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Ergänzungsfach Sport Gymnasium Bern-Kirchenfeld Trainingslehre Kraft Th. Glatzfelder, R. Rohner 2004

Trainingslehre Kraft - sanderberlage.desanderberlage.de/Dateien/05Sport.EF/Dateien/14Kraft.pdf · Trainingslehre Kraft EF Sport Glatzfelder / Rohner 2004 2 1 Einleitung Aufgaben 1

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Ergänzungsfach SportGymnasium Bern-Kirchenfeld

TrainingslehreKraft

Th. Glatzfelder, R. Rohner 2004

Trainingslehre Kraft EF Sport

Glatzfelder / Rohner 2004 1

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ......................................................................................................................2

1.1 Die motorische Einheit ................................................................................................................... 31.2 Der Muskelaufbau .......................................................................................................................... 41.3 Mechanik der Muskelkontraktion.................................................................................................... 51.4 Muskelfasertypen ........................................................................................................................... 61.5 Erscheinungsformen der Kraft ........................................................................................................ 7

2 Arten der Kraft .............................................................................................................8

2.1 Maximalkraft.................................................................................................................................. 82.2 Schnellkraft .................................................................................................................................... 82.3 Kraftausdauer ................................................................................................................................. 9

3 Krafttraining.................................................................................................................9

3.1 Wirkung des Krafttrainings............................................................................................................. 93.2 Trainingsmethoden für die Maximalkraft ...................................................................................... 10

3.2.1 Methode zur Muskelquerschnittsvergrösserung (Hypertrophie)................................................. 103.2.2 Methode zur Verbesserung der intramuskulären Koordination.................................................. 103.2.3 Pyramidenmethode................................................................................................................... 11

3.3 Trainingsmethoden für die Schnellkraft......................................................................................... 12

4 Grundsätze eines Krafttrainings ................................................................................14

4.1 Trainingsprinzipien....................................................................................................................... 144.2 Aufwärmen und Dehnen ............................................................................................................... 14

4.2.1 Aufwärmen............................................................................................................................... 144.2.2 Dehnen .................................................................................................................................... 14

4.3 Anpassung der Belastung.............................................................................................................. 15

5 Literatur......................................................................................................................16

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1 Einleitung

Aufgaben

1. Versuche, bei den untenstehenden Sportarten die speziellen Anforderungen andie Kraft zu beschreiben:

Hochsprung .....................................................................................................

Gewichtheben .....................................................................................................

Kunstturnen .....................................................................................................

Ski alpin .....................................................................................................

Boxen .....................................................................................................

2. Gewisse Sportarten erfordern ein ausgeprägtes Zusatztraining im Kraftbereich,speziell im Muskelaufbau. Andere Sportarten kommen fast ganz ohneKrafttraining aus. Versuche ein paar typische Sportarten für beide Kategorienherauszufinden.

Sportarten mit Krafttraining

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Sportarten ohne Krafttraining

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1.1 Die motorische EinheitDie Zellen der motorischen Neuronen, die die Skelettmuskulatur innervieren, liegenin den Vorderhörnern des Rückenmarks und werden als (Alpha-)Motoneuronenbezeichnet. Von den Nervenzellen des Zentralnervensystems werden dieBewegungsimpulse über die efferenten Nervenbahnen zum Muskel geleitet. WieAbb. 1 zeigt, erfährt der motorische Nerv bei der Ankunft am Muskel eine vielfacheVerzweigung in einzelne Nervenfasern. Die motorische Endplatte ist derÜbergangsort von der Nervenzelle zur Muskelzelle (Abb. 2).Die Gesamtheit der von einer motorischen Vorderhornzelle innerviertenMuskelfasern wird dabei als motorische Einheit bezeichnet.

