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2004 was ist eine marke

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Was ist eine Marke?

Wilfried Leven

Ein Produkt wird in der Fabrik hergestellt, eine Marke wird von Kunden gekauft; ein Produkt kann vom Konkurrenten nachgeahmt werden, eine Marke ist einzigartig (Stephen King).

Gliederung:

1. Alles Marke, oder was? 2. Marke: Verschiedene Begriffsvarianten

2.1. Marke = markiertes Produkt – die eher klassische Sichtweise 2.2. Marke = rechtlich geschütztes Produkt – die Sichtweise der Juristen 2.3. Marke = „Intangible Wesenseinheit“ – der Unterschied zwischen Marke

und Leistung 2.4. Marke = wirtschaftliche Sachverhalte – Keine Marke ohne Umsatz 2.5. Marke = Image – Marken entstehen im Kopf der Nachfrager

3. Unternehmensentscheidung und Marktreaktion machen Marken 4. Wann wird ein Name zur Marke? 5. Keine Marke ohne Marketing (-kommunikation) 6. Zusammenfassung Literaturverzeichnis

1. Alles Marke, oder was?

Die Literatur über Marken ist Legion. Und genau dieses „Über“ ist der Punkt: Es wird viel über Marken gesprochen, was aber eine Marke ist, wird seltener aufgearbeitet, so als sei allenthalben klar, was eine Marke ist. So klar, dass darüber kaum mehr gesprochen werden muss und gleich zur Funktion von Marken übergegangen werden kann.

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Gibt es einen – wenn auch vielleicht unausgesprochenen - Konsens über das, was eine Marke ist? Allein schon die begriffliche Vielfalt, mit der Marken beschrieben oder klassifiziert werden, kann als Hinweis dafür gesehen werden, dass es diesen Konsens nicht oder nur bedingt gibt, dass das, was eine Marke ist, recht unterschiedlich verstanden wird. So wird von Marke, von Markenartikel, Markenprodukt, Markenname, von Solitärmarke, von Dachmarke, von Jugendmarke, von Seniorenmarke, von virtuellen Marken, von Primär- und Sekundärmarken, von Markendehnung, von fraktalen Marken (Gerken, 1994) von Brands bzw. Powerbrands, von Hersteller- oder Handelsmarken, von Weißen Marken, „No Brands“, „No Logos“ oder „No Names“ gesprochen. Die begriffliche Vielfalt kann ohne große Anstrengung fortgesetzt werden (Haedrich; Tomczak; Kaetzke, 2003, S.16). „Jeder richtige Eigenname ist ein Markenname.“ (Ries, Ries, 2001, S. 12), so beantworten die beiden Autoren die Frage nach: Was ist eine Marke? Und raten dem Leser, sich wie ein Markenprodukt zu verhalten, um erfolgreich zu werden. Da die meisten Dinge in einem Sprachkreis oder in einer Kultur einen Namen haben, sind die meisten Dinge also auch Marken. Und das auch noch kulturübergreifend. Alles ist Marke! Eine solch breite Definition erscheint wenig hilfreich, denn alles namentlich Benennbare als Marke anzusehen, führt konsequenterweise auch dazu, dass alles, was mit dem Benennbaren gemacht wird, als Markenentwicklung, -führung, -obzoleszen oder -management anzusehen ist. Ob eine solche Sichtweise sinn- und empirisch gehaltvoll ist, muss kaum weiter diskutiert werden. Die durch eine Definition erstrebte Kategorisierung und Ausgrenzung ist mit der geschilderten Begriffsdefinition nicht zu erreichen. „Du bist ja eine Marke“ – so bezeichnet der Volksmund Menschen, die zu einer gewissen Eigenständigkeit neigen. Ist der Mensch eine Marke, wie auch der Titel: „Der Mensch als Marke“ nahe legt (Herbst, 2003)? Ist jedes der ca. 700.000 aktuell in Deutschland rechtlich geschützten Produkte und Dienstleistungen eine Marke? Ist ein Geruch eine Marke, oder eine Tonfolge (Jingle). Sind nur die ca. 55.000 beworbenen Produkte Marken (Hellmann, 2003, S. 12)? Was ist mit der katholischen oder auch der evangelischen Kirche oder dem Islam, den S.O.S. Kinderdörfern, der Caritas oder der Welthungerhilfe, dem Finanz- oder Standesamt, der Charité oder dem Kreiskrankenhaus Bernkastel-Wittlich, der Universität Trier, dem Klingelpütz (für alle Nichtkölner: dem Gefängnis in Köln) oder der Kindertagesstätte Pinneberg? Sind das auch Marken? Ist die Reeperbahn eine Marke, die Porta Nigra oder die Stadt Düsseldorf? Ist der Deutsche Effizienztag, eine jährlich durchgeführte Fortbildungsveranstaltung eine Marke? Ist ein (Lebens-) Ideal eine Marke? Ist die eindeutig gekennzeichnete Kuh Lisa auf der Weide in Sachsen eine Marke? Oder was davon ist keine oder noch keine Marke? Was davon bezeichnet der Wirtschafts- oder Kommunikationswissenschaftler als Marke, was würde der Käufer oder der Konsument, also der berühmte Mann auf der Straße als Marke bezeichnen? (vgl. auch: Kreutz, 2003b)

