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XVI Bildgebende Verfahren und Referenzwerte 46 Bildgebende Verfahren – 1025 G. Hahn, K. Glutig 47 Referenzwerte – 1043 G. Bruchelt, C.E. Gerber

XVI Bildgebende Verfahren und Referenzwerte · dextra (ACC). Bestimmung des Volumens der Schilddrüse mit der Ellipso-idformel V (ml) = a (cm) × b (cm) × c (cm) × 0,532, wobei

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XVI BildgebendeVerfahren undReferenzwerte

46 BildgebendeVerfahren –1025 G.Hahn,K.Glutig

47 Referenzwerte –1043 G.Bruchelt,C.E.Gerber

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BildgebendeVerfahren

G.Hahn,K.Glutig

46.1 Sonographie –1026

46.2 Röntgen –1029

46.3 Computertomographie –1031

46.4 Magnetresonanztomographie –1034

46.5 Kindesmisshandlung –1038

Literatur –1041

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1026 Kapitel46·BildgebendeVerfahren

46

>> Einleitung

Für Patienten im Kindes- und Jugendalter finden alle bildge-bendenMethodenihreAnwendung:Sonographie(US),konventi-onellesRöntgen(RÖ),Computertomographie(CT),Magnetreso-nanztomographie (MRT)undRöntgen-Angiographie (ANG).BeiderbildgebendenDiagnostikvonKindernwirdgroßerWertaufdieAnwendungröntgenstrahlensparenderMethodengelegt.DasspiegeltsichinderraschenundstetigenWeiterentwicklungvonSonographieundMagnetresonanztomographiewieder. IndenletztenJahrenhabenUltraschall-undMRT-Untersuchungendeut-lich zugenommen. Diese Untersuchungsarten kommen ohneRöntgenstrahlungaus.GleichzeitigistdieAnzahlderRöntgenun-tersuchungenimKindesalterdeutlichgesunken.NurfürdieBeur-teilungvonknöchernenStrukturenundderLungehabensieihreBedeutung behalten. Im Gegensatz zum nordamerikanischenRaumhatdieAnwendungderComputertomographiebeiKindernundJugendlicheninDeutschlandaufgrundderhohenStrahlen-belastungkeinehohenUntersuchungszahlenerreicht.

!CaveKindersindkeinekleinenErwachsenen!

Bildgebende Methoden sollten erst nach vollständiger klinischer Untersuchung und Beurteilung der relevanten Laborwerte sowie weiterer paraklinischer Untersuchungen unter einer konkreten Fragestellung durchgeführt werden. Bisher war die Stufendi-agnostik üblich: Nach einer ersten Ultraschalluntersuchung und konventioneller Röntgenaufnahme erfolgte eine Schnittbildme-thode wie CT und MRT zur weiteren Diagnostik. Diesen Weg des stufenweisen Einsatzes der Bildgebung versucht man jedoch in den letzten Jahren zu verlassen, um effizient und kostengünstig, ohne großes Risiko oder Belastung für den Patienten zur ent-scheidenden Diagnose und der sich anschließenden Therapie zu kommen.

>VorrangfürUltraschallundMRTalsbiologischunschädlichebildgebendeMethodenmitumfassenderAntwortaufklinischeFragestellung!

46.1 Sonographie

Die Sonographie hat als bildgebende Methode den höchsten Stel-lenwert im Kindesalter erreicht und kann in allen Altersgruppen ohne biologische Schädigung angewendet werden. Sie ist das wichtigste und am häufigsten angewendete diagnostische Ver-fahren in der Kinder- und Jugendmedizin. Fast alle Bereiche des kindlichen Organismus können mit dieser Methode sehr gut mit hoher Detailgenauigkeit dargestellt werden. Große Hochleis-tungsgeräte und kleine mobile Ultraschallgeräte findet man im klinischen Alltag zur Untersuchung des beweglichen, sowie des schwerstkranken intensivmedizinisch betreuten Patienten.