Abb. 1 Aufbau einer motorischenEinheit (Weineck 1998, 49)

Abb. 2 Innervation einereinzelnen Muskelfaser (Menche2003, 95)

Die Grösse dieser motorischen Einheiten kann sehr unterschiedlich sein. Jedifferenzierter, d.h. feinabgestufter ein Muskel sein muss, desto mehr motorischeEinheiten besitzt er. So verfügt der äussere Augenmuskel über 1740, derzweiköpfige Armmuskel (Bizeps) hingegen nur über 774 motorische Einheiten.Umgekehrt ist bei feinmotorischen Muskeln die Zahl der von einer Nervenfaserinnervierten Muskelfaser geringer als bei grobmotorischen, auf Kraftentfaltungausgerichteten Muskeln: der äussere Augenmuskel besitzt ein Innervationsverhältnisvon 1:13, der zweiköpfige Armmuskel von 1:740 und der Wadenmuskel sogar von1:1600.

(Weineck 1998, 49)

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1.2 Der MuskelaufbauEine Muskelzelle wird auch als Muskelfaser bezeichnet. Dicht aneinandergelegtbilden viele Muskelfasern den Skelettmuskel (Abb. 3). Muskelfasern können bis zu18 cm lang sein. Im Gegensatz zu einer normalen Körperzelle enthalten sie nicht nureinen, sondern eine grosse Anzahl von Zellkernen.Eine Muskelfaser wiederum besteht aus mehreren 100 bis mehreren 1000 parallelverlaufenden Fibrillen, den sogenannten Myofibrillen (Abb. 3)

Abb. 3 Darstellung der Struktur des Skelettmuskels (Weineck 1998, 34)

Die Myofibrillen schliesslich setzen sich aus Tausenden von sogenanntenMuskelfilamenten zusammen. Dabei handelt es sich um Eiweissstrukturen, die manin zwei Gruppen einteilt: in die dünnen Aktinfilamente und die dicken

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Myosinfilamente. Im Myosinfilament sind die langgestreckten Moleküle somiteinander verdrillt, dass die Köpfchen seitlich aus dem Filament herausragen.Aktin- und Myosinfilamente liegen hochgradig geordnet in der Muskelfaser, und zwarwird jeweils 1 Myosinfilament räumlich von 6 Aktinfilamenten umgeben (Abb. 3).

1.3 Mechanik der MuskelkontraktionMyosin ist das wichtigste Protein beider Muskelkontraktion. Aufgrundseiner Struktur – strangförmig mitseitlich herausragenden Köpfchen –ist es verantwortlich für die Mechanikder Muskelkontraktion.Beim Kontraktionsvorgang bindensich die Myosinköpfe an dieAktinfilamente und ziehen diesedurch eine Kippbewegung imHalsabschnitt des Myosins inRichtung Sarkomer-Mitte. Die in Abb.4 dargestellte „Ruderbewegung“wiederholt sich bis zu 50mal proSekunde, woraus schliesslich eineVerkürzung des Sarkomers um etwa½ Tausendstelmillimeter resultiert.Die Gesamtmuskelverkürzung ist dieFolge der Verkürzung unzähligerhintereinander geschalteterSarkomere durch das teleskopartigeIneinandergleiten der Aktin- undMyosinfäden, deren Länge sich dabeijedoch nicht verändert.Die Energiequelle für dieRuderbewegung ist ATP, das amMyosinkopf zur Verfügung steht.(Weineck 1998, 36)

Abb. 4 Schematische Darstellung derMuskelkontraktion1 = Ausgangsstellung vor Auslösung einer

Kontraktion.2 = Bindung des Myosinkopfes an das dünne

Aktinfilament.3 = Kippbewegung des Myosinkopfes.4 = Lösung des Myosinkopfes und

Wiedereinnahme der Ausgangsstellung

Dadurch, dass die Filamente streng parallel nebeneinanderliegen, entsteht diesogenannte Querstreifung der Skelettmuskulatur. Jeweils ein Streifen, links und

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rechts begrenzt durch die Z-Linie, wird als Sarkomer bezeichnet. Ein Sarkomer stelltdie kleinste kontraktile (zusammenziehbare) Einheit im Muskel dar.

