen denkbar.

So eine staatsanwaltschaftliche Ermittlung dauert, das kann sich noch eine Weile hinziehen. Wenn sich die Vorwürfe aber als unrich-tig herausstellen, könnte auch der Verfasser belangt werden. Dafür müsste man aber erst einmal dessen Identität klären.

Mascha Franzen ist Expertin für Hochschulrecht.

13studium

Schlammschlacht

Ist der AStA verpflichtet, die Vorwürfe gegen einige seiner Mit-glieder öffentlich zu machen? Das sind schließlich Vorgänge, die die studentische Öffentlichkeit etwas angehen sollten.Also, moralisch kann man sich darüber unterhalten, ob sie die Vorwürfe öffentlich machen sollten. Aber rechtlich gesehen gibt es keine direkte Verpflichtung. Allerdings gibt es dabei eine Ausnahme. Denn laut Verwaltungsverfahrensgesetz darf an Verwaltungsvorgän-gen niemand beteiligt sein, der befangen ist – also beispielsweise darf im Gemeinderat niemand über die Ausweisung von Bauland entscheiden, wenn er selbst Eigentümer dieses Landes ist. Wenn es also den konkreten Verdacht gibt, dass AStA-Mitglieder Geld unter-schlagen haben, dann dürfen sie nicht mehr stimmberechtigt sein, wenn es um die Verteilung von Geldern geht. Jetzt kann man natür-lich darüber streiten, ob das anonyme Schreiben schon als Verdacht ausreicht. Ich halte den Fall aber zumindest für grenzwertig.

Als Expertin für Hochschulrecht kennen sie die Hochschul-politik und sind beispielsweise auch beratend für studentische Gremien tätig. Haben Sie einen so drastischen Fall schon einmal erlebt?Klare Antwort: Nein.

Könnte es denn sein, dass durch die Vorgänge die studentische Selbstverwaltung vollständig außer Kraft gesetzt wird? Wer hätte dazu die Befugnis?Das Präsidium kann und muss in die studentische Selbstverwaltung eingreifen, wenn etwas falsch läuft, da es die Rechtsaufsicht hat. Es kann die Selbstverwaltung aber nicht einfach außer Kraft setzen. Die Studierendenschaft ist eine Teilkörperschaft der Universität, je-der Student ist zwangsläufig Mitglied. So ist es im Hochschulgesetz festgelegt. StuPa und AStA können daher nicht einfach abgeschafft werden.

Wer zahlt eigentlich die Prozesskosten?Bei den Ermittlungen wegen des „Sumpfgeist-Schreibens“ gibt es derzeit ohnehin noch keinen Gerichtsprozess. Bis jetzt ermittelt der Staat auf eigene Kosten. Sollte es zum Prozess kommen, werden die Beschuldigten wahrscheinlich als Privatpersonen angeklagt und müssten eventuelle Kosten selbst tragen.

Bei der Klage des AStA gegen den Kanzler sieht es etwas anders aus: Am Ende zahlt der, der verliert. Das ist entweder die Uni – oder die Studierendenschaft, da diese das StuPa und damit den AStA als ihre Vertretung wählt und dieser sich aus den Studentengeldern finan-ziert. Hier würden also in der Tat die Studenten bezahlen, ja.

Die Ergebnisse der StuPa-Wahlen und Aktuelles zum Fall auf www.pflichtlektuere.comwww:

Nach all dem Gezänk könnte man meinen, es müsste ein Aufschrei der Empörung durch die Studentenschaft gehen. Eine Protestwelle. We-

nigstens ein leises Aufmucken? Fehlanzeige! StuPa, AStA, Studentische Selbstvertretung ? „Keine Ahnung“, lautet mehrheitlich die Antwort.

Staatsanwaltschaft, Klage, Anzeige? Nichts mitbekommen. Völlig spurlos zieht der Streit in der Studentenvertretung an denen vorbei, die

vertreten werden sollten und das Parlament sogar gewählt haben.

Es ist paradox: Die Studenten empfinden, danach gefragt, die stu-dentische Selbstverwaltung als sehr wichtig – dennoch lässt sie die

Hochschulpolitik kalt. Dabei haben sie am Ende den Schaden. Es sind schließlich ihre Interessen, die im Zuge der Querelen untergehen. Und die Studenten sind auch diejenigen, die dem Treiben ein Ende bereiten könnten. Sie haben die Macht demokratischer Organisation hinter sich. Doch nutzen sie dieses Potenzial nicht aus. Dafür nutzen die Leute in

den falschen Positionen die Möglichkeiten, die sich für sie ergeben, umso mehr – und zwar aus.

Zugegeben: Nicht jeder hat Zeit, sich in studentischen Gremien zu engagieren. Klar auch, dass Studenten unter enormem Leistungsdruck stehen und sich daher in erster Linie auf ihre Verpflichtungen konzent-

rieren. Doch minimal darüber informiert zu bleiben, was mit seinen ei-genen Semesterbeiträgen passiert, ist durchaus machbar und mehr noch:

notwendig. Interessensvertretung ohne Kontrolle funktioniert nicht. Und nur wenn die Interessen der Studenten auch wirklich effektiv in der Hochschulpolitik umgesetzt werden, ist der Erhalt studentischer

Selbstverwaltung überhaupt zu rechtfertigen. Dazu wären aber Studen-ten notwendig, die sich mit der Tätigkeit ihrer Vertreter auseinanderset-

zen und an der Wahlurne entsprechend agieren.

Ein Kommentar von Julia Knübel und Hannah Sanders

Der Weg des WirsingsMehr als 60.000 Studenten wollen an den Ruhr-Unis jeden Tag satt werden. Möglichst günstig.

Aber woher kommt eigentlich das Essen, und wer kümmert sich um die Qualität?

Ein Versuch, das Dickicht der Lieferanten zu durchdringen.

TexTeTobias Fülbeck, sTephanie JungwirTh, Jens JüTTner, ellen brinkmann, michael Jochimsen, lena kalmer MiTarbeiTkaTJa Vossenberg

FoTosellen brinkmann, lena kalmer, Florian hückelheim

14studium

Mittagszeit in der TU Dortmund: In der Mensa werden Hähnchen-Nuggets auf einen Teller geschaufelt. Die panierten Hühnerfleisch-Stückchen sind beliebte Mensa-Klassiker. Doch wenn man nicht nur in Zeiten von Dioxin-Skandalen und Ehec-Erregern wissen möchte, woher die Gerichte auf dem Teller eigentlich kommen, wel-che Produktionsstandards eingehalten werden und wer das kontrol-liert, dauert’s, bis man Antworten bekommt.

Die pflichtlektüre hat versucht, die Produktionskette von Mensa-gerichten nachzuvollziehen. Die Auskünfte der Studentenwerke der Ruhr-Unis waren teils nebulöser als der Dampf der Friteusen in den Großraumkü-chen.

Ezzedine Zerria ist Leiter der Gastronomie an der Uni Bochum. Er blickt auf einen Computerbildschirm, macht ein paar Klicks und führt einige Telefonate. Schnell steht fest: Der Wirsing für den Aktionsteller kommt von „Bauer Funken“ aus Kempen. „Bauer Funken“ klingt nach Bio-Betrieb mit Hofverkauf, ist aber ein europaweit agieren-des Unternehmen mit 140 Mitarbeitern. Die Funken GmbH, erfährt man, erfüllt die International Food Standards (IFS). Klingt gut. Aber was heißt das? Und erfüllen alle Zulieferer diese Standards?

Klare KennzeichnungTransparenz geht anders. Momentan erfah-ren Studenten über Qualitätsstandards an den Mensen kaum etwas. Beispiel Studen-tenwerk Bochum (Akafö): Im 52-seitigen Geschäftsbericht 2010 heißt es: „Das Essen ist sicher“. In drei nachfolgenden Sätzen wird das Thema Hygiene und Qualität abgespeist. Selbst dem heiteren Sankt-Martin-Umzug des Akafö-Familienzentrums widmet der Bericht sechs Sätze. Das muss sich ändern, fordert der Verein für Verbraucherschutz in der Lebensmittelindustrie Foodwatch. Die Verbraucherschützer setzen auf mehr Durchblick in Mensen. Ein „Smiley-System“ soll verpflichtend werden, sagt Foodwatch-Mitarbeiter Andreas Wink-ler: „Gute Ergebnisse bei Lebensmittel-Kontrollen ergeben einen lächelnden Smiley, schlechte einen traurigen.“

Es gibt bereits Kontrollinstanzen, mit deren Ergebnissen die Mensen um das Vertrauen der Studenten werben könnten. Zulieferer sind teilweise mit Zertifikaten wie dem bereits genannten Siegel „IFS Food“ (International Featured Standard Food) oder dem „Global Standard for Food Safety“-Siegel ausgezeichnet. Beide dokumen-tieren einwandfreie, hygienisch gesicherte Produktionsabläufe. Die Mensen könnten zudem ihre HACCP-Grundsätze veröffentlichen. Dahinter verbirgt sich eine Risiko- und Gefahrenanalyse, mit deren Hilfe kritische Punkte im Betrieb beleuchtet werden. Sie tun es aber nicht. Wann fanden die letzten Lebensmittelkontrollen durch den Tüv Süd statt? Was wird getan, damit keine Keime in die Küche

gelangen? „Der Kunde, in diesem Fall der Student, soll wissen, was er isst“, sagt Ezzedine Zerria. Um seine These zu beweisen, verweist er leider nur auf eine monatlich angebotene Mensa-Führung.

Gepickt, gegackert und geschlachtetWieviel Vertrauen Studenten ihrer Mensa entgegenbringen, zeigen exemplarisch die Hähnchnen-Nuggets auf dem Dortmunder Teller. Am Anfang stand ein Huhn in Brasilien. Wo es gegackert hat und

geschlachtet wurde: lässt sich nicht sagen. Ob es Soja-Futter gefressen hat: lässt sich nicht sagen. Dabei ist das wichtig. Umwelt-verbände kritisieren, dass für den Anbau von Soja häufig Regenwald abgeholzt wird. Jeden Tag werden laut Welthungerhilfe für Viehzucht und Soja-Anbau in Brasilien 7000 Hektar Wald gerodet. Es bleibt auf-grund spärlicher Infos offen, ob Bäume für das Futter der Hühnchen abgeholzt werden mussten, die – verarbeitet zu Nuggets – in tausende Dortmunder Münder wandern.

