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closo-Azadodecaboran NB, , H , ** Von Jens Miiller, Jan Runsink und Peter Paetzold* Rhomboedrisch verzerrte B,,-Ikosaeder sind die Bauein- heiten von elementarem Bor, Anionen rnit exakter Ikosa- edersymrnetrie finden sich in Losungen von Na,[B,,H,,], und zu den Heterododecaboranen mit neutralen, isolierten Ikosaedereinheiten zahlen die drei isomeren Dicarbado- decaborane C,B,,H,,. Sie enthalten rnit Kohlenstoff das elektronegativste Element, das in Molekiilverbindungen rnit der Koordinationszahl 6 auftritt. Wiirde sich der noch elek- tronegativere Stickstoff als Heteroatom in ein Ikosaederge- rust der Zusarnmensetzung NB, ,Hi, isoelektronisch zu C,B,,H,, und B12H122e, einbauen lassen? Eingedenk der Synthese von 1 ,2-C,Bl0H,, durch Schlie- kn der offenen arachno-Struktur von BloHl,L, (L = Lewis- Base) mit den beiden C-Atomen von C,H, haben wir immer wieder versucht, analoge Umsetzungen rnit den zu Acetylen isoelektronischen Iminoboranen['l, z. B. MeB = NMe, durch- zufiihren, hatten dabei aber keinen Erfolg. Die Iminoborane reagieren schneller mit sich selbst unter Oligomerisierung als mit B,,H,,L,. Da uns jedoch unlingst die Herstellung von nido-NB,,H,, 1 gelungen war[21, bot sich jetzt die Chance, das nido-Geriist von 1 durch ein BH-Fragment zu schlie- Bei Zugabe von BH, zu 1 sollten zwei der hydridi- schen H-Atome von BH, rnit den beiden protonischen H- Briickenatomen von 1 zu H, komproportionieren. Tatsichlich laDt sich das offene Clusterboran I in einem UberschuD von Et,N. BH, bei 140°C schliekn [GI. (l)]. jedoch erhalt man zunachst quantitativ die ionogen gebaute Verbindung 2[41. Aus dieser entsteht mit HBF, die korre- spondierende Saure 3, unser Zielmolekul, als sublimierbarer, farbloser Fe~tstoff[~l [GI. (2)]. 1 2 2 1 3 Der Beweis fur die Konstitution von 3 1SDt sich N M R - spektroskopisch fiihren: Drei B-NMR-Dublett-Signale im Verhaltnis 5:5: 1 weisen auf ein B, ,-Geriist mit fiinfzahli- ger Symmetrie und 11 terminalen H-Atomen hin. Das 2D- ItB-l 'B-NMR-Spektrum belegt, daB ein Satz von fiinf aqui- valenten B-Atomen (B7 bis B11) sowohl an einen zweiten derartigen Satz (B2 bis B6) als auch an ein einzelnes B-Atom auf der C,-Achse (B12) gebunden ist. AuDerdem ist kein ['I Prof. Dr. P. Paetzold. J. Muller Institut fur Anorganische Chemie der Technischen Hochschule Templergraben 55. W-5100 Aachen Dr. J. Runsink lnstrtut fur Organische Chemie der Technischen Hochschule Templergraben 55. W-5100 Aachen dert. I"] Dlese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefor- Kreuzpeak beobachtbar, der eine Bindung zwischen B12 und den Atomen B2 bis B6 anzeigen wurde. Die Kopplungs- konstanten JBH = 177, 147 und 150 Hz fur B2 bis B6, B7 bis B11 bzw. B12 deuten an, daD die dem N-Atom benachbar- ten B-H-Bindungen starker sind als die iibrigen. Beim rnit 3 vergleichbaren closo-1-Methyl-1-phosphadodecaboran MePB, ,Hi , geben die entsprechenden Kopplungskonstan- ten