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2. Marke: Verschiedene Begriffsvarianten Das Markieren von Waren ist offensichtlich in jeder Hochkultur anzutreffen, so sollen schon im alten Ägypten Tonziegel gelabelt worden sein, damit sie von Wettbewerber-Ziegeln zu unterscheiden waren (Esch, 2004, S. 1). Im Mittelalter haben dann auch Dienstleister ihr Angebot gekennzeichnet: Händler hatten mehr oder weniger sprechende Zeichen - also das, was heute als Logo bezeichnet wird - mit denen sie ihre Leistung gegenüber dem Wettbewerb differenzierten. 2.1. Marke = markiertes Produkt – die eher klassisc he Sichtweise Die Marke dient nach diesem sog. klassischen Verständnis als physisches Kennzeichen der Herkunft eines *Markenartikel*s (Mellerowicz, 1963, S. 39). Durch die Markierung erfährt der Nachfrager, wer Hersteller oder auch Anbieter ist: Marken sind Produkte bzw. Dienstleistungen, die auf Kundennutzen ausgerichtet unverwechselbare Leistungen standardisiert in gleich bleibender Qualität offerieren. Marken sind in der klassischen Auffassung *Produktversprechen* des Anbieters an den Nachfrager: Wenn er das Markenprodukt kauft, weiß er was er von wem bekommt. Die Konsequenzen dieses Versprechens auf der Nachfragerseite sollen sein:

- Marken vereinfachen den Suchprozess bei der Kaufentscheidung, - Mindern das Risiko einer Fehlentscheidung - und sparen dadurch kognitive Kapazität, die der Nachfrager stattdessen für

angenehmere oder wichtigere Prozesse nutzen kann. Marken nach dieser klassischen Auffassung sind also vom Hersteller gekennzeichnete Produkte, wobei die Kennzeichnung ein Leistungsversprechen an den Nachfrager und eine Differenzierung im Wettbewerb beinhaltet. Die Marke macht aber der Anbieter; von einer Entsprechung im Markt ist höchstens indirekt die Rede. Wenn aber der Anbieter bestimmt, was eine Marke ist, dann ist es nur folgerichtig, wenn die Entscheidung ein Produkt zu kennzeichnen auch rechtlich Schutz genießt, was zu der weit verbreiteten juristischen Sichtweise von Marke führt. 2.2. Marke = rechtlich geschütztes Produkt – die Si chtweise der

Juristen

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Wenn von 700.000 geschützten Marken gesprochen wird (Hellmann, 2003, S. 12), dann wird Marke im juristischen Sinn verstanden: Jedes Produkt, jede Leistung, deren Namen eingetragen ist, wird als Marke bezeichnet; der Begriff „Marke“ ist in diesem Zusammenhang gleich zu setzen mit dem Begriff „*eingetragenes Warenzeichen*“. Der Anbieter schützt sich gegen Nachahmer. Dass eine solche Kennzeichnung keinen Markenerfolg garantiert, verdeutlichen die zahlreichen Marken-Flops (Haig, 2003). Die Kennzeichnung einer Marke erfolgt in der Regel über einen *Markennamen* (z.B.: Latour, 1996) in Verbindung mit einer besonderen Ausstattung und einem als Wort-, Bild-, Ton-, Geruchs- oder Kombinationszeichen gestalteten *Warenzeichen* oder Logo. Rechtlich können als Marken alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, Geruchszeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstiger Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens zu unterscheiden (§3 Abs. 1 Markengesetz von 1995; vgl. auch Lips, 2001 und die entsprechenden Beiträge in diesem Sammelband). Schützbar sind: Produktdesigns (#Odol#-Flasche), Farbkombinationen (gelb-rot bei #Maggi#), Werbeslogans („Auf diese Steine können Sie bauen“), Hörzeichen (#Telekom#-Melodie), Geruchszeichen (Maggi Würze-Geruch), Geschmackszeichen (#Kinderschokolade#) oder Bewegungszeichen (Bewegung des Zeigefingers der rechten Hand an den Nasenflügel) (Schröder, 2001, S. 313f.; Sattler, 2001, S.44ff.) Der Notwendigkeit eines rechtlichen Schutzes vor Nachahmung soll hier nicht nachgegangen werden (dazu gibt es zwei einschlägige Artikel in diesem Buch); offensichtlich ist aber, dass eine Definition des Begriffs Marke, die das zu einer Marke macht, was der Anbieter als Marke bezeichnet sehen will, erst einmal keinerlei Markt- resp. Nachfrageraspekte berücksichtigt. Wenn aber starke Marken für den Unternehmenserfolg (vgl. z.B. Koppelmann, 2001, S. 43; Dahm, Neumann, 2002, S. 82) oder den Unternehmenswert (Esch, 2004, S. 14) bestimmend sind, dann kann mit dem Begriff Marke nicht die vom anbietenden Unternehmen selbst definierte Marke gemeint sein. Die Relevanz-Gründe der Marke für den Anbieter werden darin gesehen, dass durch die Marke

- das eigene Angebot von dem des Wettbewerbs differenziert werden kann, - eine Plattform für weitere neue Produkte geschaffen wird (Brand- oder *Line-

Extensions*), - die Basis für Lizenzierungen geschaffen wird, - ein Bollwerk gegen Nachfragekrisen oder Einflüsse der Wettbewerber

geschaffen wird (Esch, Wicke, 2001, S.12). Aspekte, die auch der Markt einer Leistung zubilligt, nicht allein der Anbieter. Eine Marke im Sinne von markenrechtlichem Schutz ist eine durch den Anbieter