1.4 MuskelfasertypenDer menschliche Muskel ist je nach seiner Funktion mosaikartig aus verschiedenenMuskelfasern zusammengesetzt, welche aufgrund ihrer unterschiedlichenKontraktionsgeschwindigkeit und Ermüdungsresistenz typisiert werden können.

Man unterscheidet zwei Haupttypen von Muskelfasern:1. die weisse, dicke und schnelle Muskelfaser. Sie wird auch als FT-Faser (fast

twitch = schnellzuckende Faser) bezeichnet. Sie ist vor allem bei schnellkräftigenund intensiven Muskelbeanspruchungen in Aktion.

2. Die rote, dünne und langsame Faser. Sie wird auch als ST-Faser (slow twitch =langsamzuckende Faser) bezeichnet. Dieser Fasertyp wird bei Muskelarbeitgeringer Intensität beansprucht.

Die verschiedenen Fasertypen können mit Färbemethoden dargestellt werden. Abb.5 zeigt die Muskelfaserverteilung aus der Oberschenkelmuskulatur eines gutenSprinters (a) und eines Radrennfahrers (b) – als Extrembeispiele für einenSchnellkraft- bzw. Ausdauersportler.

Abb. 5 ST- und FT-Faserverteilung im Bereich der seitlichen Oberschenkelmuskulatur eines Sprinters(a) und eines Radrennfahrers (b). FT-Fasern = weiss, ST-Fasern = schwarz (Weineck 1998, 44)

Die Anlage bzw. der prozentuale Anteil der verschiedenen Muskelfasern istgenetisch festgelegt.Im überwiegenden Teil der Bevölkerung finden sich etwa gleich grosse Prozentsätze;im Einzelfall aber kann die genetische Verteilung 90:10 oder 10:90 betragen. DiesePersonen sind einseitig begünstigt. Beim geborenen Sprinter überwiegen die FT-Fasern, beim geborenen Ausdauerleister (Marathonläufer) die ST-Fasern.Carl Lewis soll als grösster Sprinter und Springer aller Zeiten einen Anteil von über90% an schnellzuckenden Muskelfasern in seiner Muskulatur aufweisen!

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Es ist anzunehmen, dass auch die unbewusste Neigung hinsichtlich Schnellkraft-bzw. Ausdauerdisziplinen mit dieser Fähigkeit in Zusammenhang gebracht werdenkann. Durch Training ist die ererbte Verteilung an FT- bzw. ST-Fasern nicht oder nurunter Extrembedingungen zu verändern. Dabei ist aber lediglich eine Umwandlungvon FT-Fasern in ST-Fasern möglich, wie es z.B. bei Spitzen-Ausdauersportlernbeobachtet werden konnte. Eine Umwandlung von ST-Fasern in FT-Fasern isthingegen unmöglich, da die Schnelligkeit nicht über vergleichbar langeTrainingseinwirkungszeiten trainiert werden kann. Nach Abbruch desAusdauertrainings kehrt allerdings die vorübergehend umgewandelte Muskelfaser zuihrem ursprünglichen Fasertyp zurück (Weineck 1997, 82ff)

Aufgaben3. Was ist ein Sarkomer und woraus besteht es?4. Benenne die zwei Arten von Muskelfilamenten und zeichne im Querschnitt ihre

räumliche Verteilung.5. Erkläre, woraus sich die Gesamtverkürzung eines Muskels ergibt.6. Auf welchen sportbiologischen Erkenntnissen beruht die Redensart „Zum

Sprinter wird man geboren, zum Läufer wird man gemacht“?