Insbesondere hat der Ultraschall zu einem Wandel bei der nicht chirurgischen Therapie von Invaginationen geführt. Es werden Schallköpfe mit Frequenzen von 2–10 (MHz) verwendet. Wichtig ist, dass Ultraschalluntersuchungen am Kind durch ei-nen mit dieser Methode vertrauten Arzt durchgeführt werden, der sowohl deren Grenzen und den diagnostischen Stellenwert der anderen bildgebenden Methoden kennt. Da der Ultraschall-befund in seiner Qualität stark vom Können und der Erfahrung des Arztes abhängt, kann es rasch zu falsch-positiven oder -ne-

gativen Befunden kommen. Dies kann wiederum in teuren, auf-wändigen und den Patienten belastenden Verlaufs- oder Folge-untersuchungen mit anderen Methoden münden.

Mittels Ultraschall lassen sich Weichteile und flüssigkeitsge-füllte Areale bei Kindern sehr gut mit hoher Ortsauflösung dar-stellen. Die in der Diagnostik angewendeten Ultraschallwellen werden an Knochen und Luft reflektiert und/oder absorbiert. Dadurch ergeben sich die wesentlichsten Einschränkungen für den Einsatz der Sonographie. Sonographieuntersuchungen an Säuglingen und Kleinkindern erfordern einen höheren Zeitauf-wand, Betreuungspersonal und umfangreiches Equipment (Bü-cher, CD, Video, Spielzeug u. a.) zum Ablenken der Kinder.

Indikationen.Hauptindikationen sind: 4 transfontanelläre Schädelsonographie beim Säugling

(.Abb.46.1bis46.5) sowie Sonographie des Orbitainhalts,4 Hüftsonographie beim Säugling (.Abb.46.6),4 Spinalkanal beim Säugling (.Abb.46.7),4 Hals, Mediastinum und Pleuraraum (.Abb.46.8),4 Herz,4 Abdomen, Retroperitoneum und Becken,4 Skrotum (.Abb.46.9),4 muskuloskelettales System.

Dopplersonographie.Mit der Dopplersonographie sind funktio-nelle Aussagen über Flussphänomene, nicht nur im Gefäßsys-tem, möglich. Drei Dopplersonographiesysteme können genutzt werden: 4 gepulste Dopplersonographie (PW-Doppler),4 Continuous-wave-Doppler (CW-Doppler),4 farbkodierte Dopplersonographie.

Bei der gepulstenDopplersonographiewird die Blutströmung in Gefäßen gemessen. Sie ist geeignet zur Untersuchung von Hirn- (.Abb.46.3), Abdominal- und Extremitätenarterien sowie von Körpervenen.

Der Continuous-wave-Dopplerkommt hauptsächlich in der Kardiologie zur Abklärung von Klappenstenosen und -insuffizi-enzen sowie von Shuntvitien zum Einsatz.

.Abb.46.1. SonographiedesSchädelsbeimNeugeborenentransfonta-nellärmitbegleitenderMutter:DurchdieoffenegroßeFontanellebeimNeugeborenenundSäuglingkönnenmitemSektorschallkopfdieintrakra-niellenStrukturenuntersuchtwerden.DabeierfolgtdieEinstellungvonstandardisiertenSagittal-undKoronarschnitten.MitderfarbkodiertenDopplersonographiewerdendieintrakraniellenGefäßedargestellt

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.Abb.46.2. TransfontanelläreSchädelsonographie:Beispieleineshin-terenKoronarschnittesinHöhederCisternainterpeduncularis(CIP),nor-malerBefund.SchallkopfnahistgutderInterhemisphärenspaltmitderFalxcerebrizuerkennen(F)

.Abb.46.3. TransfontanelläregepulsteDopplersonographiemitDar-stellungderArteriacerebrianteriorimmedianenSagittalschnitt.DasFrequenzspektrum(gelb)zeigteinennormalensystolisch-diastolischenVorwärtsfluss

