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Gebt uns eine Chance! N o 11 11 / 2012 V OICE F OR R EFUGEES Wird das Leben jemals in das Flüchtlingsla- ger zurückkehren? Es ist wohl wahr, dass die menschliche Psyche der Motor des ganzen Körpers ist. Weiter auf S.20 Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 9 Die Grundleistungen für Asylbewerber und leistungsberechtigte Ausländer nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind verfas- sungswidrig! Weiter auf S.6 www.heimfocus.net „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren!“ Bundesverfassungsgericht 18.07.2012

Heimfocus #11 - 11/2012

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Voice For Refugees teilhaben - Teil werden

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Gebt uns eine Chance!

No 11 • 11 / 2012

VOICE FOR REFUGEES

Wird das Leben jemals in das Flüchtlingsla-ger zurückkehren? Es ist wohl wahr, dass die menschliche Psyche der Motor des ganzen Körpers ist. Weiter auf S.20

Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 9Die Grundleistungen für Asylbewerber und leistungsberechtigte Ausländer nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind verfas-sungswidrig! Weiter auf S.6

w w w . h e i m f o c u s . n e t

„Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren!“Bundesverfassungsgericht 18.07.2012

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Inhalt-Inside PagesEditorial ........................................................................................................................................3

DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR .....................................................................6

Geht doch! ....................................................................................................................................9

„Das Land, das die Fremden nicht beschützt. ............................................................................... 10

Es tut sich was in der Auber Gemeinschaftsunterkunft ................................................................ 11

Aus dem Brief eines Asylbewerbers ............................................................................................. 13

»AusgeLAGERt« ..........................................................................................................................14

Die Einstellung zu Ausländern und Asylsuchenden als Schauspiel ................................................ 16

Traum vom Menschen ................................................................................................................. 18

Give us one chance ! .................................................................................................................... 19

Gebt uns eine Chance! ................................................................................................................20

Zu Besuch beim „Grüffelo“ .......................................................................................................... 21

Menschenwürde ist nicht verhandelbar .......................................................................................22

Cui bono? Wem nützt es eigentlich? ............................................................................................24

Exhausted sound Part 10 ............................................................................................................ 25

Stimme der Erschöpfung Teil 10 ..................................................................................................26

In den Seilen hängen? Nein, zum Boxtraining gehen! .................................................................. 27

Identität und Asyl .......................................................................................................................28

„Wir leben im gleichen Land, aber nicht in derselben Welt“ ..........................................................30

Mitten in unserem Land – wieso eigentlich? Teil 2 ....................................................................... 32

Sprache ist Macht ....................................................................................................................... 33

Flucht ist kein Verbrechen! ...........................................................................................................34

„Fremde Freunde“ Teil 2 ............................................................................................................... 38

Damit Menschen frei werden .....................................................................................................40

Was wird mich dort erwarten? .....................................................................................................42

FLUCHT und ASYL Kurznachrichten ............................................................................................ 43

Till GU-spiegel Teil 1 ...................................................................................................................44

Impressum .................................................................................................................................46

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311 / 2012 E d i t o r i a l

Spiel ohne Schiedsrichter

In ein fremdes Land zu ziehen, ob geschäftlich, aus einer bedrohlichen Gesamtsituation heraus oder aus persönlichen Gründen, ist wohl die größte Herausforderung und die größte Wende, die das Leben jemals nehmen kann. Geordnet und gut vorbereitet ist dies wohl zu bewäl-tigen. Von der vertrauten Heimat in die Fremde zu fliehen ist jedoch viel schwieriger. Niemals hätte man sich das für sein Leben gewünscht. Die Gefahr ist groß, dabei die Zuversicht zu verlieren. Mit anderen Worten, andere spielen nun den Ball deines Lebens und deiner Identität in jede Richtung, die ihnen beliebt. Die Zu-schauer applaudieren dazu, selbst wenn der Ball ins Abseits gekickt wird oder sie wollen von diesem Ball gar nicht wissen; andere ahnen nicht einmal, wo das Spielfeld ist.

Eine der größten Herausforderun-gen überhaupt ist das Leben in der Isolation eines abgelegenen Flücht-lingslagers. Nicht nur in Bayern be-finden sich die meisten dieser La-ger am Rande von Ortschaften, in Industriegebieten oder noch weiter außerhalb. Das ist in der Tat eine Anfrage an ein demokratisches Land wie Deutschland. So hört man von den meisten Flüchtlingen in den Un-terkünften: „Sind wir in Deutsch-land?“ Sie sind abgeschnitten von jeglicher Innensicht und Teilhabe an

diesem Land, sie leben wie Robin-son Crusoe auf einer einsamen Insel. Das ist nicht das, was wir erwartet haben, als wir uns auf den Weg nach Deutschland machten.

Die meisten Flüchtlinge fliehen aus den problematischsten Regionen dieser Welt. Wie entscheiden Sie sich angesichts lebensbedrohlicher Probleme in Ihrem Land? Flucht ist dann die letzte Möglichkeit, bevor man stirbt, ins Gefängnis geworfen wird oder wenn keine Hoffnung auf eine Zukunft mehr bleibt.

Warum zum Beispiel verlassen so viele Menschen aus Afrika ihre Hei-mat? Eine der Hauptursachen sind die dortigen Diktaturen und deren Missachtung des Werts eines Men-schen und seiner Existenz. Keiner-lei Persönlichkeitsrechte, das ist die Realität, nicht einmal das Recht auf den eigenen Grund und Boden als Lebensgrundlage. Die Menschen brauchen ihr Stück Land, ihren Er-trag, um zu überleben – eines der wenigen Dinge, die bisher allen Ge-sellschaften heilig gewesen sind. Die Menschen wollen überleben in ih-rer Existenz auf Erden. Glauben Sie mir, wenn die Entwicklung so weiter fortschreitet, werden die Ströme entwurzelter Menschen auf der Su-che nach einem Ort zum Überleben dramatisch anschwellen. Nehmen

Sie, was Sie wollen: Landraub riesi-gen Ausmaßes oder Wüstenbildung und Dürrekatastrophen, verursacht durch den Klimawandel. Millionen werden fliehen müssen, um ihr Le-ben zu retten, wenn die Welt weiter weg schaut. Alle diese Fluchtgründe sind in letzter Konsequenz absolut politische Gründe!

Zuverlässige Daten belegen, dass der Landraub vor allem in Afrika – beispielsweise in Äthiopien, Südsu-dan, Tansania, Mosambik, Mali oder Sierra Leone – immer wieder Nah-rungsmittelkrisen hervorruft, be-günstigt durch eine Mischung politi-scher, finanzieller und ökologischer Faktoren. Untersuchungen decken auf, dass nicht nur die gigantischen Landraub-Geschäfte mit China und den arabischen Ländern von den Me-dien zu Recht angeprangert werden, sondern dass hier ein großer Teil des Kapitals von amerikanischen und europäischen Investoren kommt. Nach Angaben der Hilfsorganisation Oxfam ist allein in den letzten zehn Jahren weltweit der einheimischen Bevölkerung die fast sechsfache Flä-che Deutschlands entrissen und an Investoren verpachtet oder verkauft worden! Und das meist in Ländern, die ohnehin schwer vom Hunger be-troffen sind! Die Lokalbevölkerung ist diesem Treiben schutzlos ausge-setzt; kaum jemand hat das Recht,

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sich zu wehren oder Fragen zu stel-len, um diese seit Jahren verdeckten Strategien und Ziele zu entlarven. Die einzige Option nach Enteignung ist die Flucht.

Viele Flüchtlinge kommen von den Brennpunkten der Gewalt in Afgha-nistan, Irak, Somalia und Syrien. Im Irak wie auch in den meisten dieser Konfliktregionen ist die Lage immer noch lebensbedrohlich, Menschen-rechtsverletzungen sind an der Ta-gesordnung. Dennoch wird dies aus strategischen Überlegungen in der Politik und in den Medien des Wes-tens oft heruntergespielt. Es ist mehr als verständlich, dass Menschen überleben wollen; deswegen fliehen sie nach Europa, nach Deutschland.

Aber auch hier hören die Proble-me und Herausforderungen für die Asylsuchenden nicht auf. Das Bun-desverfassungsgericht hat zu der humanitären Lage der Flüchtlinge in Deutschland Stellung bezogen in seinem Urteil vom 18. Juli 2012. Die Verfassungsrichter entschieden zugunsten der Flüchtlinge auf der Grundlage des Art. 1a des Grundge-setzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Ausdrücklich be-zogen sie alle in diesem Land leben-den Menschen mit ein, also auch alle Flüchtlinge und Asylbewerber. Das Urteil bezieht sich auf die finanziel-le Lebensgrundlage der Flüchtlinge und Asylbewerber; unter anderem wurde daraufhin das monatliche Taschengeld für Erwachsene von 40,90€ auf 134 € angehoben.

Darüber hinaus werden die Flüchtlin-ge und Asylbewerber in Bayern an-ders behandelt als in anderen Bun-desländern. In Baden-Württemberg zum Beispiel bewegt sich die Asyl-politik seit Kurzem in eine bessere, menschenwürdige Richtung. Dort können sich die Flüchtlinge frei im ganzen Bundesland bewegen – nicht so in Bayern. Dort bekommen die meisten Flüchtlinge eine Vollzeit-Ar-beitserlaubnis – nicht so in Bayern.

In Tübingen zum Beispiel ist es sehr engagierten Studenten und Unterstützern gelungen, tägliche Deutschkurse für Flüchtlinge anzu-

bieten; dort gibt es für diese auch freie Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wie gelingt so et-was? Studenten kaufen dort jeden Mittwoch Lebensmittelpakete von den Flüchtlingen auf, sie kochen ge-meinsam mit ihnen und laden dann Passanten, Politiker und Geschäfts-leute zu einem gemeinsamen Essen mit den Flüchtlingen ein. So klären sie auf und ermöglichen eine Begeg-nung. Die Initiatoren berichteten dem Heimfocus-Magazin, dass vie-le Bürger sehr betroffen reagierten und Politiker sich daraufhin der Sa-che annahmen, um eine Änderung herbeizuführen. Und so wird dank des Engagements vieler Unterstüt-zer ab Januar 2013 auch den Flücht-lingen und Asylbewerbern im Land-kreis Tübingen Bargeld ausgezahlt, damit sie sich endlich ihre Lebens-mittel selbst kaufen können – nicht so in Bayern.

Doch auch in Bayern geht der Ein-satz Vieler für einen grundsätzlichen Wandel in der Asylpolitik weiter. Was hier die Flüchtlinge am dringends-ten brauchen, ist zuallererst eine gastfreundliche, offene Haltung, zweitens aber auch Bewegungsfrei-heit zumindest im ganzen Bundes-land, Bargeld für Lebensmittelkauf statt Essenspakete, Sprachkurse von Anfang an und Arbeitserlaubnis, um sich selbst versorgen zu können.

Einer der Autoren dieses Heftes be-richtet von seinem Freund, der nach drei Jahren endlich die Aufenthalts-gestattung bekommen hat. Dieser sagt: “Ich fühle mich nun wie aus dem Gefängnis entlassen. Aber ich kann mich nicht verständigen, ich hatte bisher keine Möglichkeit zur Integration! So ist jedes Formular, jeder der vielen Behördengänge eine große Herausforderung. Wenn ich Glück habe und jemand begleitet mich als Übersetzer, sitze ich stumm da und fühle mich wie ein Kleinkind.“

Wissen Sie, was morgen kommt? Helfen Sie doch den Flüchtlingen heute! Sie können Pläne für mor-gen schmieden wie Sie wollen, doch wer kann schon sicher sein, was ge-schieht? Es sind nicht nur Erdbeben wie in China, nukleare Katastrophen

wie in Japan, blutige Konflikte wie in Syrien, Wirtschafts- und Finanzkrise wie besonders in Griechenland und Spanien... Alle diese Ereignisse klop-fen auch an Ihre eigene Tür. Sie kön-nen selbstgefällig sein, aber nicht für immer. Denn die Welt ist klein ge-worden, jedes Land ist Ihr Nachbar, so oder so.

Addis Mulugeta

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Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 9

Im Namen der Volkes:„Menschenwürde ist migrationspolitisch

nicht zu relativieren“Klare Ansage des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 18.07.2012:Die Grundleistungen für Asylbewerber und leistungsberechtigte Ausländer nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind verfassungswidrig!

Euer Menschenbild und die Entschei-dungen und Handlungen, die ihr da-raus ableitet, stehen nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes: Das ist die eigentliche, mehr als deutliche Botschaft hinter dem Paragraphen- und Zahlenwerk dieses Urteils. Die Adressaten der Verfassungsrichter sind die Politiker in Bundestag und Bundesregierung, die trotz aller Pro-teste und Appelle seit fast 20 Jahren für vorsätzliche Klassentrennung und Diskriminierung tausender Mit-bürger verantwortlich zeichnen. Das ist jedoch auch ein mahnendes Wort an uns alle: Es geht um fundamenta-le Missstände, die viel über den Zu-stand unserer Gesellschaft und über unser Selbstverständnis aussagen.

Was zahlreiche für Flüchtlinge und Asylbewerber engagierte Organisa-tionen, Verbände und Ehrenamtli-che immer wieder angeprangert und zum Gegenstand vieler Proteste und Aktionen gemacht haben, ist nun von höchster Stelle zu einer schal-lenden Ohrfeige für die Politik ge-worden – wieder einmal.

Einerseits haben die Verfassungs-richter den Geltungsbereich des Art. 1 GG unmissverständlich definiert:„ Art.1 Abs. 1 GG erklärt die Würde des Menschen für unantastbar und verpflichtet alle staatliche Gewalt, sie zu achten und zu schützen. ... Als Menschenrecht steht dieses Grund-recht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland auf-halten, gleichermaßen zu.“[Abs.89]„Auch eine kurze Aufenthaltsdau-

er oder Aufenthaltsperspektive in Deutschland“, so das Bundesver-fassungsgericht weiter, „ rechtfer-tigte es im Übrigen nicht, den An-spruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzmini-mums auf die Sicherung der physi-schen Existenz zu beschränken... Ausländische Staatsangehörige ver-lieren den Geltungsanspruch als so-ziale Individuen nicht dadurch, dass sie ihre Heimat verlassen und sich in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf Dauer aufhalten. Die ein-heitlich zu verstehende menschen-würdige Existenz muss daher ab Beginn des Aufenthalts in der Bun-desrepublik Deutschland realisiert werden.“ [Abs.120bb)]Zum eigentlichen Kern der Klage gegen das Asylbewerberleistungs-gesetz erging das folgende wegwei-sende Urteil:

Das seit 1993 geltende Asylbewer-berleistungsgesetz, die rechtliche Grundlage für die Leistungsbemes-sung zur Unterbringung, Versorgung und Lebenshaltung der Flüchtlinge, steht im Widerspruch zum Art. 1 des Grundgesetzes!

Intransparent, nur auf Schätzungen beruhend und ohne tatsächliche Bedarfsermittlung, auf niedrigstem Niveau deutlich unter Bedarfssätzen für Deutsche, so wurde es damals beschlossen - und seit fast 20 Jahren trotz einer Teuerungsrate von rund 30% nicht mehr angepasst:„Der Gesetzgeber hat bereits in das Asylbewerberleistungsgesetz 1993 eine bis heute geltende Verord-nungsermächtigung zur Anpassung der Leistungen an die Entwicklung der tatsächlichen Lebenshaltungs-kosten aufgenommen, von der je-doch trotz der seither erheblichen Preissteigerungen nie Gebrauch gemacht wurde. Eine Anpassung der Beträge ...an die gestiegenen Lebenshaltungskosten lehnte der Bundesrat mit Beschluss vom 20. Dezember 2001 ab.“ [Abs. 5]Beschämend für die Politik auch die Feststellung des Bundesverfas-sungsgerichts: „Dass die im Jahr 1993 das Existenzminimum abde-ckenden Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz den existenznotwendigen Bedarf ei-nes auch nur kurzzeitigen Aufent-halts bereits 2007 nicht mehr si-chern konnten, ist offensichtlich.“ [Abs.110bb)]Dies kann niemanden von jenen wirklich überraschen, die schon seit

© Interkulturelle Woche

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Jahren unermüdlich auf das von der Politik beharrlich ignorierte und ge-leugnete Unrecht hinweisen: Für die einen mussten also nach dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungs-gerichts von 2010 die Sätze neu berechnet werden, um ein der Men-schenwürde entsprechendes Exis-tenzminimum zu sichern. Für die an-deren hingegen sollten gerade mal 65% dieses gesetzeswidrigen Sat-zes fast 20 Jahre unverändert aus-reichend sein? Alle Menschen sind bei uns gleich in ihrer Würde und in ihren Menschenrechten? Das Urteil lässt tief blicken, wie es wirklich um Grundwerte und um das christlichem Menschenbild in unserer Politik be-stellt ist.

Mensch ist Mensch, Menschen-würde ist nicht relativierbar. Und das Grundrecht auf ein menschen-würdiges Existenzminimum des Menschen, eines jeden Menschen ungeachtet der Herkunft und Nati-onalität, umfasst in der Rechtspre-chung des Bundesverfassungsge-richts weit mehr als die Sicherung seiner physischen Existenz:„Der unmittelbar verfassungs-rechtliche Leistungsanspruch ... gewährleistet das gesamte Exis-tenzminimum durch eine einheitli-che grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hy-giene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pfle-ge zwischenmenschlicher Bezie-hungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Per-son existiert notwendig in sozialen Bezügen.“ [Abs. 90 b)] Da langen die bisher immerzu ins Feld geführten behördlichen Ziel-vorgaben wohl nicht so ganz: Sie ha-ben doch zu essen, ein Bett, ein Dach über dem Kopf und Taschengeld, was wollen sie denn noch? Gemessen an der von den Verfassungsrichtern vorgegebenen Definition werden wohl die vielen menschenrechtlichen Hinterbänkler in Parlamenten, Re-gierungen und Behörden, aber auch so mancher Mitbürger da draußen, dringend Nachhilfe nehmen müssen.

Kompetente Nachhilfelehrer von an-gesehenen und engagierten Flücht-lingsorganisationen sind sicherlich gerne behilflich.Und schließlich die populistische, ebenso stammtisch- wie wahlkampf-taugliche Mär von der drohenden In-vasion der „Wirtschaftsflüchtlinge“ in unsere Sozialsysteme,: Sie wird in den Ausführungen des Gerichts auf die realen Zahlen gestutzt, die ein ganz anderes Bild zeigen: „Die Belastung der öffentlichen Haushalte durch Leistungen nach

dem Asylbewerberleis-tungsgesetz hat sich seit der ersten Regelung 1993 erheblich verringert. Im Jahr 2009 bezogen 121.918 Personen Leistungen nach dem Asylbewerberleis-tungsgesetz. ...Die Zahl der Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger lag demgegenüber in den Anfangsjahren des Asylbe-werberleistungsgesetzes bei knapp 500.000 Personen. Die Ausgaben für soziale Leis-tungen in diesem Bereich re-duzierten sich entsprechend von 5,6 Mrd. auf 0,77 Mrd. €.“ [Abs. 7]

Auch wenn die Zahl der Leis-tungsberechtigten seither leicht gestiegen ist auf rund 130.000, entbehrt dennoch die große Angst vor dem Ruin durch die „Asylanten-flut“, die besonders die Par-teigänger der C- Parteien umtreibt, jeder Grundlage - ganz abgesehen von der ge-setzlichen, humanitären und ur-christlichen Verpflichtung, solidarisch und gerecht zu handeln, egal, was es kostet. Und doch: Man muss sie ernst nehmen, die Wurzeln und Ur-sachen der Fremdenangst und auch des Rassismus. Drücken sie doch ein Gefühl der Unsicherheit und Furcht aus, uns entgleitet alles, wir fühlen uns als Verlierer oder zumindest von einer instabi-len, ungewissen Zukunft be-

droht. Nur, die Asylbewerber sind die falschen Adressaten! Nichts am Sys-tem ändert sich, ob nun mehr oder weniger ausländische Mitbürger da sind. Aber diese Furcht und die Frem-denangst der Bürger kann man be-nutzen: «Wir werden wohl angesichts dieser zusätzlichen Zahllasten dafür sorgen müssen, dass vorzeitiger oder frühzeitiger wieder ausgewiesen wird oder zur Not auch abgeschoben wird», zückte nach der Urteilsverkün-dung der CSU-Populist Hans-Peter Uhl postwendend den Colt. Nicht je-dem ist es gegeben, Zusammenhän-ge intellektuell zu erfassen. Aber er

© Maneis Arbab

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wird mit dieser Meinung nicht alleine da stehen.

Alles eine Frage des Geldes – oder der Prioritäten: Unser Militäreinsatz in Afghanistan kostet 20 Millionen Euro - pro Woche!(4) Und während sich die Verantwortlichen fast zwei Jahrzehnte dem menschenwür-digen Existenzminimum tausen-der Flüchtlinge verweigern, liefert Deutschland am Parlament und an den geltenden eigenen Rüstungsex-portrichtlinien vorbei an die Atom-macht Israel „sechs atomwaffenfä-hige U-Boote der Dolphin-Klasse, beginnend 1999, an deren Kosten sich der hiesige Steuerzahler mit rund 1,2 Milliarden Euro beteiligt“.² Rein rechnerisch kann allein dieser Betrag, bei Mehrkosten von 216 Mio. € / Jahr durch das Urteil des Bundes-verfassungsgerichts, mehr als fünf Jahre lang 130.000 Menschen finan-ziell ein menschenwürdiges Exis-tenzminimum sichern. Fast genauso viel Zeit ist der Gegenwert von ei-nem Jahr Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch...

Auch wenn es bei der Frage der Menschenwürde und Gerechtigkeit für alle Menschen in diesem Lande, gleich welcher Herkunft, um Wich-tigeres geht, auch wenn Geld bei Weitem nicht alles ist: Wenn das in bar ausgezahlte „Taschengeld“ z.B. für einen alleinstehenden Erwach-senen nun ab dem 01.August 2012 nicht mehr 40,90€ beträgt, sondern 130,00€, wenn für seine Unterkunft und Versorgung monatlich statt 225,00€ nun wenigstens 336,00€ bereitgestellt werden müssen, dann ist es zumindest ein Zeichen, dass er als Mensch mit seinen Bedürfnissen wahr- und ernst genommen wird. Es ist ein erfreulicher Zwischenschritt auf dem Weg zur fundierten Neube-rechnung der gesamten Sicherung, die das Gericht der Regierung zur Aufgabe gemacht hat. Und eigent-lich stellt sich nach der Gleichstel-lung aller in Deutschland lebenden Menschen in der Grundsicherung des menschenwürdigen Existenz-minimums durch das Bundesverfas-sungsgericht die Frage, warum das Asylbewerberleistungsgesetz nicht gleich eingestampft wird. Das ist

überfällig, darauf drängen schon seit langem in der Asyl-politik engagierte und erfahrene Or-ganisationen und Aktivisten. Es ist nicht akzeptabel, es ist peinlich und provinziell, über Menschen in vie-lerlei Hinsicht eine diskr iminierende Käseglocke zu stül-pen in einem Land, das zu den Profi-teuren der Globali-sierung zählt.

