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Special | 4. Februar 2016 Marketing Abheben David Sable Der CEO der Werbeagentur Y&R über «Digibabble» und «Do it big or stay in bed». Seite 10 Andreas Messerli Der VRP des Eventdienstleisters Messerli Group über seine Vision des Erlebnismarketings. Seite 18 Die Trends des Jahres Seite 6

Handelszeitungbeilage Februar 2016

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Special Marketing

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Page 1: Handelszeitungbeilage Februar 2016

Special | 4. Februar 2016

Marketing

AbhebenDavid SableDer CEO der Werbeagentur Y&R über «Digibabble» und «Do it big or stay in bed». Seite 10

Andreas MesserliDer VRP des Eventdienstleisters Messerli Group über seine Vision des Erlebnismarketings. Seite 18

Die Trends des JahresSeite 6

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Sieger auf jedem Terrain.Mit dem Allradantrieb 4MATIC.

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3handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

InhaltUlrich h. Moser Der gfm-präsident über die marketingagenda 2016 und ihre Highlights. 4anne lise Kjaer Die dänische Futuristin über die acht schlüsseltrends des neuen Jahres. 6Werbemarkt so hat sich das geschäft 2015 entwickelt und so sind die aussichten für 2016. 8David Sable Der global ceO der Werbeagentur Y&r erklärt, was er mit «Digibabble» meint. 10

Disruption Das Wort ist 24-jährig und wurde vom tBWa\-chairman Jean-marie Dru erfunden. 12Drugstore publicis bringt ihr startup-konzept in die schweiz und kooperiert mit dem impact Hub. 16andreas Messerli Der Verwaltungsratspräsident der messerli group will an die nationale spitze. 18Branding alter Wein in neuen schläuchen – hinter dem relaunch von rivella steckt einiges mehr. 22

tItelBIlD

Da soll nochmal einer be-haupten, die Schweiz wer-de im Ausland nicht positiv wahrgenommen: Aufnah-men des Überflugs eines Swiss-Airbus mit der Pat-rouille Suisse anlässlich der Lauberhornrennen gingen um die Welt und kamen auf globalen Fernseh sta-tionen. Das ist Marketing.ti

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Big Data ist noch nicht wirklich so smart

Zuerst möchte ich allen herzlich danken, die mir Anfang Jahr zu meiner neuen Stelle gratuliert haben, obwohl ich sie gar nicht gewechselt habe ... Wie viele

andere in den beiden betroffenen Verlagen auch habe ich nur meine sozialen Profile um unseren neuen gemeinsamen Arbeitge-ber ergänzt: Ringier Axel Springer Schweiz. Sofort poppt bei den LinkedIn-Kontakten auf: «Congratulate XY on the new job.» Bei Xing steht im E-Mail-Betreff: «XY hat einen neuen Job.» Überraschenderweise lassen die ersten Glückwünsche und Likes nicht lange auf sich warten. Man fühlt sich zwar gebauchpinselt, kann sich ein Kopfschüt-teln jedoch nicht verkneifen.

So smart, wie alle denken oder viele hoffen, ist Big Data noch nicht wirklich. Der Algo-rithmus zieht einen falschen Schluss – und schon hat man mehr Aufmerksamkeit, als einem gebührt. Aberwitziger wird es, wenn man Ende Januar eine LinkedIn-Benach-richtigung erhält: «Die neue Stelle von XY und 260 weitere Veränderungen in Ihrem Netzwerk.» Ich erfahre, dass sich ein Viertel meiner Kontakte im vergangenen Jahr be-ruflich verändert hat. Ohne, dass ich es mit-

bekommen habe. So viele können es un-möglich gewesen sein. Insbesondere, wenn ich die abgebildeten Gesichter im Newslet-ter anschaue. Meines Wissens sind die meis-ten von ihnen in der gleichen Funktion beim gleichen Unternehmen tätig. Einige haben höchstens zusätzliche Aufgaben übernom-men. Ein paar wenige haben den Job verlo-ren und andere sind in Rente gegangen. Was will mir die Statistik also sagen?

Am aberwitzigsten ist, dass einem nach Google-Recherchen auf beliebigen Web-sites automatisch vermeintlich passende Anzeigen untergejubelt werden, wenn man Journalist ist. Die wenigsten Themen inte-ressieren privat respektive kommerziell. Solche Big-Data-Trugschlüsse sind kein Mehrwert, sondern semi-smart.

Norman C. BandiRessortleiter«Handelszeitung»

IMpreSSUMDer magazin-special «marketing» ist eine redaktionelle Beilage der «Handelszeitung».

Gesamtverantwortung Norman c. Bandi

redaktionelle Mitarbeit matthias kiess, anne lise kjaer, alina leimbach, Ulrich H. moser, catherine purgly, simon rehsche, roger schnegg, Oscar todeschini, torsten tomczak, Daniel tschudy, Dennis Vogt, Denise Weisflog

Chefredaktor stefan BarmettlerStv. Chefredaktor marcel speiserressortleitung Norman c. BandiStv. ressortleitung roberto stefanolayout roger cavalliKorrektorat simone abegg, Urs Bochsler, Beat koch adresse redaktion «Handelszeitung» Förrlibuckstrasse 70 8021 Zürich telefon: 043 444 59 00Fax: 043 444 59 30 mail: [email protected] Online: www.handelszeitung.ch

leitung Wirtschaftsmedien Uli rubnerleitung Werbemarkt Beniamino esposito ringier agkreuzstrasse 268008 Zürichtelefon: 044 259 60 50 Fax: 044 259 68 94 mail: [email protected] Online: go4media.chleitung nutzermarkt Jörg tobuschatlesermarketingringier axel springer schweiz ag, Förrlibuckstrasse 70, 8021 Zürich, telefon: 043 444 58 95, mail: kunden [email protected] Verlag «Handelszeitung» Förrlibuckstrasse 70 8021 Zürichtelefon: 043 444 59 00mail: [email protected]

Druck swissprinters ag, Zofingen

herausgeberinringier axel springer schweiz ag

Bekanntgabe von namhaften Beteiligungen im sinne von art. 322 stgB: le temps sa

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4 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

ageNda 2016

So werden wir zu den Gewinnern gehören

Die Schweizerische Gesellschaft für Marketing (GfM) startete das Jahr 2016 mit einem Refe­rat von Anne Lise Kjaer zum Thema «Postcards from the

Future». Die dänische Futuristin, Autorin und Unternehmerin befasste sich damit, wie Organisationen basierend auf den «4P» – People, Planet Purpose, Profit – Erfolgsstrategien entwickeln können. Sie hat acht Trends identifiziert, die 2016 fürs Marketing ausschlaggebend sein werden (siehe Artikel auf Seite 6). Diese Trends sind nicht radikal neu, zeigen aber, dass auch langfristig gültige Veränderungen nur langsam in den Köpfen der Marketing­verantwortlichen ankommen.

Die Verknüpfung von Marketing und Inno­vation ist das zentrale Thema der GfM im laufenden Jahr. Eine echte Produkt­ oder Prozessinnovation soll nicht nur eine bril­lante technische Errungenschaft sein, sondern muss durch die Unterstützung des Marketings von den Kunden akzeptiert und langfristig im Markt etabliert werden. An­lässlich der GfM Marketing­Trend­Tagung am 16. März 2016 werden sich ausgewie­sene Experten aus Wissen­schaft und Wirtschaft unter der Leitung von HSG­Pro­fessor Torsten Tomczak mit Marketing und Innovation beschäftigen sowie Tipps und Tricks für die erfolgreiche Umsetzung in den Unter­nehmen geben (siehe Artikel auf Seite 14).

Im Jahr des 75­jährigen Bestehens der GfM wollen wir bewusst nach vorne schauen und uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Die Marketingwelt bleibt dynamisch und herausfordernd. Bekannte Buzzwords wie Disruption, Digital Transformation, Storytelling oder Social Marketing werden uns auch in Zukunft beschäftigen.

Das renommierte amerikanische Marketing Science Institute (MSI) legt im Zwei­ Jahres­Rhythmus die Prioritäten für die Forschungsinitiativen im Marketing fest.

Als Top­Priorität wurde «Understanding Customers and the Customer Experience» definiert. Das Thema ist aus Sicht des MSI aus zwei Gründen wichtig. Einerseits vertritt auch das MSI, dass der Kunde immer der Hauptfokus aller Marketingbemühungen sein sollte. Anderseits muss man sich des­sen bewusst sein, dass sich die Bedürfnisse und das Verhalten der Kunden in den ver­gangenen Jahren radikal verändert haben.

Das Thema Marketing Analytics ist die Nummer zwei auf der neuen MSI­Liste. Dabei geht es um das Bestreben, ein umfas­

sendes Wissen über unsere Kunden zu erhalten und es wettbewerbsorientiert ein­zusetzen. In letzter Zeit hat sich das Machtverhältnis weg von den Unternehmen in Richtung der Konsumen­ten verschoben. Mit Marke­ting Analytics schwingt das Pendel in die andere Rich­tung. Die Organisa tionen

können die Erkenntnisse nutzen, um: Infor­mation über ihre Kunden zu gewinnen und nutzbringend zu verwenden; ihr Marketing­budget optimal zu nutzen; eine langfristige, nachhaltige Steigerung des Kundenwerts zu erzielen; und die richtigen Learnings aus Kampagnen mitzunehmen.

Bei all diesen Bemühungen dürfen wir den Kunden nicht aus unseren Augen und aus unserem Sinn verlieren. Wenn der Mensch im Zentrum (Customer Centricity) unserer Marketingaktivitäten steht und wir unter Kundenerfahrung (Customer Experience) die beiden Hauptaspekte Kundenerlebnis und Kundenvertrautheit verstehen, werden wir zu den Gewinnern gehören.

Ulrich H. MoserPräsident der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing (GfM)

FakteN

Die Trends im Marketingmix

«im Jahr des 75-jährigen Bestehens

der gfm wollen wir bewusst nach vorne schauen.»

E-Mails

158% Um diesen Wert erhöht sich die Durchklickrate bei E-Mails mit Social Sharing Buttons.

Social Media

100% Die Budgets für Social Marketing werden sich in den nächsten fünf Jahren verdoppeln.

Events

67% Zwei Drittel der B2B-Content-Marketeers finden Event Marketing die effektivste Strategie.

Content

50% Beinahe die Hälfte der Unternehmen verfügen über eine Content-Marketing-Strategie.

SEO

33% Rund ein Drittel des Verkehrs der organischen Google-Suche geht zum allerersten Artikel.

SEO: SuchmaSchinEnOptimiErung QuEllE: adwEEk.cOm

Page 5: Handelszeitungbeilage Februar 2016

RARITÄTEN

Sardòn Duero Quinta Sardonia, 75 cl

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Special marketiNg

Anne Lise KjAer

A ls Futuristin erinnere ich meine Kunden immer daran, dass die Zukunft nicht etwas ist, auf das wir einfach zu­steuern, sondern ein Szena­

rio, das wir aktiv mitgestalten. Denn unsere gegenwärtigen Aktionen beeinflussen unser Geschäft von morgen.

Heute wird nur eine von fünf Marken als relevant für das allgemeine Wohlergehen erachtet. Dies zeigt den riesigen Graben zwischen der Selbstwahrnehmung von traditionellen, profitorientierten Organisa­tionen und der Art und Weise, wie ihre Produkte und Dienstleistungen von den Stakeholdern bewertet werden. In einer immer komplexer werdenden und wett­bewerbsgetriebenen Welt ist eine konse­quente 4P­ Methode der Schlüssel zum Erfolg. Sie bezieht neben Profit auch die Menschen (People), den Planeten sowie Ziel und Zweck (Purpose) mit ein.

Grosses P der Führung heisst PurposeWie man zielgetriebene Führung zum

fundamentalen Prinzip einer Organisation und Geschäftsstrategie macht, beschreibe ich in meinem neuen Buch «The Trend Management Toolkit – a Practical Guide to the Future». Bei der Kommunikation mit internen und externen Stakeholdern sollten vier Grundregeln beachtet werden:Seien Sie ehrlich: Vier von fünf Men­

schen weltweit sind der Meinung, dass Chefs transparent kommunizieren sollten, um Ver­trauen aufzubauen. Ein offener Dialog mit den Stakeholdern ist eine Strategie, die sich auszahlen wird.Agieren Sie authentisch: Clevere Or­

ganisationen wissen, dass das Wort Kon­sument veraltet ist. Deswegen schaffen sie Gelegenheiten, um mit Menschen in Kon­takt zu treten und ihnen dabei zu helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.Zeigen Sie Engagement: Hier ist die

Teilnahme an der globalen Diskussion zur

Schaffung einer besseren Gesellschaft der Schlüssel. Überlegen Sie sich, wie Ihre Firma dieses Ziel erreichbarer machen kann.Gestalten Sie mit: Leben Sie nicht nur

in der Gegenwart, sondern skizzieren Sie die Zukunft, die Sie sich wünschen. Machen Sie diese Vision Teil jeder Kommunikation und laden Sie alle dazu ein, diese zu realisieren.

Digitale Transformation ist eine ReiseUm Ihren Botschaften auch Wirkung zu

verleihen, müssen Sie die neuen Einflüsse kennen, denen unsere Gesellschaft unter­liegt. Hier sind acht Schlüsseltrends, die Sie im Jahr 2016 bei zukunftsgerichteten Marketingstrategien unterstützen:

1. Radikale Offenheit beginnt im Unter­nehmen: Ihr Ruf ist Ihr wertvollstes

Gut. Vertrauen können Sie aber nur auf­bauen, wenn die Mitarbeitenden Ihre Ziele kennen und sich so damit identifizieren, dass sie als Markenbotschafter agieren. Dies ist bei vielen Organisationen noch nicht der Fall. Eine Studie aus dem Jahr 2012 mit rund 97 000 Menschen in 30 Ländern zeigt, dass 48 Prozent der Befragten die Firma, für die sie tätig sind, nicht weiterempfehlen würden.

2. Die digitale Transformation ist eine Reise, keine Destination: Es reicht

nicht, digitale Werkzeuge zu haben. Man muss sie kreativ einsetzen, um das Leben der Menschen positiv zu beeinflussen. Das bedeutet schnelle und benutzerfreundliche Multi­Channel­Plattformen, die Ihren Kun­den einen greifbaren Nutzen bringen.

Ein gutes Beispiel ist die AR­App von Ikea, die den Konsumenten hilft, ein Pro­dukt daheim zu visualisieren. Statt Pläne und Massband wird sogenannte Augmen­ted Reality (AR) eingesetzt. Diese erweiterte Realität ermöglicht es Nutzern, virtuelle Ob­jekte beliebig zu platzieren, und unterstützt sie dabei, ihre Einrichtung kreativ zu gestal­ten. Der Vorteil für Ikea liegt in der Reduk­tion von Retouren um 15 Prozent, weil die Käufer besser kalkulieren können, ob etwas in die Wohnung passt oder nicht.

3. Urbanisierung als Treiber für positive Veränderungen: Die Städte von mor­

gen haben das Potenzial, lebende Organis­men zu sein, die als intelligente und auto­matische Distributionsnetzwerke zwischen Gebäuden, dem Transportsystem, Waren und Dienstleistungen wirken und Men­schen sofort mit Geschäften verlinken kön­nen. Dank Big Data hat ein Unternehmen bereits heute unzählige Möglichkeiten, in diese Sphäre einzudringen und sowohl sein Image als auch seine Performance zu fördern, indem es sich für das gemeinsame Wohl einsetzt.

4. Gemeinsamer Nutzen durch Smart Living: Das Internet of Everything

(IoE) macht Konnektivität im grossen Stil möglich – laut aktuellen Schätzungen werden 2020 rund 50 Milliarden Geräte mit einander verbunden sein. Smartphones, Wearables, Consumer Devices und andere smarte Objekte stehen im Hintergrund bereits in einem stillen Dialog miteinander und eröffnen uns ein ganz neues Verständ­nis des menschlichen Verhaltens. Sie ber­gen ein enormes Potenzial, um bedeutsame

Acht Schlüssel zur ZukunftTrends 2016 Das 4P-Geschäftsmodell schafft eine Traktandenliste der Verbesserung. Ausserdem fördert es disruptive ideen in den Firmen.

aNNe liSe kjaer

Eine Dänin in LondonFuturistin Die 1962 in Dänemark geborene Futuristin, Autorin und Unternehmerin Anne Lise Kjaer hilft Organisationen dabei, nach-haltige und innovative Zukunfts-strategien zu entwerfen. Mit ihrer Trendforschungsagentur Kjaer Global mit sitz in London berät sie Unternehmen wie sony, nokia, swarovski, ikea, Gap oder Toyota.

www.kjaer-global.com

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special marketiNg

Anne Lise Kjaer: «Stellen Sie Purpose ins Zentrum ihrer Marketingstrategie.»

Erfahrungen und ein besseres Leben mög-lich zu machen.

5. Gewinnen Sie Global Citizens für sich und stärken Sie Ihren Einfluss: Unter

Global Citizens versteht man Mitglieder der Generation Y, die die Welt ohne Grenzen be-trachten. Diese mobil- und technikaffinen Menschen sind wichtige Meinungsbildner, weshalb sie Teil Ihrer Community sein soll-ten – sowohl als Kunden als auch als Mit-arbeitende. Man schätzt, dass sie bis 2020 die Hälfte der globalen Arbeitnehmerschaft stellen und praktisch alle internationalen Posten besetzen werden. Der Zugang zu den Global Citizens liegt in den 4P, denn mehr als ein Drittel der Generation Y glaubt, dass jede Firma darauf fokussieren sollte, die Gesellschaft zu verbessern. Diese Gruppe will wissen, warum sie etwas von Ihnen kaufen oder für Sie arbeiten soll. Und dies sollte Sie dazu motivieren, Ziel und Zweck (Purpose) zum Herzstück Ihrer Unterneh-mensphilosophie zu machen.

6. Betapreneurship heisst, Misserfolge als Lernkurve zu sehen; Betapreneur-

ship bedeutet, eine Kultur des Redesigns und des Umdenkens zu begrüssen, in der Indivi-

duen und Organisationen Dinge verändern können. Einer meiner liebsten disruptiven Business Cases ist iFixit – ein globales Online-Handbuch inklusive Community, dessen Ziel es ist, die Welt zu reparieren, und zwar ein Gerät nach dem anderen.

Diese Art des positiven Denkens ist ty-pisch für ziel- und zweckgetriebene Unter-nehmen. 3M führte schon 1948 sein «15 percent time to think»-Programm ein. Eine Regel, die seinen Forschern erlaubt, 15 Pro-zent des Arbeitstags für ein Hobby oder ein Projekt ihrer Wahl zu nutzen. Das 20-Pro-zent-Programm von Google soll neben der Kreativität auch das unternehmerische Denken der Mitarbeitenden sowie die Zu-sammenarbeit begünstigen. Organisationen müssen disruptive Innovation fördern, wenn sie Erfolg haben wollen, denn neue, von Menschen geführte Allianzen sind der Treib-stoff, der Firmen in die Zukunft kapituliert.

7. Häufen Sie soziales Kapital an und nutzen Sie Ressourcen vernünftig:

Das Geschäft sollte sich im Zentrum der Gemeinschaft befinden, der es dient. Dies bedeutet, dass neue Systeme und Innova-tionsmodelle geschaffen werden müssen, die berücksichtigen, wie sich unsere Leben

verändern. Im Hinblick auf endliche Res-sourcen wächst das Interesse an einer Kreislaufwirtschaft. Immer mehr Menschen gewichten Zugang stärker als Besitz. Er-folgsgeschichten wie diejenigen von Airbnb oder Zipcar markieren nur den Beginn dieses Wandels. Es geht also darum, her-auszufinden, wie man die Menschen unter-stützen kann, ein besseres Leben zu leben, weniger zu verbrauchen und Gemeinschaf-ten zu bilden, die auf dem Teilen von Res-sourcen basieren.

8. Schliesslich geht es um das gute Le-ben: Obwohl traditionelle Arten des

Erfolgsmessens neu beurteilt werden, bleibt das gute Leben unser Hauptziel. Alle hier beschriebenen Trends gehen auf dieses fun-damentale Prinzip zurück. Deshalb sollten Firmen auf Erfahrungen des Wohlergehens fokussieren und somit echte Werte und ein nachhaltiges Erbe schaffen. Etwas ist klar: Marken, die dank einer zielgerichteten Stra-tegie und einer emphatischen Führung ihre Versprechen an die internen und externen Stakeholder halten können, sind bestens für die Herausforderungen des zukünftigen Ge-schäftsumfelds gerüstet.

Nun die Punkte miteinander verbindenMit einem Mindset-Diagramm der Leute

von morgen lassen sich die acht vorge-stellten Trends anschaulich verbinden und die Haupttreiber zusammenfassen, welche die digitalen Erfolgsstrategien der Zukunft untermauern. Technology Optimizers und Creative Collaborators sind Menschen, die auf Zugang und Zusammenarbeit setzen, während Global Sustainers und Inclusive Visionaries auf Gemeinschaft und Engage-ment fokussieren.

Das beschriebene 4P-Geschäftsmodell schafft eine Traktandenliste der Verbesse-rung, auf der Partizipation und Kollaboration grossgeschrieben werden. Ausserdem för-dert es disruptive Ideen, die neue Werte schaffen und so nachhaltiges Wachstum sicherstellen. Das ist befreiend.

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Special marketiNg

Catherine Purgly

Die Forschungsstelle für Custo-mer Insights der Universität St. Gallen (FCI-HSG) hat zum dritten Mal im Auftrag von Leading Swiss Agencies (LSW)

in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Werbe-Auftraggeberverband (SWA) mehr als 1700 Kommunikationsverantwortliche angeschrieben und über ihre Erwartungen für das laufende Jahr befragt.

110 Manager, das entspricht einer Rück-laufquote von 6,4 Prozent, haben geantwor-tet. Wegen der hohen Branchenvielfalt und Expertise der Teilnehmer kann von einer hohen Generalisierbarkeit und Qualität der Daten für die Werbemarktstudie 2016 aus-gegangen werden.

Zuversichtliche WerbeauftraggeberTrotz dem starken Franken und der

schwierigen Konkurrenzsituation sind die Unternehmen mehrheitlich gut aufgestellt und schauen 2016 zuversichtlich entgegen. 54 Prozent der Befragten erwarten einen leichten Anstieg der Umsatzentwicklung und 39 Prozent einen ebensolchen Anstieg bei der Gewinnentwicklung.

Die Komplexität und die gezielte Bespie-lung der Kommunikationskanäle machen rund 60 Prozent der Werbeauftraggeber nach wie vor zu schaffen: Wie kann ich das alles koordinieren? Wie erreiche ich am effektivsten mein Zielpublikum?

Mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten und dem starken Franken sowie der Gleichgültigkeit der Kunden zu trotzen, empfinden über 50 Prozent der Befragten als grösste Herausforderung für die kom-menden Monate.

Mehr als die Hälfte in klassische KanäleGemäss Werbeauftraggeber flossen im

letzten Jahr 24 Prozent der gesamten Media-gelder in Printmedien (11 Prozent Tages-zeitung, 8 Prozent Magazine und 5 Prozent Wochenzeitung), 16 Prozent in TV, 9 Prozent

in Outdoor/Plakate und 1 Prozent in Kino. Trotz dem Trend zu den digitalen Medien sind immer noch 52 Prozent der Media-gelder 2015 in klassische Kanäle investiert worden (siehe Grafik unten).

Die digitalen Medien legen weiter zu: 35 Prozent der Mediagelder – inklusive eigene Websites – wurden in digitale Medien inves-tiert: Am meisten in Online-Werbung mit 11 Prozent, in SEM mit 6 Prozent, in Social Media mit 5 Prozent und in E-Mail-Marke-ting mit 4 Prozent.

Keine Budgetkürzungen für 2016Bei 75 Prozent der Befragten ist das

Kommunikations- und Mediabudget 2016 keinen Kürzungen unterworfen. Rund die Hälfte der Werbeauftraggeber melden keine Veränderung und knapp ein Viertel der Be-fragten prognostizieren sogar einen Anstieg ihrer Mediabudgets.

Ein Management Summary der Resultate aus der Werbemarktstudie 2016 der For-schungsstelle für Customer Insights der HSG wird bald auf leadingswissagencies.ch und swa-asa.ch publiziert.

Catherine Purgly, geschäftsführerin, leading Swiss agencies (lSW), Zürich.