Konkreter wird‘s erst, sobald die Studen-tenwerke über ihre Einkaufspolitik spre-chen dürfen. Dann schwärmen sie mit Schlagworten wie „regionale Wirtschafts-förderung“. Alle zwölf Studentenwerke in Nordrhein-Westfalen kaufen außerdem meistens zusammen ein. Das bringt Vor-teile für die kleineren Mensen, sagt Gerd Schulte-Terhusen, Gastronomie-Leiter der Uni Duisburg-Essen. „Wir können so auf die Lieferanten mehr Druck ausüben.“ Mehr Druck bedeutet niedrigere Preise. Der

Trick: Im Januar schätzen alle Mensen den Bedarf fürs ganze Jahr. Dabei geben die kleineren Studentenwerke mehr an, als sie tatsächlich brauchen, die größeren weniger. Was später zusätzlich gebraucht wird, kann nachbestellt werden. Auch Constanze Phillips, Leiterin des Dortmunder Einkaufs, kennt die Tricks. Dank einer Software weiß sie, wie viel Dosenmais oder Kartoffelpüree-Pulver im Lager ist. Stolz erzählt sie, dass sie Eier aus Bodenhaltung einkauft. „Es ist nur ein kleiner Schritt, aber besser als Eier aus Käfighaltung.“ Würden Bio-Eier für ein Tagesgericht be-nötigt, stiege der Preis von einem Euro auf bis zu 2,20 Euro, rechnet der Dortmunder Gastronomie-Leiter Christian Puslednik, vor.

Nicht nur der Preis muss stimmen - auch das Angebot. Der eine Student liebt Halal-Fleisch, also Fleisch, das nach islamischem Recht erlaubt ist. Der andere ist Laktose-intolerant, verträgt keine Kuhmilch. Bald sollen vegetarische Dönerspieße verkauft werden. „Wir sind offen für Randgruppen, aber nicht alles ist möglich“, sagt Christian Puslednik. Mit ihm werde es keinen „Veggie-Day“ in der Dortmunder Mensa geben. Eine gute Nachricht für Fleischfans. Eine gute Nachricht für Alle wäre dagegen ein transparentes Infor-mationssystem.

Entscheidet, wo gekauft wird: Ezzedine Zerria.

15studium

PommesDiese Pommes stammen aus Dronten in den Niederlanden. Ge-liefert hat sie das holländische Unternehmen Aviko, nach eigenen

Angaben der weltweite Marktführer für tiefgekühlte Pommes.

Hähnchen-NuggetsDiese Nuggets stammen entweder aus Sachsen oder Brasilien, heißt es, als ob das keinen Unterschied mache. Die Firma Sprehe verar-

beitet Brustinnenfi lets vom Huhn aus ihrer eigenen Schlachterei in Sachsen sowie von sechs Schlachtereien der Firma Seara in Brasilien. Was letztendlich der zwischengeschaltete Großhändler A-K für die Charge in Dortmund von der Firma Sprehe gekauft hat, lasse sich für den Endverbraucher – den Studenten – nicht nachvollziehen. Im deutschen Betrieb, der Gräfendorfer Gefl ügel- und Tiefkühl-feinkost Produktions GmbH, arbeiten 650 Mitarbeiter, die über 50 Millionen Hühner pro Jahr schlachten. Von welchen Höfen

die Tiere einer einzelnen Lieferung kommen, könne aufgrund der großen Anzahl an Tieren und Zulieferern nicht mehr gesagt werden,

antwortet ein Mitarbeiter auf Nachfrage der Redaktion. Über die

brasilianischen Schlachtereien lässt sich noch weniger herausfi nden. Zwar baut Seara selbst seinen Soja an, mit dem die Tiere gefüttert

werden - im Süden des Landes, fern des Regenwaldes. Es ist jedoch unklar, ob Seara Soja von anderen Futtermittelherstellern bezieht.

Seara betreibt Wiederaufforstungsprogramme und andere Umwelt-projekte. Der für den europäischen Markt zuständige Seara-Mitar-

beiter war bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen.

KopfsalatDieser Salat kommt nicht von Ebay, wurde aber trotzdem erstei-gert. Auf einer Auktion in den Niederlanden kaufte die Firma

Koornstra und Co. diesen Kopfsalat. Die Firma hat das sogenannte GlobalGAP-Zertifi kat. Dieses freiwillige Zertifi kat steht für „Global Good Agricultural Practice“ und bezieht sich auf Anforderungen,

die weltweit an Landwirte und Gartenbauer in Bezug auf Nahrungs-sicherheit, Nachhaltigkeit und Qualität gestellt werden. Die Firma

Koornstra hat ihren Sitz in dem Dorf De Lier in der Gemeinde Westland, die den Beinamen „die gläserne Stadt“ trägt – hier ist das

größte Gewächshaus-Gebiet von ganz Holland.

16studium

TU Dortmund

sen“, sagt Zerria – verrät aber nur, dass es sich beim Braten um ein deutsches Tiefkühlprodukt handelt. Das war‘s. Nun ja. Man erfährt immerhin noch, dass der Braten gemäß den Qualitätsrichtlinien bei minus 18 Grad gekühlt worden ist, bevor er auf dem Teller landete.

BiokartoffelnHier wird’s nebulös. Es handelt sich um ein deutsches Produkt. Ins Detail will Akafö-Gastronomieleiter Ezzedine Zerria nicht gehen.

Er sagt nur, dass rund 60 Prozent des gelieferten Gemüses deutsche Ware und 30 Prozent ausländische europäische Ware sei. Wenn

die Produkte ausnahmsweise aus Übersee stammen, werde auf ein Etikett mit dem Hinweis „in Deutschland verpackt“ geachtet.

RahmwirsingDer Wirsing kommt von „Bauer Funke“ aus Kempen. Der „Bau-er“ wirbt mit einem Gartenzwerg mit hellgrüner Zipfelmütze und

dunkelgrüner Schürze – ist aber kein kleiner Hof, sondern das Unternehmen H. Funken GmbH & Co. KG mit einem jährlichen

Nettoumsatz von 12 Millionen Euro und Sitz in einem Indust-riegebiet. Neun Verladerampen erleichtern den Warenein- und

-ausgang. Das Unternehmen erfüllt die Bio-Kriterien innerhalb der Europäischen Union. Die letzte Prüfung fand erst im Sommer statt. Der Rahmwirsing auf dem Teller kommt jedenfalls frisch vom Feld,

schwört die GmbH.

Schweinekrustenbraten„Gerade bei den Fleischprodukten achten wir in Bochum ganz genau darauf, dass die Qualitätsrichtlinien eingehalten werden.

Fleischprodukte sind schon immer ein sehr sensibles Thema gewe-

Ruhr-UniversitätBochum

17studium

FleischDieser Rücken gehörte einem Schwein aus dem Münsterland. Die mittelständische Firma M+L Fleischverarbeitung GmbH hat es zer-legt und an die Mensa geliefert. Die Mensa der Uni Duisburg-Essen

hat vier verschiedene Fleischlieferanten. „Die Entscheidung für einen Lieferanten hängt sowohl von der Qualität, als auch vom Preis ab“, sagt Gerd Schulte-Terhusen, Leiter der Mensa Duisburg-Essen.

Die M+L Fleischverarbeitung GmbH ist ein von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) prämiertes Unternehmen aus Bocholt, das seine Schweine von Höfen aus dem Münsterland be-

zieht. Außerdem ist das Unternehmen Teil des Prüfsystems Qualität und Sicherheit (QS). Das bedeutet: Die sogenannte Systemkette vom Futtermittel, über die Schlachtung bis hin zum Transport ist

geprüft worden. „So waren wir, genauso wie alle anderen QS-Betrie-be, bei allen bisher aufgedeckten Fleischskandalen nie betroffen“,

sagt Michael Free, Vertriebsleiter bei M+L.

Kartoffeln Eugen Borgmann und seine Frau Elke liefern die Kartoffeln, die

sie nach eigenen Angaben auf ihrem 90 Hektar großen Feldern in Bottrop-Kirchellen anbauen. Vorm Anliefern schälen und verpacken

sie die Kartoffeln im hofeigenen Schälbetrieb. Wer sich den Hof anschauen wolle, sei eingeladen, sagt Eugen Borgmann: „Wer mal frische Reibeplätzchen machen will, geht nicht mit leeren Händen

vom Hof.“

StielmusgemüseDas Stielmusgemüse stammt nicht aus Deutschland. Über einen

Großhändler vertreibt zwar die Firma Ardo aus Ratingen ihr Gemü-se an die Mensa der Uni Duisburg-Essen. Angebaut wurde dieses

jedoch in den Niederlanden.

18studium

Universität Duisburg-Essen

TEXTChristina Wilkes, ann-kristin herbst FoToSFlorian hüCkelheim

Schatz im BlätterwaldGute Nachrichten für Studenten: Das Kindergeld fließt ab 2012 unabhängig von allen

Nebenverdiensten bis zum 25. Lebensjahr. Doch nicht überall können Studenten

sorglos einen Nebenjob annehmen. Survival-Training im Finanz-Dschungel.

Heute mache ich mir einen Antrag - aber wie?

Dieser Behördengang ist bares Geld wert: Wer sich mit den Sach-bearbeitern im Bafög-Amt auseinandersetzt und durch notwendige Formulare quält, dem winken bis zu 670 Euro monatlich. Das nämlich ist der Bafög-Höchstsatz. Doch um den zu bekommen, müssen sich Studenten durch den Bürokratie-Dschungel der Bafög-Ämter quälen. Und vor allem Geduld haben: Die Bearbeitung der Anträge dauert oft sehr lange. Anträge sind beim Bafög-Amt und auch online (zum Beispiel auf den Seiten der Studentenwerke) erhältlich. Grundsätzlich werden jedoch nur Studenten gefördert, die Vollzeit studieren. Das muss auf dem Bafög-Antrag auch so angekreuzt werden. Wie Vollzeit genau definiert wird, bleibt jedem Studenten grundsätzlich selbst überlassen. Einzige Regelung: Bis zum vierten Fachsemester hinterfragt das Studentenwerk die An-

gaben nicht, sagt Wilfried Blattgerste vom Studentenwerk Dort-mund. Danach müssen Leistungsnachweise vorgelegt werden.

Damit das Bafög-Amt einen Förderantrag absegnet, darf jeder Student im Monat durchschnittlich nicht mehr als 400 Euro verdienen. „Durchschnittlich“ deshalb, weil das Studentenwerk nicht auf das Monatseinkommen, sondern auf das Gesamteinkom-men im so genannten Bewilligungszeitraum achtet – in der Regel zwei Semester (zwölf Monate). Innerhalb dieses Zeitraums darf ein Student maximal 4800 Euro verdienen – 400 Euro pro Monat. Ob das Einkommen allerdings tatsächlich über zwölf Monate verteilt oder innerhalb von zwei Monaten in den Semesterferien verdient wird, ist dem Bafög-Amt egal. Wichtig: Hat der Student zum

19job

Beispiel erst im November den Antrag gestellt, verringert sich der Bewilligungszeitraum um einen Monat, da das Semester bereits begonnen hat. Ebenso schrumpft das maximale Gesamteinkommen um ein durchschnittliches Monatseinkommen auf 4400 Euro, so Blattgerste.

