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Die Zeitung für Medizinstudenten und junge Ärzte ZEITUNG Digitaler Nachschlag der Ausgabe 02/07 März/April 2007 In Kooperation mit dem Georg Thieme Verlag www.medi-learn.de Dr. Computer Es ist nahe liegend sich nach Eingabe wichtiger Befunde und Symptome die Dia- gnose von einem Computer vorschlagen zu lassen. Was darf man sich erwarten? Digitaler Nachschlag Studieren mit Kind – das Interview Gut 6 Prozent aller Studierenden haben Kinder. Es ist nicht immer leicht, die Anforderungen eines Studiums mit den Aufgaben der Kinder- betreuung und -erziehung zu vereinbaren. 10 Closing the Gap Nationale Abschlusskonferenz präsentiert gemeinsame Strategien und Datenbank mit 90 Projekten aus 21 europäischen Ländern. 03 04 Externo in Ecuador Famulatur Geburtshilfe in Quito von Peter Karsten E cuador: Da ich schon 2002, noch vor Beginn des Studi- ums, schon einmal in diesem Land gewesen war, um dort Spanisch zu lernen, entschloss ich mich, in den vergangenen Semesterferien wie- der dorthin zu reisen. Um auch das Gesundheitssystem besser kennen zu lernen, wollte ich dann auch gleichzeitig eine Famulatur dort machen. Ich entschied mich da- bei für die Geburtshilfe, da ich in Deutschland während meines Gy- näkologie-Praktikums nicht sehr viele Gelegenheiten hatte, Geburten mitzuerleben. Teure Anreise, günstiges Land Ecuador liegt an der Westküste Süd- amerikas und grenzt nördlich und östlich an Kolumbien, im Süden und Osten an Peru. Die Hauptstadt Quito liegt auf etwa 2800 Meter Höhe im Andenhochland. Ecuador hat knapp14 Millionen Einwohner, wobei Quito mit 2,5 Millionen Ein- wohnern nur die zweitgrößte Stadt des Landes ist. Die größte ist mit ca. 3 Millionen Guayaquil an der Küste. Das Land besteht geogra- phisch und auch klimatisch aus drei Zonen. Die Costa im Westen, die zentrale Sierra und im Osten das Amazonasgebiet. Außerdem gehö- ren die Galapagos-Inseln zu Ecua- dor, die etwa 1000 km westlich vom Festland im Pazifik liegen. Flüge nach Ecuador sind, selbst früh gebucht, nicht gerade billig. Ich habe insgesamt für Hin- und Rück- flug 920 Euro mit Delta Airlines be- zahlt. Flüge mit Delta sind wirklich angenehm, mit gutem Service und gutem Essen, lediglich beim Rück- flug hatte ich einen neunstündigen Aufenthalt in Atlanta, aber auch das kann man verschmerzen. Von Deutschland aus hatte ich mir nur einige Tage in einem Hostal (Hostal Posada del Maple) zu un- schlagbaren 7,50 Dollar pro Nacht (inkl. Frühstück) gebucht, um dann alles weitere vor Ort zu organisie- ren. Gesagt, getan. Zunächst habe ich mir den Famulaturplatz orga- nisiert und mich dann nach einer Gastfamilie umgesehen, die mög- lichst in der Nähe zum Kranken- haus wohnte. ICH WAR VON DER HERZLICHKEIT UND GAST- FREUNDSCHAFT BEGEISTERT Kontaktadressen (davon hatte ich im Reiseführer gelesen) gibt es beim South American Explorers Club in Quito. Zunächst habe ich mir anhand der Adressen auf dem Stadtplan angesehen, welche davon nahe zum Krankenhaus lagen. Dann rief ich unter der angegebenen Te- lefonnummer an und vereinbarte noch am selben Nachmittag einen Termin. Von der Herzlichkeit und Gastfreundschaft direkt begeistert, entschloss ich mich, bei der Fami- lie Vasquez zu wohnen. Das kostete 15 Dollar pro Tag, darin sind dann aber schon Frühstück und Abendes- sen enthalten und die Wäsche wird regelmäßig gewaschen, so dass man sich dort um nichts mehr küm- mern muss. Das Haus der Familie Vasquez lag etwa 15 bis 20 Gehmi- nuten vom Krankenhaus entfernt. Bewerbung vor Ort Da ich vorher in einem anderen Fa- mulaturbericht gelesen hatte, dass eine Famulantin im Hospital Carlos Andrade Marin gewesen war, ging ich erst einmal dorthin. Es verging zwar eine Weile, bis ich mich zum Chefarzt der Geburtshilfe (Dr. Andres Calle) durchgefragt hatte – Spanischkenntnisse sind für so et- was von großem Vorteil – aber ich traf ihn dann doch auf dem Flur an. Als ich ihm dann erklärt hatte, dass ich ein Student aus Deutschland sei und gerne in seiner Abteilung famu- lieren würde, begeleitete er mich zu einer Art Studentensekretariat, wo mir dann ein Arzt half, die not- wendigen Formalien zu erledigen. Benötigt wurde dort zusätzlich zu der vorläufigen Bewerbung, bei der mir dieser Arzt freundlicherweise half, noch ein offizielles Bewer- bungsschreiben mit Lebenslauf. Dieses sollte man schon zu Hause vorbereiten, eine Kopie des Reise- passes, ein Versicherungsnachweis und ein Passfoto für die Identitäts- karte beilegen. Außerdem braucht man noch Arbeitskleidung, die 20 Dollar kostet. Diese darf man be- halten und sie besteht für die Exter- nos (ausländische Famulanten) aus einer schicken rosafarbenen Hose und einem Kassak sowie einem T- weiter auf Seite 2 Blick in die Altstadt einer südamerikanischen Hauptstadt

Digitaler Nachschlag 02/2007

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Zusätzlich zur eigentlichen Zeitung bieten wir euch zudem seit der Ausgabe 04/2005 den sogenannten Digitalen Nachschlag: nicht alle Artikel konnten immer komplett und in voller Länge in die Zeitung aufgenommen werden und finden ihren Platz in einem ergänzenden PDF, das ihr nachfolgend ebenfalls downloaden könnt.

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Page 1: Digitaler Nachschlag 02/2007

Die Zeitung für Medizinstudenten

und junge Ärzte ZEITUNGDigitaler Nachschlag der Ausgabe 02/07 ∙ März/April 2007 ∙ In Kooperation mit dem Georg Thieme Verlag ∙ www.medi-learn.de

Dr. Computer Es ist nahe liegend sich nach Eingabe wichtiger Befunde und Symptome die Dia- gnose von einem Computer vorschlagen zu lassen. Was darf man sich erwarten?

DigitalerNachschlag

Studieren mit Kind – das Interview Gut 6 Prozent aller Studierenden haben Kinder. Es ist nicht immer leicht, die Anforderungen eines Studiums mit den Aufgaben der Kinder- betreuung und -erziehung zu vereinbaren. 10

Closing the Gap Nationale Abschlusskonferenz präsentiert gemeinsame Strategien und Datenbank mit 90 Projekten aus 21 europäischen Ländern.03 04

Externo in EcuadorFamulatur Geburtshilfe in Quitovon Peter Karsten

Ecuador: Da ich schon 2002, noch vor Beginn des Studi-

ums, schon einmal in diesem Land gewesen war, um dort Spanisch zu lernen, entschloss ich mich, in den vergangenen Semesterferien wie-der dorthin zu reisen. Um auch das Gesundheitssystem besser kennen zu lernen, wollte ich dann auch gleichzeitig eine Famulatur dort machen. Ich entschied mich da-bei für die Geburtshilfe, da ich in Deutschland während meines Gy-näkologie-Praktikums nicht sehr viele Gelegenheiten hatte, Geburten mitzuerleben.

Teure Anreise, günstiges LandEcuador liegt an der Westküste Süd-amerikas und grenzt nördlich und östlich an Kolumbien, im Süden und Osten an Peru. Die Hauptstadt Quito liegt auf etwa 2800 Meter Höhe im Andenhochland. Ecuador hat knapp14 Millionen Einwohner, wobei Quito mit 2,5 Millionen Ein-wohnern nur die zweitgrößte Stadt des Landes ist. Die größte ist mit ca. 3 Millionen Guayaquil an der Küste. Das Land besteht geogra-phisch und auch klimatisch aus drei Zonen. Die Costa im Westen, die zentrale Sierra und im Osten das Amazonasgebiet. Außerdem gehö-ren die Galapagos-Inseln zu Ecua-dor, die etwa 1000 km westlich vom Festland im Pazifi k liegen.Flüge nach Ecuador sind, selbst früh gebucht, nicht gerade billig. Ich habe insgesamt für Hin- und Rück-fl ug 920 Euro mit Delta Airlines be-zahlt. Flüge mit Delta sind wirklich angenehm, mit gutem Service und gutem Essen, lediglich beim Rück-fl ug hatte ich einen neunstündigen

Aufenthalt in Atlanta, aber auch das kann man verschmerzen. Von Deutschland aus hatte ich mir nur einige Tage in einem Hostal (Hostal Posada del Maple) zu un-schlagbaren 7,50 Dollar pro Nacht (inkl. Frühstück) gebucht, um dann alles weitere vor Ort zu organisie-ren. Gesagt, getan. Zunächst habe ich mir den Famulaturplatz orga-nisiert und mich dann nach einer Gastfamilie umgesehen, die mög-lichst in der Nähe zum Kranken-haus wohnte.