Noch schlägt offline onlineWerbemarktstudie trotz gedämpften erwartungen der Schweizer Konjunktur bewerten die auftraggeber ihre aussichten als positiv.

lSW

Ein Verband der AuftragnehmerNeuer Name Die 1935 gegründete leading Swiss agencies (lSW) – bis 2015 «bsw leading swiss agen-cies» – ist der Verband der führen-den Kommunika tionsagenturen der Schweiz. er zählt heute 75 unter-nehmen respektive 7 Prozent aller hierzulande domizilierten auftrag-nehmer zu seinen Mitgliedern. Sie verwalten etwa zwei Drittel aller Werbebudgets, die von Kommuni-kationsagenturen betreut werden.

Die grösste Herausforderung in der marketingkommunikation ist nach wie vor die komplexität

der kommunikationskanäle.

SEM: SuchMaSchinEnMarkEting quEllE: Fci-hSg, lSW, SWa

Mediainvestitionen 2015 in der Schweiz(anteil in Prozent)

TV 16 Tageszeitung 11

Digital 11

Website 9

Outdoor/Plakate 9

Magazine 8

Kino 1Radio 2

E-Mail Marketing 4

Social Media 5

Wochenzeitung 5

Sponsoring 6

SEM 6

Direct Marketing 7

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IntervIew: norman C. BandI

Was ist Ihre Verbindung zur Schweiz?David Sable: Wir haben ein sehr erfolgrei-ches Büro in der Schweiz, das von Andreas Widmer geführt wird. Sein Vater Bruno Widmer, der einst für Y&R in Europa verant-wortlich war, ist einer meiner guten Freunde und Mentoren. Diese familiäre Verbindung hat mich oft in die Schweiz geführt.

Wann waren Sie das erste Mal in Zürich?Lange bevor ich die Widmers kannte. Wahr-scheinlich zu Beginn der 1980er-Jahre. Und aus geschäftlichen Gründen komme ich nun mehrmals pro Jahr nach Zürich.

Haben Sie die Schweiz auch schon aus privaten Gründen bereist?Das wünschte ich. Ich war neben Zürich zwar in Zermatt, Genf und Lausanne, aber Ferien habe ich hier noch nie gemacht. Das steht weit oben auf meiner Liste.

Jetzt waren Sie hier, um nach einem Besuch des 46. World Economic Forum in Davos als Keynote Speaker am 4. Worldwebforum in Zürich aufzutreten. Wie kam es dazu?Sie haben mich wieder eingeladen und dies-mal habe ich zugesagt, da es an der Zeit war und mich das Format interessierte. Von frü-heren Auftritten in Zürich weiss ich: Eng-lisch als Sprache ist easy und das Publikum ist immer smart und interessiert.

Ihr Eindruck vom Format?Ich gehe an viele Konferenzen rund um den Globus. Das Worldwebforum ist fabelhaft und ohne Zweifel eine der besten Konferen-zen, die ich je besucht habe. Die erste Ses-sion über Silicon Valley versus Switzerland mit ihren Experten war verblüffend. Der Vortrag des ehemaligen amerikanischen Atom-U-Boot-Kommandanten David Mar-quet über Leadership war spektakulär. Zu-dem haben wir von Google und Uber gehört oder über Virtual Reality gesprochen. Es war

ein toller Tag. Ich kann das Worldwebforum jedem empfehlen. Die investierte Zeit lohnt sich restlos.

Auch wenn Sie auf der Bühne thematisch nicht darauf eingegangen sind, angekündigt wurde Ihre Rede unter dem Titel «Do it big or stay in bed». Was verstehen Sie darunter?Meine Sicht der Dinge ist: Wer etwas tut, der muss es so gross und gut machen, wie er nur kann. Wenn man nicht jeden Tag mit dem Gefühl aufwacht, wie man die Welt heute verändern kann, wieso sollte man sich die Mühe machen, aufzustehen?

Inwiefern?Ich habe immer einen Stift und Papier neben dem Bett für diese Ideen, die ich mitten in der Nacht habe. Damit ich sie am nächsten Morgen noch grösser und besser machen kann. Bei Y&R nennen wir das «resist the usual», geschrieben von einem unserer Gründer in den 1920er-Jahren.

Das heisst?Folge nicht den Herden, sondern denke und handle anders. Ich sehe mich als jemanden, der den technologischen Wandel begreifen will und der Versuchung widersteht, zu glauben, dass alles Disruption und Game Change ist. Nicht alles verändert die Welt. Das meiste hat es nicht getan. Das beste hat Evolution kreiert. Nur wenig hat Revolution kreiert.

«Folge nichtden Herden»David Sable der Konzernchef von Y&r über die digitale transformation, die für ihn evolution statt revolution ist.

Der Digibabble-Werber

Name: david SableFunktion: Global Ceo Y&rAlter: 62Wohnort: new YorkFamilie: verheiratet, zwei töchter

Das Unternehmen die heutige Y&r mit Sitz in new York wurde 1923 von John orr Young und raymond rubicam gegründet. aktuell zählt das globale werbeagentur-netz-werk rund 6500 mitarbeiter in über 190 Büros in 93 Ländern. Hierzu-lande ist Y&r in Zürich und Genf präsent. Schwesterfirmen in der Young & rubicam Group sind unter anderem Burson-marsteller oder wunderman. die Gruppe ihrerseits ist seit 2000 teil der britischen wPP Group, des weltweit grössten Kommunikationsnetzwerks.

«Wer etwas tut, der muss es so gross und gut machen, wie er nur kann. mit dem gefühl, wie

man die Welt verändern kann.»

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11handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

David Sable: «Word of Mouth ist nicht neu. Das ist Unsinn!»

zvg

Trotzdem sprechen alle bei der digitalen Transformation von Revolution.Das finde ich ja nicht schlecht. Doch wenn man die Geschichte betrachtet, dann ist Fortschritt oft Entwicklung, sprich Evolu­tion. Das muss man wissen, um zu lernen – darum geht es im Leben. Das World Wide Web etwa sehen viele als Revolution. Aber worum ging es ursprünglich? Um das Teilen von Informationen. Es war eine Erfindung von Wissenschaftern für Wissenschafter, da­mit sie untereinander besser kommunizie­ren und kollaborieren konnten.

Den Game Change hat beim Start des WWW jedoch niemand gesehen.Ohne Zweifel. Doch es war bloss ein neuer Weg, um Informationen zu teilen. Für die Re­volution des Teilens von Informationen im

grossen Stil muss man weiter zurückgehen. Das war Gutenberg mit der Erfindung des modernen Buchdrucks. Davor war das Wis­sen einer Minderheit vorbehalten. Meiner Meinung nach war danach alles Evolution. Nach Print folgten elektronisch und digital.

So einfach?Das Gleiche gilt für Social Media. Persön­liche Informationen haben wir schon immer geteilt – neu können wir es einfach ständig, überall und global in Echtzeit tun. Word of Mouth ist nicht neu. Mund­zu­Mund­Pro­paganda ist keine Erfindung des digitalen Zeitalters. Das ist Unsinn!

Ist das nicht Haarspalterei?Vielleicht. Letztlich geht es darum, dass wir mit den neuen Technologien Informationen grösser, besser und schneller teilen können, um mehr Möglichkeiten zu kreieren. Das ist aufregend. Wen interessiert es, ob das nun Revolution oder Evolution ist? Ausser: Wer versteht, dass es Evolution ist, der versteht besser, was er damit anfangen kann. Macht dies Sinn?

Kommt auf das Beispiel an.Sprechen wir über Amazon – die vermeint­lich gewaltigste Disruption im globalen Retail Business. Was als Revolution gilt, ist aber auch eine Evolution. Wenn Sie die De­claration of Purpose von Sears, Roebuck & Co., eines der ersten amerikanischen Ver­sandhäuser mit Warenkatalogen, von Ende des 19. Jahrhunderts lesen, dann wird Sie die Sprache überraschen, weil ihr das heuti­ge Mission Statement von Amazon fast Wort für Wort entspricht. Man konnte bei Sears, Roebuck & Co. bestellen, was es in den Kauf­häusern nicht ab Lager gab. Und die disrup­tive Evolution von Amazon geht weiter: Sie eröffnen jetzt Läden, weil sie ihre dezentra­len Lager näher zu den regionalen Kunden bringen wollen, um sie so schneller und günstiger zu beliefern.

Der Zweck der Übung?Es geht um die Bedürfnisse der Menschen, für die es online und offline sinnvoll mit­einander zu verknüpfen gilt. Ein anderes Beispiel dafür: Ikeas Möbelgeschäft ist teils physisch und teils digital. Über die Weih­nachtszeit wurde ein Collection Shop an der Oxford Street in London eröffnet. Man bestellt die Dekoration im Internet und kann sie in einem zentralen Laden abholen, ohne dass man in einen der dezentralen Märkte muss. Ich stelle mir vor, dass es ein Test war, den man dieses Jahr auch in

Zürich sehen wird. Das ist brillant. Das ist «resist the usual».

In diesem Zusammenhang sprechen Sie von «Digibabble». Meinen Sie nicht eher «Digibubble»?Über die digitale Blase sprechen andere. Ich spreche bewusst vom digitalen Plappern. Doch das Plappern verursacht die Blase.

Worum geht es bei «Digibabble»?Digital ist alles, aber nicht alles ist digital. Bei der globalen Datenverführung ist alles «first» – insbesondere bei Marketing und Innovation. Dabei gehen die Menschen meistens vergessen, die immer «first» sein müssen, weil sie in den Fokus gehören, da im «Digibabble» Marketing und Innovation sonst nicht ankommen.

Beispielsweise?Niemand kauft mehr Musik und niemand geht mehr ins Kino, weil die meisten Alben und Filme praktisch gratis zu streamen sind. Doch «free» ist kein Geschäftsmodell. Mit «Digibabble» haben zwei aktuelle Fälle be­wiesen, dass es auch heute noch anders geht. Adele mit ihrem Album «25» und «Star Wars» mit dem siebten Film «The Force Awakens». Beide brechen weltweit alle Ver­kaufsrekorde, indem sie ihren grossartigen Content nicht vorab preisgegeben, sondern bewusst kostenpflichtig gehalten und die Distributionskanäle kontrolliert haben.

Wie sehen Sie die Zukunft des Marketings?Sie wird faszinierend. Das goldene Zeitalter des Marketings steht uns erst bevor. Neben Disruption und Game Change braucht es weiterhin Kreativität und Storytelling. Man muss weiterhin fähig sein, eine Marke mit Konsumenten und Emotionen zu verlinken.

Was bedeutet das im digitalen Kontext?Vor fünf Jahren waren nutzergenerierte Inhalte unsere neue Währung. Diese wird nun mehr und mehr durch nutzerzentrierte Inhalte abgelöst – online und offline müssen mehr verheiratet werden. Digital wird phy­sischer und physisch wird smarter. Amazon und Ikea sind zwei Belege dafür.

«Online und offline müssen mehr verheiratet werden.

Digital wird physischer und physisch wird smarter.»

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12 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

Matthias Kiess und siMon Rehsche

K eine Fachtagung, Publikation, und kaum ein Agenturbriefing kommt heute ohne das Wort Disruption aus. Es lässt Mar-ketingherzen höher schlagen.

Die «FAZ» kürte es gar unlängst zum Wirt-schaftswort des Jahres 2015.

Die Verwendung von Disruption geht uns heute leicht von der Zunge und erzeugt im Marketingjargon ausschliesslich positive Assoziationen. Neuartige Konzepte, die im Sturm ganze Branchen revolutionieren und das Verhalten von Konsumenten auf den Kopf stellen, scheinen zu jedem Zeitpunkt und in jedem Bereich möglich. Airbnb, Uber oder Tinder lassen grüssen. Disruptive Pro-duktinnovationen und die dahinterstehen-den Geschäftsmodelle brauchen in unserer digitalisierten Welt meist kein Marketing. Sie sind Marketing.

Wer Konsumenten zu grundlegender Verhaltensänderung bringen will, hat mit Verantwortungsübergabe und Autonomie-angeboten, wie es scheint, die besten Kar-

ten. Selbstbedienbare Kassen und mobile Scanner definieren gerade unser Einkaufs-verhalten neu. Die wie Pilze aus dem Boden schiessenden Online-Reisebroker haben uns schon vor Jahren gelehrt, dass wir keine Berater mehr brauchen. Und Smartphone-Apps werden schon bald dazu führen, dass die Erfassung und Analyse unserer Gesund-heitsdaten kaum mehr mit einem menschli-chen Arzt in Verbindung gebracht werden.

Disruption und Innovation bereichern unser Leben und machen es spannend. Das war schon im-mer so. Vom Buchdruck über die Industrialisierung zur Mas-senherstellung von Autos liegt es in der Natur der Geschichte, dass Fortschritt unser Leben verändert. Mit der Digitali-sierung wird unser Alltag aber in einer Geschwindigkeit ver-ändert, mit der der disrupti- ve Wandel verschiedener Lebensbereiche unüberblickbar scheint. Kürzere In no va-tions zyklen bringen neben allen Vorteilen denn auch Herausforderungen. Generatio-

nen rücken in ihrer Alltagsrealität schneller auseinander oder Gesellschaftsschichten erleben eine neue Trennung aufgrund der finanziellen Möglichkeiten.

Fürs Marketing hat Disruption heute über den reinen Fortschritt in der Angebots-entwicklung eines Unternehmens hinaus eine weitaus grössere Bedeutung. Radikale Verhaltensänderungen bedeuten für die sie initiierenden Marken innerhalb einer Kate-gorie häufig die einzige Möglichkeit zu

substanzieller Alleinstellung. Und sind damit existenziell. Weil diese Alleinstellung in unseren übersättigten Märk-ten nämlich die wichtigste Bedingung für erfolgreiche Vermarktung darstellt, ist die mit dem Konventionellen bre-chende Innovation – die Dis-ruption – ein sicherer Weg zu mehr Relevanz für Kunden.

Und damit der direkte Weg zu Wettbewerbs-vorteilen. Diese sind das universellste Mar-ketingziel. Und so erstaunt die Popularität des Konzepts Disruption wenig.

Nährklima für fundamentalen WandelDer Zeitpunkt dieser Popularität lässt

sich nicht nur aufgrund der Notwendigkeit konsequenten Fortschritts fürs Marketing von meist – objektiv gesehen – austauschba-ren Angeboten erklären. Die rasante, für den Grossteil der Menschheit nicht verständli-che Entwicklung digitaler Technologien, die generelle Beschleunigung unseres Lebens, aber auch das steigende Bewusstsein für grundlegende Probleme des Daseins schaf-fen ein ideales Nährklima für die Akzeptanz von und den Glauben an fundamentalen Wandel. Veränderung und Fortschritt sind deshalb nicht nur rationale Bedürfnisse.

Wer Verhaltensmuster verändert und ra-dikal Neues in seinen Alltag integriert, bleibt automatisch aktuell und meidet damit die Gefahr, in einer unüberblickbaren Welt im Gestern zu verbleiben. Konsumenten wol-len und wünschen Neues heute vielmehr aus einem emotionalen Grundbedürfnis als aus funktionalem Bedürfnis. Konsumenten wünschen sich die tägliche Disruption. Und gutes Marketing beginnt bei Wünschen. Mehr als nur der reale Innovationsprozess verkörpert Disruption eine Denkhaltung

Mehr als ein TrendDisruption Radikale erneuerung durch innovation wird in allen Branchen zur ambition. disruption verkörpert wie kaum ein anderes Wort diesen Zeitgeist.

Disruption ist im marketing nur erfolgreich, wenn kein Selbstzweck

verfolgt wird.

tBWa\

Begrifflichkeit urheberrechtlich geschütztErfinder im Mai 1992 wurde erstmals von Jean-Marie dru, heute chairman von tBWa\ Worldwide, disruption als neuer denkansatz postuliert, und zwar in Form eines inse-rates im «Wall street Journal». schon bald erfolgte eine Vertiefung, unter anderem in verschiedenen Büchern von dru. disruption ist seitdem der Kern, die Philosophie und die seele der Kreativagentur tBWa\.

Definition disruption beschreibt den Bruch marktdefinierender Konventionen zum erreichen klar formulierter Visionen. so entstehen analytisch fundierte, krea-tive strategien, die langfristig den Weg zum Wachstum zeigen. disruption wurde zuletzt 2015 überarbeitet und beinhaltet neu auch fortlaufende Kreativprozesse

zur aktivierung disruptiver Markenplattformen im alltag von Konsumenten. disruption als Begrifflichkeit und teil der dna von tBWa\ ist inzwi-schen in über 40 Ländern urheberrechtlich geschützt.

Auftritt am 16. März 2016 erhalten interessierte die Möglichkeit, an der GfM Marketing-trend-tagung im

hotel the dolder Grand in Zürich den Begründer und erfinder von disruption, Jean-Marie dru, persönlich zu hören.

Agentur tBWa\Worldwide mit hauptsitz in new York wurde 1970 gegründet und ist heute ein weltweit aktives agentur-netzwerk mit über 11 000 Mitarbeitenden, Präsenz in mehr als 90 Märkten und mit tBWa\Zürich auch in der schweiz tätig.

Jean-Marie dru: chairman tBWa\.

Page 13: Handelszeitungbeilage Februar 2016

special marketing

Nächste HSG-Weiterbildungen für Professionals in Marketing, Kommunikation oder Verkauf:CAS Kommunikation und Management (20 Tage, Start: August 2016, erweiterbar zum DAS Marketing Executive)CAS Verkaufsmanagement (18 Tage, Start: September 2016, erweiterbar zum DAS Vertriebsleiter)Interaktives Marketing und digitale Medien (30.5. – 2.6. 2016)Competitive Edge in Luxury (3. – 7.10. 2016, in English)Weitere Infos finden Sie unter www.ifm.unisg.ch/weiterbildungen

Nächster

Infoanlass

Mi., 2. März,

19 Uhr

in Zürich

und Überzeugung, die mit der entsprechen­den Konsequenz im Handeln Marken ihren Platz im Leben von Menschen schafft.

Disruption wird nicht nur inflationär, sondern häufig bagatellisierend verwendet. Die ursprünglich dramatische Bedeutung des Wortes, die im Bruch von Bestehendem und demnach im Zerstörerischen liegt, wird nicht immer ernst genommen. Disruption tönt nach Silicon Valley, nach informellen Meetings, nach Radikalität. Und ist deshalb

cool. Disruption brachte bis zur Verwendung im Marketingkon­text aber immer auch Unsicher­heit. Denn jede radikale Verän­derung birgt einen ungewissen Ausgang und ist deshalb eine potenzielle Bedrohung für al­les Etablierte.

Vergessen geht neben der grundsätzlichen Marketing­begeisterung für alles Dis­ruptive zuweilen auch, dass disruptive Lösungen meis­tens nicht aus rein wirt­schaftlichem Antrieb ent­stehen, sondern aus dem passionierten Verfolgen einer Überzeugung oder einer Idee – wie dies im Übrigen meistens bei er­folgreich vermarkteten Erfindungen der Fall ist. Prototypen disruptiver

Innovationen kommen oft aus risikoaffinen und damit nicht misserfolgsscheuen Klein­betrieben. Wer Disruption ernsthaft sucht, wird also um eine konsequente Haltung, In­vestitionsbereitschaft und nicht zuletzt eine grosse Portion Mut nicht herumkommen.

Nun ist wahre Disruption auch unter den besten Bedingungen nicht immer planbar und deshalb nicht an der Tagesordnung. Weil Menschen Marken und deren Angebo­te gerade in intransparenten Märkten nicht rational wahrnehmen, kann die relative Seltenheit wahrer Disruption durchs richti­

ge Marketing kompensiert werden. Disrup­tion muss nämlich nicht immer über reale Innovation geschehen, sondern kann auch durch werbliche Inszenierung als solche positioniert werden. Es geht darum, mit dis­ruptiver Kommunikation Marken und ihre Angebote in einem neuartigen Kontext stra­tegiekonform zu positionieren.

Der Wille nach AndersartigkeitDie Perspektive darauf ist ausschlagge­

bender als das reale Angebot. Beispiele da­für gibt es zahlreiche: PlayStation vermark­tete der Branchenkonvention folgend bis vor einigen Jahren Konsolen an Kinder und Jugendliche, bevor sich der Marke dank einer disruptiven Neupositionierung die Er­wachsenenwelt als weit dankbarerer Markt erschloss. Oder Airbnb lässt nicht nur seine offensichtlichen Vorteile sprechen, sondern verteidigt die Einzigartigkeit gegen die grös­ser werdende, leistungsmässig nahezu iden­tische Konkurrenz mit einer disruptiven Positionierung. Airbnb will eine Welt ohne Fremde, in der alle allen ihre Türen öffnen.

Disruption ist im Marketing aber nur dann wirklich erfolgreich, wenn der Wille nach Andersartigkeit nicht aus Selbstzweck verfolgt wird. Disruption bringt nicht unkal­kulierbare Zufallsprodukte hervor. Sie ist vielmehr ein klarer Plan für eine definierte, langfristig strategisch konsequente Marken­führung und Markenaktivierung.

Matthias Kiess, CEO, und Simon Rehsche, Head of Strategy, beide TBWA\Zürich.

Inserat «Wall Street Journal»: Jean-Marie Dru thematisierte Disruption 1992 das erste Mal.

zvg

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Page 14: Handelszeitungbeilage Februar 2016

Special marketing

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Basis innovativer Geschäftsmodelle

A nno 2008 liess sich der Nokia-CEO Olli-Pekka Kallasvuo bei «Forbes» mit folgender Fehl-einschätzung zitieren: «The iPhone is a niche product.»

2007 erreichte Nokias Umsatz ein Allzeit-hoch von 74 Milliarden Dollar. Zu diesem Zeitpunkt war man der unangefochtene Herrscher in einem der globalen Zukunfts-märkte. Nur neun Jahre später spielt Nokia in diesem Markt – ob als Unternehmen oder Marke – nahezu keine Rolle mehr.

Derzeit heissen die Platzhirsche Apple, Google, Samsung, Amazon, Facebook, Zalando, Uber oder Airbnb. Diese Firmen offerieren den Kunden voneinander ab weichende Leistungsspektren, die sich einerseits ergänzen und anderseits im Wettbewerb stehen. Vor allem aber richten

sie sich an dieselben Kunden, die daher zunehmend die Freiheit besitzen, Sowohl-als-auch-Kaufentscheidungen zu treffen, und nicht zu Entweder-oder-Kaufentschei-dungen gezwungen werden. Die Kunden fragen sich zunehmend nicht mehr: Kaufe ich bei Anbieter A oder B. Sondern: Wie viele und welche Leistungsanteile beziehe ich von den Anbietern A, B, C, D und Z, um mein Bedürfnisprofil möglichst optimal zufriedenzustellen. So versorgt sich bei-spielsweise ein Zürcher Banker mit Infor-mationen und Unterhaltung, indem er parallel Angebote von Google, Facebook, Linkedin, «NZZ», SRG, «20 Minuten», Net-flix, «Handelszeitung» oder Radio 1 nutzt. Seine Mobilitätsbedürfnisse befriedigt er, indem er auf Angebote von BMW, Tesla, SBB, ZVV, Uber, klassischen Taxiunterneh-men, Mobility oder Google zurückgreift.

Nokia sah sich vor allem im Wettbewerb mit anderen Anbietern von Mobiltelefonen und unterschätzte erstens den Substitu-tionswettbewerb und zweitens den Wett-bewerb zwischen «Business-Ecosystems». Welche Bedrohung von Substitutions-anbietern für etablierte Wettbewerber aus-geht, analysierte schon Joseph Schumpeter in den 1940er-Jahren mit seinem makro-ökonomisch fundierten Konzept der krea tiven Zerstörung; später unterstrich Theodore Levitt mit seiner Diagnose einer «Marketing Myopia» und insbesondere Michael Porter mit seinen Arbeiten zur Wettbewerbsstrategie die disruptive Kraft des Substitutionswettbewerbs.

Seit die digitale Revolution läuft, hat sich die Lage erheblich verschärft. Innovations-zyklen werden kürzer. Branchengrenzen

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Page 15: Handelszeitungbeilage Februar 2016

special marketing

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erodieren schneller. Wertschöpfungspro-zesse werden umfassender neu struktu-riert. In immer mehr Branchen sehen sich etablierte Wettbewerber – ähnlich wie Nokia anno 2008 – mit Geschäftsmodellen konfrontiert, die auf einzigartigen Custo-mer Insights basieren, Teile bestehender Wertschöpfungsketten neu definieren und sich optimal in «Business-Ecosystems» einpassen. Zurzeit definiert Airbnb die Regeln im Tourismus und Uber die Wett-bewerbsregeln im Transportmarkt neu.