.Abb.46.4. TransfontanelläreSchädelsonographie.ParamedianerSa-gittalschnitt.Schizenzephalie.EsbestehteinHirnparenchymdefekt(H).DieserimponiertalseingroßerecholeererflüssigkeitsgefüllterHohlraumokzipital.DadurchentstehteineliquorgefüllteVerbindungzwischendemSeitenventrikelhinterhornunddenäußerenLiquorräumen

.Abb.46.5. TransfontanelläreSchädelsonographie.MittlererKoro-narschnittinHöhedesdrittenVentrikels.ErheblicheasymmetrischeEr-weiterungderSeitenventrikel(SV)alsZeichenfüreinenHydrozephalus.UrsächlichhäufigposthämorrhagischnachintrakraniellenBlutungenbeiFrühgeburtlichkeit

46.1·Sonographie

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1028 Kapitel46·BildgebendeVerfahren

46

.Abb.46.6. Hüftsonographie.NormalbefundeinesNeugeborenen.TypIbnachGrafmitausgereiftemHüftgelenk:guteknöcherne(Osilium–OI)undknorplige(Erker–E)ÜberdachungdesHüftkopfes(HK)mitechoreichemLabrum(L)

.Abb.46.7a,b. SpinaleSonographieimLängs-(a)undimQuerschnitt(b).NormalesechoarmesMyelon(M)undstrich-(a)bzw.punktförmiger(b)echoreicherZentralkanal(ZK).Conusmedullaris(K)inHöhevonLWK2

.Abb.46.8a,b. SchilddrüsensonographieimQuer-(a)undLängs-schnitt(b).Hashimotothyreoiditis.InhomogeneEchotexturdesSchild-drüsengewebes(SD)zwischenTrachea(T)undArteriacarotiscommunisdextra(ACC).BestimmungdesVolumensderSchilddrüsemitderEllipso-idformelV(ml)=a(cm)×b(cm)×c(cm)×0,532,wobeidasEinzelvolu-menderbeidenSchilddrüsenlappenaddiertwird

.Abb.46.9. HodensonographieimLängsschnitt.HydroceletestisdesNeugeborenen.EcholeereFlüssigkeit(FL)imSkrotumbeinormalgroßemhomogenenHoden(H)

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Bei der farbkodiertenDopplersonographiewerden Blutströ-mungen, die auf den Schallkopf zugerichtet sind, rot und solche, die vom Schallkopf weg verlaufen, blau dargestellt. Sehr hohe Flussgeschwindigkeiten sind nicht erfassbar. Mit der Methode kann der genaue Verlauf der Gefäße und die Flussrichtung schnell dargestellt werden. Selbst kleinste Gefäße sind abbildbar. Unklare, im B-Bild zystisch oder tubulär imponierende Struktu-ren lassen sich damit schnell dem Gefäßsystem zuordnen oder davon abgrenzen.

Die gleichzeitige Wiedergabe des zweidimensionalen Schnitt-bildes (B-Mode) und des Dopplerfrequenzspektrums wird als Duplexsonographie bezeichnet.

46.2 Röntgen

Von Röntgenstrahlen ist bekannt, dass sie biologischen Schaden am Menschen verursachen können. Bei welcher Dosis jedoch eine Schädigung der Körperzelle oder der Keimzelle eintritt ist nicht genau bekannt.

!CaveDerbesteStrahlenschutzbestehtdarin,eineRöntgenuntersu-chungnichtdurchzuführen!

Strahlenschutz.Bei Kindern sollte aus folgenden Gründen eine besondere Beachtung des Strahlenschutzes erfolgen:4 hohe Mitoserate der Gewebe im Kindesalter,4 hohe relative Volumendosis durch eng benachbarte Or-

gane, 4 große Strahlenabsorption durch hohen Wassergehalt der

Gewebe,4 größeres Risiko eines somatischen Schadens bei langer zu er-

wartender Lebensdauer,4 Weitergabe des genetischen Materials (potenzielle Eltern).