Wer diese Grenzen überschreitet, bekommt weniger Bafög. Wie viel weniger, ist am Besten anhand eines Beispiels zu beschreiben:

20job

Bei einem Gesamteinkommen von 5500 Euro im Jahr würde dem Studenten ein Betrag von 544,46 Euro für die zwölf Monate an-gerechnet. Monatlich müsste er demnach einen Abzug vom 45,37 Euro vom ihm zustehenden BAföG-Satz hinnehmen.

Kindergeld – ab 2012 für alleZum 1. Januar 2012 ändern sich die Steuergesetze. Einfacher soll es werden – und gerechter. Auch beim Kindergeld ändert sich einiges. Bislang wurde das Kindergeld nur gezahlt, wenn a) das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder b) das Kind zwar über 18, aber in einer Ausbildung ist. Diese Regelung gilt nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.

Bisher galt zudem: Verdient das Kind im Jahr mehr als 8004 Euro, wird das Kindergeld gestrichen. Damit ist jetzt Schluss. Die Ein-kommensgrenze fällt weg. Mit anderen Worten: Ein Lehrling oder Student kann neben seiner Ausbildung unbegrenzt verdienen. Das Kindergeld fl ießt trotzdem. Gerade für Studenten, die regelmäßig beispielsweise als Kellner oder Verkäufer jobben, um ihr Studium zu fi nanzieren, ist das eine gute Nachricht. Für Studenten gibt es

Viele bunte Blätter wachsen im Formular-Dschungel - da verlieren die meisten Studenten den Durchblick.

GesamteinkommenWerbungskosten (wird unabhängig vom Einkommen als Pauschale angerechnet)

21,3 % des neuen Grundeinkommens (pauschaler Prozentsatz)pauschaler Freibetrag für Einkommensbezieher: 255 €/Monat

beschreiben:

GesamteinkommenWerbungskosten (wird unabhängig vom Werbungskosten (wird unabhängig vom Einkommen als Pauschale angerechnet)

21,3 % des neuen Grundeinkommens (pauschaler Prozentsatz)pauschaler Freibetrag für Einkommensbezieher: 255

21job

allerdings noch eine Einschränkung, betont Pressesprecherin Silke Bruns vom Bundesministerium für Finanzen: Die wöchentliche Arbeitszeit darf 20 Stunden nicht überschreiten. Ansonsten, so die Argumentation, befinde sich der Student nicht mehr in einer Aus-bildung, weil der Schwerpunkt nicht auf dem Studium liege.

Sozialversicherung – viel zu beachtenGrundsätzlich gilt jeder, der in Deutschland gegen Arbeitsentgelt beschäftigt wird, als sozialversicherungspflichtig. Das beinhaltet Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Für Studenten gelten dabei einige Ausnahmen:

Wer im Monat weniger als 400 Euro verdient, gilt als „Minijobber“ oder „geringfügig Beschäftigter“. Ein solches Arbeitsverhältnis ist versicherungsfrei, egal wie lange es Bestand hat. Für den Studenten entstehen keine Abgaben. Lediglich der Arbeitgeber zahlt pauschale Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge von 13 beziehungs-weise 15 Prozent des Bruttoeinkommens an die Minijobzentrale. Dieses Geld kommt allerdings nicht auf das Rentenkonto des Stu-denten, sondern wandert in einen staatlichen Topf. Darüber hinaus wird eine pauschale Lohnsteuer fällig. Diese kann der Arbeitgeber auf seinen Angestellten abwälzen. Das sind zwei Prozent des Brut-toeinkommens.

Für die Nebenjobber, die mehr als 400 Euro im Monat verdienen, müssen zwei Gruppen unterschieden werden: Dauerbeschäftigte und Aushilfsjobber. Aushilfsjobber ist, wer von vornherein befristet arbeitet, etwa in den Semesterferien. Folgende Konstellationen sind denkbar:

der Aushilfsjob ist von Beginn an auf höchstens zwei Monate •oder 50 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet. Das Beschäf-tigungsverhältnis ist dann versicherungsfrei, egal wie viel der Nebenjobber dabei verdient.

Summieren sich diese Nebenjobs im Kalenderjahr auf mehr •als zwei Monate oder 50 Arbeitstage, zum Beispiel weil der Student in beiden Semesterferien arbeitet, wird der Verdienst rentenversicherungspflichtig. Der Arbeitgeber und der Arbeit-nehmer teilen sich dann den Versicherungsbeitrag von 19,9 Prozent des Bruttoeinkommens, der dem Rentenkonto des Studenten gutgeschrieben wird.

Erst wenn der Student mehr als 26 Wochen im Kalenderjahr •arbeitet (bei mehr als 20 Wochenstunden), gelten andere Re-gelungen. Genauere Informationen dazu bietet unter anderem die Deutsche Rentenversicherung in ihrer Broschüre „Tipps für Studenten: Jobben und studieren“. (siehe Kasten)

Dauerbeschäftigte hingegen arbeiten regelmäßig und nicht nur in ihren Semesterferien. Bei einem Monatsverdienst von mehr als 400 Euro ist der Status des Minijobs überschritten. Damit dennoch keine Beiträge fällig werden, muss das Studium nachweislich Vor-rang haben. Deshalb darf der Student nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten. Ist dies der Fall, teilen sich Arbeitgeber und

Arbeitnehmer erneut den fälligen Rentenversicherungsbeitrag. Sonstige Sozialversicherungsbeiträge werden nicht fällig.

Arbeitet der Student dauerhaft mehr als 20 Stunden in der Woche und verdient dabei auch mehr als 400 Euro, ist er voll sozialversi-cherungspflichtig. Die Beiträge werden auch hier jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer erbracht.

Steuern – Vorteile erst ab 8004 Euro Ein Studentenleben ist teuer: Das neue Fachbuch für BWL kostet 60 Euro, die Kopien für die nächste Hausarbeit 20 Euro und die ganzen Ordner, Druckerpatronen und Schnellhefter summieren sich auch schnell auf dutzende Euros pro Semester. Doch diese Kosten von der Steuer abzusetzen, gestaltet sich schwierig. Zwar wurde Mitte Oktober die Höhe der sogenannten Sonderausgaben, die steuerlich absetzbar sind, von 4000 auf 6000 Euro angehoben. Davon profitieren allerdings nur die wenigsten Studenten. Denn Sonderausgaben können nur im gleichen Jahr abgesetzt werden und das nur, wenn der Student steuerpflichtig ist, also mehr als 8004 Euro im Jahr verdient, bestätigt Klaus-Dieter Pusch vom Fi-nanzamt Dortmund-West. Sonderausgaben sind private Ausgaben für die Lebensführung wie zum Beispiel Versicherungen oder Steu-erberatungskosten. Ein 400-Euro-Job reicht dafür bei weitem nicht aus. Die geänderten Beträge bei den Sonderausgaben sind also nur für Studenten von Privatunis oder Azubis teurer Ausbildungsgän-ge interessant. Ein „normaler“ Student dürfte nicht annähernd 6000 Euro pro Jahr für die Uni ausgeben. Er kann also auch nur entsprechend weniger Sonderausgaben steuerlich geltend machen. Kritiker sprechen von einem „Klientelgeschenk“ für wohlhabende Studenten.

Wer nicht steuerpflichtig ist, sollte vorsichtshalber Quittungen rund ums Studium aufheben. Denn Ende Juli hatte der Bundes-finanzhof entschieden, dass alle Ausgaben fürs Erststudium von der zukünftigen Steuer abgesetzt werden dürften – und zwar als so genannte Werbungskosten. „Das sind beispielsweise Ausgaben für Bücher, Kopien, Drucker oder Studiengebühren“, erläutert Klaus-Dieter Pusch. Im Gegensatz zu Sonderausgaben sind Wer-bungskosten in voller Höhe und mindestens vier Jahre rückwirkend absetzbar. Das gesammelte „Steuerminus“ wäre dann von der ersten Steuer nach Berufseinstieg abgezogen worden. Der Bundestag kippte jüngst die Entscheidung des Bundesfinanzhofs. Dabei hatte das studentenfreundliche Urteil schon viele Anhänger gefunden. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der Fall noch vor dem Bundesver-fassungsgericht landet – und neu verhandelt wird.

Rentenversicherungspflichtig? Die Antwort weiß www.deutsche-rentenversicherung.dewww:

Die Bernd Strombergs dieser Welt sollten sich anschnallen: Sie sind nicht die einzigen Cheftypen, die versuchen,

FotosFlorian HückelHeim

r alle Fälle

Mr. Nice Guy: Der EmpathDer Empath ist der Integrationsbeauftragte unter den Führungskräften. Gäbe es ein Ministerium für Harmonie, das Ministeramt wäre ihm si-

cher. Mit rührender Einfühlsamkeit kümmert er sich um die Befindlich-keiten seiner Belegschaft und baut auf ganz zartfühlende Art und Weise

tief verwurzelte Vertrauensbasen zu seinen Schäfchen auf. Wohlfühlen ist angesagt – je kuscheliger das Betriebsklima, desto besser! Am allerliebs-ten hat er es, wenn sich alle ganz doll lieb haben, das ist ihm eine echte Herzensangelegenheit. Schon bei der kleinsten Kontroverse sieht der

Empath den Weltfrieden in Gefahr. Auch kann sein Drang zu privaten Plaudereien mitunter nervig sein.

Die Meinung der Expertin: „Das sind die Chefs, die ständig fragen, ob zuhause alles gut läuft und ob denn wirklich alles stimmt“, sagt die diplomierte Pädagogin Selda Akca. Bei diesen Cheftypen müsse man sich einfach etwas distanzierter zeigen, gleichzeitig jedoch stets höflich und zuvorkommend bleiben, denn sonst könne sich der Empath auch

schnell zurückgesetzt fühlen.

Licht aus, Spot an: Der EntertainerBühne frei für den Entertainer, den Sonnenkönig unter den Alphatierchen. Auf die Bretter, die die Welt bedeuten, hat er es zwar nicht ganz geschafft – aber das macht nichts. Er hat ein anderes Forum gefunden, um seine

Umgebung zu bespaßen: den Arbeitsplatz! Ein Frevel, dass ihm zu Ehren morgens kein roter Teppich ausgerollt wird. Auch empfände die Stimmungs-

kanone unter den Führungskräften eine ihm geltende Standing Ovation kurz vor Feierabend keineswegs als unangemessen. Immerhin erstrahlt doch tagsüber das Büro im Glanze seines Charismas – oder ist es doch nur sein Ego? So unterhaltsam, eloquent und schlagfertig der Entertainer sein kann, so wenig Gespür hat er für das richtige Maß. Mit seinen Zoten überschreitet er oftmals die Grenzen des guten Geschmacks und der Pietät. Seine Maxime:

Lieber einen guten Freund verlieren als eine gute Pointe verschenken.