Nun gilt es genau hinzuschauen, was sich in der Versorgung und Unter-bringung der leistungsberechtigten Mitbürger in Bayern ändert. Mehr Geld ist ja da. Es wäre noch wesent-lich mehr da: Gebt endlich das un-sägliche System der Essenpakete mit seinen hohen Nebenkosten auf und statt dessen den Menschen Bar-geld in die Hand. Sie haben sich in ihrer Heimat doch tatsächlich selbst versorgen können, ob man es glaubt oder nicht, und sie haben auch um-sichtig mit Geld umgehen müssen. Dass es funktioniert, daran lassen Erfahrungen aus anderen Bundes-ländern keinen Zweifel. Man muss es nur wollen.

Im Namen des Volkes gesprochen: „Die in Art.1 Abs. 1 GG garantier-te Menschenwürde ist migrati-onspolitisch nicht zu relativieren .“[Abs.121c ]

Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, bis diese Worte der Verfassungsrich-ter eine Selbstverständlichkeit ge-worden sind. Aber ihr Urteil gibt die allgemeingültige Richtung vor – und lässt hoffen und weiter kämpfen. Die ketzerische Frage von Christopher Senf aus seinem Artikel „Grundrecht für Flüchtlinge“³ jedoch bleibt und verlangt nach einer Antwort:„Eine Frage des Klassenstandpunkts: Verlassen Asylbewerber den Bereich der Menschen zweiter Klasse oder steigen sie dorthin auf?“

Eva Peteler

¹ für alle Zitate aus dem Urteil des Bundesverfassungerichts vom 18.07.2012 mit Angabe des Absätze [ ] gilt:Zitierung: BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.7.2012, Absatz-Nr. (1 - 140), http://www.bverfg.de/entscheidun-gen/ls20120718_1bvl001010.htmlCopyright © 2012 BVerfG

² Michael Lüders: „Iran: Der falsche Krieg“, S. 149; ISBN: 978-3-406-64026-1,auch „Der Spiegel“ 23/2012: “Made in Germany“

³ Christopher Senf: „Grundrecht für Flüchtlinge“, Neues Deutschland 19.07.2012; h t tp: // w w w.neues- deu t schland.de/artikel/233080.grundrecht-fuer-fluechtlinge.html

4ht tp: // w w w. 20 mil l ionen - mehr-vom-militaer.de/warum-20-millio-nenZiviler Friedensdienst, www.forumZFD.de

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911 / 2012

Länderinitiative zur Abschaffung des Asylbewerber-leistungsgesetzesRheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Brandenburg haben angekün-digt, im Bundesrat eine Gesetzesini-tiative zur Abschaffung des AsylbLg einzubringen. Noch ist nicht klar, ob die beiden rot-grünen Bundesländer und das rot-rote Brandenburg mit ihrem geplanten Antrag durchdrin-gen werden. Die Hoffnungen liegen auf den Stimmen der beiden großen Länder Nordrhein-Westfalen und Ba-den-Württemberg. Würde das Gesetz endlich abgeschafft werden, müssten Asylsuchende und Geduldete diesel-ben Leistungen bekommen wie an-dere Bedürftige. Fast 20 Jahre lang, bis das Bundesverfassungsgericht das AsylbLg im Juli 2012 teilweise für verfassungswidrig erklärte, mussten Flüchtlinge mit bis zu 50 % niedrige-ren Sozialleistungen auskommen als Hartz-IV-Empfänger. In Folge des Karlsruher Urteils wurden zwar die Leistungssätze für Asylbewerber auf beinahe Hartz-Niveau angehoben. Doch andere Diskriminierungen durch das Sondergesetz für Flüchtlinge sind durch das Urteil nicht berührt - etwa die entwürdigende Praxis, Flüchtlin-gen Einkaufsgutscheine oder Sach-leistungen statt Bargeld auszugeben, blieben erhalten. Viele Kommunen sind inzwischen aus eigener Initiative auf Bargeld anstel-le von Sachleistungen umgestiegen. Menschenfreundlichkeit ist aber nicht immer der Grund, sondern dass die Auszahlung von Bargeld häufig Ver-waltungskosten spart. Bisher tragen Länder und Kommunen die Leistun-gen für Asylsuchende alleine. Würden Asylsuchende Hartz-IV-Leistungen erhalten, müsste der Bund einen Teil der Kosten übernehmen. © Pro Asyl 02.10.2012

Geht doch!

Erste Landkreise stellen um!Mit den seit 1. August 2012 geltenden Übergangsregelungen des Integrati-onsministeriums zum Flüchtlingsauf-nahmegesetz von Baden-Württem-berg können die Landkreise auch die Diskriminierung durch Sachleistungen beenden und auf Bargeld umstellen. Als erster der 44 Stadt- und Land-kreise kündigte die Stadt Heidelberg am 31. August den Umstieg auf Bar-geldzahlungen an. Am 20. September folgte der Landkreis Tübingen, der den Vertrag mit dem Essenspaket-Lieferanten Dreikönig (Schwäbisch Gmünd) zum Jahresende kündigte.Am 26. September erklärte die Stadt Mannheim den Umstieg auf Bargeld. Diesem Beispiel sollten möglichst vie-le weitere Landkreise folgen, hierfür setzt sich der Flüchtlingsrat ein. Einige Landkreise tendieren jedoch zum Ver-bleib im Sachleistungssystem, so hat der Landkreis Karlsruhe lediglich von Essenspaketen auf Gutscheinsystem umgestellt.

© Flüchtlingsrat Baden-Württem-berg 04.10.2012

„Spätestens nach sechs Monaten“ sol-len Asylbewerber nach dem Willen der Ausländerbeauftragten Arbeit anneh-men dürfen. Für langjährig geduldete Flüchtlinge fordert Maria Böhmer ein Bleiberecht ohne Stichtag. ...Böhmer sprach von einem „notwendigen Pa-radigmenwechsel“ – und schloss sich auch anderen Handlungsempfehlun-gen ihres Beirats an. Demnach müss-ten alle hier lebenden Ausländer „vom ersten Tag an“ Sprachkurs-Angebote erhalten.von Rainer Woratschka

© Rainer Woratschka, Potsdamer Neueste Nachrichten 05.10.2012http://www.pnn.de/politik/686849/

Baden Württemberg: Bargeld statt Sach-leistungen!?

Ausländerbeauf-tragte fordert Arbeitserlaubnis für Asylbewerber

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Seit einigen Jahren bin ich, Studen-tin der Theologie und Germanis-tik, aktiv im Asyl-Arbeitskreis der Katholischen Hochschulgemein-de. Aus verschiedensten Gründen wollte ich dort mitarbeiten, doch der Hauptgrund lag für mich in der Begegnung mit mir zunächst völlig fremden Menschen. Menschen aus anderen Kulturkreisen, mit anderen Lebensgewohnheiten und Religio-nen kennen zu lernen war für mich schon immer reizvoll und eine stete Bereicherung für mein Leben.

Als ich mich für eine Mitarbeit im Asyl-Arbeitskreis entschied, hatte ich keine Ahnung, unter welchen Bedingungen zu uns kommende Flüchtlinge leben müssen, wie es um ihre Chancen, als Asylberech-tigte anerkannt zu werden, bestellt ist. Mein erster Besuch der Sammel-unterkunft für Asylsuchende in Aub war war deshalb ein regelrechter Schock für mich. Trotz allem wurde ich überaus herzlich und freundlich von einigen Flüchtlingen zum Tee eingeladen. Mit ihnen ins Gespräch zu kommen stellte sich als viel un-komplizierter heraus, als ich es je vermutet hatte. Bei meinen wei-teren Besuchen in Aub versuchte ich dann, gemeinsam mit einigen anderen Leuten aus dem Asyl-Ar-beitskreis Deutschunterricht zu ge-ben, da dies von vielen Flüchtlingen gewünscht wurde. Am Ende kamen dann viele auf mich zu, zeigten mir Briefe von Behörden und fragten um Rat.

Die Begegnung mit Flüchtlingen ver-änderte auch mein eigenes Leben. Ich wurde mehr und mehr aufmerk-sam auf Randgruppen in unserer Ge-sellschaft, ihre Behandlung und die Ursachen solch ungerechter Struk-

„Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter“

J.W. von GoetheErfahrungsbericht aus der studentischen Asylarbeit

turen. Mein Glaube an eine christ-liche Gesellschaft geriet mehr und mehr ins Wanken, nachdem ich er-leben musste, wie vor allem Politiker der sogenannten christlichen Partei-en Flüchtlinge zu Sündenböcken vor allem für wirtschaftliche Probleme wie Arbeitslosigkeit machten.

Mein eigenes Leben wurde mehr und mehr politisch. Gerade die men-schenunwürdige Behandlung von Flüchtlingen machte mir deutlich, dass mein Engagement nicht im so-zial-caritativen Bereich stecken blei-ben darf, sondern einhergehen muss mit einer verstärkten politischen Ar-beit im Bereich der Öffentlichkeits-arbeit. Es wäre für mich unmöglich gewesen,wenn ich z.B. einen Flücht-ling zum Kleiderlager begleitet hätte, ohne in irgendeiner weise Gespräch mit den dort angestellten Leuten zu führen oder bei der nächsten Diskus-sionsveranstaltung auf die Diskrimi-nierung von Flüchtlingen z.B. In Be-hörden aufmerksam zu machen.

An der Situation der Flüchtlinge hat sich trotz all unserer Bemü-hungen nichts geändert. Die Blicke der Flüchtlinge, welche anfangs noch mit strahlenden Augen in die Zukunft blickten, werden immer hoffnungsloser und leerer. Flücht-linge, die ich vor vier Jahren in Aub kennengelernt habe, leben zum Teil immer noch hier. Es fällt mir schwer, ihren fragenden Blicken, wann sie denn endlich anerkannt werden und das Lager verlassen dürfen, Stand zu halten. Ich muss hier mit ansehen, wie Men-schen, die voller Lebensmut hier an-kamen, durch die lange Warterei ka-putt gemacht werden. Die Grenzen meines Handelns, meiner Möglich-keiten, zu helfen, werden mir immer

deutlicher. Ich kann wirklich nur im ganz kleinen Bereich etwas verän-dern; die wahre Not der Asylsuchen-den kann ich jedoch nicht lindern. Ich freue mich zwar jedesmal, wenn ich nach Aub fahre, doch ich fahre jedesmal mit einem beklemmenden, unbefriedigten, hoffnungslosen Ge-fühl wieder weg. Ich glaube, nur wenn sich ein breiter Teil der Bevölkerung für die Proble-me der Flüchtlinge einsetzt, kann etwas auf eine menschenwürdige, gerechtere Entwicklung hin verän-dert werden.

Was mir trotz allem Mut macht, wei-terhin in der Asylarbeit tätig zu sein, ist die Gewissheit, ich stehe nicht al-leine da: Es gibt für mich die Freun-de des Asyl-Arbeitskreises mit de-nen ich mich austauschen kann, die ebenso denken und handeln wie ich, und ich sehe, dass sich langsam im-mer mehr Menschen für die Proble-me der Asylsuchenden einsetzen.

Wer sich in der Asylarbeit engagie-ren will, braucht zwar eine hohe Frustrationsgrenze, doch die Wär-me und Herzlichkeit, die einem von vielen Flüchtlingen entgegen ge-bracht wird, gibt immer wieder Mut und Hoffnung, an eine gerechtere, friedlichere, für alle Menschen trotz unterschiedlicher Herkunft und Le-bensgeschichte offene Gesellschaft zu glauben.

Christine Vey im „Schaukasten“, der Zeitschrift von Studenten des Priesterseminars Würzburg,Heft 22, Sommersemester 1987

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Es tut sich was in der Auber Gemeinschaftsunterkunft

Bis vor kurzem schienen die Men-schen in der Gemeinschaftsun-terkunft Aub von allen vergessen. Scheinbar ans Ende der Welt ver-bannt, wussten sie nicht, wie sie ihren Alltag sinnvoll gestalten, ge-schweige denn Deutsch lernen oder am kulturellen und gesellschaftli-chen Leben in diesem fremden Land teilnehmen könnten. Selbst die Fahrt zum Anwalt oder zum Arzt war ein Problem. Im Mai hatte der Freundeskreis für ausländische Flüchtlinge e.V. mit einer Essenspaketaktion auf die schwierigen Lebensumstände in Aub aufmerksam gemacht. Hierbei wurden von den Flüchtlingen dort Essenspakete zur Verfügung gestellt und an Bürgerinnen und Bürger, dar-unter auch Mitglieder des Stadtrats Würzburg, verteilt. Zum Einen soll-ten sich Einheimische wenigstens für ein paar Tage in die abhängige Po-sition der Flüchtlinge hineinverset-zen können. Ziel war aber auch, die Gemeinschaftsunterkunft dort mehr in den Blickpunkt zu rücken und da-rauf hinzuweisen, dass es auch an weitaus abgelegeneren Orten als an der Veitshöchheimerstraße 100 in Würzburg Flüchtlinge gibt, die auf

ehrenamtliches Engagement und Unterstützung durch den Landkreis angewiesen sind.

Seit Juni 2012 hat sich einiges verän-dert. Einen großen Beitrag zu dieser Verbesserung der Lebensumstände in der Auber Unterkunft leisten Ju-dith Vollmond und Jutta A. Wilke. Frau Vollmond wurde über die Würz-burger Montagsspaziergänger, die ihren Protestgang durch die Innen-stadt einmal pro Monat dem The-ma Asyl widmen, auf die Probleme in der Auber Gemeinschaftsunter-kunft aufmerksam. Ehrenamtliche, die seit Jahren für Flüchtlinge in Würzburg aktiv sind, führten sie in die Welt der Essenspakete und der Residenzpflicht ein. Sobald sie sich ein Bild von der Situation gemacht hatte, legte Judith Vollmond los. Sie schaffte einen Computer für die Ge-meinschaftsunterkunft an und sorg-te erstmals und aus eigener Tasche für Internetanschluss. Auch Jutta A. Wilke versucht, den Bewohner in der GU Aub das Leben ein wenig leichter zu machen, indem sie Zeit mit ihnen gemeinsam ver-bringt, bei Behördengänge begleitet und mit Unterstützung zahlreicher

Auber BürgerInnen und des Ersten Bürgermeisters Melber das, was gebraucht wird, organisiert. Neben Sachspenden z.B. Mitfahrgelegen-heiten, denn für die meisten Flücht-linge, insbesondere die Familien, ist eine Fahrt nach Würzburg mit öffentlichen Verkehrsmitteln schier unerschwinglich. Ein wichtiges An-liegen ist dabei immer auch, die Isolation, in der sich die Flüchtlinge befinden, aufzubrechen, da das ge-genseitige „Fremd bleiben“ Vorur-teile und Argwohn auf beiden Seiten schürt. Dagegen hilft ein behutsa-mes Sich-nähern, das immer wieder neu Anstöße braucht und in vielen kleinen Schritten geschieht. Man muss sich nur trauen.

Mit Hilfe der Montagsspaziergänger, welche gemeinsam mit V!VOVOLO in ihrem Spendenaufruf um Geld- und Sachspenden baten, konnten mehrere hochwertige Fitnessgeräte von privaten Spendern und ange-schriebenen Fitnessstudios zusam-mengetragen werden. Die Fitness-geräte bringen einigen Bewohnern der Unterkunft eine Möglichkeit der Abwechslung in ihrem tristen, eintö-nigen Alltag und lassen sie vielleicht

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für einen kurzen Moment ihre Sor-gen und Ängste vergessen. Damit verbessert sich auch ihre die psychi-sche und physische Gesundheit.Der bekannte Kabarettist aus Würz-burg, Frank-Markus Barwasser, spendierte den Menschen dort eine übertragbare Monatskarte, mit der sie nun eher Arzt- und Anwaltster-mine in Würzburg wahrnehmen und einkaufen gehen können. Denn die Sachgutscheine, mit denen sie statt mit Bargeld beispielsweise Kleidung „kaufen“ können, werden nur in be-stimmten Geschäften akzeptiert. Ei-nen großen Teil dieser Aktionen für die Auber GU-Bewohner hat Judith Vollmond arrangiert.Für Judith Vollmond und Jut ta A . Wilke ist es jedoch mit dem Sam-meln von Spenden nicht getan. Frau Vollmond sagt: „Wenn sich jemand über diese Dinge freut, ist das zwar schön, aber ich möchte keinen Dank. Diese Menschen haben es nicht ver-dient, auf Almosen zu hoffen, für die normalsten Dinge dankbar sein zu sollen oder schlimmstenfalls Mitleid entgegengebracht zu bekommen. Es ist ihr Menschenrecht bei uns zu sein, wir sollten froh und dankbar sein, dass sie hier sein und sich mit ihren Fähigkeiten einbringen möch-ten. Wichtiger als jede Sachspende finde ich daher die Unterstützung beim Kampf um menschenwürdi-ge Asylgesetze. Ziel darf nicht die Verschönerung der Gemeinschafts-unterkünfte sein, sondern deren Abschaffung, die Abschaffung der Residenzpflicht und schnellere Be-arbeitung von Asylanträgen, besten-falls ein sofortiges Abschiebestopp. Ja, wir sollten teilen und zusammen-halten. Aber bitte nicht vergessen, dass diese Unterstützung eigentlich von weiter oben kommen sollte. Der Bitte, Fotos für diesen Artikel zu-zustimmen, möchte ich nicht nach-kommen, da ich von einem Foto über die „glücklichen Besitzer eines gebrauchten Fitnessgeräts“ aus Re-spekt vor den Bewohnern der Ge-meinschaftsunterkunft Aub absehen möchte.“ Wie Jutta A. Wilke setzt sich Judith Vollmond nun auch vermehrt für Einzelpersonen ein, hilft beim Bean-tragen von Arbeitserlaubnissen, bei der Job- und Wohnungssuche. Ihrem

Beispiel folgen immer mehr Freiwilli-ge. So kann das Sprachkursangebot von Navid Zabihi, der bereits einmal wöchentlich einen Deutschunter-richt in Aub hält, durch weitere Eh-renamtliche erweitert werden. Neben dem Unterricht ist auch eine durch den Lions Club Würzburg ge-förderte Teestube in Planung, wie sie bereits in ähnlicher Form in der Würzburger Gemeinschaftsunter-kunft existiert. Hierzu soll ein Raum eingerichtet werden, in dem sich Flüchtlinge und Menschen aus Aub und Umgebung regelmäßig treffen, um gemeinsam zu essen und Spaß zu haben. In Würzburg steht hierzu beispielsweise ein Raum mit kleiner Küche, Sitz- und Essgelegenheiten, Tischkicker und Tischtennisplatten zur Verfügung.Sie alle haben gezeigt, wie man sich für Menschen einsetzen kann, die sich bereits von der Gesellschaft ver-lassen glaubten. Durch diese wich-tigen Schritte zur Aufhebung der Isolation konnten die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft wieder Kraft schöpfen. Die ersten Schritte sind getan. Um diesen Weg weiter-gehen zu können, braucht es noch mehr Menschen, die sich für die Flüchtlinge in Aub einsetzen.Die Möglichkeiten zu helfen reichen vom Engagement als Deutschlehrer/Konversationspartner über Geld-, Computer- oder Fahrradspenden bis

hin zur Unterstützung beim Ausfül-len von Anträgen oder gemeinsamen Tischkickerturnieren.Der Einsatz jedes Einzelnen zählt, um den Menschen in Aub das Gefühl zu nehmen, von den Menschen in diesem Land vergessen zu sein. Ge-meinsam können wir zeigen, dass sie uns nicht egal sind und wir sie gerne in unserer Gesellschaft empfangen!Über

V!VOVOLO e.V. Kontonummer: 44936490Sparkasse Mainfranken, Bankleitzahl: 79050000Stichwort „Aub“

kommen die Spenden direkt den Menschen in der Gemeinschaftsun-terkunft Aub zugute.

Bei Fragen kann man sich gerne an [email protected] wenden.

Wahid Feizy und Sophia Löble

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Wir leben jetzt vier Jahre in Aub. Alle Behörden behandeln uns un-freundlich. Wenn ich Englisch spre-che, sprechen sie Deutsch. Wenn ich Deutsch spreche, sagen sie, sie können mich nicht verstehen. Ich soll einen Dolmetscher mitbringen. Wenn wir einen Dolmetscher brin-gen, sagen sie:“Heute ist es zu spät, kommen Sie morgen wieder!“Wenn wir eine Arbeitserlaubnis be-kommen, muss das Arbeitsamt zu-stimmen. Wenn wir eine Stelle fin-den, erlaubt es uns das Arbeitsamt nicht, weil es erst für diese Stelle einen Deutschen oder EG-Ausländer suchen muss. Das Arbeitsamt schickt andere Leute an die Stelle, die wir gefunden haben. Wir sind wie eine Agentur, die Stellen fürs Arbeitsamt sucht. Leider werden wir dafür nicht bezahlt.Wenn wir auf der Straße laufen und zu den Leuten „Grüß Gott“ sagen, grüßen sie uns oft nicht und man-che schimpfen auch. Einmal hat uns ein Mann, der mitten in der Fahr-bahn anhielt und aus seinem LKW ausstieg, beschimpft: „Warum seid ihr hier, was wollt ihr hier; ihr wollt unser Land, wir zahlen Steuern für euch... Arschlöcher, Schweine...“ Wir dachten erst, er wollte irgendwas von seinem LKW abladen. Aber ab-geladen hat er ganz andere Sachen: Schimpfwörter.Viele Deutsche meinen, wir kommen, weil Deutschland reich ist, wegen Geld, Arbeit und sozialer Sicherheit. Aber das ist nicht wahr. Wir kommen wegen Krieg und Gewalt. Wir haben viele Tote gesehen, Verletzungen außen und innen; Verwandte, Freun-de sind gestorben. Sie haben auch vor 40 Jahren so einen Krieg gehabt. Haben Sie diese Zeit vergessen? Wenn wir nach Würzburg fahren, werden wir von der Polizei kontrol-liert und müssen unsere Aufenthalts-gestattung zeigen. Die Polizei hat das Recht, zu fragen. Für uns ist das aber etwas Besonderes. Z.B. ein Un-fall in Würzburg: Eine alte Dame hat beim Wenden ihr Auto angekratzt. Sie fragt uns, ob wir ihr helfen könn-ten ; ihr Mann schimpft, als er das

Aus dem Brief eines Asylbewerbers

sieht. Wir wollten helfen, die Poli-zei kam, viele Leute waren da. Die Polizei ist sofort auf uns zu, wollte Ausweise sehen. Sie haben nicht mit den anderen Leuten gesprochen. Sie wollten nur Ausweise von uns. Wir fragten sie, warum sie die anderen Leute nicht fragen. Dafür wurden wir geschimpft. Warum? Gott sei Dank hat die alte Dame der Polizei die Wahrheit gesagt. Einmal hat ein Polizist einen unserer Kollegen kont-rolliert und fragte: „Warum gehst du nicht zurück?“ Er machte Witze über uns, obwohl er genau weiß, was uns dort passiert. Wie eine Katze, die mit einer Maus spielt.In der Bundesrepublik sind wir keine Besucher. Sie haben auf uns nicht gewartet, aber wir sind trotzdem gekommen. Wir denken, die Regie-rung, die Verwaltung und die Gerich-te handeln ungerecht. Sie schicken Waffen an die Regierung in unserer

Heimat, die sie benutzt, um [andere] zu töten. Stellen Sie sich vor, in der Bundesrepublik gäbe es zwei Völker, die sich bekämpfen und [unser Land] würde für eine der beiden Seiten Waffen liefern!Wir haben viel zu viel verloren. Wir bekommen immer schlechte Nach-richten aus der Heimat, und hier sind auch keine freundlichen Verhältnis-se. Wir haben die Hoffnung auf ein gutes Ergebnis in der Bundesrepub-lik aufgegeben. Wir denken manch-mal, wir haben etwas falsch gemacht, dass wir hierher gekommen sind. Aber wir hatten keine andere Wahl, zu überleben.