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selbsternannte Marke. Eine Marke im Sinne des Marketings ist aber kein Selbstzweck und muss mehr sein als die Attribuierung eines Angebots mit einem Namen. Sie muss eine Entsprechung im Anbieter-Unternehmen selbst (Mitarbeiter), im Wettbewerb und bei Nachfragern beinhalten. Die markenrechtliche Eintragung selbst ist als Investitionsentscheidung zu sehen: Ist der Erwartungswert (oder ein ähnliches Konstrukt) des Schadens aus wegen fehlender Eintragung nicht juristisch verfolgbarer Nachahmung größer als die Kosten des Schützens, wird ein Schutz vom Anbieter angestrebt werden. Die Entscheidung, eine Leistung markenrechtlich schützen zu lassen, beinhaltet nicht die unternehmerische Grundsatzentscheidung, eine Marke im Markt zu implementieren. 2.3. Marke = „Intangible Wesenseinheit“ – der Unter schied zwischen

Marke und Leistung Das Beispiel der Händler des Mittelalters verdeutlicht aber auch, dass dieses klassische Verständnis von Marke der Realität insofern nicht gerecht wird, als es Marke und Artikel bzw. Produkt im Markenartikel integriert. Die Händler des Mittelalters haben aber keine bzw. nicht nur Artikel mit ihrem Logo gekennzeichnet, sondern ihren Handelsbetrieb. Sie haben ihren Handelsbetrieb als Gesamtleistung gebrandet; das Unternehmen war die Marke, nicht die gehandelten Produkte. Eine Marke ist nicht automatisch ein Produkt oder eine konkrete Leistung, sondern „eine intangible Wesenseinheit, die einen Namen hat und von der … Konsumenten ein Vorstellungsbild besitzen“ (Steffenhagen, 2004, S. 170). „Das unter dem Namen der Marke angebotene Markenprodukt ist ein Sachgut bzw. eine Dienstleistung, das bzw. die bei den Nachfragern des Produktes einen spezifischen Bedarf zu decken vermag.“ (Steffenhagen, 2004, S. 170); den Gedanken Steffenhagens sollte man über die utilitaristische Bedarfsdeckung hin zur Begeisterung ausdehnen, denn viele unter eine Marke angebotene Produkte, Dienstleistungen oder Services haben mit Bedarf und dessen Deckung kaum mehr etwas zu tun. Generell gilt: Erst durch die gedankliche Trennung zwischen *Marke* einerseits und *Markenprodukt* andererseits wird es möglich, mehrere Markenprodukte oder Markenproduktfamilien einer einzelnen Marke zuzuordnen. Die Produktrange von Nivea besteht nicht aus einzelnen Marken. Die Marke ist #Nivea#, jedes Produkt der Range ist ein Nivea-Markenprodukt. Die Unterscheidung zwischen Marke und Markenprodukt weist auf einen weiteren Sachverhalt hin: In den Fällen, in denen hinter der Marke eine organisationale Einheit steht (Team, Profit Center, Betrieb, Unternehmen, Verein etc.), ist das, was man unter *Corporate Identity* oder *Unternehmenskultur* versteht, eng mit der Marke bzw. *Markenidentität* verknüpft, so dass zu fragen ist, ob eine

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Unternehmenskultur ohne unternehmerische *Markenkultur* möglich bzw. sinnvoll ist. Wenn aber Corporate Identity und *Brand Identity* eng miteinander verknüpft sind, dann kann eine Marke nur dann effizient geführt werden, wenn deren Markenpersönlichkeit bei den Mitarbeitern des Herstellers selbst und denen der Absatzkette verstanden, akzeptiert und präferiert wird – Zielgruppen, die häufig genug vergessen werden (anders bei dem Beitrag von Burmann in diesem Sammelband oder bei Esch, 2004, S. 8ff.). 2.4. Marke = wirtschaftliche Sachverhalte – Keine M arke ohne Umsatz Durch den Begriff „Konsument“ in obigem Zitat (Steffenhagen, 2004, S. 170) werden Marken auf Anbieter (Marke) und (Tausch-) Güter (Markenprodukt) im wirtschaftlichen Sinn eingeschränkt. Umgekehrt: Alles, was nicht konsumiert oder nachgefragt wird, ist keine Marke. Es scheint sinnvoll, den Begriff Marke auf den wirtschaftlichen Bereich einzugrenzen und nicht alles, was benennbar ist, als Marke anzusehen, denn das Vermarkten einer Leistung gegen Entgelt gehorcht zumindest zum Teil anderen Gesetzmäßigkeiten als das Aufbauen einer Person zur Kanzlerpersönlichkeit. Nur im ersten Fall sind alle Instrumente des Marken-Marketings einsetzbar. Eine Person der Politik wird beispielsweise Involvement-Niveaus (Leven, 1988) hervorrufen können, die marktgängige Leistungen bei Nachfragern nicht erreichen und damit andersartige imagebildende Strategien und Taktiken ermöglichen. Umgangssprachlich mag der Bundeskanzler oder eine andere Person des öffentlichen Lebens vielleicht als Marke bezeichnet werden, unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist diese Sichtweise unerheblich, solange kein wirtschaftliches Angebot und/oder keine wirtschaftliche Nachfrage daraus resultiert. Umgekehrt gilt entsprechend, wenn ein Michael Schumacher, ein Phil Collins oder ein Altbundeskanzler sein Image nutzt, um Leistungen wie Merchandising, Rockmusik oder Reden zu vermarkten, dann sind diese Personen konsequenterweise zu Marken im betriebswirtschaftlichen Sinne („Intangible Wesenseinheiten“) und ihre Angebote zu Markenprodukten geworden. 2.5. Marke = Image – Marken entstehen im Kopf der N achfrager Die oben beschriebene Markierung kann im Sinne des Marketings nur eine Vorstufe sein: Ein Anbieter labelt das Unternehmen bzw. die Leistung, damit sie für den Nachfrager visuell, auditiv, haptisch oder olfaktorisch erkennbar und damit sprachlich benennbar und differenzierbar wird, denn der Name, das Logo, das