Sowohl das, was «technologisch» möglich sein wird, als auch das, was Kunden wollen, lässt sich zunehmend höchst ungenügend aus den Daten der Vergangenheit extra-

polieren. Früher waren Unternehmen in der Lage, verschiedene mehr oder weniger trennscharfe Segmente zu identifizieren und diese über Jahre mit standardisierten und in Zeitsprüngen modifizierten Produk-ten zu beliefern. Kennzeichen des digitalen Zeitalters ist es aber, dass laufend indi-vidualisierte «Produkte» kostengünstig von wechselnden Koalitionen von Anbietern kreiert werden. Vielmehr als für Startups, die organisatorisch und kulturell flexibler aufgestellt sind, stellt diese Entwicklung für bestehende Firmen eine enorme Heraus-forderung dar. Bei Startups, die in der Regel digitale Produkte anbieten oder durch die Digitalisierung geprägte Geschäftsmodelle betreiben, ist es zentraler Teil der Strategie,

sogenannte Beta-Versionen (Geschäfts-modelle, Produkte, Kommunikations- und Distributionskonzepte) auf den Markt zu bringen und zu beobachten, wie die Kunden darauf reagieren, um sich in einem iterativen Prozess nach und nach an eine (vorläufige) Alpha-Version heranzutasten.

Um auch in Zukunft im Wettbewerb zu bestehen, benötigen viele etablierte Unter-nehmen einen neuen Zugang zum Thema Kundenorientierung. Sie müssen Systeme schaffen, die in Echtzeit aufdecken, wie sie ihren Kunden einen Mehrwert bieten können. Die Digitalisierung sowie die Startup-Bewegung haben extrem ressour-ceneffiziente empirische Studiendesigns hervorgebracht. Im Zentrum steht dabei die permanente Generierung von Custo-mer Insights mithilfe von experimentell angelegten Studien. Schliesslich geht es darum, das Verhalten der Kunden in realen Entscheidungssituationen kontinuierlich zu «tracken», um in einem permanenten Prozess innovative Geschäftsmodelle überarbeiten oder neu entwickeln und implementieren zu können.

Dennis VogtManaging Director,

Center for Inno­vation, Universität

St. Gallen (HSG)

Torsten TomczakDirector, Center for Customer Insight, Universität St. Gallen (HSG)

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Page 16: Handelszeitungbeilage Februar 2016

16 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

AlinA leimbAch

Das Viadukt, auf dem die Käfer-berglinie gen Oerlikon fährt, ist eigentlich ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert. Doch ausgerechnet hier tummeln

sich seit 2011 viele der innovativsten Köpfe der Schweiz. Damals öffnete der Impact Hub Zürich unter den steinernen Bögen sei-nen ersten Standort. Mehr als 500 Startup-Unternehmer, Nichtregierungsorganisatio-nen, Freischaffende und mittlerweile auch Grossfirmen wie SIX oder Swisscom gehö-ren allein hierzulande zur Community des globalen Impact-Hub-Netzwerks.

Potenzial, welches das Projekt Drugstore nutzen will. Das Konzept dafür stammt von der weltweit tätigen Kommunikationsagen-tur Publicis – in London und Sydney gibt es ähnliche Modelle bereits. In der Schweiz ist der Impact Hub der lokale Kollaborations-partner. Das Angebot verbindet die Stärken beider Seiten: Die Marken- und Werbe-erfahrung von Publicis und das IT-Know-how und den Innovationsgeist der Startup-Köpfe des Impact Hub Zürich. Das Ergebnis sollen innovative Produkte und Dienstleis-tungen, passend zur Markenstrategie, sein.

«Brand to Product»Damit wagt sich Publicis auf neues

Terrain. Statt nur bestehende Produkte zu bewerben und eine Marke gut zu positio-nieren, will sie mit dem Drugstore schon die Produktentwicklung zum integralen Bestandteil der Markenstrategie machen.

«Innovationen werden gebraucht, um die Bedürfnisse einer digitaler werdenden Gesellschaft zu befriedigen und Kunden zu halten», erklärt Curdin Janett, CEO von Pub-licis Schweiz und Mastermind hinter dem helvetischen Drugstore. Aus diesem Grund versuchten viele Firmen in den letzten Jahren von der frischen und innovativen Startup-Kultur zu lernen. Das fange bei den

fast obligatorischen Studienreisen ins Sili-con Valley oder in die Kreativ-Hotspots Berlin und Tel Aviv an und höre mit der Gründung von unternehmenseigenen «In-novationsabteilungen» auf, so der Werber des Jahres 2015.

Doch selbst wenn sich Firmen an neuen Services oder Dienstleistungen versuchten, sei das nicht zwangsläufig erfolgreich. Denn nicht immer passe die Innovation auch zur Marke. «Einige Unternehmen vergessen auf der Suche nach innovativen Produkten und Services ihre eigene Herkunft ebenso wie die Positionierung der Marke», hat Janett

beobachtet. Nur wenn beispielsweise eine App eine sinnvolle Weiterentwicklung der Kernmarke darstelle, werde sie positiv von den Kunden wahrgenommen. «Innovation der Innovation wegen funktioniert nicht.»

Genau hier kommt das Angebot Drug-store ins Spiel. Bei der Dienstleistung na-mens «Brand to Product» wird binnen fünf Tagen ein Prototyp eines neuen Geschäfts-

modells, Service oder Produkts entwickelt, eben nicht nur mit Fokus auf Innovation, sondern auf Marke und Kunden abgestimmt.

Wie in einer guten Apotheke wird im Drugstore zunächst eine Anamnese ge-macht. Nicht vom kränkelnden Patienten, sondern von einem grossen, mittleren oder auch kleinen Unternehmen. Und am bes-ten, bevor dieses überhaupt beginnt, erste Symptome wie Verluste von Marktanteilen zu zeigen. Analysiert wird, was Kern der Marke ist, wofür Kunden die Firma schätzen und wohin das Unternehmen will.

«Lead the Change»Von Anfang an sitzen die Software-Ent-

wickler und Produktdesigner vom Impact Hub Zürich mit am Tisch. Statt nebeneinan-der zu arbeiten, wird von den Erfahrungen beider Seiten profitiert, um die Fehler man-cher «Innovationsabteilung» zu vermeiden.

Aber profitiert auch der Junior-Partner, der Impact Hub, davon? Oder werden hier nur die Kreativressourcen der klugen Köpfe genutzt, um Publicis und die Unternehmen voranzubringen? Christoph Birkholz, Mit-gründer und Chef des Impact Hub in Zürich, sieht viele Vorteile in der Kollaboration: «Unsere Mitglieder treffen im Drugstore auf mittlere oder grössere Firmen, sprich potenzielle Kunden oder Partner für die Zukunft. Das ist sehr wertvoll für sie», erklärt der Jungunternehmer. Ein Honorar gebe es auch. Das sei aber eher eine nette Neben-erscheinung, weil die meisten Mitwirkenden eigene Projekte vorantrieben.

Erste Kunden haben den Drugstore seit Gründung vergangenen September schon in Anspruch genommen. Curdin Janett ist allerdings noch etwas zögerlich, wenn es um konkrete Ergebnisse geht. «Wir haben Konzepte entwickelt, die langfristig wirken

Markenführung revolutionierenDrugstore Publicis bringt das Startup-Konzept in die Schweiz und kooperiert mit dem impact hub Zürich.

«Unternehmen vergessen auf

der Suche nach innovationen

ihre Herkunft.»Curdin Janett

ceO Publicis Schweiz

Apotheke: Zunächst wird eine klassische Anamnese gemacht.

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special marketing

publicis

Nummer 1 im Land, Nummer 3 der WeltGlobal Das Produkt zum Kunden spre-chen lassen und auf dessen einmalige Stärke setzen. Das war bereits zur Fir-mengründung 1926 in Paris das Credo der Publicis Groupe. Dieser Gedanke des damals erst 20-jährigen Begrün-ders Marcel Bleustein kam einer kleinen Revolution in der Werbebranche gleich. Heute ist das globale Kommunikations-netzwerk mit mehr als 44 000 Mitarbei-tenden in über 100 Ländern vertreten.

National Die Kreativagentur Publicis Schweiz mit Zentrale in Zürich ist die grösste und eine der traditionsreichsten Werbeagenturen im Land und Teil der Publicis Groupe, des drittgrössten Kommunikationsnetzwerks der Welt. Sie bietet alle Disziplinen unter einem Dach – von Markenentwicklung, klassi-scher Werbung, Dialogmarketing und Design über digitale Kommunikation bis hin zu Mediaplanung und Einkauf.

Kunden Detailhändler Coop, Flug-gesellschaft Swiss oder Mobilfunknetz-betreiber Salt – sie alle greifen auf die Expertise der Marketingfachleute von Publicis Schweiz zurück. Egal ob kleines, mittleres oder grosses Unter-nehmen, die Kreativagentur hat sich auf die Fahne geschrieben, für alle Branchen und Bedürfnisse eine mass-geschneiderte Strategie zu entwickeln.

Produkte nicht in allen SPAR Märkten erhältlich.Carigiet / Chönz, «Schellen-Ursli» Copyright © 1971 Orell Füssli Verlag AG

Gewinnt Trophäen, die wirklich zählen:die Herzen der Kunden. Das Schellen-Ursli Sortiment von SPAR begeistert mit seinen sorgfältig ausgewählten, regionalen Produkten.

sollen», begründet er. Wer erste Resultate haben wolle, solle in zwei, drei Jahren noch einmal nachfragen. Das Rebranding von Orange zu Salt und die Neupositionierung von V-Zug basierten allerdings auf dem ers-ten Schritt im Drugstore-Konzept, fanden aber andernorts statt. Es sieht eine spezielle Markenkernanalyse gemäss der Publicis-Strategie «Lead the Change» vor.

Durchaus PotenzialBei einer anderen Frage ist sich Janett

sicherer. Er ist überzeugt, dass der Drug-store Zukunft hat. Man stecke mitten in der digitalen Transformation. «Neue Innovatio-nen, digital und näher am Kunden, werden gebraucht.» Genau das also, was man an-biete. «Und weil ich glaube, dass sich das nicht mehr ändern wird, hat das Konzept wohl nicht nur kurzfristig eine Chance.»

Auch Brian Rüeger, Leiter des Instituts für Marketing Management an der Zürcher

Hochschule für Angewandte Wissenschaf-ten (ZHAW) in Winterthur, meint, dass der Drugstore Erfolg haben könnte: «Klassische Markenführung ist seit mehreren Jahren am Aussterben.» Die meisten Agenturen hätten das begriffen. Doch der Sprung in die neue Zeit sei nicht leicht. «Manchmal haben es Neueintreter in den Agenturmarkt einfacher als Alteingesessene, die der Vergangenheit hinterherweinen», so der Fachmann.

Das Konzept Drugstore beurteilt er daher positiv. «Es gibt einen grossen und wach-sen den Bedarf nach schnell verfügbaren Prototypen», sagt Rüeger. Allerdings fehl-ten Firmen oft die nötigen Kompetenzen, Methoden oder Infrastrukturen. «Somit ist Platz für neue Businessmodelle.» Gelinge es Publicis, die völlig unterschiedlichen Welten zusammenzubringen und Produktentwick-lung als Teil des Kernmarketings zu positio-nieren, könne sich die Agentur für die Zu-kunft aufstellen, so der Marketingexperte.

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18 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

IntervIew: DanIel tschuDy

Die letzten 18 Monate hatten es für Andreas Messerli in sich. Im Juli 2014 verstarb sein Vater Andreas Peter Messerli in Alter von 82 Jahren. Dieser gründete 60 Jahre zuvor die Andreas Messerli AG und führte sie mit kre-ativen Ideen und Weitblick in die Gegenwart. Im Dezember 2014 übernahm die in Wetzi-kon ZH ansässige Messerli Group die Mehr-heit an der AlphaBlue Event Management in Uster ZH. Im September 2015 kaufte man den Tontechniker Dr. W. A. Günther Media Rent in Erlenbach ZH und löste damit in der Schweizer Live-Communication-Szene ei-nige Aufmerksamkeit aus. Als «Magic Mo-ment Engineer» bezeichnete sich Andreas Messerli einst und ist heute damit beschäf-tigt, seine Unternehmensgruppe (siehe Kas-ten rechts) zum wichtigsten Player des hiesi-gen Erlebnismarketings auszubauen.

Die Messerli Group ist in den vergangenen Monaten stark gewachsen. Folgt jetzt die Zeit der Konsolidierung?Andreas Messerli: Mit dem Status quo sind wir sehr happy. Alles läuft rund. Wir können im Erlebnismarketing endlich eine komplet-te Wertschöpfung anbieten. Bis anhin waren wir ja eher ein B2B-Spezialist, aber das hat sich mit den Übernahmen verändert. Wir kommen immer mehr in den B2C-Bereich. Ein gutes Beispiel dafür ist unser Enga-gement am diesjährigen Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Estavayer-le-Lac, wo unsere Gruppe nun diverse Mandate hat. Wir stellen Zelte auf, bauen Tribünen und vertonen das ganze Festgelände.

Wie gross ist denn die Messerli-Gruppe?Zu 100 Prozent gehören mir die Firmen Fabrikatur, Konform, Hunziker, Expoformer und Media Rent. Zudem habe ich Mehr-heitsbeteiligungen unter anderem an den Agenturen Angelini, Normholz, AlphaBlue und Retailpartners. Insgesamt sind es rund 350 Festangestellte, die 2015 etwas über

95 Millionen Franken erwirtschaftet haben. Wirklich interessant ist dabei, dass wir mit mindestens einem unserer Büros bei jedem der 150 grössten Unternehmen der Schweiz vertreten sind. Das heisst, wir bedienen heute alle hiesigen Konzerne in sämtlichen relevanten Branchen.

Wollen denn grosse Firmenkunden wirklich mit nur einem einzelnen Live-Communica-tion-Gesamtanbieter arbeiten?Das ist so. Natürlich gibt es intensive und langatmige Ausschreibungen und Vertrags-verhandlungen, aber Zeit ist Geld und die Konzerne wollen nicht mehr einzelne Dienstleistungen bei einzelnen Anbietern einkaufen und dann separat handeln. Wir bieten diese One-Stop-Strategie bewusst an. Das bedeutet einen grossen Aufwand im Pitching-Prozess, dafür aber effizienteres, schnelleres Umsetzen im operativen Ablauf.

Konkret?So konnten wir Grosskunden wie Swisscom oder Geberit mit mehrjährigen Verträgen an uns binden und betreuen diese Kunden mit eigens aufgestellten Teams. Unsere Event logistiker sind somit irgendwo in der Schweiz praktisch täglich im Einsatz, zum Beispiel auch für die UBS. Manchmal ver-walten wir Räumlichkeiten, manchmal stel-len wir temporäre Ausstellungen auf oder manchmal organisieren wir einen Kunden-event. Früher versuchten wir einfach, regel-mässig schöne Einzelaufträge zu erhalten. Heute sind wir in kompakte und langfristige Partnerschaften eingebunden.

Müssen denn die einzelnen UBS-Filialen exklusiv mit der Messerli Group arbeiten?Wir decken praktisch jede denkbare Dienst-leistung im Erlebnismarketing ab. Aber die einzelnen UBS-Abteilungen respektive deren Verantwortliche können frei entschei-den, ob sie mit uns arbeiten wollen. Nur ha-ben wir mit der Procurement-Abteilung ein Tarifbuch ausgearbeitet, und so kann jeder UBS-Verantwortliche aufgrund seines Pro-jekts und seines vorhandenen Budgets aus unserem Angebot auswählen. Das macht es für ihn doch ziemlich einfach. Wenn also in irgendeiner Berggemeinde eine Filiale eröff-net wird, ruft uns der zuständige Projektlei-ter an und bucht je nach Bedürfnis diverse Leistungen bei uns. Zum Beispiel ein Emp-fangs-Counter, eine Hüpfburg für das Eröff-nungsfest, Hostessen für den Event oder auch Merchandising-Elemente.

Das Geschäft wird demnach in der Dachgesellschaft zentral reingeholt? Das mache ich zusammen mit unserem Ver-kaufsleiter Daniel Wyss. Die Neuanfragen kommen bei uns rein und wir machen dann die Triage. Was für eine Art Geschäft ist es? Wer innerhalb der Gruppe kann es am bes-ten betreuen respektive wer kann den Lead übernehmen? So verteilen wir die neuen Buchungen auf die passenden Spezialisten.

«Es braucht eine neue Dachmarke»Andreas Messerli Der verwaltungsratspräsident der Messerli Group über die stille expansion und Diversifikation und den neuen Begriff erlebnismarketing.

Der erlebNiS-marketeer

Name: andreas MesserliFunktion: verwaltungsrats­präsident Messerli GroupAlter: 54Familie: verheiratet, ein sohn

Das Unternehmen Zur 2012 als solche lancierte Messerli Group mit hauptsitz in wetzikon Zh gehören aktuell zehn Firmen: alphaBlue event Management aG (gegründet 2001), andreas Messerli aG (1954), angelini Design Gmbh (2005), Dr. w. a. Günther Media rent aG (1933), expoformer aG (1987), Fabrikatur aG (2011), hunziker aG (1934), Konform aG (1997), norm holz Bau aG (1958) und retailpart­ners aG (1996). rund 350 Fest­angestellte erwirtschafteten 2015 über 95 Millionen Franken.

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19handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

Andreas Messerli: «Weder der Name Messerli noch die Berufsbezeichnung Messebau sind für einen Konzernauftritt zeitgemäss.»

So einfach?Was wir gleichzeitig auslösen wollen, ist ein intensives Cross Selling. Das ist immer schwierig, denn die einzelnen Vertreter jeder unserer Agenturen sehen ihr eigenes Tagesgeschäft als das Wichtigste an. Trotz-dem können wir intern jährlich bereits rund 15 Millionen Franken an Aufträgen auslösen und verteilen. Das Potenzial ist aber einiges grösser und wir werden weiter versuchen, jeden Kundenkontakt auszuleuchten. Das heisst, nicht nur angefragte Aufträge bei der Kontaktperson zu akquirieren, sondern bei diesem Kunden dann alles zu recherchieren, ob in anderen Abteilungen weitere uns un-bekannte Projekte und Chancen bestehen.

Sind Sie stark genug im Kreativbereich?Vielleicht hatten wir in der Vergangenheit nicht das Image einer Eventagentur – auch weil wir selber ja aus dem Hintergrund die wichtigsten Schweizer Eventagenturen be-dienten. Aber seit der Finanzkrise kommen viele Unternehmen direkt zu uns, unter-stützt durch ihre Purchasing-Bemühungen wollen sie bei den Produzenten direkt ein-kaufen. Messerli wollte tatsächlich nie als reine Eventagentur wahrgenommen wer-den, aber der Markt verlangt mittlerweile, dass wir als Full-Service-Anbieter tätig sind. Das geht Hand in Hand mit der Entwicklung und den Übernahmen. Unser defensives Auftreten gehört zur Vergangenheit und die Branche hat das mit einer gewissen Verun-sicherung mitbekommen. Man gesteht uns heute eine zentrale Position im Schweizer Live-Communication-Management zu.

Und das entspricht auch Ihren persönlichen Ambitionen, nicht wahr?Richtig. Denn nach den Übernahmen von Media Rent und AlphaBlue gehören wir zusammen mit der MCH Group – vormals Messe Schweiz – zu den zwei grossen Play-ers im Land. Immerhin erarbeiten wir bald 100 Millionen Franken im Jahr. Das zeigt doch auch Qualität und Zuverlässigkeit, die wir in langen Jahren erarbeitet haben.

Was genau will die Messerli Group sein?Zusammengefasst wollen wir der absolute Spitzen-Player im Erlebnismarketing in der Schweiz sein. Deshalb werden wir auch noch in diesem Frühjahr ein neues Branding bekanntgeben, denn weder der Name Mes-serli noch die Berufsbezeichnung Messebau sind für einen Konzernauftritt zeit gemäss. Es braucht eine neue Dachmarke – attraktiver und verkaufsorientierter. Gleichzeitig wol-len wir erreichen, dass jede unserer Firmen erfolgreich ist und nicht nur die eine oder die andere, je nach Lauf und Lust der Wirt-schaft. Derzeit ist es etwa für die im Bereich Messebau und Displays tätige Expo former schwierig, da sie halt sehr stark vom Export-geschäft abhängig ist. Wenn also alle Ein-

heiten reibungslos arbeiten können, dann kann auch die Gruppe erfolgreich unter dem Sammelbegriff Erlebnismarketing wei-terwachsen. Wir stellen Bühnen, wo sich Menschen treffen – in Amerika heisst das Storytelling Industry. Leider ist der Begriff so in der Schweiz nicht anwendbar, deshalb wählen wir Erlebnismarketing. Dazu brau-chen wir auch die virtuelle Welt und ent-sprechende Werkzeuge. Und so haben wir uns an der Schweizer Firma Zaak beteiligt, einem kleinen Spezialisten aus dem Be-reich neue und virtuelle Medien. Zaak hat zum Ziel, zeitgenössische, spielerische und kommunikative Lösungen zu erforschen, zu entwickeln und bereitzustellen. Zaak ist quasi unser Labor für Virtual Reality. Und somit ein wichtiges Puzzleteil für unsere Zukunft.

Wie wichtig ist das Auslandgeschäft noch?Interessant ist, dass mein Vater damals mit dem Messebau rund 75 Prozent seines Ge-schäfts im Ausland getätigt hat. Heute ist es noch knapp ein Viertel. Wir haben uns mit den neuen Dienstleistungen vorerst auf die Schweiz konzentriert und wollten sicher sein, dass wir unseren Stammkunden die komplette Erlebnismarketing-Palette anbie-ten können. Im Ausland begnügen wir uns mit passenden strategischen Partnern.

Ihre Zukunft?Ich betreue keine eigenen Kunden mehr, sondern kümmere mich mit meiner rechten Hand Hugo Keller um Firmenphilosophie und Unternehmensstrategie.

«Zusammengefasst wollen wir der absolute spitzen-player

im erlebnismarketing in der schweiz sein.»

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Special marketiNg

RogeR Schnegg

Nur noch sechs Monate, dann findet in Rio de Janeiro mit den Olympischen Som-merspielen das grösste, faszinierendste sowie

packendste Sportereignis unseres Planeten statt. Und die Schweiz wird mitfiebern und Roger Federer, Nicola Spirig, Giulia Steingruber und allen anderen Athletinnen und Athleten der Schweizer Delegation die Daumen drücken und mitjubeln, wenn sie olym-pisches Edelmetall gewinnen.

Auch vor und nach den Olympischen Spielen begeistern und begleiten uns die sportlichen Höchstleistungen. Schon fast täglich freuen wir uns über die nationalen und internationalen Erfolge von Schweizer Athletinnen und Athleten. Die Wahl des «Schweizer des Jahres» beweist eindrück-lich, welch hohes Ansehen Sportler hierzu-lande geniessen. Seit Einführung der Wahl im Jahr 2003 wurden mit Roger Federer (2003), Peter Sauber (2005), Köbi Kuhn (2006), Jörg Abderhalden (2007), Didier Cuche (2011), Dario Cologna (2012) und Stan Wawrinka (2013) bereits sieben Per-sönlichkeiten aus dem Sport mit dem Titel «Schweizer des Jahres» ausgezeichnet.

Die nationale Popularität schlägt sich für viele der Protagonisten finanziell jedoch nicht nieder. Mehr als 40 Prozent der besten Schweizer Sportler verdienen weniger als 14 000 Franken im Jahr. Das hat die Spliss-Studie 2013 von Hippolyt Kempf ergeben. Gleichzeitig müssen Verbände und Vereine für die Förderung von Sporttalenten um jeden Rappen kämpfen.