1.5 Erscheinungsformen der Kraft

Abb. 6 Viktor Klimenko an den Ringen (in J. Weineck, Optimales Training, 1980)

Das Ringeturnen stellt ausserordentliche Anforderungen an Maximalkraft undKraftausdauer. Diese Kennzeichnung allein erfasst aber nicht alle Merkmale der hieraufgewendeten Kraft. Charakteristisch für die oben abgebildete Übung ist, dass diebeteiligten Muskeln statische Arbeit, auch Haltearbeit genannt, verrichten, d.h. eineArbeit, bei der die vom Muskel aufgewandte Kraft den von aussen einwirkendenKräften das Gleichgewicht hält. Der arbeitende Muskel verändert also dabei seineLänge nicht. Man spricht deshalb von isometrischer Muskelkontraktion.

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Schliesslich ist eine Muskeltätigkeit noch danach zu kennzeichnen, ob sie einenWiderstand überwindet, z.B. beim Abspringen, oder ob sie auf eine einwirkende Kraftbremsend wirkt, wie z.B. bei der Landung nach einem Sprung. Im ersten Fall sprichtman von positiv dynamischer oder auch konzentrischer Kontraktionsform desMuskels, im zweiten Fall von negativ dynamischer oder auch exzentrischer.

Kontraktionsform Beispiele aus Sportarten

KonzentrischWiderstand überwindende MuskelarbeitDer Muskel verkürzt sich.

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ExzentrischEiner Kraft nachgebende MuskelarbeitDer Muskel verlängert sich.

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IsometrischStatische Arbeit, HaltearbeitDie Muskellänge bleibt gleich.

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Abb. 7 Arbeitsweisen und Kontraktionsformen der Muskulatur (nachGrosser/Ehlenz/Griebl/Zimmermann, 1994, 11)

2 Arten der Kraft

2.1 MaximalkraftDie Maximalkraft stellt die höchstmögliche Kraft dar, die das Nerv-Muskel-System beimaximaler Anspannung auszuüben vermag.Die Maximalkraft ist von folgenden Komponenten abhängig:

Vom MuskelquerschnittVon der intramuskulären Koordination (Koordination innerhalb des Muskels:Anzahl der Muskelfasern, die gleichzeitig aktiviert werden können)

Über jede dieser zwei Komponenten kann eine Verbesserung der Maximalkrafterreicht werden (Weineck 1997, 237ff)

2.2 SchnellkraftDie Schnellkraft beinhaltet die Fähigkeit des Nerv-Muskel-Systems, den Körper, Teiledes Körpers (z.B. Arme, Beine) oder Gegenstände (z.B. Bälle, Kugeln, Speere,Disken, etc.) mit maximaler Geschwindigkeit zu bewegen.

Bei ein und derselben Person kann dabei die Schnellkraft in Armen und Beinen ganzverschieden sein. Ein Sportler kann über schnelle Arm- (z.B. ein Boxer), aberlangsame Beinbewegungen verfügen.

Zwischen Maximalkraft und Schnellkraft besteht folgender Zusammenhang: Nimmtdie zu überwindende Last zu, dann nimmt die Bedeutung der Maximalkraft für dieSchnellkraft zu (Weineck 1997, 238ff)

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2.3 KraftausdauerDie Kraftausdauer ist die Ermüdungswiderstandsfähigkeit des Muskels bei langandauernden Kraftleistungen.Bereits ab 20% der Maximalkraft kommt es zu einer Behinderung der arteriellenBlutversorgung im Muskel, ab 50% zu einem völligen Verschluss der Gefässe. Jenach Intensität der entwickelten Kraft wird deshalb die Kraftausdauer mehr aerobeoder anaerobe Stoffwechselanteile aufweisen (Weineck 1997, 242)

Aufgaben7. Finde für jede der oben beschriebenen Kraftarten 2 typische Sportarten.8. Erläutere anhand eines Beispiels die Aussage aus dem Skript S. 7 „: Nimmt die

zu überwindende Last zu, dann nimmt die Bedeutung der Maximalkraft für dieSchnellkraft zu.“

