12
Surface Technology, 5 (1977) 1 - 12 1 © Elsevier Sequoia S.A., Lausanne -- Printed in the Netherlands STRUKTUR VON ELEKTROLYTISCH ABGESCHIEDENEN SILBER- I~IBERZl]GEN AUS ZYANIDISCHEN ELEKTROLYTEN I. EINFLUSS DER ELEKTROLYSEBEDINGUNGEN I. KRISTEV und V. VELINOV Institut fiir Physikalische Chemie der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften, 1000 Sofia (Bulgarien) (Eingegangen am 6. Mai 1976) Zusammenfassung Die Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberfiberzfigen aus zyanidischen Elektrolyten wurde in Abh/ingigkeit yon den Elektrolysebedin- gungen mit Hilfe des RSntgentexturgoniometers und des Elektronenmikros- kops untersucht. Dabei wurde gezeigt, dass bei ~,nderung der Stromdichte von 0,25 bis 4 A dm-2, in Abwesenheit yon Glanzzusatz, ein 0bergang der Orientierung <111> fiber <111) und Zwillingsorientierung <511)T,, ZU regel- loser Orientierung bei den hSheren Stromdichten erfolgt. Eine Orientierung nach einer Achse, die senkrecht zu einer anderen Gleichgewichtsfl~che steht, konnte nicht erhalten werden. Bei Zugabe von Mercaptobenzthiazol ver- /indert sich die Orientierung sprunghaft von <111) in (100). Unorientierte l~lberzfige entstehen in Anwesenbeit von dem Glanzbildner nicht. Mit der (100)-Orientierung erhiilt man bei Stromdichten kleiner als 2 A din-2 matte, und bei Stromdichten hSher als 2 A dm-2. gl~inzende 0berzfige. Dies ist ein Hinweis daffir, dass die Textur nicht eindeutig den Glanz bestimmt. Die elek- tronenmikroskopischen Aufnahmen zeigen, dass die matten l]berzfige mikro- rauh sind, w~ihrend die gl/inzenden vollkommen glatt aussehen. Nach dem ~,tzen wurde festgestellt, dass die die gl~/nzenden Silberschichten eine netz- artige Struktur aufweisen. Summary The structure of silver coatings, electrodeposited from cyanide baths under various conditions, has been investigated by electron microscope and X-ray texture g0niometer methods. It is shown that when the electrolytes do not contain any brighteners and the current density is varied from 0.25 to 4 A dm -2 the texture of the coatings changes from <111) (at c.d. 0.25 A dm-2), (111) and twinning (511>%, into an unoriented one at high values of current density. In the presence of mercaptobenzthiazole, independent of its concentra- tion in the cyanide baths, the main texture is (100) at all values of current density. In this case the silver coatings obtained between current densities

Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

Surface Technology, 5 (1977) 1 - 12 1 © Elsevier Sequoia S.A., Lausanne -- Printed in the Netherlands

STRUKTUR VON ELEKTROLYTISCH ABGESCHIEDENEN SILBER- I~IBERZl]GEN AUS ZYANIDISCHEN ELEKTROLYTEN

I. EINFLUSS DER ELEKTROLYSEBEDINGUNGEN

I. KRISTEV und V. VELINOV Institut fiir Physikalische Chemie der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften, 1000 Sofia (Bulgarien)

(Eingegangen am 6. Mai 1976)

Zusammenfassung

Die Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberfiberzfigen aus zyanidischen Elektrolyten wurde in Abh/ingigkeit yon den Elektrolysebedin- gungen mit Hilfe des RSntgentexturgoniometers und des Elektronenmikros- kops untersucht. Dabei wurde gezeigt, dass bei ~,nderung der Stromdichte von 0,25 bis 4 A dm-2, in Abwesenheit yon Glanzzusatz, ein 0bergang der Orientierung <111> fiber <111) und Zwillingsorientierung <511)T,, ZU regel- loser Orientierung bei den hSheren Stromdichten erfolgt. Eine Orientierung nach einer Achse, die senkrecht zu einer anderen Gleichgewichtsfl~che steht, konnte nicht erhalten werden. Bei Zugabe von Mercaptobenzthiazol ver- /indert sich die Orientierung sprunghaft von <111) in (100). Unorientierte l~lberzfige entstehen in Anwesenbeit von dem Glanzbildner nicht. Mit der (100)-Orientierung erhiilt man bei Stromdichten kleiner als 2 A din-2 matte, und bei Stromdichten hSher als 2 A d m - 2 . gl~inzende 0berzfige. Dies ist ein Hinweis daffir, dass die Textur nicht eindeutig den Glanz bestimmt. Die elek- tronenmikroskopischen Aufnahmen zeigen, dass die matten l]berzfige mikro- rauh sind, w~ihrend die gl/inzenden vollkommen glatt aussehen. Nach dem ~,tzen wurde festgestellt, dass die die gl~/nzenden Silberschichten eine netz- artige Struktur aufweisen.