Die Meinung der Expertin: Selda Akca vom Lehrstuhl für Arbeits- und Or-ganisationspsychologie der TU Dortmund mahnt, diesem Cheftypen nicht

die Show zu stehlen. Der Entertainer brauche die Anerkennung. „Wenn man allerdings vor anderen Teammitgliedern bloßgestellt wird, sollte man das

Gespräch mit ihm suchen, am besten unter vier Augen.“

22job

ihren Angestellten ordentlich Feuer unter‘m Hintern zu machen. Ein Überblick.

Ein Chef fü

tEXtTimo Baudzus

23job

Die Bernd Strombergs dieser Welt sollten sich anschnallen: Sie sind nicht die einzigen Cheftypen, die versuchen,

FotosFlorian HückelHeim

r alle Fälle

Mit Manschette: Der AmbitionierteFür den Ambitionierten zählt nur eins: Karriere – und zwar Vollgas auf der

Überholspur. Sein Credo: Zeit ist Geld und Geld ist geil! Was man ihm sicher nicht vorwerfen kann, ist mangelnde Effizienz. Straight, tough und

smart hangelt er sich von Karrierestufe zu Karrierestufe, wobei jede nichts als eine Zwischenetappe auf seinem Weg zum Gipfel darstellt. Sich und seinen Erfolg stellt er gern mit luxuriösen Statussymbolen zur Schau und umgibt sich mit der Aura souveräner Geschäftigkeit. Und ist er mal besonders gut aufgelegt, schenkt er jedem sein strahlendes Siegerlächeln. Doch Vorsicht ist geboten: Gerne verkauft der Ambitionierte Ideen seiner Mitarbeiter als

die eigenen und schmückt sich hinterrücks mit den Erfolgen anderer. Wenn jedoch etwas schief läuft, schiebt er die Schuld auf sein Team.

Die Meinung der Expertin: Selda Akca kritisiert dieses Verhalten scharf. Besonders der Ideenklau sei häufig sehr schmerzhaft. Daher gelte es, sich

dagegen zu schützen, indem man eigene Ideen auch im Team kommuniziere, damit die Urheberschaft eindeutig geklärt ist.

Dröge, spröde, öde: Der PedantEr ist der Erbsenzähler unter den Chefs und stolzer Träger des Besser-wisser-Diploms – der Pedant. Penibel bis zur Schmerzgrenze achtet er

darauf, dass auch die zehnte Zahl hinterm Komma stimmt. Und damit der Schreibtisch schön akkurat aussieht, vermisst die fleischgewordene

Statistik zur Not auch den perfekten Winkel zwischen Tastatur und Tele-fon. Fakt ist: In puncto Genauigkeit ist er genauso kleinkariert wie seine Hemden. Wer sich jedoch im Meeting während eines seiner hölzernen

Referate ein Bett herbeisehnt, der sollte sich den enormen Nutzwert die-ses Chefs ins Gedächtnis rufen. Ist die menschliche Komponente nicht unbedingt seine Stärke, so kann der Pedant jedoch mit seinem Fachwis-sen eine enorme Bereicherung sein. In der Regel ist er ein phänomenaler

Analytiker und auch sein Organisationstalent ist nicht zu verachten.

Die Meinung der Expertin: „Solche Menschen erwarten ein sehr hohes Qualitätsniveau“, sagt Selda Akca. Dies gilt nicht nur für sie selbst,

sondern auch für andere. Selbst wenn man 100% gibt, findet der Pedant noch einen Fehler. Selda Akcas Rat: Sachlich und gelassen bleiben!

ihren Angestellten ordentlich Feuer unter‘m Hintern zu machen. Ein Überblick.

Ein Chef fü

tEXtTimo Baudzus

24job

Ordnung unerwünscht: Der ChaotDie Haare auf seinem Kopf winden sich in sämtliche Himmelsrich-tungen, die Krawatte baumelt schlampig gebunden über dem falsch

geknöpften Hemd. Auf seinem Schreibtisch stapeln sich haufen-weise Zettel, Ordner und Akten und die Ablage quillt bereits seit

Wochen über. Herzlich Willkommen in der Arbeitswelt des Chao-ten. Die Verspätung zum Meeting ist bei ihm ebenso obligatorisch

wie die Kaffeeflecken auf dem notdürftig zusammengetackerten Hand-Out, das er verteilt. In Zukunft möge man ihn doch etwas früher unterrichten, dass der Jour-fixe nun donnerstags stattfinde,

gibt er noch zu bedenken, während er hektisch versucht, seine Gedanken zu ordnen, ganz außer Acht lassend, dass der Jour-fixe

seit jeher donnerstags stattfindet. Dann ruft auch schon die nächste Deadline, die ihm im Nacken sitzt. So anstrengend der Chaot sein kann, so erfreulich ist der Freiraum, den er seinen Mitarbeitern für eigene Ideen und Kreativität gibt. Allerdings gilt es, als Mitarbeiter klar herauszufiltern, was bis wann getan werden muss und wie die

Aufgaben verteilt werden.

Die Meinung der Expertin: Der Chaot delegiert zu wenig und ist deswegen stets überfordert und überlastet. „Hier müssen die

Mitarbeiter manchmal selbst das Heft in die Hand nehmen, um die Organisation von Aufgaben zu bewerkstelligen und so ihrem Chef

unter die Arme zu greifen“, meint Selda Akca.

Auf mein Kommando: Der GeneralEr wirkt wie ein Anachronismus, alles andere als modern und irgendwie unzeitgemäß. Dennoch ist er im Arbeitsalltag noch

häufiger anzutreffen, als man denkt – die Rede ist vom General. Er ist der Hardliner unter den Leithammeln, die Inkarnation von 1000 Jahren Patriarchat. Sein Prinzip: Auf die autoritäre Tour! Der General versteht sich als Anführer und sein Regiment führt er hart. Wer von ihm Arbeitsaufträge erwartet, liegt verkehrt. Bei ihm gibt es auch keine Anweisungen, nein – er erteilt Befehle. Widerspruch? Unerwünscht! Seine Autorität steht außer Frage, ebenso wie seine

Erhabenheit. Läuft es mal nicht nach seinem Gusto, zitiert er seine Untergebenen mit bisweilen grenzwertiger Cholerik zum Rap-

port. Vorteil: Klare Kante! Für sensible Gemüter jedoch ein nicht ganz einfacher Chef. Sein mitunter rigider Tonfall kann durchaus

abschreckend wirken.

Die Meinung der Expertin: Bei negativen Erfahrungen rät Selda Akca, Rückgrat zu beweisen und das Vier-Augen Gespräch zu suchen. Dies sei mitunter nicht einfach, da bei diesem Cheftyp auch Ängste eine Rolle spielen können. Eine gesunde Mischung

aus fachlichem Selbstbewusstsein und dem Gespür, wann man sich unterzuordnen hat, sei wichtig. „Manchmal hilft es auch einfach die Ohren auf Durchzug zu stellen, denn meistens meint der General es

gar nicht böse“, sagt Selda Akca.

25job

hinterfragen. Die Praxis sieht so manches Mal anders aus. Das weiß sie spätes-tens seitdem sie das erste Mal Isabell komplett allein begleitet hat. „Das war komisch, aber Isa sagt immer genau, wie die einzelnen Arbeitsschritte gehen, wie sie zum Beispiel gewaschen werden möchte“, sagt Sarah. Am Ende seien selbst die intimsten Hilfen ja nur Gewöhnungssache.

In den engen Regalreihen des Supermarktes sind die Mädchen gut aufeinander eingespielt, routiniert im Umgang miteinander. Sarah funktioniert fast wie Isabells verlängerter Körper. Was Isabell braucht, landet wie automatisch im Einkaufswagen.

Nähe und Distanz sind die beiden größten Schwierigkeiten. „Bei meinen Aufgaben bleibt nicht viel Privatssphäre“, erzählt Sarah. Sie kennt Isabells Familie und Freunde, bemerkt, wenn sie Probleme hat. Und umgekehrt bekommt auch Isabell mit, wenn bei Sarah etwas schief läuft. „Trotzdem bin ich nicht Isas Freizeitunterhaltung, ich bin nur eine Unterstützung, dass sie ihr Leben so leben kann, wie sie will.“ Wenn Isabell eine Freundin trifft, sitzt Sarah manchmal dabei. Häufiger geht sie aber alleine spazieren, um den Freundinnen Zeit für sich zu geben. „Chefin“ Isabell ist es sehr wichtig, zwischen Freunden und Assistenten zu unterscheiden. Denn die Assistenten kündigen irgendwann, wenn sie keine Studenten mehr sind. Und ihre Freunde sollen ihr nicht so intim nahe kommen.

Mittlerweile ist der Einkaufswagen voll. Sarah räumt die Sachen aufs Rollband und packt sie wieder ein, Isabell zahlt. Dann geht es nach Hause – die beiden wollen Spaghetti Carbonara kochen und später einen Film gucken. Fast wie Freundinnen. Aber eben nur fast.

Der Supermarkt ist wie immer eine einzige Zumutung. Isabell versucht die Banane zu greifen, doch sie liegt unerreichbar hoch, viel zu weit entfernt. Isabells Alltag ist geprägt von vielen kleinen Hindernissen, an denen sie scheitert. Verzweifelt. Aber da ist ja noch Sarah Beneke an ihrer Seite, meist unsichtbar, aber immer schnell zur Stelle. „Willst du grüne oder reifere Bananen, Isa?“, fragt sie. „Ach, nimm ruhig grünere, die sind länger haltbar“, entscheidet Isabell und rollt schon mal weiter.

Sarah Beneke folgt ihrer „Chefin“. Die 27-Jährige studiert an der TU Dortmund Rehabilitationswissenschaften und ist nebenbei eine persönliche Assistentin. Ihr Ziel: Kommilitonin Isabell (23) ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Isabell ist behindert, sitzt im E-Rolli und leidet seit einer Nierenblutung kurz nach ihrer Geburt an sogenannter spastischer Tetraplegie. Sie kann weder laufen noch ihren rechten Arm normal bewegen. Um trotzdem eigenständig zu leben, ist Sarah die gute Fee, die alles macht, was Isabell nicht allein kann: den Einkaufswagen schieben, in Vorlesungen mitschreiben, helfen beim Kochen, Anziehen, Waschen, auf Toilette gehen.