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Signet, die Bild- oder die Wort-Bildmarke, die Geruchs- oder Hörmarke individualisieren auch eine Leistung. Was einen Namen hat, kann benannt werden und lässt sich unterscheiden (Leven, 2003, S.12). Was eine Marke am Markt ausmacht, spielt sich vor allem in den Köpfen der Nachfrager ab: Vorstellungen, Images, Vorurteile, Markenbilder sind in der Literatur gebrauchte Begriffe, die für diese wirkungsbezogene Sichtweise des Begriffs Marke stehen. Domizlaff sprach schon 1939 davon, dass der Wert eines Markenartikels auf dem Vertrautsein des Verbrauchers mit dem Gesicht des Markenartikels beruhe (Domizlaff, 1992). Heute muss man konsequenterweise die Begriffe Konsument und Verbraucher durch Nachfrager und Nutzer ergänzen, denn längst sind Marken nicht mehr nur Konsumgüter, sondern auch Gebrauchs- und Investitionsgüter und (Dienst-) Leistungen. Wir sprechen nicht mehr nur über B2C-, sondern auch über B2B-Märkte. Eine Marke kann nach dieser nachfragerorientierten Sicht als ein in der Psyche des Nachfragers verankertes, unverwechselbares *Vorstellungsbild* von einer Leistung verstanden werden. Marken sind also nicht die anbietenden Unternehmen, nicht die angebotenen Produkte oder Leistungen, sondern das Wissen (Ratio), die Wertschätzungen (Emotionen) darüber. Marken sind dementsprechend Einstellungsobjekte:

Marken sind Images . *Image*s, Einstellungen, Vorstellungsbilder sind psychische Konstrukte, nach gängiger Lehrmeinung bestehend aus rationalen und emotionalen Komponenten und daraus resultierenden Handlungsabsichten (vgl. z.B. Müller-Hagedorn; Leven, 1981; Trommsdorff, 1975; Trommsdorff, 1998). Images sind ex definitione gegen Veränderungen ziemlich resistent, weil sie anderenfalls die wichtige Funktion der Strukturierung und damit Vereinfachung der Wahrnehmung nicht besitzen würden. Diese Resistenz bedeutet auch, dass Marken einen relativ harten und konstanten *Markenkern* (= konstante Basis der Einstellung des Marktes gegenüber der Marke) haben müssen, damit sich Nachfrager an der Marke „festhalten“ können. Unter diesem Gesichtspunkt ist fraktal mehr als fatal. Folgt eine Marke fraktal ausschließlich dem Zeitgeist, so wird sie „zur Hure der jeweiligen variierenden und heterogenen Zielgruppenbedürfnisse“ (Esch, Wicke, 2001, S. 42) und verliert die kognitiven Anker, die der Nachfrager benötigt, damit er ein virulentes Markenbild aufbauen oder beibehalten kann. Den sich im Zeitablauf wandelnden Begeisterungsfaktoren wird der Markenkern mittels Markenpflege angepasst, damit die Marke nicht veraltet und abstirbt. Marke sein, heißt also nicht starr und immobil zu sein, sondern sich adäquat zum (Werte-) Wandel der Nachfrager weiter zu entwickeln: "#Persil# bleibt Persil, weil Persil nicht Persil bleibt" (Bodo Rieger).

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Brandmeyer fordert *Selbstähnlichkeit* bei der Evolution des Markenkerns (Brandmeyer, 2002, S.37f.) Marken sind Images. Das bedeutet auch, nicht das Unternehmen, das Produkt oder die Dienstleistung selbst sind die Marke, sondern das Bild im Kopf des Nachfragers ist die Marke! #Aspirin# ist nicht als Tablette (=Markenprodukt) eine Marke, sondern offensichtlich deshalb, weil der Nachfrager mit Aspirin die Erwartung verbindet, Schmerzen loszuwerden, pathetisch ausgedrückt: Das Leben lebenswerter zu machen in der Lage ist (= Begeisterungsfaktor). Warum sollte man sich sonst so etwas wie eine Tablette einprägen, einen Namen merken, eine Vorstellung aufbauen und beibehalten, wenn nicht damit eine subjektive Begeisterungserwartung verbunden ist. Und welche Begeisterungserwartung ist stärker als die auf ein lebenswerteres Leben; häufig übersetzt mit Freude oder Glück, mit Erleben, mit Bedürfnisbefriedigung oder Nutzenerwartung. Man kauft Marken, die Erlebnisse und Gefühle vermitteln, keine Funktionen (Opaschowski, 1998). 3. Unternehmensentscheidung und Marktreaktion mache n