Für Kinder findet streng dasALARA-Prinzip(»as low as reasonab-le achievable«) Anwendung. Das heißt, dass nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich an Röntgenstrahlung bei Kindern und Jugendlichen verwendet werden soll. Für die rechtfertigende In-dikation einer Röntgenuntersuchung mit der Exposition ionisie-render Strahlung am Kind ist der fachkundige Kinderradiologe verantwortlich. Röntgenuntersuchung ohne diagnostischen Wert oder therapeutische Konsequenz sind zu unterlassen. Al-ternative bildgebende Verfahren ohne ionisierende Strahlung (Ultraschall, MRT) müssen Priorität gegenüber einer Röntgen-untersuchung besitzen.

Voraussetzungen. Röntgenuntersuchungen am Kind sind nur durch speziell ausgebildete Medizinisch-Technische-Assisten-ten/-innen und einen Kinderradiologen, die die Besonderheiten des Strahlenschutzes im Kindesalter beherrschen, durchzufüh-ren. Dazu gehören:4 strahlensparende Röntgentechniken (digitale Radiographie,

Speicherfolientechnik der 2. Generation, gepulste Durch-leuchtung),

4 indikationsgerechte Anzahl an Röntgenaufnahmen,4 kurze Belichtungszeiten und hohe Röhrenspannung (>60 kV),4 optimale Feldgröße durch Einblendung (so klein wie

möglich),4 Anwendung von Filtern laut Röntgenverordnung (Al- und

Cu-Zusatzfilter),

4 auswechselbares Streustrahlenraster,4 Gonadenschutz,4 Immobilisationstechniken (Sandsäcke, Kompressorien, Ba-

bixhüllen u. a.).

Indikationen.Häufigste Indikationen für eine Röntgenuntersu-chung bei Kindern und Jugendlichen sind: 4 Röntgen-Thorax bei Verdacht auf Pneumonie (. Abb.46.10

bis46.13),4 Neugeborenenthorax auf der Intensivstation,4 Trauma des Skelettes (.Abb.46.14),4 akutes Abdomen,4 Knochenalterbestimmung,4 Fehlbildungen des Skelettes, der Lunge und des Abdomen,4 Lokalisation von Fremdmaterial und Fremdkörpern

(.Abb.46.15).

Bei den Röntgen-Thoraxaufnahmengeht es meistens um die Ab-klärung bei Verdacht auf eine Pneumonie. Frühgeborene werden

.Abb.46.10. RöntgendesThoraximHängenbeimSäugling

.Abb.46.11. Röntgen-ThoraxaufnahmevomSäuglingimHängenmitaltersphysiologischem,großenThymus(T),dernachrechtsbisindenkleinenLappenspaltreichtundkeinerweiterenDiagnostikbedarf

46.2·Röntgen

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1030 Kapitel46·BildgebendeVerfahren

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.Abb.46.12. Röntgen-ThoraxaufnahmedesFrühgeborenenimLiegen(SpeicherfolienkasetteimEinschubdesInkubators)aufderIntensivstati-onbeiAtemnotsyndromIV.Grades(weißerThoraxmitpositivemLuft-bronchogramm)undTrachealtubusunterBeatmung

.Abb.46.13. Röntgen-ThoraxaufnahmebeiUnterlappenpneumonielinksmitPleuraerguss(PE)

.Abb.46.14a,b. RöntgenaufnahmedesEllenbogengelenkesin2EbenenbeisuprakondylärerHumerusfrakturohneDislokation

a b

auf der Intensivstation geröntgt, um ein Atemnotsyndrom (. Abb.46.3) zu beweisen und im weiteren Verlauf Komplikati-onen wie das interstitielle Emphysem und der Pneumothorax oder eine später sich entwickelnde bronchopulmonale Dysplasie rechtzeitig zu diagnostizieren. Gleichzeitig dienen die Röntgen-aufnahmen der Dokumentation der korrekten Tubus- und Ka-theterlagen am Patienten. Röntgenthoraxaufnahmen beim Kind erfolgen prinzipiell nur in einer Ebene (a.p.). Die seitliche Thorax-aufnahme bietet keine diagnoserelevante Information, verdop-pelt jedoch die Röntgenstrahlendosis.