Aus dem Brief eines Asylbewerbers , veröffentlicht im „Schaukasten“,der Zeitschrift von Studenten des Priesterseminars Würzburg zum Sommersemester 1987

© Interkulturelle Woche

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„Ab-schie-bung“. „Resi-denz-pflicht“. „Lager“. Diese Wörter kennt Manuel. Doch die Frage „Wie geht es dir?“ kann er nicht beantworten. Der schlaksige Junge steht im Flur vor seinem Zimmer im Erstaufnahmelager für Flüchtlinge, Baierbrunner Straße14, in München. Er wartet auf seine serbischen Freunde, um in der Innenstadt an einer Demons-tration gegen die Lebensbedingungen in Lagern teilzunehmen. Nächste Wo-che Dienstag soll er abgeschoben wer-den, zusammen mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester. Es ist Mitt-woch Vormittag, kurz vor zwölf. Fast alle Türen im Lager sind geschlossen. Die kobaltblauen, blanken Wände und der graue Linoleumboden lassen an verlassene Schwimmbadgänge erin-nern. Abgestandene Luft, Wasserfle-cken, Schimmel, Risse in den Wänden und der Geruch von Urin.

In Deutschland gibt es hunderte sol-cher Flüchtlingsheime. Mehrstöckige Gebäude, ein Gang wie der andere. Rechts Zimmer, links Zimmer. Zwei Bäder pro Etage. Menschen waschen sich in Waschbecken. Oft genug Frau-en, Männer, Kinder, alle gemeinsam. Eine Großküche. „Das Leben besteht aus essen und schlafen und essen und schlafen. Du kannst nicht mehr den-ken. Mit deinem Leben geht dein Kopf zugrunde“, erzählt Phoebe. Sie lebt im Lager in Hennigsdorf, 40 Kilome-ter entfernt von Berlin. „Du isst nicht mehr zu normalen Zeiten. Manchmal wartest du bis vier Uhr nachts, bis die Küche frei ist. Dann kochst du. Dann schläfst du um sieben Uhr morgens. Da stehen andere Leute schon wieder auf”. Wie das Lager in Hennigsdorf lie-gen die meisten Unterkünfte außer-halb des Stadtzentrums, abgeschirmt von deutschen Mitbürgern. Und abge-schirmt vom Leben.

»AusgeLAGERt«Gerne werden sie als „Randgruppe“ bezeichnet: Asylbewerbe-rInnen in Deutschland. Doch haben sie sich den Platz am Rand der Gesellschaft selbst ausgesucht? Ein Blick in den Alltag von Flüchtlingen.

„Man bringt die Flüchtlinge nicht ohne Grund isoliert am Rande der Städte unter“, sagt Lukas von der Karawane München, einem Zusammenschluss von politisch aktiven Menschen in Bayern, die sich für Flüchtlingsrechte einsetzen. „Die Staatsregierung will verhindern, dass die Flüchtlinge sozia-le Kontakte knüpfen, sich ihrer Rechte bewusst werden und am gesellschaft-lichen Leben teilhaben. Denn das könnte die Abschiebung erschweren“, fügt er hinzu. Auch versuchen die bay-erischen Behörden, die Zustände in den Lagern zu verleugnen. Beim Erst-aufnahmelager in der Baierbrunner-straße in München wurde letztes Jahr die Außenfassade in einem schönen, warmen goldgelb gestrichen. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt.

„Dir ist nicht erlaubt zu arbeiten. Dir ist nicht erlaubt, dich überall frei zu bewegen. Eigentlich ist dir überhaupt nichts erlaubt. Du bist an einem Ort eingesperrt. Du kriegst etwas zu essen und einen Platz zum Schlafen“, meint Manuel, „aber ich denke, das ist kein Leben. Du hörst auf zu denken.“

Aufgrund der sog. Lagerpflicht, die auf Bundesebene das Asylbewerber-leistungsgesetz (AsylbLG) und das Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) re-geln, müssen AsylbewerberInnen in Deutschland meist so lange in Lagern oder Gemeinschaftsunterkünften le-ben, bis ihr Asylantrag entweder po-sitiv entschieden wird oder sie in ihr Heimatland abgeschoben werden. Die Form des Wohnens unterscheidet sich jedoch von Bundesland zu Bundesland, wobei es in Bayern, das mit mehr als 125 Unterkünften für Asylbewerbe-rInnen Spitzenreiter ist, mit Abstand die strengste Lagerpflicht gibt. Die Verteilung auf Sammellager soll, so

die Bayerische Asyldurchführungsver-ordnung (DV Asyl) vom 04.06.2002, »die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern« (§7 Abs. 5). Die ca. 10.000 Plätze in Flüchtlingsunter-künften in Bayern reichen bei weitem nicht für alle AsylbewerberInnen, was starke Überfüllung der Unterkünfte zur Folge hat. Schuld sei nach Infor-mationen des bayerischen Flücht-lingsrates jedoch nicht eine steigende Anzahl von Flüchtlingen, sondern die vehemente Weigerung der Staats-regierung, die Lagerpflicht aufzuhe-ben und geflüchteten Menschen die Möglichkeit zu geben, sich selbst eine Wohnung zu suchen.

In einigen Bundesländern erhalten die Flüchtlinge Leistungen meist nicht in Bargeld, sondern in Form von Gut-scheinen oder Essenspaketen. Im La-ger Hennigsdorf in Berlin bekommen sie Gutscheine, die nach dem Asylbe-werberleistungesetz allerdings aus-schließlich in bestimmten Supermärk-ten und ausschließlich für Nahrung ausgegeben werden dürfen. Zusätz-lich erhält jeder Flüchtling Taschen-geld in bar. Damit sollen alle restlichen Ausgaben gedeckt werden: Hygiene-artikel, Geschirr, Telefon, Nahverkehr und auch der eigene Anwalt müssen davon bezahlt werden. Diese früher 40, ab August dieses Jahres nach der Ent-scheidung des Bundesverfassungsge-richts immerhin 130 Euro kriegt auch Manuel in München. Doch sein Essen darf er nicht selbst auswählen. Wie die anderen 350 Mitbewohner in der Baierbrunnerstraße erhält er zwei Mal in der Woche ein Essenspaket. Pizza, Dosenessen, Bananen, Nudeln. Es ist immer das gleiche.

„Manchmal fühle ich mich wie ein Mülleimer“. Phoebe sitzt auf einem

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schwarzen Sofa in Hennigsdorf im Zimmer ihrer Freundin Sarah. „Diese Gutscheine sind eine Art Papier, das versucht Menschen zu diskriminieren und ihr Selbstbewusstsein zu verrin-gern. Du bist darauf beschränkt, nur

–sie nennen es – Le-bens-mit-tel zu kaufen. Jedes Mal, wenn du die Din-ge auswählst, musst du zählen oder einen Taschenrechner mitnehmen. Ich sehe etwas für zwei Euro und ich habe zum Beispiel einen Gutschein über fünf Euro. Also werde ich nicht genau das nehmen, was ich will. Denn es könnte mehr kosten. Oder weniger. Und du wirst kein Wechselgeld erhal-ten. Und wenn es mehr kostet, dann fehlt dir das Geld um den Unterschied zum Gutschein auszugleichen.“ Wäh-rend Phoebe das erzählt, lacht sie.

„Die anderen Leute werden genervt, wenn sie in der Schlange hinter uns stehen. Vielleicht denken sie: Kann die nicht schneller machen? Kann sie nicht warten, bis wir mit unserem Geld be-zahlt haben? - Ich weiß es nicht.“

Wir sind mit Manuel auf dem Weg zur Demonstration vor dem bayerischen Sozialministerium. Auf dem Flyer ist der Inhalt eines Essenspaketes zu sehen, darüber steht „Return to Sen-der!“. Über hundert Menschen laufen die Lothstraße hinunter, einem offe-

nen Wagen hinterher. »Gegen Essens-pakete! Gegen Lagerbedingungen! Gegen Residenzpflicht! « Der Mann auf dem Wagen ruft ins Mikrofon, die Leute hinter ihm schreien die gleichen Slogans. Auch Manuel schreit mit. »Re-si-denz-pflicht! Das kenne ich.« Die DemonstrantInnen halten Trans-parente in die Höhe, auf denen „Lager machen krank“ oder „Essenspakete abschaffen“ steht. »Ich kann nicht le-sen, was da drauf steht«, sagt Salam aus Somalia, 24. »Ich würde so gern Deutsch lernen, aber der Sprachkurs kostet 100 Euro, soviel habe ich nicht.«

Zurück in Berlin Hennigsdorf. „Du hast Angst, irgendwo hinzugehen“, sagt Phoebe leise. „Denn du weißt nicht, was dann passieren kann. Vielleicht gibt es irgendwo unterwegs Ärger und du als Ausländer erhältst eine Strafe. Dann hättest du kaum Geld, um sie zu bezahlen. Also musst du hier drin blei-ben. Und das ist der Grund, wieso du manchmal ausrastest, denn dein Kopf denkt nicht mehr richtig. Manchmal fühlst du dich so erdrückt, dass du Lust hast etwas zu zerschlagen. Aber du beherrschst dich. Ich erinnere mich, dass einmal ein Junge hier war. Er wurde sehr wütend, als er diese Gut-scheine abholte und hörte, dass sie sie Gut-Scheine nennen. Es sind kei-

ne Gut-Scheine, es sind Bad-Scheine, schrie er. Der Junge drehte durch und begann, sein Zimmer zu verwüsten und auf den Kopf zu stellen. Bevor er fertig war, kam die Polizei.“ Sarah, Phoebes Freundin, nickt mit dem Kopf.

„Es ist alles schmerzhaft, und deshalb kämpfst du gegen dein Zimmer, doch auch das wollen sie nicht. Du kannst nicht glücklich sein, deshalb musst du mit etwas kämpfen. Ich kann nicht ge-gen meine Leute hier kämpfen, denn sie haben das gleiche Problem. Aber wenn ich gegen mein Zimmer kämpfe, ist es auch ein Problem. Dann kommt die Polizei.“

Vier Wochen später. Manuel ist wie-der in Serbien. Er weiß, was Strafe auf deutsch bedeutet. Er weiß, was es heißt, eine Pflicht zu erfüllen. Er weiß wie es ist, sich nicht mehr als Mensch zu fühlen. Als wir mit ihm sprachen hat er gesagt, dass er nun nicht mehr nach Deutschland wolle.

Hanne Bohmhammel, Verena Nitsche

Danke an die Macher_Innen des Films: LagerlandSiehe auch: www.lagerland-derfilm.de

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BuchKommunikation

Kunst

liebt und lebt:

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Das Mainfranken Theater Würzburg gibt seinem Jahres-Spielplan häu-fig ein bestimmtes Motto. Alle drei Sparten des Hauses, Schauspiel, Oper und Ballett, beteiligen sich dar-an, indem sie einige ihrer Stücke un-ter das gemeinsam vereinbarte Leit-thema stellen. Für die Spielzeit 2011 / 2012 hatte man sich auf das Thema ›Fremde – Ferne – Heimat‹ verstän-digt. Namhafte Bühnenwerke hatte man dazu ausgewählt. So kam unter anderem Giacomo Meyerbeers Oper

„Die Afrikanerin“ zur Aufführung; das Ballett tanzte eine an William Shakespeares „Othello“ orientierte Choreographie. Im Mittelpunkt des Schauspielbeitrags standen zwei Ur-aufführungen.

Von Mitte Oktober bis Ende Dezem-ber stand das Stück „Les funérailles du désert – Die Stadt der Einsamen“ auf dem Spielplan. Gemeinsam ha-ben Künstler aus Burkina Faso und Würzburg Fragen und Eigenheiten

Die Einstellung zu Ausländern und Asylsuchenden als Schauspiel

des gesellschaftlichen und familiä-ren Lebens in ihrer jeweiligen Heimat szenisch aufbereitet und mehrspra-chig in ihrer jeweiligen Mutterspra-che (Burkinische Landessprache Mooré, französisch und deutsch) auf die Bühne gebracht. Das mutige Ex-periment ist gelungen. Viele der Auf-führungen waren ausverkauft, fast immer erhob sich das begeisterte Publikum und bezeugte den Künst-lern stehend Respekt. Diese so nicht vorhersehbare positive Reaktion der Zuschauer war ein eindrucksvolles Signal der Bereitschaft des Würzbur-ger Publikums, sich mit der Mentali-tät von Angehörigen fremder Kultu-ren offen auseinanderzusetzen.

Diese höchst erfreuliche Erfahrung wiederholte sich bei den Aufführun-gen des etwa zeitgleich für Kinder ab 5 Jahren gezeigten Weihnachts-märchens „Ayana Rabenschwester“. In den 34 stets ausverkauften Auf-führungen wurden die Kinder in die

fremdartige Welt Afrikas geführt – und verfolgten das interaktiv ge-staltete Bühnengeschehen mit der gleichen Begeisterung und Freude wie zum Beispiel im Vorjahr bei „Pip-pi Langstrumpf.“

Als drittes Werk, mit dem das Schau-spiel des Mainfranken Theaters sein Publikum zu einer Beschäftigung mit Menschen aus fremden Regionen und Kulturen herausforderte, kamen im März 2012 „Die Schutzflehenden“ von Hans-Werner Kroesinger nach Euripides auf die Bühne. Aus ver-schiedenen Gründen waren die Re-aktionen des Publikums bei diesem Stück am wenigsten vorhersehbar: Behandelt wurde das Thema ›Asyl‹. Es ist nicht sonderlich populär, viel-fach schwingt bei der Nennung des Wortes ›Asylant‹ eine negative bis ablehnende Haltung mit. Auch die Darbietungsform auf der Bühne war für fast alle Besucher neuartig, wur-den sie doch zwei Stunden hindurch,

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ohne Pause, mit einer umfangrei-chen Textsammlung konfrontiert, die der wenig bekannten Gattung des ‚Dokumentartheaters’ zuge-ordnet ist. Es gab weder eine span-nungsvolle, sich sukzessive auf ein logisches Ende entwickelnde Hand-lung, noch traten die Darsteller in festen Rollen auf. Doch schon die Resonanz auf das Angebot einer vor-bereitenden Vortragsreihe ließ ein starkes Interesse der Bürgerschaft erkennen. Auch zur Matinee kamen weit mehr Besucher in das Theater-foyer als üblicherweise. Dieser Zu-spruch setzte sich bei den insgesamt 14 Aufführungen sogar mit steigen-

der Tendenz fort.In der Besucherstatistik spiegelt sich das hier positiv gestimmte Resümee bei einer Auslastung von knapp 50% nicht unmittelbar wider. Doch wäh-rend andernorts dokumentarisches Theater oftmals nur einem mit dem Genre vertrauten überschaubaren Publikum gezeigt wird, wurde das Würzburger Stück im Großen Haus dem regulären Abonnentenpubli-kum angeboten und zog etwa 3700 Zuschauer an.

Viel wichtiger als die Analyse sol-cher Zahlen ist freilich der Blick auf die Wirkung, die das Stück erzielen konnte. Die Aufführungen haben bei dem Publikum ganz überwiegend die dem Thema angemessene Nach-denklichkeit bewirkt und oftmals die Bereitschaft ausgelöst, vorhan-dene Vorurteile abzulegen und sich intensiver mit der Problematik zu befassen. Nicht wenige Besucher ha-ben unter dem Eindruck der Auffüh-

rung bekannt, sich bisher ungeach-tet mancher Berichte in der Presse nicht wirklich mit den Zuständen in der Würzburger Sammelunterkunft („Gemeinschaftsunterkunft / GU“) in der Veitshöchheimer Straße be-fasst zu haben. Wir wissen von vielen, dass sie daraus spontan die Konse-quenz gezogen haben, sich nun einer der – auch im Programmheft vorge-stellten – Initiativen anzuschließen, denen ein menschenwürdiger Um-gang mit den Schutzbedürftigen am Herzen liegt.

Aber auch neue Initiativen entstan-den: So bietet der Verein der Würz-

burger Gästeführer e.V. jetzt auch eigens Führungen für Bewohner der

„GU“ an, um ihnen die Stadt, in die sie ihr Schicksal geführt hat, näher zu bringen, um sie spüren zu lassen, dass sie hier für die Dauer ihres Auf-enthaltes als Mitbürger willkommen sind.

Auch das Mainfranken Theater selbst hat sich wiederholt für die Bewohner der Sammelunterkunft geöffnet. Etwa 80 Bewohner der „GU“ folg-ten der Einladung zur Premiere des Stücks. Eine stattliche Gruppe von Kindern aus der Sammelunterkunft war wenig später – begleitet von stu-dentischen Mitgliedern des Arbeits-kreises Asyl der Katholischen Hoch-schulgemeinde (KHG) – zu Gast bei einer Aufführung des Kinderstücks

„Der Fischer und seine Frau.“Schließlich boten die jeder Auffüh-rung vorangehenden Einführungen immer wieder auch die Möglichkeit, auf aktuelle Entwicklungen in der Si-

tuation der Asylsuchenden einzuge-hen. Das galt zunächst dem öffent-lich vollzogen Hungerstreik einer Gruppe aus der „GU“, der später zu der umstrittenen Aktion der zuge-nähten Münder führte – eine Form des Protestes, der auch in der „GU“ selbst auf Unverständnis und Unmut stieß. Auf vielfältige Bitten aus der

„GU“ konnte diese Distanzierung im Rahmen der Einführungen in die Würzburger Bürgerschaft vermittelt werden. Als sich die Katholische Hochschul-gemeinde vor die Situation gestellt sah, die lebensbedrohende Abschie-bung eines Asylsuchenden nur noch

durch das Instrument des Kirchen-asyls verhindern zu können, bot das Forum des Theaters auch in diesem Fall eine zusätzliche Möglichkeit, die Grundlagen und die Intention dieser humanitären Maßnahme öffentlich darzulegen und dem verantwort-lichen Studentenpfarrer Burkhard Hose dadurch den Rücken zu stärken.

Als verantwortlicher Dramaturg dieser Produktion war es für mich schon wäh-rend der vorbereitenden Recherche und dann während der Aufführungen eindrucksvoll zu erleben, mit welcher Sympathie dieses Angebot des Thea-ters von der Bürgerschaft aufgenom-men wurde und wie viel Rückhalt es auch im Theater selbst für diese Arbeit gab. Es bleibt zu hoffen, dass diese so positive Grundhaltung so lange anhält, wie es die durch staatliche Vorgaben unbefriedigenden Rahmenbedingen erforderlich macht.

Ulrich Sinn

Alle Bilder : © Falk von Traubenberg

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Mina und Said © Katrin Heyer

Dieses Theaterprojekt ist einzigar-tig: Flüchtlinge aus der Würzburger Gemeinschaftsunterkunft für Asylsu-chende spielen Momente ihres Lebens, Szenen aus der Heimat, Szenen in Deutschland. Sie spüren dabei auf ein-dringliche, poetische und manchmal auch tragikomische Weise dem We-sen des Menschen nach, der trotz un-terschiedlicher Prägung gemeinsame

Traum vom MenschenEin Stück von und mit Flüchtlingen

Aufführungen im November:Freitag, 16. November 2012, 20 Uhr, Katholische Hochschulgemeinde Würzburg, Theatersaal

Samstag, 17. November 2012, 20 Uhr, Katholische Hochschulgemeinde Würzburg, Theatersaal

Sonntag, 18. November 2012, 18 Uhr, Marienkapelle Würzburg (Eröffnung der Friedensdekade)

Einführung in das Stück auf der Bühne, im Anschluss Publikumsge-spräch

Mit freundlicher Unterstützung von:Freundeskreis für ausländische Flüchtlinge im Regierungsbezirk Unterfranken e.V.(www.faf-unterfranken.de),V!vovolo e. V. ( www.vivovolo.de) und der KHG Würzburg

Sehnsüchte und Hoffnungen besitzt.

„Traum vom Menschen“ setzt die über-regional beachtete Arbeit der Würz-burger Flüchtlingstheatergruppe fort, über deren erste große Inszenierung

„Traum vom Leben“ der Bayerische Rundfunk schrieb: „Das, was auf der improvisierten Bühne präsentiert wird, geht direkt ins Herz“.

Künstlerische Leitung: Barbara Duss / Alexander Jansen

Mit Darstellern der Würzburger Flüchtlingstheatergruppe aus Af-ghanistan, dem Irak dem Iran und dem Sudan.

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Give us one chance! Will life ever come again to the refu-gee camp? It is true that human mind is the motor of the whole body. In this case, unwillingly, the mind of refugees gets idle and fixed only on sleeping and eating. One of the refugees told me that in this country prisoners have more rights than refugees who seem to be condemned to suffer wherever they go, in the home or on their way or in the host country. No question then that finally people are mentally more exhausted than their bodies. As a refugee who has the right to move in Unterfranken, almost all refugee camps that I visited so far, I don’t know the reason, they are isolated from the local people. Most of the local peop-le don’t have any information about these camps. That is one of the ma-jor problems why the locals keep at a distance from the refugee camps and many of them are just passing by indif-ferently. They don’t like to meet, even to see refugees. Why ignoring people in a Christian country like Germany? We are people like you whom God had made in his likeness and image.

I remember in Münnerstadt, we had an opposition political discussion. Almost all members from Unterfranken were walking from the train station to the camp and we met an old man on the way who said: “Was macht ihr hier, das Land gehört uns. Raus, das ist unser Vaterland!” We had no words and fi-nally one guy from the group told him: “Thank you very much for your friend-ly welcoming approach. We know that you have been working very hard for your country to build the economy and democracy at the same time. Otherwi-se who is fleeing to this land without your positive contribution?”