Lebensschule LeistungssportWarum aber soll die Öffentlichkeit Geld

für junge Athletinnen und Athleten ausge-ben? Warum soll sie Mittel für den langen, oft steinigen und extrem teuren Weg eines Sportlers aufwenden, wenn es letztlich doch nur die allerwenigsten Nachwuchshoff-nungen bis ganz nach oben schaffen? Mit solchen Fragen sieht sich Swiss Olympic als Dachverband des Schweizer Sports kon-frontiert, wenn wir für zusätzliche Mittel für die Talentförderung und die Sportförderung

allgemein kämpfen. Die Antwort liegt auf der Hand: Leistungssportler sind – unab-hängig von ihrem internationalen Erfolg – ein Gewinn für die Wirtschaft und die Ge-sellschaft unseres Landes. Die Investition in den Leistungssport ist auch eine Investition in die erfolgreiche Zukunft der Schweiz.

Was haben Heinz Karrer (Präsident Economiesuisse), Jeannine Pilloud (Chefin Personenverkehr SBB) und Urs Schaeppi (CEO Swisscom) gemeinsam? Genau: Sie alle haben Karriere in der Geschäftswelt gemacht. Sie alle waren in jungen Jahren aber auch erfolgreiche Sportler. Als Hand-baller (Karrer), Schwimmerin (Pilloud) oder Skifahrer (Schaeppi) verschrieben sie sich vor ihrer beruflichen Karriere dem Leistungssport. Während dieses Lebensab-schnitts eigneten sie sich jene Eigenschaf-ten und Fähigkeiten an, die ihnen bis heute Tag für Tag zugutekommen.

Leistungssport ist eine Lebensschule, die überdurchschnittlich viel Eigeninitiative, Einsatz, Disziplin und Durchhaltewillen erfordert. Auf ihrem Weg erwerben Sport-talente unzählige Kompetenzen, die in je-

dem Lebensbereich notwendig sind. Sie lernen beispielsweise, fokussiert durchs Leben zu gehen. Sich voll und ganz auf eine

Aufgabe konzentrieren zu können, ist in einer Zeit, in der unzählige Einflüsse auf

uns einwirken, von unschätzbarem Vorteil. Sporttalente lernen aber auch, langfristig zu planen, mit Druck um-zugehen, Verantwortung zu überneh-men und nach Niederlagen wieder aufzustehen.

Alle diese Kompetenzen sind nicht nur im Sport, sondern in allen Berei-

chen des Lebens gefragt. Junge Leis-tungssportler haben gute Chancen, zur

Elite von morgen unseres Landes zu gehö-ren. Sie besitzen jene Eigenschaften, die es braucht, um auch als Führungspersonen zu reüssieren.

Vorbilder für die GesellschaftDer Leistungssport hat sich in den ver-

gangenen Jahren sehr stark entwickelt. Athletinnen und Athleten stehen mehr denn je im Rampenlicht und übernehmen auf und neben dem Sportplatz auch eine Botschafts- und Vorbildfunktion. Einerseits repräsentieren sie mit ihren Erfolgen ihr Herkunftsland als leistungsstark, sympa-thisch, dynamisch und sportlich und verlei-hen damit einem ganzen Land ein positives Image. Anderseits leben und vermitteln sie die olympischen Werte «Höchstleistung, Respekt und Freundschaft». Sie animieren Jugendliche und Erwachsene zur aktiven Bewegung und bauen Brücken zwischen verschiedenen Alters- und Gesellschafts-schichten.

In dieser Rolle als Botschafter und Vor-bilder beleben Spitzensportler unsere Ge-sellschaft nachhaltig und auf positive Weise. Und bringen sie buchstäblich in Bewegung. Grund genug, dass wir die jungen Athletin-nen und Athleten auf ihrem Weg so unter-stützen und fördern, wie sie es verdienen. Egal, ob sie am Schluss tatsächlich in die Fussstapfen von Roger Federer und Giulia Steingruber treten oder ob sie das, was sie im Sport gelernt haben, im Berufsleben und für unsere Gesellschaft einsetzen.

Roger Schnegg, Direktor, Swiss olympic, Ittigen – war als Volleyballspieler Mitglied der nationalmannschaft.

Ist dabei sein alles?Leistungssport erfolgreiche Athleten sind ein gewinn für die Wirtschaft. Umgekehrt werden sie oft unter Wert geschlagen.

Die nationale popularität der erfolgreichen Sportler schlägt

sich für viele der protagonisten finanziell jedoch nicht nieder.

Page 21: Handelszeitungbeilage Februar 2016

Mittwoch, 16. März 2016, von 9 bis 17 Uhr The Dolder Grand in ZürichReferentenProf. Dr. Torsten Tomczak, Christoph Brand, Dr. Erich Joachimsthaler, Rasoul Jalali, Monica Glisenti, Jean-Marie Dru, Dr. Caspar Coppetti, Dr. Jens Wegmann, Howard H. Yu, Stefanie Turber, Philipp Riederle

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Page 22: Handelszeitungbeilage Februar 2016

22 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

Denise Weisflog

W enn immer Yves Béhar als jugendlicher Mara-thonläufer die Ziellinie überquerte, befand sich in der Nähe ein Rivella-

Stand. Der in Lausanne geborene Designer, der seit 20 Jahren in den USA lebt, verbindet die Schweizer Getränkemarke mit etlichen Kindheitserinnerungen. «Ich weiss noch, wie ich immer unser Skiteam angefeuert habe, das von Rivella gesponsert wurde. Der Brand war überall präsent», sagt Béhar.

Als er angefragt wurde, den Auftritt von Rivella zu erneuern, musste er nicht lange überlegen. «Natürlich war ich überrascht, dass das Unternehmen auf jemanden zu-kam, der in Kalifornien tätig ist. Ich fand das extrem mutig», sagt er. Für seine Firma Fuse Project sei es jedoch wichtig, hyperlokale Marken und Familienbetriebe zu unter-stützen. «Wir Schweizer haben schon fast patriotische Gefühle für das Getränk. Rivella ist Teil der Schweizer Kultur», sagt Béhar.

Mehr Interpretations-SpielraumFür ihn habe sich vor allem die Frage

gestellt, wie man eine so traditionelle Marke modernisiere und in die Zukunft transpor-tiere. «Die Schweiz hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt und weiterent-wickelt. Von aussen betrachtet ist das wahr-scheinlich einfacher zu erkennen, als wenn man im Land selbst lebt», meint Béhar. Es habe ihn daher gereizt, mit Rivella zu-sammenzuarbeiten und es darin zu unter-stützen, die Art und Weise, wie sich die Schweiz und seine Einwohner verändert hätten, im Rebranding zu reflektieren.

Dabei achtete der Designer darauf, die ikonischen, traditionellen Elemente des Rivella-Auftritts beizubehalten. «Es ging mir nicht darum, die Marke von ihren Wurzeln zu trennen, sondern darum, das Schweizer-kreuz und die Berggipfel zu nehmen und sie in etwas zu transformieren, das die Kon-sumenten neu und individuell interpretie-ren können», erklärt Béhar. Wenn man die Schweizer Symbole eins zu eins übernehme, könne man nichts anderes daraus lesen. In einer Kultur, die dynamischer, heterogener und jünger sei als in der Vergangenheit, brauche es jedoch mehr Deutungsspielraum. «Die Emotionen, die Rivella hervorruft, sind immer noch da, aber die Leute haben die Freiheit zu entscheiden, was die Marke für sie bedeutet», sagt Béhar.

Er ist der Meinung, dass eine Marke offen, inklusive und couragiert sein muss. Die Tatsache, dass Rivella sich gegen grosse,

Rivella reloadedBranding Der neue Auftritt der getränke-Kultmarke stammt vom Auslandschweizer Yves Béhar, einem der gefragtesten Designer der Welt. Das Resultat ist ...

Yves Béhar: «ich erhoffe mir, dass die leute das Produkt sofort als Rivella erkennen.»

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Schweizer Inspiration aus KalifornienFirma Die international tätige Rivella mit sitz in Rothrist Ag stellt seit über 60 Jah-ren getränke her. namensgeberin ist das gleichnamige erfrischungsgetränk, das 1952 von firmengründer Robert Barth kreiert wurde. Zu den weiteren Produkten gehören das erfrischungsgetränk Passaia oder die Michel-fruchtsäfte. Pro Jahr werden über 100 Millionen liter abge-setzt, davon mehr als 80 Millionen liter im Heimmarkt. 2014 setzte Rivella mit 267 Mitarbeitenden rund 140 Millionen franken um. Rivella engagiert sich seit mehreren Jahrzehnten für den spitzen- und Breitensport und unterstützt jährlich Hunderte von Veranstaltungen.

Design Yves Béhar (49) stammt aus lau-sanne und gilt als einer der gefragtesten Designer der Welt. er ist gründer und Ceo der Agentur fuse Project in san francisco. 2013 gestaltete er den neuen, einheitli-chen Auftritt sämtlicher nivea-Produkte. Béhar studierte industriedesign am Art Center College of Design in Tour-de-Peilz VD und wechselte nach einem Jahr in das Mutterhaus im kalifornischen Passadena, wo er das studium als Bsc of industrial Design abschloss. Vor der selbstständig-keit arbeitete er für die Agenturen frog-design und lunar Design, die für firmen wie Apple, Hewlett-Packard und silicon graphics Produkte entwickelten.

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23handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

multinationale Brands behaupten muss, hat Béhar beflügelt. «Es war aufregend zu sehen, dass wir Rivella schneller weiter­entwickeln konnten, als es den Getränke­giganten mit ihren eigenen Marken gelang.» Schliesslich müsse ein kleines, lokales Un­ternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen und innovativ sein. Einfach nur die Mit­bewerber zu imitieren, reiche nicht aus.

... modern, dynamisch, jugendlichFür die Idee und Umsetzung des neuen

Rivella­Auftritts brauchten Béhar und sein Team eineinhalb Jahre. Weil die Multi­ Disziplin­Agentur Fuse Project auch den Industrialisierungspart übernahm, reisten die Designer mehrmals in die Schweiz an den Produktionsstandort von Rivella.

Das Resultat ist ein Design, das die mo­derne Schweiz widerspiegelt. Ein abstraktes

Kreuzsymbol auf der Etikette erinnert an die Schweizerfahne, die Textur der Flasche symbolisiert mit ausgeprägten, diagonalen Linien die Berge und sorgt für einen festen Griff. Die beiden Designs gehen nahtlos

ineinander über und wirken als Einheit. Um diesen Effekt zu erreichen, muss das Label, das aus blickdichten, halbdurchsichtigen und transparenten Konturstanzungen be­steht, perfekt ausgeschnitten und in der

Produktion exakt auf der Flasche platziert werden. Dafür war eine eigene Innovation notwendig. Für den Rivella­Schriftzug ent­wickelte Fuse Project eine ganz neue Typo­logie. «Ich erhoffe mir, dass die Leute das Produkt sofort als Rivella erkennen und nach wie vor Emotionen mit dem Getränk verbinden. Nur dass es jetzt neu und frisch daherkommt», sagt Béhar.

Die Rebranding­Inspiration hat sich der Designer im täglichen Leben geholt. Seine Herangehensweise sei nicht stil­, sondern eher ideenbasiert. «Wenn wir ein Grund­konzept haben, wenden wir es auf verschie­dene Kanäle an. Im Falle von Rivella auf das Brand­ und Industriedesign», erklärt Béhar. Dass das Schweizer Kultgetränk nicht nach Kalifornien exportiert wird, bedauert er ein wenig. Denn schliesslich liebt er seit seiner Kindheit Rivella Rot – das Original.

«ich war überrascht, dass das Unternehmen auf jemanden

zukam, der in kalifornien tätig ist. ich fand das extrem mutig.»

Was bezwecken Sie mit dem Rebranding?Andrys Aardema: Rivella ist eine Tra­ditionsmarke, die breit in der Schweiz verankert ist. Um sie für die Zukunft fit zu halten, müssen wir sie jedoch modernisieren, dynamischer gestalten und insbesondere verjüngen, um die Zielgruppe der 15­ bis 29­Jährigen wieder anzusprechen. Ziel des Auftritts ist es, einen Schritt nach vorne zu tun, sodass auch die Jungen ein Rivella mit Stolz in der Hand halten und letztlich mehr davon trinken.

Dass die junge Zielgruppe fehlt, spürt Rivella am Getränkeausstoss, der seit mehreren Jahren rückläufig ist.Für die vergangenen zwei Jahre gilt das nicht. Die Erfrischungsgetränkeindustrie ist allgemein unter Druck. Grund dafür sind ein erhöhtes Gesundheitsbewusst­sein der Bevölkerung und verschiedene politische Vorstösse, die den Zucker­gehalt von Getränken reduzieren wollen. Dennoch konnte Rivella wachsen. Wäh­rend die Kategorie Erfrischungsgetränke als Gesamtes um 3 Prozent zurückging, haben wir hierzulande wert­ und volu­menmässig Marktanteile gewonnen.

Das lag aber nicht nur am heissen Sommer des vergangenen Jahres?Zu einem gewissen Grad hilft es uns, dass wir uns stark für den Sport enga­gieren und unsere Getränke weniger

Zucker enthalten als diejenigen unserer Hauptkonkurrenten. Unser Wachstum ist aber vor allem innovationsgetrieben. Vor zwei Jahren lancierten wir die Sub­marke Cliq mit Pfirsich und Rhabarber, letztes Jahr überarbeiteten wir Rivella Grün, das neu Rivella Grüntee heisst. Nun wollen wir mit der Gesamtmarke wachsen. Dabei ist das Redesign ein wichtiger Teil des Ganzen, denn wie eine Marke daherkommt, ist elementar. Zu­sätzlich dazu wird es jedoch auch eine neue Kommunika tionskampagne geben, die die Leute emotional ansprechen soll.

Wie teuer war das Rebranding?Das darf ich nicht verraten, aber die Kos­ten sind erheblich. Es ging ja nicht nur darum, einen neuen Designer zu enga­gieren, es brauchte auch neue Blasfor­men für die PET­Flaschen, neue Etiket­tiermaschinen, neue Glasflaschen und einen neuen Harassenpark. Zudem wird

der gesamte Aussenauftritt inklusive Zelten und Lastwagen neu gebrandet.

Weshalb haben Sie Yves Béhar mit der Konzeption und Umsetzung beauftragt?Ich hatte in der Vergangenheit bereits Kontakt mit Fuse Project und nur posi­tive Erfahrungen gemacht. Wir haben uns verschiedene nationale und inter­nationale Agenturen angeschaut. Dass wir uns für Yves Béhar entschieden haben, lag an drei Faktoren. Erstens versteht er es, Traditionsmarken so zu modernisieren, dass man sie wieder erkennt. Das hat man am Case von Nivea gesehen. Zweitens vereint Fuse Project Industriedesign mit grafischem Design auf einzigartige Weise. Drittens hat Yves Béhar einen Link zur Schweiz. Er ver­steht das Land, die Marke, die Heritage. Das gab für uns den Ausschlag.

Welche Ziele verfolgt Rivella dieses Jahr?Unser Relaunch umfasst neben dem neuen Design auch eine neue Werbe­kampagne. Diesen gut umzusetzen, ist das Hauptziel. In der Kommunikation werden neue Dinge ausprobiert, die digitalen Kanäle werden wichtiger. Und während die meisten unserer Mitbewerber versuchen, ihre Markt­anteile zu halten, will Rivella in Zukunft ganz klar wachsen.

IntervIew: DenIse weIsflog

«Die Kosten des Relaunchs sind erheblich»

Andrys Aardema leiter Marketing schweiz und Mitglied der geschäftsleitung, rivella, rothrist

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24 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

Oscar TOdeschini

Mitarbeitende, Produkte, Services, Kunden, Marke­ting, Kommunikation – die Wahrnehmung einer Marke wird heute durch

eine Vielzahl von Faktoren geprägt. Alles rückt näher zusammen, ist dichter getaktet und weltweit für jedermann mit Internet­anschluss zugänglich. Mit dieser zuneh­menden Dichte kommt der Markenführung eine neue Bedeutung zu. Die Feinabstim­mung der Signale, die sie aussendet, wird immer wichtiger. Und komplexer.

Bis weit in die 1990er­Jahre hinein war in Unternehmen von Branding noch wenig die Rede. Das Schlagwort lautete Corporate Identity, kurz CI. In der Theorie verstand man darunter die Synchronisierung von Erscheinungsbild, Kommunikation, Verhal­ten und Kultur des Unternehmens. In der Praxis lag der Schwerpunkt eines CI­Pro­jekts jedoch meistens auf dem CD, also dem Corporate Design, sprich dem Erschei­nungsbild des Unternehmens. Ein Haupt­grund dafür war, dass sehr viele Disziplinen in unterschiedlichsten Verantwortungsbe­reichen zu orchestrieren waren. Ein «ech­tes» CI­Projekt war weitgreifend und musste ganz oben angesiedelt sein, was wiederum voraussetzte, dass sich das Management der Bedeutung von Corporate Identity bewusst war. Doch das war nur selten der Fall und entsprechend fehlten oft auch das nötige Fachwissen und die Ressourcen in der Orga­nisation. So kam es, dass man gerne von CI sprach, damit aber häufig das CD meinte – und dies zuweilen heute noch tut.

Jeder Touchpoint prägt das MarkenbildUm die Jahrtausendwende herum be­

gann der Begriff Corporate Branding den Begriff Corporate Identity abzulösen. Damit verbunden war eine Veränderung des Ver­ständnisses und des Herangehens an die Thematik. Corporate Identity war ein eher

nüchtern­funktionales Konzept, das sich in der Praxis primär an der rigiden Durchset­zung der definierten Designrichtlinien ori­entierte. Corporate Branding dagegen hat sich zu einem Ansatz entwickelt, der die ganzheitliche Gestaltung der Beziehung zwischen Unternehmen und ihren Stake­holdern zum Ziel hat. Die Marke ist dabei nicht mehr nur ein Puzzleteil, sondern Marke und Unternehmen sind das Puzzle, in dem alles ineinandergreift: Unterneh­mensstrategie, Markenpositionierung und ­identität, Kultur und Verhalten, Design und Kommunikation.

Mit diesem neuen Verständnis ist auch die Markenführung in Unternehmen an­spruchsvoller geworden – sie ist heute eine zentrale Aufgabe der Geschäftsführung. Es gilt, eine langfristige Optik einzunehmen und sich gleichzeitig kurzfristig und kreativ in der Gegenwart zu behaupten. Dies mit­tels einer Vielzahl von Touchpoints, die man steuern muss, die aber im Gegensatz zu

früher – soziale Medien lassen grüssen – nur noch bedingt unter der eigenen Kontrolle stehen. Jeder dieser Berührungspunkte prägt das Markenbild direkt oder indirekt. Deshalb sollten alle Touchpoints inhaltlich, konzeptionell und formal konsistent und auf die langfristigen Ziele abgestimmt sein. Gleichzeitig muss stets genügend Freiraum für die alltägliche «Bespielung» der Marke gewährleistet sein. Eine schwierige Balance. Lange hiess das Patentrezept dafür Einheit­lichkeit im Erscheinungsbild, heute ist eher Einheitlichkeit in der Haltung gefragt. Eine flexible medien­ sowie kanalgerechte Inter­pretation der Marke ist zwingend geworden.

Zahlreiche kleine wie grosse Marken umgeben sich bereits mit einem attraktiven Markenkleid und sind durchaus schön an­zuschauen. Doch bei näherer Auseinander­setzung stellt man fest, wie oberflächlich und blutleer viele von ihnen inhaltlich sind. Oder auch, wie gross der Gap ist zwischen Versprechen und Realität. Dabei sind die Inhalte für den Erfolg einer Marke mehr und mehr von essenzieller Bedeutung. Denn die Kunden haben längst gemerkt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Sie sind anspruchs­voller und kritischer geworden, sie können sich schnell und einfach Informationen beschaffen, sie vergleichen und tauschen sich untereinander aus – weltweit.

Via soziale Medien verbreiten sich gute wie auch schlechte Informationen sofort. Die Konsequenz: Wer als Marke nicht das tut, was er verspricht, hat ein Problem. Da nützt kein noch so schöner grüner, roter oder andersfarbiger Anstrich. Konsequen­tes, ehrliches Engagement für etwas Grösse­res ist gefragt. Denn das ist es, was Kunden und Mitarbeitende vermehrt suchen: Unter­nehmen und Marken, die für etwas stehen, an etwas glauben und die Sinn stiften. Mar­ken, die nicht nur (mehr und mehr aus­tauschbare) Produkte und Dienstleistungen verkaufen, sondern Identifikationsmöglich­keiten mit gemeinsamen Zielen, Wertvor­stellungen und Ansichten anbieten. Damit

Branding im DichtestressMarkenführung Glaubwürdigkeit führt zum erfolg – jedoch nur, wenn sie gut designt ist.

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Damit Brands besser werdenAgentur die 1996 in Basel gegrün-dete snK identities mit hauptsitz in Zürich ist eine der führenden Branding-agenturen der schweiz. das credo lautet: «Wir sind über-zeugt, dass Marken besser werden, wenn sie das kreative und intelli-gente Zusammenspiel von Pur-pose, design, Kommunikation und Leadership verstehen und für sich nutzen. Mit dieser haltung beglei-ten und unterstützen wir Unterneh-men dabei, ihre Marken besser zu machen und so langfristig erfolg-reicher zu werden.» Oder zusam-mengefasst: «Be a better Brand.»

Page 25: Handelszeitungbeilage Februar 2016

special marketing

ist das Unternehmen in der Pflicht, es muss Verantwortung übernehmen – und die Mar-ke ist die Projektionsfläche dafür.

Grosse Chance für kleine UnternehmenDie Basis für sinnstiftende Marken bil-

den mehr denn je eine klare Positionierung und eine starke Vision, die gleichzeitig zieht und treibt. Doch damit tun sich die Unter-nehmen schwer. Viele Visionen lassen einen visionären Charakter vermissen und be-schreiben lediglich (mehr oder weniger prägnant) unternehmensstrategische Ziele. Allzu häufig werden Vision und Positionie-rung kurzfristigen markt- oder unterneh-mensinternen Gegebenheiten angepasst. Dabei gehören diese markenstrategischen Grundlagen eigentlich in einen Safe, zu dem nur der Verwaltungsrat Zugang hat. Er muss den Inhalt beschützen und die Marke gegen kurzfristige Begehrlichkeiten verteidigen. CEO kommen und gehen, die Marke bleibt. Selbstverständlich: Man muss die Marke

aktualisieren und neu interpretieren dürfen, denn auch die Welt, die Wertvorstellungen und das Wettbewerbsumfeld verändern sich unentwegt. Für diese Aktualisierung ist das Management verantwortlich. Doch die Ent-

scheidungshoheit muss beim Verwaltungs-rat liegen. Die Grundpfeiler der Marke dür-fen nicht leichtfertig angetastet werden.

Die Markendichte erhöht sich stetig – so-wohl gefühlt als auch real. Jedes Jahr werden Tausende neue Marken registriert und lan-ciert. In diesem intensiven Wettbewerbs-umfeld und bei den oben beschriebenen

Entwicklungen reichen oberflächliche Dif-ferenzierungsansätze nicht mehr aus. Und einfach an der Lautstärke zu drehen und die Marktpräsenz zu verstärken, wird ebenfalls nicht mehr zu nachhaltigem Erfolg führen.

Vielmehr gilt es, bewusster und selektiver zu agieren – weniger tun, dies aber richtig und im Einklang mit der Marke. Gerade hier liegt die Chance für kleine Unternehmen mit begrenzten Investitionsmöglichkeiten. Wer eine gute Idee mit einer glaubwürdigen und relevanten Markenstrategie verbindet, wer diese stringent umsetzt und eine kon-sistente Erlebbarkeit über alle Touchpoints gewährleistet, wird positiv wahrgenommen. Auch im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung. So gesehen ist Branding im heutigen Dichtestress wiederum einfach. Aber es bedingt in jedem Fall ein hohes Mass an Konsequenz und Ehrlichkeit – mit sich selbst und seinen Stakeholdern.

Oscar Todeschini, Partner, SNK Identities, Zürich.

positionierung, Vision und marke gehören in einen

safe, zu dem nur der Verwaltungsrat Zugang hat.

Street Parade: Mit der zunehmenden Dichte kommt der Markenführung eine neue Bedeutung zu.

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im März. Das Weiterbildungsformat ist im Web unter folgendem Link zu finden: www.gfm.ch/de/forschung/marketing-insight-des-monats.