Sarah, groß, schlank, strahlende Augen, arbeitet gern für Isabell, mittlerweile seit zwei Jahren. Von einer Freundin ist sie damals gefragt worden, ob sie Lust auf den Job hat. Seitdem arbeitet sie meistens zwei Mal acht Stunden pro Woche, den Dienst-plan stellt ein „Assistentinnen-Team“ aus zehn jungen Frauen einmal im Monat selbst auf. Wirklich reich wird Sarah mit 8,50 Euro in der Stunde – die sie vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe bekommt – zwar nicht, doch sie habe trotzdem Spaß, sagt sie. Flexible Arbeitszeiten, ein fester Vertrag und der feste Bezug zu einer Person geben den Ausschlag. Sarah kann zudem die Theorie in ihrem Studium

Die gute FeeSpecial Operations: In ihrem Job bewegt sich Sarah Beneke ständig zwischen Nähe und Distanz.

Sie ist Assistentin, die rechte Hand einer behinderten Kommilitonin.

TexTJana HoFmann FoTolena kalmer

26leben

Vorlesung bis abends um acht, Blockseminar am Wochenende und in den „Ferien“ Hausarbeiten und

Klausuren – wann bist du eigentlich noch ein richtiger Student? Die pflichtlektüre nennt sie dir: die

10 Dinge, die du auf keinen Fall auslassen darfst.

TEXTLara EckstEin, adrianE PaLka IllusTraTIonMichael SzySzka zapfenStreich.de

Komm zu spät! Oft gehört, aber immer wieder ärgerlich: „… fällt die S1 heute leider aus.“ Jetzt heißt es warten – auch mal eine Stunde lang, auch bei Minusgraden. Das Gute daran: Nur wenn du im Winter mal mit knallroten Ohren und tauben Zehen in die Uni gekommen bist, weißt du die Frischluftnot im Hörsaal so richtig zu schätzen!

Damit das eine einmalige Erfahrung bleibt, hier der

Tipp: Durchs Ruhrgebiet kommt man auch prima ohne die S-Bahn-Linie 1.

Vom Dortmunder Hauptbahnhof zum Campus der TU zum Beispiel mit der U-Bahn (Linie 41, 45, 47 oder 49) bis Stadtgar-ten, von da mit der U42 weiter bis Palmweide und da in den Bus 445 oder 462 umsteigen. Allemal besser, als am Bahnsteig fest zu frieren.

Sei dagegen!Spätestens seit der Zeit der 68er gilt: Wer genug im Köpfchen hat, um zu studieren, der muss auch protestieren. Ausreden für den politischen Sonntagsspaziergang haben wir heutzutage viele: keine Zeit, die Freunde gehen ja auch nicht und das bringt doch alles nichts. Seit der Occupy-Bewegung

Sei Student!

ist Demonstrieren aber wieder voll angesagt: Es muss ja nicht jeder gleich auf der Wall Street campen. Diese Demo-Termine solltest du 2012 nicht verpassen:

12. März 2012, Jahrestag des Reaktor-unglücks in Fukushima: Großde-monstrationen an der Uranan-reicherungsanlage in Gronau, Nordrhein-Westfalen. (www.anti-atom-aktuell.de)- Anfang September, am „Antikriegstag“: der bundesweiten Nazi-Kundgebung in Dortmund tritt eine große Anti-Nazi-Demo entgegen. (http://dortmundquer.blogsport.de)

Beweg dich!Nicht nur vielseitiger als jedes Sportstudio: Ob Irische Tänze an der Uni Duisburg Essen, Cheerleading an der TU oder Unterwasserrug-by in Bochum – der Hochschulsport ist noch dazu viel preiswerter. Eine Sportkarte für alle Kurse kostet für Studenten der TU und der RUB 15 Euro pro Semester. Du magst die Gefahr? Dann zahlst du zusätzlich 10 Euro für Extremsportarten wie Unterwasserrugby. In Duisburg und Essen müssen alle Studenten pro Kurs bezahlen. Irisch tanzen kostet zum Beispiel 15 Euro pro Semester.

Lern Deutsch!„Hömma, bisse noch am pofen?“ „Nee, ich muss jetzt auffe Maloche.“ „Wat? Dat kannsse dir vonne Backe putzen! Et dröppelt inne Spüle, da musse ma nach kucken. Da bisse schneller wie wenne erst nach Obi fährst.“„Und wer holt dat Döpsken?“„Dem Kevin seine Omma bringt’s vorbei.“„Töfte!“„Aba kumma dat die dich nich wieder so viel Dönekes erzählt.“

Nichts verstanden? Dann wird es höchste Zeit, Ruhrpott-Slang zu lernen. Hier ein kleiner Crashkurs:

Dat kannsse dich vonne Backe putzen – vergiss es pofen - schlafenMaloche – Arbeitdröpplen – tropfenDöpsken – Kindtöfte – gut, tollDönekes – Blödsinn

Lass dich ausnutzen!Nachts im Fast-Food-Restaurant arbeiten oder im Würstchen-Kostüm in der Innen-

stadt Flyer verteilen – es gibt viele Studen-tenjobs, bei denen du dir ziemlich blöd

vorkommen kannst. Die Krönung der Peinlichkeit ist aber diese Idee

einer Londoner Werbeagentur: Studen-ten lassen sich den Namen oder Werbe-

slogan einer Firma auf die Stirn schreiben und laufen damit in der Stadt und der Uni

herum. Englische Studenten haben damit bis zu 6 Euro pro Stunde verdient. Wie wär‘s denn mal mit dem Schriftzug „pflicht-lektüre“?

27leben

nicht wissen: Zu jeder Ruhruni-Mensa gibt es eine schickere Alter-native mit delikaten Köstlichkeiten. Meistgesehene Spezies hier sind Professoren und Rektoren. Einige Festschmäuse der letzten Zeit:

• Dortmund: Restaurant „Calla“ im Mensagebäude: Wildschwein-keule mit Butter- Schattenmorellen und Creme Fraiche, dazu Kartoffel- Klöße und Rosenkohl für 8 Euro• Bochum: Bedienrestaurant im Studieren-denhaus: Spinatcreme/ Lachs auf einer Krabben-Dillsauce mit Blattspinat und Petersilienkartoffeln / Heidelbeer-Topfen-strudel mit Karamelsauce, 9 Euro• Essen, „Restaurant“, im Gebäude der Hauptmensa: Wildragout mit Misch-pilzen, Apfelrotkohl und Butterspätzle, 7,50 Euro

Entdecke NRW!Das Studentendasein hat neben Nachteilen wie akutem Schlafmangel und drohendem Alkoholismus auch einen ganz dicken Vorteil: Das Semesterticket, das uns durch ganz NRW transportiert. Damit kann man nicht nur seine Wäsche gratis bei Mami abliefern, sondern auch die Region besser kennenlernen – denn hier gibt es ein paar wunderschöne Ecken, die man unbedingt gesehen haben sollte.

- Rursee, Eifel: Die zweitgrößte Talsperre Deutschlands im idyl-lischen Nationalpark Eifel – ein Paradies zum Schwimmen und für Wassersport. Endhaltestelle „Woffelsbach“, mit NRW-Ticket gespart: 42 bis 58 Euro

- Externsteine, Bad Meinburg: spektakuläre Felsenformationen im Teutoburger Wald, von denen einige zu besteigen sind. In der Walpurgisnacht ein Treffpunkt für Hexen, Odin-Anbeter und

28leben

Mach durch!„Guten Tag, meine Damen und Herren, guten Morgen, liebe Stu-denten!“ Einst eine legendäre Anmoderation im Radio, heute un-denkbar: Ausschlafen ist nicht mehr, meist hocken die Studis schon um acht Uhr im Hörsaal. Doof, dass oft die besten Studentenpartys in die Kategorie „Montags bis Donnerstags“ fallen. Da hilft nix: Ein wahrer Student schleppt sich mit Red Bull und Espresso im Rucksack von der Party direkt in den Hörsaal. Originalduft inklusi-ve: Zigarettenrauch und Bier. Die Bewährungsprobe noch nicht in Angriff genommen? Hier könnt ihr‘s tun:

• Essen: Dienstags Schlagerparty im „Oberbayern“, Gildehof 3, mit billigem Bier!• Dortmund: Mittwochs Studiparty im „Spirit“, Helle 9, den gan-zen Abend zwei Drinks zum Preis von einem!• Bochum: Donnerstags „Studi Remmidemmi“ im „Sachs“, Viktori-astraße 55, bis Mitternacht 2for1-Drinks!

Sei dekadent!Für den Gourmet ist die Speisetafel der Mensa eine Zumutung. Der kulinarische Kenner weiß jedoch, dass er keineswegs nur das essen muss, was auf den Speiseplan kommt: Wer gelten will, gönnt sich mal was Feines. Was viele

Schamanen. Endhaltestelle „Holzhausen-Externsteine, Holzhauser Berg“, mit NRW-Ticket gespart: 52 bis 67 Euro

- Schloss Moyland, Bedburg-Hau: Ein neugotisches Wasser-schloss mit einer Sammlung moderner Kunst. Der

Park um das Schloss wurde 2006 von einem Rasenmäherhersteller und seiner Expertenjury zum zweitschönsten in ganz Deutschland gewählt.Endhaltestelle „Schloss Moyland, Bedburg-Hau“, mit NRW-Ticket gespart: 20 bis 37 Euro

Brich aus!Andere Jura-Studentinnen von weitem schon an Blazer und Perlenkettchen erkennen, das Karohemd als Warnsig-nal vor Maschinenbauern: Wer auf das kuschelige Zusammengehörigkeitsge-

fühl des jeweiligen Einheitsoutfits keine Lust mehr hat, demjenigen bleibt nur noch

eine Wahl: Brich mit den Klischees! Reiß dir die Kettchen vom Hals und verbrenne die Hemden! Informatiker, schneidet eure Haare ab! Physiker, zerschnippelt eure schwarzen Band-T-Shirts! Mediziner, vergesst Tommy Hilfiger und kauft bei Takko und Kik und Co.! BWLer, schmeißt die Krawatten weg! Religionswissen-schaftler, schneidet euch die Dreadlocks ab! Startet die Klischee-Revolution! Jawoll!

Bleib sitzen!Gefeiert, demonstriert und NRW erkundet – im echten Studenten-leben bleibt wenig Zeit für lästige Hausarbeiten. Hast du die Dead-line bis zuletzt ausgereizt und noch nichts aufs Papier gebracht?