That is true that nobody is coming to this country if there is not the right to speech and opinion, the right to move and de-mocracy in general etc. I understand some of the local people. They don’t have real information from politicians and officials about the situation of refu-gees. I guess, the only information given to people, mostly in a threatening way, is about the number of foreigners and

refugees living in this country. That’s it. Come and visit us and see the reality in-cluding small but essential details. Take a few days from your holidays by your very personal experience and then you can decide about refugees whatever you like. Some of the refugee camps don’t have local volunteers, only the house-keepers are the king of the camp. And the story about housekeepers is everywhere the same: some are friendly, committed and others are cruel tyrants. In many of those small, remote camps even if some hours of social service per week are granted, those housekeepers can do whatever they like, not only by food distributi-on, by picking up the letters, by giving cleaning materials etc. You can not imagine these small details what is happening on refugees then. That is behind the scene!

I am experiencing the same thing eve-ry day and no change at all for years. When I was in my homeland I had a vi-sion and plans and I had a meaning for life. Now, all these things disappeared as I became refugee. Everything is me-aningless for me. No change at all for three years. Lost days and years of my life which will never come back for a second chance.

I live with a friend in a small room. 7 qm each refugee, that’s the regulati-ons - for three years now.Thanks to God my friend has got the permission to stay outside. He will start a new life after three ye-ars in the camp. He told me: “Now I am mentally free, but it is very difficult to adapt to the life outside because it looks like totally another world.” And he continued: “For me, I feel like I am out of prison. But although I sleep in a silent place now, how can I forget the noise from the people in the camp and the cars’ and the trains’ sound distur-bing noise next to our refugee camp? It is very difficult to adapt my sleeping hour.” He said again: ”Don`t ask me about the stress of the language barri-er, how difficult it is, going from office to office and filling forms, with no idea

what it is all about. If you don’t have an interpreter, forget about it!”Anyway, step by step he can enjoy freedom after all, in comparison to the rest of the refugees. He can learn the language if his mind has remained ready to study at all after three years in the refugee camp. He can work if he still has the energy to stand up and go for a new life and he can move allover Germany.

We can not forget what has happe-ned to us, what we have experienced, suffered, felt and heard, ever even if we get the second chance in life. And there are so many details of experi-ence breaking your mind and body, for instance, nothing to accomplish eve-ry single meaningless day but sitting almost the whole time in an old sofa and watching movies, of which we don’t understand the language. Then people coming to our rooms without any appointment including the house-keeper and disturbing our privacy any time, day and night. Knocking of door from neighbouring refugees; they are asking a lot of things, tomato, potato, onion, salt, sugar, water, cooking ma-terials etc. The permanent stress and noise of an overcrowded place with all kinds of different people living to-gether by force for long, whether they can get along with it or not.

The other thing, I never forget what the housekeeper was telling me fre-quently. He said: “You know what, Germany has no money any more, un-employment is increasing in this coun-try because we are paying a lot of mo-ney for European countries which are in a crisis right now like Greek, Spain and Portugal etc. Now we don’t have the money to invest on refugees, and let me tell you, we don’t accept any re-fugees no more.”

No one knows what comes tomorrow. So before this unknown tomorrow is coming, give us one chance today!

David John

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Gebt uns eine Chance!

Wird das Leben jemals in das Flücht-lingslager zurückkehren? Es ist wohl wahr, dass die menschliche Psyche der Motor des ganzen Körpers ist. So bleibt es nicht aus, dass der Lebens-wille des Flüchtlings erlahmt, ob er will oder nicht; er wird träge und nur aus-gerichtet auf Schlafen und Essen. Einer der Flüchtlinge erzählte mir einmal, in diesem Land hätten Gefangene mehr Rechte als Flüchtlinge. Diese schei-nen überall zum Leiden verdammt zu sein, egal wo: ob in ihrer Heimat, auf der Flucht oder hier im Gastland. Kein Wunder, dass sie schließlich psychisch mehr erschöpft sind als körperlich.Fast alle Lager, die ich bisher als Flüchtling in dem mir gestatteten Re-gierungsbezirk Unterfranken besucht habe, sind aus irgendeinem Grund isoliert von der Lokalbevölkerung. Die meisten der Einheimischen haben keine Informationen über diese Lager. Das ist eines der Hauptprobleme, wa-rum sie einen großen Bogen um die Unterkünfte machen oder einfach nur gleichgültig vorbeigehen. Sie mögen es nicht, Flüchtlingen zu begegnen, ja, Flüchtlinge nur zu sehen. Wieso werden Mitmenschen so missachtet in einem christlichen Land wie Deutsch-

land? Wir sind ebenso Menschen wie ihr und genauso geschaffen in Gottes Bild.Ich kann mich an den Tag erin-nern, als wir in Münnerstadt ein Oppositionstreffen hatten. Fast alle Mitglieder aus Unterfranken reisten mit dem Zug an. Als wir nun alle vom Bahnhof zum Lager liefen, sprach uns ein alter Mann an: „Was macht ihr hier, das Land gehört uns! Raus, das ist unser Vaterland!“ Uns fehlten die Worte, schließlich erwiderte einer aus der Gruppe: „Herzlichen Dank für Ihre netten Worte des Willkommens. Wir wissen, dass Sie für Ihr Land sehr hart gearbeitet haben, um gleichzeitig die Wirtschaft und die Demokratie wie-der aufzubauen Wer würde sonst in diesem Land Zuflucht suchen wollen, ohne Ihren positiven Beitrag?“Das stimmt wohl, dass niemand in die-ses Land käme ohne Redefreiheit und Recht auf freie Meinungsäußerung, ohne Bewegungsfreiheit und Demo-kratie im Allgemeinen. Ich habe Ver-ständnis für einige der Einheimischen. Sie bekommen von den Politikern und den Behördenmitarbeitern nicht die richtige Information über die Lage der Flüchtlinge. Ich denke, die einzige In-

formation, die die Menschen erreicht, ist meist die Zahl der Flüchtlinge und Ausländer allgemein; sie wirkt bedroh-lich und macht ihnen Angst. Kommen Sie doch zu uns und erfahren Sie die ganze Wahrheit in ihren kleinen, aber entscheidenden Details! Nehmen Sie sich einige Tage Ihres Urlaubs Zeit und lernen Sie uns wirklich kennen, und dann entscheiden sie über Flüchtlinge, wie Sie möchten.In manchen Flüchtlingsunterkünften gibt es keine ehrenamtlichen Unter-stützer, nur die Hausmeister halten das Zepter in der Hand. Und wie es so mit Hausmeistern ist: Da gibt es men-schenfreundliche, verantwortungs-volle Persönlichkeiten oder auch raue Tyrannen. Es mag in vielen kleinen, ab-gelegenen Lagern wohl einige wenige Stunden Sozialberatung in der Woche geben; es sind jedoch die Hausmeister, die nach eigenem Gutdünken schalten und walten können, wie sie wollen.Sie geben Essen aus und Reinigungsma-terialien, sie sind die Poststelle und sie entscheiden über fast alle Abläufe im Haus. Wo es faktisch keine wirksame Aufsicht gibt, dort sind es mitunter kleine Begebenheiten, die in der Sum-me den Flüchtlingen das Leben zur

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2111 / 2012

Hölle machen können. Das geschieht alles hinter den Kulissen.Seit Jahren nun ist für mich ein Tag wie der andere ohne Entwicklung und Abwechslung. Zu Hause hatte ich Visi-onen und Pläne für mein Leben, Ziele, für die sich Anstrengung und Einsatz gelohnt haben. Mein Leben hatte ei-nen Sinn. All das verschwand mit dem Tag, an dem ich zu einem Flüchtling wurde. Es gibt jetzt nichts mehr von Bedeutung in meinem Leben. Nicht die kleinste Bewegung in drei Jahren. Verlorene Tage und Jahre meines Le-bens, die niemals wiederkommen wer-den. Ich lebe in einem kleinen Zimmer mit einem Freund. 7 m² für jeden, das sind die Vorschriften. Nun schon für drei Jahre.Glücklich darf sich mein Freund schät-zen, der endlich die Erlaubnis bekom-men hat, draußen zu leben. Er wird nun nach den Jahren im Lager ein neu-es Leben anfangen.“Ich bin nun inner-lich frei,“ so sagte er mir, „ aber es ist sehr schwierig, da draußen Fuß zu fas-sen, das Leben ist so anders hier.“ Und er fuhr fort:“Ich fühle mich nun wie ein entlassener Strafgefangener. Obwohl ich endlich einen ruhigen Platz zum Schlafen habe, wie kann ich den Dau-erlärm des Lagers aus meinem Kopf bekommen, die Geräusche der Autos und der Züge direkt vor dem Lager?

Es fällt mir schwer, mich umzustellen und zu meinem Schlafrhythmus zu finden.“ Schließlich seufzte er: “Frag mich besser nicht nach den hohen Hürden im Alltagskampf ohne Sprach-kenntnis, nach dem Stress, von Amt zu Amt zu rennen, unverständliche Formulare auszufüllen, nichts zu ver-stehen. Wenn du keinen Dolmetscher an der Hand hast, vergiss es!“Immerhin kann er Schritt für Schritt seine neue Freiheit genießen, vergli-chen mit dem Rest der Flüchtlinge. Er kann nun die Sprache erlernen, wenn sein Verstand nach der zermürbenden Lagerzeit dazu noch im Stande ist. Er kann Arbeit finden, wenn er noch ge-nug Lebenswillen und Energie aufbrin-gen kann, aufzustehen und für sich zu kämpfen nach all den Jahren. Er kann sich ein neues Leben aufbauen und sich überall in Deutschland frei bewe-gen.Auch wenn wir irgendwann vielleicht eine zweite Lebenschance bekom-men, keiner von uns wird jemals ver-gessen können, was ihm widerfahren ist, was er durchlitten, gehört und ge-fühlt hat. All die vielen Erfahrungen, die Geist und Körper brechen, wie die Sinnlosigkeit eines jeden Tages, auf dem verschlissenen Sofa vor dem Fernseher sitzen, Filme in einer Spra-che schauen, die man nicht versteht

und warten, bis es Abend wird. Alle möglichen Personen oder Hausmeis-ter, die Tag und Nacht unerwartet und ungefragt ins Zimmer poltern können und Privatsphäre, Ruhe, Rückzug zum Fremdwort machen. Mitbewohner, die an die Türen klopfen zu jeder Zeit, die dies und das wollen, eine Tomate, Kartoffeln, Zwiebeln, Salz , Zucker, eine Wasserflasche, Kochgeschirr usw. Der Dauerlärm und die drangvol-le Enge einer überfüllten Unterkunft, wo die unterschiedlichsten Menschen gezwungen sind, auf lange Zeit zu-sammen zu leben, ob sie es wollen und ertragen können oder nicht. Und dann sagte doch dieser Hausmeis-ter öfters etwas zu mir, was ich nicht vergessen kann: „Weißt du, Deutsch-land hat kein Geld mehr; die Arbeits-losigkeit nimmt bei uns zu, weil wir der Zahlmeister für andere europäische Krisenländer wie Griechenland, Spani-en , Portugal usw. sind. Wir haben kein Geld für Flüchtlinge und wir wollen sie hier nicht mehr!“Niemand kann sagen, was morgen sein wird. Warten Sie also nicht auf dieses unbekannte Morgen, sondern geben Sie uns heute noch eine Chan-ce!

David John

Am 17. Juni 2012 luden die Kinderfest-spiele Giebelstadt (Leitung Brigitte Obermeyer und Hannes Hirth) Fa-milien mit Kindern aus der Gemein-schaftsunterkunft Würzburg zu einem unvergesslichen Theatererlebnis ein. Das Kinderstück „Der Grüffelo“ zog die 30 kleinen und großen Besucher in seinen Bann: das mutige Mäuschen und seine wuselige Mausfamilie, das liebenwerte Nusshörnchen, der coo-le Fuchs, die hinterlistige Eule, die aalglatte Schlange und erst recht der wuchtige Grüffelo mit seinen Krallen, Zähnen und Stacheln. Gerade auch die im Stück eingestreuten rhythmisch flotten Lieder kamen sehr gut an.

Anke Bub

Zu Besuch beim „Grüffelo“

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Menschenwürde ist nicht verhandelbar

„Die Zustände in diesen Auffanglagern sind entsetzlich. Dort werden tagtäglich Men-schenrechte verletzt“, so die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/ Die Grünen am 14.12. 2011 zu den menschenrechtswidrigen Bedingungen für Flüchtlinge in Griechenland.

Im Jahr 2011 wurden rund 55.000 Flüchtlinge und Migranten an der griechischen Grenze auf-gegriffen und inhaftiert. Ein großer Teil von ihnen sind Menschen, die aus dem Irak, dem Iran, aus Syrien oder Afghanistan und Somalia über die Türkei nach Europa geflohen sind.

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Es ist einfach, mit dem Finger auf Griechenland zu zeigen. Doch wer über die dramatische Situation in Griechenland spricht, darf über die eigene Verantwortung nicht schwei-gen. Europa bürdet die Verantwortung für die Durchfüh-rung von Asylverfahren einem der ökonomisch und poli-tisch schwächsten Mitgliedsstaat der Europäischen Union auf. Nach dem geltenden Dublin-II-Abkommen ist der Staat für das Asylverfahren zuständig, der einen Flüchtling einreisen lässt.

»Griechenland braucht Hilfe – Griechenland bekommt Hil-fe«, so äußerte sich der damalige Bundesinnenminister De Maizière im Oktober 2010. Ein Frontex ( = EU-Grenzschutz-agentur, Anm.d.Red.)-Einsatz an der griechisch-türkischen Grenze folgte. Die vier Fraktionen des Deutschen Bundes-tages wollen nun festgestellt haben, »dass der Frontex-ko-ordinierte Einsatz an der griechisch-türkischen Landgrenze zu einer Verbesserung der Situation vor Ort beigetragen hat. Menschenrechte werden besser eingehalten und die Zusammenarbeit mit dem türkischen Militär hat sich signi-fikant verbessert.«

Seit Beginn der Recherchen von PRO ASYL in Griechenland und der Kooperation mit griechischen AnwältInnen und In-itiativen ist keine Verbesserung der Situation an den Gren-zen festzustellen – auch und erst recht nicht durch Frontex. Die menschenrechtswidrige Inhaftierungspraxis, die Zu-rückweisungen und Überstellungen an der Grenze gehen weiter. In der Türkei haben Flüchtlinge keinen Schutz zu erwarten – gerade wenn sie aus Staaten wie dem Iran, dem Irak, Syrien und anderen Verfolgerstaaten kommen. Ihnen droht die weitere Abschiebung. Insofern fragt sich, was deutsche Politiker eigentlich meinen, wenn sie von einer Verbesserung der Zusammenarbeit mit dem türkischen Militär sprechen?

Frontex führt in nur Minuten dauernden Verfahren ein so-genanntes Screening durch, mit dem das Herkunftsland des Flüchtlings festgestellt werden soll. Haarsträubende Fehler sind Teil des Systems. So werden beispielsweise Afghanen oft als Iraner etikettiert. Es droht die Zurück-schiebung in die Türkei. Gelingt es Menschen etwa aus Afghanistan, dem Iran und anderen Staaten Deutschland zu erreichen, so haben sie hier eine hohe Chance, einen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu

erhalten. Wenn sie jedoch die türkisch-griechische Grenze überschreiten, sind sie im offiziellen Jargon Illegale, die es abzuwehren gilt.

Hartnäckig blockiert die Bundesregierung alle Verbes-serungsvorschläge für das europäische Asylrecht und für eine solidarische Aufteilung der Verantwortung für den Flüchtlingsschutz in Europa. Im September 2011 hat das Europäische Parlament dem weiteren Ausbau der europäischen Grenzagentur Frontex zugestimmt. Verbindungsbeamte sollen auch in Drittstaaten entsandt werden. Ihr Auftrag: die dortigen Behörden zu beraten und bei Maßnahmen zur Grenzsicherung und zur Abwehr von angeblich illegaler Migration zu unterstützen.

Die Fraktionen sind sich einig, Menschenwürde ist nicht verhandelbar. Doch dies darf nicht nur für Griechenland, sondern muss auch für Deutschland und ganz Europa gel-ten. Die zunehmende Auslagerung des Flüchtlingsschut-zes kann nicht die Lösung sein. Europa braucht eine soli-darische Antwort auf die Flüchtlingskrisen der Welt, dazu gehört ein Asylsystem, das das Abdrängen an die Außen-grenzen Europas beendet. Flüchtlinge müssen die Länder im Zentrum Europas erreichen können.

Wenn Kinder allein in Athens Straßen umherirren und voller Verzweiflung versuchen, Griechenland zu verlassen, darf Europa nicht tatenlos zusehen. Ein erster Schritt wäre ein Ad-hoc-Aufnahmeprogramm für Minderjährige, die an den Grenzen Europas stranden. Doch dies ist gegenwärtig nicht in der politischen Diskussion.

Stattdessen drängen Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich, Niederlande, Schweden und Großbritannien Griechenland im März 2012 zu Maßnahmen, um die angeb-lich illegale Einwanderung in die EU einzudämmen. Statt den Flüchtlingsschutz treibt man den Ausbau der Festung voran.

aus dem Artikel von Günter Burkhardt, PRO ASYL

(c)UHCR Mathias Depardon (c)UHCR Mathias Depardon

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24 [email protected]

„Ein Euro für den Flüchtlingsschutz, 20 Euro für die Flüchtlingsabwehr“,

so in PRO ASYL - news vom 26.01.2012 :EU-Finanzhilfen im Asylwesen 2012 für Griechenland: 3.601.857 € aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds zur Flüchtlingsaufnahme. 82.103.416 € für Flüchtlingsabwehr und „Rückfüh-rung“, davon werden 44.745.804 € aus dem Außengrenzen-Fonds und 37.357.612 € aus dem Rückkehrfonds , also für die Flüchtlings- und Migrationsabwehr, bereitgestellt.

Und wohin mit all diesem Geld, und das nicht vermutlich nicht nur in diesem Jahr?

Dazu sagt das international renommierte SIPRI, Stock-holm International Peace Research Institute, Folgendes*:Der Umfang deutscher Waffenexporte nahm zwischen 2002-2006 und 2007-2011 um 37 % zu. Europa war mit 41% des Exportvolumens der größte Empfänger deutscher

Cui bono? Wem nützt es eigentlich?

(c)UHCR Mathias Depardon (c)UHCR H.J.Davies

„EU-Parlament fordert Quote für Asylbewerber: Nach einem klaren Ja in den Ausschüssen vor der Som-merpause ist klar, dass das Europaparlament eine quotengesteuerte Verteilung der Asylbewerber auf die EU-Staaten will. „Wir sind uns quer durch alle Lager einig, dass das Dublin-System nicht funktioniert,“ sagt die FDP-Europaabgeord-nete Nadja Hirsch. Das Europaparlament sieht … die Überforderung und mangelnde innereuropäische Solidarität bei der Flüchtlingsaufnahme als Hauptproblem an.Auf 1000 Einwohner kommen in der Bundesrepublik gerade einmal 0,65 Asylanträge - 4,4 sind es in Malta, 4,2 in Luxemburg, 3,1 in Schweden , 2,9 in Belgien oder 1,7 in Österreich. Das Parlament weist darauf hin, dass vergangenes Jahr nur 4125 Flüchtlinge in einen anderen Staat verlegt wurden, um etwa das kleine Malta zu entlasten... Nun soll es nach Ansicht des Europaparlaments ein fester Verteilungsschlüssel rich-ten. Die EU-Kommission wird aufgefordert, eine Machbarkeitsstudie vorzulegen.“

© Der Tagesspiegel 10.09.2012

http://www.tagesspiegel.de/politik/fluechtlingspolitik-in-europa-eu-parlament-fordert-quote-fuer-asylbewer-ber/7113122.html

Waffen.Griechenland war 2007-2011 der größte Empfänger deutscher [Waffen-] Exporte, 13% der deutschen Export-volumina von Großwaffen gingen nach Griechenland.Griechenland reduzierte seine Waffenimporte zwischen 2002-2006 und 2007-20011 um 18%. 2007-20011 war Grie-chenland der zehntgrößte Waffenimporteur weltweit, in 2002-2006 der viertgrößte!! In 2011 hat Griechenland keine neuen Bestellungen größe-rer konventioneller Waffen aufgegeben, aber es nahm die Lieferung des zweiten von vier Super Vita Schnellangriff-Schiffen aus Großbritannien und von Bezugssystemen aus Italien und den Niederlanden an. Es erhielt auch den ersten von 20 NH-90-Hubschraubern aus Frankreich. Griechenland hat noch ausstehende Bestellungen von fünf Typ-214-U-Booten aus Deutschland.

*SIPRI Fact Sheet March 2012

Eva Peteler

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The issue of refugees and asylum seekers is not a recent phenomenon, rather as long as suppressed and un-democratic governments still exist all over the world, hundreds of thousands of people are leaving homes. In this case, acceptance of refugees and asy-lum seekers by the local people is dif-ferent from people to people, culture to culture and country to country.

Of course there is a considerable con-fusion and misinformation of the local people about refugees and asylum seekers. In this case, the role and re-sponsibility of the media is high to inform the people. The media have generally presented refugees and asy-lum seekers in negative ways and fai-ling to cover the real stories which are happening on the way. We appreciate the growing awareness and recent in-terest of some politicians, local media and citizens towards sympathy for re-fugees and asylum seekers and also the current High Court decision.

Now, let us forget about the political debate which is turning public opinion whatsoever direction for a while and ask you personally as a reader and ci-tizen of a democratic country like this one. Without any doubt in this positi-on you have got the chance and the pri-vilege to elect your own government. We are refugees who have nothing to choose or to decide about. Others are doing this for us. We have been living in different camps for years, getting more and more exhausted. Although there are some positive hopes and news in favour of refugees, the accep-tance of the local citizens is a key issue.

In this case, we are asking you a refe-rendum – your decision! As a citizen of this country, your voice and vote is

Exhausted sound Part 10

Referendum about refugees – your decision!

being heard on this issue! In this case you decide about this country’s politi-cal and social position towards those knocking at your door asking for refu-ge and future. What do people, what do you personally know and think about refugees and asylum seekers in this country including the media?

We know the word referendum in the area of politics when all the citizens are asked to decide about important issues of general public interest. Now this referendum asks you to vote for completely other issues and it needs your YES or NO answer! In this case, we don’t give you a ballot paper rather your mind and heart is enough. Be ho-nest yourself! Of course, we are not coming in this country as students, tourists or those most welcome blue-card-professionals rather we are co-ming in a refugee and asylum seeker status. In this case, what is your perso-nal attitude towards refugees? What does first come to your mind when you hear or read about refugees? Fear, rejection, even disgust? Do you really appreciate other countries, cul-tures, religions and other mentalities – including their people, coming to your country? Do you really want to accept and to support those people who fled their countries from fear of persecuti-on, conflict and violence? Because this phenomenon is not a new issue, rather it has been a universal part of history since human kind is existing on earth. Ready to help us as a citizen and fel-low human? And the most important question is, do you accept us as human and give us opportunities and chances to regain our own lives?