ICH WAR VON DER HERZLICHKEIT UND GAST-FREUNDSCHAFT BEGEISTERT

Kontaktadressen (davon hatte ich im Reiseführer gelesen) gibt es beim South American Explorers Club in Quito. Zunächst habe ich mir anhand der Adressen auf dem Stadtplan angesehen, welche davon nahe zum Krankenhaus lagen. Dann rief ich unter der angegebenen Te-

lefonnummer an und vereinbarte noch am selben Nachmittag einen Termin. Von der Herzlichkeit und Gastfreundschaft direkt begeistert, entschloss ich mich, bei der Fami-lie Vasquez zu wohnen. Das kostete 15 Dollar pro Tag, darin sind dann aber schon Frühstück und Abendes-sen enthalten und die Wäsche wird regelmäßig gewaschen, so dass man sich dort um nichts mehr küm-mern muss. Das Haus der Familie Vasquez lag etwa 15 bis 20 Gehmi-nuten vom Krankenhaus entfernt.

Bewerbung vor OrtDa ich vorher in einem anderen Fa-mulaturbericht gelesen hatte, dass eine Famulantin im Hospital Carlos Andrade Marin gewesen war, ging ich erst einmal dorthin. Es verging zwar eine Weile, bis ich mich zum Chefarzt der Geburtshilfe (Dr. Andres Calle) durchgefragt hatte – Spanischkenntnisse sind für so et-was von großem Vorteil – aber ich traf ihn dann doch auf dem Flur an. Als ich ihm dann erklärt hatte, dass ich ein Student aus Deutschland sei und gerne in seiner Abteilung famu-lieren würde, begeleitete er mich zu einer Art Studentensekretariat, wo mir dann ein Arzt half, die not-wendigen Formalien zu erledigen. Benötigt wurde dort zusätzlich zu der vorläufi gen Bewerbung, bei der mir dieser Arzt freundlicherweise half, noch ein offi zielles Bewer-bungsschreiben mit Lebenslauf. Dieses sollte man schon zu Hause vorbereiten, eine Kopie des Reise-passes, ein Versicherungsnachweis und ein Passfoto für die Identitäts-karte beilegen. Außerdem braucht man noch Arbeitskleidung, die 20 Dollar kostet. Diese darf man be-halten und sie besteht für die Exter-nos (ausländische Famulanten) aus einer schicken rosafarbenen Hose und einem Kassak sowie einem T-weiter auf Seite 2

Blick in die Altstadt einer südamerikanischen Hauptstadt

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März/ April 2007 2Seite MLZDigitaler Nachschlag

Shirt des Krankenhauses. Ein Kittel wird, zumindest in der Geburtshil-fe, nicht benötigt.

IN PRIVATKRANKENHÄU-SERN DÜRFEN EXTERNOS

NICHT VIEL MACHEN

Das Hospital Carlos Andrade Ma-rin ist das größte Krankenhaus in Quito und ein Krankenhaus für Leute mit Versicherung, was kein ecuadorianischer Standard ist. Die Ausstattung ist deshalb recht gut, es gibt hier zum Beispiel Ultraschall-geräte und CTGs in der Abteilung. Grundsätzlich gibt es in Ecuador drei Arten von Krankenhäusern: Hospitales publicos (dort gibt es nichts, und die Patienten müssen jede Mullbinde selbst bezahlen), Hospitales de la seguridad (für Ver-sicherte) und Hospitales privados (für Leute mit Versicherung und Geld). In Privatkrankenhäusern empfi ehlt sich meiner Meinung nach eine Famulatur nicht, da man dort nicht sehr viel machen darf.

Abläufe im KrankenhausAls ausländischer Famulant ist man, wie gesagt, ein Externo, die Stu-denten im letzten Jahr (also prak-tisch die PJler) heißen Interno, sind allerdings jünger als deutsche Stu-denten und haben nichtsdestotrotz schon mehr praktische Erfahrung. Diesen wurde ich auch am Anfang zugeteilt. Ich fand heraus, dass die Internos dort jeden dritten Tag eine Guardia (d. h. Nachtdienst) haben, in der sie die ganze Nacht bis zum nächsten Tag nach der Visite auf Station bzw. nach Beendigung des OP-Programms arbeiten. Zum Schlafen sind jeweils etwa drei Stunden vorgesehen. Ein Team besteht aus etwa sechs bis acht Leu-ten, die dort die Stationen und den Kreißsaal sowie die Assistenz bei den OPs besetzen. Die Assisten-zärzte operieren mit den Fachärzten als Erster Assistent oder sind auch auf Station oder in der Ambulanz. Ich entschied mich dazu, die Ro-tation mit meiner Gruppe vom er-sten Tag mitzumachen, da ich nicht ständig mit neuen Leuten arbeiten

musste und man die Leute so auch besser kennen lernen konnte. Aller-dings ist es praktisch egal, wie lan-ge man als Externo arbeitet. Ist es persönlich wichtiger, viel zu lernen, empfi ehlt es sich, viel Zeit im Kran-kenhaus zu verbringen. Möchte man eher noch herumreisen und das Land kennen lernen, kann man das auch machen – und darf auch schon um ein oder zwei Uhr mittags gehen.

Geburten laufen wie OPs abEs gab dort verschiedene Bereiche in der Geburtshilfe. Einmal natür-lich eine Station (piso), wo die stol-zen Mütter nach der Geburt noch für ein bis zwei Tage überwacht werden oder auch Patientinnen nach Kaiser-schnitt. Im Kreißsaal (sala de par-tos) gab es verschiedene Bereiche, zum Beispiel „A.R.O.“ (alto riesgo obstetricia) für Patienten mit Prä-Eklampsie oder Eklampsie sowie Infektionen der Harnwege während der Schwangerschaft. Außerdem gab es den sala de labor für Frauen mit schon eingesetzter Wehentätig-keit, bei denen CTGs geschrieben werden und die von den Internos jede halbe Stunde untersucht werden (Auskultation der fetalen Herztätig-keit, Anzahl der Wehen pro zehn Minuten, Weite des Muttermundes in unregelmäßigeren Abständen).

SPÄTER DURFTE ICH SELBST GEBURTEN LEITEN

Während der Geburt begeben sich die Frauen auf einen gynäkolo-gischen Stuhl. Der jeweilige Inter-no, der für die Überwachung vorher

und auch für die Geburt zuständig ist, wäscht sich quasi steril und deckt die werdende Mutter mit sterilen Tüchern ab. Dass dort Ge-burten praktisch wie in einem OP ablaufen, hat mich zunächst etwas verwundert, und auch die Tatsache, dass dort bei jeder Erstgebärenden grundsätzlich eine Episiotomie durchgeführt wird, überraschte mich sehr. Man gewöhnt sich aller-dings sehr schnell an die dortigen Verhältnisse. Als Externo darf man erst einmal nicht allzu viel machen, hatte aber vielleicht auch damit zu tun, dass ich alles so spontan organisiert hatte. Allerdings durf-te ich, da ich die Schichten (auch die Nachtschichten) mit den In-ternos gemacht habe, später selbst Geburten leiten. Es ist ein sehr beeindruckendes Erlebnis, wenn man dann auf einmal so ein kleines neues Leben auf dem Arm hält! Klare HierarchienPrinzipiell ist mir aufgefallen, dass in den Krankenhäusern Ecuadors insgesamt eine klarere Hierarchie herrscht. Die Fachärzte bringen auf den Visiten zum Beispiel zunächst den Assistenzärzten etwas bei, diese sind für die Ausbildung der Internos zuständig. Das hat meiner Meinung nach Vorteile, das Verhältnis zu den Ärzten generell ist allerdings noch etwas distanzierter als in Deutsch-land. Es fallen außerdem für PJler Aufgaben wie Blutabnehmen und Zugänge legen meist weg, da das dort die Krankenschwestern ma-chen. Wenn man das allerdings auch noch üben will, ist freilich niemand böse, wenn man das schon mal übernimmt. An praktischen Tätig-

keiten kann man generell natürlich die geburtshilfl iche Untersuchung üben, CTGs schreiben und aus-werten, Medikamentendosierungen und ihre Anwendungen lernen und auch Geburten leiten. Es empfi ehlt sich dabei tatsächlich, während der Famulatur in das ein oder andere Buch zu schauen. Einige Empfeh-lungen sind unten aufgeführt.