von 164,150 und 150 HzL6' denselben Trend wieder. Die sich iiberlagernden Quartetts der drei Arten von H-Atomen sind im H-NMR-Spektrum nicht auflosbar, ihre chemi- schen Ver~chiebungen['~ lassen sich aber im 2D-"B-'H- NMR-Experiment anhand dreier Kreuzpeaks bestimmen. Das N-gebundene H-Atom liefert im H-NMR-Spektrum ein 1 : 1 : 1-Triplett rnit JNH = 62.5 Hz, eine Folge der symme- trischen Ladungsverteilung um das auf der C,-Achse liegen- de 14N-Atom. Die Titelverbindung ist das erste Cluster-Molekiil rnit ei- nem sechsfach koordinierten N-Atom im Geriist. Arheitsvorschrifi 3: 0.50 g 1 [2] werden in 1.00 g Triethylamin-Boran gelost und 3.5 h auf 14O'C erhitzt. Nach Entfernen von iiberschiissigem Et,N . BH, im Vakuum bleibt NMR-spektroskopisch reines Produkt 2 zuriick. das man in 5 mL einer 54proz. Losung von HBF, in Die!hyle!her aufnimmt. Die Losung extrahiert man fiinf- ma1 mil je 20 mL Toluol. engt die Toluolphase zur Trockene ein und sublimiert bei 50'CjO.OOl Torr 0.25 g (47%) 3. Eingegangen am 24. August 1990 [Z 41501 CAS-Registry-Nummern : 1. 131179-98-1; 2. 131180-01-3;3. 131179-99-2; Et,N. BH, 1722-26-5; HBF,. 16872- 1 1-0. [l] P. Paetzold. Ah. Inorg. Chem. 31 (1987) 123. [2] J. Miiller. P. Paetzold, R. Boese. Helerourom Clirm. I (1990) 461. [3] N. N. Greenwood, J. H. Morris. Proc. Chem. Sor. 1963, 338: J. S. Beck, A. P. Kahn. L. G. Sneddon. Orgunomedlics 5 (1986) 2552. [4] 2: NMR-Spektren in CD,CI, bei 25°C; 'H-NMR (300MHz, TMS): 6 = 1.28(t.J=7.2Hz.9H;CH3). 1.79und 1.98(HanB2bisBll bzw.H an B12; gemessen und zugeordnet als Kreuzpeaks im ZD-"B-'H-NMR- Spektrum).3.08(q,J=7.2Hzmitd,J= 5.0Hz,6H;CH,).7.6(breit.lH; NH); "B-NMR (96.23 MHz. Et,O. BF,): d = - 10.3 (d, J = 147 Hz. 10B; 82 bis Bll). - 1.0 (d. J = 137 Hz. 1 B; B12). [5] 3: NMR-Spektren in C,D, bei 25°C; IH-NMR (300MHz. TMS): 6 = 1.91. 2.46, 3.19 (H an B2 bis B6. an 87 bis Bll, an B12; Messung und Zuordnung vgl. 141). 2.95 (1; NH). "B-NMR (96.23 MHz. Et,O. BF,): 6 = - 11.9 (d. vlil = 55 Hz; B7 bis Bll). - 9.8 (d. vli2 = 106 Hz; B2 bis B6). 2.7 (d: B12). ''N('H}-NMR (5.79 MHz. CH,NO,): 6 = - 282 =7X Hz). IR(CC1,): V [cm-'1 = 3299 (NH). 2622, 2579 (BH). (61 T. D. Getmen, H:B. Deng. L.-Y Hsu, S. G. Shore. Inorg. Chem. 28(1989) 3612. Radikalkationensalze von 1,3,6,8-Te trakis(methy1 thio)pyren, neue, leicht zugangliche Verbindungen mit hoher elektrischer Leiflahigkeit und hervorragender Stabilitat ** Von Gerhard Heywang* und Sigmar Rorh Professor Rudolf Gompper zum 6.5. Gehurtslag gewidmet Mit der Entdeckung des Charge-Transfer-Komplexes aus Tetracyanchinodimethan (TCNQ) und Tetrathiafulvalen [*I Dr. G. Heywang ZF-FKH. Geb. Q1X Bayer AG W-5090 Leverkusen Dr. S. Roth Max-Planck-Institut fur Festkorperforschung, Stuttgart (Kennzetchen 3 M 4022 9) gefordert. [**I Diese Arbeit wurde vom Bundesminister fur Forschung und Technologie Angew. Chem. 103 (1991) Nr. 2 0 VCH Verlugsgesellschuft mbH. W-6940 Weinheim, 1991 0044-8249~91~0202-0201 B 3.50 + .2S/O 20 1