Treffpunkt Die 26. GfM Marketing-Trend-Tagung am 16. März 2016 von 9 bis 17 Uhr im Hotel The Dolder Grand in Zürich dreht sich um «Mar-keting & Innovation», so lautet das neue Jahresmotto der Gesellschaft für Marketing (GfM). Dabei sollen Schlüsselfaktoren für den Unterneh-menserfolg ergründet werden. Auf der Bühne präsentierne dies unter

anderem Torsten Tomczak (HSG), Erich Joachimsthaler (Vivaldi Part-ners), Rasoul Jalali (Uber), Monica Glisenti (Migros), Jean-Marie Dru (TBWA\) oder Caspar Coppetti (On). Die Tagungsgebühr inklusive Geträn-ke, Lunch und Apéro beträgt 690 Franken für GfM-Mitglieder und 890 Franken für Nichtmitglieder. Link: marketing-trend-tagung.ch.

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Page 27: Handelszeitungbeilage Februar 2016

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Special | 4. Februar 2016

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AbhebenDavid SableDer CEO der Werbeagentur Y&R über «Digibabble» und «Do it big or stay in bed». Seite 10

Andreas MesserliDer VRP des Eventdienstleisters Messerli Group über seine Vision des Erlebnismarketings. Seite 18

Die Trends des JahresSeite 6

Page 30: Handelszeitungbeilage Februar 2016

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Page 31: Handelszeitungbeilage Februar 2016

3handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

InhaltUlrich h. Moser Der gfm-präsident über die marketingagenda 2016 und ihre Highlights. 4anne lise Kjaer Die dänische Futuristin über die acht schlüsseltrends des neuen Jahres. 6Werbemarkt so hat sich das geschäft 2015 entwickelt und so sind die aussichten für 2016. 8David Sable Der global ceO der Werbeagentur Y&r erklärt, was er mit «Digibabble» meint. 10

Disruption Das Wort ist 24-jährig und wurde vom tBWa\-chairman Jean-marie Dru erfunden. 12Drugstore publicis bringt ihr startup-konzept in die schweiz und kooperiert mit dem impact Hub. 16andreas Messerli Der Verwaltungsratspräsident der messerli group will an die nationale spitze. 18Branding alter Wein in neuen schläuchen – hinter dem relaunch von rivella steckt einiges mehr. 22

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Da soll nochmal einer be-haupten, die Schweiz wer-de im Ausland nicht positiv wahrgenommen: Aufnah-men des Überflugs eines Swiss-Airbus mit der Pat-rouille Suisse anlässlich der Lauberhornrennen gingen um die Welt und kamen auf globalen Fernseh sta-tionen. Das ist Marketing.ti

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Big Data ist noch nicht wirklich so smart

Zuerst möchte ich allen herzlich danken, die mir Anfang Jahr zu meiner neuen Stelle gratuliert haben, obwohl ich sie gar nicht gewechselt habe ... Wie viele

andere in den beiden betroffenen Verlagen auch habe ich nur meine sozialen Profile um unseren neuen gemeinsamen Arbeitge-ber ergänzt: Ringier Axel Springer Schweiz. Sofort poppt bei den LinkedIn-Kontakten auf: «Congratulate XY on the new job.» Bei Xing steht im E-Mail-Betreff: «XY hat einen neuen Job.» Überraschenderweise lassen die ersten Glückwünsche und Likes nicht lange auf sich warten. Man fühlt sich zwar gebauchpinselt, kann sich ein Kopfschüt-teln jedoch nicht verkneifen.

So smart, wie alle denken oder viele hoffen, ist Big Data noch nicht wirklich. Der Algo-rithmus zieht einen falschen Schluss – und schon hat man mehr Aufmerksamkeit, als einem gebührt. Aberwitziger wird es, wenn man Ende Januar eine LinkedIn-Benach-richtigung erhält: «Die neue Stelle von XY und 260 weitere Veränderungen in Ihrem Netzwerk.» Ich erfahre, dass sich ein Viertel meiner Kontakte im vergangenen Jahr be-ruflich verändert hat. Ohne, dass ich es mit-

bekommen habe. So viele können es un-möglich gewesen sein. Insbesondere, wenn ich die abgebildeten Gesichter im Newslet-ter anschaue. Meines Wissens sind die meis-ten von ihnen in der gleichen Funktion beim gleichen Unternehmen tätig. Einige haben höchstens zusätzliche Aufgaben übernom-men. Ein paar wenige haben den Job verlo-ren und andere sind in Rente gegangen. Was will mir die Statistik also sagen?

Am aberwitzigsten ist, dass einem nach Google-Recherchen auf beliebigen Web-sites automatisch vermeintlich passende Anzeigen untergejubelt werden, wenn man Journalist ist. Die wenigsten Themen inte-ressieren privat respektive kommerziell. Solche Big-Data-Trugschlüsse sind kein Mehrwert, sondern semi-smart.

Norman C. BandiRessortleiter«Handelszeitung»

IMpreSSUMDer magazin-special «marketing» ist eine redaktionelle Beilage der «Handelszeitung».

Gesamtverantwortung Norman c. Bandi

redaktionelle Mitarbeit matthias kiess, anne lise kjaer, alina leimbach, Ulrich H. moser, catherine purgly, simon rehsche, roger schnegg, Oscar todeschini, torsten tomczak, Daniel tschudy, Dennis Vogt, Denise Weisflog

Chefredaktor stefan BarmettlerStv. Chefredaktor marcel speiserressortleitung Norman c. BandiStv. ressortleitung roberto stefanolayout roger cavalliKorrektorat simone abegg, Urs Bochsler, Beat koch adresse redaktion «Handelszeitung» Förrlibuckstrasse 70 8021 Zürich telefon: 043 444 59 00Fax: 043 444 59 30 mail: [email protected] Online: www.handelszeitung.ch

leitung Wirtschaftsmedien Uli rubnerleitung Werbemarkt Beniamino esposito ringier agkreuzstrasse 268008 Zürichtelefon: 044 259 60 50 Fax: 044 259 68 94 mail: [email protected] Online: go4media.chleitung nutzermarkt Jörg tobuschatlesermarketingringier axel springer schweiz ag, Förrlibuckstrasse 70, 8021 Zürich, telefon: 043 444 58 95, mail: kunden [email protected] Verlag «Handelszeitung» Förrlibuckstrasse 70 8021 Zürichtelefon: 043 444 59 00mail: [email protected]

Druck swissprinters ag, Zofingen

herausgeberinringier axel springer schweiz ag

Bekanntgabe von namhaften Beteiligungen im sinne von art. 322 stgB: le temps sa

Page 32: Handelszeitungbeilage Februar 2016

4 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

ageNda 2016

So werden wir zu den Gewinnern gehören

Die Schweizerische Gesellschaft für Marketing (GfM) startete das Jahr 2016 mit einem Refe­rat von Anne Lise Kjaer zum Thema «Postcards from the

Future». Die dänische Futuristin, Autorin und Unternehmerin befasste sich damit, wie Organisationen basierend auf den «4P» – People, Planet Purpose, Profit – Erfolgsstrategien entwickeln können. Sie hat acht Trends identifiziert, die 2016 fürs Marketing ausschlaggebend sein werden (siehe Artikel auf Seite 6). Diese Trends sind nicht radikal neu, zeigen aber, dass auch langfristig gültige Veränderungen nur langsam in den Köpfen der Marketing­verantwortlichen ankommen.

Die Verknüpfung von Marketing und Inno­vation ist das zentrale Thema der GfM im laufenden Jahr. Eine echte Produkt­ oder Prozessinnovation soll nicht nur eine bril­lante technische Errungenschaft sein, sondern muss durch die Unterstützung des Marketings von den Kunden akzeptiert und langfristig im Markt etabliert werden. An­lässlich der GfM Marketing­Trend­Tagung am 16. März 2016 werden sich ausgewie­sene Experten aus Wissen­schaft und Wirtschaft unter der Leitung von HSG­Pro­fessor Torsten Tomczak mit Marketing und Innovation beschäftigen sowie Tipps und Tricks für die erfolgreiche Umsetzung in den Unter­nehmen geben (siehe Artikel auf Seite 14).

Im Jahr des 75­jährigen Bestehens der GfM wollen wir bewusst nach vorne schauen und uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Die Marketingwelt bleibt dynamisch und herausfordernd. Bekannte Buzzwords wie Disruption, Digital Transformation, Storytelling oder Social Marketing werden uns auch in Zukunft beschäftigen.

Das renommierte amerikanische Marketing Science Institute (MSI) legt im Zwei­ Jahres­Rhythmus die Prioritäten für die Forschungsinitiativen im Marketing fest.

Als Top­Priorität wurde «Understanding Customers and the Customer Experience» definiert. Das Thema ist aus Sicht des MSI aus zwei Gründen wichtig. Einerseits vertritt auch das MSI, dass der Kunde immer der Hauptfokus aller Marketingbemühungen sein sollte. Anderseits muss man sich des­sen bewusst sein, dass sich die Bedürfnisse und das Verhalten der Kunden in den ver­gangenen Jahren radikal verändert haben.

Das Thema Marketing Analytics ist die Nummer zwei auf der neuen MSI­Liste. Dabei geht es um das Bestreben, ein umfas­

sendes Wissen über unsere Kunden zu erhalten und es wettbewerbsorientiert ein­zusetzen. In letzter Zeit hat sich das Machtverhältnis weg von den Unternehmen in Richtung der Konsumen­ten verschoben. Mit Marke­ting Analytics schwingt das Pendel in die andere Rich­tung. Die Organisa tionen

können die Erkenntnisse nutzen, um: Infor­mation über ihre Kunden zu gewinnen und nutzbringend zu verwenden; ihr Marketing­budget optimal zu nutzen; eine langfristige, nachhaltige Steigerung des Kundenwerts zu erzielen; und die richtigen Learnings aus Kampagnen mitzunehmen.

Bei all diesen Bemühungen dürfen wir den Kunden nicht aus unseren Augen und aus unserem Sinn verlieren. Wenn der Mensch im Zentrum (Customer Centricity) unserer Marketingaktivitäten steht und wir unter Kundenerfahrung (Customer Experience) die beiden Hauptaspekte Kundenerlebnis und Kundenvertrautheit verstehen, werden wir zu den Gewinnern gehören.

Ulrich H. MoserPräsident der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing (GfM)

FakteN

Die Trends im Marketingmix

«im Jahr des 75-jährigen Bestehens

der gfm wollen wir bewusst nach vorne schauen.»

E-Mails

158% Um diesen Wert erhöht sich die Durchklickrate bei E-Mails mit Social Sharing Buttons.

Social Media

100% Die Budgets für Social Marketing werden sich in den nächsten fünf Jahren verdoppeln.

Events

67% Zwei Drittel der B2B-Content-Marketeers finden Event Marketing die effektivste Strategie.

Content

50% Beinahe die Hälfte der Unternehmen verfügen über eine Content-Marketing-Strategie.

SEO

33% Rund ein Drittel des Verkehrs der organischen Google-Suche geht zum allerersten Artikel.

SEO: SuchmaSchinEnOptimiErung QuEllE: adwEEk.cOm

Page 33: Handelszeitungbeilage Februar 2016

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Page 34: Handelszeitungbeilage Februar 2016

6 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

Anne Lise KjAer

A ls Futuristin erinnere ich meine Kunden immer daran, dass die Zukunft nicht etwas ist, auf das wir einfach zu­steuern, sondern ein Szena­

rio, das wir aktiv mitgestalten. Denn unsere gegenwärtigen Aktionen beeinflussen unser Geschäft von morgen.

Heute wird nur eine von fünf Marken als relevant für das allgemeine Wohlergehen erachtet. Dies zeigt den riesigen Graben zwischen der Selbstwahrnehmung von traditionellen, profitorientierten Organisa­tionen und der Art und Weise, wie ihre Produkte und Dienstleistungen von den Stakeholdern bewertet werden. In einer immer komplexer werdenden und wett­bewerbsgetriebenen Welt ist eine konse­quente 4P­ Methode der Schlüssel zum Erfolg. Sie bezieht neben Profit auch die Menschen (People), den Planeten sowie Ziel und Zweck (Purpose) mit ein.

Grosses P der Führung heisst PurposeWie man zielgetriebene Führung zum

fundamentalen Prinzip einer Organisation und Geschäftsstrategie macht, beschreibe ich in meinem neuen Buch «The Trend Management Toolkit – a Practical Guide to the Future». Bei der Kommunikation mit internen und externen Stakeholdern sollten vier Grundregeln beachtet werden:Seien Sie ehrlich: Vier von fünf Men­

schen weltweit sind der Meinung, dass Chefs transparent kommunizieren sollten, um Ver­trauen aufzubauen. Ein offener Dialog mit den Stakeholdern ist eine Strategie, die sich auszahlen wird.Agieren Sie authentisch: Clevere Or­

ganisationen wissen, dass das Wort Kon­sument veraltet ist. Deswegen schaffen sie Gelegenheiten, um mit Menschen in Kon­takt zu treten und ihnen dabei zu helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.Zeigen Sie Engagement: Hier ist die

Teilnahme an der globalen Diskussion zur

Schaffung einer besseren Gesellschaft der Schlüssel. Überlegen Sie sich, wie Ihre Firma dieses Ziel erreichbarer machen kann.Gestalten Sie mit: Leben Sie nicht nur

in der Gegenwart, sondern skizzieren Sie die Zukunft, die Sie sich wünschen. Machen Sie diese Vision Teil jeder Kommunikation und laden Sie alle dazu ein, diese zu realisieren.

Digitale Transformation ist eine ReiseUm Ihren Botschaften auch Wirkung zu

verleihen, müssen Sie die neuen Einflüsse kennen, denen unsere Gesellschaft unter­liegt. Hier sind acht Schlüsseltrends, die Sie im Jahr 2016 bei zukunftsgerichteten Marketingstrategien unterstützen:

1. Radikale Offenheit beginnt im Unter­nehmen: Ihr Ruf ist Ihr wertvollstes

Gut. Vertrauen können Sie aber nur auf­bauen, wenn die Mitarbeitenden Ihre Ziele kennen und sich so damit identifizieren, dass sie als Markenbotschafter agieren. Dies ist bei vielen Organisationen noch nicht der Fall. Eine Studie aus dem Jahr 2012 mit rund 97 000 Menschen in 30 Ländern zeigt, dass 48 Prozent der Befragten die Firma, für die sie tätig sind, nicht weiterempfehlen würden.

2. Die digitale Transformation ist eine Reise, keine Destination: Es reicht

nicht, digitale Werkzeuge zu haben. Man muss sie kreativ einsetzen, um das Leben der Menschen positiv zu beeinflussen. Das bedeutet schnelle und benutzerfreundliche Multi­Channel­Plattformen, die Ihren Kun­den einen greifbaren Nutzen bringen.

Ein gutes Beispiel ist die AR­App von Ikea, die den Konsumenten hilft, ein Pro­dukt daheim zu visualisieren. Statt Pläne und Massband wird sogenannte Augmen­ted Reality (AR) eingesetzt. Diese erweiterte Realität ermöglicht es Nutzern, virtuelle Ob­jekte beliebig zu platzieren, und unterstützt sie dabei, ihre Einrichtung kreativ zu gestal­ten. Der Vorteil für Ikea liegt in der Reduk­tion von Retouren um 15 Prozent, weil die Käufer besser kalkulieren können, ob etwas in die Wohnung passt oder nicht.

3. Urbanisierung als Treiber für positive Veränderungen: Die Städte von mor­

gen haben das Potenzial, lebende Organis­men zu sein, die als intelligente und auto­matische Distributionsnetzwerke zwischen Gebäuden, dem Transportsystem, Waren und Dienstleistungen wirken und Men­schen sofort mit Geschäften verlinken kön­nen. Dank Big Data hat ein Unternehmen bereits heute unzählige Möglichkeiten, in diese Sphäre einzudringen und sowohl sein Image als auch seine Performance zu fördern, indem es sich für das gemeinsame Wohl einsetzt.

4. Gemeinsamer Nutzen durch Smart Living: Das Internet of Everything

(IoE) macht Konnektivität im grossen Stil möglich – laut aktuellen Schätzungen werden 2020 rund 50 Milliarden Geräte mit einander verbunden sein. Smartphones, Wearables, Consumer Devices und andere smarte Objekte stehen im Hintergrund bereits in einem stillen Dialog miteinander und eröffnen uns ein ganz neues Verständ­nis des menschlichen Verhaltens. Sie ber­gen ein enormes Potenzial, um bedeutsame

Acht Schlüssel zur ZukunftTrends 2016 Das 4P-Geschäftsmodell schafft eine Traktandenliste der Verbesserung. Ausserdem fördert es disruptive ideen in den Firmen.

aNNe liSe kjaer

Eine Dänin in LondonFuturistin Die 1962 in Dänemark geborene Futuristin, Autorin und Unternehmerin Anne Lise Kjaer hilft Organisationen dabei, nach-haltige und innovative Zukunfts-strategien zu entwerfen. Mit ihrer Trendforschungsagentur Kjaer Global mit sitz in London berät sie Unternehmen wie sony, nokia, swarovski, ikea, Gap oder Toyota.

www.kjaer-global.com

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7handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

Anne Lise Kjaer: «Stellen Sie Purpose ins Zentrum ihrer Marketingstrategie.»

Erfahrungen und ein besseres Leben mög-lich zu machen.

5. Gewinnen Sie Global Citizens für sich und stärken Sie Ihren Einfluss: Unter

Global Citizens versteht man Mitglieder der Generation Y, die die Welt ohne Grenzen be-trachten. Diese mobil- und technikaffinen Menschen sind wichtige Meinungsbildner, weshalb sie Teil Ihrer Community sein soll-ten – sowohl als Kunden als auch als Mit-arbeitende. Man schätzt, dass sie bis 2020 die Hälfte der globalen Arbeitnehmerschaft stellen und praktisch alle internationalen Posten besetzen werden. Der Zugang zu den Global Citizens liegt in den 4P, denn mehr als ein Drittel der Generation Y glaubt, dass jede Firma darauf fokussieren sollte, die Gesellschaft zu verbessern. Diese Gruppe will wissen, warum sie etwas von Ihnen kaufen oder für Sie arbeiten soll. Und dies sollte Sie dazu motivieren, Ziel und Zweck (Purpose) zum Herzstück Ihrer Unterneh-mensphilosophie zu machen.

6. Betapreneurship heisst, Misserfolge als Lernkurve zu sehen; Betapreneur-

ship bedeutet, eine Kultur des Redesigns und des Umdenkens zu begrüssen, in der Indivi-

duen und Organisationen Dinge verändern können. Einer meiner liebsten disruptiven Business Cases ist iFixit – ein globales Online-Handbuch inklusive Community, dessen Ziel es ist, die Welt zu reparieren, und zwar ein Gerät nach dem anderen.

Diese Art des positiven Denkens ist ty-pisch für ziel- und zweckgetriebene Unter-nehmen. 3M führte schon 1948 sein «15 percent time to think»-Programm ein. Eine Regel, die seinen Forschern erlaubt, 15 Pro-zent des Arbeitstags für ein Hobby oder ein Projekt ihrer Wahl zu nutzen. Das 20-Pro-zent-Programm von Google soll neben der Kreativität auch das unternehmerische Denken der Mitarbeitenden sowie die Zu-sammenarbeit begünstigen. Organisationen müssen disruptive Innovation fördern, wenn sie Erfolg haben wollen, denn neue, von Menschen geführte Allianzen sind der Treib-stoff, der Firmen in die Zukunft kapituliert.

7. Häufen Sie soziales Kapital an und nutzen Sie Ressourcen vernünftig:

Das Geschäft sollte sich im Zentrum der Gemeinschaft befinden, der es dient. Dies bedeutet, dass neue Systeme und Innova-tionsmodelle geschaffen werden müssen, die berücksichtigen, wie sich unsere Leben

verändern. Im Hinblick auf endliche Res-sourcen wächst das Interesse an einer Kreislaufwirtschaft. Immer mehr Menschen gewichten Zugang stärker als Besitz. Er-folgsgeschichten wie diejenigen von Airbnb oder Zipcar markieren nur den Beginn dieses Wandels. Es geht also darum, her-auszufinden, wie man die Menschen unter-stützen kann, ein besseres Leben zu leben, weniger zu verbrauchen und Gemeinschaf-ten zu bilden, die auf dem Teilen von Res-sourcen basieren.

8. Schliesslich geht es um das gute Le-ben: Obwohl traditionelle Arten des

Erfolgsmessens neu beurteilt werden, bleibt das gute Leben unser Hauptziel. Alle hier beschriebenen Trends gehen auf dieses fun-damentale Prinzip zurück. Deshalb sollten Firmen auf Erfahrungen des Wohlergehens fokussieren und somit echte Werte und ein nachhaltiges Erbe schaffen. Etwas ist klar: Marken, die dank einer zielgerichteten Stra-tegie und einer emphatischen Führung ihre Versprechen an die internen und externen Stakeholder halten können, sind bestens für die Herausforderungen des zukünftigen Ge-schäftsumfelds gerüstet.

Nun die Punkte miteinander verbindenMit einem Mindset-Diagramm der Leute

von morgen lassen sich die acht vorge-stellten Trends anschaulich verbinden und die Haupttreiber zusammenfassen, welche die digitalen Erfolgsstrategien der Zukunft untermauern. Technology Optimizers und Creative Collaborators sind Menschen, die auf Zugang und Zusammenarbeit setzen, während Global Sustainers und Inclusive Visionaries auf Gemeinschaft und Engage-ment fokussieren.

Das beschriebene 4P-Geschäftsmodell schafft eine Traktandenliste der Verbesse-rung, auf der Partizipation und Kollaboration grossgeschrieben werden. Ausserdem för-dert es disruptive Ideen, die neue Werte schaffen und so nachhaltiges Wachstum sicherstellen. Das ist befreiend.

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8 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

Catherine Purgly

Die Forschungsstelle für Custo-mer Insights der Universität St. Gallen (FCI-HSG) hat zum dritten Mal im Auftrag von Leading Swiss Agencies (LSW)

in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Werbe-Auftraggeberverband (SWA) mehr als 1700 Kommunikationsverantwortliche angeschrieben und über ihre Erwartungen für das laufende Jahr befragt.

110 Manager, das entspricht einer Rück-laufquote von 6,4 Prozent, haben geantwor-tet. Wegen der hohen Branchenvielfalt und Expertise der Teilnehmer kann von einer hohen Generalisierbarkeit und Qualität der Daten für die Werbemarktstudie 2016 aus-gegangen werden.

Zuversichtliche WerbeauftraggeberTrotz dem starken Franken und der

schwierigen Konkurrenzsituation sind die Unternehmen mehrheitlich gut aufgestellt und schauen 2016 zuversichtlich entgegen. 54 Prozent der Befragten erwarten einen leichten Anstieg der Umsatzentwicklung und 39 Prozent einen ebensolchen Anstieg bei der Gewinnentwicklung.

Die Komplexität und die gezielte Bespie-lung der Kommunikationskanäle machen rund 60 Prozent der Werbeauftraggeber nach wie vor zu schaffen: Wie kann ich das alles koordinieren? Wie erreiche ich am effektivsten mein Zielpublikum?

Mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten und dem starken Franken sowie der Gleichgültigkeit der Kunden zu trotzen, empfinden über 50 Prozent der Befragten als grösste Herausforderung für die kom-menden Monate.

Mehr als die Hälfte in klassische KanäleGemäss Werbeauftraggeber flossen im

letzten Jahr 24 Prozent der gesamten Media-gelder in Printmedien (11 Prozent Tages-zeitung, 8 Prozent Magazine und 5 Prozent Wochenzeitung), 16 Prozent in TV, 9 Prozent

in Outdoor/Plakate und 1 Prozent in Kino. Trotz dem Trend zu den digitalen Medien sind immer noch 52 Prozent der Media-gelder 2015 in klassische Kanäle investiert worden (siehe Grafik unten).

Die digitalen Medien legen weiter zu: 35 Prozent der Mediagelder – inklusive eigene Websites – wurden in digitale Medien inves-tiert: Am meisten in Online-Werbung mit 11 Prozent, in SEM mit 6 Prozent, in Social Media mit 5 Prozent und in E-Mail-Marke-ting mit 4 Prozent.

Keine Budgetkürzungen für 2016Bei 75 Prozent der Befragten ist das

Kommunikations- und Mediabudget 2016 keinen Kürzungen unterworfen. Rund die Hälfte der Werbeauftraggeber melden keine Veränderung und knapp ein Viertel der Be-fragten prognostizieren sogar einen Anstieg ihrer Mediabudgets.