Summary

The structure of silver coatings, electrodeposited from cyanide baths under various conditions, has been investigated by electron microscope and X-ray texture g0niometer methods. It is shown that when the electrolytes do not contain any brighteners and the current density is varied from 0.25 to 4 A dm -2 the texture of the coatings changes from <111) (at c.d. 0.25 A dm-2), (111) and twinning (511>%, into an unoriented one at high values of current density.

In the presence of mercaptobenzthiazole, independent of its concentra- tion in the cyanide baths, the main texture is (100) at all values of current density. In this case the silver coatings obtained between current densities

Page 2: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

of 0,25 and 2 A dm -2 are matt, whereas all the coatings obtained at higher than 2 A dm-2 are bright. It is shown that no simple relationship between texture and brightness exists. The electron micrographs of the matt coatings show rough surfaces with different crystallites, whereas the surface of the bright coatings is smooth and, after etching, one can see its reticulate spongy structure.

1. Einleitung

l]ber die elektrolytische Abscheidung von Silberfiberzfigen sind viele Untersuchungen bekannt geworden, die sich aber grSsstenteils auf Beding- ungen beschr~inken unter denen Oberzfige hoher Qualit~t mit bestimmten Eigenschaften, wie Glanz, H~rte, Verschleissfestigkeit, Korrosionsbest~ndig- keit u.a. erhalten werden. Die zyanidische Versilberung ist eines der ~iltesten galvanischen Verfahren [ 1 ]. Die Struktur der Silberfiberzfige ist aber im all- gemeinen nur wenig untersucht. Solche Untersuchungen sind yon grossem Interesse, da das Silber als ein sehr geeignetes Objekt filr Modelluntersuch- ungen zur Elektrokristallisation erscheint, und die Struktur die physikalisch- mechanischen Eigenschaften des I]berzugs die ffir die Praxis yon grosser Be- deutung sind bestimmt. Die in der Fachliteratur bekannt gewordenen Unter- suchungen weisen Widersprfiche auf, welch eine Systematik der auftretenden Strukturen in Abh~ingigkeit yon den Elektrolysebedingungen sehr erschwert. Es wurden die Texturen <III>, <I00>, <II0>, <211> einzeln oder in Kombina- tion miteinander gefunden [2 - 7]. Layton [3] erhielt elektrolytische Silber- schichten yon hexagonaler Struktur mit der <101-0>-Achse als Vorzugsorien- tierung. Auf Grund unverSffentlichter Untersuchungen behauptet Yang [8], dass "Silber und Kupfer, die zu den Metallen mit kfz-Gitter gehSren, bei der Abscheidung aus zyanidischen Elektrolyten mit hexagonaler Struktur erhal- ten werden kSnnen. Die Bedingungen, die diese Struktur bestimmen, sind aber noch nicht untersucht worden".

Die bei den elektrolytisch abgeschiedenen Nickelfiberzilgen beobachtete hex_agonale Struktur mit einer Vorzugsorientierung der Kristallite nach der <1010>-Achse, die immer yon der <211>-Orientierung begleitet wurde, konnte yon [8] durch Fehler in der Anordnung der aufeinanderfolgenden Metall- sehichten erk1~irt werden. Diese werden durch Wasserstoffeinbau oder durch hShe innere Spannungen hedingt, wobei man gemischte kubisch-fHichen- zentrierte und hexagonale Strukturen erh~ilt. SchlStterer [9] kommt bei der Betrachtung dieser f[ir das Nickel anomalen Orientierung zu der Schlussfol- gerung, dass die Fehlanordnun_g der Atomschichten, die zur Zwillingsbildung filhrt, die Erscheinung des <1010>-Reflexes hervorruft. Dieser Reflex ist inten- siv. Alle anderen Reflexe der hexagonal dichtesten Kugelpackung fehlen. Bei Anwesenheit der (211>-Orientierung kann dieser Reflex als 1/3 (422) identifi- ziert werden. Er hat seine Ursache in der doppelten Reflexion der (I 1 l)- Netzebenen des Ausgangsgitters und der (I 15)-Netzebenen des Zwillings-

Page 3: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

gitters, d.h. dieser Reflex im Elektronenbeugungsbild kann nur dann beobach- tet werden, wenn im Uberzug Kristallzwillinge vorhanden sind.