Marken Damit die angesprochenen Images entstehen, bedarf es einer grundsätzlichen Entscheidung des Anbieters, aus der Leistung eine Marke machen zu wollen. Eine Marke entsteht nicht, sie wird gemacht; der Akteur ist nicht der Markt, nicht der Wettbewerb, sondern der Anbieter. Folgt man dabei einem offensichtlich so altmodischen Konstrukt wie dem *Grundmodell der Entscheidungstheorie*, dann ist bei Entscheidungen die effizienteste Handlungsalternative zum Erreichen der vorher festgesetzten Ziele unter Berücksichtigung möglicher Umweltzustände zu wählen. Für die Entscheidung, eine Marke zu entwickeln, bedeutet dies, unter Berücksichtigung der Nachfrager, der Mitarbeiter, des Wettbewerbs und der autonomen Marktentwicklung (= Umweltzustände) eine Markenidentität, also eine Positionierung aktiv zu entwickeln, die real erreichbar erscheint (Ziele) und genügend operational beschrieben ist, so dass sie für längere Zeit Grundlage aller Markenentwicklungsaktivitäten sein kann. Das Berücksichtigen der Nachfrager und der Mitarbeiter hat zur Folge, dass deren Wertesystem, deren Begeisterungsfaktoren aufgegriffen werden; eine Markenidentität, deren Inhalt für Nachfrager uninteressant ist oder abgelehnt wird, nützt wenig oder schadet. Gleichzeitig wird deutlich, dass eine Positionierung kein sachliches Aufzählen rational begründbarer Leistungsvorteile ist, sondern ein auf positive Emotionen im Wertesystem der Nachfrager zielendes Konstrukt; die

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Nachfrager sollen – pathetisch ausgedrückt – die Marke lieben, sie sollen Fans nicht Kunden sein (vgl. auch Pringle; Gordon, 2002). Die bei Nachfragern zu verankernde, emotionale Markenposition stellt hohe Anforderungen an die Markenkommunikation (vgl. Boltz, 1994; Boltz, 1999): Einmal dadurch, dass Markenkommunikation nicht nur das Marketinginstrument „Kommunikationspolitik“ umfasst, sondern alle Marketinginstrumente, denn auch die Konditionenpolitik, vor allem die Preishöhe kommunizieren die Markenidentität. Analoges gilt für die Distributionspolitik, denn das Image des Absatzkanals definiert die Wertschätzung gegenüber der Marke mit. Der Vertriebsweg Apotheke beispielsweise dürfte Assoziationen zu „gesund“ und „Premium“ bei Konsumenten induzieren (Underhill, 2004). Zum zweiten dadurch, dass Kommunikationsinhalte und -messages den Vorstellungswelten der Zielgruppen (vgl. z.B.: Schindelbeck, 2003; Kreutz, 2003a) entsprechen müssen, um effizient zu sein. Nicht die Kreativität der Idee als solche garantiert effizienten Erfolg, sondern die an Zielgruppenbedürfnissen relativierte Kreativität der Botschaften (vgl. auch Halstenberg, 1996 oder Steffenhagen; Dahm; Nickel, 2003). Man kann davon ausgehen, dass in diesem Bereich am heftigsten „gesündigt“ wird, wird Werbung doch nach gängigen Maximen ausschließlich oder überwiegend nach Kreativität oder dem, was Entscheider darunter verstehen und Gefallen im Sinne von „das ist aber schön“ beurteilt (Leven 1983a, 1983b, 1987, 1991, 1996a, 1996b, 1997). Zum dritten werden hohe Anforderungen dadurch gestellt, dass die Markenkommunikation im Zeitablauf evolutionär, aber selbstidentisch weiter entwickelbar sein soll; gemeint ist damit das, was im werblichen Bereich als Kampagnenfähigkeit einer Idee bezeichnet wird: Die Basismessage bleibt identisch, die Umsetzung und Ausformung entwickelt sich evolutionär. Der obige Rekurs auf den Wettbewerb bei der Definition der Markenidentität stellt klar, ob eine eigenständige, eine unique Positionierung oder eine *Me-too-Positionierung* angestrebt wird. Beides hat seine Berechtigung im Markt, wie wohl die klassische Markensicht von einer Einzigartigkeit der Marke ausgeht und ein gravierender Mangel für die Schwäche einer Marke darin gesehen wird, dass die Ähnlichkeit zum Wettbewerb zu groß und der monopolistische Bereich zu klein ist. Ein empirisches Beispiel, das allerdings von der Nachfragersicht ausgeht, dazu: Nach der Studie „Brand Championship 2002“ haben von über 400 Konsummarken aus 15 verschiedenen Branchen in Deutschland mehr als 66 % kein klares Profil beim Nachfrager und siedeln im Diffusen (Student, Werres, 2002, S. 113; Berger, 2002, S. 10). Eine Anmerkung am Rande: Hier wird von einer einzigartigen Positionierung gesprochen, denn nicht die Marke oder die Leistung müssen einzigartig sein, sondern in den Köpfen der Nachfrager muss ein einzigartiges Image entstehen; auch wenn zwei Leistungen z.B. chemisch überwiegend identisch sind (Waschmittel), kann das Image bei Konsumenten, das aus uniquen Positionierungen resultiert, einzigartig sein. Wenn man dieses Unique auf klassische