3 Krafttraining

3.1 Wirkung des KrafttrainingsWie die Sportpraxis zeigt, kommt es nach Beginn eines Krafttrainings bereitsinnerhalb kürzester Zeit zu einer Kraftzunahme. Da jedoch eineMuskelmassenzunahme nicht in so kurzer Zeit erfolgen kann – sie bedarf einerTrainingsdauer von mehreren Wochen - , ist sie ausschliesslich auf koordinativeLeistungsverbesserungen zurückzuführen. Erst im weiteren Verlauf einesentsprechenden Trainings erfolgt der Anstieg der Kraft durch eine Vergrösserung desMuskelfaser- und damit auch des Gesamtmuskelquerschnitts (Abb. 8)

Die Steigerung der intramuskulären Koordination ist auf eine verbesserte Innervationzurückzuführen, d.h. es können bei einer willkürlichen Kontraktion mehrMuskelfasern gleichzeitig zur Kontraktion gebracht werden (Abb. 8)

Abb. 8 Mechanismus des Krafttrainings: Zuerst kommt es zu einer verbesserten intramuskulärenInnervation, dann erst erfolgt die Muskelfaservergrösserung (Weineck 1997, 251)

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3.2 Trainingsmethoden für die Maximalkraft

3.2.1 Methode zur Muskelquerschnittsvergrösserung (Hypertrophie)Für eine Muskelmassenzunahme haben sich Belastungen als optimal erwiesen, diemaximal zehn Wiederholungen erlauben (Abb. 9). Wichtig ist, dass das Krafttrainingbis zur Erschöpfung durchgeführt wird, d.h. dass in jeder Serie nach der letztenWiederholung keine weitere vollständige Bewegung mehr ausgeführt werden kann.

Abb. 9 Einfluss der Wiederholungszahl auf die Entwicklung der Muskelmasse (Weineck 1997, 259)

HypertrophiemethodeWiederholungen: 8-12Pause: 2-3 Min.Serien: Fitnessbereich: 1-3

Leistungssport: 5-10

3.2.2 Methode zur Verbesserung der intramuskulären KoordinationFür eine Verbesserung der intramuskulären Koordination müssen Belastungengewählt werden, die maximal 1-5 Wiederholungen zulassen. Die Kraftzunahmegeschieht hier nicht durch eine Muskelvergrösserung, sondern durch eine grössereAnzahl von Muskelfasern, die gleichzeitig aktiviert werden. Wegen der sehr kurzenWiederholungszahlen muss die Zahl der Serien erhöht werden, damit der Muskelinsgesamt eine bestimmte Anzahl von Kontraktionen erfährt.

Methode der intramuskulären Koordination (IK)Wiederholungen: 1-5Serie: 5-12 (ca. 30 Einzelbelastungen pro Muskel)Pause: ca. 2 Minuten

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3.2.3 PyramidenmethodeDie Pyramidenmethode stellt die Vereinigung der beiden grundsätzlichenBelastungsgestaltungen für die Maximalkraftentwicklung dar: Es werden Serien mitvorrangiger Hypertrophiewirkung (an der Pyramidenbasis) und Serien mit vorrangigerIK-Wirkung (in der Pyramidenspitze) absolviert (Abb. 10)

Pyramidenmethode

Wiederholungen: 1 –12Serien: 1-10 (je nach Belastungshöhe und Leistungsniveau)Pause: 1-2 Minuten

Abb. 10 Veränderung der Belastungshöhe und der Wiederholungszahl beim Pyramidentraining (nachGrosser 1994, 73)

Aufgaben9. Im Zustand der Hypnose vermögen Untrainierte ihre Maximalkraft in höherem

Masse zu steigern als Trainierte. Wie ist das zu erklären?10. Zwei Sportler haben im Bizeps den gleichen Muskelquerschnitt. Sind sie auch

gleich kräftig, d.h. haben sie die gleiche Maximalkraft?11. Bodybuilder und Gewichtheber trainieren beide mit schweren Gewichten und

haben dementsprechend eine gut entwickelte Muskulatur. Ihre Zielsetzung istjedoch völlig verschieden. Kannst Du Dir vorstellen, wie sich dieLeistungsfähigkeit ihrer Muskulatur unterscheidet?