Da die yon Layton [3] beim Silber gefundene <10i-0>-Orientierung auch yon der <211>-Orientierung begleitet wird, ist anzunehmen, dass es sich in diesem Fall um eine Vorzugsorientierung der Kristallite nach der <211>-Achse und Zwillingsorientierungen aber nicht um Silber mit hexagonaler Struktur handelt.

Kotschergin und Kargina [10] behaupten ihrerseits, dass man in zyani- dischen Elektrolyten nichttexturierte lJberzfige erh~ilt.

Da diese Untersuchungen grSsstenteils nach veralterten Techniken durch- gefiihrt wurden, die zu Zweifeln berechtigen, befasst sich vorliegende Arbeit mit der systematischen Untersuchung der Struktur der aus zyanidischen Elek- trolyten abgeschiedenen Silberiiberzfige mit Hilfe moderner experimentellen Methoden.

2. Experimentelles

Der Grundelektrolyt enthielt 72 g 1-1 AgNO3, 136 g 1-1 KCN und 20 g l-1 K2CO3. Die Schichten wurden galvanostatisch, unter Rfihrung des Elektrolyten, auf mechanisch polierten Kupferunterlagen abgeschieden. Die Kathodenoberfl~iche betrug 4 cm 2. Um eine bessere Metallverteilung zu er- halten, wurde die Kathodenoberfl~che durch einen Rahmen aus Kupferdraht abgeschirmt. Alle Uberz[ige hatten eine Schichtdicke von 25 pm, bei welcher schon sicher ist, dass der epitaxielle Einfluss der Unterlage nicht mehr fest- stellbar ist.

Die Untersuchungen der Textur der lJberzfige wurden mit Hilfe eines RSntgentexturgoniometers von Philips nach der Methode von Schulz [ 11 ] mit CUK~- und FeKa-Strahlung durchgeffihrt. Die Oberfl~ichenstruktur und -morphologie wurden mit Hilfe eines Elektronenmikroskops JEM 100 B mit Scanning-Einrichtung sowie unter Verwendung yon Platin-Kohleabdrficken untersucht.

3. Ergebnisse und Diskussion

3.1. Einfluss der Elektro£ysebedingungen auf die Vorzugsorientierung der Kristallite in dem aus dem Grundelektrolyten, in Abwesenhei t yon Zusa'tzen, abgeschiedenen Uberzug

Bei diesen Untersuchungen wurde die Stromdichte von 0,25 bis 4 A dm -2 bei Temperaturen von 11 und 20 °C und bei zwei Konzentrationen des Elek- trolyten variiert.

Mit ErhShung der Stromdichte von 0,25 bis 4 A dm -2 bei 20 °C ver- ~indert sich die Orientierung der Silberkristallite im Uberzug in folgender Weise.

Page 4: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

11

- f +so -

57 33 0 33 67 (o) 57 33

Abb. 1. Polfigur nach der {111}-Linie . i = 0,25 A dm 2.

Abb. 2. Polfigur nach der { l l l } - L i n i e . i = 0,5 A dm -2 .

1111

33 67

/ I

I~00

/

67 3~ 67

b

87 33 ]3 6T e

C

' 1311

/

: t J L , L 67 13 I I ~7 ~1

d

Abb. 3. Polfiguren nach den Linien (a) (200}, (b) (220}, (c) { 4 2 2 } u n d (d) (311}. i = 0,5 A d m -2.

Page 5: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

Bei 0,25 A dm-2 erh~ilt man als Vorzugsorientierung der Kristallite im Uberzug die <lll>-Achse (Abb. 1). Zur Bestimmung des Einflusses einer Er- hShung der Stromdichte auf die Orientierung wurden die Proben nach den (111}, (200}, {220}, (311} und (422}- Linien (die letztere mit Mog~-Strah- lung) untersucht (Abb. 2, 3(a) - (d)). Intensit~tsmaxima bei p = 0 ° beobach- tet man dabei nur an den Polfiguren, die nach den (111} und (311}- Linien aufgenommen worden sind. Das bedeutet , dass die <100>, (110) und (211> - Orientierungen ausgeschlossen werden mfissen. Das Vorhandensein eines Maximums bei p = 0 ° auf der nach der (311}- Linie aufgenommenen Polfigur (Abb. 2(d) ist aber kein schlfissiger Beweis ffir das Vorhandensein dieser Orientierung im lJberzug, da es auch als Ergebnis der Reflexion der RSntgen- strahlen an Kristalliten mit <511>T, -Zwillingsorientierung, die Maxima bei Winkel p = +-9,50 ° auf dieser Polfigur bedingen, erscheinen kann.