Ohne Spanisch wird’s schwerInsgesamt war es für mich eine tol-le Erfahrung, in dem Krankenhaus in Quito zu arbeiten, da ich doch viel machen durfte. Was allerdings sehr von mir und meiner Initiative abhing, da Externos nicht in die of-fi ziellen Arbeitsabläufe eingeplant sind. Außerdem werden die Inter-nos auch von den Assistenten mehr gefordert, sie müssen zum Beispiel häufi ger auch Dinge nachlesen, wenn Zeit ist und werden dann mit-tags in großer Fragerunde ausge-quetscht. Was natürlich nach einem Nachtdienst nicht mehr so leicht fällt! Mir war es während meines Aufenthaltes nicht so wichtig, noch viel im Land herum zu reisen, da ich ja schon einmal dort war. Dies-mal wollte ich wirklich viel über Geburtshilfe lernen, was mir mei-ner Meinung nach auch gelungen ist. Es ist von großem Vorteil für die Famulatur, wenn man gut spanisch spricht, da dort die Allerwenigsten Englisch können, gerade unter den Patienten. Außerdem gibt es sehr viele Abkürzungen in Kranken-blättern, die man erst einmal lernen muss und die in den gängigen Bü-chern nicht stehen. Und doch kam die Freizeitgestaltung nicht zu kurz. Quito ist eben eine echte Großstadt mit sehr vielen Möglichleiten und sehr netten Einwohnern. Ich kann also nur jedem empfehlen, Ecuador kennen zu lernen

BüchertippsMit diesen Büchern kommt ihr vor Ort und im Hospital gut zurecht: Kauderwelsch-Spanisch für EcuadorMedizinisches Spanisch pocket (Börm Bruckmeier Verlag)Spanisch für Mediziner (Thieme)William’s Obstetrics / William’s Manual of ObstetricsBates’ Guide To Physical Examina-tion and History Taking Drug Po-cket plus

Famulatur Geburtshilfe in Quito Fortsetzung von Seite 1

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Vulkane bestimmen die Landschaft in Equador

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März/ April 2007 3SeiteMLZDigitaler Nachschlag

Parkinson ist bislang schwer zu therapieren, denn traditionelle

Medikamente wirken indirekt und nur für einige Jahre. Erstmals kom-men nun menschliche Stammzellen in die klinische Prüfung, die die Beschwerden auf direktem Weg be-heben sollen.Parkinson ist eine der häufi gsten Krankheiten, die Hirn und Nerven schädigen. Die Betroffenen quält Muskelzittern, -starre und ein un-sicher Gang. Der Grund für diese Symptome ist der Verlust von spe-zifi schen Nervenzellen, die den Bo-tenstoff Dopamin ausschütten – es entsteht ein Dopamin-Mangel. Ein neues, auf Stammzellen basierendes Medikament, das von Forschern der Firma NeuroProgen entwickelt wurde und nun mit den Partnern am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI an die phar-mazeutischen Richtlinien angepasst wird, soll diesen Dopamin-Mangel direkt behandeln. Wenn die Um-stellung auf den pharmazeutischen Prozess gut klappt, könnte das Par-kinson-Zelltherapeutikum bereits

in etwa einem Jahr in die klinische Prüfung gehen – als erste Zellthera-pie mit neuralen Stammzellen.Zwar können auch herkömmliche Medikamente die Symptome in den ersten fünf bis zehn Jahren gut lin-dern, danach schwankt die Wirkung jedoch oft unkontrolliert. Denn Hauptbestandteil der Wirkstoffe ist nicht das Dopamin, sondern Vor-läufersubstanzen. Nur wenn die Dopamin-produzierenden Zellen

des Patienten die Vorläufersubstan-zen aufnehmen und in Dopamin umwandeln, lassen die Beschwer-den nach. Ein gesunder Mensch hat 800.000 dieser Zellen, bei Par-kinson-Betroffenen sind jedoch schon 80 Prozent davon abgestor-ben, wenn die ersten Krankheits-symptome auftreten. Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto we-niger des Vorläuferstoffs wird um-gewandelt. Anders das neue Zell-

therapeutikum: „Wir ersetzen die abgestorbenen Zellen der Patienten durch menschliche Stammzellen, die zu Nervenzellen ausdifferen-ziert sind“, erklärt Sigrid Schwarz, Geschäftsführerin von NeuroPro-gen. „Neurochirugen können diese Zellen gezielt in das Gehirn des Patienten implantieren, wo sie Do-pamin erzeugen und dem Mangel entgegen wirken. Bildgebende Ver-fahren helfen, das Zielgebiet genau zu berechnen.“ Eine einzige solcher Behandlungen, so hoffen die For-scher, könnte künftig ausreichen, um die Krankheit zu heilen. Die Fraunhofer-Wissenschaftler über-tragen den Herstellungsprozess in ihren Reinräumen in einen „Good Manufacturing Process“, GMP, der die Qualitätsmerkmale für Medi-kamente erfüllt. „Unter anderem müssen die Ausgangssubstanzen so gewählt werden, dass kein Risiko für den Patienten besteht“, konkre-tisiert Gerno Schmiedeknecht, Lei-ter der GMP-Herstellungsstätte am IZI. „Aus Rindern gewonnene Sub-stanzen dürfen nur dann verwendet werden, wenn sie rückverfolgbar aus einem BSE-freien Land kom-men. Zudem muss der Arbeitspro-zess standardisiert und detailliert dokumentiert werden.“

Zelltherapie gegen ParkinsonMenschliche Stammzellen in der klinischen Pfüfungvon Dr. Janine Drexler (Fraunhofer-Gesellschaft)

Zellkulturarbeiten mit neuralen Stammzellen, Bild: NeuroProgen

Dr. ComputerNeuentwickeltes medizinisches Expertensystemvon PsychPress

Jede Krankheit ist charakterisiert durch eine Reihe mehr oder we-

niger spezifi scher Symptome sowie durch Ergebnisse einschlägiger Untersuchungen. Es ist daher nahe liegend, eine Diagnose der Erkran-kung eines Patienten von einem Computer vorschlagen zu lassen, wenn man nur die „richtigen“ Sym-ptome und Befunde eingibt. Erin-nert sei an die „Thieme-Datenbank Diagnosis“, die Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit weit über tausend klinischen Dia-gnosen entwickelt wurde. Schon bald entstanden an der Harvard-Universität und an anderen Stellen mehr oder weniger ausgeklügelte medizinische Expertensysteme (Medical Decision Support). Aber sie haben sich, abgesehen von by-products, nicht bewährt. Nunmehr

berichtet ein Aufsatz in der Zeit-schrift „Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) über ein neu entwickeltes Expertensystem, in dem 400 Dia-gnosen aus den Fachgebieten Neu-rologie und Psychiatrie hinterlegt sind. Der Benutzer kann, wie bei den früheren Systemen, Leitsym-ptom, Verlauf und Symptome der Erkrankung eingeben. Daraus be-rechnet das Programm mögliche Differenzialdiagnosen, stellt Nach-fragen zu weiteren Symptomen und fordert zur Durchführung ziel-gerichteter Zusatzdiagnostik auf. Mögliche Einsatzgebiete des Sy-stems sind neben der Hilfestellung bei diagnostischen Fragestellungen die Schulung differenzialdiagnos-tischer Überlegungen oder ein-fach als digitales interdisziplinäres

Nachschlagewerk. Die Konzipie-rung des Expertensystems Neuro-logie erfolgte unter dem Grundge-danken, einen Benutzer mit einem diagnostischen Problem bei der weiteren klinischen und apparativ diagnostischen Befunderhebung zu leiten und ihm differenzialdiagnos-tische Wege aufzuzeigen. Jedes Symptom erhält einen Faktor, der beschreibt, wie sehr das Vorhanden-sein oder Fehlen des Symptoms bei dem entsprechenden Krankheitsbild für oder gegen die Stellung einer bestimmten Diagnose spricht. Pro-

bleme ergeben sich unter anderem bei gleichzeitigem Vorliegen ver-schiedener Krankheitsbilder, wobei sich die Symptome zum Teil wider-sprechen können. Die Verwendung des Expertensystems entbindet je-doch den Anwender keinesfalls von eigenem kritischem Denken.

Ein Expertensystem für das Fach-gebiet Neurologie – Möglichkeiten und Grenzen. Fortschr Neurol Psychiat 2006; 74; Nr. 12; S. 723-731 Dr. med. Andreas Bickel, Erlangen.

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März/ April 2007 4Seite MLZDigitaler Nachschlag

Ob regelmäßige Blutdruck-messungen bei Kindern dazu

beitragen können, ein erhöhtes Ri-siko für frühzeitige Organschäden aufzuspüren, soll eine bundesweit einmalige Studie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg klären. Die Studie möchte darüber hinaus die Normwerte für erhöhten Blutdruck im Kindesalter überprü-fen sowie die Zuverlässigkeit von Blutdruck-Messverfahren.In den nächsten zwei Jahren wer-den in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt Rhein-Neckar-Kreis Blutdruckmessungen bei rund 10.000 Vorschulkindern durchge-führt. Das von der Manfred Lauten-schläger- und der Günter Reimann-Dubbers-Stiftung mit 160.000 EUR geförderte Projekt wurde am 15. Februar 2007 bei einer Pressekon-ferenz unter Leitung des Geschäfts-führenden Direktors der Heidelber-ger Kinderklinik, Prof. Dr. Georg Hoffmann, vorgestellt.Die Blutdruck-Messungen fi nden im Rahmen der Einschulungsun-tersuchung, die der schulärztliche Dienst jährlich von Oktober bis Juli in den Kindergärten der Region durchführt, nach Information und Einwilligung der Eltern statt. Zu-sätzlich wird nach Risikofaktoren für einen hohen Blutdruck wie Übergewicht und Passivrauchen gefragt und die Nierenfunktion mit einer Urinprobe getestet. Die ersten Untersuchungen seit Ende Januar 2007 sind auf großes Interesse ge-stoßen: Nahezu alle Familien nah-men das zusätzliche Untersuchung-sangebot an.Kindern mit Bluthochdruck wird Untersuchung im Universitätsklini-kum angeboten45 Prozent aller Todesfälle in Deutschland sind auf Erkrankungen des Kreislaufsystems zurück zu führen. Hoher Blutdruck verurs-acht Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schädigt die Hirngefäße und kann zu chronischem Nierenversagen führen. Ist der Blutdruck schon im Kindesalter erhöht, können Ge-fäßverkalkungen (Arteriosklerose) und Schäden an Herz oder Nieren