I know some citizens who are coming to support refugees in a camp where I live right now. They have a positive

attitude towards refugees. Some of them have friends amongst the refu-gees and accompany and help them wherever they go. On the other hand some people have had a bad experience with refugees. Don’t take me wrong, I am not saying that all refugees are good guys, nice, honest and friendly. They are the same as you, not better and not worse.

However, if you approach most refu-gees, you can find a lot of heart brea-king personalized stories which were happening on the way to cross boar-ders and to get flight tickets. Then you will also appreciate some of the refugees and asylum seekers for what they have achieved and accomplished in their homelands. Some of them were standing up for their rights; they didn’t like to leave their fellow citizens for dictators. In this case, fighting with undemocratic governments by any means was the only option for some of the refugees, regardless their per-sonal risk.

The people in the refugee camps need your attention because for us this is a completely new country with unfami-liar rules, traditions, culture and envi-ronment. It is an issue of humanity, of human beings with families, objecti-ves, dreams and personalities: We are discussing and talking about individu-als who have their own memories, abi-lities and skills, humans who deserve respect, opportunities, chances and who want to enjoy the same freedom as you.

So what is your vote then?

Isaa Yakubu

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26 [email protected]

Stimme der Erschöpfung Teil 10

Referendum über Flüchtlinge – Sie entscheiden!

Das Thema Flucht und Asyl ist kein neuzeitliches Phänomen. Seit und so-lange es überall auf der Welt immer noch unterdrückende und undemo-kratische Regierungen gibt, verlassen hunderttausende Menschen ihr Zu-hause. Die Annahme dieser Flüchtlin-ge und Asylsuchenden durch die loka-le Bevölkerung unterscheidet sich von Volk zu Volk, von Kultur zu Kultur und von Land zu Land.Sicherlich gibt es beträchtliche Ver-wirrung und Fehlinformation der Einheimischen über Flüchtlinge und Asylsuchende. Hier haben die Medi-en eine große Verantwortung, um den Menschen entsprechende Infor-mationen zu liefern. Die Meldungen und Berichte sind bisher größtenteils negativ gewesen. Sie erzählen nichts von den wirklichen Hintergründen und von dem, was den Fliehenden auf ih-rem Weg widerfährt. Wir schätzen die wachsende Aufmerksamkeit und das neu erwachende Interesse einiger Po-litiker, lokaler Medien und Bürger an Flüchtlingen und Asylbewerbern wie auch die Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichts.

Lassen Sie uns nun die politischen Debatten beiseite schieben, die die öffentliche Meinung in die eine oder andere Richtung befördern. Beziehen Sie persönlich Stellung als Leser und als Bürger eines demokratischen Lan-des wie der Bundesrepublik. Zweifel-los haben Sie als Bürger einer Demo-kratie die Gelegenheit und das Privileg, Ihre Regierung frei zu wählen. Wir als Flüchtlinge haben nichts zu wählen und zu entscheiden. Andere tun dies für und über uns. So leben wir in vie-len Lagern, jahrelang. Und unsere Erschöpfung nimmt von Tag zu Tag zu. Obwohl es da und dort kleine Hoff-nungsschimmer und Neuerungen zu-gunsten von Flüchtlingen gibt, bleibt die Grundeinstellung der Einheimi-schen und ihre annehmende Haltung eine Kernfrage.

Daher bitten wir Sie eine Volksab-stimmung, um ein Referendum über Flüchtlinge – Sie entscheiden! Sie sind wahlberechtigter Bürger dieses Landes und Ihre Stimme zählt! In der Regel befassen sich Volksabstimmun-gen ja mit politischen Vorlagen, die von der Politik formuliert worden sind und Ihnen, den Bürgern, zur Entschei-dung angeboten werden. Nicht so in diesem Fall: Hier steht ein ganz an-deres Thema an und es verlangt nach Ihrem JA oder NEIN! Diesmal bekom-men Sie von uns keinen Wahlzettel , Ihr Verstand und Ihr Herz sind genug. Seien Sie ehrlich! Entscheiden Sie mit über die politische und gesellschaftli-che Haltung in Ihrem Land gegenüber Flüchtlingen und Asylbewerbern, die Sie um Schutz und Zukunft bitten.

Was wissen Sie, was denken SIE per-sönlich über Flüchtlinge und Asyl-bewerber in diesem Land, die Be-richterstattung eingeschlossen? Wir kommen in Ihr Land nicht als Touris-ten, Studenten oder als die heißbe-gehrten gesuchten Fachkräfte, son-dern als Flüchtlinge im Status von Asylsuchenden. Was ist in diesem Fall Ihre persönliche Einstellung gegen-

über uns Flüchtlingen? Was fühlen Sie als Erstes, wenn etwas über Flüchtlin-ge hören oder lesen? Furcht vor dem Fremden, Ablehnung, gar Abscheu? Schätzen Sie wirklich andere Länder, Kulturen, Religionen, andere Welt-sichten und Mentalitäten – die Men-schen eingeschlossen, wenn sie in Ihr Land kommen? Wollen Sie diese Menschen annehmen und unterstüt-zen, wenn sie aus ihrer Heimat fliehen aus Angst vor Verfolgung, Konflikten und Gewalt? Denn dieses Phänomen ist nicht neu, es ist schon immer ein Teil der Menschheitsgeschichte gewe-sen. Sind Sie dann bereit, uns als Mit-mensch und Bürger dieses Landes zu helfen? Und die wichtigste Frage von allen: Nehmen Sie uns als Menschen an und geben uns Gelegenheit und Möglichkeit, unser eigenes Leben wie-derzufinden? Ich weiß, einige Bürger kommen in das Lager, in dem ich jetzt lebe, um Flüchtlinge zu unterstützen. Sie ha-ben eine positive Einstellung zu uns. Manche haben Freundschaften mit Flüchtlingen geschlossen und unter-stützen sie auf Schritt und Tritt.

Andererseits gibt es auch Bürger, die

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keine guten Erfahrungen mit Flücht-lingen gemacht haben. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich behaupte nicht, dass alle Flüchtlinge gute Menschen sind, nett, ehrlich und freundlich. Sie sind wie Sie alle auch, nicht besser oder schlechter. Von den meisten Flüchtlinge jedoch, denen Sie näher kommen, werden Sie bewegende persönliche Geschichten hören über das, was ihnen auf ihren Fluchtwegen über Grenzen wider-fahren ist oder bei ihrem Ringen um Flugtickets. Sie werden auch Wert-schätzung empfinden für all das, was manche der Geflohenen in ihren Hei-

matländern geleistet und erreicht haben. Manche haben sich für ihre Rechte eingesetzt und wollten ihre Landsleute nicht den Diktatoren über-lassen. In diesen Fällen gab es für sie keine Alternative zum Kampf gegen die undemokratischen Regierungen, mit allen Mitteln, ohne auf das per-sönliche Risiko zu achten.

Die Menschen in den Flüchtlingsla-gern brauchen Ihre Aufmerksamkeit, denn für uns ist dies ein völlig unbe-kanntes Land mit eigener Kultur und ungewohnten Regeln und Gepflogen-heiten. Es ist eine Frage der Mensch-

Der Boxsport unter vernünftiger und sachkundiger Anleitung schult nicht nur Kraft und körperliche Geschick-lichkeit, sondern auch generell die schnelle Reaktion. Boxtraining in der Gemeinschaftsun-terkunft für Flüchtlinge (GU)? Ja, das gibt es tatsächlich – einmal pro Woche eine gute Stunde lang! Mitmachen kann jeder, der Lust dazu hat, Männer, Frauen, Jugendliche. Die Trainer Christoph Ritz, Diplomsport-lehrer und der Student Max Jaetzold sind sehr engagierte junge Männer und selbst begeisterte und erfolgrei-che Boxer. Sie verbringen gerne einen Teil ihrer freien Zeit mit interessierten Teilnehmern aus der GU.

In den Seilen hängen?Nein, zum Boxtraining gehen!

Fairness ist – und eigentlich in ext-remer Form – beim schwierigen Zu-sammenleben in einer GU gefragt. Fairness ist grundsätzlich eine der wichtigsten Komponenten des Sports; eine Kampfsportart wie Boxen erfor-dert ganz besonders die Fairness der jeweiligen Gegner.Auch kann es durchaus sein, dass der Boxer so ein gutes, ein geregeltes Ven-til für seine Aggressionen findet. Und Aggressionen entstehen zwangsläufig beim Zusammenleben von Menschen in einer so schwierigen Lebenssituati-on, wie Flüchtlinge sie ertragen müs-sen.Es ist bekannt, wie öde, deprimierend und oft einfach langweilig das Leben

in einer GU ist, wie wenig Möglichkei-ten es gibt, die nicht enden wollende

„Freizeit“ sinnvoll zu gestalten. Das Boxtraining bietet eine gute Abwechs-lung, zumindest ein Nachmittag ist

„gerettet“...Aber nicht nur von Abwechslung und sinnvoller Beschäftigung können GU-Bewohner profitieren, sondern die körperliche Tätigkeit leistet auch Ge-sundheitsvorsorge, bietet Training für Muskeln, Gelenke und Kreislauf! Ganz besonders beim aufwärmenden Seil-springen! Herzliche Einladung an alle GU-Be-wohnerInnen: MACHEN SIE MIT!

Lindi Weinberger

lichkeit für menschliche Wesen mit eigener Persönlichkeit, mit Familie, Zielen und Träumen: Wir reden hier über Individuen mit ihren eigenen Er-innerungen, Fähigkeiten und Fertig-keiten, über Menschen, die Respekt und Chancen verdienen und die sich der gleichen Freiheiten erfreuen wol-len wie Sie selbst. Also, wie entscheiden Sie nun?

Isaa Yakubu

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28 [email protected] [email protected]

Identität haben wir alle. Meine Identi-tät ist, wer ich bin. Wer ich bin, weiß niemand besser als ich, schließlich be-stimme ich, wer ich bin. Könnte man meinen. Als wissenschaftlicher Begriff ist Identität indes komplexer. Zwei Aspekte, die gerne vernachlässigt werden, sind: Erstens hat das, was ich bin, viel damit zu tun, was ich tue, tun kann, tun darf. Zweitens hängt unsere Identität in gewissem Maße davon ab, wie unsere soziale Umwelt auf uns re-agiert.

Wende ich diese beiden Gedanken auf die Situation vieler Flüchtlinge in Deutschland an, muss ich zu verhee-renden Ergebnissen kommen, was die Bedingungen für ihre Identitäts-entwicklung angeht. Tun dürfen und können sie wenig. Und ihre soziale Umwelt? Spiegelt ihnen entweder Mitleid, Gleichgültigkeit oder kaum verhohlene Abneigung: „Flüchtlinge wollen nur ein Stück vom Wohlstands-kuchen abhaben, der hierzulande hart erarbeitet wird“. Wie gesagt: Keine günstigen Bedin-gungen für die Identität. Dachte ich vergangenen Dezember. Vorher bin ich auf diese Idee nicht gekommen. Der Grund ist einfach: Mir war die Si-tuation vieler Asylbewerber schlicht nicht bekannt. Sensibilisiert worden bin ich durch einen Vortrag, den der Bayerische Flüchtlingsrat im No-vember 2011 für das Lehrprogramm

„Globale Systeme und interkulturelle Kompetenz“ (GSiK) an der Universität Würzburg gehalten hat zum Thema

„Freies Wohnen auch für Flüchtlinge?“.

Frei Wohnen? Selbstverständlich tue ich das. Heilig ist mir meine selbst ausgesuchte und eingerichtete Woh-nung, mein Refugium vor dem Alltag, wo ich Ruhe habe, wo ich ich sein darf, wo meine Fotos an der Wand hängen, meine Musik gespielt wird und die Fernsehsendung läuft, die ich sehen möchte. Für viele Flüchtlinge ist das

Identität und Asyljedoch ein schwer erreichbarer Luxus, soweit sie Regelungen unterliegen, die sie zunächst zum Wohnen in Gemein-schaftsunterkünften verpflichten. Ein kleines Zimmer, geteilt mit mehreren Fremden, ist kein Refugium, und auch wenn aus den Fremden Bekannte oder gar Freunde werden sollten: Der Ort, wo ich ungestört machen darf, was ich möchte, wird es dadurch nicht.

Im interkulturellen Diskurs themati-siert man die Auswirkungen, die es auf Menschen hat, wenn sie sich in fremd-kulturellen Umgebungen bewegen. Meine Identität, das ist natürlich das Bild, das ich von mir selbst habe. Aber dieses Selbstbild hängt von meinem Selbstwertgefühl ab und das wieder-um davon, was ich tun und erreichen kann. Kontrollüberzeugung nennt man das im Fachjargon. Bin ich über-zeugt, dass ich die Ziele, die ich habe

– im Großen (Lebensplan) wie im Klei-nen (ein erfolgreicher Behördengang)

– erreichen kann?

In der interkulturellen Vorbereitung sagt man der Studentin, die ein Aus-landsstudium anvisiert: „Du musst Dich darauf einstellen, dass Dir all-tägliche Dinge wie der Gang zum Arzt oder das bloße Abholen einer Beschei-nigung an der Universität viel schwe-rer fallen. Gerade am Anfang wirst Du länger brauchen zu verstehen, wo Du was findest, und sprachlich musst Du erst lernen auszudrücken, was Du ge-nau willst. Das kann frustrierend sein, und Du wirst Dir vielleicht ein wenig unsicher oder doof vorkommen. Oder vielleicht das Ausland und die Men-schen dort doof finden. Aber das geht bald vorbei.“

Zurückübersetzt ins wissenschaftli-che: In einer Umgebung, deren Regeln, Organisation und Kommunikations-gewohnheiten wir nicht kennen, fällt es uns schwerer zu handeln. Darunter leiden unsere Kontrollüberzeugungen.

Sind wir dauerhaft nicht in der Lage, diese Schwierigkeiten zu bewältigen, gerät unser Selbstwertgefühl und un-ser Selbstbild in Mitleidenschaft, mit anderen Worten: unsere Identität.

Während sich die Studentin im Aus-land jedoch in der Regel frei bewegen und ihr Leben leben darf, während sie im Zweifel zügig die neue Spra-che erlernt, während sie sich also das Rüstzeug zulegt, um die Herausforde-rungen zu meistern, fehlt den meisten Flüchtlingen die Möglichkeit, sich zu entfalten und ihre Situation ihren Be-dürfnissen entsprechend zu gestalten. Anders als bei der Studentin kann man nicht einfach beruhigen: „Aber das geht bald vorbei.“ Sprach- und Integ-rationskurse beispielsweise stehen in der Regel nur denjenigen zur Verfü-gung, die bereits einen Aufenthalts-titel haben. Alle anderen müssen sich die Sprache entweder selbst aneignen oder auf der Stufe der Verständigungs-unfähigkeit verharren. Was den Alltag zur Mammutaufgabe macht, denn für einen Flüchtling sind vielen Alltäglich-keiten behördliche Verfahren vorge-schaltet: Bestellung des Essenspakets. Den Bezirk verlassen dürfen, um z.B. Verwandte zu besuchen, die außer-halb desselben leben. Eine ärztliche Behandlung genehmigen lassen. Die Zustimmung für die Aufnahme einer Arbeit einholen.

Es gehört mittlerweile zu den Binsen-weisheiten, dass die gefährlichste Ne-benwirkung der Arbeitslosigkeit – ne-ben den finanziellen Schwierigkeiten

– die Depressionsgefahr ist. Arbeitslos zu sein bedeutet für viele Menschen, sich nutzlos zu fühlen. Dieses Gefühl hat mindestens zwei Quellen, die in Wechselwirkung miteinander stehen. Zum einen identifizieren sich die Men-schen mit ihrer Tätigkeit oder doch zumindest damit, eine arbeitende Per-son zu sein. Zum anderen ist der Ruf von Arbeitslosen in der Gesellschaft

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Was ist GSiK?„Globale Systeme und interkul-turelle Kompetenz“ (GSiK) ist ein deutschlandweit einmaliges Gemeinschaftsprojekt von zehn Institutionen aus sechs Fakul-täten der Universität Würzburg. Ziel des Projekts ist es, ein diffe-renziertes und wissenschaftlich fundiertes Lehrangebot zum Er-werb interkultureller Kompetenz zu schaffen.“

http://www.jura.uni-wuerzburg.de/studium/gsik4/ueber_das_projekt/

denkbar schlecht. Wer arbeitslos ist, gerät schnell in den Verdacht, faul zu sein (oder in der Ausbildungszeit ge-wesen zu sein), und das auf Kosten anderer, die mit ihren Steuern des Ar-beitslosen Lebensunterhalt bezahlen.

Für Flüchtlinge gilt zu Beginn ein 1jäh-riges Arbeitsverbot für Tätigkeiten außerhalb der Gemeinschaftsunter-kunft. Danach sind die Hürden hoch: Nur bestimmte Tätigkeiten dürfen durchgeführt werden und nur dann, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat, was bedeutet, dass sie die vom Flüchtling selbst aufge-tane Arbeitsgelegenheit erst einmal einem Deutschen oder EU-Ausländer angeboten haben muss. Arbeitslosig-keit ist Alltag unter Flüchtlingen mit allen Folgen, die das hat. Nicht zuletzt für viele, die hoch qualifiziert sind, z.B. als Ärzte oder IT-Fachleute gearbeitet hatten.

Nicht arbeiten heißt zudem, über we-nig Geld zu verfügen. In Bayern hieß das knapp 20 Jahre lang, mit einem Taschengeld von 40,90 € pro Monat auskommen zu müssen. Dass sich da-mit schwerlich ein selbstbestimmtes Leben mit einem Minimum an gesell-schaftlich-kultureller Teilhabe (eine Kinokarte kostet 6-8 €) führen lässt, liegt auf der Hand.Nichts tun dürfen und können. Aus diesem Grunde vor sich selbst und vor anderen an Achtung nicht einzubü-ßen, die negativen Einflüsse auf die Identität abzuwehren – das sind für die meisten Flüchtlinge alltägliche He-rausforderungen. Die bewältigt nicht jeder, bedenkt man, dass es zugleich mit dem Damoklesschwert einer mög-lichen Abschiebung zurecht zu kom-men gilt.

Vielfach sind diese schlechten Bedin-gungen für die Identitätsentwicklung rechtlich vorgegeben. Sie stellen staatliche Eingriffe in persönliche Rechtsgüter dar und bedürfen der Rechtfertigung. Diese Rechtfertigung ist keinesfalls immer gegeben, wie das Bundesverfassungsgericht mit sei-nem Urteil vom 18.07.2012 bestätigt, in dem es die Verfassungswidrigkeit von § 3 des Asylbewerberleistungs-gesetzes (Regelung der finanziellen Grundleistungen) festgestellt hat.

Aus diesen Erkenntnissen entstand letzten Dezember eine Workshop-Idee.Der Einfluss der Flüchtlingssituation auf die Identität, die rechtlichen Be-dingungen dieser Situation in Theorie und vor allem in der Praxis: Diese drei Themen haben die Herausgeberin des Heimfocus, Frau Peteler, Herr Feizy, sowie Herr Gauß von der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg zu-sammen mit mir am 30.06.2012 am 2. Projekttag des Projekts „Globale Sys-teme und interkulturelle Kompetenz“ (GSiK) knapp 60 Studierenden in zwei Workshops* präsentiert. Mit, wie ich hoffe, ähnlich augenöffnendem Ef-fekt wie bei mir, letzten Dezember.

Dr. Jan-Christoph Marschelke

*Die Zusammenfassung ist im Internet abrufbar unter www.gsik.de (Menü-punkt „Aktivitäten“, Untermenüpunkt GSiK-Tage 2 �. GSiK-Tag � Workshops

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30 [email protected]

„Ich fuhr mit meinen Klassenkamera-dinnen im Zug nach Leipzig zur Be-zirksmeisterschaft im Geräteturnen.

...unsere Laune: Glänzend! Da saßen sechs 11- oder 12-jährige Mädchen in einem Zugabteil und schnatterten ausgelassen kichernd vor sich hin. Ein Afrikaner ging an der geschlossenen Abteiltür vorbei. Ich nahm ihn kaum wahr. Doch dann kam er zurück. Er öff-nete die Tür. Das Kichern und Schnat-tern verstummte. Wir starrten ihn alle sechs wortlos an. Seine Aufmerksam-keit galt mir ganz allein. Er fragte nach meinem Namen und wollte wissen, wo ich lebe. Als ich pflichtbewusst antwortete, wurde er plötzlich laut und fahrig. ...Es sei nicht recht, dass ich in einer weißen Familie aufwüch-se...Ich gehöre nach Afrika. Er würde mich mitnehmen, wenn er wieder zu-rück gehe, versprach er und ging. Da saß ich, ein vorpubertäres Mädchen, dem kaum etwas wichtiger war, als der Norm zu entsprechen, nicht aus dem

„Wir leben im gleichen

Land, aber nicht

in derselben Welt“

Manuela Ritz und ihr biographisches Buch „Die Farbe meiner Haut“

Rahmen zu fallen, den die Gesellschaft, in diesem Fall die Freundinnen, steck-te. Ich hatte so hart an dieser Selbstin-szenierung gearbeitet und nun das! Da kommt ein schwarzer Mann, den ich nie zuvor gesehen hatte, auf mich zu und reißt mir meine weißgemalte Maske vom Gesicht.“

Manuela Ritz, eine selbstbewusste, lebhafte, wortgewandte Deutsche mit dunkler Hautfarbe, beschreibt ihr Leben als schmerzhaften Prozess der Identitätssuche, des Ringens um Normalität und innere Stärke in ei-ner „Heimat“, welche sie äußerlich als nicht zugehörig identifiziert. Als ungewolltes Produkt des „Fehltritts“ einer dreifachen Mutter und Ehefrau gleich nach der Geburt abgegeben, hatte das kleine Mädchen viel Glück, adoptiert von einer liebevollen neuen Mama, äußerlich eigentlich „gut in-tegriert“ zu einer gebildeten, starken Frau geworden zu sein. Und doch: So

viele Enttäuschungen, Verletzungen, unerfüllte Sehnsucht, Fragen ohne Antworten: Manuela Ritz nimmt den Leser mit auf eine jahrelange Suche nach sich selbst, nach innerer Heimat und Verwurzelung, nach Heilung. Und wir lernen die Schattenseiten un-sere Gesellschaft kennen: Ob subtil oder unverhohlen brutal rassistisch, ob versteckt in kleinen Nuancen des Wortspiels oder in selektiven Perso-nenkontrollen, die Autorin zeigt uns die riesige Bandbreite des alltäglichen Rassismus.