D~ese <511>T, -Zwillingsorientierung erster Ordnung ist auch die Ursache ffir die Verschiebung des zweiten Maximums der <111>-Orientierung, das nor- malerweise bei p = +70,53 o liegt, in Richtung 0 zu ungef~ihr +-60 °, was durch die Uberlappung der Maxima bei p = 70,53 ° ffir <111> und p = 56,25 ° ffir <511>T, bedingt ist. Die endgi~ltige LSsung dieser Frage ist in [12] gegeben.

Bei der weiteren ErhShung der Stromdichte vedindert sich die Textur- achse nicht mehr, wohl aber die Sch~irfe der Textur . Bei einer kathodischen Stromdichte 2 A dm-e kann schon kein Intensit~itsmaximum bei p = 0 ° auf der nach der (311}-Linie aufgenommenen Polfigur mehr registriert werden (Abb. 4). Bei 3 A dm -2 erh~lt man eine Orientierung nach der <lll>-Achse mit sehr niedriger Sch~irfe, bei 3,5 und 4 A dm-e unorientierte IJberzfige (Abb. 5).

Aus den bisher dargelegten Ergebnissen ist ersichtlich, dass bei niedrigen Stromdichten eine sehr gut ausgebildete Vorzugsorientierung nach einer Achse senkrecht zur dichtest besetzten kristallographischen Fl~iche im ku- bisch-fl~ichenzentrierten Gitter, der (111)-Ebene erhalten wird. Mit ErhSh- ung der Stromdichte, bzw. der lJberspannung beobachte t man keine Orien- tierung nach einer Achse, die senkrecht zu irgendeiner von den nach der Dichte folgenden kristallographischen Fl~ichen steht, was fhr die elektroly- tische Abscheidung der Metalle mit kfz-Gitter aus reinen Elektrolyten ein- facher Salze gezeigt worden ist [13] . Vielmehr verringert sich der Grad und die Sch~irfe der <lll>-Orientierung, was zu unorient ier ten lJberzfigen bei hohen Stromdichten ffihrt.

Die Versuche, lJberzfige mit Vorzugsorientierung nach einer Achse, die senkrecht zu einer der weniger dicht besetzten kristallographischen Fl~ichen des kfz-Gitters steht, abzuscheiden, blieben erfolglos. Bei Temperaturen yon 11 °Cund Anderung der Stromdichte von 0,25 bis 4 A dm -2 erhielt man ~ihnliche Verh~ltnisse wie bei 20 °C. Bei den niedrigen Stromdichten treten IJberzfige mit sehr schwacher Auspr~igung der Tex tur auf. Bei St romdichten yon 1 A dm-2 erh~ilt man schon unorientierte lJberzfige. Eine " re ine" <lll>- Orientierung -- wie bei 20 °C und 0,25 A dm -2 (Abb. 1) -- ist hier nicht zu erhalten. Bei Temperaturen >20 °C wurden wegen des hSheren Gehaltes an freiem Zyanid im Elektrolyten keine Untersuchungen unternommen.

Page 6: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

I I311

67 33 0 33 67 (o)-

Abb . 4. P o l f i g u r n a c h de r ( 3 1 1 } - L i n i e . i = 2 A d m 2.

'T'Wt

-f *f

67 33 33 67 (°{

Abb. 5. Polfigur nach der (lll}-Linie. i = 3,5 A dm -2.

Im doppelt verdE~nnten Elektrolyten wurden bei 20 °C g|eiche Bezieh- ungen wie bei ii °C in dem Grunde|ektrolyten festgeste|lt.

Man beobschtet keine "reine" <II l>-Orientierung. Mit Erh~hung der Stromdichte kommt man such hier schnel| zu unorientierten IJherz[Igen.