bereits im jungen Erwachsenenalter auftreten. Die normalen Blutruck-werte bei Kindern sind wesentlich niedriger als bei Erwachsenen. „Wird der Blutdruck dreimal hin-tereinander zu hoch gemessen oder ist die Urinprobe auffällig, bespre-chen die Ärzte das Ergebnis mit den Eltern und informieren den Kinderarzt“, erklärte Professor Dr. Franz Schaefer, Sektionsleiter der Pädiatrischen Nephrologie im Zen-trum für Kinder- und Jugendme-dizin, das weitere Vorgehen. „Bei den betroffenen Kindern wird der Blutdruck noch zwei weitere Male

kontrolliert. Nach drei erhöht ge-messenen Blutdruckwerten wird den Kindern und ihren Eltern eine weitergehende Untersuchung im Heidelberger Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin angeboten.“ Bluthochdruck bei Kindern kann Hinweis auf Organerkrankung seinEin zu hoher Blutdruck kann bei Kindern auf eine chronische Er-krankung hinweisen: „Je jünger das Kind, desto wahrscheinlicher ver-ursacht eine Organerkrankung, z.B. der Nieren, den Bluthochdruck“, erklärte Dr. Elke Wühl, Oberärztin der Sektion Pädiatrische Nephro-

logie im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin. „Eine frühzeitige Diagnose, Identifi zierung der Auslöser und wirksame Behandlung des Blut-hochdrucks leisten einen entschei-denden Beitrag zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, unterstreicht Professor Dr. Franz Schaefer. „Da die Gefäß- und Or-ganschäden direkt von der Zeitdauer des unbehandelten Bluthochdrucks abhängen, ist das Kindesalter ein besonders geeigneter Lebensab-schnitt für ein effektives Früher-kennungsprogramm“.

Vor der Einschulung zum Blutdruck-CheckWie sinnvoll ist ein Blutdruck-Screening im Vorschulalter? von Dr. Annette Tuffs

Blutdruckmessung gehört noch nicht zu den Standard-Untersuchungen bei Kindern

1. Wo und in welchem Semester stu-dierst du?Ich studiere in Regensburg, im 3. kli-nischen Semester Humanmedizin.

2. Wie alt ist dein Kind/deine Kin-der? Meine Tochter ist im Februar ein Jahr alt geworden.3. Bist du Alleinerziehend oder mit Partner? Ich lebe mit meiner Part-

nerin und ihr in einer Wohnung und wir sind auch weiterhin zu-sammen.

4. Wie wird das Kind versorgt? (Tagesmutter, staatl. Kindergarten, Kita oder Hort, privat z.b. durch Großeltern) Unter dem Semester studiert sie nachmittags und ich vormittags. Da sie Pädagogik im

Hauptstudium studiert ist es mög-lich, das ich voll studiere. Im Herbst hoffen wir, das wir endlich auch ei-nen Kitaplatz bekommen, ist leider nicht so leicht , die Politiker sind ja der Meinung dafür gebe es keinen Bedarf. Wahrscheinlich wäre es eine große Erleichterung die Großeltern einzuspannen, die sind aber 400 km weit weg. Eine Tagesmutter werden

Studieren mit Kind – das Interviewmit Fabian Leder

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ten gefunden, die auch bezahlbar ist. Wichtig ist wenn man ein Kind erwartet, hat man was man sonst als Student nicht hat, nämlich An-spruch auf einen Wohnberechti-gungsschein!

10. Ist dein Studium in der Regel-studienzeit möglich oder um wie viele Semester verlängert sich das Studium nach deiner Einschätzung?Gab es Urlaubssemester oder Pau-senzeiten, längere Studienunterbre-chungen?Für mich ist es in der Regelstudien-zeit möglich, aber nur weil meine Partnerin ein Semester frei gemacht hat. Da ich aber in Famulaturen ge-sehen habe wie stressig das Arzt-sein dann ist, ist es für mich aber kein muss. Schwierig wird es dann wohl noch mal im PJ speziell mit dem Hammerexamen danach.

11. Wie hat der Berufseinstieg aus-gesehen, ist deiner Einschätzung nach Karriere mit Kind möglich? Möchtest du in deinem Beruf arbei-ten, strebst du evtl. eine Teilzeitstel-le an?DA ich noch studiere kann ich da recht schlecht drauf antworten. Ich glaube aber, das es so defi nitiv besser ist als das Kind nachher im Beruf zu bekommen, man hat Zeit, Zeit, Zeit und das ist das wichtigste was man seinem Kind geben kann (5 Monate Semesterferien).

12. Würdest du ein Studium mit Kind noch einmal auf dich nehmen?Ja. So ein kleiner Knirps ist das Beste was einem passieren kann. Klar ist es immer wieder schwierig, aber jetzt muss ich mich nieman-dem gegenüber rechtfertigen wenn ich nich da bin. Die Dozenten ha-ben immer Verständniss wenn man fehlt, ich habe nie erlebt, daß man nicht hätte fehlen können. Ich kann sagen nur Mut es klappt schon und man ist nie wieder so belastbar, wie wenn man jung ist.

wir wahrscheinlich auch noch aus-probieren. Da meine Partnerin auch noch ein Semester lang ein ganztä-giges Praktikum machen muss, ich in Blöcken studiere und Betreuung hier auch nur maximal halbtags passt werde ich außerdem auch noch ein Freisemester nehmen (ma-che dann aber wahrscheinlich auch ein bisschen für die Promotion).

5. Wie ist der Tag organisiert, sind Lernzeiten eingeplant? Gibt es viele Vorlesungen an denen du nicht teil-nehmen kannst, z.b. Abends?Ich gehe morgens in die Uni, renn dann um zwei raus, dann wird das Kind übergeben und lernen kann ich nach sieben oder am Wochenende. Zum GLück gibt es Semesterferien,da verbringen wir dann den ganzen Tag zusammen, das ist Zeit die ich immer sehr genieße.

6. Gibt es Kinderbetreuungsange-bote von der Universität? Was wäre wünschenswert? Ja Es gibt eine Krabbelgruppe ab einem Jahr, wo die Kinder halbtags betreut werden können. Da die Plätze aber rar sind ist es schwer da rein zu kommen. Außerdem ist es so, daß da auch Bedienstete der Uni ihre Kinder hingeben können und die Warte-listen sind lang. Naja es ist besser als nichts wenn man bedenkt, daß es regulär nur für drei Prozent der Kleinkinder Betreuungsplätze gibt.

7. Nimmst du das Kind manchmal mit in die Vorlesung, stößt du auf Verständnis bei Kommilitonen und Dozenten? Ich habe sie bisher noch nicht mit in Vorlesungen genom-men, aber wenn ich so mit ihr an der Uni bin sind natürlich alle be-geistert.

8. Wie ist die fi nanzielle Situation, gibt es ausreichende staatliche Un-terstützung? Musst du noch neben-bei jobben? Wir haben das Glück, daß wir von den Eltern und Groß-eltern großzügig fi nanziert werden und müssen deßhalb nebenbei nicht Jobben. Die staatlichen Leistungen sind nicht unbedingt so, daß sie helfen Kinderarmut zu vermeiden, denn ein Kind kostet natürlich so einiges.9. Wie ist die Wohnraumsituation?Wir haben glücklicherweise eine schöne 3ZKB-Wohnung mit Gar-

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März/ April 2007 6Seite MLZDigitaler Nachschlag

Nach der morgendlichen Visite startete das Operationspro-

gramm. Spannend für mich: Waren meine Aufgaben in Deutschland als Famulus doch eher auf „stilles Hakenhalten“ beschränkt, fand ich mich hier fast immer als erster Assistent am Tisch wieder. Der eritreische Arzt, Dr. Solomon, war morgens immer im Gipszimmer und versorgte dort die kleinen Pa-tienten, so dass ich viel Zeit hatte, OP-Erfahrungen zu sammeln. An meinen ersten OP-Tag dort erin-nere ich mich noch sehr gut. Meist wurden während des Einsatzes so genannte Klumpfüße operiert, ein sehr verbreitetes Leiden in Eri-trea. So war auch die erste OP eine Klumpfußoperation eines sehr klei-nen Jungen. Die Achillessehne wurde verlän-gert, ein wichtiger Teilschritt der Klumpfußbehandlung. Entschei-dend ist aber vor allem die richtig durchgeführte Gipsbehandlung. Leider werden die Kinder oft viel zu spät therapiert. Das Problem wird erst bemerkt, wenn die Kinder laufen lernen. Da sie nicht normal abrollen können, laufen sie auf dem Fußrücken oder – noch schlimmer – auf den Knien. Die Therapie ist dann sehr schwer und langwierig. Wird der Klumpfuß hingegen kurz nach der Geburt bemerkt, gestaltet sich die Therapie einfacher.