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Nachfragepolitik übersetzt, bedeutet das: Jede Marke hat einen monopolistischen Bereich. Markenentwicklung ist (graduell) Monopolbildung! Die nachfragerorientierte Markensicht erfordert als notwendige, nicht hinreichende Bedingung die Festlegung der Markenidentität durch den Anbieter. Hinreichende Bedingung ist die Reaktion des Marktes, durch die ein Markenimage entsteht, gefestigt und weiterentwickelt wird. Nicht der Markt macht Marken, nicht der Anbieter macht Marken, sondern der Anbieter stößt den Markenbildungsprozess durch entsprechendes Marken-Marketing an und der Markt übernimmt mehr oder weniger intensiv die Marke – oder auch nicht. Und damit sind wir bei der Frage, wann aus einem Namen, einem Label oder dgl. eine Marke wird bzw. geworden ist. 4. Wann wird ein Name zur Marke? Marken sind Images. Das heißt aber auch, eine Marke kann nur werden, was auch die Kraft hat, ein positives, relevantes und unverwechselbares Image in den Augen der Nachfrager aufzubauen. Ob das für Produkte und Leistungen zutreffen kann,

- die deutschlandweit mit weniger als 1 Mio. € Werbe-Etat eingeführt werden, was für mehr als 50 % aller Neueinführungen des Jahres 2001 gilt oder

- die deutschlandweit mit einem Werbeetat unter 2 Mio. € pro Jahr auskommen müssen, was 2001 immerhin für ca. 50 % aller sog. „Markenartikel“ gilt (Plewe, 2001, S. 18),

sei einmal dahingestellt. Die Vermutung liegt aber nahe, dass das Budget nicht ausreicht, um genügend Kontakte in der Zielgruppe zu erreichen, dass sich ein Image aufbauen, festigen oder erhalten kann (Unausgesprochenen liegt hier wieder die Sichtweise von Marke vor, dass ein benanntes Produkt eine Marke sei; eine Sichtweise, die hier nicht geteilt wird). Nicht jeder Name ist also einer Marke gleich zu setzen; das Benannte ist erst einmal nur ein Produktname, ein Label, ein Firmenname oder dgl.. Die Frage, die nun entsteht, ist natürlich die, unter welchen Markt- resp. Nachfragerbedingungen ein Name zu einer Marke wird, wurde bzw. ein Name eine Marke ist. Eine Antwort darauf sucht man in der Literatur meines Wissens nach vergeblich, was die Operationalität des Markenmanagements und der Erforschung des Markenwesens wenig dienlich sein dürfte. Eine pragmatische und praktikable Antwort darauf, wann ein Angebot als Marke bezeichnet werden kann, liefern zumindest ansatzweise *Markenbewertungsmodelle*. Ohne jetzt darauf eingehen zu wollen, welches der zahlreichen konkurrierenden Modelle für Zwecke der Markenführung wie gut

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geeignet ist (Geffken wirft pauschal den Modellen vor, dass sie die Realität nicht richtig abbilden (Geffken, 2002a, S.97)), werden zur Bestimmung des Wertes einer Marke häufig herangezogen:

- finanzielle Faktoren, z.B.: o Gewinnentwicklung, o Zukunftsperspektiven, o Gewinn-Umsatz-Relation

- rechtliche Faktoren, wie: Markenschutz, o Waren-/Dienstleistungsverzeichnis, o Markenumfeld, o Internationaler Schutzbereich,

- Markenstärke - Faktoren, z.B.: o Marktanteil, o Distributionsgrad, o Marketingaktivitäten, o Markenauftritt, - potenzial,

- Nachfragerfaktoren, z.B.: Markenimage, o Ratio, Emotio, Sozio, o Akzeptanz, Kompetenz, o Influenz, Prägnanz

(hier beispielhaft die Parameter eines Markenbewertungsmodells (Kaeuffer, 2001, S. 269)); einen Überblick über Markenbewertungsmodelle findet man z.B. in: Dahm, Neumann, 2002 S. 82 ff.; Hupp, 2002, S.90ff.; Schimansky, 2004; Yüksel, 2003; Seiwert, 2004; vgl. z.B. auch Riesenbeck, Perrey, 2004, S. 302 ff.). Grob gesprochen beruhen die Parameter

- zum Teil auf unternehmerischen Entscheidungen (*finanzorientiertes Markenwertverständnis*) und

- zum Teil auf Marktreaktionen (*nachfragerorientierter Markenwert*), die das gegenwärtig Erreichte und die Zukunftsperspektiven in ein Kalkül einbeziehen (GWA, 2002). Verbindet man die hier beispielhaft aufgelisteten Faktoren zu einem empirisch gehaltvollen Modell, dann ist die Feststellung, unter welchen Bedingungen keine Marke vorliegt, einfach: Wenn sich bei

- nicht-kompensatorischen *Markenwertmodelle*n oder bei - kompensatorischen Modellen im Bereich des nachfragerorientierten

Markenwerts (sofern kompensatorische Modelle bei der hier getroffenen Definition von Marke überhaupt noch reliabel sind)