12. Bei der Zielsetzung „Muskelquerschnittvergrösserung“ist es wichtig, dass mannicht in jedem Training die Übungen wechselt, sondern während einigerTrainingseinheiten dieselben Übungen beibehält. Erkläre, welchesportbiologische Gesetzmässigkeit hier zugrunde liegt.

75 kg

80 kg

85 kg

90 kg

95 kg

100 kg 1x

3x

5x

7x

9x

12x

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3.3 Trainingsmethoden für die SchnellkraftMit einer Zunahme der Maximalkraft kann eine gleichbleibende Last schnellerbewegt werden. Deshalb ist beispielsweise in der Leichtathletik, wo entweder daseigene Körpergewicht oder ein Gerät explosiv bewegt werden muss, Krafttraining einwesentlicher Trainingsbestandteil.

Im Schnellkrafttraining wird gezielt die intramuskuläre Koordination verbessert. DieKontraktionsgeschwindigkeit des Muskels wird jedoch durch die zu befördernde Laststark beeinflusst. Bei hohen Widerständen, wie sie zur Verbesserung derintramuskulären Koordination nötig sind, kann der Muskel nur eine geringeKontraktionsgeschwindigkeit erreichen Abb. 11). Wird lange in diesem Bereichtrainiert, gewöhnt sich der Muskel an eine bestimmte Kontraktionsgeschwindigkeit.Der Sportler verfügt dann zwar über mehr Kraft, aber über eine geringereKontraktionsgeschwindigkeit seiner Muskulatur.

Abb. 11 Hill’sche Kurve: Geringere Kontraktionsgeschwindigkeit mit zunehmender Last undumgekehrt. Der oben eingezeichnete Bereich der maximalen Muskelleistung betrifft Untersuchungenan isolierten Muskeln. Im Krafttraining, wo normalerweise ganze Muskelgruppen trainiert werden, istein Bereich von 30-60% der Maximalkraft anzustreben (Grosser 1997, 53)

Für das Training der Schnellkraft haben sich Lasten von 30-60% der Maximalkraftbewährt. In diesem Bereich erbringt der Muskel die beste Leistung (Kraft malGeschwindigkeit). Es ist ein Kompromiss, bei dem die Last für den Muskel einengenügenden Anreiz zur Verbesserung der intramuskulären Koordination darstellt undgleichzeitig eine bestimmte Bewegungsgeschwindigkeit möglich ist.

SchnellkraftmethodeBewegungsausführung: explosiv-schnellGewicht: 30-60% der MaximalkraftWiederholungen: 6-8 (höchstmögliche Geschwindigkeit darf nicht abfallen)Pause: 3-5 MinutenSerien: 3-5

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Übungsbeispiele:Für die Sprungkraft der Beine:Mit der Langhantel: Kniebeugen mit anschliessender explosiver BeinstreckungFür die Stosskraft der Arme:Mit Langhantel: Bankdrücken mit explosiver Armstreckung

Für eine besondere Ausprägung der Schnellkraft sorgt die folgende Methode, die vorallem im Spitzensport Anwendung findet. Sie bewirkt eine ausgeprägteVerbesserung der intramuskulären Koordination.

Plyometrische Methode, Niedersprung-MethodeBewegungsausführung: Niedersprung von erhöhtem Niveau (z.B. von einem

Schwedenkasten) mit sofortiger anschliessenderBeinstreckung. Wichtig ist ein kurzer Bremsweg und eineschnelle Umkehrphase.

Sprunghöhe: ist so zu bemessen, dass schnelle Umkehr undExplosivität gewährleistet ist.