AUF EINMAL WAR ICH SELBST DER OPERATEUR

Bei dieser Operation habe ich dann im Anschluss auch unter Anleitung den Gips anlegen dürfen. An diesem Tag hatte ich auch die Gelegenheit, meine erste Hautnaht durchführen zu dürfen. Plötzlich hatte ich den Nadelhalter in der Hand und sollte loslegen. Ich muss zugeben, dass ich mich bei den ersten Nähten noch ein wenig nervös gezeigt habe, aber es wurde von Mal zu Mal besser. Eine Woche später war ich dann sogar einmal der Operateur und durfte einen kleinen Eingriff unter Anleitung ausführen. Es handelte

sich um eine Materialentfernung (Blount-Klammern) am Fuß. Ein anderes Mal ließ Prof. Andrian-Werburg mich Dr. Solomon bei einer Defektdeckung eines Jungen assistieren.

Polio noch immer ein ProblemDie Operationen machten den größ-ten Anteil des Einsatzes aus. An-schließend galt es noch, Patienten zu „screenen“, gegebenenfalls wur-de eine Operationsindikation ge-stellt. Auch hier habe ich sehr viel gelernt, so das Interpretieren von Röntgenaufnahmen (und das unter sehr schwierigen Lichtverhältnis-sen) und auch das Identifi zieren verschiedenster orthopädischer Krankheitsbilder, die es zum Teil gar nicht mehr bei uns gibt. Ein wei-teres großes Problem in Eritrea ist nämlich Polio. Mittlerweile gibt es zwar ein Impfprogramm, aber sehr viele Jugendliche, die von der Imp-fung damals noch nicht profi tieren konnten, leiden unter den Folgen dieser Erkrankung. Die Auswir-kungen auf den Bewegungsapparat sind immens. Auch groteske Fehl-stellungen und Skoliosen habe ich dort gesehen. Diese Krankheits-bilder prägen sich für immer in das Gedächtnis, besonders aber auch die Art, wie sie in Eritrea teilweise noch therapiert werden. Bei Pati-enten mit schweren Skoliosen habe ich am Rücken oftmals schwere Verstümmelungen und Brandnarben beobachten können. Diese stammen vom „traditional healer“, der die Skoliose mit heiß gemachten Eisen zu heilen versucht. Auf einem Foto habe ich auch gesehen, dass dieses Vorhaben sogar bei einem Burkitt-Lymphom im Gesicht durchgeführt wurde! Besonders in Erinnerung geblieben sind mir die nicht schön anzusehenden Osteomyelitis-OPs. Hier müssen so genannte Knochen-sequester entfernt werden, wobei meist ziemlich viel Eiter aus dem Knochen tritt. Das „Screenen“ zog sich in der er-sten Woche meist bis 23 Uhr und später. Später ließ es das immer

voller werdende OP-Programm nicht mehr zu, da sich die Operati-onen zum Schluss bis in den späten Abend erstreckten. Nach zwei Wo-chen kamen zwei Urologen (Dr. Riccabona aus Österreich und Prof. Roblick), Dr. Semere Woldu, Dr. Gitti Behrens (die Patienten für die verschiedenen ärztlichen Fachrich-tungen screente) und ein Team von Interplast Deutschland sowie deren Assistenten. Plötzlich gab es eine Menge Deutscher! Zusammen mit Dr. Behrens und Dr. Semere Woldu (ein in Deutschland lebender Chi-rurg eritreischer Herkunft) fuhren wir zwei Tage nach Keren, einer der Provinzstädte, die in Eritrea von Asmara aus angefahren werden dürfen. Keren liegt auf 1500m Höhe (Asmara zum Vergleich auf ca. 2400m). Hier war es nicht nur viel heißer, auch war hier, im Gegensatz zu Asmara, eine Malariaprophylaxe notwendig. Hier blieb mir Zeit, die muslimisch geprägte Stadt etwas zu erkunden, da Prof. von Andrian-Werburg hier mit einem Arzt des Keren Hospitals die Operationen alleine durchführte.

EINE UNGLAUBLICHE STADT!

An meinem letzten Wochenende stand dann ein weiterer Höhepunkt auf dem Programm. Dr. Behrens und das Interplast Team planten ei-nen Trip zu den Dhalak Islands im Roten Meer. Lange stand nicht fest, ob diese Fahrt überhaupt zustande kommen konnte, da es in Eritrea zur Zeit kaum Diesel gibt und die Preise dafür derart hoch sind, dass sogar mir als Europäer die „Oh-ren schlackerten“. Aber ich hatte

Glück und es gab ein Boot, das uns auf die Inseln bringen konnte. Dr. Behrens, Dr. Woldu und ich fuhren bereits am Freitag in die Hafenstadt Massawa. Eine unglaubliche Stadt! Hier kann man den alten Palast des äthiopischen Kaisers Haile Selas-sie bewundern, das einzige noch zerstörte Gebäude, das als Zeichen des Sieges über die äthiopische Be-setzung in diesem Zustand belassen wurde. Nachmittags gingen wir an den Strand und im Roten Meer ba-den. Abends gingen wir durch den sehr schönen Garten des „Red Sea Hotels“ und Dr. Woldu erzählte mir, dass genau an der Stelle, wo wir ge-rade spazieren gingen, ein Massa-ker stattgefunden hatte und die Er-mordeten dort aufgetürmt wurden, wo jetzt der Pool war. Schon ein beklemmendes Gefühl!Am Samstag ging es dann mit einem kleinen Boot auf die Dha-lak-Inseln zum Schnorcheln. Wir schliefen auf einer Insel im Freien (Dissei Island). Es war unglaublich. Delphine begleiteten unser Boot. Auch hier gab es keinerlei Touris-mus und man fühlte sich fast schon wie ein Entdecker. In Asmara zurückgekehrt, absol-vierte ich meine letzte Einsatz-woche. Dann ging es auch schon wieder Richtung Heimat. Ich weiß gar nicht, wie ich meinem Profes-sor danken kann, mir dies ermög-licht zu haben, und natürlich auch meinem Freund für die Vermitt-lung. Ebenso dem Hammer Forum, das diesen Einsatz hervorragend koordinierte.Wann hat man als Student schon die Möglichkeit, direkt von einem Professor im OP unterrichtet zu werden, alle Fragen direkt beant-wortet zu kriegen und als Erster As-sistent fungieren zu können? Das, was Prof. von Andrian-Werburg mir beigebracht hat, konnte ich in der Chirurgie im zweiten klinischen Semester hervorragend anwenden. Insgesamt wurden 106 Operationen durchgeführt und über dreihundert Patienten untersucht! Und trotz die-ser Belastung habe ich noch einiges vom Land sehen können. Leider war dieses der letzte Einsatz von Professor von Andrian-Werburg. Sehr gerne hätte ich ihn noch ein weiteres Mal begleitet! Informationen: das Hammer Forum im Internet: www.hammer-forum.de

Assistenzarzt im fünften Semester Humanitärer Einsatz in Eritreavon David Simons Fortsetzungsartikel aus der MEDI-LEARN Zeitung

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März/ April 2007 7SeiteMLZDigitaler Nachschlag

HIV und AIDS sind Thema des neuen Heftes der Gesund-

heitsberichterstattung des Bundes (GBE) am Robert Koch-Institut. Das GBE-Heft bietet auf 40 Sei-ten eine Übersicht zur Situation der Immunschwächekrankheit in Deutschland. Kurze allgemein-verständliche Kapitel informieren über Krankheitsbild, Übertra-gungswege und Risikofaktoren, Entwicklung der Infektions- und Erkrankungszahlen seit Anfang der Achtzigerjahre, Präventions-maßnahmen, Folgen von HIV und AIDS, Behandlung, Versorgungs-strukturen sowie Kosten. Die Zahl der gemeldeten HIV-Neuinfek-tionen ist in Deutschland in den vergangenen Jahren gestiegen, auf zuletzt etwa 2.500 Neuinfektionen im Jahr 2005. Eine Heilung ist bis-lang nicht möglich, die lebenslang

notwendige Therapie ist mit hohen Kosten und einem erheblichen me-dizinischen Betreuungsaufwand verbunden. Die derzeit verfügbaren Medikamente können Nebenwir-kungen aufweisen und durch die Entwicklung von Resistenzen ihre Wirksamkeit einbüßen. HIV-In-fi zierte erkranken zudem leichter an Infektionskrankheiten und sind gesundheitlich anfälliger. Nach wie