Dann hilft nur eins: Ab in die Bib und Doppelschichten schieben. In Bochum geht das montags bis freitags bis

Mitternacht. Lernen bis die Geister kommen? In Duisburg und Essen allerdings unmöglich. Hier wird spätestens um 22 Uhr das Licht ausgeknipst. Nur in der Zentralbibliothek in Dortmund dürfen die Studenten nachts bis um 1 Uhr bleiben – ja, auch am Wochenende. Doch bevor es so weit kommt, solltest du um eine Fristverlängerung bitten. Sei eben Student!

29leben

TEXTAlexAnder Greven FoTosellen BrinkmAnn, AlexAnder Greven

Büffeln bei Baby-Geschrei

Das Ende der Freiheit, viel zu teuer, schlecht für Studium und Karriere: Wer mit Anfang 20 ein Kind

bekommt, hat es schwer. Manche trauen sich trotzdem. Drei Familiengeschichten.

30leben

Leonie ist eine schwierige Mitbewohnerin. Sie spült nicht ihr dreckiges Geschirr ab und interessiert sich nicht für Putzpläne. Aus dem Kühlschrank isst sie, was sie nicht bezahlt. Egal ob für die anderen am nächsten Tag eine Klausur oder ein Referat anstehen, Leonie macht mitten in der Nacht Lärm. Trotz allem ist sie die wundervollste Mitbewohnerin, die sich Melanie (25), angehende Diplom-Raumplanerin, und Michael (24), Student der Anglistik und Germanistik, vorstellen können. Leonie ist ihre einjährige Tochter.

In ihrer Wohnung in einem typischen 70er-Jahre-Mehrparteien-haus in Dortmund-Persebeck hat sich die kleine Familie gemütlich eingerichtet. In den Regalen: Kinderbücher. Auf dem Tisch: ein pinker Plastikteller mit zermatschter Banane und Keks. An der Wand: drei große Porträts von Leonie, auf denen sie gerade einmal einen Tag alt ist. Wer die drei besucht, muss kein großer Men-schenkenner sein – hier wohnen stolze Eltern.

Die beiden sind ganz schön früh dran: Zur letzten Sozialerhe-bung des Hochschul-Informations-Systems (HIS) im Auftrag des Deutschen Studentenwerks 2009 hatten nur fünf Prozent aller Studierenden ein Kind, Tendenz sinkend. „Der Anteil derer, die sich das Kind auch wirklich gewünscht haben, ist noch geringer“, sagt Waltraud Cornelißen vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. Sie beziffert ihn auf zwei bis drei Prozent. Laut Max-Planck-Instituts bekommen deutsche Frauen das erste Kind im Durchschnitt mit rund 28 Jahren. Der Großteil der Studenten verschiebt das Thema „Kinder kriegen“ gedanklich erst einmal auf die Zeit nach dem Studium. Mit Mitte 20 fühlen sich nur wenige wirklich erwachsen. Außerdem ist es ohnehin schon schwierig, all die Partys, Vorlesungen und Unternehmungen in seinen Kalender zu bekommen. Und auf dem Kontoauszug steht viel zu oft die Null vor dem Komma. Ein Kind im Studium? „Darin kann ich keinen großen Vorteil erkennen“, sagt Waltraud Cornelißen. Arme fünf Prozent, könnte man meinen.

Melanie und Michael geht es sehr gut, wenn sie ihre Geschichte erzählen. Sie strahlen. „Vor anderthalb Jahren dachte ich noch, ich könne gar nicht schwanger werden“, beginnt Melanie, und lächelt ihren Freund an. Die Frauenärztin habe ihr das attestiert. Mela-nie setzte die Pille ab und wurde prompt schwanger. „Das war so schön, weil ich gar nicht damit gerechnet hatte.“ Für sie war das mehr Geschenk als Schock. Sorgen habe sie in dem Moment nicht gehabt, sie sei Optimistin. Doch noch ein Zweiter hatte damit nicht gerechnet: Michael. „Ich war anfangs nicht so begeistert“, gibt er zu. Aber die Angst vor dem neuen Lebensabschnitt hatte nicht so viel mit ihm selbst zu tun: „Ich habe mir mehr Sorgen über die Reaktionen der Anderen gemacht, als darüber, Vater zu werden“, sagt Michael. „Als mir das bewusst wurde, kam auch endlich die Vorfreude auf das Baby.“ Die sei immer größer gewor-den, auch trotz so mancher Fragezeichen in den Gesichtern seiner Freunde und Verwandten.

„Heute reagiert das Umfeld oft verständnislos, wenn Paare mit Anfang 20 ein Kind bekommen“, sagt Sabrina Hüttner, Diplom-Pädagogin von Pro Familia, der Deutschen Gesellschaft für Famili-enplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung in Bochum. Die

Zeiten, sagt sie, hätten sich geändert. „Die Entwicklung zu späterer Familienplanung erweist sich oft auch als nicht gerade karriere-schädlich“, erklärt Waltraud Cornelißen. Die Soziologin hat gerade ein Projekt zu den Karriereverläufen von Frauen in Paarbeziehungen abgeschlossen. Das Ergebnis: Wer bei der Suche nach dem ersten Job schon Kinder im Schlepptau hat, zieht auf dem Arbeitsmarkt kein leichtes Los. „Arbeitgeber erwarten unkomplizierten Einsatz, Mobilität und Flexibilität“, zählt Cornelißen auf. Viele zögen da kinderlose Bewerber vor. Auch die Sozialerhebung im Auftrag des Deutschen Studentenwerks zeigt, dass Teilnehmer ohne Kind nicht nur ungebundener sind, sondern auch viel zielstrebiger ihr Studium beenden: Während neun Prozent der Studierenden ohne Kinder das Studium unterbrechen, steigen 40 Prozent mit Kind zwischenzeit-lich aus. Viele wechseln mitten im Studium die Hochschule oder den Studiengang.

Exmatrikulation war keine OptionFür Jana (21) war das keine Option. Sie hatte zum Sommersemester 2009 gerade ihr Studium der Sozialen Arbeit an der Universität in Münster begonnen, als sie von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Gerade einmal 19 Jahre alt, schwanger trotz Pille – und Jana freute sich. Das sei eine völlig unerwartete Situation gewesen, aber eine richtig schöne. „Ich habe mir gleich ausgemalt, wie das alles wird“, sagt sie, setzt ihren einjährigen Sohn John Reza in eine Schaukel, die mitten in der Küche hängt, und streichelt ihn. Sie kann nicht lange von ihm lassen.

Als sie sich beim Arbeitsamt nach Fördermaßnahmen für junge Mütter während des Studiums erkundigte, empfahl der Sachbe-arbeiter ihr, sich lieber gleich zu exmatrikulieren. Sie solle besser Hartz IV beziehen, das sei doch viel einfacher. „Ich war sprachlos. Das kam für mich nun wirklich nicht in Frage“, sagt Jana. Also entschied sie sich für den unbequemen Weg: Als ihr Sohn zur Welt kam, zog sie das Studium einfach von zu Hause aus durch. Sie legte zwei Urlaubssemester ein, nahm aber an allen Prüfungen teil. „Alles bestanden“, sagt sie und strahlt. Noch dazu mit guten Noten. Auch mit John, der jetzt in der Eingewöhnungsphase für den

31leben

Irina tippt und wippt: Erst Doktorarbeit, dann Spielplatz mit Moritz und Anna.

32leben

Haben zusammen das Studium geschafft: Jana und ihr einjähriger Sohn John Reza.

Kindergarten ist, hat sie es ungebremst ins vierte Semester geschafft. Erziehung, Studium und Arbeit zieht Jana fast im Alleingang durch. Johns Vater, mit dem sie ein halbes Jahr zusammen war, als sie schwanger wurde, hat sie verlassen – zahlt nicht, kümmert sich nicht. Er hat Jana nicht gesehen, als sie stolz ihren runden Bauch durch die Stadt getragen hat, weiß nicht, wie sein Sohn aussieht. „Damit habe ich abgeschlossen“, sagt Jana. „John und ich sind auch zu zweit eine Familie.“ Freunde und Freizeit mussten dadurch in den Hintergrund rücken. Wenn am Wochenende etwas los ist, sagt Jana meistens ab. Sie muss am nächsten Morgen fit sein, außerdem will sie ihre Mutter und Freunde nicht dauernd einspannen. „Wenn ich Mutter bin, dann auch richtig“, findet sie. Zum Klavier spielen kommt sie schon lange nicht mehr. Shoppen? „Höchstens für John.“ Dreimal in der Woche gibt sie abends Tanzkurse, das gibt Geld und hält fit. „Viel mehr Spielraum ist da nicht“, sagt sie, lacht, zuckt mit den Schultern und gibt John in der Schaukel Anschwung.

Party vs. VerantwortungJana ist eine Powerfrau. Doch die meisten Studenten, die zu Sab-rina Hüttner in die Beratung kommen, sind das nicht und völlig überfordert. Während um sie herum alle die studentische Freiheit vor dem Berufsleben genießen, müssen die werdenden Eltern sich schließlich von heute auf morgen mit Verantwortung auseinander-setzen, für sich und das Kind. „Das ist für Studenten eine schwierige Doppelrolle“, sagt die Schwangerschaftsberaterin. „Ständig finden Partys statt oder Freunde brechen zu spannenden Auslandssemes-tern auf, das kann einen dann schon mal frustrieren.“ Die meisten Studenten wüssten nicht, wie sie das zeitlich und organisatorisch mit einem Kind packen sollen. Ein gutes soziales Netzwerk sei des-wegen für junge Eltern unverzichtbar. „Damit nicht alles an einem hängen bleibt, braucht man in der Beziehung gute Paararrange-ments“, empfiehlt Waltraud Cornelißen. Doch Janas Geschichte ist für sie kein Einzelfall. Leider seien Beziehungen von Menschen mit Anfang 20 „oft sehr instabil“. Im Studium alleinerziehend zu sein, sei eine riesige Herausforderung. „Leider reagiert jedes Paar sehr unterschiedlich auf die junge Schwangerschaft“, sagt auch Sabrina Hüttner. Die einen schweiße es zusammen, für die anderen bedeute das plötzliche Aus.