Wiederholungen: 6-8, mit ca. 5 sec. Pause zwischen den WiederholungenPause: Serienpause 5-8 MinutenSerien: 3-5

Bei Anwendung der Niedersprung-Methode ist auf allmähliche Belastungssteigerungzu achten. Bezüglich der Beinstreckmuskulatur stehen deshalb anfangsHüpfübungen (beidbeinig, einbeinig), später Sprungübungen (z.B. Sprünge überniedrige Hürden), dann schliesslich Niedersprünge von erhöhtem Niveau auf demProgramm (Grosser 1997, 73ff)

Aufgaben13. Wann sollte ein Hochspringer im Krafttraining die Methode der

Muskelquerschnittsvergrösserung anwenden, und welche Gefahren kann diesesTraining für ihn mit sich bringen?

14. Wieso sind unter den leichtathletischen Werfern die Kugelstösser oft die grösstenMuskelpakete und die Speerwerfer – vergleichsweise - weniger muskulös?

15. Ein Kugelstösser hat zwei Monate lang zur Steigerung der Maximalkraftausschliesslich mit schweren Gewichten trainiert. Trotz einer deutlichverbesserten Maximalkraft ist seine Leistung im Kugelstossen schlechter als vordem Krafttraining. Wie ist das zu erklären?

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4 Grundsätze eines Krafttrainings

4.1 TrainingsprinzipienFür das Krafttraining gelten die gleichen Trainingsprinzipien, wie sie im Skript„Ausdauer“(Kapitel 7) besprochen worden sind. An dieser Stelle wird darauf nichtmehr eingegangen.

4.2 Aufwärmen und Dehnen

4.2.1 AufwärmenSoll ein Krafttraining erfolgreich sein, muss es auf den Organismus eineentsprechende Belastung ausüben. Um aber von Beginn an entsprechendeBelastungen tolerieren zu können, muss der Organismus in eine höhereLeistungsbereitschaft versetzt werden. Diese soll eine höhere Reaktionsbereitschaftdes Zentralnervensystems, eine höhere Muskeltemperatur und einen intensiverenStoffwechsel bewirken.Letzterer gewährleistet eine bessere Ver- und Entsorgung der Muskulatur mitSauerstoff und Nährstoffen, bzw. Kohlendioxyd und Stoffwechselabfallprodukten.Eine höhere Reaktionsbereitschaft des Zentralnervensystems, z.B. durch eineerhöhte Leitfähigkeit der Nervenbahnen, beeinflusst positiv dasKoordinationsvermögen. Ein gutes Koordinationsvermögen kann wiederum dieGefährdung durch Verletzungen, vor allem beim Trainieren mehrgelenkigerKraftübungen wie Kniebeugen, Bankdrücken, Zugübungen usw. einschränken.Die höhere Körper- bzw. Muskeltemperatur erhöht die Dehnfähigkeit undKontraktionsgeschwindigkeit der Muskulatur. Die erhöhte Dehnfähigkeit derMuskulatur schränkt ebenfalls die Verletzungsgefährdung der Muskulatur ein(Grosser 1994, 37).

Jedes Aufwärmen beginnt mit kreislauffördernden Übungen. Das kann ein 5-10-minütiges lockeres Laufen sein, aber auch in Form eines Spiels geschehen, wie esim Schulsport oft vorkommt. In Fitnesscentern, wo der Raum eingeschränkt ist,stehen meist Kreislaufgeräte zur Verfügung, wie z.B. Fahrradergometer, Laufbänder,Rudermaschinen, etc.Der Muskel ist nun soweit vorbereitet, dass mit der Dehnung begonnen werden kann.

4.2.2 DehnenBeanspruchte Muskulatur hat die Tendenz, sich zu verkürzen. Besonders eineMuskelquerschnittsvergrösserung kann zu einer Verkürzung des Muskels imRuhezustand führen. Die sich verdickenden Fasern beanspruchen nämlich einengrösseren Querschnitt. Dadurch üben sie einen Druck aufeinander aus, der zurVergrösserung des Winkels ( ) zwischen Faser und Sehne führt (Abb. 12). DieRuhelänge des Muskels wird geringer.