closo-Azadodecaboran NB11H12

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closo-Azadodecaboran NB, , H , ** Von Jens Miiller, Jan Runsink und Peter Paetzold*

Rhomboedrisch verzerrte B,,-Ikosaeder sind die Bauein- heiten von elementarem Bor, Anionen rnit exakter Ikosa- edersymrnetrie finden sich in Losungen von Na,[B,,H,,], und zu den Heterododecaboranen mit neutralen, isolierten Ikosaedereinheiten zahlen die drei isomeren Dicarbado- decaborane C,B,,H,,. Sie enthalten rnit Kohlenstoff das elektronegativste Element, das in Molekiilverbindungen rnit der Koordinationszahl 6 auftritt. Wiirde sich der noch elek- tronegativere Stickstoff als Heteroatom in ein Ikosaederge- rust der Zusarnmensetzung NB, ,Hi , isoelektronisch zu C,B,,H,, und B12H122e, einbauen lassen?

Eingedenk der Synthese von 1 ,2-C,Bl0H,, durch Schlie- k n der offenen arachno-Struktur von BloHl,L, (L = Lewis- Base) mit den beiden C-Atomen von C,H, haben wir immer wieder versucht, analoge Umsetzungen rnit den zu Acetylen isoelektronischen Iminoboranen['l, z. B. MeB = NMe, durch- zufiihren, hatten dabei aber keinen Erfolg. Die Iminoborane reagieren schneller mit sich selbst unter Oligomerisierung als mit B,,H,,L,. Da uns jedoch unlingst die Herstellung von nido-NB,,H,, 1 gelungen war[21, bot sich jetzt die Chance, das nido-Geriist von 1 durch ein BH-Fragment zu schlie-

Bei Zugabe von BH, zu 1 sollten zwei der hydridi- schen H-Atome von BH, rnit den beiden protonischen H- Briickenatomen von 1 zu H, komproportionieren.

Tatsichlich laDt sich das offene Clusterboran I in einem UberschuD von Et ,N. BH, bei 140°C schliekn [GI. (l)]. jedoch erhalt man zunachst quantitativ die ionogen gebaute Verbindung 2[41. Aus dieser entsteht mit HBF, die korre- spondierende Saure 3, unser Zielmolekul, als sublimierbarer, farbloser F e ~ t s t o f f [ ~ l [GI. (2)].

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Der Beweis fur die Konstitution von 3 1SDt sich NMR- spektroskopisch fiihren: Drei B-NMR-Dublett-Signale im Verhaltnis 5 : 5 : 1 weisen auf ein B, ,-Geriist mit fiinfzahli- ger Symmetrie und 11 terminalen H-Atomen hin. Das 2D- ItB-l 'B-NMR-Spektrum belegt, daB ein Satz von fiinf aqui- valenten B-Atomen (B7 bis B11) sowohl an einen zweiten derartigen Satz (B2 bis B6) als auch an ein einzelnes B-Atom auf der C,-Achse (B12) gebunden ist. AuDerdem ist kein

['I Prof. Dr. P. Paetzold. J. Muller Institut fur Anorganische Chemie der Technischen Hochschule Templergraben 55. W-5100 Aachen Dr. J. Runsink lnstrtut fur Organische Chemie der Technischen Hochschule Templergraben 55. W-5100 Aachen

dert. I"] Dlese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefor-

Kreuzpeak beobachtbar, der eine Bindung zwischen B12 und den Atomen B2 bis B6 anzeigen wurde. Die Kopplungs- konstanten JBH = 177, 147 und 150 Hz fur B2 bis B6, B7 bis B11 bzw. B12 deuten an, daD die dem N-Atom benachbar- ten B-H-Bindungen starker sind als die iibrigen. Beim rnit 3 vergleichbaren closo-1-Methyl-1-phosphadodecaboran MePB, , H i , geben die entsprechenden Kopplungskonstan- ten von 164,150 und 150 HzL6' denselben Trend wieder. Die sich iiberlagernden Quartetts der drei Arten von H-Atomen sind im H-NMR-Spektrum nicht auflosbar, ihre chemi- schen Ver~chiebungen['~ lassen sich aber im 2D-"B-'H- NMR-Experiment anhand dreier Kreuzpeaks bestimmen. Das N-gebundene H-Atom liefert im H-NMR-Spektrum ein 1 : 1 : 1-Triplett rnit JNH = 62.5 Hz, eine Folge der symme- trischen Ladungsverteilung um das auf der C,-Achse liegen- de 14N-Atom.