Ein Management Summary der Resultate aus der Werbemarktstudie 2016 der For-schungsstelle für Customer Insights der HSG wird bald auf leadingswissagencies.ch und swa-asa.ch publiziert.

Catherine Purgly, geschäftsführerin, leading Swiss agencies (lSW), Zürich.

Noch schlägt offline onlineWerbemarktstudie trotz gedämpften erwartungen der Schweizer Konjunktur bewerten die auftraggeber ihre aussichten als positiv.

lSW

Ein Verband der AuftragnehmerNeuer Name Die 1935 gegründete leading Swiss agencies (lSW) – bis 2015 «bsw leading swiss agen-cies» – ist der Verband der führen-den Kommunika tionsagenturen der Schweiz. er zählt heute 75 unter-nehmen respektive 7 Prozent aller hierzulande domizilierten auftrag-nehmer zu seinen Mitgliedern. Sie verwalten etwa zwei Drittel aller Werbebudgets, die von Kommuni-kationsagenturen betreut werden.

Die grösste Herausforderung in der marketingkommunikation ist nach wie vor die komplexität

der kommunikationskanäle.

SEM: SuchMaSchinEnMarkEting quEllE: Fci-hSg, lSW, SWa

Mediainvestitionen 2015 in der Schweiz(anteil in Prozent)

TV 16 Tageszeitung 11

Digital 11

Website 9

Outdoor/Plakate 9

Magazine 8

Kino 1Radio 2

E-Mail Marketing 4

Social Media 5

Wochenzeitung 5

Sponsoring 6

SEM 6

Direct Marketing 7

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16_0107_RCH_Ins_HZ_SpecialGFM.indd 1 27.01.16 08:53

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Special marketiNg

IntervIew: norman C. BandI

Was ist Ihre Verbindung zur Schweiz?David Sable: Wir haben ein sehr erfolgrei-ches Büro in der Schweiz, das von Andreas Widmer geführt wird. Sein Vater Bruno Widmer, der einst für Y&R in Europa verant-wortlich war, ist einer meiner guten Freunde und Mentoren. Diese familiäre Verbindung hat mich oft in die Schweiz geführt.

Wann waren Sie das erste Mal in Zürich?Lange bevor ich die Widmers kannte. Wahr-scheinlich zu Beginn der 1980er-Jahre. Und aus geschäftlichen Gründen komme ich nun mehrmals pro Jahr nach Zürich.

Haben Sie die Schweiz auch schon aus privaten Gründen bereist?Das wünschte ich. Ich war neben Zürich zwar in Zermatt, Genf und Lausanne, aber Ferien habe ich hier noch nie gemacht. Das steht weit oben auf meiner Liste.

Jetzt waren Sie hier, um nach einem Besuch des 46. World Economic Forum in Davos als Keynote Speaker am 4. Worldwebforum in Zürich aufzutreten. Wie kam es dazu?Sie haben mich wieder eingeladen und dies-mal habe ich zugesagt, da es an der Zeit war und mich das Format interessierte. Von frü-heren Auftritten in Zürich weiss ich: Eng-lisch als Sprache ist easy und das Publikum ist immer smart und interessiert.

Ihr Eindruck vom Format?Ich gehe an viele Konferenzen rund um den Globus. Das Worldwebforum ist fabelhaft und ohne Zweifel eine der besten Konferen-zen, die ich je besucht habe. Die erste Ses-sion über Silicon Valley versus Switzerland mit ihren Experten war verblüffend. Der Vortrag des ehemaligen amerikanischen Atom-U-Boot-Kommandanten David Mar-quet über Leadership war spektakulär. Zu-dem haben wir von Google und Uber gehört oder über Virtual Reality gesprochen. Es war

ein toller Tag. Ich kann das Worldwebforum jedem empfehlen. Die investierte Zeit lohnt sich restlos.

Auch wenn Sie auf der Bühne thematisch nicht darauf eingegangen sind, angekündigt wurde Ihre Rede unter dem Titel «Do it big or stay in bed». Was verstehen Sie darunter?Meine Sicht der Dinge ist: Wer etwas tut, der muss es so gross und gut machen, wie er nur kann. Wenn man nicht jeden Tag mit dem Gefühl aufwacht, wie man die Welt heute verändern kann, wieso sollte man sich die Mühe machen, aufzustehen?

Inwiefern?Ich habe immer einen Stift und Papier neben dem Bett für diese Ideen, die ich mitten in der Nacht habe. Damit ich sie am nächsten Morgen noch grösser und besser machen kann. Bei Y&R nennen wir das «resist the usual», geschrieben von einem unserer Gründer in den 1920er-Jahren.

Das heisst?Folge nicht den Herden, sondern denke und handle anders. Ich sehe mich als jemanden, der den technologischen Wandel begreifen will und der Versuchung widersteht, zu glauben, dass alles Disruption und Game Change ist. Nicht alles verändert die Welt. Das meiste hat es nicht getan. Das beste hat Evolution kreiert. Nur wenig hat Revolution kreiert.

«Folge nichtden Herden»David Sable der Konzernchef von Y&r über die digitale transformation, die für ihn evolution statt revolution ist.

Der Digibabble-Werber

Name: david SableFunktion: Global Ceo Y&rAlter: 62Wohnort: new YorkFamilie: verheiratet, zwei töchter

Das Unternehmen die heutige Y&r mit Sitz in new York wurde 1923 von John orr Young und raymond rubicam gegründet. aktuell zählt das globale werbeagentur-netz-werk rund 6500 mitarbeiter in über 190 Büros in 93 Ländern. Hierzu-lande ist Y&r in Zürich und Genf präsent. Schwesterfirmen in der Young & rubicam Group sind unter anderem Burson-marsteller oder wunderman. die Gruppe ihrerseits ist seit 2000 teil der britischen wPP Group, des weltweit grössten Kommunikationsnetzwerks.

«Wer etwas tut, der muss es so gross und gut machen, wie er nur kann. mit dem gefühl, wie

man die Welt verändern kann.»

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11handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

David Sable: «Word of Mouth ist nicht neu. Das ist Unsinn!»

zvg

Trotzdem sprechen alle bei der digitalen Transformation von Revolution.Das finde ich ja nicht schlecht. Doch wenn man die Geschichte betrachtet, dann ist Fortschritt oft Entwicklung, sprich Evolu­tion. Das muss man wissen, um zu lernen – darum geht es im Leben. Das World Wide Web etwa sehen viele als Revolution. Aber worum ging es ursprünglich? Um das Teilen von Informationen. Es war eine Erfindung von Wissenschaftern für Wissenschafter, da­mit sie untereinander besser kommunizie­ren und kollaborieren konnten.

Den Game Change hat beim Start des WWW jedoch niemand gesehen.Ohne Zweifel. Doch es war bloss ein neuer Weg, um Informationen zu teilen. Für die Re­volution des Teilens von Informationen im

grossen Stil muss man weiter zurückgehen. Das war Gutenberg mit der Erfindung des modernen Buchdrucks. Davor war das Wis­sen einer Minderheit vorbehalten. Meiner Meinung nach war danach alles Evolution. Nach Print folgten elektronisch und digital.

So einfach?Das Gleiche gilt für Social Media. Persön­liche Informationen haben wir schon immer geteilt – neu können wir es einfach ständig, überall und global in Echtzeit tun. Word of Mouth ist nicht neu. Mund­zu­Mund­Pro­paganda ist keine Erfindung des digitalen Zeitalters. Das ist Unsinn!

Ist das nicht Haarspalterei?Vielleicht. Letztlich geht es darum, dass wir mit den neuen Technologien Informationen grösser, besser und schneller teilen können, um mehr Möglichkeiten zu kreieren. Das ist aufregend. Wen interessiert es, ob das nun Revolution oder Evolution ist? Ausser: Wer versteht, dass es Evolution ist, der versteht besser, was er damit anfangen kann. Macht dies Sinn?

Kommt auf das Beispiel an.Sprechen wir über Amazon – die vermeint­lich gewaltigste Disruption im globalen Retail Business. Was als Revolution gilt, ist aber auch eine Evolution. Wenn Sie die De­claration of Purpose von Sears, Roebuck & Co., eines der ersten amerikanischen Ver­sandhäuser mit Warenkatalogen, von Ende des 19. Jahrhunderts lesen, dann wird Sie die Sprache überraschen, weil ihr das heuti­ge Mission Statement von Amazon fast Wort für Wort entspricht. Man konnte bei Sears, Roebuck & Co. bestellen, was es in den Kauf­häusern nicht ab Lager gab. Und die disrup­tive Evolution von Amazon geht weiter: Sie eröffnen jetzt Läden, weil sie ihre dezentra­len Lager näher zu den regionalen Kunden bringen wollen, um sie so schneller und günstiger zu beliefern.

Der Zweck der Übung?Es geht um die Bedürfnisse der Menschen, für die es online und offline sinnvoll mit­einander zu verknüpfen gilt. Ein anderes Beispiel dafür: Ikeas Möbelgeschäft ist teils physisch und teils digital. Über die Weih­nachtszeit wurde ein Collection Shop an der Oxford Street in London eröffnet. Man bestellt die Dekoration im Internet und kann sie in einem zentralen Laden abholen, ohne dass man in einen der dezentralen Märkte muss. Ich stelle mir vor, dass es ein Test war, den man dieses Jahr auch in

Zürich sehen wird. Das ist brillant. Das ist «resist the usual».

In diesem Zusammenhang sprechen Sie von «Digibabble». Meinen Sie nicht eher «Digibubble»?Über die digitale Blase sprechen andere. Ich spreche bewusst vom digitalen Plappern. Doch das Plappern verursacht die Blase.

Worum geht es bei «Digibabble»?Digital ist alles, aber nicht alles ist digital. Bei der globalen Datenverführung ist alles «first» – insbesondere bei Marketing und Innovation. Dabei gehen die Menschen meistens vergessen, die immer «first» sein müssen, weil sie in den Fokus gehören, da im «Digibabble» Marketing und Innovation sonst nicht ankommen.

Beispielsweise?Niemand kauft mehr Musik und niemand geht mehr ins Kino, weil die meisten Alben und Filme praktisch gratis zu streamen sind. Doch «free» ist kein Geschäftsmodell. Mit «Digibabble» haben zwei aktuelle Fälle be­wiesen, dass es auch heute noch anders geht. Adele mit ihrem Album «25» und «Star Wars» mit dem siebten Film «The Force Awakens». Beide brechen weltweit alle Ver­kaufsrekorde, indem sie ihren grossartigen Content nicht vorab preisgegeben, sondern bewusst kostenpflichtig gehalten und die Distributionskanäle kontrolliert haben.

Wie sehen Sie die Zukunft des Marketings?Sie wird faszinierend. Das goldene Zeitalter des Marketings steht uns erst bevor. Neben Disruption und Game Change braucht es weiterhin Kreativität und Storytelling. Man muss weiterhin fähig sein, eine Marke mit Konsumenten und Emotionen zu verlinken.

Was bedeutet das im digitalen Kontext?Vor fünf Jahren waren nutzergenerierte Inhalte unsere neue Währung. Diese wird nun mehr und mehr durch nutzerzentrierte Inhalte abgelöst – online und offline müssen mehr verheiratet werden. Digital wird phy­sischer und physisch wird smarter. Amazon und Ikea sind zwei Belege dafür.

«Online und offline müssen mehr verheiratet werden.

Digital wird physischer und physisch wird smarter.»

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12 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

Matthias Kiess und siMon Rehsche

K eine Fachtagung, Publikation, und kaum ein Agenturbriefing kommt heute ohne das Wort Disruption aus. Es lässt Mar-ketingherzen höher schlagen.

Die «FAZ» kürte es gar unlängst zum Wirt-schaftswort des Jahres 2015.

Die Verwendung von Disruption geht uns heute leicht von der Zunge und erzeugt im Marketingjargon ausschliesslich positive Assoziationen. Neuartige Konzepte, die im Sturm ganze Branchen revolutionieren und das Verhalten von Konsumenten auf den Kopf stellen, scheinen zu jedem Zeitpunkt und in jedem Bereich möglich. Airbnb, Uber oder Tinder lassen grüssen. Disruptive Pro-duktinnovationen und die dahinterstehen-den Geschäftsmodelle brauchen in unserer digitalisierten Welt meist kein Marketing. Sie sind Marketing.

Wer Konsumenten zu grundlegender Verhaltensänderung bringen will, hat mit Verantwortungsübergabe und Autonomie-angeboten, wie es scheint, die besten Kar-

ten. Selbstbedienbare Kassen und mobile Scanner definieren gerade unser Einkaufs-verhalten neu. Die wie Pilze aus dem Boden schiessenden Online-Reisebroker haben uns schon vor Jahren gelehrt, dass wir keine Berater mehr brauchen. Und Smartphone-Apps werden schon bald dazu führen, dass die Erfassung und Analyse unserer Gesund-heitsdaten kaum mehr mit einem menschli-chen Arzt in Verbindung gebracht werden.

Disruption und Innovation bereichern unser Leben und machen es spannend. Das war schon im-mer so. Vom Buchdruck über die Industrialisierung zur Mas-senherstellung von Autos liegt es in der Natur der Geschichte, dass Fortschritt unser Leben verändert. Mit der Digitali-sierung wird unser Alltag aber in einer Geschwindigkeit ver-ändert, mit der der disrupti- ve Wandel verschiedener Lebensbereiche unüberblickbar scheint. Kürzere In no va-tions zyklen bringen neben allen Vorteilen denn auch Herausforderungen. Generatio-

nen rücken in ihrer Alltagsrealität schneller auseinander oder Gesellschaftsschichten erleben eine neue Trennung aufgrund der finanziellen Möglichkeiten.

Fürs Marketing hat Disruption heute über den reinen Fortschritt in der Angebots-entwicklung eines Unternehmens hinaus eine weitaus grössere Bedeutung. Radikale Verhaltensänderungen bedeuten für die sie initiierenden Marken innerhalb einer Kate-gorie häufig die einzige Möglichkeit zu

substanzieller Alleinstellung. Und sind damit existenziell. Weil diese Alleinstellung in unseren übersättigten Märk-ten nämlich die wichtigste Bedingung für erfolgreiche Vermarktung darstellt, ist die mit dem Konventionellen bre-chende Innovation – die Dis-ruption – ein sicherer Weg zu mehr Relevanz für Kunden.

Und damit der direkte Weg zu Wettbewerbs-vorteilen. Diese sind das universellste Mar-ketingziel. Und so erstaunt die Popularität des Konzepts Disruption wenig.

Nährklima für fundamentalen WandelDer Zeitpunkt dieser Popularität lässt

sich nicht nur aufgrund der Notwendigkeit konsequenten Fortschritts fürs Marketing von meist – objektiv gesehen – austauschba-ren Angeboten erklären. Die rasante, für den Grossteil der Menschheit nicht verständli-che Entwicklung digitaler Technologien, die generelle Beschleunigung unseres Lebens, aber auch das steigende Bewusstsein für grundlegende Probleme des Daseins schaf-fen ein ideales Nährklima für die Akzeptanz von und den Glauben an fundamentalen Wandel. Veränderung und Fortschritt sind deshalb nicht nur rationale Bedürfnisse.

Wer Verhaltensmuster verändert und ra-dikal Neues in seinen Alltag integriert, bleibt automatisch aktuell und meidet damit die Gefahr, in einer unüberblickbaren Welt im Gestern zu verbleiben. Konsumenten wol-len und wünschen Neues heute vielmehr aus einem emotionalen Grundbedürfnis als aus funktionalem Bedürfnis. Konsumenten wünschen sich die tägliche Disruption. Und gutes Marketing beginnt bei Wünschen. Mehr als nur der reale Innovationsprozess verkörpert Disruption eine Denkhaltung

Mehr als ein TrendDisruption Radikale erneuerung durch innovation wird in allen Branchen zur ambition. disruption verkörpert wie kaum ein anderes Wort diesen Zeitgeist.

Disruption ist im marketing nur erfolgreich, wenn kein Selbstzweck

verfolgt wird.

tBWa\

Begrifflichkeit urheberrechtlich geschütztErfinder im Mai 1992 wurde erstmals von Jean-Marie dru, heute chairman von tBWa\ Worldwide, disruption als neuer denkansatz postuliert, und zwar in Form eines inse-rates im «Wall street Journal». schon bald erfolgte eine Vertiefung, unter anderem in verschiedenen Büchern von dru. disruption ist seitdem der Kern, die Philosophie und die seele der Kreativagentur tBWa\.

Definition disruption beschreibt den Bruch marktdefinierender Konventionen zum erreichen klar formulierter Visionen. so entstehen analytisch fundierte, krea-tive strategien, die langfristig den Weg zum Wachstum zeigen. disruption wurde zuletzt 2015 überarbeitet und beinhaltet neu auch fortlaufende Kreativprozesse

zur aktivierung disruptiver Markenplattformen im alltag von Konsumenten. disruption als Begrifflichkeit und teil der dna von tBWa\ ist inzwi-schen in über 40 Ländern urheberrechtlich geschützt.

Auftritt am 16. März 2016 erhalten interessierte die Möglichkeit, an der GfM Marketing-trend-tagung im

hotel the dolder Grand in Zürich den Begründer und erfinder von disruption, Jean-Marie dru, persönlich zu hören.

Agentur tBWa\Worldwide mit hauptsitz in new York wurde 1970 gegründet und ist heute ein weltweit aktives agentur-netzwerk mit über 11 000 Mitarbeitenden, Präsenz in mehr als 90 Märkten und mit tBWa\Zürich auch in der schweiz tätig.

Jean-Marie dru: chairman tBWa\.

Page 41: Handelszeitungbeilage Februar 2016

special marketing

Nächste HSG-Weiterbildungen für Professionals in Marketing, Kommunikation oder Verkauf:CAS Kommunikation und Management (20 Tage, Start: August 2016, erweiterbar zum DAS Marketing Executive)CAS Verkaufsmanagement (18 Tage, Start: September 2016, erweiterbar zum DAS Vertriebsleiter)Interaktives Marketing und digitale Medien (30.5. – 2.6. 2016)Competitive Edge in Luxury (3. – 7.10. 2016, in English)Weitere Infos finden Sie unter www.ifm.unisg.ch/weiterbildungen

Nächster

Infoanlass

Mi., 2. März,

19 Uhr

in Zürich

und Überzeugung, die mit der entsprechen­den Konsequenz im Handeln Marken ihren Platz im Leben von Menschen schafft.

Disruption wird nicht nur inflationär, sondern häufig bagatellisierend verwendet. Die ursprünglich dramatische Bedeutung des Wortes, die im Bruch von Bestehendem und demnach im Zerstörerischen liegt, wird nicht immer ernst genommen. Disruption tönt nach Silicon Valley, nach informellen Meetings, nach Radikalität. Und ist deshalb

cool. Disruption brachte bis zur Verwendung im Marketingkon­text aber immer auch Unsicher­heit. Denn jede radikale Verän­derung birgt einen ungewissen Ausgang und ist deshalb eine potenzielle Bedrohung für al­les Etablierte.

Vergessen geht neben der grundsätzlichen Marketing­begeisterung für alles Dis­ruptive zuweilen auch, dass disruptive Lösungen meis­tens nicht aus rein wirt­schaftlichem Antrieb ent­stehen, sondern aus dem passionierten Verfolgen einer Überzeugung oder einer Idee – wie dies im Übrigen meistens bei er­folgreich vermarkteten Erfindungen der Fall ist. Prototypen disruptiver

Innovationen kommen oft aus risikoaffinen und damit nicht misserfolgsscheuen Klein­betrieben. Wer Disruption ernsthaft sucht, wird also um eine konsequente Haltung, In­vestitionsbereitschaft und nicht zuletzt eine grosse Portion Mut nicht herumkommen.

Nun ist wahre Disruption auch unter den besten Bedingungen nicht immer planbar und deshalb nicht an der Tagesordnung. Weil Menschen Marken und deren Angebo­te gerade in intransparenten Märkten nicht rational wahrnehmen, kann die relative Seltenheit wahrer Disruption durchs richti­

ge Marketing kompensiert werden. Disrup­tion muss nämlich nicht immer über reale Innovation geschehen, sondern kann auch durch werbliche Inszenierung als solche positioniert werden. Es geht darum, mit dis­ruptiver Kommunikation Marken und ihre Angebote in einem neuartigen Kontext stra­tegiekonform zu positionieren.

Der Wille nach AndersartigkeitDie Perspektive darauf ist ausschlagge­

bender als das reale Angebot. Beispiele da­für gibt es zahlreiche: PlayStation vermark­tete der Branchenkonvention folgend bis vor einigen Jahren Konsolen an Kinder und Jugendliche, bevor sich der Marke dank einer disruptiven Neupositionierung die Er­wachsenenwelt als weit dankbarerer Markt erschloss. Oder Airbnb lässt nicht nur seine offensichtlichen Vorteile sprechen, sondern verteidigt die Einzigartigkeit gegen die grös­ser werdende, leistungsmässig nahezu iden­tische Konkurrenz mit einer disruptiven Positionierung. Airbnb will eine Welt ohne Fremde, in der alle allen ihre Türen öffnen.

Disruption ist im Marketing aber nur dann wirklich erfolgreich, wenn der Wille nach Andersartigkeit nicht aus Selbstzweck verfolgt wird. Disruption bringt nicht unkal­kulierbare Zufallsprodukte hervor. Sie ist vielmehr ein klarer Plan für eine definierte, langfristig strategisch konsequente Marken­führung und Markenaktivierung.

Matthias Kiess, CEO, und Simon Rehsche, Head of Strategy, beide TBWA\Zürich.

Inserat «Wall Street Journal»: Jean-Marie Dru thematisierte Disruption 1992 das erste Mal.

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Page 42: Handelszeitungbeilage Februar 2016

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Basis innovativer Geschäftsmodelle

A nno 2008 liess sich der Nokia-CEO Olli-Pekka Kallasvuo bei «Forbes» mit folgender Fehl-einschätzung zitieren: «The iPhone is a niche product.»

2007 erreichte Nokias Umsatz ein Allzeit-hoch von 74 Milliarden Dollar. Zu diesem Zeitpunkt war man der unangefochtene Herrscher in einem der globalen Zukunfts-märkte. Nur neun Jahre später spielt Nokia in diesem Markt – ob als Unternehmen oder Marke – nahezu keine Rolle mehr.

Derzeit heissen die Platzhirsche Apple, Google, Samsung, Amazon, Facebook, Zalando, Uber oder Airbnb. Diese Firmen offerieren den Kunden voneinander ab weichende Leistungsspektren, die sich einerseits ergänzen und anderseits im Wettbewerb stehen. Vor allem aber richten

sie sich an dieselben Kunden, die daher zunehmend die Freiheit besitzen, Sowohl-als-auch-Kaufentscheidungen zu treffen, und nicht zu Entweder-oder-Kaufentschei-dungen gezwungen werden. Die Kunden fragen sich zunehmend nicht mehr: Kaufe ich bei Anbieter A oder B. Sondern: Wie viele und welche Leistungsanteile beziehe ich von den Anbietern A, B, C, D und Z, um mein Bedürfnisprofil möglichst optimal zufriedenzustellen. So versorgt sich bei-spielsweise ein Zürcher Banker mit Infor-mationen und Unterhaltung, indem er parallel Angebote von Google, Facebook, Linkedin, «NZZ», SRG, «20 Minuten», Net-flix, «Handelszeitung» oder Radio 1 nutzt. Seine Mobilitätsbedürfnisse befriedigt er, indem er auf Angebote von BMW, Tesla, SBB, ZVV, Uber, klassischen Taxiunterneh-men, Mobility oder Google zurückgreift.

Nokia sah sich vor allem im Wettbewerb mit anderen Anbietern von Mobiltelefonen und unterschätzte erstens den Substitu-tionswettbewerb und zweitens den Wett-bewerb zwischen «Business-Ecosystems». Welche Bedrohung von Substitutions-anbietern für etablierte Wettbewerber aus-geht, analysierte schon Joseph Schumpeter in den 1940er-Jahren mit seinem makro-ökonomisch fundierten Konzept der krea tiven Zerstörung; später unterstrich Theodore Levitt mit seiner Diagnose einer «Marketing Myopia» und insbesondere Michael Porter mit seinen Arbeiten zur Wettbewerbsstrategie die disruptive Kraft des Substitutionswettbewerbs.