„Bei uns wird zwar seitdem schon etwas öfter gestritten, aber das sind Lappalien des Alltags“, sagt Michael, Melanie nickt. „Zu meiner Schwangerschaft waren wir schon fünf Jahre zusammen“, er-gänzt sie. Beide sind sicher: Dass sie schon lange vor der Schwanger-schaft ein Paar waren, war wichtig. Dadurch, dass sie die verschie-denen Gewsichter des Anderen schon so lange kannten, sind sie heute ein gutes Team. Im Alltag wechseln sie sich ab, jeder hat seine Freiräume. So haben beide nach wie vor genug Zeit für Freunde; mal gehen sie zu dritt aus, mal bleiben zwei zu Hause. „Trotzdem, das Freizeitprogramm ist echt reduziert“, erzählt Michael. Früher waren die zwei abends im Tanzkurs, den mussten sie streichen. Im Kino waren sie seit Ewigkeiten nicht mehr. Sie wollen nicht ständig Freunde bemühen, da sind sie sich einig. Oft verbringen sie den Abend zu zweit in der Wohnung, und Leonie schläft. „Deswegen habe ich aber nicht das Gefühl, etwas zu verpassen“, sagt Melanie. All das, wofür sie jetzt keine Zeit mehr habe, habe sie schon erlebt

33leben

und sowieso hinter sich: „Disko zum Beispiel.“ Was wirklich so wichtig sei, dass man es nur schweren Herzens aufgeben könne, merke man dann schon, sagt Michael. Für ihn ist es das Joggen. Dafür hat er sich nun extra einen Kinderwagen geleistet, in dem er Leonie mitnehmen kann. Der gehört zu den wenigen Luxus-Anschaffungen, die auf Michael und Melanie seit der Geburt von Leonie zugekommen sind. „Wir müssen nicht jeden Cent umdre-hen“, sagt Melanie. Im Gegenteil, die beiden legen sogar jeden Mo-nat etwas zur Seite. „Ich finde, der finanzielle Aufwand wird bis auf ein paar teure Einzelanschaffungen unheimlich überschätzt“, sagt Michael, schränkt aber gleich ein, dass beide neben dem Studium so viel wie möglich als Studentische Hilfskräfte an der Uni arbeiten. „Wir haben schon Glück“.

Meistens fehlt das GeldDenn grundsätzlich gilt: „Der finanzielle Hintergrund von Eltern um die 20 Jahre ist sehr, sehr problematisch“, wie Waltraud Cor-nelißen zu Bedenken gibt. Im BAföG seien beispielsweise Kinder nicht vorgesehen. „Die Betreuungssituation in Deutschland ist noch immer ungenügend“, sagt sie. Viele junge Paare können sich dabei nicht auf ihre eigenen Eltern verlassen – denn die sind selbst noch

berufstätig und haben keine Zeit. Umso wichtiger sind die Kinder-gärten: „Es darf nicht sein, dass man drei Jahre warten muss, bis man mal einen Krippenplatz hat“, sagt Cornelißen. Doch Nord-rhein-Westfalen ist bundesweites Schlusslicht: Nur 15,9 Prozent der Kinder unter drei Jahren haben hier laut Statistischem Bundesamt eine Tagesmutter oder eine Kita, der Bedarf ist viel höher. Wer nicht weiß, wohin mit dem Kind, hat schon genug Schwierigkeiten damit, die Vorlesungen in der Uni zu besuchen. Wer da noch einen Nebenjob bewältigen möchte, muss starke Nerven und Organisati-onstalent aufweisen.

Und doch: Gerade weil viele Studenten es „ohnehin gewohnt sind, auf niedrigem Niveau zu leben“, erkennt Diplom-Pädagogin Sabri-na Hüttner aus finanzieller Sicht in der Schwangerschaft während des Studiums keinen Widerspruch. „Studenten können sehr gut mit Geld haushalten, was wiederum wichtig wird, wenn das Kind dann auf der Welt ist.“ Weniger finanzielle Sorgen müssen die Paare haben, „bei denen nur noch einer studiert und der andere schon im vollen Beruf steht“, sagt Waltraud Cornelißen. Das ist seit mehr als sechs Jahren bei Irina (30) und Philipp (33) der Fall. Irina ist Lehrerin und befindet sich gerade im Promotionsstudium der Theo-logie an der TU Dortmund. Philipp hat dort als Elektrotechniker promoviert und ist längst vollbeschäftigt. In zehn Jahren haben die

Kinder und Freizeit unter einem Hut zu bekommen - für die 30-jährige Irina eine Frage der Haltung.

34leben

beiden drei Kinder bekommen – Leon (10), Moritz (4) und Anna (3). Ganz einfach war es nicht, als Leon, der mittlerweile schon auf dem Gymnasium ist, gleich zu Beginn von Irinas Studium zur Welt kam. Als sie ungeplant schwanger wurde, zog sie mit Philipp in Dortmund zusammen. „Ich habe gedacht, wir lassen es jetzt einfach mal darauf ankommen.“

Heute sind die beiden verheiratet, Moritz und Anna haben sie geplant. „Ich wünschte mir doch noch unbedingt ein Mädchen.“ Irina gehört nicht zu denen, die viel grübeln und jammern. Sie kann solche Menschen nicht verstehen. Nach acht Jahren Studium und sehr früh mit der Mutterrolle konfrontiert hat Irina keine grauen Haare, sie ist nicht pleite und ihre Augen haben keine tiefen Ringe, sondern strahlen Ruhe und Zufriedenheit aus. Sie ist selbst noch einmal Kind, wenn sie Moritz und Anna nachmittags vom Kinder-garten abholt und erst noch einmal mit ihnen auf die Wippe steigt, bevor es nach Hause geht. Irina ist ein Familienmensch geworden, das gemeinsame Frühstück am Morgen nimmt sie genau so ernst wie das Verabredungsverbot am Sonntag, denn: „Der Tag gehört uns.“ Der Tag der Familie.

Eine Frage der Haltung„Vor zehn Jahren war klar, dass Philipp schnell mit seinem Studium fertig werden sollte, um Geld zu verdienen“, sagt Irina. Sie selbst hat auch immer etwas gejobbt, mal an der Uni, mal in der Gastrono-mie. Im letzten Jahr hat sie bereits als Vertretungslehrerin an einer Hauptschule gearbeitet. „Nur zu Hause und Mutter zu sein, das ist nichts für mich.“ Kind und Freizeit, Kind und Studium, Kind und Geld – für Irina ist das alles eine Frage der Haltung. „Alle Ansprü-che, denen man gerecht werden will, muss man selbst definiert haben“, erklärt sie. „Sonst hetzt man sein ganzes Leben fremden Rollenverständnissen hinterher.“ Als Irina Theater spielen wollte,

ging sie eben zur Ruhrbühne Witten. Die Proben waren abends, da konnte Philipp auf die Kinder aufpassen. Als ihre Staatsarbeit anstand, setzte sie sich mit Anna auf dem Schoß vor den PC. Sie lacht: „Das sah so aus: Computer – Windeln wechseln. Computer – Fläschchen geben.“ Die Dinge anzunehmen, wie sie kommen, das ist eine Haltung, die Irina lebt. „Natürlich kosten Kinder Geld, aber ich brauche auch weder 100-Euro-Schuhe noch jeden Abend Party“, sagt sie.

Für viele Studenten bleibt beim Kinderwunsch dennoch die Frage der Vereinbarkeit ein unlösbares Problem. Denn wer so früh alles unter einen Hut bekommen möchte, der braucht nicht nur Organi-sationstalent und starke Nerven, sondern auch ein bisschen Glück. Es kann eben auch ganz anders kommen: Dass junge Eltern ihr Studium abbrechen, finanziell nicht zurechtkommen, mit dem Kind überfordert und unglücklich sind, ist kein Einzelfall. Es gebe heute wieder viel mehr Paare, die sich Kinder wünschen, sagt Waltraud Cornelißen vom Deutschen Jugendinstitut. Gleich-zeitig seien es aber deutlich weniger, die diesen Wunsch dann auch realisieren. „Viele trauen sich das nicht zu“, sagt sie.

Michael und Melanie, Jana, Philipp und Irina haben sich für Kinder im Studium entschieden, mit allem, was dazu gehört. Schlaflose Nächte, Streit in Erziehungsfragen, Zukunftsängste und Tagesabläu-fe voll von Kompromissen und Verzicht. Aber sie sind glücklich.

Studentenstyle für den Kindergarten - abgeguckt von Mama.

Rätselraten

Herausgeber Institut für Journalistik, TU Dortmund

Projektleitung Prof. Dr. Michael Steinbrecher (ViSdP)

Redaktionsleitung Michael Kohlstadt

Redaktion Uni-Center, Vogelpothsweg 74, Campus Nord,

44227 Dortmund Tel.: 0231/755-7473, [email protected]

Chef vom Dienst Dominik Mercks

Textchef

Tobias Fülbeck

Fotoredaktion Ellen Brinkmann, Florian Hückelheim,

Lena Kalmer

IllustratorMichael Szyszka | www.zapfenstreiche.de

Layout Hanne Ermann, Julia Hortig, Daniel Klager,

Timo Spieß

Redakteure und Reporter Timo Baudzus, Nils Bickenbach, Ellen Brinkmann, Sebastian Claus, Lara Eckstein, Lara Enste, Sandra Finster, Henrike Fischer, Tobias Fülbeck, Alexander Greven, Ann-Kristin Herbst, Sebastian Hetheier,

Michael Jochimsen, Stephanie Jungwirth, Jens Jüttner, Lena Kalmer, Simon Knop, Julia Knü-

bel, Annika Koenig, Léonie Lauer, Lena Christin Ohm, Alexandra Ossadnik, Adriane Palka, Marylen Reschop, Hannah Sanders, Ingo Schmitz, Christina

Schönberger, Andy Seyel, Nora Jacqueline Sonn-abend, Katja Vossenberg, Matthias Wiesel,

Christina Wilkes

Druck e-media designlabs

Lachener Weg 57, 67545 Haßlochwww.e-mediadesignlabs.de

Die pflichtlektüre wird mit Unterstützung der Bertelsmann Stiftung gedruckt.

Finde alle sechs Fehler im unteren Bild und maile die Aufzählung bis zum 6. Januar 2012 an [email protected] – samt deiner Adresse (für den Fall, dass du gewinnst und

deinen Preis nicht abholen kannst; sonst wird sie gelöscht).Viel Erfolg!

Zu gewinnen gibt es 2 x 3 Kinokarten für die UCI-Kinowelt. Mit den Blanko-Karten könnt ihr euch aussuchen, welchen Film ihr wo sehen wollt.

Eine UCI-Kinowelt gibt es in Duisburg, die andere im Bochumer Ruhr Park.

Von der Teilnahme ausgeschlossen sind Mitarbeiter der pflichtlektüre-Redaktion sowie deren Angehörige.