GBE-Heft zu HIV und AIDS erschienenDie Situation der Immunschwächekrankheit in Deutschlandvon Susanne Glasmacher

vor sterben hierzulande jährlich circa 750 Menschen an den Folgen einer HIV-Infektion. Angesichts des Fehlens einer kura-tiven Behandlung bleibt die wirk-samste Maßnahme zur Begrenzung der HIV-Epidemie die Verhütung von Neuinfektionen.In Deutschland ist es durch eine frühzeitig begonnene HIV-Präven-tion gelungen, die Zahl der HIV-Infektionen auf ein vergleichswei-se niedriges Niveau zu begrenzen. Der daraus resultierende geringere gesellschaftliche Problemdruck hat jedoch dazu geführt, dass die Aus-gaben für Aufklärungsmaßnahmen auf Landes- und kommunaler Ebene zum Teil erheblich verringert wur-den. Die Zunahme von HIV-Neu-diagnosen erinnert an die Notwen-digkeit einer Stärkung der lokalen Präventionsarbeit, insbesondere bei

niedrigschwelligen Präventions- und Behandlungsangeboten. Die weltweite HIV/AIDS-Epidemie hat sich zu einem der größten Gesund-heitsprobleme der heutigen Zeit entwickelt. Die Weltgesundheits-organisation (WHO) rechnete Ende 2005 mit weltweit knapp 40 Milli-onen HIV-Infi zierten, bei jährlich fünf Millionen Neuinfektionen und drei Millionen Todesfällen.Das Robert Koch-Institut, das die Gesundheitsberichterstattung des Bundes in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt durch-führt, veröffentlicht seit Anfang 2001 regelmäßig Themenhefte. Ne-ben der Information über Gesund-heit und Krankheit ist die Analyse und Identifi kation von Handlungs-bedarf ein besonderer Schwerpunkt dieser Reihe.Das GBE-Heft 31 „HIV und AIDS“ ist im Internet abrufbar (www.rki.de) und kann kostenlos schriftlich angefordert werden:Robert Koch-InstitutGBE,Seestraße 10, 13353 Berlin

GBE-Heft „Gebärmuttererkrankungen“ erschienenBösartige und gutartige Geschwulste der Gebärmutter, entzündliche und nichtentzündliche Erkrankungen des weiblichen Genitaltraktesvon Susanne Glasmacher

An Gebärmutterhalskrebs er-kranken in Deutschland jedes

Jahr 6.500 Frauen, Eierstockkrebs tritt jährlich 9.900-mal auf, die bös-artigen Tumoren des Gebärmutter-körpers 11.350-mal pro Jahr. Bös-artige und gutartige Geschwulste der Gebärmutter, entzündliche Krankheiten und nichtentzünd-liche Erkrankungen des weiblichen Genitaltraktes sind das Thema des neuen Heftes der Gesundheits-berichterstattung (GBE). Das 37. GBE-Heft enthält auf knapp 40 Seiten Kapitel zu den einzelnen Krankheiten und Beschwerdebil-dern, zu Verbreitung und Risiko-faktoren, Prävention, Versorgung, Ressourcen, Krankheitskosten und Perspektiven. Krebserkrankungen des Gebärmutterkörpers machen sich durch unregelmäßige Blu-tungen (meist nach den Wechseljah-ren) bemerkbar. Durch diese frühen Symptome ist die Prognose relativ gut. Krebs der Eierstöcke wird da-gegen meist erst im fortgeschritte-nen Stadium entdeckt, da typische

Frühsymptome fehlen, ähnlich ist es bei Gebärmutterhalskrebs. Beim Gebärmutterhalskrebs wird seit Jahren im Rahmen der gesetzlichen Krebsfrüherkennungs-Untersu-chungen ab dem 20. Lebensjahr der so genannte Pap-Test angeboten. Die Zulassung einer Testung auf Humane Papillomaviren (HPV), die wesentlich an der Krebsentste-hung beteiligt sind, wird derzeit vom Gemeinsamen Bundesaus-schuss beraten. Seit Oktober 2006 ist ein Impfstoff gegen HPV in Deutschland erhältlich, die Stän-dige Impfkommission am Robert Koch-Institut hat ihre Beratungen zu einer Empfehlung der HPV-Imp-fung noch nicht abgeschlossen. Die gesundheitliche Bedeutung gut-

artiger Erkrankungen der Gebär-mutter liegt in ihrem Einfl uss auf die Lebensqualität und den damit verbundenen Einschränkungen im Alltag. Ein wichtiges Charakteri-stikum dieser Erkrankungsgruppe ist die häufi g große Spannbreite des Schweregrades: von akut bis chronisch, von leichtem Unwohl-sein über kurzzeitige Einschrän-kungen der alltäglichen Aktivitäten bis hin zur Behandlungsbedürftig-keit durch umfassende operative Eingriffe. Charakteristisch für gynäkologische Symptome und Beschwerden ist, dass es häufi g keinen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Erkrankung und dem Ausmaß der Beschwerden gibt. Gynäkologische Operationen sind die häufi gsten operativen Eingriffe bei Frauen. Eine Studie zeigte kürzlich auch für Deutsch-land den in der internationalen Literatur bekannten Zusammen-hang zwischen dem Risikofaktor „Soziale Schicht“ und Entfernung der Gebärmutter: Im Vergleich zu

Frauen mit Abitur oder Fachhoch-schulreife hatten Frauen mit Real-schulabschluss oder Hauptschul-abschluss ein 1,7fach bzw. 2,5fach erhöhtes Risiko für eine solche Operation. Internationale Studien zeigen, dass seltener und organ-schonender operiert wird, wenn Leitlinien oder Standards vorhan-den sind bzw. wenn eine systema-tische und ausführliche Information der Patientinnen, zum Beispiel über Behandlungsalternativen, erfolgt. In Deutschland gibt es solche Be-handlungsleitlinien bislang nicht. Das Robert Koch-Institut führt die Gesundheitsberichterstattung des Bundes in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt durch und veröffentlicht regelmäßig Themen-hefte und Berichte. Das GBE-Heft „Gebärmutterkrankungen“ ist auf den Internetseiten des Robert Koch-Instituts abrufbar (www.rki.de), und es kann schriftlich kostenlos be-stellt werden: Robert Koch-Institut, Gesundheitsberichterstattung, See-straße 10, 13353 Berlin,

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März/ April 2007 8Seite MLZDigitaler Nachschlag

Endlich war es soweit: Der Flie-ger beschleunigte, ruckelte

einige Male, dann erhob er sich schwungvoll in den blauen Him-mel. Ich lugte aus dem kleinen Fenster und beobachtete, wie die Häuser unter mir immer kleiner wurden, bevor sie letztlich ganz verschwanden. Seltsam: Nur einen Monat zuvor war das alles ledig-lich eine fi xe Idee gewesen, das Pfl egepraktikum in Afrika. Zuerst hatte ich nur eine Telefonnummer eines deutschen Arztes in Namibia, die ich mir von Freunden hatte ge-ben lassen. Ein fi xes Telefonat mit diesem: „…ja doch, ich denke, das dürfte kein Problem sein. Ich gebe Dir nur noch die E-Mail-Adresse des Krankenhausleiters. Am be-sten, Du wendest Dich direkt an ihn.“ Gesagt, getan. Grünes Licht bekommen, Flug gebucht. So schnell kann das manchmal gehen!

OFFENSICHTLICH HATTE MAN MEIN KOMMEN

ÜBERSEHEN

Inzwischen hatte ich 15 Stunden Flug, eine schlafl ose Nacht und eine einstündige Busfahrt von der Hauptstadt Windhoek in das süd-lich gelegene Städtchen Rehoboth hinter mir. Es war um die Mittags-zeit, als der VW-Bus vor einem größeren Gebäudekomplex mit der Aufschrift St. Mary`s Hospital hielt. Ich nahm mein Gepäck aus dem Kofferraum, verabschiedete mich vom Fahrer und stapfte durch den staubigen Sand, vorbei am geöffneten Eisentor Richtung Re-zeption. Noch völlig schlaftrunken und ganz verzaubert von der Rei-se durch Namibias schöne Natur mit roten Felsformationen, unend-lichen Steppen und dunkelblauem Himmel soweit das Auge reicht, meldete ich mich an. Offensicht-lich hatte man übersehen, dass ich heute kommen sollte. Nicht weiter schlimm: Am Abend gab man mir ein vorläufi ges, geräumiges Zim-mer auf der Station der Privatpati-enten. Ich konnte noch etwas essen und fi el alsbald in einen seligen

Schlaf. Am nächsten Morgen wurde ich von einem freundlichen, sanften Chorgesang geweckt. Es waren die Schwestern, die sich allmorgend-lich um sieben Uhr auf dem Gang der Kinderstation versammelten, um den Tag mit einer kleinen san-gesreichen Andacht zu beginnen.

Von Chorgesang gewecktDann führte mich eine freundliche Schwester quer durchs Kranken-haus und machte mich mit den Frauen der Küche bekannt. Eine freundliche kleine Truppe, die sin-gend, schwätzend und spaßend das Essen zubereitete und mir je-den Morgen ein Tablett mit so viel gutem Essen servierte, dass ich kugelrund gefuttert zur Arbeit er-schien. Ich arbeitete zunächst sechs Wochen auf der Männerstation, wo verteilt auf neun Zimmern etwa 53 Patienten lagen. Die kleinsten Zim-mer hatten zwei Betten, andere bis zu 13. Daneben verfügte das Kran-kenhaus über einen Frauensaal, einen Kreißsaal, einen Kindersaal, eine Notaufnahme, eine Rönt-genabteilung, eine umfangreiche sozialmedizinische Abteilung für HIV/AIDS und einen Privatsaal für

privat Versicherte. Alles in allem zählte das Krakenhaus 55 Schwe-stern und Pfl eger und sieben Ärzte. In den größeren Zimmern waren ausschließlich Tuberkulosepati-enten untergebracht. Tuberkulose war das häufi gste Krankheitsbild im Krankenhaus, machte etwa die Hälfte der Patienten aus, und trat häufi ger in Kombination mit AIDS in Erscheinung. Dann gab es immer wieder ein paar Fälle von Malaria, meist bei Leuten, die sich im Nor-den Namibias aufgehalten hatten. Auch Zivilisationskrankheiten wie extremer Bluthockdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Dia-betes waren aufgrund der fettigen und süßen Ernährung (bei den nicht ganz Armen) sehr häufi g. Zudem gab es Fälle von Fehl- oder Unter-ernährung, vor allem bei den Kin-dern. Daneben hatte ich es viel mit Stichverletzungen, Unfällen und Alkoholismus (schätzungsweise 40 bis 50 % der Patienten) zu tun. Ich konnte mich sehr wohl an die stressigen Arbeitszeiten bei einem Pfl egepraktikum in Deutschland er-innern, daher machte ich mit allen Beteiligten einen Arbeitsplan aus, der mir persönlich mehr zusagte. So arbeitete ich montags bis frei-

tags von sieben Uhr bis 16.15 Uhr, während viele andere Pfl eger 7-7-Schichten hatten, d.h. sie arbeiteten zu zweit von morgens sieben bis abends sieben oder umgekehrt, hat-ten aber dafür auch häufi ger frei.