Aus den obigen Untersuchungen fo|gt, dass sus zysnidischen Silberelek- trolyten, die bei praxis~hnlichen Bedingungen betriehen werden, in Abwesen- heir von oberfl~Echensktiven Stoffen texturierte I]berzEige erhalten werden, wo- bei sls einzige Vorzugsorientierung die senkrecht zur dichtest besetzten Ebene stehende (lll>-Achse suftritt. Die Erh~hung der Uberspannung durch Ver~En- derung anderer Parameter der Elektrolyse ft~hrt nicht zu Vorzugsorientierung- en der Kristallite im IJberzug nach einer Achse, die senkrecht zu irgendeiner der weniger dichten Fl~Echen steht, sondern zu unorientierten I~berzE~gen. Es muss dabei betont werden, dsss diese OberzE~ge he||, feink~rnig und matt sind.

Page 7: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

Abb. 6. Elektronenmikroskopische Scanning-Aufnahme der Oberfl//che eines Si|berfiber- zuges, abgeschieden bei i = 0,25 A dm -2 mit (lll)-Orientierung. 530 ×

Abb. 7. Elektronenmikrosko2Pische Aufnahme der Oberfl~/che eines Silberiiberzugs, abge- schieden bei i = 0,25 A dm- , mit (lll)-Orientierung. Platin Kohle-Abdruck. 12 000 ×.

E l ek t r one nmik roskop i s chen A u f n a h m e n ergeben eine mik ro rauhe Oberfl~iche. Man e rkenn t die Kan ten und Ecken der e inzelnen Kristallite. Es kSnnen sogar Kristall i te mi t der ffir die ( l l l ) - O r i e n t i e r u n g charakter is t i schen Morphologie ident i f iz ier t werden (Abb. 6 und 7).

3. 2. Einfluss tier Elektrolysebedingungen auf die Vorzugsorientierung der Kristallite in A bwesenheit eines Glanzzusatzes

Die Praxis benbt ig t gl~nzende Uberzhge die das aufwendige mechanische Pol ieren ersparen und so Edelmeta l lver lus te vermeiden. Ausserdem haben die gl~nzenden [Jberzfige eine Reihe andere Vorzfige, die sie den m a t t e n Ober- zfigen fiberlegen machen, z.B. Korrosionsbest~ndigkei t , Verschleissfest igkeit u.a. Die Glanzbi ldner bei den zyanid ischen S i lbere lek t ro ly ten sind sehr ver- schieden. Man b e n u t z t zu diesem Zweck organische und anorganische schwe- felhaltige Verb indungen , Verb indungen des Selens und Tellurs, Metalle der IV und der V Gruppe des Per iodensys tems. Gl~nzende Oberzfige kSnnen auch aus E l e k t r o ly t e n ohne Glanzbi ldner e rha l ten werden, wenn man per iod ischen S t rom oder A n o d e n aus Elek t ro ly ts i lber verwendet , die aus schwefelhal t igem E lek t ro ly t en erha l ten wOrden sind [14 ] .

Auf Grund der verschiedenen, in der L i t e ra tu r b ek an n t en theore t i schen und exper imen te l l en Unte r suchungen fiber die glanzbi ldende Wirkung ver- schiedener Zus~tze [15 - 19] wurden unsere E x p e r i m e n t e mi t dem in der Praxis be ka nn t e n Glanzbi ldner Mercap tobenz th iazo l durchgeff ihr t . Bei diesen Unte r suchungen wurde die S t r o m d i c h t e yon 0,25 bis 8 A dm -2 variiert. Die K o n z e n t r a t i o n des Glanzbi ldners variierte zwischen 0,1 bis 1 g l-1. Aus den S t r o m d i c h t e - P o t e n t i a l - K u r v e n (Abb. 8) ist ersichtl ich, dass der Zusatz eine depolar is ierende Wirkung in e inem wei ten S t romdich t enbe re i ch ausi]bt, was

Page 8: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

A . d ~ z

js ! 2 I l 3 I

J I 1

! I './~ I / .

ff / ./ ./

/ ,

/ / / . . ~ /" / f / / . / "

/ / / . / . . /

/ Z" . / / / /,.'/'"

/ , / " / . / .

100 300 500 700 900 mV

Abb. 8. Stromdichte-Potential-kurven: 1, Grundelektrolyt; 2, Grundelektrolyt + 0,1 g I 1 Mercaptobenzthiazol; 3, Grundelektrolyt + 0,5 g 1-1 Mercaptobenzthiazol; 4, Grundelek- trolyt + 0,9 g 1-1 Mercaptobenzthiazol.