Bei der Abklärung eines Traumas ist nach wie vor das Rönt-genbild des betroffenen Skelettes in 2 aufeinander senkrecht ste-henden Ebenen die sinnvollste und effizienteste Methode. Bei komplizierten oder unklaren, im Röntgenbild nicht eindeutig zu klärenden, Befunden, kann eine zusätzlich durchgeführte Sono-

graphie, MRT oder seltener CT weitere therapeutisch relevante Informationen erbringen.

Das Knochenalter wird im Kindesalter mit einer Röntgenauf-nahme der linken Hand bestimmt. Im Säuglingsalter erfolgt die Bestimmung mittels einer seitlichen Röntgenaufnahme des Fußes. Der Ossifikationsstand der abgebildeten Skelettanteile wird anhand eines Atlas mit Referenzbildern für unterschied-liche Altersgruppen verglichen und somit dem entsprechenden Alter zugeordnet.

Das intravenöseUrogramm findet im Kindesalter kaum noch Verwendung. Es wurde durch den Ultraschall, das CT und das MRT abgelöst.

Röntgenuntersuchungen, die bei Kindern möglichst vermie-den werden sollten, sind das Schädel-Röntgen beim blanden Schädel-Hirn-Trauma (SHT Grad I–II), Nasennebenhöhlen-

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Aufnahmen zum Ausschluss einer Sinusitis, präoperative Rönt-genthoraxaufnahmen und kontralaterale Skelettaufnahmen zum Seitenvergleich bei Frakturverdacht.

Röntgendurchleuchtungsuntersuchungen haben im Kindes-alter weiterhin noch einen Stellenwert. Dazu gehören:4 Miktionszysto-Urethrogramm (MCU; .Abb.46.16),4 Ösophagus-Magen-Darmpassagen,4 Trochoskopie.

Hierbei ist die Verwendung eines modernen Durchleuchtungs-gerätes mit gepulster Durchleuchtung und anderen strahlenspa-renden Techniken notwendig. Die Lokalisation eines unklaren Thoraxbefundes mittels Durchleuchtung ist heute obsolet und sollte durch andere Methoden erfolgen (US, MRT, CT). Auch Röntgen-Bronchographien mit Kontrastmittel haben ihren Stel-lenwert in der pulmologischen Diagnostik im Kindesalter auf-grund der 3D-CT-Techniken mit virtueller Bronchoskopie ver-loren.

46.3 Computertomographie

Die Computertomographie (CT) ist heute eine bildgebende Me-thode mit sehr weiter Verbreitung. In der klinischen Routine ist sie bis zu 24 h verfügbar. Problematisch bei der Anwendung an Kindern sind die hohe Strahlenbelastung und die notwendige Immobilisation durch eine Sedierung oder Narkose. So sollte vor jeder Indikationsstellung einer CT-Untersuchung überlegt wer-den, ob nicht mit einer anderen biologisch nicht schädlichen bildgebenden Methode die gleiche oder eine bessere Aussage ge-troffen werden kann.

Die CT-Technik hat sich in den letzten Jahren rasant weiter-entwickelt. Mit der Entwicklung des Multislice-CT (MSCT) ist eine sehr schnelle Bildakquisition mit drastischer Verkürzung der Scanzeiten und sehr dünnen effektiven Schichtdicken (im Submillimeterbereich) möglich geworden. Die hohe Ortsauflö-sung mit isotropen Voxeln ermöglicht multiplanare Bildrekons-truktionen. Davon profitieren die kindlichen Patienten, da bei sehr kurzen Scanzeiten Atem- oder Bewegungsartefakte die Bild-qualität kaum noch beeinträchtigen.

Mit dieser CT-Technik sind die Mengen an i.v. Kontrastmit-tel reduzierbar. Die Standarddosis für Kontrastmittelapplikation beträgt ca. 1–2 ml/kg KG. Die neuen CT-Geräte werden zuneh-mend mit strahlensparenden Techniken ausgestattet, so dass die Kontrastmittelmenge sowohl an die Fragestellung und das Volu-men des Patienten angepasst werden kann.