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ein Markenwert von Null oder nahe Null ergibt, kann man nicht von einer Marke sprechen. Der Name oder das Produkt bzw. die Leistung ist eine Nicht-Marke, ist kein Markenartikel, wie der schon mal zitierte Mann auf der Straße sagen würde. Aber wann ist es denn nun eine Marke? Wenn der oben angesprochene Wert eines Markenbewertungsmodells deutlich größer als Null ist. Wie weit er von Null mindestens entfernt sein muss, kann vielleicht analog zum Vorgehen in Wettbewerbsprozessen pragmatisch bestimmt werden: eine Marke ist nur dann gegeben, wenn bei mindestens 10 % der Nachfragerzielgruppen ein entsprechendes Image (vgl. Nachfragerfaktoren) messbar ist. Wie groß der hier mit 10 % angenommene Wert realiter wirklich sein sollte, sollte empirisch über Markenwertmodelle bestimmt werden. Vorstellbar ist es, die konkreten Variablenausprägungen von Markenbewertungsmodellen in Bezug auf eine Marke mit Aussagen von Nachfragern, welche der Namen denn als Marke angesehen würden, zu matchen bzw. vergleichen. Um sicher zu stellen, dass von Marke nur dann gesprochen wird, wenn Marktreaktionen messbar sind, dürfen nicht schon alleine die Entscheidungen des Anbieters oder der Absatzkette eine Marke definieren. Finanzielle, rechtliche Faktoren und Markenstärke bestimmen zwar den Wert einer Marke mit, aber eben diskontinuierlich.

Finanzieller Wert einer Ma rke

Marken-spezifische

Kosten

Marken-spezifische

Erlöse

Psycho-logische Stärke

Sonstiges z.B. recht.

Schutz

Dehnungs- potent ial

Marken-spezifisches Risiko

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Abb. 1: Einflussfaktoren zur Bestimmung des Markenwertes (Wirtschaftswoche Nr. 25, 13.06.2002) Natürlich enthält die Abgrenzung, wann ein Angebot als Marke zu bezeichnen ist, Willkür, die nur vordergründig in den angesprochenen 10 % liegt. Die Willkür kann vor allen Dingen aus der Abgrenzung des relevanten Marktes und damit der Marktgröße und des Wettbewerbs resultieren: Je kleiner der relevante Markt, desto leichter ist es, eine messbare Nachfragerreaktion hervorzurufen, desto geringer kann auch der Mitteleinsatz zum Markenaufbau sein. Wird der Markt also nur genügend klein definiert, entsteht aus dem Angebot eine Marke, wenn der Anbieter die unternehmerische Entscheidung trifft, aus diesem Angebot eine Marke machen zu wollen. Und damit wäre man wieder nahe der Definition, die oben abgelehnt wurde, nämlich: Produkt = Name. Die Untergrenze dieser Vorgehensweise ist aber dann erreicht, wenn die aus der Entscheidung, aus dem Angebot eine Marke machen zu wollen, resultierenden Kosten höher werden als der zu erwartende Erlös. Das gilt für den B2C-Bereich genauso, wie für den B2B-Bereich. 5. Keine Marke ohne Marketing (-kommunikation) Marken sind Images, Bilder im Kopf. Die Images entstehen über Kommunikation; d.h. Marken entstehen über Kommunikation. Man muss hier nicht den Unsatz kommunizieren, „es gibt keine Nicht-Kommunikation“, um die Aussage zu begründen. Alles kommuniziert, das Produkt selbst, der Preis, die Distribution, deren Veränderungen im Zeitablauf, die Medien, gesellschaftliche Wertvorstellungen, die Käufer, die Nutzer ebenso wie die Nicht-Käufer und Nicht-Nutzer. Aber zusätzlich braucht eine Marke, um eine solche zu werden und zu bleiben, die gezielte Marketingkommunikation in Form von Werbung, Public Relation und/oder Below-the-line-Aktivitäten; und natürlich – was manchmal übersehen wird - in Form von Distributionsstrategie (#Mont Blanc#, #Adidas#, #Puma# und viele andere Marken bauen offensichtlich auch unter Marken-Gesichtspunkten eigene Stores auf. Ziel dürfte sein, über Nachfrager-Begeisterungsstrategien die Marke auch unabhängig vom etablierten Handel zu stabilisieren), Servicestrategie oder Preisstrategie. Und da die Notwendigkeit zu kommunizieren landläufig eingesehen wird, resultiert aus dem Implementieren von Marken nicht nur ein Markenwettbewerb, sondern auch ein Kommunikationswettbewerb: Ohne Kommunikation keine Marke!

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Natürlich gibt es auch Marken, die mehr oder weniger ohne klassische Werbung aufgebaut wurden. Genannt werden die Marken #Body Shop# (Parfümerie), #Cadbury# (Schokolade), #Hugo Boss# (Herrenkleidung), #Häagen-Dazs# (Eis) oder #Swatch# (Uhren) (Joachimsthaler, Aaker, 2001, S. 511-524). Daraus, dass diese Marken ohne große (klassische) Werbekampagnen i.e.S. entstanden sind, schließen die Autoren, dass der Einsatz von Werbung zum Aufbau von Marken „historisch“ sei und rufen das Zeitalter der Post-Massenmedien aus, in dem Werbung als Instrument der Markenentwicklung überholt sei (Joachimsthaler, Aaker, 2001, S. 511). Ob aus Einzelbeispielen Gesetzmäßigkeiten ableitbar sind, ist nicht nur wissenschaftstheoretisch eine Frage; hier scheint es aber so, als seien die Besonderheiten der Beispiele so gravierend, dass es schwer fällt eine Gemeinsamkeit daraus abzuleiten. Man könnte auch aus den Beispielen schließen, bei diesen Marken sei Werbeetat durch Kreativität in der Positionierung substituiert worden:

- Body Shop differenziert sich über „Profit mit Prinzipien“: Die Firmenkultur engagiert sich für die Umwelt und soziale Fragen und kommuniziert das entsprechend über Broschüren, Ladengestaltung und PR.