Essen wie ein PrivatpatientDie Arbeit im Männersaal machte mir viel Freude. Früh um sieben gab es die Morgenandacht, dann half ich beim Desinfi zieren der Ein-richtungsgegenstände in Patienten- und Aufnahmezimmer. Schließlich rief man mich gegen acht in die Kü-che, wo ich vom Küchenpersonal jeden morgen ein festliches Früh-stück serviert bekam. Dann ging es weiter mit Betten machen und dem Waschen von bettlägerigen Pati-enten. Gegen elf Uhr brachte ich gekochte Eier und Milch aus der Küche, bereitete die Medikamente für die Tuberkulosepatienten vor, trommelte die Männer zusammen und schenkte je ein warmes Ei, ein Glas Milch und ein Becher bunter Tabletten aus. Dabei kontrollierte ich, dass gewisse Patienten die Ta-bletten nicht einfach in die Hosen-tasche steckten.

DER JAMMERNDE ALTE HERR ENTSORGTE SEINE

MEDIKAMENTE LIEBER IM KLO

Wie zum Beispiel ein dünner alter Herr im Rollstuhl, der immerzu nur wehmütig jammerte, seine Medika-tion aber statt einzunehmen lieber regelmäßig im Klo zu entsorgen versuchte. Dann mussten Wunden und Verletzungen gesäubert und die Patienten umgezogen werden. Meist war es dann auch schon Mittag, und ein deftiges Mal mit viel Fleisch wartete in der Küche auf mich. Ich bekam nämlich das Essen, das auch die Privatpatienten bekamen! Wäh-rend der Mittagspause konnte ich mich nochmals Siesta machen, mir draußen die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, mit den Patienten spaßen oder mit dem Personal plau-dern. Kurzum, es wurde nie lang-weilig. Nachmittags half ich noch bei den Routineuntersuchungen, bei der Medikamentenausgabe und bei Neuaufnahmen. weiter auf Seite 9

Ein Lächeln ist das Allergrößte!Pflegepraktikum in Namibia von Klaus Simon Breidert

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März/ April 2007 9SeiteMLZDigitaler Nachschlag

tuelle Tour durch das Krankenhaus macht den Patienten damit vertraut, was er zu erwarten hat. Patienten-bindung über das Internet gewinnt auch für niedergelassene Ärzte zu-nehmend Bedeutung. Die Websites der Krankenhäuser oder Sanatorien müssen so aufgebaut sein, dass man sie sowohl über den Namen der In-stitution als auch über die Eingabe spezieller Krankheitsbilder fi ndet, das heißt, dass man nach der Vor-haltung spezieller medizinischer Leistungen suchen kann. Schließ-lich kann eine Website auch zu Marketingzwecken eingesetzt wer-den, etwa in Richtung „Medical Wellness“. Wertvoll ist auch die möglichst zeitnahe Beantwortung bestimmter Anfragen durch den Pa-tienten, sei es an den Chefarzt oder an die Verwaltung. Im Bereich der Psychiatrie ist besonders wichtig, dass sich Patienten erst einmal an-onym informieren können, bevor sie in persönlichen Kontakt treten. Auch können Informationen für die Allgemeinbevölkerung zum Abbau von Vorurteilen und zur Entstigma-tisierung der Patienten sowie Bera-tung der Angehörigen zur Verbesse-rung der Compliance des Patienten beitragen.E-Health Marketing für Kranken-häuser – zwischen E-Commerce und E-Health. Krankenhauspsychiatrie 2006; 17; Nr. 4; S. 173-180 Dr. med. Dipl.-Psych. Gerhard Dammann, Basel.

Im Internet fi ndet man zahlreiche medizinische Informationen,

die meist von speziellen Diensten, zum Teil im Rahmen von Gesund-heitsportalen, angeboten werden. Die Einschätzung, wie seriös di-ese Angebote sind und ob sie den aktuellen Stand medizinischen Wissens wiedergeben, obliegt dem Patienten. Immerhin kann er sich über Ursache und Behandlungs-bedürftigkeit seiner Beschwerden zunächst einmal informieren, bevor er sich zu einem Arztbesuch ent-schließt. Ein Beitrag in der Zeit-schrift „Krankenhauspsychiatrie“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) diskutiert Internet-Angebote durch Kliniken und Arztpraxen. Aus Patientensicht ist es sehr nütz-lich, sich über die Leistungen ei-ner Klinik informieren zu können, angefangen bei medizinischen In-formationen über die Bedeutung bestimmter Symptome oder die Merkmale einer Krankheit über spezielle Therapieformen bis zu interaktiven Selbsttests bei be-stimmten Krankheitsbildern, bei-spielsweise im psychologisch-psy-chiatrischen Bereich. Nützlich sind auch Informationen zum leitenden ärztlichen und pfl egerischen Perso-nal, Informationen und Checklisten für Patienten zur Vorbereitung des Aufenthaltes in der betreffenden Klinik oder auch interaktive Fort-führung einer Therapie bei geeig-neten Krankheiten (Telemedizin und Cyber-Psychologie). Eine vir-

E-HealthMedizinische Informationen im Internet von PsychPress

IMPRESSUMHerausgeber: MEDI-LEARNBahnhofstraße 26b35037 Marburg/LahnTel: 04 31/780 25-0Fax: 04 31/780 25-29E-Mail: [email protected] Internet: www.medi-learn.de

ISSN: 1860-8590Redaktion:Jens Plasger (Redaktionsleitung), Christian Weier (V.i.S.d.P.), Trojan Urban, Marlies Lehmkuhl, Lilian Goharian, Angelika Lehle,Dr. med. Dipl.-Psych. Bringfried Müller, Thomas Brockfeld

Lektorat:Jan-Peter Wulf

Layout & Graphik:Angelika Lehle

Berichte: Peter Karsten, Dr. Janine Drexler, Dr. Annette Tuffs, David Simons, Susanne Glasmacher, Klaus Simon Breidert, Marita Voelker-Albert

Anzeigenbetreuung:Christian WeierOlbrichtweg 1124145 KielTel: 04 31/780 25-0Fax: 04 31/780 25-29E-Mail: [email protected] – Es gilt die Anzeigenpreisliste 02/2005.

Bildnachweis:istockphoto.com, photocase.com, stock.xchng, Uniklinikum Heidelberg

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Daneben arbeitete ich noch zwei Wochen im Kindersaal und einige Tage in der Notaufnahme, durfte mit anderen Famulanten bei einer OP zusehen und half bei öffent-lichen Kinderschluckimpfungen mit.

Ein Lächeln ist das AllergrößteDie Arbeit im Kindersaal machte mir besonders viel Spaß, schnell entwickelte man enge Bindungen zu den Kindern. Ich dachte ernst-haft darüber nach, eines der Kinder zu adoptieren! Es tat gut, Kinder, die andere Schwestern schon halb aufgegeben hatten, mit Fleisch-wurst und viel Aufmerksamkeit

wieder zum Essen oder gar zum La-chen zu bringen. Ein Lächeln die-ser Kinder, die teilweise von ihren Eltern seit Monaten nicht mehr be-sucht worden waren, war das aller-größte Geschenk! Man kann es sich kaum vorstellen: Kinder, noch un-ter einem Jahr alt, die weder lachen noch weinen oder schreien. Kinder, die auf mich wirkten, als hätten sie sich selbst aufgegeben, bevor ihr Leben überhaupt richtig losging! Bei diesen Kindern neuen Mut zu spüren, ein Lächeln zu bekom-men, das war das Größte! Umso schlimmer war es, als eines der Kinder dann doch über Nacht starb.