.Abb.46.15. RöntgenaufnahmevonHals,ThoraxundAbdomen(un-tereZahnleistebisBeckenschaufel).NachIngestioneinerKnopfbatteriebefindetsichdiesenochimMagen

.Abb.46.16. Miktionszystourethrogramm(MCU)mitvesiko-urete-ralemRefluxIII.Gradesrechts,seitlicheAufnahme:DasindieBlasegege-beneKontrastmittelzeigteinenRefluxnachkranialindenrechtenUreterunddasNierenbeckenkelchsystem

46.3·Computertomographie

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1032 Kapitel46·BildgebendeVerfahren

46

In der Kinderradiologie hat sich die »Low-dose«-Technik entwickelt. Zur Beurteilung von knöchernen Strukturen (.Abb.46.1) reicht eine extrem niedrige Strahlendosis (ca. 20-mAs-Röhrenstrom) aus. Die entstehenden Bilder besitzen aus-reichende Qualität, um eine diagnostische Aussage zu geben. Trotz der technischen Weiterentwicklungen sollten CT-Unter-suchungen am Kind nur durch den mit der Methode und den Er-krankungen des Kindesalters vertrauten Kinderradiologen durchgeführt werden.

!CaveEineindividuelleDosisanpassungistfürjedeCT-UntersuchungamKinderforderlich.

Indikationen.Weiter bestehende Indikationen für CT-Unter-suchungen, die nicht durch den diagnostischen Fortschritt von Sonographie und MR-Tomographie heute obsolet sind, stellen dar:4 das kindliche Polytrauma (.Abb.46.18),4 höhergradiges Schädel-Hirn-Trauma sowie der akute Notfall

am Schädel (.Abb.46.19),4 Urolithiasis,

.Abb.46.17a,b. Computerto-mographiedesSchädelsbeige-burtstraumatischbedingterPing-pongballfrakturdesOsfrontalerechtsmiterheblichreduzierterStrahlendosis(25mAs),3D-Re-konstruktioninfrontalerAnsicht(a)sowievonoben(b)

a b

.Abb.46.18. ComputertomographiedesAbdomensmitKontrastmitteli.v.beistumpfemBauchtrauma:UnregelmäßigbegrenztefleckförmigehypodenseintrahepatischeParenchymlazerationenundHämatome

.Abb.46.19. ComputertomographiedesSchädelsbeitraumatischbe-dingtemEpiduralhämatomrechtsparietalmiterheblichreduzierterStrahlendosis(25mAs).KonvexbogigehyperdenseBlutungmitbereitsraumfordernderWirkung,erkennbaranderMittellinienverlagerungenachlinksunddemkomprimiertenrechtenSeitenventrikel.EinerascheoperativeEntlastungderBlutungistunbedingterforderlich

4 komplexe Skelettfehlbildungen oder Frakturen,4 Lungenbeurteilung, insbesondere die komplizierte Pneumo-

nie, Fehlbildungen und interstitielle Lungenparenchymer-krankungen (. Abb.46.20bis46.22).

Das intubierte, polytraumatisierte Kind muss schnellstens einer hocheffizienten Diagnostik zugeführt werden. Der Goldstandard beim Polytrauma im Kindesalter ist weiterhin das CT. Vorausset-zung für eine aussagekräftige CT-Untersuchung ist ein stabili-siertes Kind mit zuverlässigem venösem Zugang. Dann können beim abdominellen Trauma sicher Verletzungen der parenchy-matösen Oberbauchorgane wie Pankreasrupturen, Einrisse oder Zerreißungen von Leber, Milz oder Hohlorganen festgestellt

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werden. Freie Flüssigkeit im Abdomen kann identifiziert und quantifiziert werden. Eine akute Blutung lässt sich durch aktiven Kontrastmittelaustritt aus Gefäßen beweisen. Zusätzlich können Frakturen an Rippen, Wirbelkörpern und Becken festgestellt werden. Darüber hinaus sind am Thorax Lungenparenchymkon-tusionen, -lazerationen oder ein Pneumothorax exakt und schnell diagnostizierbar. Anhand der unmittelbar beurteilbaren CT-Bil-der ist eine rasche Entscheidung über operative oder konserva-tive Therapie möglich.