'-G-'i f

I ! ~' ¢" 0 • • •

-[ 0 ~ 8 ) dL 4. o • • •

i

0,7~ !

11,6~ a l~ o • • •

0.51"- ~' ~ O • • • /

O,& t ~ 0 O • • •

/ 0,3r O 0 O • • •

0.2 ~- 0 0 0 • • •

0,1 ,- o o o • • •

~25 Q~5 1 2 3 4 5 G

Abb. 9. Abh~£ngigkeit der Orientierung der Kristal l i te im Uberzug yon der Stromdiehte und der Konzentrat ion des Zusatzes: I (100) + (221)T~ g.!~£nzende TJberzfige, Zwil l ings- maxima voneinander getrennt; o (100) + (221)T~ matte Uberziige, Uberlappung der Zwil- l ingsmaxima;×, (111) +(511)T~ matt; A, ( l l l ) + (511)T~ +(311);+,(311) + (755)T~; [~,(311) +(100)+(111) .

Page 9: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

auch yon anderen Autoren beobachtet worden ist [ 16 - 19]. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde gezeigt, dass die unterschiedliche lJberspannung in einem breiten Spannungsintervall zu keiner Anderung der Achse der Vorzugsorien- tierung ffihrt. Weiterhin kann auch kein Einfluss des Glanzbildners auf die Struktur fiber die lJberspannung erwartet werden. Wenn eine charakteristische Struktur~inderung bei der Einffihrung des Zusatzes in den Elektrolyten eintritt, so ist diese auf die Wirkung des Glanzbildners auf die Parameter des Kristalli- sationsstadium der gesamten elektrochemischen Reaktion, wie Keimbildungs- arbeit bzw. -gescbwindigkeit (fiber Vedinderung der spezifischen Ober- fl~ichen -- bzw. Randenergie der Keime), Wachstumsgeschwindigkeit der Keime, Bildung und Entwicklung von Strukturfehlern im Uberzug usw., zu- rfickzuffihren.

Die experimentellen Ergebnisse fiber die Struktur dieser lJberzfige sind in Abb. 9 dargestellt. Daraus wird ersichtlich, dass bei niedrigen Stromdichten und niedrigen Konzentrationen des Glanzbildners eine Textur nach der (100)- Achse, begleitet von der (221)T, -Zwillingsorientierung erhalten wird. Bei hSheren Konzentrat ionen des Glanzzusatzes wird das Beugungsbild kompli- zierter. Man stellt Intensit~itsmaxima fest, die zu den Orientierungen (311), (100) und (111) und den entsprechenden Zwillingsorientierungen (755)T~ und (511)T, USW. gehShren. Die Polfiguren wurden auch in diesem Fall nach den Linien (111}, (200}, (220}, (311}und (422} (ira letzten Fall mit MOK~-Strah- lung) aufgenommen.

Das Vorhandensein einer Mischung yon einigen Orientierungstypen wfirde zu einer Verflachung der Maxima, einer Erniedrigung der Sch~irfe der Textur und allgemein zu einer Desorientierung der Kristallite im IJberzug filhren. Hier muss aber betont werden, dass die Maxima der Polfiguren verh~iltnis- m~issig scharf sind, woraus folgt, dass der Anteil der einzelnen Kristallite dis- kret in den einzelnen Orientierungen, die hohe Perfektion aufweisen, verteilt ist. Der von diesen Orientierungen abweichende Anteil der Kristallite ist dabei sehr klein (Abb. 10).

Bei Stromdichten yon 2 bis 8 A dm--2 erh~ilt man in dem Konzentrations- intervall des Glanzzusatzes l:)berzfige mit (100)-Orientierung, die v o n d e r (221) TI -Zwillingsorientierung begleitet wird (Abb. 11 ). Der Unterschied ge- genfiber l:)berzfigen, die bei Stromdichten von 0,25 bis 2 A dm -2 und niedri- ger Konzentrat ion des Glanzbildners erhalten besteht bei gleicher Orientie- rung ((100) + (221)T,) in dem ~iusseren Aussehen, in der Morphologie der Oberfl~iche und zum Teil auch in dem Verlauf der Polfiguren. Aus den Pol- figuren ist ersichtlich, dass sich die Intensit~itsmaxima, die der (221)T, -Zwil- lingsorientierung entsprechen, bei niedrigen Stromdichten i]berlappen. So er- h~ilt man ein breites Maximum bei p = 0 °. Bei Stromdichten hSher als 2 A dm- 2 sind die der Zwillingsorientierung zugehSrigen Maxima sehr scharf und getrennt voneinander. In dem unteren Stromdichtebereich sind die Uberzi]ge gleichm~issig und hell, aber matt, bei den h5heren Stromdichten (2 - 8 A dm-2) sind sie gl~nzend. Da in beiden F~illen die Orientierung der Kristallite im IJber- zug gleich ist, folgt, dass die (100)-Orientierung nicht eindeutig den Glanz be- stimmt. Die elektronenmikroskopische Untersuchung von matten und gl~in-