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Impressum

35leben

36leben

Kulturgebiet

Wo ist dein liebster Platz im Ruhrgebiet? Sag‘s uns: [email protected]*

Als ich vor zwei Jahren aus dem Rheinland nach Bochum zog, legten mir meine neuen Nachbarn gleich wärmstens den Westpark ans Herz: Er sei gleich um die Ecke, es sei immer etwas los, besonders im Sommer, und man könne nicht an-ders, als den Westpark zu lieben. Von diesen positiven Versprechen angelockt, machte ich mich am nächsten Tag neu-gierig auf die Suche – und was ich fand, gefiel mir. Nach dem Motto „Natur trifft auf in die Brüche gegangene Indus-

trie“ wurden im Stadtviertel Stahlhausen die Jahrhunderthalle und das alte Krupp-Gelände wiederbelebt. Ein grüner Ring aus Wiesen, Sträuchern, Bäumen und einer Teichanlage umgibt die frühere Industrieanlage. Das Grün wird da-bei immer wieder durchbrochen von Überresten der vergangenen Tage wie einem leer stehenden Eisenbahnhaus samt sich verlau-

fender Schienen, aber auch von modernen stählernen Brücken. Spielplätze ziehen hier Familien, Radwege auch Sportler an. Für mich ist der Westpark ein Ort, um den Kopf mal wieder frei zu bekommen und durchzuatmen. Im Sommer kann man bei ei-

nem Picknick mit Freunden das gute Wetter und bunte Treiben genießen. Im Winter liegt dagegen alles ruhig unter einer di-cken weißen Schneedecke und lädt zu einem Spaziergang ein. Beides vertreibt mir einfach jeglichen Stress des Alltags.

Doch gefällt mir der Westpark in der Dämmerung am besten, denn mein kleines Highlight ist die Brücke vor der Jahrhunderthalle. Läuft man über sie, so leuchtet sie an der Stelle auf, auf die man tritt und ich komme mir je-

des Mal vor wie in Michael Jacksons Musikvideo zu Billie Jean und muss schmunzeln. Dann ist auch der letzte Fet-zen des Alltags aus meinem Kopf verschwunden und ich freue mich im Ruhrgebiet zu sein.

Liebster Platz

TexTNiNa ZimmermaNN FotoelleN BriNkmaNN

37leben

bandschriftlich Peinliche PlattePROTOKOLLlara eCkSTeiN FOTOlara BaUmaNNTexTleNa OHm FOTOFlOriaN HÜCkelHeim

Probehören auf pfl ichtlektuere.comwww:

Drei Jungs und ein Mädchen, das den Takt angibt: The Evergreen Donkey heißt die Band – ihre Drummerin ist weiblich. Im Mai sind sie beim Bochumer Newcomer Festival zur besten Band 2011 gekürt wor-den und spielten bei Bochum Total. Chris, Lüc, Phil und Mai machen Indierock und Indiepop „zum Shaken und Träumen“, wie sie sagen.

„Sag das Zauberwort und du hast die Macht. Halt den Mond-stein fest und spür die Kraft!“ – wer jetzt problemlos weitersingen kann, war in den 90ern wohl genauso vom Sailor-Moon-Virus infi ziert wie ich. Seit 1995 die ersten Folgen über Bunny und ihre Freunde liefen, waren meine beste Freundin und ich begeistert. Wenn Sailor Moon ihren beherzten Kampf gegen Bösewichte wie Königin Perilia begann, waren Hausaufgaben nebensächlich. Jeden Nachmittag sangen wir den Titelsong lautstark mit – und erfan-den sogar einen Tanz, den wir täglich perfektionierten.

Zum siebten Geburtstag bekam ich endlich die CD zur Serie – damals voll cool, heute total peinlich. Neben dem quietschigen Titelsong zählten die Schlümpfe mit ihrem Pseudo-Techno „Ich liebe Kleider“ und Happy-Hardcore-Blümchen mit „Verrückte Jungs“ zu meinen Lieblingshits. Klein-Mädchenmusik eben. Ge-rade die Schlümpfe klingen mittlerweile schrecklich. Immerhin: Der Liedtext passt heute viel besser: „Ich denke jeden Morgen, was zieh ich heute an?“

Mittlerweile verstaubt die CD in der hintersten Regalreihe. Viel-leicht ändert sich das. In Italien sind die alten Folgen von Sailor Moon wieder der absolute Hit. 2012 sollen sie ins deutsche TV zurückkommen. Dann kann ich die Sailor-Moon-Hits meinen Cousinen schenken – und wenn nicht: Ich behalte sie eigentlich auch gerne und schwelge in Erinnerungen. Apropos: Die gesam-ten 200 Sailor-Moon-Folgen gibt’s bei YouTube. Meine beste Freundin und ich machen einfach einen Nostalgie-Abend – mit passender Musik. Ob wir unseren Tanz noch können?

Wir machen Musik, weil ...

Mit dem Ruhrgebiet verbindet uns ...

Als nächstes planen wir ...

Musikalisches Vorbild ...

Silvester feiern31. Dezember, Bottrop, Silvester im Schnee

ab 20 Uhr im Alpincenter, Prosperstraße 299 - 301

www.alpincenter.com/bottrop

Skifahren, Disko, genialer Panorama-Blick auf das gesamte Ruhrgebiet. Mit 37 Euro

inklusive aller Getränke seid ihr dabei.

31. Dezember, Dortmund, Silvester im Parkab 22 Uhr im Daddy Blatzheim

An der Buschmühle 100www.daddyblatzheim.de

Spektakuläres Feuerwerk im Westfa-lenpark und auf drei Floors ins neue

Jahr feiern. Mit DJ Larse u.a.

Hautnah

29. Dezember, Theater Duisburg, Neckarstraße 1, 20 bis 22 Uhr

www.theater-duisburg.de

Dreiecksbeziehungen, Beschimpfungen, se-xuelle Lust: Wie im Theater-Hit „Hautnah“

das Gefühlschaos zweier Paare inszeniert wird, ist wunderbar intensiv. Anfang der Nullerjahre ist „Hautnah“ („Closer“) fürs

Kino verfilmt worden - mit Starbeset-zung wie Julia Roberts oder Jude Law.

AK 5 Euro für Studenten

38raus

Turbostaat16. Dezember, Essen, Konzertab 20 Uhr in der Zeche Carl, Wilhelm-Nieswandt-Allee 100

www.zechecarl.de

Punkrock aus Flensburg, der eindrucks-voll wummert. Musik für Kopf, Bauch

und Beine. VVK 12 Euro | AK 15 Euro

Midnightbazar4. Februar 2012, Dortmund, Flohmarkt

17 bis 0.30 Uhr im Depot (Halle)Immermannstraße 29

www.midnightbazar.com/dortmund

Spätes Trödeln mit Rahmenpro-gramm. Boris Gott singt. Linda Krau-

se hält den Abend auf Skizzen fest.

Neues vom V-Mann

fOTOLutz StaLLknecht / pixeLio.de

Jochen Malmsheimer

21. Dezember, Witten, Kabarett/Konzertab 20 Uhr im Saalbau

Bergerstraße 25www.werk-stadt.com

Der Bochumer Sprach- und Sprechvirtuose lädt zum „vorweihnachtlichen Adventssin-

gen mal anders“. Begleitet wird er dabei vom fünfköpfigen Tiffany-Ensemble.

fOTOchriStoph Voy

fOTOreVoLVerpromotion

17. Dezember, Dortmund, Party, ab 22 Uhr, FZW (Halle), Ritterstraße 20

Metallparty, die in der Vorweihnachtszeit ungewohnt besinnlich daherkommt - mit

einer X-Mas-Tombola. Tickets: 5 Euro

Hellfire

Eurodance17. Dezember, Dortmund,

ab 20 Uhr im Silent Sinners,Ritterhausstraße 65

www.silent-sinners.de

Zu Trash-Partys kann man ja stehen wie man will. Die Sinners-Sause gehört defini-tiv zu den besten im Pott. Hit me baby one

more time. Yeah!

39raus

Bis 15. Januar 2012, Essen, AusstellungMo-So 10-18 Uhr, Ruhr Museum

Gelsenkirchener Straße 181www.ruhrmuseum.de/sonderausstellungen

Die Ausstellung zeigt den Strukturwan-del im Ruhrgebiet anhand von rund 300 Fotografien. Ein außergewöhnli-cher Einblick in die Veränderung der Region im Laufe der letzten 40 Jahre.

6 Euro | erm. 4 Euro

Bis 08. Januar 2012 Gronau, AusstellungMi-So 10-18 Uhr, Rock‘n‘Pop Museum

Udo-Lindenberg-Platz 1www.rock-popmuseum.de

Anlässlich des 20. Todestages von Queen-Sänger Freddie Mercury, wid-

met sich das Museum dem Leben und Werk des Ausnahmekünstlers.

7,50 Euro | erm. 5 Euro

fOTOmaLi LazeLL

Neben der üblichen Saisonware, die mitun-ter Weihnachtsfilm heißt, gibt es immerhin

noch einige sehenswerte Streifen:

Gott des Gemetzels (bereits im Kino): Polanskis wunderbar komischer Ensemble-film. Mit Christoph Waltz, Kate Winslet,

Jodie Foster und John C. Reilly.

Mission Impossible IV (Kinostart 15.12.): Wenn schon kein Bond, dann wenigstens Ethan Hunt. Tom Cruise in seiner Parade-

rolle verspricht solides Actionkino.

Extremely loud, incredibly close (Kinostart 19.01.): Literaturverfilmung

des gleichnamigen Romans von Jonathan Safran Foer. Mit Ex-Theatermann Stephen Daldry („The Hours“, „Der Vorleser“) im

Regiestuhl und den Oscar-Preisträgern Tom Hanks und Sandra Bullock in den Haupt-rollen, steht einem Kinoerfolg des Stoffes nichts im Wege: Der kleine Oskar sucht Wege, den Tod seines Vaters zu verarbei-ten. Der ist bei den Anschlägen vom 11.

September ums Leben gekommen.

Kinostarts

fOTOkoch media GmbhfOTOruhr muSeum

fOTObiLLy & heLLS

Agnes Obel21. Januar 2012, Dortmund, Konzert

20 Uhr, Konzerthaus Brückstraße 21

www.konzerthaus-dortmund.de

Die Konzerthaus-Reihe „Akustik-Pop“ wird gekrönt vom Auftritt der 28-jährigen Dä-nin. Unwiderstehlicher Singer-Songwriter-

Gänsehaut-Pop in besonderer Location. Karten ab 18 Euro zzgl. Gebühr

Alles wieder anders

A Kind Of Magic

The Blanks07. Februar 2012, Dortmund, Konzert

20 Uhr im FZW (Halle)Ritterstraße 20www.fzw.de

Hinter dem Namen versteckt sich Ted‘s Band aus der TV-Serie „Scrubs“. Die vier A-Cappella-Musiker geben mehr als nur ein Konzert. Hier erwartet Euch eine bis ins kleinste Detail durchdachte Musical-Comedy und Sketch-Show, die von der ersten bis zur letzten Sekunde unterhält. Das hat die Band erst kürzlich in der Bo-

chumer Zeche unter Beweis gestellt.VVK 25 Euro zzgl. Gebühren