VIELLEICHT DACHTE DIE MUTTER, IHR KIND KÖNNE BESSER IM KRANKENHAUS

LEBEN

Zum Schluss noch ein paar Worte zu einem meiner kleinsten Pati-enten: die kleine Norah. Norah wurde im Armenviertel geboren, die Mutter war Alkoholikerin. Nun war Norah zwei Jahre alt, zum zweiten Mal im Krankenhaus, sie konnte weder stehen noch reden. Viel zu klein für ihr Alter (man hätte sie für 10 Monate gehalten), röchelte es bei jedem Atemzug be-drohlich in ihrer Lunge, als ob sie jeden Moment ersticken würde. Norah hatte schon zum zweiten Mal Tuberkulose, eine Krankheit, die vor allem im Armenviertel und bei Fehl- und Unterernährung auf-tritt. Sie war stark abgemagert, als ihre Mutter sie hier abgeliefert hat-te. Seit Monaten tauchte diese nicht mehr auf, vielleicht weil sie selbst der Meinung war, ihr Kind könnte besser ein Leben im Krankenhaus führen als zwischen den Blechhüt-ten von Rehoboth. Doch Norah, die ihr Bettchen direkt am Ein-gang hatte, beeindruckte mich wie kein anderer Mensch: Sie kämpfte, man konnte ihren Lebenswillen spüren! Und obwohl sie eines der Kinder war, die schon am längsten hier verweilten, war sie ein aufge-wecktes Kind, das anhänglich war, strahlte und lachte. Hatte man das Funkeln in ihren Augen einmal ge-sehen, ließ es einen nicht mehr los. Das ist es, was ich meine wenn ich sage, ein Lächeln dieser Kinder sei das Größte überhaupt!

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März/ April 2007 10Seite MLZDigitaler Nachschlag

Heute fi ndet in Berlin die nati-onale Abschlusskonferenz des

von der Europäischen Kommission geförderten Projektes „Closing the Gap: Strategies for Action to Tack-le Health Inequalities in Europe“ statt. Die Bundeszentrale für ge-sundheitliche Aufklärung (BZgA) als Vertreter Deutschlands hat das EU-Projekt zwischen 21 europä-ischen Ländern über drei Jahre lang koordiniert mit dem Ziel, effektive Strategien zur Reduzierung ge-sundheitlicher Ungleichheiten zu identifi zieren und eine europäische Datenbank mit fundierten Informa-tionen und vorbildlichen Projekten zu erstellen. Das Projekt wurde mit fi nanziellen Mitteln der EU-Kommission, Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz, gefördert. Alle Projektpartner füh-ren in dieser ‚Week of Equity in Health’ zeitgleich nationale Konfe-renzen durch.

„Gesundheitliche Ungleichheit zu beseitigen war und ist ein poli-tisches Ziel der Bundesregierung. Die Ergebnisse des Projektes be-stätigen, dass Deutschland auf einem guten Weg ist, Prävention und Gesundheitsförderung so aus-zubauen, dass sozial Schwächere erreicht werden. Hierzu bedarf es der Kooperation aller Akteure“, da-rauf weist Dr. Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesministeri-um für Gesundheit, hin.„Ein Vergleich zwischen den Part-nerländern macht deutlich, dass es kein ‚Einheitsrezept’ zum Abbau gesundheitlicher Ungleichheiten gibt“, betont Dr. Elisabeth Pott, Di-rektorin der Bundeszentrale für ge-

sundheitliche Aufklärung. „Grund-sätzlich gilt, dass gesundheitliche Chancengleichheit in jedem Mitgliedsstaat zum Leitbild wer-den muss, das über die einzelnen Themengebiete hinaus wirkt und bereits frühzeitig bei der Planung von Maßnahmen und Programmen berücksichtigt wird. Dabei müssen nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern auch am Arbeitsmarkt, im Sozial-, Umwelt-, Stadtplanungs-, Verkehrs-, Familien- und Bildungs-bereich Akzente zur Schaffung ge-sundheitlicher Chancengleichheit gesetzt werden“, ergänzt Dr. Pott.

So zeigt das schwedische Beispiel, in dem verkehrspolitische Maßnah-men zu einer bedeutenden Redu-zierung der Unfallzahlen geführt haben, dass Interventionen, die nicht nur aus dem Gesundheits-sektor heraus entwickelt wurden und z.B. im Schwerpunkt auf die sichere Gestaltung der Umwelt zielten, dennoch Auswirkungen auf die gesundheitliche Situation haben. Besonders sozial benachtei-ligte Personengruppen haben davon in Schweden profi tiert, da sie – wie in allen anderen europäischen Län-dern auch – statistisch ein erhöhtes Unfallrisiko haben.

Was im Wesentlichen zu einer Strategie, die der Reduzierung von gesundheitlichen Ungleich-heiten dient, dazu gehört, wird auf der heutigen Abschlusskonferenz von „Closing the Gap“ präsentiert. Hierzu gehört die Berücksichti-gung der sozialen Einfl ussfaktoren auf Gesundheit und Krankheit, eine bessere Zusammenarbeit der ver-

schiedenen Sektoren, die Stärkung guter Praxis und die Formulierung klarer Ziele und Handlungsempfeh-lungen. Dabei sollen vor allem be-nachteiligte Kinder als Zielgruppe stärker in den Mittelpunkt rücken. Während der dreijährigen Projekt-phase hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zusam-men mit den anderen Partnerorga-nisationen ein kompetentes Netz-werk von europäischen Akteuren zur Verminderung gesundheitlicher Ungleichheiten aufgebaut. „Im Verlauf dieser guten Zusammen-arbeit haben wir ein gemeinsames Internet-Portal entwickelt, in dem die zentralen Ergebnisse des Pro-jektes abgerufen werden können und eine europäische Informati-onsplattform zur gesundheitlichen Chancengleichheit in Europa ge-schaffen wurde. Hierbei möchte ich vor allem auf die Datenbank mit mittlerweile 90 vorbildhaften Pra-xisprojekten aus 21 europäischen Ländern hinweisen“, so die Direk-torin Dr. Elisabeth Pott.

In dem Internet-Portal www.health-inequalities.eu befi nden sich überwiegend Projekte aus den Bereichen Ernährung, Bewegung, Substanzmissbrauch sowie der psychischen Gesundheit. Darü-ber hinaus wurden Beispiele guter Praxis, die auf den Aufbau sozialer Netzwerke und die Verbesserung von Lebens- und Arbeitsbedin-gungen zielen, aufgenommen. Hier sind besonders Aspekte von Bildung und Arbeitslosigkeit, von Wohnbedingungen und der Zugang zum Gesundheitswesen von zen-traler Bedeutung.

Gute Praxis beim Abbau gesund-heitlicher Ungleichheiten zeichnet sich durch spezifi sche Qualitäts-kriterien aus wie Teilhabe und Befähigung der Zielgruppe sowie intersektorale Zusammenarbeit – dies wurde von internationalen Experten bestätigt. Vorbild für die Qualitätskriterien sowie für die ge-samte Herangehensweise bei der Sammlung und Bewertung von Praxisbeispielen ist der deutsche nationale Kooperationsverbund mit seiner Internetplattform www.gesundheitliche-chancengleichheit.de. Die Europäische Kommissi-on beabsichtigt, ab Mitte 2007 ein

Anschlussprojekt zur Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheiten zu fördern, an dem sich die BZgA dann maßgeblich durch die Wei-terentwicklung des Internet-Portals beteiligen wird.Hintergrundinfor-mationen zu sozialen Ungleich-heiten am Beispiel Deutschlands:

Obwohl Wohlstand und Lebens-erwartung zu Beginn des 21. Jahr-hunderts ein nie zuvor gekanntes Niveau erreicht haben, bestehen in Deutschland – wie in jedem ande-ren europäischen Land – soziale Ungleichheiten in Gesundheit und Lebenserwartung. Dies wird an ei-nigen Beispielen deutlich:

In Deutschland haben Männer im oberen Einkommensbereich eine durchschnittlich 10 Jahre höhere Lebenserwartung als Männer mit niedrigem Einkommen; bei Frauen beträgt der Unterschied 5 Jahre.Herzinfarkte treten bei Männern, die einer niedrigen sozialen Schicht angehören, ungefähr doppelt so häufi g auf wie bei Männern, die so-zial gut gestellt sind. Diabetes tritt bei sozial Benachteiligten ungefähr doppelt so häufi g auf wie bei sozi-al gut Gestellten.Schulbildung und Rauchen hängen eng zusammen, insbesondere in jüngeren Alters-gruppen. Während 60 Prozent der Männer mit Hauptschulabschluss rauchen, sind es bei Abiturienten 35 Prozent; bei Frauen beträgt die Differenz 50 Prozent zu 30 Pro-zent. Berufsschüler zwischen 14 und 18 Jahren rauchen zu 53 Pro-zent und Gymnasiasten im gleichen Alter nur zu 37 Prozent. Kinder aus Migranten-Familien und mit nied-rigem Sozialstatus treiben zwei bis dreimal weniger Sport als Kinder, die diesen Hintergrund nicht ha-ben. Der Anteil der Jugendlichen mit einem Risiko für Essstörungen ist bei einem niedrigen sozioöko-nomischen Status mit 27,6 Prozent fast doppelt so hoch wie in der obe-ren Sozialschicht (15,5 Prozent).Kinder aus einem sozial benachtei-ligten Elternhaus verunfallen bis zu 70 Prozent häufi ger als diejenigen, deren Eltern dem oberen Einkom-mensbereich angehören. Die Wahr-scheinlichkeit, als Minderjährige Schwanger zu werden, ist bei einer Hauptschülerin fünf Mal so groß wie bei einer Gymnasiastin.

Closing the GapGesundheitliche Ungleichheiten in Europa reduzieren von Marita Voelker-Albert (BZgA)