Pointiert und mitunter sarkastisch beschreibt sie die Absurdität und Si-tuationskomik unterschiedlichster Er-fahrungen und Begegnungen mit dem

„Wir-deutsch-du-Afrikanerin“-Alltag und nimmt den Leser mit auf die Rei-se in ein verletztes, sehnsüchtiges Ich, das von Kindesbeinen an auf der Suche nach seiner Identität ist. Vieles geht unter die Haut, manche Begebenhei-

Manuela Ritz bei einer Lesung auf dem Afrika Festival in Aschaffenburg 2011

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3111 / 2012

ten führen dem Leser erstaunt vor Augen, wie leichtfertig, unbedacht, unbewusst rassistische Diskriminie-rung oft daher kommt. Das könnte ich auch so gesagt, getan haben, schießt es da einem irritiert durch den Kopf. Manuela Ritz öffnet dem Leser die Augen ohne Sentimentalität, ohne zu moralisieren oder anzuklagen, einfach dadurch, dass sie uns unsere alltäg-liche Welt durch ihre Brille der „An-dersartigen wider Willen“ sehen lehrt. Berührend und mitunter beschämend gehen viele Episoden unter die Haut, machen uns erst bewusst, wie viele Facetten Diskriminierung und Rassis-mus haben können. Rückblickend auf das Scheitern ihrer ersten Liebesbe-ziehung erinnert sich Manuela Ritz:

„Die Mutter eines späteren Freundes hörte ich sagen: ‚Die Manu...naja, zum Hörner abstoßen, meinetwegen. Aber das ist doch hoffentlich nichts ernstes, oder?‘ Eine andere Mutter ermahnte mich häufig bei Tisch, mit leicht an-gewidertem Gesicht, nicht zu viel zu essen: ‚Oder willst du so fett werden, wie diese dicken afrikanischen Mamas im Film?‘ Eine Großmutter, die mich mit ihrem Enkel kuscheln sah, stürzte kopflos davon und redete hernach un-aufhörlich von Rassenschande.“

Ganz einfach so sein wie ihr und nicht anders und vor allem so gesehen, an-genommen sein wie ihr und nicht anders – weil ich so bin! Was so sim-pel und einleuchtend daher kommt, scheint im realen Leben alles andere als selbstverständlich zu sein , in den einfachsten Dingen, und oftmals un-reflektiert aus unserem Klischee- und Schubladendenken heraus. Auch wer niemals „Mohrenkopf“ alias ‚“Neger-kuss“ über die Lippen bringt oder das altbekannte, rassistische Kinderlied von den „Zehn kleinen Negerlein“ ent-rüstet von sich weist, tappt leichtfüßig in die Falle: „ ‚Schwester! Eine weiße Frau hat mich gerade angequatscht und mir von der ‚Berliner Tafel‘ er-zählt (natürlich hat sie mich geduzt). Sie wollte mir nicht glauben, dass ich diese Adresse nicht brauche. Schei-ße!‘“ Die Absenderin dieser SMS : eine Freundin der Autorin, „die an einer Londoner Universität Unternehmens-führung und Germanistik studiert hat,... die als allein erziehende Mutter dreier Kinder zwei Jobs hat und die

überdies zahlreiche ehrenamtliche Tä-tigkeiten ausübt.“

„Weisen sie sich aus, oder Sie werden ausgewiesen!“, so tituliert Manuela Ritz das Kapitel über eine skurrile Be-gegnung im Zug von Berlin nach Gör-litz. In ihrer ganzen Absurdität wäre die Szene mit zwei recht einfachge-strickten Herren vom Bundesgrenz-schutz und der Autorin eine Steilvor-lage für jeden Loriot-Sketch. Wenn sie nicht so bitterböse wäre. „Mir ist aufgefallen, dass Sie vor mir in die-sem Wagen die einzigen beiden Leute angesprochen haben, die nicht in ihr offenbar recht eingeschränktes Bild eines braven deutschen Bürgers pas-sen, und nun möchte ich gern wissen, nach welchen Kriterien Sie Ihre ver-dachtsunabhängigen – oder waren es doch verdachtsabhängige? - … Perso-nenkontrollen durchführen.“ Sie spielt wortgewandt und souverän in einem entlarvenden Kabarettstück die Uni-formierten an die Wand.

Doch es tut auch richtig weh, beispiels-weise das Kapitel „So deutsch im Kalt-land oder Ein deutsches Requiem“ mit zahlreichen kleinen Totentafeln, in denen namentlich derer gedacht wird, die in den letzten Jahren rassistischen Gewalttaten mitten in Deutschland zum Opfer gefallen sind - eingebettet

in harte Zahlen und Fakten über die-se dunkle, offiziell und öffentlich ver-harmloste Kapitel unsere Gesellschaft. Oder das berührende Interview der Autorin mit ihren beiden Kindern.

„Es hatte lange gedauert, bis ich lernte, davonzulaufen, einfach wegzugehen, wenn mir etwas weh tat. Es sollte noch länger dauern zu lernen, da zu bleiben und für mich einzustehen, wenn mir weh getan wurde. Und das musste ich lernen, weil keiner meiner weißen Freunde das jemals zur Genüge getan hatte.“ Sie hat es gelernt, sie hat viel gelernt in einem jahrelangen Prozess: Manuela Ritz, ausgebildete Erzieherin und Dipl. Sozialpädagogin, arbeitet als Drehbuchautorin und seit mehr als einem Jahrzehnt als freiberufli-che Trainerin gegen Rassismus und Adultismus. Empowerment, Selbst-Ermächtigung, ist eines der Schlüssel-elemente. Wozu? „ In der Auswertung eines Blue-Eyed-Workshops sagte einmal eine Person, die in der Übung als blauäugig klassifiziert wurde und Diskriminierung am eigenen Leib ge-spürt hatte: ‚Ich fühlte mich entkernt.‘ Das ist die Macht, die Rassismus und seine Verinnerlichung hat. Verinner-lichter Rassismus vermag den Kern ei-ner Persönlichkeit anzugreifen und zu deformieren.“

Ein empfehlenswertes, wichtiges Buch:

Manuela Ritz„Die Farbe meiner Haut“HerderISBN 978-3-451-29987-2

Eva Peteler

© alle Zitate aus Manuela Ritz

„Die Farbe meiner Haut“

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32 [email protected]

Sie erinnern sich?Im letzten Himfocus drückten Fachabi- turienten der Klasse FW 12 a der Fach-oberschule Schweinfurt/Dittelbrunn ihre Empfindungen nach einer Infor-mationsveranstaltung über Flüchtlin-ge aus. „Unabhängig davon, ob es sich um Asylsuchende handelt oder nicht, hat doch jeder Mensch die gleichen Bedürfnisse und das gleiche Recht auf Freiheit und Entfaltung“, so hatte da-mals Thomas Englert die Gedanken seiner Mitschüler zusammengefasst. Sie sind es wert, hier in einem zweiten Teil wiedergegeben zu werden.

„Mich hat das Gespräch mit Ihnen sehr bewegt, weil viele Dinge ans Ta-geslicht kamen,von denen ich einfach nichts wusste. Und ich bin mir sicher, dass die meisten Menschen wie ich vor diesem Vortrag keine Ahnung über die Hintergründe und die menschen-verachtenden Lebensverhältnisse von Asylbewerbern haben. Hier be-steht ein großer Aufklärungsbedarf in Deutschland! Vielleicht können dann viele Menschen das Thema in die Po-litik bringen und in Erinnerung rufen, damit sich etwas verändert! Ich habe großes Mitgefühl und großen Respekt vor denen, die solch ein Leben bewäl-tigen!“

„Wahnsinn! Menschen mit einer sol-chen schwierigen Vergangenheit sollten doch hier in dem „freien“ Land, in dem sie nach dieser harten Flucht ankommen, diese Freiheit auch spü-ren. Ihnen sollte des Weg nicht noch mehr oder weiterhin verbaut werden. Man sollte diesen Menschen helfen, ihre Hoffnungen und Träume zu leben, denn wir sind alle gleich und jeder von uns sollte die Chance bekommen, sei-ne Zeit auf Erden in Freiheit und Frie-den zu leben.“

„Als Deutsche blende ich normaler-

Mitten in unserem Land – wieso eigentlich? Teil 2

weise aus, wie es Flüchtlingen geht – ich denke einfach nicht darüber nach. Aber es gibt auch in den öffentlichen Medien wenig Information über die tatsächlichen Umstände. Ich möchte helfen, bin mir aber selbst nicht sicher, ob ich das kann - allein vom psychi-schen Druck her. Dennoch sollte man vor allem durch Informationen an an-dere einen Schritt weiter gehen und so etwas verändern – das kann auch ich!“

„Es sollte keine Diskriminierung ge-ben und jeder Mensch sollte mit Re-spekt behandelt werden, denn jeder Mensch ist etwas Kostbares.“

„Ohne Heimat, ohne Zuhause, ohne Familie im fremden Land unter schweren Bedingungen, das können nur sehr starke Menschen überleben. Aber sie sollen nicht nur eine Chance auf Überleben haben, sondern auch auf ein normales Leben.“

„Ich finde es gut, dass ein Asylbewer-ber bei uns zu Besuch war. Vor die-ser Stunde wusste ich eigentlich gar nichts über Asylbewerber. Ich verste-he nicht, warum sie sich nur in Unter-franken aufhalten können, obwohl es eigentlich ein Menschenrecht ist, frei zu leben. Ebenso erschüttert es mich, dass sie nicht Deutsch lernen sollen und nicht arbeiten dürfen. Das und vieles andere, was ich heute gehört habe, verstehe ich persönlich nicht!“

„Unfassbarkeit und Entsetzen über die Willkür der Behörden und die Ohnmacht der Betroffenen. Aber auch, wie mit den Flüchtlingen umge-gangen wird, wie sie leben, ist schreck-lich. Schließlich sollte in Deutschland jeder die gleichen Rechte haben, vor allem in existentiellen Dingen.“

„Ich finde es eine Frechheit, sich die Bundesbehörde eines demokrati-

schen Staates zu nennen und dann Menschen, die unverschuldet in eine kritische Lage geraten sind, so zu behandeln. Insbesondere sollte man Flüchtlingen mehr Zuspruch geben, sonst sind wir nicht ansatzweise bes-ser als die Länder, aus denen sie flie-hen mussten. Ich wünsche mir, dass solche Menschen auf mehr Zustim-mung und Unterstützung treffen statt auf Ablehnung.“

„Ich bin fassungslos! Fassungslos über das, was mit Menschen in Deutsch-land passiert, die als Flüchtlinge zu uns kommen. Auch diese Flüchtlinge haben ein Recht auf ihre Würde und deren Achtung. Ich finde, wir müssen umdenken, und zwar zugunsten dieser von Angst verfolgten Menschen.“

„Mir wurde klar, wie schlecht es den Flüchtlingen geht, nur weil der Staat sie daran hindert, sich in Deutschland zu entfalten. Ich verstehe nicht, wieso sie, obwohl sie arbeiten und Deutsch lernen wollen, es nicht dürfen. Ich verstehe die Gründe für dieses Verbot nicht.“

„Mehr Rechte für Asylbewerber, da sie in einer Demokratie leben und ein Recht auf ihre Menschenrechte und ihr Naturrecht als Mensch besitzen.“

„Asylbewerber haben harte und lange Wege hinter sich und sollten deshalb aufgenommen und mit Res-pekt behandelt werden. Des weiteren steht ihnen das Recht auf Arbeit zu, um ihren Lebensstandard zu verbes-sern und um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren.“

Heimfocus-Redaktion

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3311 / 2012

Die Verwendung des Begriffs „Rasse“ zur Einteilung von Menschen reicht bis ins Spätmittelalter zurück. Mit dem Verweis auf die „Reinheit des Blutes“ versuchte sich der Adel vom gemei-nen Volk zu unterscheiden. Bald da-rauf wurden Menschen allgemein in Kategorien eingeteilt, und es wurden ihnen bestimmte Eigenschaften zuge-wiesen. Bereits zu Ende des 15. Jahr-hunderts wurde diese Klassifizierung in Bezug auf die Juden vorgenommen.Der schwedische Naturforscher Carl von Linné (1707–1778) wies ganzen Menschengruppen körperliche und charakterliche Merkmale zu. Seiner Meinung nach seien die Afrikaner be-sonders boshaft und faul. Nach dem französischen Naturforscher Georges-Louis Leclerc de Buffon (1707–1788) hingegen sei die „weiße“, „europäische Rasse“ die schönste und beste. Dieses Konstrukt diente über Jahrhunderte hinweg dazu, mit der darin implizier-ten Minderwertigkeit afrikanischer und asiatischer Völker die kolonialen Eroberungen der Europäer zu recht-fertigen.Im Nationalsozialismus war die Ras-senlehre ein wesentlicher Bestandteil der Staatsdoktrin. Der Rassenkampf bildete das Zentrum einer menschen-verachtenden Ideologie. Die „Arier“ stellten dabei die vermeintliche Her-renrasse dar, die „unwertes Leben“ wie das der Juden oder das der Sinti und Roma vernichten mussten. Begründet wurde dies mit der Reinhaltung des Blutes. Auch nach dem Untergang des Natio-nalsozialismus wird der Begriff „Rasse“ immer noch verwendet. Dieser Termi-nus hat in Deutschland Eingang in das Grundgesetz (Art. 3 Abs. 3) gefunden, und er stellt sogar im erst seit 2006 geltenden Allgemeinen Gleichbehand-lungsgesetz einen Diskriminierungs-grund dar (§ 1). Dies geschah, obwohl sich zahlreiche internationale Appelle gegen die Verwendung des Begrif-fes „Rasse“ wenden. Bereits 1950 hat die UNESCO in ihrem „Statement on Race“ darauf hingewiesen, dass die Ka-

Sprache ist MachtZum Umgang mit dem Begriff „Rasse“

tegorie „Rasse“ einen sozialen Mythos darstellt, der ein enormes Ausmaß an Gewalt verursacht hat. „Rasse“ ist ein historisch extrem belasteter Begriff.Die Einteilung von Menschen in Rassen stellt keine objektive wissenschaftliche Kategorie dar. Die mit dem Rassebegriff verbundene Verknüpfung von Biologie und Kultur dient viel-mehr der Aufrecht-erhaltung von Herr-schaftsverhältnissen durch den Verweis auf scheinbar objek-tive Fakten. In ihrem beachtenswer ten Buch „Deutschland Schwarz Weiß“ ver-bindet Noah Sow die Rasse-Idee mit dem weißen Bedürfnis, eine Projektionsflä-che für alles Böse, Unheimliche, Verbo-tene oder Begehrte zu schaffen. Nach Noah Sow etabliert das Rassekonstrukt eine Hierarchie, in der sich Weiße ganz oben einordnen. Durch Wissenschaft und Gesellschaft ge-stützt, wurde diese Weltsicht zu einer Weltordnung, so die Autorin. Wer den Begriff „Rasse“ verwendet, handelt letztendlich rassistisch, denn er hält damit den Mechanismus von Machterhalt durch Ausgrenzung auf-recht. Es ist das Wesen des Rassismus, Menschen in Kategorien einzuteilen und ihnen aufgrund ihrer Herkunft und ihres Aussehens negative bzw. positive Eigenschaften zuzusprechen. Mit der Verwendung des Wortes „Rasse“ gehen unweigerlich rassistische Implikationen einher. Zukünftig sollte darum im privaten und gesellschaftlichen Sprachgebrauch, aber auch in der Formulierung von Ge-setzen gänzlich auf den Begriff der „Rasse“ verzichtet werden. In Gesetzen

sollte nur noch von rassistischen Be-nachteiligungen gesprochen werden. Denn es gibt im Bezug auf Menschen keine Verwendung des Begriffs „Rasse“, der nicht rassistisch wäre.

Br. Jürgen Heß OSA

Für diesen Artikel wurden folgende Publikationen verwendet:

„... und welcher Rasse gehören Sie an?“ von Hendrik Cremer. Policy Pa-per des Deutschen Institutes für Men-schenrechte (Berlin, 2008)

„Deutschland Schwarz Weiß“ von Noah Sow (München, 2008)

„Rassismus auf gut Deutsch“ von den Hrsg. Adibeli Nduka-Agwu und Antje Lann Hornscheidt (Frankfurt am Main, 2010)

Karikatur von Maneis Arbab

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Flucht ist kein Verbrechen!

»Sie legten mir Handschellen an und brachten mich mit dem Polizei-auto nach Debrecen. An den Handschellen war eine Kette befestigt. Sie zogen mich an dieser Kette, gefesselt wie ein Schwerverbrecher, bis in den Raum der Psychologin. Sie zerrten mich wie eine Kuh durch das ganze Lager an all den Leuten vorbei. Ich kann dir nicht sagen, wie beschämt ich war.«

Dies berichtet ein Flüchtling über seine Aufnahme in Ungarn.

Ungarn verletzt systematisch die Menschenrechte von Flüchtlingen. Schutzsuchende werden routine-mäßig und bis zu zwölf Monate lang inhaftiert. Misshandlungen durch Polizeikräfte sind in den teils extra für Flüchtlinge errichteten Haftein-richtungen an der Tagesordnung. Die unmenschliche Behandlung von Flüchtlingen in Ungarn scheint also nicht durch Mängel oder Fahrlässig-keit verursacht – dahinter steckt ein System.

Flucht ist kein Verbrechen, Flüchtlin-ge sind keine Kriminellen. Sie brau-chen Schutz und Unterstützung. Ei-gentlich. Doch wie ist die Realität? Wie kommen wir zu so einer Situati-on, mitten in Europa?

Früher war die Inhaftierung, die Misshandlung von Menschen in Haft ein Zeichen von Diktaturen und Ver-folgerstaaten. Heute ist dies Praxis in einigen Staaten der Europäischen Union. Wer es schafft, die Grenzen Europas zu überwinden, wird inhaf-

tiert – in Griechenland, in Ungarn oder auf Malta. Flüchtlinge werden weggesperrt, häufig für Monate. Wer freikommt, wird der Obdachlo-sigkeit ausgesetzt. Die Grenzstaa-ten Europas zwingen die Menschen dazu, weiter zu fliehen. Sie machen sich auf den Weg in andere europäi-sche Länder, weiterhin auf der Suche nach Schutz und in der Hoffnung auf ein neues Leben.

Doch auch hier erfahren sie keine Hil-fe. Die Menschen werden unmittel-

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bar aufgegriffen und häufig erneut inhaftiert – auch in Deutschland. Diese Praxis stößt international auf scharfe Kritik. Der UN-Ausschuss gegen Folter äußerte im Novem-ber 2011 seine schwere Besorgnis darüber, dass mehrere tausend ab-gelehnte Asylbewerber sowie die überwiegende Mehrheit der soge-nannten Dublin-Fälle nach wie vor sofort im Anschluss an ihre Einreise nach Deutschland in Gewahrsamein-richtungen untergebracht werden, in einigen Fällen für lange Zeiträume.

Das Ziel der Inhaftierung ist die Ab-schiebung der Menschen. Ihre Fin-gerabdrücke werden im EURODAC-System registriert, ihre Daten in einer Zentralstelle in Deutschland erfasst. Nach der sogenannten Dub-lin-II-Verordnung sollen sie schnell wieder in die EU-Staaten abgescho-ben werden, in denen sie erstmals den Boden der Europäischen Union betreten haben. 2011 geschah dies in rund 3.000 Fällen. Statt den Men-schen Schutz und die Hilfe zukom-men zu lassen, wird die Mühle der Verfahrenszuständigkeit angewor-fen.

In Nacht- und Nebelaktionen wer-den die Abschiebungen durchge-führt. Asylsuchende erfahren oft erst Stunden vor dem Abflug von ihrer Zwangsreise. Auch das hat System: Erst am Überstellungstag, also am Tag der Abschiebung, wer-den sie über ihr Schicksal informiert. So sieht es der Standardbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für Dublin-Verfahren vor. Den Betroffenen soll so die Mög-lichkeit genommen werden, recht-lich gegen ihre Überstellung vor-

zugehen. Berechtigte Gründe, sich gegen die Abschiebung zu wehren, haben die Flüchtlinge allemal – die unmenschlichen Aufnahmebedin-gungen in den jeweiligen Zielländern werden in der Öffentlichkeit immer stärker kritisiert. Auch Gerichten sind die Zustände in den Ländern an der EU-Außengrenze bekannt.

Im Jahr 2007 hat PRO ASYL diese Debatte europaweit losgetreten. Zug um Zug setzte sich die Erkennt-nis durch: Griechenland verletzt die Menschenrechte, behandelt Men-schen erniedrigend und entwür-digend. Abschiebungen in solche Zustände sind ohne Frage rechts-widrig. Dies hat der Europäische Gerichtshof am 21. Dezember 2011 entschieden. Es darf nun in der EU keine Abschiebungen mehr in Staa-ten geben, in denen es systemische Mängel im Asylverfahren und im Aufnahmesystem gibt. Doch da die abschiebenden Behörden und ihre Regierungen diese Mängel oft be-streiten, haben die Flüchtlinge meist keine andere Chance als zu versu-chen, vor Gericht zu ihrem Recht zu kommen. Doch dazu braucht man Rechtsanwälte und Zugang zu einem Gerichtsverfahren. In Deutschland wurde im Jahr 2007 den Gerichten per Gesetz das Recht genommen, im Eilverfahren Abschiebungen zu stoppen. Dies wurde im Asylverfah-rensgesetz (§ 34a) festgelegt. Der im Rechtsstaat übliche Eilrechtsschutz wurde per Gesetz ausgeschlossen.

Deutschland will um jeden Preis am Dublin-System festhalten. Um die Verantwortung für den Flüchtlings-schutz weiterhin an Länder an der EU-Außengrenze abgeben zu kön-

nen, stellt man sich bei den Klagen über menschenrechtswidrige Zu-stände in diesen Staaten taub, solan-ge es geht. Zugleich werden diese zu-nehmend und in immer schärferem Ton angehalten, ihre Außengrenzen gegenüber Flüchtlingen abzuschot-ten. »Wenn Länder wie Griechenland bei der Kontrolle der Außengrenzen versagen, müssen wir die Binnen-grenzen vorübergehend wieder kon-trollieren können«, sagte Bundes-innenminister Friedrich am 3. April 2012 gegenüber der Presse. Die of-fenen Grenzen im Schengen-Raum dürften »kein Einfallstor für illegale Migrationsbewegungen werden«.

Allein im Jahr 2011 wurden 55.000 Menschen als angeblich illegale Mig-ranten in Griechenland an der Gren-ze zur Türkei inhaftiert. In hohem Maße waren es Menschen aus dem Iran, Afghanistan, Irak und anderen Staaten, in denen es zu Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen kommt. Erreichen sie Deutschland, werden viele von ihnen als schutzbe-dürftig anerkannt.

Friedrichs Aussage denunziert schutzsuchende Menschen als ille-gale Migranten. Seine Forderungen nach Grenzkontrollen innerhalb des Schengengebiets sind blanker Popu-lismus und zielen auf eine noch rigi-dere Abschottung der europäischen Außengrenzen.

Künftig könnte es noch deutlich schlimmer werden: Auf EU-Ebene will Bundesinnenminister Friedrich nun erreichen, dass es EU-Staaten künftig offiziell erlaubt wird, an den Grenzen Flüchtlinge einzusperren – vorgeblich, um ihre Identität fest-

(c)UHCR F.Noy (c)UHCR C.Caux

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stellen zu können. Faktisch bekämen die EU-Staaten damit einen Freibrief für die willkürliche Inhaftierung von Flüchtlingen.