Seit die digitale Revolution läuft, hat sich die Lage erheblich verschärft. Innovations-zyklen werden kürzer. Branchengrenzen

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Page 43: Handelszeitungbeilage Februar 2016

special marketing

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erodieren schneller. Wertschöpfungspro-zesse werden umfassender neu struktu-riert. In immer mehr Branchen sehen sich etablierte Wettbewerber – ähnlich wie Nokia anno 2008 – mit Geschäftsmodellen konfrontiert, die auf einzigartigen Custo-mer Insights basieren, Teile bestehender Wertschöpfungsketten neu definieren und sich optimal in «Business-Ecosystems» einpassen. Zurzeit definiert Airbnb die Regeln im Tourismus und Uber die Wett-bewerbsregeln im Transportmarkt neu.

Sowohl das, was «technologisch» möglich sein wird, als auch das, was Kunden wollen, lässt sich zunehmend höchst ungenügend aus den Daten der Vergangenheit extra-

polieren. Früher waren Unternehmen in der Lage, verschiedene mehr oder weniger trennscharfe Segmente zu identifizieren und diese über Jahre mit standardisierten und in Zeitsprüngen modifizierten Produk-ten zu beliefern. Kennzeichen des digitalen Zeitalters ist es aber, dass laufend indi-vidualisierte «Produkte» kostengünstig von wechselnden Koalitionen von Anbietern kreiert werden. Vielmehr als für Startups, die organisatorisch und kulturell flexibler aufgestellt sind, stellt diese Entwicklung für bestehende Firmen eine enorme Heraus-forderung dar. Bei Startups, die in der Regel digitale Produkte anbieten oder durch die Digitalisierung geprägte Geschäftsmodelle betreiben, ist es zentraler Teil der Strategie,

sogenannte Beta-Versionen (Geschäfts-modelle, Produkte, Kommunikations- und Distributionskonzepte) auf den Markt zu bringen und zu beobachten, wie die Kunden darauf reagieren, um sich in einem iterativen Prozess nach und nach an eine (vorläufige) Alpha-Version heranzutasten.

Um auch in Zukunft im Wettbewerb zu bestehen, benötigen viele etablierte Unter-nehmen einen neuen Zugang zum Thema Kundenorientierung. Sie müssen Systeme schaffen, die in Echtzeit aufdecken, wie sie ihren Kunden einen Mehrwert bieten können. Die Digitalisierung sowie die Startup-Bewegung haben extrem ressour-ceneffiziente empirische Studiendesigns hervorgebracht. Im Zentrum steht dabei die permanente Generierung von Custo-mer Insights mithilfe von experimentell angelegten Studien. Schliesslich geht es darum, das Verhalten der Kunden in realen Entscheidungssituationen kontinuierlich zu «tracken», um in einem permanenten Prozess innovative Geschäftsmodelle überarbeiten oder neu entwickeln und implementieren zu können.

Dennis VogtManaging Director,

Center for Inno­vation, Universität

St. Gallen (HSG)

Torsten TomczakDirector, Center for Customer Insight, Universität St. Gallen (HSG)

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Page 44: Handelszeitungbeilage Februar 2016

16 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

AlinA leimbAch

Das Viadukt, auf dem die Käfer-berglinie gen Oerlikon fährt, ist eigentlich ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert. Doch ausgerechnet hier tummeln

sich seit 2011 viele der innovativsten Köpfe der Schweiz. Damals öffnete der Impact Hub Zürich unter den steinernen Bögen sei-nen ersten Standort. Mehr als 500 Startup-Unternehmer, Nichtregierungsorganisatio-nen, Freischaffende und mittlerweile auch Grossfirmen wie SIX oder Swisscom gehö-ren allein hierzulande zur Community des globalen Impact-Hub-Netzwerks.

Potenzial, welches das Projekt Drugstore nutzen will. Das Konzept dafür stammt von der weltweit tätigen Kommunikationsagen-tur Publicis – in London und Sydney gibt es ähnliche Modelle bereits. In der Schweiz ist der Impact Hub der lokale Kollaborations-partner. Das Angebot verbindet die Stärken beider Seiten: Die Marken- und Werbe-erfahrung von Publicis und das IT-Know-how und den Innovationsgeist der Startup-Köpfe des Impact Hub Zürich. Das Ergebnis sollen innovative Produkte und Dienstleis-tungen, passend zur Markenstrategie, sein.

«Brand to Product»Damit wagt sich Publicis auf neues

Terrain. Statt nur bestehende Produkte zu bewerben und eine Marke gut zu positio-nieren, will sie mit dem Drugstore schon die Produktentwicklung zum integralen Bestandteil der Markenstrategie machen.

«Innovationen werden gebraucht, um die Bedürfnisse einer digitaler werdenden Gesellschaft zu befriedigen und Kunden zu halten», erklärt Curdin Janett, CEO von Pub-licis Schweiz und Mastermind hinter dem helvetischen Drugstore. Aus diesem Grund versuchten viele Firmen in den letzten Jahren von der frischen und innovativen Startup-Kultur zu lernen. Das fange bei den

fast obligatorischen Studienreisen ins Sili-con Valley oder in die Kreativ-Hotspots Berlin und Tel Aviv an und höre mit der Gründung von unternehmenseigenen «In-novationsabteilungen» auf, so der Werber des Jahres 2015.

Doch selbst wenn sich Firmen an neuen Services oder Dienstleistungen versuchten, sei das nicht zwangsläufig erfolgreich. Denn nicht immer passe die Innovation auch zur Marke. «Einige Unternehmen vergessen auf der Suche nach innovativen Produkten und Services ihre eigene Herkunft ebenso wie die Positionierung der Marke», hat Janett

beobachtet. Nur wenn beispielsweise eine App eine sinnvolle Weiterentwicklung der Kernmarke darstelle, werde sie positiv von den Kunden wahrgenommen. «Innovation der Innovation wegen funktioniert nicht.»

Genau hier kommt das Angebot Drug-store ins Spiel. Bei der Dienstleistung na-mens «Brand to Product» wird binnen fünf Tagen ein Prototyp eines neuen Geschäfts-

modells, Service oder Produkts entwickelt, eben nicht nur mit Fokus auf Innovation, sondern auf Marke und Kunden abgestimmt.

Wie in einer guten Apotheke wird im Drugstore zunächst eine Anamnese ge-macht. Nicht vom kränkelnden Patienten, sondern von einem grossen, mittleren oder auch kleinen Unternehmen. Und am bes-ten, bevor dieses überhaupt beginnt, erste Symptome wie Verluste von Marktanteilen zu zeigen. Analysiert wird, was Kern der Marke ist, wofür Kunden die Firma schätzen und wohin das Unternehmen will.

«Lead the Change»Von Anfang an sitzen die Software-Ent-

wickler und Produktdesigner vom Impact Hub Zürich mit am Tisch. Statt nebeneinan-der zu arbeiten, wird von den Erfahrungen beider Seiten profitiert, um die Fehler man-cher «Innovationsabteilung» zu vermeiden.

Aber profitiert auch der Junior-Partner, der Impact Hub, davon? Oder werden hier nur die Kreativressourcen der klugen Köpfe genutzt, um Publicis und die Unternehmen voranzubringen? Christoph Birkholz, Mit-gründer und Chef des Impact Hub in Zürich, sieht viele Vorteile in der Kollaboration: «Unsere Mitglieder treffen im Drugstore auf mittlere oder grössere Firmen, sprich potenzielle Kunden oder Partner für die Zukunft. Das ist sehr wertvoll für sie», erklärt der Jungunternehmer. Ein Honorar gebe es auch. Das sei aber eher eine nette Neben-erscheinung, weil die meisten Mitwirkenden eigene Projekte vorantrieben.

Erste Kunden haben den Drugstore seit Gründung vergangenen September schon in Anspruch genommen. Curdin Janett ist allerdings noch etwas zögerlich, wenn es um konkrete Ergebnisse geht. «Wir haben Konzepte entwickelt, die langfristig wirken

Markenführung revolutionierenDrugstore Publicis bringt das Startup-Konzept in die Schweiz und kooperiert mit dem impact hub Zürich.

«Unternehmen vergessen auf

der Suche nach innovationen

ihre Herkunft.»Curdin Janett

ceO Publicis Schweiz

Apotheke: Zunächst wird eine klassische Anamnese gemacht.

Page 45: Handelszeitungbeilage Februar 2016

special marketing

publicis

Nummer 1 im Land, Nummer 3 der WeltGlobal Das Produkt zum Kunden spre-chen lassen und auf dessen einmalige Stärke setzen. Das war bereits zur Fir-mengründung 1926 in Paris das Credo der Publicis Groupe. Dieser Gedanke des damals erst 20-jährigen Begrün-ders Marcel Bleustein kam einer kleinen Revolution in der Werbebranche gleich. Heute ist das globale Kommunikations-netzwerk mit mehr als 44 000 Mitarbei-tenden in über 100 Ländern vertreten.

National Die Kreativagentur Publicis Schweiz mit Zentrale in Zürich ist die grösste und eine der traditionsreichsten Werbeagenturen im Land und Teil der Publicis Groupe, des drittgrössten Kommunikationsnetzwerks der Welt. Sie bietet alle Disziplinen unter einem Dach – von Markenentwicklung, klassi-scher Werbung, Dialogmarketing und Design über digitale Kommunikation bis hin zu Mediaplanung und Einkauf.

Kunden Detailhändler Coop, Flug-gesellschaft Swiss oder Mobilfunknetz-betreiber Salt – sie alle greifen auf die Expertise der Marketingfachleute von Publicis Schweiz zurück. Egal ob kleines, mittleres oder grosses Unter-nehmen, die Kreativagentur hat sich auf die Fahne geschrieben, für alle Branchen und Bedürfnisse eine mass-geschneiderte Strategie zu entwickeln.

Produkte nicht in allen SPAR Märkten erhältlich.Carigiet / Chönz, «Schellen-Ursli» Copyright © 1971 Orell Füssli Verlag AG

Gewinnt Trophäen, die wirklich zählen:die Herzen der Kunden. Das Schellen-Ursli Sortiment von SPAR begeistert mit seinen sorgfältig ausgewählten, regionalen Produkten.

sollen», begründet er. Wer erste Resultate haben wolle, solle in zwei, drei Jahren noch einmal nachfragen. Das Rebranding von Orange zu Salt und die Neupositionierung von V-Zug basierten allerdings auf dem ers-ten Schritt im Drugstore-Konzept, fanden aber andernorts statt. Es sieht eine spezielle Markenkernanalyse gemäss der Publicis-Strategie «Lead the Change» vor.

Durchaus PotenzialBei einer anderen Frage ist sich Janett

sicherer. Er ist überzeugt, dass der Drug-store Zukunft hat. Man stecke mitten in der digitalen Transformation. «Neue Innovatio-nen, digital und näher am Kunden, werden gebraucht.» Genau das also, was man an-biete. «Und weil ich glaube, dass sich das nicht mehr ändern wird, hat das Konzept wohl nicht nur kurzfristig eine Chance.»

Auch Brian Rüeger, Leiter des Instituts für Marketing Management an der Zürcher

Hochschule für Angewandte Wissenschaf-ten (ZHAW) in Winterthur, meint, dass der Drugstore Erfolg haben könnte: «Klassische Markenführung ist seit mehreren Jahren am Aussterben.» Die meisten Agenturen hätten das begriffen. Doch der Sprung in die neue Zeit sei nicht leicht. «Manchmal haben es Neueintreter in den Agenturmarkt einfacher als Alteingesessene, die der Vergangenheit hinterherweinen», so der Fachmann.

Das Konzept Drugstore beurteilt er daher positiv. «Es gibt einen grossen und wach-sen den Bedarf nach schnell verfügbaren Prototypen», sagt Rüeger. Allerdings fehl-ten Firmen oft die nötigen Kompetenzen, Methoden oder Infrastrukturen. «Somit ist Platz für neue Businessmodelle.» Gelinge es Publicis, die völlig unterschiedlichen Welten zusammenzubringen und Produktentwick-lung als Teil des Kernmarketings zu positio-nieren, könne sich die Agentur für die Zu-kunft aufstellen, so der Marketingexperte.

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Page 46: Handelszeitungbeilage Februar 2016

18 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

IntervIew: DanIel tschuDy

Die letzten 18 Monate hatten es für Andreas Messerli in sich. Im Juli 2014 verstarb sein Vater Andreas Peter Messerli in Alter von 82 Jahren. Dieser gründete 60 Jahre zuvor die Andreas Messerli AG und führte sie mit kre-ativen Ideen und Weitblick in die Gegenwart. Im Dezember 2014 übernahm die in Wetzi-kon ZH ansässige Messerli Group die Mehr-heit an der AlphaBlue Event Management in Uster ZH. Im September 2015 kaufte man den Tontechniker Dr. W. A. Günther Media Rent in Erlenbach ZH und löste damit in der Schweizer Live-Communication-Szene ei-nige Aufmerksamkeit aus. Als «Magic Mo-ment Engineer» bezeichnete sich Andreas Messerli einst und ist heute damit beschäf-tigt, seine Unternehmensgruppe (siehe Kas-ten rechts) zum wichtigsten Player des hiesi-gen Erlebnismarketings auszubauen.

Die Messerli Group ist in den vergangenen Monaten stark gewachsen. Folgt jetzt die Zeit der Konsolidierung?Andreas Messerli: Mit dem Status quo sind wir sehr happy. Alles läuft rund. Wir können im Erlebnismarketing endlich eine komplet-te Wertschöpfung anbieten. Bis anhin waren wir ja eher ein B2B-Spezialist, aber das hat sich mit den Übernahmen verändert. Wir kommen immer mehr in den B2C-Bereich. Ein gutes Beispiel dafür ist unser Enga-gement am diesjährigen Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Estavayer-le-Lac, wo unsere Gruppe nun diverse Mandate hat. Wir stellen Zelte auf, bauen Tribünen und vertonen das ganze Festgelände.

Wie gross ist denn die Messerli-Gruppe?Zu 100 Prozent gehören mir die Firmen Fabrikatur, Konform, Hunziker, Expoformer und Media Rent. Zudem habe ich Mehr-heitsbeteiligungen unter anderem an den Agenturen Angelini, Normholz, AlphaBlue und Retailpartners. Insgesamt sind es rund 350 Festangestellte, die 2015 etwas über

95 Millionen Franken erwirtschaftet haben. Wirklich interessant ist dabei, dass wir mit mindestens einem unserer Büros bei jedem der 150 grössten Unternehmen der Schweiz vertreten sind. Das heisst, wir bedienen heute alle hiesigen Konzerne in sämtlichen relevanten Branchen.

Wollen denn grosse Firmenkunden wirklich mit nur einem einzelnen Live-Communica-tion-Gesamtanbieter arbeiten?Das ist so. Natürlich gibt es intensive und langatmige Ausschreibungen und Vertrags-verhandlungen, aber Zeit ist Geld und die Konzerne wollen nicht mehr einzelne Dienstleistungen bei einzelnen Anbietern einkaufen und dann separat handeln. Wir bieten diese One-Stop-Strategie bewusst an. Das bedeutet einen grossen Aufwand im Pitching-Prozess, dafür aber effizienteres, schnelleres Umsetzen im operativen Ablauf.

Konkret?So konnten wir Grosskunden wie Swisscom oder Geberit mit mehrjährigen Verträgen an uns binden und betreuen diese Kunden mit eigens aufgestellten Teams. Unsere Event logistiker sind somit irgendwo in der Schweiz praktisch täglich im Einsatz, zum Beispiel auch für die UBS. Manchmal ver-walten wir Räumlichkeiten, manchmal stel-len wir temporäre Ausstellungen auf oder manchmal organisieren wir einen Kunden-event. Früher versuchten wir einfach, regel-mässig schöne Einzelaufträge zu erhalten. Heute sind wir in kompakte und langfristige Partnerschaften eingebunden.

Müssen denn die einzelnen UBS-Filialen exklusiv mit der Messerli Group arbeiten?Wir decken praktisch jede denkbare Dienst-leistung im Erlebnismarketing ab. Aber die einzelnen UBS-Abteilungen respektive deren Verantwortliche können frei entschei-den, ob sie mit uns arbeiten wollen. Nur ha-ben wir mit der Procurement-Abteilung ein Tarifbuch ausgearbeitet, und so kann jeder UBS-Verantwortliche aufgrund seines Pro-jekts und seines vorhandenen Budgets aus unserem Angebot auswählen. Das macht es für ihn doch ziemlich einfach. Wenn also in irgendeiner Berggemeinde eine Filiale eröff-net wird, ruft uns der zuständige Projektlei-ter an und bucht je nach Bedürfnis diverse Leistungen bei uns. Zum Beispiel ein Emp-fangs-Counter, eine Hüpfburg für das Eröff-nungsfest, Hostessen für den Event oder auch Merchandising-Elemente.

Das Geschäft wird demnach in der Dachgesellschaft zentral reingeholt? Das mache ich zusammen mit unserem Ver-kaufsleiter Daniel Wyss. Die Neuanfragen kommen bei uns rein und wir machen dann die Triage. Was für eine Art Geschäft ist es? Wer innerhalb der Gruppe kann es am bes-ten betreuen respektive wer kann den Lead übernehmen? So verteilen wir die neuen Buchungen auf die passenden Spezialisten.

«Es braucht eine neue Dachmarke»Andreas Messerli Der verwaltungsratspräsident der Messerli Group über die stille expansion und Diversifikation und den neuen Begriff erlebnismarketing.

Der erlebNiS-marketeer

Name: andreas MesserliFunktion: verwaltungsrats­präsident Messerli GroupAlter: 54Familie: verheiratet, ein sohn

Das Unternehmen Zur 2012 als solche lancierte Messerli Group mit hauptsitz in wetzikon Zh gehören aktuell zehn Firmen: alphaBlue event Management aG (gegründet 2001), andreas Messerli aG (1954), angelini Design Gmbh (2005), Dr. w. a. Günther Media rent aG (1933), expoformer aG (1987), Fabrikatur aG (2011), hunziker aG (1934), Konform aG (1997), norm holz Bau aG (1958) und retailpart­ners aG (1996). rund 350 Fest­angestellte erwirtschafteten 2015 über 95 Millionen Franken.

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Page 47: Handelszeitungbeilage Februar 2016

19handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

Andreas Messerli: «Weder der Name Messerli noch die Berufsbezeichnung Messebau sind für einen Konzernauftritt zeitgemäss.»

So einfach?Was wir gleichzeitig auslösen wollen, ist ein intensives Cross Selling. Das ist immer schwierig, denn die einzelnen Vertreter jeder unserer Agenturen sehen ihr eigenes Tagesgeschäft als das Wichtigste an. Trotz-dem können wir intern jährlich bereits rund 15 Millionen Franken an Aufträgen auslösen und verteilen. Das Potenzial ist aber einiges grösser und wir werden weiter versuchen, jeden Kundenkontakt auszuleuchten. Das heisst, nicht nur angefragte Aufträge bei der Kontaktperson zu akquirieren, sondern bei diesem Kunden dann alles zu recherchieren, ob in anderen Abteilungen weitere uns un-bekannte Projekte und Chancen bestehen.

Sind Sie stark genug im Kreativbereich?Vielleicht hatten wir in der Vergangenheit nicht das Image einer Eventagentur – auch weil wir selber ja aus dem Hintergrund die wichtigsten Schweizer Eventagenturen be-dienten. Aber seit der Finanzkrise kommen viele Unternehmen direkt zu uns, unter-stützt durch ihre Purchasing-Bemühungen wollen sie bei den Produzenten direkt ein-kaufen. Messerli wollte tatsächlich nie als reine Eventagentur wahrgenommen wer-den, aber der Markt verlangt mittlerweile, dass wir als Full-Service-Anbieter tätig sind. Das geht Hand in Hand mit der Entwicklung und den Übernahmen. Unser defensives Auftreten gehört zur Vergangenheit und die Branche hat das mit einer gewissen Verun-sicherung mitbekommen. Man gesteht uns heute eine zentrale Position im Schweizer Live-Communication-Management zu.

Und das entspricht auch Ihren persönlichen Ambitionen, nicht wahr?Richtig. Denn nach den Übernahmen von Media Rent und AlphaBlue gehören wir zusammen mit der MCH Group – vormals Messe Schweiz – zu den zwei grossen Play-ers im Land. Immerhin erarbeiten wir bald 100 Millionen Franken im Jahr. Das zeigt doch auch Qualität und Zuverlässigkeit, die wir in langen Jahren erarbeitet haben.

Was genau will die Messerli Group sein?Zusammengefasst wollen wir der absolute Spitzen-Player im Erlebnismarketing in der Schweiz sein. Deshalb werden wir auch noch in diesem Frühjahr ein neues Branding bekanntgeben, denn weder der Name Mes-serli noch die Berufsbezeichnung Messebau sind für einen Konzernauftritt zeit gemäss. Es braucht eine neue Dachmarke – attraktiver und verkaufsorientierter. Gleichzeitig wol-len wir erreichen, dass jede unserer Firmen erfolgreich ist und nicht nur die eine oder die andere, je nach Lauf und Lust der Wirt-schaft. Derzeit ist es etwa für die im Bereich Messebau und Displays tätige Expo former schwierig, da sie halt sehr stark vom Export-geschäft abhängig ist. Wenn also alle Ein-

heiten reibungslos arbeiten können, dann kann auch die Gruppe erfolgreich unter dem Sammelbegriff Erlebnismarketing wei-terwachsen. Wir stellen Bühnen, wo sich Menschen treffen – in Amerika heisst das Storytelling Industry. Leider ist der Begriff so in der Schweiz nicht anwendbar, deshalb wählen wir Erlebnismarketing. Dazu brau-chen wir auch die virtuelle Welt und ent-sprechende Werkzeuge. Und so haben wir uns an der Schweizer Firma Zaak beteiligt, einem kleinen Spezialisten aus dem Be-reich neue und virtuelle Medien. Zaak hat zum Ziel, zeitgenössische, spielerische und kommunikative Lösungen zu erforschen, zu entwickeln und bereitzustellen. Zaak ist quasi unser Labor für Virtual Reality. Und somit ein wichtiges Puzzleteil für unsere Zukunft.

Wie wichtig ist das Auslandgeschäft noch?Interessant ist, dass mein Vater damals mit dem Messebau rund 75 Prozent seines Ge-schäfts im Ausland getätigt hat. Heute ist es noch knapp ein Viertel. Wir haben uns mit den neuen Dienstleistungen vorerst auf die Schweiz konzentriert und wollten sicher sein, dass wir unseren Stammkunden die komplette Erlebnismarketing-Palette anbie-ten können. Im Ausland begnügen wir uns mit passenden strategischen Partnern.

Ihre Zukunft?Ich betreue keine eigenen Kunden mehr, sondern kümmere mich mit meiner rechten Hand Hugo Keller um Firmenphilosophie und Unternehmensstrategie.

«Zusammengefasst wollen wir der absolute spitzen-player

im erlebnismarketing in der schweiz sein.»

Page 48: Handelszeitungbeilage Februar 2016

20 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

RogeR Schnegg

Nur noch sechs Monate, dann findet in Rio de Janeiro mit den Olympischen Som-merspielen das grösste, faszinierendste sowie

packendste Sportereignis unseres Planeten statt. Und die Schweiz wird mitfiebern und Roger Federer, Nicola Spirig, Giulia Steingruber und allen anderen Athletinnen und Athleten der Schweizer Delegation die Daumen drücken und mitjubeln, wenn sie olym-pisches Edelmetall gewinnen.

Auch vor und nach den Olympischen Spielen begeistern und begleiten uns die sportlichen Höchstleistungen. Schon fast täglich freuen wir uns über die nationalen und internationalen Erfolge von Schweizer Athletinnen und Athleten. Die Wahl des «Schweizer des Jahres» beweist eindrück-lich, welch hohes Ansehen Sportler hierzu-lande geniessen. Seit Einführung der Wahl im Jahr 2003 wurden mit Roger Federer (2003), Peter Sauber (2005), Köbi Kuhn (2006), Jörg Abderhalden (2007), Didier Cuche (2011), Dario Cologna (2012) und Stan Wawrinka (2013) bereits sieben Per-sönlichkeiten aus dem Sport mit dem Titel «Schweizer des Jahres» ausgezeichnet.