>DieCTistderGoldstandardfürdaspolytraumatisierteKind.

Schädelverletzungen beim polytraumatisierten Kind und Ju-gendlichen geben eine Indikation für ein Schädel-CT. Thera-pierelevante intrakranielle Blutungen sind rasch detektierbar. Zwischen epiduralen (. Abb.46.19), subduralen, intraparenchy-matösen und/oder Subarachnoidalblutung kann sicher unter-

.Abb.46.20. ComputertomographiedesThoraxmitKontrastmitteli.v.:primärabszedierendePneumoniedesrechtenUnterlappens

.Abb.46.21a,b. ComputertomographiedesThoraxbeiBronchusfehl-bildungmitbridgingbronchus.aVolumenrekonstruktionstechnik(VRT)miteinemDoppelkontrasteffektvonLungeundTracheobronchialsys-tem.HervorragendlässtsichdiehoheBifurkationundderatypischeAb-gangdesrechtenOberlappenbronchus(Pfeiloben)undrechtenUnter-lappenbronchusmitÜberkreuzungvonlinks(Pfeilunten)darstellen.

bMultiplanareRekontruktion(MPR)inkoronarerSchnittführungentlangderTracheaundderHauptbronchien.EsstelltsicheindünnlumigerrechterUnterlappenbronchus(Pfeilunten)dar.DerlinkeHauptbronchuszeigtebenfallseinverschmälertesLumen.InderfiberoptischenBron-choskopiekonnteermitdemkleinstenBronchoskopnichtpassiertwerden

a b

.Abb.46.22. ComputertomographiedesThoraxmitvirtuellerBron-choskopie:3D-RekonstruktionsverfahrenderTracheamitBlickvonkrani-alnachkaudalaufdieCarinaundAufzweigungderbeidenHauptbron-chien.Dadurchisteine»bronchoskopische«BeurteilungderTracheo-bronchialwegemöglich

schieden werden. Bei älteren Säuglingen mit bereits verschlos-sener Fontanelle und Verdacht auf Hirndruck besteht ebenfalls eine Indikationen für ein Schädel-CT. Zur Beantwortung dieser Fragestellung ist ein Schädel-CT in »Low-dose«-Technik mit 1/10 der üblichen Strahlendosis ausreichend. Akut neurologisch auffällige Patienten sollten primär mittels einer MRT-Untersu-chung abgeklärt werden. Insbesondere der Verdacht auf ent-zündliche cerebrale Veränderungen sowie Hirntumoren, In-farkte, Sinusvenenthrombosen und Gefäßfehlbildungen sind besser im MRT zu diagnostizieren.

Bei Kraniosynostoseneignet sich eine präoperative »Low-dose«-CT mit anschließender 3D-Rekonstruktion für die

46.3·Computertomographie

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1034 Kapitel46·BildgebendeVerfahren

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Operationsindikationsstellung und 3D-Visualisierung der Schä-delform. Vorzeitige Nahtverschlüsse können zuverlässig darge-stellt werden.

In der Diagnostik der Urolithiasis hat sich in den letzten Jah-ren ein Wandel vollzogen. Der Ultraschall ist die Methode der ersten Wahl geworden. Renale oder ureterale Konkremente las-sen sich meist darstellen. Bei ungenügender Aussage durch den Ultraschall kann ein natives »Low-dose«-CT durchgeführt wer-den. Die CT des Abdomens ohne Kontrastmittel besitzt hierbei die höchste Effektivität, um renale oder ureterale Konkremente zu erkennen.