Statt die Festung Europa weiter auszubauen und die Grenzkontrollen zu ver-schärfen, müssen die EU-Staaten gemeinsam für ein

(c)UHCR C.Caux

(c)UHCR A.Duclos

Schutzsystem für Flüchtlinge und für eine solidarische Teilung der Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen eintreten.

Dies ist das Ziel der PRO ASYL-Kampagne »Flucht ist kein Verbrechen!«.

Günter Burkhardt. PRO ASYL

Von einem Elend ins nächste: der minderjährige Ahmed* im Labyrinth des Dublin-Systems

Der zwölfjährige Waise Ahmed flieht mit zwei Verwandten aus Afghanistan in den Iran. Als es dort nach zwei Jahren für sie un-erträglich wird, fliehen sie teils zu Fuß, teils mit dem Auto Richtung Europa. An der türkisch-griechi-schen Grenze werden die drei von der griechischen Polizei festge-nommen. In einer Polizeistation hält man sie fest und nimmt ihnen Fingerabdrücke ab. Schließlich werden sie nach Athen gebracht. »Vor der Abfahrt bekamen wir alle noch ein Papier, auf dem stand, dass wir Griechenland innerhalb von vier Wochen verlassen müss-ten. […] Tagsüber lebten wir in

Parks und auf der Straße, nachts kampierten wir oft in verlassenen Wagons am Bahnhof.«

Ahmed und seine Ver-wandten fliehen mit Boo-ten nach Italien. Auch dort leben sie zumeist auf der Straße. Sie versuchen nach Schweden zu einem Verwandten zu fliehen. Doch in Hamburg werden sie erneut festgenommen.

Ahmed erzählt: »Ich sagte den Poli-zisten, dass ich minderjährig sei. Sie glaubten mir aber nicht und machten mich zu einem Volljährigen.«

Ahmed wird nach Dortmund ge-schickt und dort registriert. Dann kommt er in Hemer in einem großen Heim für Flüchtlinge unter. Nach ei-niger Zeit muss er nach Düsseldorf zur Asylanhörung. »Ich gab dem Mann eine Kopie meiner Geburts-urkunde und sagte, dass ich min-derjährig sei. Er nahm sie zu seinen Akten. Eine Antwort bekam ich von ihm nicht.«

Im Januar 2011 holt die Polizei Ah-med ab – ohne Erklärung oder Vor-warnung. Er wird nach Rom abge-schoben und lebt dort wieder auf der Straße. Notgedrungen versucht er über Frankreich wieder nach Deutschland zurückzukommen. Er wird an der deutsch-französischen Grenze aufgegriffen und im deut-schen Abschiebegefängnis Ingel-

heim inhaftiert. Alle Versuche, seine erneute Abschiebung nach Italien zu verhindern, sind vergeb-lich. Sämtliche Anträge werden abgelehnt. Am 18. April 2011 wird er von der Polizei zum Flughafen Frankfurt gebracht. Er sei sehr apa-thisch und verängstigt gewesen, berichten Augenzeugen später. Ah-meds Zustand ist selbst dem Kapi-tän des Flugzeugs aufgefallen. Er unterhielt sich mit ihm und gab ihm zu verstehen, dass er nicht fliegen müsse, wenn er nicht wolle. Er solle einfach mit dem Daumen hoch oder runter zeigen. Als keine Reaktion von ihm kam, wurde Ahmed in das Flugzeug gebracht und wieder nach Italien abgeschoben.

* Name geändert

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3711 / 2012

Der Fall der Familie Ghubar*

Familie Ghubar ist aus Afghanistan und über den Iran nach Griechen-land geflohen. In Griechenland lebt die Familie ca. ein Jahr lang ohne Chance, einen Asylantrag zu stellen, auf der Straße. Frau Ghu-bar ist schwer krank, erhält jedoch keine medizinische Versorgung. Erst nach einem Zusammenbruch bekommt sie Hilfe von einer Wohl-fahrtsorganisation.

Die fünfköpfige Familie beschließt weiterzufliehen. Die unsichtbaren Mauern zwischen den einzelnen EU-Staaten sind hoch und zumeist nur unter Zuhilfenahme von Schleppern und viel Geld zu bewerkstelligen. Da-her flieht erst der älteste Sohn alleine weiter nach Deutschland und stellt dort einen Asylantrag, ein halbes Jahr später versucht es auch die Mutter mit ihren beiden jüngeren Kindern.

Der Vater bleibt in Griechenland, weil das Geld für die Weiterflucht nur für Frau und Kinder reicht. Doch deren Versuch, nach Deutschland zu kommen, misslingt. Sie werden in Ungarn aufgegriffen und sofort in-haftiert. Zu ihren Asylgründen wer-den sie nicht angehört, stattdessen droht man ihnen die Abschiebung nach Serbien oder Griechenland an. Der Gesundheitszustand der Mut-ter verschlechtert sich. Sie kommt in ein Krankenhaus. Dann sollen sie nach Serbien abgeschoben werden. Als die Familie in ein offenes Lager verlegt wird, entschließt sie sich zur Flucht.

Die erneute Flucht reißt die Familie weiter auseinander. Der 14-jährige Sohn landet alleine in Österreich. Er soll von dort nach Ungarn überstellt werden. Zu diesem Zeitpunkt schafft es der Vater, aus Griechenland in die Niederlande zu fliehen. Mutter und Tochter schaffen es nach Deutsch-land und werden verhaftet. Der von

Flucht ist kein Verbrechen!

Schutzsuchende, denen es gelingt, die Außengrenze Europas zu überwinden, werden in Ländern wie Griechenland, Ungarn oder Malta regelmäßig ein-gesperrt – häufig für Monate. Ganz gleich, ob Männer, Frauen, Familien oder Kinder – wer freikommt, landet über kurz oder lang auf der Straße. Wer kann, flieht weiter in andere Staa-ten Europas. Doch auch dort ist keine Hilfe zu erwarten. Die Menschen wer-den aufgegriffen und inhaftiert. Auf ein faires Asylverfahren warten die Betroffenen vergeblich. Dann schiebt man sie gemäß der europäischen Dublin-II-Zuständigkeitsverordnung wieder in das Land ihrer Einreise in die EU ab. Nach schweren Strapazen und einer Kette von Abschiebungen finden sich viele Flüchtlinge in einer völlig hoffnungslosen Situation wieder, in der ihnen keinerlei Rechte auf Schutz gewährt werden.

Bisher missachtet Deutschland die Geltung europäischer Grundrechte und liefert Flüchtlinge den unerträg-lichen Bedingungen in Ungarn oder Italien aus. Auf europäischer Ebene blockiert der Innenminister alle Be-strebungen, die europäische Asyl-zuständigkeitsverordnung (Dublin II) zu verändern. Diese Verordnung sorgt EU-weit dafür, dass Flüchtlin-ge von Land zu Land abgeschoben, immer wieder inhaftiert oder Ob-dachlosigkeit und Elend ausgesetzt werden.

PRO ASYL fordert:•Die Inhaftierung von Flüchtlingen muss europaweit beendet werden. Sie brauchen menschenwürdige Aufnahme und Schutz, nicht Inhaf-tierung und Willkür.

•Deutschland darf Schutzsuchende nicht in EU-Länder abschieben, in denen elende Aufnahmebedingun-gen herrschen, kein faires Asylver-fahren möglich ist und Flüchtlinge

ständig fürchten müssen, in Haft ge-nommen zu werden.

•Das Urteil des Europäischen Ge-richtshofs muss in Deutschland um-gesetzt werden. Alle Schutzsuchen-den müssen das Recht haben, sich vor Gericht gegen Abschiebungen effektiv zu wehren – auch im Dublin-II-Verfahren.

•Europa braucht mehr Solidarität und Menschlichkeit bei der Flücht-lingsaufnahme. Die Staaten im In-neren der EU dürfen die Verantwor-tung für den Flüchtlingsschutz nicht an die EU-Außengrenze abschieben. Die unfaire Asylzuständigkeitsrege-lung muss grundlegend verändert werden.

Weitere Informationen zur PRO ASYL-Kampagne unter: www.flucht-ist-kein-verbrechen.de

ihnen gestellte Asylantrag wird vom zuständigen Bundesamt für Migrati-on und Flüchtlinge zunächst »nicht in Bearbeitung genommen«. Mut-ter und Tochter kämpfen vor Ge-richt gegen ihre Abschiebung nach Ungarn. Frau Ghubar erleidet einen Zusammenbruch. Erst nach Vorlage mehrerer ärztlicher und psychiatri-scher Stellungnahmen erfolgt eine Untersuchung durch das Gesund-heitsamt. Nach fast einem halben Jahr Ungewissheit lenken die Be-hörden schließlich ein. Die Bundes-polizei verzichtet auf die sofortige Rücküberstellung, das Bundesamt erklärt den »Selbsteintritt«. Ob der Vater aus den Niederlanden und der 14-jährige Sohn aus Österreich nach Deutschland kommen dürfen, ist noch nicht geklärt.

* Name geändert

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38 [email protected]

Teil IIÜber 100 Kinder und Jugendliche ver-schiedener Schulen im Alter von 12 bis 16 Jahren haben an der von dem Dramaturgen Alexander Jansen in der Stadtbibliothek Würzburg geleiteten Schreibwerkstatt teilgenommen. Die Veranstaltungsserie im Rahmen der Jugendbuchwochen 2012 wollte das Verständnis und das Mitgefühl für Flüchtlinge und Asylsuchende auf kre-ative Weise wecken und fördern. Zu Beginn eines jeden Kurses stellten sich Asylsuchende aus der Würzburger Ge-meinschaftsunterkunft vor – etwa die aus dem Iran stammende Mina Nejad oder der Äthiopier Addis Mulugeta. Sie berichteten über ihr Schicksal, die Heimat, die Flucht, die Ankunft und ihr Leben in Deutschland. Im Anschluss wurde darüber diskutiert und dann ge-schrieben – Gedichte und Kurzprosa.. Creative-Writing-Methoden leisteten dabei Hilfestellung. Angelika Riedel von der Stadtbücherei und Alexander Jansen waren begeistert vom Einfüh-lungsvermögen der jungen Autoren und deren Phantasie, die in kürzester Zeit sich entfaltete. Die interessantes-ten Beiträge wurden von Schauspie-lern Robin Bohn und Max De Nil bei der Eröffnung der diesjährigen Schulthea-tertage des Mainfranken Theaters am 2. Juli rezitiert. „Heimfocus“ präsen-tiert in zwei Teilen ausgewählte Texte. Diese Folge beschäftigt sich vor allem mit der Gemeinschaftsunterkunft.

„Fremde Freunde“Gedichte von Kindern und Jugendlichen

aus der Schreibwerkstatt.

ErinnerungIn der Kindheit kommt einem alles viel größer vorAlles war schöner und friedlicherDa war Papa noch der größte Mann der WeltIn der Kindheit kommt einem alles viel größer vorDer Schulweg von zehn Minuten kam einem wie ein Stundenlauf vorUnd die Mauer vom Nachbarn schien unbezwingbarIn der Kindheit kommt einem alles viel größer vorAlles war schöner und friedlicherMathilde Mai, 9. Klasse, Jakob-Stoll-Realschule

Variationen über GEMEINSCHAFTSUNTERKUNFTI. Sie leben zusammen, fühlen sich aber doch alleinGemeinschaftsunterkunft verbindet Menschen in Einsamkeit, sie leben zusammen, fühlen sich aber doch allein.Es herrschen dortmoralische Missstände.Einwanderer werden bewacht.Integration in die Gesellschaft ist nicht möglich.Natürliche Verhaltensweise kommen selten zum Vorschein.Christina flüchtete aus ihrer Heimat und bat umAsyl.

Sie sucht vergeblichFreiheit und eine neue Heimat,treue Freunde und eine Schutz bietende Familie. Doch so unrealistisch, wie dieser allgegenwärtige Traum den Leuten in derNotunterkunft erscheint, so unrealistisch ist die Hoffnung auf Freiheit.Traurigkeit und Erinnerung an die alte Heimat verbinden ratlose Menschen. Doch wenn sie für ihr Recht kämpfen und langfristig in Deutschland überleben wollen, dürfen sie nicht aufhören, von der Freiheit zu träumen.Alena Appel, 9. Klasse, Jakob-Stoll-Realschule

II. Ein Ort, der keine Farben hatGemeinsam und doch so einsam,Menschen leben miteinander, helfen einander,in Zimmern ganz nah nebeneinandersind sie gefangen.Christentum, Islam, Buddhismus, ja auch Hinduismus – alle Religionen sind vorhanden. Sie werden vielleicht zu Freunden, tun das, was man für Freunde tut,sie unterstützen sich in dieser schweren Zeit.Nebenbei trösten sie sich, wenn Kummer und Sorge nicht mehr auszuhalten sind.Erzählen sich Geschichten, vielleicht die sie zu Hause erlebt haben

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3911 / 2012

oder auf der langen Reise hierher, in ein weiteres Gefängnis.Kulturen vermischen sich an diesem Ort.Und sie werden zu Freunden an einem Ort,wo Nähe und Geborgenheit nicht zu finden sind, in der Unterkunft,Tränen sind da, Trauer, an einem Ort, der keine Farben hat.Lea Eckert, 9. Klasse, Jakob-Stoll-Realschule

III. Enge ist Teil des LebensGraue Gebäude sind überall.Enge ist Teil des Lebens.Menschen sind verschieden und vielfältig.Einsamkeit fühlt man häufig.Innere Gefühle sind anders.Niemand ist einem vertraut.Sehnsucht nach der Heimat.Chance auf ein besseres Leben.Hohe Mauern schirmen ab.Abwertung bekommt man zu spüren.Familie ist oft nicht da.Täglich gleiche Tagesabläufe.Spaß bleibt auf der Strecke.Umgebung ist fremd.Nicht kann man tun.Tore und Schranken wie im Gefängnis.Eigene Dinge sind selten.Religionen sind anders.Kultur ist unterschiedlich.Unterkünfte sind einfach und klein.Nahes Aufeinanderleben.Freunde hofft man zu finden.Tausend neue Eindrücke.Mara Bernegan, 9. Klasse, Jakob-Stoll-Realschule

IV. Trenne dich nie von deiner Vergan-genheit!Gemeinschaft ist wichtigEntscheidungen gemeinsam treffen

Meinungen teilenErlebnisse gemeinsam habenInternationale Geschichten erzählenNie wieder Angst vor der Heimat habenSchutz in einem fremden LandChristliches Land respektierenHebe die Arme in die LuftAsyl wird dir hier gewährtFreundschaften kannst du hier schließenTräume verwirklichenSieh den Armen tief in die AugenUnd schätze den Schutz, den du hier kriegstNimm die Beine in die Hand und fang’ an zu lebenTrenne dich nie wieder von deiner HoffnungEndlich hast du es geschafftRette nun deine LieblingeKannst du ihnen helfen? Ihnen Unterkunft gewähren?Natürlich! Denn du hast es geschafft! Die Fremde ist zu deiner neuen Heimat geworden!Trenne dich nie von deiner Vergangenheit!Semran Aktas, 9. Klasse, Jakob-Stoll-Realschule

IranIranUnterdrücktes LandDiktator unterdrückt VolkIch finde das schlechtDoofNoah Rügamer, 6. Klasse, Waldorfschule Würzburg

DepressionSchwarzSteigende DepressionEin Mensch stirbt

Ich trauere um ihnUnnötigFrédéric Janßen, 9. Klasse, Jakob-Stoll-Realschule

DepressionEndlosDie SpiraleIn meinem LebenIch kann nicht mehrEndeSemran Aktas, 9. Klasse, Jakob-Stoll-Realschule

Endlich!LichtEin HoffnungsschimmerMein letzter GedankeIch verschmelze mit ihmEndlichSemran Aktas, 9. Klasse, Jakob-Stoll-Realschule

LebenBuntDas LebenMeine freie WeltIch liebe das LebenFreiheit!Zaha Al Ghusain, 6. Klasse, Waldorfschule Würzburg

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40 [email protected]

Schon lange gab es bei weltkirchlich engagierten Katholiken in Würzburg den Wunsch, neben Mbinga in Tan-sania auch eine lateinamerikanische Partnerdiözese zu haben. Letztes Jahr war es dann so weit, die Diözesanlei-tung gab grünes Licht für die Grün-dung einer Partnerschaft mit Obidos im Amazonasgebiet, ganz im Norden Brasiliens. Zwei Ordensschwestern aus Würzburg arbeiten schon seit Jahrzehnten dort und einige Jugend-liche aus unserem Bistum haben dort schon einen einjährigen Freiwilligen-dienst geleistet. Zudem ist der Bischof deutschstämmig, was die Kommuni-kation sehr erleichtert.

Nachdem Ende 2011 eine kleine Grup-

Damit Menschen frei werden

Würzburger am Amazonas: Vom Besuch einer Delegation aus dem Bistum Würzburg in der Diözese Obidos in Brasilien

pe aus Obidos für drei Wochen Würz-burg besucht hatte, startete in den Pfingstferien eine 7-köpfige Delega-tion zu einem zweiwöchigen Gegen-besuch an den Amazonas. Schon der lange Flug über das Land nach Rio de Janeiro und von dort weitere vier Stunden in den Norden gaben uns ei-nen Eindruck von der unermesslichen Weite des Landes, leider auch von den Möglichkeiten seiner Ausbeutung: deutlich zu erkennen von oben waren die unzähligen, riesigen rechteckigen Felder, auf denen v.a. Soja angebaut wird, das zum großen Teil in den Fut-tertrögen unserer Massentierhaltun-gen landet. Der Fleischhunger der reichen Länder ist mitverantwortlich dafür, dass der einstige Regenwald-

Staat Matto Grosso in eine Agrarwüs-te verwandelt wurde.

Fast noch bedenkenloser als die Mi-litärherrscher sind die demokratisch gewählten Regierungen unter Prä-sident Lula und seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff bereit, die Natur dem wirtschaftlichen Profit zu opfern. Von einem industriellen Großprojekt, dem Abbau von Bauxit zur Herstellung von Aluminium, ist auch Obidos betroffen. Im Regenwald des Gemeindegebiets von Juruti Velho baut der Bergbau-konzern ALCOA seit 2001 Bauxit ab, er hat eine Lizenz für 70 Jahre über 40 000 ha.

Seit 1991 lebt Sr. Brunhilde aus Randers-

Gemeinsam protestieren und kämpfen

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4111 / 2012

acker dort, mit drei Mitschwestern errichtete sie Kindergärten und eine Schule und sorgte für bessere Wohn-verhältnisse. Nach ihren Plänen baut die staatliche Entwicklungsgesell-schaft nun Steinhäuser für die Fami-lien, die getrennte Schlafzimmer für Eltern, Jungen und Mädchen haben. Ihr ist es auch zu verdanken, dass die Bevölkerung nicht ganz und gar von ALCOA ausgebootet wurde. Da ju-ristisch gegen das Projekt nichts zu machen war, organisierte die Schwes-ter mit 1000 Leuten eine neuntägige Blockade des Geländes, um der Fir-ma wenigstens eine Entschädigung der Bevölkerung für die Zerstörung ihres Lebensraums abzutrotzen. „Die Männer haben Pflöcke eingeschlagen, damit wir die Hängematten aufhän-gen konnten, drei Mal am Tag haben wir gebetet und gesungen. Als sie ge-merkt haben, dass wir ohne Zusage nicht gehen, haben sie nachgegeben, bloß damit wir abziehen“, erzählte die Schwester schmunzelnd.

Im Zuge dieser Auseinandersetzung initiierte sie auch die Gründung der

„Acorjuve“, der Gesellschaft der Com-munidades von Juruti Velho. Die setz-te schließlich juristisch durch, dass das ALCOA Gelände als Gemeinschaftsei-gentum gilt und 1,5% des Erlöses aus dem Bauxit Abbau an die Menschen dort geht: 50% direkt an die Familien, 50% für Gemeinschaftsprojekte, die die Acorjuve beschließt. Zudem ist die ALCOA verpflichtet, die ausgebeute-ten Flächen wieder aufzuforsten, was aber natürlich reine Schadensbegren-zung ist, denn jahrhundertealten Re-

genwald kann man niemals ersetzen.

Glücklicherweise ist es im Zusam-menhang mit diesem Projekt nicht zu Vertreibungen oder umfangreichen Umsiedlungen gekommen. Bei an-deren Baumaßnahmen, wie z.B. dem riesigen Staudamm Belo Monte in der Nachbardiözese Xingu, sieht das an-ders aus. Dieser erste von mehreren geplanten Dämmen am Xingu und seinen Nebenflüssen wird dazu führen, dass Gemeinschaften aus mehr als 20 indigenen Ethnien ihr Land verlas-sen müssen, weil es geflutet wird, die Landrechtsansprüche der Menschen, die ihnen die Verfassung von 1988 garantiert, werden ausgehebelt – ein böses Omen für die Amazonasvölker, denn die Gier nach Land und Boden-schätzen nimmt zu. Darum haben sich in allen Diözesen Arbeitsgruppen zum Schutz Amazoniens gegründet, um sich dieser zerstörerischen Entwick-lung entgegenzustellen: David gegen Goliath.

Sr. Brunhilde war für uns deutsche Be-sucher das Lehrbeispiel dafür, wie in der Diözese Obidos pastorale Arbeit verstanden wird: orientiert an der Le-benswirklichkeit der Menschen, in ers-ter Linie der Armen –und arm sind fast alle in dieser Region. Die meisten sind Indigenas, die im und vom Regenwald und vom Fluss leben. Es gilt deren Rechte zu wahren und ihren Lebens-raum zu schützen. Das heißt bei einem Bildungsstand, der in der Regel nicht mehr ist als Grundschule, zuallererst die Leute zu bilden – in weltlichen Be-langen: z.B. juristisch, gesundheitlich,

landwirtschaftlich, ökologisch und na-türlich auch religiös. Dabei bedeutet letzteres nicht feste Glaubenssätze lernen und befolgen sondern die Bibel lesen und von der Bibel her Orientie-rung für das eigene Leben finden. Der Begriff, der mir bei unseren Gesprä-chen immer wieder in den Sinn kam war „Empowerment“, die Menschen befähigen, die Macht über ihr eigenes Leben zu übernehmen – politisch, so-zial und religiös.

Wir haben in Obidos eine sehr enga-gierte, lebendige Kirche kennenge-lernt, Gemeinden, die völlig eigenstän-dig sind, Priester und Ordensleute, die ganz nah an den Menschen sind, ihnen auf Augenhöhe begegnen und Anteil nehmen an ihrem Leben, und deren erster Leitsatz lautet: Was brauchen unsere Gemeinden, und wie können wir als Bischof, Priester, Schwester ihnen helfen, das zu bekommen. Wir haben gesehen, welchen Beitrag Re-ligion und Glaube leisten können, da-mit Menschen sich emanzipieren, frei werden und sich ihrer Menschenrech-te-und würde bewusst werden. Diese Erfahrung beflügelt uns Amazonasrei-sende für unsere eigene Arbeit hier in Würzburg, und wir freuen uns darauf, dass am ersten Adventssonntag die neue Partnerschaft offiziell mit Gäs-ten aus Obidos eröffnet wird.