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Abb. 12 Modell zur Verdeutlichung der Auswirkung einer Faserhypertrophie auf die Muskellängeeines gefiederten Muskels. A: vor, B: nach Hypertrophie. Die Vergrösserung des Faserquerschnittsvon q auf q‘führt zu einer Vergrösserung des Winkels auf ‘und damit, bei gleichbleibenderFaserlänge, zu einer Verkürzung des Muskels um die Strecke d (Kloos 1988, 79).

Eine verminderte Dehnfähigkeit und Elastizität stellt für den Muskel unter Belastungaber eine grössere Gefährdung dar.Viele sportliche Techniken verlangen für eine optimale Ausführung auch einentsprechendes Mass an Beweglichkeit. Die gewonnene Muskelkraft nützt einemSportler wenig, wenn er durch Krafttraining seine Muskulatur verkürzt und diegewohnte Bewegungsqualität nicht mehr erreicht. Dass es möglich ist, sowohl dieKraft wie auch die Beweglichkeit gleichzeitig zu schulen, beweisen die Kunstturner,die hervorragende Kraftfähigkeiten mit einer überdurchschnittlichen Beweglichkeitvereinen.Auf keinen Fall sollten Dehnübungen ohne vorausgegangenes Aufwärmen erfolgen.Einerseits besteht dadurch die Gefahr, dass der Muskel beim Dehnen verletzt wird,weil er zuwenig elastisch ist. Anderseits wird der Körper nur durch Dehnen nichtaufgewärmt und ist keineswegs auf die Belastung eines Krafttrainings vorbereitet.

4.3 Anpassung der BelastungMit zunehmenden Lasten steigt die Verletzungsgefahr. Es ist deshalb sinnvoll, denKörper langsam an hohe Belastungen hinzuführen.Will ich z.B. die Schnellkraft der Beine verbessern, dann ist es wenig ratsam, sofortmit einem Niedersprung-Training zu beginnen, obwohl es die grösstenVerbesserungsraten ermöglicht. Ein sinnvoller Aufbau des Krafttrainings sieht hierfolgendermassen aus:

1. Muskelfaserquerschnittsvergrösserung2. Verbesserung der intramuskulären Koordination zur Ausschöpfung des

gewonnenen Potentials3. Spezielles Schnellkrafttraining wie das Niedersprungtraining zur weiteren

Verbesserung der intramuskulären Koordination

Eine spezielles Training mit grosser Belastung des Körpers erfolgt also jeweils aufder Basis eines Trainings zur Muskelquerschnittsvergrösserung. Im Fitness- undBreitensport, wo weniger der Leistungsaspekt als vielmehr der gesundheitliche undästhetische (gute Figur) Wert eines Krafttrainings im Vordergrund steht, wird meistganz auf ein Training der intramuskulären Koordination verzichtet.

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5 Literatur- Ehlenz, H./Grosser, M./Zimmermann/Zintl: Krafttraining. BLV Sportwissen Zürich

1995- Grosser, M./Ehlenz H./Griebl/Zimmermann: Richtig Muskeltraining. BLV

Sportpraxis Top. Zürich 1994- Grosser,M./Starischka, S.: Konditionstraining. BLV Verlagsgesellschaft München

1998- Kloos, G.: Trainingsbiologie für die Schule, Teil 2: Kraft. Schriftenreihe „Thema:

Sport“Nr. 12, Cornelsen Verlag, Düsseldorf 1993- Menche, N.: Biologie Anatomie Physiologie. Urban & Fischer Verlag München

2003- Weineck, J.: Optimales Training. Spitta Verlag, Balingen 1997. 10. Auflage- Weineck, J.: Sportbiologie. Spitta Verlag, Balingen 1998. 6. Auflage