Die Titelverbindung ist das erste Cluster-Molekiil rnit ei- nem sechsfach koordinierten N-Atom im Geriist.

Arheitsvorschrifi 3: 0.50 g 1 [2] werden in 1.00 g Triethylamin-Boran gelost und 3.5 h auf 14O'C erhitzt. Nach Entfernen von iiberschiissigem Et,N . BH, im Vakuum bleibt NMR-spektroskopisch reines Produkt 2 zuriick. das man in 5 mL einer 54proz. Losung von HBF, in Die!hyle!her aufnimmt. Die Losung extrahiert man fiinf- ma1 mil je 20 m L Toluol. engt die Toluolphase zur Trockene ein und sublimiert bei 50'CjO.OOl Torr 0.25 g (47%) 3.

Eingegangen am 24. August 1990 [Z 41501

CAS-Registry-Nummern : 1. 131179-98-1; 2. 131180-01-3;3. 131179-99-2; Et ,N. BH, 1722-26-5; HBF,. 16872- 1 1-0.

[ l ] P. Paetzold. A h . Inorg. Chem. 31 (1987) 123. [2] J. Miiller. P. Paetzold, R. Boese. Helerourom Clirm. I (1990) 461. [3] N. N. Greenwood, J. H. Morris. Proc. Chem. Sor. 1963, 338: J. S. Beck,

A. P. Kahn. L. G. Sneddon. Orgunomedlics 5 (1986) 2552. [4] 2: NMR-Spektren in CD,CI, bei 25°C; 'H-NMR (300MHz, TMS):

6 = 1 .28( t . J=7 .2Hz.9H;CH3) . 1.79und 1 . 9 8 ( H a n B 2 b i s B l l bzw.H an B12; gemessen und zugeordnet als Kreuzpeaks im ZD-"B-'H-NMR- Spektrum) .3 .08 (q ,J=7 .2Hzmitd ,J= 5 .0Hz ,6H;CH,) .7 .6 (bre i t . lH; NH); "B-NMR (96.23 MHz. Et ,O. BF,): d = - 10.3 (d, J = 147 Hz. 10B; 8 2 bis Bll) . - 1.0 (d. J = 137 Hz. 1 B; B12).

[5] 3: NMR-Spektren in C,D, bei 25°C; IH-NMR (300MHz. TMS): 6 = 1.91. 2.46, 3.19 (H an B2 bis B6. an 8 7 bis B l l , an B12; Messung und Zuordnung vgl. 141). 2.95 (1; NH). "B-NMR (96.23 MHz. Et,O. BF,): 6 = - 11.9 (d. v l i l = 55 Hz; B7 bis Bll). - 9.8 (d. vli2 = 106 Hz; B2 bis B6). 2.7 (d: B12). ''N('H}-NMR (5.79 MHz. CH,NO,): 6 = - 282

=7X Hz). IR(CC1,): V [cm-'1 = 3299 (NH). 2622, 2579 (BH). (61 T. D. Getmen, H:B. Deng. L.-Y Hsu, S. G. Shore. Inorg. Chem. 28(1989)

3612.

Radikalkationensalze von 1,3,6,8-Te trakis(methy1 thio)pyren, neue, leicht zugangliche Verbindungen mit hoher elektrischer Leiflahigkeit und hervorragender Stabilitat ** Von Gerhard Heywang* und Sigmar Rorh

Professor Rudolf Gompper zum 6.5. Gehurtslag gewidmet

Mit der Entdeckung des Charge-Transfer-Komplexes aus Tetracyanchinodimethan (TCNQ) und Tetrathiafulvalen

[*I Dr. G. Heywang ZF-FKH. Geb. Q1X Bayer AG W-5090 Leverkusen Dr. S. Roth Max-Planck-Institut fur Festkorperforschung, Stuttgart

(Kennzetchen 3 M 4022 9) gefordert. [**I Diese Arbeit wurde vom Bundesminister fur Forschung und Technologie

Angew. Chem. 103 (1991) N r . 2 0 VCH Verlugsgesellschuft mbH. W-6940 Weinheim, 1991 0044-8249~91~0202-0201 B 3.50 + .2S/O 20 1