Page 10: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

10

// / ]

/

67

1111

3J 0 33 . " L . -Y' J i

67 (°> 67 33

1,1

33 67 (°)

A b b . 10. P o l f i g u r n a c h d e r { l 1 1 } - L i n i e . i = 1 A d m - 2 ; C z u s a t z = 0 , 8 g l 1 ; O r i e n t i e r u n g <III> +<I00> +<311>.

Abb. II. Polfigur nach der {111}-Linie. i= 4 Adm-2 Czusat z= 0,4 gl i; Orientierung <I00) +<221>T .

A b b . 12. E l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h e S c a n n i n g - A u f n a h m e e ines m a t t e n 17berzugs. i = 1 A d m - 2 ; Czusatz = 0 ,5 g 1-1; 2 5 0 0 ×.

A b b . 13. E l e k t r o n e n m i k r o s k o p i s c h e A u f n a h m e e ines g l / i n z e n d e n l Jberzugs . P l a t i n - K o h l e A b d r u c k . i = 6 A d m - 2 ; Czusatz = 0 ,5 g 1-1 ; .20 0 0 0 ×.

Page 11: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

11

zenden 0berzfigen mit derselben (100)-Orientierung zeigte, dass die Morpho- logie der Oberfl~iche in beiden F~illen verschieden ist. Bei den matten lJber- zfigen, die bei Stromdichten kleiner als 2 A dm -2 abgeschieden wurden, stellte man fest, dass die Oberfl~iche eine gewisse Mikrorauhigkeit aufweist (Abb. 12). Man sieht die einzelnen KSrner und die Korngrenzen, w~ihrend man bei den gl~inzenden 0berziigen sogar bei starker Vergr5sserung dies nicht beobachten kann. Die lJberzfige erscheinen glatt (Abb. 13). Bei der Untersuchung der gl~inzenden 0berzfige im Elektronenmikroskop stellte man nach dem Atzen fest, dass ihre Oberfl~iche eine netzartige Struktur aufweist, ohne dass dabei irgendwelche Schlussfolgerungen fiber die einzelnen Kristallite gezogen wer- den kSnnen (Abb. 14).

4. Schlussfolgerungen

Aus den beschriebenen Untersuchungen fiber die Struktur der elektro- lytisch abgeschiedenen Silberfiberzfige aus zyanidischen Elektrolyten mit und ohne Glanzzusatz kSnnen folgende Schlussfolgerungen gezogen werden.

1. Aus dem Grundelektrolyten erh~ilt man bei niedrigen Stromdichten 0berzilge, die als einzige Vorzugsorientierung hoher Sch~irfe (11 l~-Richtung aufweisen. Diese Orientierung wird yon der (511)T, -Zwillingsorientierung begleitet, wobei mit ErhShung der Stromdichte der Orientierungsgrad und die Sch~irfe der Textur abnehmen. Bei den hohen Stromdichten erh~ilt man unorientierte lJberzfige.

2. Nach Zugabe des charakteristischen Glanzbildners Mercaptobenz- thiazol.im Elektrolyten ver~ndert sich die Vorzugsorientierung sprunghaft yon der (111)- in die (100)-Richtung. Die Orientierung (100) erh~ilt man fast in dem ganzen Bereich der untersuchten Abscheidungsbedingungen. Diese Orientierung wird v o n d e r zugehSrigen (221)T, -Zwillingsorientierung be- gleitet. In Anwesenheit des Glanzbildners werden unterschiedlich zu dem zu- satzfreien Grundelektrolyten keine unorientierten lJberziige abgeschieden.