Hohen diagnostischen Stellenwert besitzt das CT zur Abklä-rung von Lungenerkrankungen im Kindesalter. Das trifft sowohl für akute als auch chronische Erkrankungen der Lunge zu. Häu-figste Indikationen für eine CT-Untersuchung des Thorax sind Infektionen, Metastasen, Lungentumoren, sowie Anomalien der Luftwege, Bronchiektasen und Fremdkörper. Bei einer einseitig »weißen« Lunge in der konventionellen Röntgen-Thoraxauf-nahme trägt das CT zur Klärung des sich maskierenden Befun- des entscheidend bei. Mit Hilfe einer kontrastmittelunter- stützte MSCT kann sehr gut zwischen Erguss, Abszedierung (.Abb.46.20), Tumor, Fehlbildung oder Atelektase differenziert werden. Je nach Fragestellung und Größe des Kindes sollte die Strahlendosis durch den Kinderradiologen individualisiert wer-den. Interstitielle pulmonale Veränderungen der Lunge werden durch dünnschichtige, hochauflösende Bilder im Submillimeter-bereich exzellent dargestellt. Indikationen für eine höhere Strah-lendosis des Thorax-CT sind interstitielle Lungenstrukturverän-derungen und beginnende Bronchiektasen, welche bei hoher De-tailschärfe abgrenzbar sind. Vorteilhaft ist die Möglichkeit mehr-facher Bildrekonstruktionen aus dem akquirierten Rohdatensatz. Ein spezielles »Lungenfenster« dient der Beurteilung der Lun-genstruktur und ein »Weichteilfenster« ermöglicht die Beurtei-lung mediastinaler sowie von Thoraxwandstrukuren.

!CaveDieunklare»weiße«LungeimkonventionellenRöntgenthoraxmussdurcheinThorax-CTabgeklärtwerden.

Fehlbildungenund erworbeneVeränderungenderTracheobron-chialwege(.Abb.46.22) lassen sich ähnlich der fiberoptischen invasiven Bronchoskopie durch die virtuelle Bronchoskopie dreidimensional darstellen. Als Grundlage multiplanarer Re-konstruktion dient ein MSCT-Volumendatensatz mit nahezu isotropen Voxeln. Vorteilhaft ist die Beurteilung poststeno-tischer Abschnitte des Tracheobronchialsystems, die der inva-siven Bronchoskopie nicht zugänglich sind. Durch virtuelle

Bronchoskopie und Rekonstruktion in beliebiger dreidimensio-naler Ausrichtung intrathorakaler Organe gelingt es, enge anato-mische Beziehungen zwischen den zuführenden Luftwegen und den umgebenden Gefäßen oder anderen mediastinalen Struk-turen zu verdeutlichen.

Die Computertomographie kann gleichfalls mit großem Er-folg zur bildgebenden Unterstützung bei minimalinvasiver Dia-gnostik oder Therapie eingesetzt werden (.Abb.46.23).

Im Jahr 2006 wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz eine Erhebung zur Ermittlung repräsentativer Daten der Patienten-exposition bei häufigen pädiatrischen CT-Untersuchungen in Auftrag gegeben (.Abb.46.24). Daraus wurden Vorschläge und Empfehlungen zu Referenzwerten eingebracht.

46.4 Magnetresonanztomographie

Die MRT erzeugt mit bestem Weichteilkontrast und hohem ana-tomischem Detail multiplanare Schnittbilder vom menschlichen Körper. Der Patient wird einem starken Magnetfeld ausgesetzt und durch Hochfrequenzradiowellen angeregt. Das Bild entsteht aus dem daraufhin gesendeten Signal der Wasserstoffprotonen der unterschiedlichen Gewebe im Körper.

>DieMRTistnachheutigerErkenntnisbiologischunschädlich.

Die Magnetresonanztomographie hat sich in den letzten Jahren rasch weiterentwickelt. Diese Methode führt hocheffektiv zur Di-

.Abb.46.23. CT-gestützteLungenstanzbiopsiezurAbklärungeineshilusnahenRundinfiltratesimUnterlappenrechtsbeieinemPatientenmitangeborenemImmundefekt(septischeGranulomatose).Low-dose-Technikmit25mAs

.Abb.46.24. StrahlenbelastungimVer-gleichzwischenRöntgenaufnahmeundCT-UntersuchungbeiKindernundJugendlichen