Die nationale Popularität schlägt sich für viele der Protagonisten finanziell jedoch nicht nieder. Mehr als 40 Prozent der besten Schweizer Sportler verdienen weniger als 14 000 Franken im Jahr. Das hat die Spliss-Studie 2013 von Hippolyt Kempf ergeben. Gleichzeitig müssen Verbände und Vereine für die Förderung von Sporttalenten um jeden Rappen kämpfen.

Lebensschule LeistungssportWarum aber soll die Öffentlichkeit Geld

für junge Athletinnen und Athleten ausge-ben? Warum soll sie Mittel für den langen, oft steinigen und extrem teuren Weg eines Sportlers aufwenden, wenn es letztlich doch nur die allerwenigsten Nachwuchshoff-nungen bis ganz nach oben schaffen? Mit solchen Fragen sieht sich Swiss Olympic als Dachverband des Schweizer Sports kon-frontiert, wenn wir für zusätzliche Mittel für die Talentförderung und die Sportförderung

allgemein kämpfen. Die Antwort liegt auf der Hand: Leistungssportler sind – unab-hängig von ihrem internationalen Erfolg – ein Gewinn für die Wirtschaft und die Ge-sellschaft unseres Landes. Die Investition in den Leistungssport ist auch eine Investition in die erfolgreiche Zukunft der Schweiz.

Was haben Heinz Karrer (Präsident Economiesuisse), Jeannine Pilloud (Chefin Personenverkehr SBB) und Urs Schaeppi (CEO Swisscom) gemeinsam? Genau: Sie alle haben Karriere in der Geschäftswelt gemacht. Sie alle waren in jungen Jahren aber auch erfolgreiche Sportler. Als Hand-baller (Karrer), Schwimmerin (Pilloud) oder Skifahrer (Schaeppi) verschrieben sie sich vor ihrer beruflichen Karriere dem Leistungssport. Während dieses Lebensab-schnitts eigneten sie sich jene Eigenschaf-ten und Fähigkeiten an, die ihnen bis heute Tag für Tag zugutekommen.

Leistungssport ist eine Lebensschule, die überdurchschnittlich viel Eigeninitiative, Einsatz, Disziplin und Durchhaltewillen erfordert. Auf ihrem Weg erwerben Sport-talente unzählige Kompetenzen, die in je-

dem Lebensbereich notwendig sind. Sie lernen beispielsweise, fokussiert durchs Leben zu gehen. Sich voll und ganz auf eine

Aufgabe konzentrieren zu können, ist in einer Zeit, in der unzählige Einflüsse auf

uns einwirken, von unschätzbarem Vorteil. Sporttalente lernen aber auch, langfristig zu planen, mit Druck um-zugehen, Verantwortung zu überneh-men und nach Niederlagen wieder aufzustehen.

Alle diese Kompetenzen sind nicht nur im Sport, sondern in allen Berei-

chen des Lebens gefragt. Junge Leis-tungssportler haben gute Chancen, zur

Elite von morgen unseres Landes zu gehö-ren. Sie besitzen jene Eigenschaften, die es braucht, um auch als Führungspersonen zu reüssieren.

Vorbilder für die GesellschaftDer Leistungssport hat sich in den ver-

gangenen Jahren sehr stark entwickelt. Athletinnen und Athleten stehen mehr denn je im Rampenlicht und übernehmen auf und neben dem Sportplatz auch eine Botschafts- und Vorbildfunktion. Einerseits repräsentieren sie mit ihren Erfolgen ihr Herkunftsland als leistungsstark, sympa-thisch, dynamisch und sportlich und verlei-hen damit einem ganzen Land ein positives Image. Anderseits leben und vermitteln sie die olympischen Werte «Höchstleistung, Respekt und Freundschaft». Sie animieren Jugendliche und Erwachsene zur aktiven Bewegung und bauen Brücken zwischen verschiedenen Alters- und Gesellschafts-schichten.

In dieser Rolle als Botschafter und Vor-bilder beleben Spitzensportler unsere Ge-sellschaft nachhaltig und auf positive Weise. Und bringen sie buchstäblich in Bewegung. Grund genug, dass wir die jungen Athletin-nen und Athleten auf ihrem Weg so unter-stützen und fördern, wie sie es verdienen. Egal, ob sie am Schluss tatsächlich in die Fussstapfen von Roger Federer und Giulia Steingruber treten oder ob sie das, was sie im Sport gelernt haben, im Berufsleben und für unsere Gesellschaft einsetzen.

Roger Schnegg, Direktor, Swiss olympic, Ittigen – war als Volleyballspieler Mitglied der nationalmannschaft.

Ist dabei sein alles?Leistungssport erfolgreiche Athleten sind ein gewinn für die Wirtschaft. Umgekehrt werden sie oft unter Wert geschlagen.

Die nationale popularität der erfolgreichen Sportler schlägt

sich für viele der protagonisten finanziell jedoch nicht nieder.

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Mittwoch, 16. März 2016, von 9 bis 17 Uhr The Dolder Grand in ZürichReferentenProf. Dr. Torsten Tomczak, Christoph Brand, Dr. Erich Joachimsthaler, Rasoul Jalali, Monica Glisenti, Jean-Marie Dru, Dr. Caspar Coppetti, Dr. Jens Wegmann, Howard H. Yu, Stefanie Turber, Philipp Riederle

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26. GfM Marketing-Trend-TagungMARKETING & INNOVATION

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22 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

Denise Weisflog

W enn immer Yves Béhar als jugendlicher Mara-thonläufer die Ziellinie überquerte, befand sich in der Nähe ein Rivella-

Stand. Der in Lausanne geborene Designer, der seit 20 Jahren in den USA lebt, verbindet die Schweizer Getränkemarke mit etlichen Kindheitserinnerungen. «Ich weiss noch, wie ich immer unser Skiteam angefeuert habe, das von Rivella gesponsert wurde. Der Brand war überall präsent», sagt Béhar.

Als er angefragt wurde, den Auftritt von Rivella zu erneuern, musste er nicht lange überlegen. «Natürlich war ich überrascht, dass das Unternehmen auf jemanden zu-kam, der in Kalifornien tätig ist. Ich fand das extrem mutig», sagt er. Für seine Firma Fuse Project sei es jedoch wichtig, hyperlokale Marken und Familienbetriebe zu unter-stützen. «Wir Schweizer haben schon fast patriotische Gefühle für das Getränk. Rivella ist Teil der Schweizer Kultur», sagt Béhar.

Mehr Interpretations-SpielraumFür ihn habe sich vor allem die Frage

gestellt, wie man eine so traditionelle Marke modernisiere und in die Zukunft transpor-tiere. «Die Schweiz hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt und weiterent-wickelt. Von aussen betrachtet ist das wahr-scheinlich einfacher zu erkennen, als wenn man im Land selbst lebt», meint Béhar. Es habe ihn daher gereizt, mit Rivella zu-sammenzuarbeiten und es darin zu unter-stützen, die Art und Weise, wie sich die Schweiz und seine Einwohner verändert hätten, im Rebranding zu reflektieren.

Dabei achtete der Designer darauf, die ikonischen, traditionellen Elemente des Rivella-Auftritts beizubehalten. «Es ging mir nicht darum, die Marke von ihren Wurzeln zu trennen, sondern darum, das Schweizer-kreuz und die Berggipfel zu nehmen und sie in etwas zu transformieren, das die Kon-sumenten neu und individuell interpretie-ren können», erklärt Béhar. Wenn man die Schweizer Symbole eins zu eins übernehme, könne man nichts anderes daraus lesen. In einer Kultur, die dynamischer, heterogener und jünger sei als in der Vergangenheit, brauche es jedoch mehr Deutungsspielraum. «Die Emotionen, die Rivella hervorruft, sind immer noch da, aber die Leute haben die Freiheit zu entscheiden, was die Marke für sie bedeutet», sagt Béhar.

Er ist der Meinung, dass eine Marke offen, inklusive und couragiert sein muss. Die Tatsache, dass Rivella sich gegen grosse,

Rivella reloadedBranding Der neue Auftritt der getränke-Kultmarke stammt vom Auslandschweizer Yves Béhar, einem der gefragtesten Designer der Welt. Das Resultat ist ...

Yves Béhar: «ich erhoffe mir, dass die leute das Produkt sofort als Rivella erkennen.»

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Schweizer Inspiration aus KalifornienFirma Die international tätige Rivella mit sitz in Rothrist Ag stellt seit über 60 Jah-ren getränke her. namensgeberin ist das gleichnamige erfrischungsgetränk, das 1952 von firmengründer Robert Barth kreiert wurde. Zu den weiteren Produkten gehören das erfrischungsgetränk Passaia oder die Michel-fruchtsäfte. Pro Jahr werden über 100 Millionen liter abge-setzt, davon mehr als 80 Millionen liter im Heimmarkt. 2014 setzte Rivella mit 267 Mitarbeitenden rund 140 Millionen franken um. Rivella engagiert sich seit mehreren Jahrzehnten für den spitzen- und Breitensport und unterstützt jährlich Hunderte von Veranstaltungen.

Design Yves Béhar (49) stammt aus lau-sanne und gilt als einer der gefragtesten Designer der Welt. er ist gründer und Ceo der Agentur fuse Project in san francisco. 2013 gestaltete er den neuen, einheitli-chen Auftritt sämtlicher nivea-Produkte. Béhar studierte industriedesign am Art Center College of Design in Tour-de-Peilz VD und wechselte nach einem Jahr in das Mutterhaus im kalifornischen Passadena, wo er das studium als Bsc of industrial Design abschloss. Vor der selbstständig-keit arbeitete er für die Agenturen frog-design und lunar Design, die für firmen wie Apple, Hewlett-Packard und silicon graphics Produkte entwickelten.

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23handelszeitung | Nr. 5 | 2016

special marketiNg

multinationale Brands behaupten muss, hat Béhar beflügelt. «Es war aufregend zu sehen, dass wir Rivella schneller weiter­entwickeln konnten, als es den Getränke­giganten mit ihren eigenen Marken gelang.» Schliesslich müsse ein kleines, lokales Un­ternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen und innovativ sein. Einfach nur die Mit­bewerber zu imitieren, reiche nicht aus.

... modern, dynamisch, jugendlichFür die Idee und Umsetzung des neuen

Rivella­Auftritts brauchten Béhar und sein Team eineinhalb Jahre. Weil die Multi­ Disziplin­Agentur Fuse Project auch den Industrialisierungspart übernahm, reisten die Designer mehrmals in die Schweiz an den Produktionsstandort von Rivella.

Das Resultat ist ein Design, das die mo­derne Schweiz widerspiegelt. Ein abstraktes

Kreuzsymbol auf der Etikette erinnert an die Schweizerfahne, die Textur der Flasche symbolisiert mit ausgeprägten, diagonalen Linien die Berge und sorgt für einen festen Griff. Die beiden Designs gehen nahtlos

ineinander über und wirken als Einheit. Um diesen Effekt zu erreichen, muss das Label, das aus blickdichten, halbdurchsichtigen und transparenten Konturstanzungen be­steht, perfekt ausgeschnitten und in der

Produktion exakt auf der Flasche platziert werden. Dafür war eine eigene Innovation notwendig. Für den Rivella­Schriftzug ent­wickelte Fuse Project eine ganz neue Typo­logie. «Ich erhoffe mir, dass die Leute das Produkt sofort als Rivella erkennen und nach wie vor Emotionen mit dem Getränk verbinden. Nur dass es jetzt neu und frisch daherkommt», sagt Béhar.

Die Rebranding­Inspiration hat sich der Designer im täglichen Leben geholt. Seine Herangehensweise sei nicht stil­, sondern eher ideenbasiert. «Wenn wir ein Grund­konzept haben, wenden wir es auf verschie­dene Kanäle an. Im Falle von Rivella auf das Brand­ und Industriedesign», erklärt Béhar. Dass das Schweizer Kultgetränk nicht nach Kalifornien exportiert wird, bedauert er ein wenig. Denn schliesslich liebt er seit seiner Kindheit Rivella Rot – das Original.

«ich war überrascht, dass das Unternehmen auf jemanden

zukam, der in kalifornien tätig ist. ich fand das extrem mutig.»

Was bezwecken Sie mit dem Rebranding?Andrys Aardema: Rivella ist eine Tra­ditionsmarke, die breit in der Schweiz verankert ist. Um sie für die Zukunft fit zu halten, müssen wir sie jedoch modernisieren, dynamischer gestalten und insbesondere verjüngen, um die Zielgruppe der 15­ bis 29­Jährigen wieder anzusprechen. Ziel des Auftritts ist es, einen Schritt nach vorne zu tun, sodass auch die Jungen ein Rivella mit Stolz in der Hand halten und letztlich mehr davon trinken.

Dass die junge Zielgruppe fehlt, spürt Rivella am Getränkeausstoss, der seit mehreren Jahren rückläufig ist.Für die vergangenen zwei Jahre gilt das nicht. Die Erfrischungsgetränkeindustrie ist allgemein unter Druck. Grund dafür sind ein erhöhtes Gesundheitsbewusst­sein der Bevölkerung und verschiedene politische Vorstösse, die den Zucker­gehalt von Getränken reduzieren wollen. Dennoch konnte Rivella wachsen. Wäh­rend die Kategorie Erfrischungsgetränke als Gesamtes um 3 Prozent zurückging, haben wir hierzulande wert­ und volu­menmässig Marktanteile gewonnen.

Das lag aber nicht nur am heissen Sommer des vergangenen Jahres?Zu einem gewissen Grad hilft es uns, dass wir uns stark für den Sport enga­gieren und unsere Getränke weniger

Zucker enthalten als diejenigen unserer Hauptkonkurrenten. Unser Wachstum ist aber vor allem innovationsgetrieben. Vor zwei Jahren lancierten wir die Sub­marke Cliq mit Pfirsich und Rhabarber, letztes Jahr überarbeiteten wir Rivella Grün, das neu Rivella Grüntee heisst. Nun wollen wir mit der Gesamtmarke wachsen. Dabei ist das Redesign ein wichtiger Teil des Ganzen, denn wie eine Marke daherkommt, ist elementar. Zu­sätzlich dazu wird es jedoch auch eine neue Kommunika tionskampagne geben, die die Leute emotional ansprechen soll.

Wie teuer war das Rebranding?Das darf ich nicht verraten, aber die Kos­ten sind erheblich. Es ging ja nicht nur darum, einen neuen Designer zu enga­gieren, es brauchte auch neue Blasfor­men für die PET­Flaschen, neue Etiket­tiermaschinen, neue Glasflaschen und einen neuen Harassenpark. Zudem wird

der gesamte Aussenauftritt inklusive Zelten und Lastwagen neu gebrandet.

Weshalb haben Sie Yves Béhar mit der Konzeption und Umsetzung beauftragt?Ich hatte in der Vergangenheit bereits Kontakt mit Fuse Project und nur posi­tive Erfahrungen gemacht. Wir haben uns verschiedene nationale und inter­nationale Agenturen angeschaut. Dass wir uns für Yves Béhar entschieden haben, lag an drei Faktoren. Erstens versteht er es, Traditionsmarken so zu modernisieren, dass man sie wieder erkennt. Das hat man am Case von Nivea gesehen. Zweitens vereint Fuse Project Industriedesign mit grafischem Design auf einzigartige Weise. Drittens hat Yves Béhar einen Link zur Schweiz. Er ver­steht das Land, die Marke, die Heritage. Das gab für uns den Ausschlag.

Welche Ziele verfolgt Rivella dieses Jahr?Unser Relaunch umfasst neben dem neuen Design auch eine neue Werbe­kampagne. Diesen gut umzusetzen, ist das Hauptziel. In der Kommunikation werden neue Dinge ausprobiert, die digitalen Kanäle werden wichtiger. Und während die meisten unserer Mitbewerber versuchen, ihre Markt­anteile zu halten, will Rivella in Zukunft ganz klar wachsen.

IntervIew: DenIse weIsflog

«Die Kosten des Relaunchs sind erheblich»

Andrys Aardema leiter Marketing schweiz und Mitglied der geschäftsleitung, rivella, rothrist

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24 handelszeitung | Nr. 5 | 2016

Special marketiNg

Oscar TOdeschini

Mitarbeitende, Produkte, Services, Kunden, Marke­ting, Kommunikation – die Wahrnehmung einer Marke wird heute durch

eine Vielzahl von Faktoren geprägt. Alles rückt näher zusammen, ist dichter getaktet und weltweit für jedermann mit Internet­anschluss zugänglich. Mit dieser zuneh­menden Dichte kommt der Markenführung eine neue Bedeutung zu. Die Feinabstim­mung der Signale, die sie aussendet, wird immer wichtiger. Und komplexer.

Bis weit in die 1990er­Jahre hinein war in Unternehmen von Branding noch wenig die Rede. Das Schlagwort lautete Corporate Identity, kurz CI. In der Theorie verstand man darunter die Synchronisierung von Erscheinungsbild, Kommunikation, Verhal­ten und Kultur des Unternehmens. In der Praxis lag der Schwerpunkt eines CI­Pro­jekts jedoch meistens auf dem CD, also dem Corporate Design, sprich dem Erschei­nungsbild des Unternehmens. Ein Haupt­grund dafür war, dass sehr viele Disziplinen in unterschiedlichsten Verantwortungsbe­reichen zu orchestrieren waren. Ein «ech­tes» CI­Projekt war weitgreifend und musste ganz oben angesiedelt sein, was wiederum voraussetzte, dass sich das Management der Bedeutung von Corporate Identity bewusst war. Doch das war nur selten der Fall und entsprechend fehlten oft auch das nötige Fachwissen und die Ressourcen in der Orga­nisation. So kam es, dass man gerne von CI sprach, damit aber häufig das CD meinte – und dies zuweilen heute noch tut.

Jeder Touchpoint prägt das MarkenbildUm die Jahrtausendwende herum be­

gann der Begriff Corporate Branding den Begriff Corporate Identity abzulösen. Damit verbunden war eine Veränderung des Ver­ständnisses und des Herangehens an die Thematik. Corporate Identity war ein eher

nüchtern­funktionales Konzept, das sich in der Praxis primär an der rigiden Durchset­zung der definierten Designrichtlinien ori­entierte. Corporate Branding dagegen hat sich zu einem Ansatz entwickelt, der die ganzheitliche Gestaltung der Beziehung zwischen Unternehmen und ihren Stake­holdern zum Ziel hat. Die Marke ist dabei nicht mehr nur ein Puzzleteil, sondern Marke und Unternehmen sind das Puzzle, in dem alles ineinandergreift: Unterneh­mensstrategie, Markenpositionierung und ­identität, Kultur und Verhalten, Design und Kommunikation.

Mit diesem neuen Verständnis ist auch die Markenführung in Unternehmen an­spruchsvoller geworden – sie ist heute eine zentrale Aufgabe der Geschäftsführung. Es gilt, eine langfristige Optik einzunehmen und sich gleichzeitig kurzfristig und kreativ in der Gegenwart zu behaupten. Dies mit­tels einer Vielzahl von Touchpoints, die man steuern muss, die aber im Gegensatz zu

früher – soziale Medien lassen grüssen – nur noch bedingt unter der eigenen Kontrolle stehen. Jeder dieser Berührungspunkte prägt das Markenbild direkt oder indirekt. Deshalb sollten alle Touchpoints inhaltlich, konzeptionell und formal konsistent und auf die langfristigen Ziele abgestimmt sein. Gleichzeitig muss stets genügend Freiraum für die alltägliche «Bespielung» der Marke gewährleistet sein. Eine schwierige Balance. Lange hiess das Patentrezept dafür Einheit­lichkeit im Erscheinungsbild, heute ist eher Einheitlichkeit in der Haltung gefragt. Eine flexible medien­ sowie kanalgerechte Inter­pretation der Marke ist zwingend geworden.

Zahlreiche kleine wie grosse Marken umgeben sich bereits mit einem attraktiven Markenkleid und sind durchaus schön an­zuschauen. Doch bei näherer Auseinander­setzung stellt man fest, wie oberflächlich und blutleer viele von ihnen inhaltlich sind. Oder auch, wie gross der Gap ist zwischen Versprechen und Realität. Dabei sind die Inhalte für den Erfolg einer Marke mehr und mehr von essenzieller Bedeutung. Denn die Kunden haben längst gemerkt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Sie sind anspruchs­voller und kritischer geworden, sie können sich schnell und einfach Informationen beschaffen, sie vergleichen und tauschen sich untereinander aus – weltweit.

Via soziale Medien verbreiten sich gute wie auch schlechte Informationen sofort. Die Konsequenz: Wer als Marke nicht das tut, was er verspricht, hat ein Problem. Da nützt kein noch so schöner grüner, roter oder andersfarbiger Anstrich. Konsequen­tes, ehrliches Engagement für etwas Grösse­res ist gefragt. Denn das ist es, was Kunden und Mitarbeitende vermehrt suchen: Unter­nehmen und Marken, die für etwas stehen, an etwas glauben und die Sinn stiften. Mar­ken, die nicht nur (mehr und mehr aus­tauschbare) Produkte und Dienstleistungen verkaufen, sondern Identifikationsmöglich­keiten mit gemeinsamen Zielen, Wertvor­stellungen und Ansichten anbieten. Damit

Branding im DichtestressMarkenführung Glaubwürdigkeit führt zum erfolg – jedoch nur, wenn sie gut designt ist.

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Damit Brands besser werdenAgentur die 1996 in Basel gegrün-dete snK identities mit hauptsitz in Zürich ist eine der führenden Branding-agenturen der schweiz. das credo lautet: «Wir sind über-zeugt, dass Marken besser werden, wenn sie das kreative und intelli-gente Zusammenspiel von Pur-pose, design, Kommunikation und Leadership verstehen und für sich nutzen. Mit dieser haltung beglei-ten und unterstützen wir Unterneh-men dabei, ihre Marken besser zu machen und so langfristig erfolg-reicher zu werden.» Oder zusam-mengefasst: «Be a better Brand.»

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special marketing

ist das Unternehmen in der Pflicht, es muss Verantwortung übernehmen – und die Mar-ke ist die Projektionsfläche dafür.

Grosse Chance für kleine UnternehmenDie Basis für sinnstiftende Marken bil-

den mehr denn je eine klare Positionierung und eine starke Vision, die gleichzeitig zieht und treibt. Doch damit tun sich die Unter-nehmen schwer. Viele Visionen lassen einen visionären Charakter vermissen und be-schreiben lediglich (mehr oder weniger prägnant) unternehmensstrategische Ziele. Allzu häufig werden Vision und Positionie-rung kurzfristigen markt- oder unterneh-mensinternen Gegebenheiten angepasst. Dabei gehören diese markenstrategischen Grundlagen eigentlich in einen Safe, zu dem nur der Verwaltungsrat Zugang hat. Er muss den Inhalt beschützen und die Marke gegen kurzfristige Begehrlichkeiten verteidigen. CEO kommen und gehen, die Marke bleibt. Selbstverständlich: Man muss die Marke

aktualisieren und neu interpretieren dürfen, denn auch die Welt, die Wertvorstellungen und das Wettbewerbsumfeld verändern sich unentwegt. Für diese Aktualisierung ist das Management verantwortlich. Doch die Ent-

scheidungshoheit muss beim Verwaltungs-rat liegen. Die Grundpfeiler der Marke dür-fen nicht leichtfertig angetastet werden.

Die Markendichte erhöht sich stetig – so-wohl gefühlt als auch real. Jedes Jahr werden Tausende neue Marken registriert und lan-ciert. In diesem intensiven Wettbewerbs-umfeld und bei den oben beschriebenen

Entwicklungen reichen oberflächliche Dif-ferenzierungsansätze nicht mehr aus. Und einfach an der Lautstärke zu drehen und die Marktpräsenz zu verstärken, wird ebenfalls nicht mehr zu nachhaltigem Erfolg führen.

Vielmehr gilt es, bewusster und selektiver zu agieren – weniger tun, dies aber richtig und im Einklang mit der Marke. Gerade hier liegt die Chance für kleine Unternehmen mit begrenzten Investitionsmöglichkeiten. Wer eine gute Idee mit einer glaubwürdigen und relevanten Markenstrategie verbindet, wer diese stringent umsetzt und eine kon-sistente Erlebbarkeit über alle Touchpoints gewährleistet, wird positiv wahrgenommen. Auch im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung. So gesehen ist Branding im heutigen Dichtestress wiederum einfach. Aber es bedingt in jedem Fall ein hohes Mass an Konsequenz und Ehrlichkeit – mit sich selbst und seinen Stakeholdern.

Oscar Todeschini, Partner, SNK Identities, Zürich.

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