3. Unabh~ingig yon dem breiten Intervall yon Abscheidungsbedingungen ist die Anzahl der von uns registrierten Orientierungen verh~iltnism~issig klein. Es wurden haupts~ichlich die Matrixorientierungen (111) und (100), die von den dazugehSrigen Zwillingsorientierungen (511)T, und (221)T, begleitet werden, beobachtet . Daraus l~isst sich aber keine allgemeine Abh~ingigkeit ableiten, die mit irgendeiner der vorhandenen Theorien der Texturbildung verbunden werden kann.

4. Werden zwei oder mehrere Vorzugsorientierungen gleichzeitig er- halten, so kann aus den Polfiguren entnommen werden, dass der Anteil der Kristallite diskret auf die einzelnen Orientierungen verteilt ist; ohne Zwi- schenlagen, die zu einer gewissen Desorientierung eines Teiles der Kristallite ffihren kSnnten.

5. Bei einer und derselben Orientierung der Kristallite in den 0berzfigen, die bei verschiedenen Stromdichten in Anwesenheit von Glanzbildner abge- schieden werden, beobachte t man sowohl matte, als auch gl~inzende Ober- fl~ichen. Dieses bedeutet , dass die Textur nicht eindeutig den Glanz bestimmt.

Page 12: Struktur von elektrolytisch abgeschiedenen Silberüberzügen aus zyanidischen elektrolyten I. Einfluss der Elektrolysebedingungen

12

Abb. 14. Elektronenmikroskopische Scanning-Aufnahme eines ge~/tzten gl~/nzenden Uberzugs. i= 6 A d m 2;Czusat z = 0 , 5 g l - 1 ; 3 4 0 0 X.

6. Bei d e r U n t e r s u c h u n g de r O b e r f l ~ / c h e n m o r p h o l o g i e de r 0 b e r z i S g e

wi rd e r s i ch t l i ch , dass im G e g e n s a t z zu de r k 5 r n i g e n , r a u h e n Oberf l~ iche d e r

m a t t e n l ]be rz f ige , d ie g l~inzenden 0 b e r z f i g e e ine v o l l k o m m e n g l a t t e Ober -

fl~iche a u f w e i s e n , d ie n a c h d e m A t z e n e ine n e t z a r t i g e S t r u k t u r a u f w e i s t .

L i t e r a t u r

1 G. Elkington und H. Elkington, Brit. Pat. 8447 (1840). 2 R. Glocker und E. Kaupp, Z. Phys. B, 24 (1924) 121 - 139. 3 D. N. Layton, J. Electrodepositors Tech. Soc., 28 (1951/52), 239 - 244. 4 E. Raub, Z. Metallkunde B, 39 (1948) 33 - 44. 5 G. I. Finch, H. Wilman und L. Yang, Disc. Faraday Soc., 1 (1947) ~la~ - 1 58. 6 M. Halfawy, Z. phys. Chemie, 11 (3/4)(1957) 196. 7 M. R. J. Wyllie, J. Chem. Phys., 16 (1948) 52. 8 L. Yang, J. Electrochem. Soc., 97 (1950) 241. 9 H. SchlStterer, Z. Kristallographie, 119 (1964) 321 - 356.

10 S. M. Kotschergin und N. M. Kargina, Zh. Fiz. Khim., 38 (1964) 914. 11 L. Schulz, J. Appl. Phys., 20 (1949) 1030. 12 I. Kristev und V. Velinov, Surface Technol., 4 (1976) 13. 13 N. Pangarov, Dissertation, Sofia, 1967. 14 A. Krusenstjern, Edelmetallgalvanotechnik, Eugen G. Leuze Verlag, Saulgau (Rus-

sische 0bersetzung, Galvanotechnika Dragozennih Metallov, Isdat. Metallurgia, Moscow, 1974).

15 N. T. Kudrjawzew, E. A. Netschaew und G. S. Solowjew, Wiss. Z. Tech. Hochschule Ilmenau, 18 (4) (1972) 85 - 89.

16 J. J. Matulis u.a., Blestjastie Elektrolititscheskie Pokritija, "Mintis", Wilnjus, 1969, p. 447.

17 J. J. Matulis und A. M. Moltschadskii, Trudy Akad. Nauk Lit. SSR, B2 (25} (1961) 167.

18 A. M. Moltschadskii und J. J. Matulis, Trudy Akad. Nauk Lit. SSR, B4 (27) (1961) 117. 19 A. M. Moltschadskii, B. I. Lebednikas und J. J. Matulis, Teorija i Praktika Blestjastih

Galvanopokritii, Gos. Izd. Polit. i Hautsch. Lit., Lit. SSR, Wilnjus, ]963, p. 271.