- Cadbury ersetzt Werbung durch einen entsprechenden Erlebnispark - ein Schokoladenmuseum. Die Cadbury World war die erste ihrer Art.

- Hugo Boss: Die Marke wurde über Sponsoring und Product Placement groß. - Nestlé setzt bei einzelnen Marken wie Buitoni (Pasta) auf Kundenclubs mit

Rezeptbüchern und z.B. Verköstigungen im Einzelhandel mit dem Ziel möglichst viele Kundenadressen zu gewinnen.

- Swatch: zur Zeit des Markteintritts wurde eine völlig neue Positionierung angestrebt: Swatch ist Spaß, Preisgünstigkeit, Jugendlichkeit, Mode, Provokation, Freude und das alles im Gegensatz zur Funktionalität anderer Uhren (Joachimsthaler, Aaker, 2001, S. 513-523).

Die Beispiele zeigen: Eine Marke braucht nicht unbedingt Werbung, sie braucht zwar immer Marketingkommunikation, aber Werbung kann durch andere Kommunikationsinstrumente ersetzt werden. 6. Zusammenfassung Wir haben herauszuarbeiten versucht, was eine Marke im betriebswirtschaftlichen Sinn für Marketingzwecke sein kann. Dass der Jurist ein anderes Verständnis von Marke haben kann bzw. muss oder Lieschen Müller Marke wiederum anders auffasst, sei unbenommen. Demnach gilt: Marken sind im relevanten Markt messbare Images, also emotionale und rationale Vorstellungen der Nachfrager über eine marktliche Bedürfnisbefriedigung, über eine

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wirtschaftliche Leistung also, die Begeisterung wecken kann. Marken entstehen durch entsprechende unternehmerische Entscheidungen (Markierung, Rechtsschutz) und Reaktionen der Nachfrager (Wahrnehmen, Kennen, Wissen, Vorstellungen, Gefühle etc.). Marken sind nicht die Produkte oder Dienstleistungen selbst, sondern mit einem (Unternehmens-) Namen verbundene Images, unter dem Produkte und Dienstleistungen angeboten werden. Marken selbst sind „intangible Wesenseinheiten“, das haben uns schon die Händler des Mittelalters vorgemacht. Marken sind Images; deshalb kann nicht alles Marke sein. Marken sind in dem hier gewählten Sinn besondere Wirtschaftsgüter und - dienstleistungen. Wirtschaftsgüter und –dienstleistungen sind dann besonders und damit Marke, wenn der Markt, also die Nachfrager, der Wettbewerb und die Mitarbeiter des anbietenden Unternehmens ein Image (oder – was das gleiche ist – eine Einstellung) zu der Leistung haben, das für das Marktverhalten relevant ist (wir haben von 10 % der betroffenen Verkehrkreise gesprochen). Marken sind Images, die vorwiegend durch wirksame Marketingkommunikation entstehen, erhalten und weiterentwickelt werden. Werbung, Public Relations, One to One Marketing, Direktmarketing, Sponsoring, Product Placement, Permission-Marketing z.B. in Zusammenhang mit dem sog. Mobile Marketing, Internet-Marketing etc. sind Instrumente dieser Marketingkommunikation (deshalb gibt es dazu entsprechende Beiträge in diesem Reader). Wie intensiv welche Instrumente einzusetzen sind, um Markenziele zu erreichen, hängt beispielsweise von der Markt- und Nachfrager- bzw. Konsumentenstruktur, von den Mitarbeitern des eigenen Unternehmens, von den Wettbewerbern, von der Leistung selbst oder auch von so etwas wie Zeitgeist ab. Marken unterliegen einem Lebenszyklus, sie entstehen, wachsen, erreichen ihren Zenith, werden alt, siech und sterben irgendwann (Geffken, 2002b). Der Alterungsprozess lässt sich durch Relaunches hinauszögern, wie Frischzellenkuren das Altern von Menschen hinauszögern, ohne aber den Tod verhindern zu können. Wie es mit Marken weitergehen wird? Lesen Sie den entsprechenden Artikel in diesem Buch. Momentan ist die Marke bei Anbietern und Nachfragern hoch im Kurs und bestimmt den Tagesablauf: Abends kommt der Single dann nach Hause, sinkt in sein #tetesept#-Entspannungsbad, sich ein #Diebels-Alt# („der Moment gehört mir“) gönnend, um sich nach dem Bad mit #NIVEA# Samt und Seide Bodylotion einzureiben, den mit #Sanso# gewaschenen #JOOP!#-Seidenbademantel überzustreifen, um sich gemütlich auf dem #Rolf Benz#-Sofa zu räkeln und das scharfe Bild des #Philipps# (oder wer immer dafür wirbt) Fernsehers zu genießen und dabei #Du darfst#–Leberwurstbrötchen (die Feierabend-Brötchen sind natürlich von #Kamps#) zu essen: „Alles Marke, oder was?“ (Hellmann, 2003, S.11). Und vermutlich wird es so oder ähnlich auch bleiben (G.E.M., 2004), auch wenn keineswegs alle damit einverstanden sind (z.B.: Struck, 2002).

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