Uta Deitert

...und beten Zerstörung der Heimat- wohin gehen ?

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42 [email protected]

„Was wird mich in Tansania erwarten? Ich bin schon sehr gespannt, die Le-benssituation und den Alltag dort zu erleben“, meinte zu Beginn des Se-minars ein Würzburger Berufsschüler. Nun hat er dazu ausreichend Gele-genheit. Die Akademie Frankenwar-te, der Städtepartnerschaftsverein M.W.A.N.Z.A. e.V. und die Würzbur-ger Franz-Oberthür-Berufsschule ha-ben ein besonderes Schulaustausch-projekt mit Würzburgs Partnerstadt Mwanza in Tansania organisiert:

„Wir fliegen nach Mwanza und wer-den in unserem Berufsbereich der Installation eine Solaranlage in der tansanischen Schule anbringen, ge-meinsam mit unseren tansanischen Partnerschülern“, so ein weiterer der 12 reisenden Schüler. So könnte die tansanische Partnerschule eine De-monstrationsanlage zu Lehrzwecken unterhalten.

Es ist nicht der erste Austausch. Akademie Frankenwarte und M.W.A.N.Z.A. e.V. organisieren diese beruflichen und entwicklungspoliti-schen Begegnungen mit jungen Men-schen aus Deutschland und Tansania

Was wird mich dort erwarten?

Begegnung und Partnerschaft als Weg zu Verständigung und Freundschaft

bereits zum vierten Mal, zuletzt mit der Klara-Oppenheimer-Schule. Im letzten Jahr waren Hauswirtschafts-schülerinnen aus Mwanza zwei Wo-chen lang in Würzburg zu Besuch, die jungen Frauen arbeiteten und lebten miteinander. Die Begegnungen waren bisher sehr erfolgreich und in beiden Ländern „Stadtgespräch“.

Zur Vorbereitung hielt die Akademie Frankenwarte ein Seminar für die Schüler, gemeinsam mit Dozentin Homaira Mansury, Berufsschullehrer Ralf Geisler und Michael Stolz vom M.W.A.N.Z.A. e.V. ab. Mit fachkun-digen Referierenden bildeten sich die Schüler in Landeskunde, Geographie, Geschichte und Lebenswelten in Tan-sania fort. Sie hatten Gelegenheit, Fra-gen zu stellen, ihren Aufenthalt mit-zuorganisieren und Grundkenntnisse in Kiswahili zu erlangen, „damit wir uns richtig vorstellen können, wenn wir bei unseren afrikanischen Part-nern ankommen“, so der engagierte Berufsschullehrer. Themen wie Ge-

schlechterrollen in Tansania, HIV und Aids, die Rolle von Religionen, aber auch berufliche Bildung in Afrika und aktuelle politische Herausforderun-gen standen auf der Agenda, so Hom-aira Mansury: „Der Austausch über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Lebens- und Arbeitsbedingungen, von Menschen und Kulturen machen die entwicklungspolitische Begeg-nung erst zur nachhaltigen Erfahrung.“

Die deutsche Schülergruppe wird nicht nur in der tansanischen Berufs-schule arbeiten, sondern auch viel über das Land und die Menschen kennen lernen: „Es sind Besuche von sozialen Projekten, kulturellen Einrichtungen und auch ein Empfang bei der Stadt Mwanza geplant“, so Michael Stolz.

Ein Gegenbesuch zu diesem Aus-tausch mit den afrikanischen Schülern auf Augenhöhe ist für das kommende Jahr in Würzburg geplant.

Die Schüler der Franz-Oberthür-Schule mit Lehrer Ralf Geisler und Homaira Mansury (rechts im Bild) sowie Michael Stolz (links im Bild) auf ihrem Vorbe-reitungsseminar in der Akademie Fran-kenwarte.

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4311 / 2012

Flüchtlingsprotestmarsch erreicht am 5. Oktober Berlin: Am 8. September 2012 startete in Würzburg der Protestmarsch von Flüchtlingen Richtung Berlin, um der Forderung nach besseren Lebensbedingungen für Flüchtlin-ge bundesweit Ausdruck zu verleihen. Nach über 500 km Fußmarsch haben die protestierenden Flüchtlinge am 5. Oktober über die Glienicker Brücke Berlin erreicht. PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Berlin teilen die Forderung der Flüchtlinge nach Abschaffung diskriminierender Sondergesetze wie der Residenzpflicht, dem Asylbewerberleistungsgesetz der Ein-weisung in Sammellager, den Arbeits- und Ausbildungsverboten. Georg Classen, Sprecher des Flüchtlingsrats Berlin: „Der Protestmarsch ist ein mutiges Zeichen gegen die Ausgrenzung, Isolierung und Entrechtung von Flüchtlingen in Deutsch-land. Die Flüchtlinge organisieren sich selbst und fordern, was ihnen zusteht: ein selbstbestimmtes und gleichberechtig-tes Leben in Sicherheit und Würde. Dies unterstützen wir nach Kräften.“ www.refugeetentaction.net © PRO ASYL 04.10.2012

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 05. September 2012 den Beschluss über die See-Operationen von Frontex für nichtig erklärt.Die nun für rechtswidrig erklärten Frontex-Leitlinien regeln, welche menschenrechtlichen Maßstäbe Seepatrouillen einhalten müssen. Zum Beispiel ist darin festgelegt, dass die Frontex-Patrouillen das Zurückweisungsverbot nach der Genfer Flüchtlingskonvention beachten müssen. Der EuGH hat die Frontex-Leitlinien nun jedoch nicht aus inhaltliche Gründen gekippt, sondern weil sie nicht unter ausreichend de-mokratischer Beteiligung zustande gekommen sind. Sie wurden nämlich nur vom Rat und nicht auch vom EU-Parlament verabschiedet. Die Gesetzgebungskompetenz des EU-Parlaments wurde durch den Beschluss der Leitlinien also in unzu-lässiger Weise umgangen. © PRO ASYL 07.09.2012

Den Toten Gerechtigkeit : Gedenkveranstaltung für die Toten an Europas Außengrenzen am 6. Oktober in Frank-furt am Main: Mehr als 18 500 Flüchtlinge starben seit 1988 an den Außengrenzen Europas. Im Mittelmeer waren es allein 2011 mehr als 2 500 Menschen – das ist die traurige Bilanz, die Fortress Europe zieht. Auch dieses Jahr sterben Boots-flüchtlinge, weil die für die Seenotrettung verantwortlichen Staaten kollektiv versagen und sich über Zuständigkeiten streiten, anstatt Flüchtlinge zu retten. © PRO ASYL 01.10.2012

Der Menschenrechtspreis der STIFTUNG PRO ASYL 2012 geht an Gergishu Yohannes für ihren Einsatz dafür, dass der Opfer an den Außengrenzen Europas gedacht wird und ihnen Gerechtigkeit widerfährt. Ihr eigener Bruder starb im August 2009 zusammen mit 76 anderen Flüchtlingen auf dem Mittelmeer. Das in Seenot gera-tene Boot der Schutzsuchenden trieb 23 Tage lang im Kanal von Sizilien. Obwohl der Aufenthaltsort des Bootes bekannt war, wurden die Flüchtlinge nicht gerettet. Gergishu Yohannes versammelte weltweit die Angehörigen der Toten in einer Interessengemeinschaft. Mit den Vollmachten der Angehörigen erstattete Sie Anzeige gegen den italienischen Staat we-gen unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge. Ihr Engagment zeigt der Öffentlichkeit, dass die Opfer der europäischen Flüchtlingspolitik keine Namenlosen sind: Hinter jedem Menschen, der bei der Überquerung des Meeres umkommt, ste-hen Angehörige, die der Tod ihrer Lieben in Trauer und Verzweiflung hinterlässt. Der Preis wurde Gergishu Yohannes am 8. September 2012 in Frankfurt verliehen. © PRO ASYL

FLUCHT und ASYL Kurznachrichten

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44 [email protected]

Sehr geehrte Frau Haderthauer,

wir teilen aus Überzeugung die weitbli-ckende Asylpolitik unserer Landesre-gierung. Insbesondere der restriktiven harten Hand Ihrer Ministerialadminis-tration gilt unsere aufrichtige Wert-schätzung. Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, das muss doch gerade in diesen schweren Zeiten die oberste Pflicht nicht nur der Politik, sondern aller verantwortungsvollen Bürger unseres geliebten Heimatlan-des sein.Dass die Herren Bundesverfassungs-richter mit ihrem Fehlurteil zum Asyl-bewerberleistungsgesetz gewaltig

Till GU-spiegel Teil 1

über das Ziel hinausgeschossen sind, kommt einem fahrlässigen Ausver-kauf der Heimat gleich. Wie die ak-tuellen Zahlen zeigen, ist wohl zu befürchten, die Asylantenströme wer-den nun derart anschwellen, dass sie für unser Gemeinwohl zu einer ernst-haften Bedrohung werden. Daher ste-hen wir voll hinter Ihrer Strategie, die untragbare Last des nun per Gerichts-beschluss von 40,90€ auf unglaubliche 134,00€ pro Erwachsenen förmlich explodierten Taschengeldes für die-se Nutznießer unserer Sozialsyste-me durch geeignete Maßnahmen zu

kompensieren. Wie unsere tapferen Bundeswehrjungmänner sind diese Leute in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht; dies allerdings ohne Gegenleistung, obendrein mit behag-licher Rundumversorgung auf der fau-len Haut liegend. Für dieses sorglose Gammelleben in den Tag hinein zahlt derweil der ausgebeutete deutsche Steuerzahler die Zeche. Welch‘ weise Standhaftigkeit, dem Ungeist des In-tegrationswahns zu widerstehen und diesen ungebildeten und ungewollten Subjekten nicht gar noch Bargeld statt

Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen an der Grenze zu Melilla: Nach dem revolutionären Umsturz in Tunesien und dem Bürgerkrieg in Libyen suchen Tausende afrikanische Flüchtlinge, die zuvor dort gelebt hatten, Schutz in den Nachbarstaaten. Viele wollen über Marokko auf spanisches Territorium gelangen. An den meterhohen Grenzzäunen der spanischen Exklave Melilla droht die Situation ähnlich zu eskalieren wie in den Jahren 2005/2006, befürchtet die spanische Menschenrechtsorganisation PRODEIN.Der Zugang zu der Grenzwallanlage wird Journalisten und Menschenrechtsbeobachtern systematisch verwehrt. Wer beim Überqueren des Zauns oder an der Küste entdeckt wird, wird häufig illegal nach Marokko abgeschoben. Besorgnis erregt auch die Praxis der spanischen Behörden, Flüchtlinge zu inhaftieren, um sie über das spanische Festland direkt in ihre Herkunftsländer abzuschieben. Insbesondere die kollektive Abschiebung von Flüchtlingen in die Demokratischen Re-publik Kongo im März 2012 – ohne existierendes Rückübernahmeabkommen und ohne Prüfung der Staatsangehörigkeit der Betroffenen – stellt einen Skandal dar.© PRO ASYL

Hamburg startet Bundesratsinitiative für eine Bleiberechtsregelung:Heute bringt das Bundesland Hamburg eine Gesetzgebungsinitiative für eine Bleiberechtsregelung in den Bundesrat ein. Verschiedene Bundesländer – darunter Niedersachsen – hatten bereits vor einigen Monaten Vorschläge für eine solche Bleiberechtsregelung gemacht. Während Niedersachsen einen eigenen Ansatz mit besonders hohen Hürden für die Be-troffenen vorsieht, stimmen die Initiativen aus Schleswig-Holstein, NRW, Baden-Württemberg, Bremen und Rheinland-Pfalz mit dem Gesetzentwurf aus Hamburg weitgehend überein. Die zahlreichen Länderinitiativen zeigen deutlich den politischen Handlungsbedarf, um die Situation von langjährig ge-duldeten Menschen wirksam zu verbessern.© PRO ASYL 21.09.2012

©proasyl

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4511 / 2012

Essenspaketen in die Hand zu geben! Wie jeder rechtschaffene bayerische Bürger sehen auch wir uns in der Pflicht, Sie auf unsere Weise in Ihrem selbstlosen Einsatz gegen Überfrem-dung unserer Heimat zu unterstützen. Als ausgewiesene Experten in globa-ler Ressourcenverwertung auf dem Ernährungssektor und als geschätzte Partner unseres innovativen Bundes-ministeriums für profitable Auslands-beziehungen, in der gottlob vergange-nen Ära naiver Sozialromantiker auch als Entwicklungsministerium bekannt, sehen wir das Einsparpotential in der Versorgung dieser lästigen Ausländer bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.

Die uns vorliegenden aktuellen Kost-proben aus der Sparte „Fleisch“ der geltenden Bestelllisten sind unseres Erachtens geeignet, weiteren Zu-strom illegaler Eindringlinge massiv zu befördern, sind doch die angebo-tenen Rindfleisch-Portionen vor und auch nach der Zubereitung in Menge und Qualität nicht geeignet, Anreize gegen die parasitäre Invasion unserer Heimat zu setzen. Schauen Sie, sehr verehrte Frau Staatsministerin, doch die Originalaufnahmen der beschlag-nahmten Rindfleischstücke an.Es ist noch immer eine erheblich Men-ge soliden Fleisches an den Schwarten- und Fettstücken erkennbar! Selbst nach Zubereitung bleibt ein gewisser optischer und geschmacklicher Ein-druck von Rindfleisch wahrnehmbar, wenngleich die Konsistenz zwischen Radiergummi und Zahnfüllung dann zugegebenermaßen unserem erklär-ten erzieherischen Ziel schon erheb-lich näher kommt. Und erst recht diese üppigen Hühner-delikatessen, gemeinhin als Partyren-ner unter dem Namen Chickenwings angeboten! Ja, wo kommen wir denn hin, wenn wir diesen ungebetenen Kostgängern solche trendigen Gau-menfreuden bereiten, ohne dass sie dafür einen Finger krumm machen müssen! Sie hätten am Sonntag nach dem Kirchgang beim Stammtisch im

„Röhrenden Hirschen“ den bebenden Unmut der rechtschaffenen Bürger erleben sollen! Und das ein Jahr vor den Landtagswahlen, bitten wir zu be-denken.Sehr verehrte Frau Staatsministerin,

unsere renommierte Alleresteweg-Ver wer-tungs-GmbH & Co.KG unterbreitet Ihnen da-her zur zweckdienlichen Optimierung der Versor-gung der Asylanten und aus staatsbürgerlichem Pflichtbewusstsein her-aus das folgende Ange-bot:

Wir selektieren aus unserem Separatoren-fleisch- und Tierverwer-tungskontingent die geeigneten Sonderpos-ten, die für die Verpfle-gung in Asylantenhei-men noch geeignet sind. Dank unserer hervorra-genden internationalen Kontakte können wir fer-ner das Sortiment durch Lieferungen anreichern, die als Retouren in der osteuropäischen Haustierfutterindus-trie anfallen. Schließlich gelten für die Verpflegung der besten Freunde des Menschen zurecht strengste Quali-tätsstandards, denen nicht alle an-gebotenen Rohstoffe genügen. Aus dem Retourenaufkommen unserer Geflügelreste-Abnehmer aus West-afrika werden wir handliche Tiefkühl-portionen pressen, die wir Ihnen zu Sonderkonditionen anbieten können. So leisten wir als Global Player gerne unseren staatsbürgerlichen Beitrag zu einer effektiven Regulierung des Aus-länderzustroms.

Wir gehen in aller Bescheidenheit da-von aus, dass Sie uns als Zeichen Ih-rer Wertschätzung wie gewohnt aus den Mitteln Ihres Asylanten-Versor-gungsbudgets bei der Deckung unse-rer Unkosten in Lagerhaltung, Logis-tik, Administration und Distribution großzügig entgegenkommen werden. Auf diese Weise kommt ja seit Jahren unter Ihrer Regie ein beträchtlicher Teil der für Versorgung der Auslän-der vorgesehenen Bundesmittel zum Glück keineswegs den ausländischen Empfängern selbst zugute, sondern schafft und sichert deutsche Arbeits-plätze. Das nennen wir Volksverbun-denheit, hochverehrte Frau Staatsmi-

nisterin, und danken Ihnen im Namen unserer gesamten Belegschaft. Auf uns können Sie sich stets verlassen im Kampf gegen aufrührerische linke Elemente, die die Stirn haben, diese ungebildeten Wilden unseren kulti-vierten Landsleuten gleichzusetzen und für sie die gleichen Rechte und Freiheiten zu fordern. Abschließend empfehlen wir Ihnen unsere Geschäftspartner aus weiteren Geschäftsbereichen. Diese werden Ih-nen gerne mit ihrer vielfältigen Exper-tise bei Ihrem weitsichtigen und oft nicht hoch genug geschätzten Einsatz für die Reinhaltung der Heimat selbst-los und aus voller patriotischer Über-zeugung zur Seite stehen.

Wir freuen uns auf eine harmonische und für beide Seiten höchst ergiebige Zusammenarbeit und verbleiben

hochachtungsvoll Ihre

Dr. Karl-Heinrich von HühnerkleinWalther A. RechtslastigInhaber der Alleresteweg-Verwertungs-GmbH & Co. KG

Page 46: Heimfocus #11 - 11/2012

46 [email protected]

Impressum 3.Jahrgang, 1.Ausgabe, 11 / 2012

Redaktion: Addis Mulugeta, Abay KirosRedaktionskontakt: [email protected]

Erscheinungstermin: 01.11.2012Erscheinungsweise: vierteljährlichAuflage: Exemplare 1000

Herausgeber: Eva Petelerc/o Ausländer-und Integrationsbeirat der Stadt Würzburg Rückermainstr.2 97070 Würzburg

Fotos: Redaktion, diverseTitelbild: RedaktionLayout: Maneis Arbab, Anette HainzDruck und Produktion: flyeralarm GmbH

Die in der Zeitschrift veröffentlich-ten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung der Redak-tion in irgendeiner Form reproduziert werden. Die Beiträge geben eine per-sönliche Meinung des Autors wieder, die nicht mit der der Herausgeber übereinstimmen muss.Die Verantwortung für den Inhalt der Beiträge liegt ausschließlich beim Verfasser.

Hund oder Mensch?

No2 • 10/2010

teilhaben – Teil werden

Manche Menschen glauben immer noch, ihre Rasse sei allen anderen überlegen und habe eine Monopolstellung auf diesem Planeten … weiter auf S.24

VOICE FOR REFUGEES

VIVOVOLO - reach out your hand for refugees … cont. on p 20

10/20102010

teilhaben – Teil werden

und habe eine Monopolstellung auf und habe eine Monopolstellung auf diesem Planeten … diesem Planeten …

OR ROR ROR EFUGEES

VIVOVOLO -

your hand for refugees … cont. on p 20

teilhaben – Teil werden

diesem Planeten … weiter auf S.24

EFUGEES

04 / 2011

Hund oder Mensch? Teil 5

No6 • 07/2011

teilhaben-Teil werden

VOICE FOR REFUGEES

Stellen Sie sich vor, der Baum vor Ihrem

Haus verliert sein ganzes Laub und wird

zunehmend dürr und kahl …

Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 4Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber

wo käme man denn hin … Weiter auf S.5

Weiter auf S.34

Der Würzburger Friedenspreis 2011 geht

an Addis Mulugeta und das „Heimfocus-

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Hund oder Mensch? Teil 5

N

teilhaben-Teil werden

OICE FOICE FOICE

Stellen Sie sich vor, der Baum vor Ihrem

Haus verliert sein ganzes Laub und wird

zunehmend dürr und kahl …

Der Würzburger Friedenspreis 2011 geht

Der Würzburger Friedenspreis 2011 geht

Der Würzburger Friedenspreis 2011 geht

Der Würzburger Friedenspreis 2011 geht

Der Würzburger Friedenspreis 2011 geht

an Addis Mulugeta und das „Heimfocus-

an Addis Mulugeta und das „Heimfocus-

an Addis Mulugeta und das „Heimfocus-

an Addis Mulugeta und das „Heimfocus-

an Addis Mulugeta und das „Heimfocus-

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Magazin – Stimme für Flüchtlinge“

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Theater „Traum vom Leben“ S.38

Hund oder Mensch? Teil 6

No 7 • 10 / 2011

teilhaben-Teil werdenVOICE FOR REFUGEES

Ich bin weder Psychologe noch Arzt, son-

dern einfach nur ein Flüchtling. Seit Jah-

ren schon lebe ich in einem dieser Lager

in Bayern, ohne Hoffnung,

Die Würde des Menschen ist

unantastbar Teil 5

Die Gummikarottenstory oder : Soviel Luxus wie Hartz IV muss wirklich

nicht sein... Weiter auf S.5Weiter auf S.20

Von Flüchtlingen für Flüchtlinge Weiter auf S.36

Der Bischof in der GU

Hund oder Mensch? Teil 6

2011

teilhaben-Teil werdenOR ROR ROR EFUGEES

Ich bin weder Psychologe noch Arzt, son-

dern einfach nur ein Flüchtling. Seit Jah-

ren schon lebe ich in einem dieser Lager

in Bayern, ohne Hoffnung,

Die Würde des Menschen ist

oder : Soviel Luxus wie Hartz IV muss wirklich

Weiter auf S.5Weiter auf S.20

Von Flüchtlingen für FlüchtlingeVon Flüchtlingen für Flüchtlinge Weiter auf S.36

Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU Der Bischof in der GU

Hund oder Mensch? Teil 7

No 8 • 1 / 2012

teilhaben-Teil werdenVOICE FOR REFUGEES

Eins, zwei, drei …einfach nur Zahlen …

Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 6

… denn in der Herberge war kein Platz für sie … Weiter auf S.5Weiter auf S.32

Where is my home!?S.18

Vertrauen ist wichtiger als Worte … S.12

© Falk von Traubenberg

No 9 • 04/2012

teilhaben-Teil werdenVOICE FOR REFUGEES

Auf die Finsternis der Nacht folgt stets das

Morgenrot. Der Morgen kommt und du wirst

wiedergeboren in einen Tag voller neuer

Erfahrungen.Er kam nicht nach Deutschland, um zu sterben.

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Willkommen in Eurer Stadt! Weiter auf S.11

Flüchtlinge und engagierte Freunde

beim Weltgästeführertag in Würzburg

Hund oder Mensch?

Teil 8Die Würde des Menschen ist

unantastbar Teil 7Weiter auf S.26

TAG DES FLÜCHTLINGS 2012

Flucht ist kein Verbrechen!

www.proasyl.de

Hund oder Mensch?Teil 9

No 10 • 07 / 2012

teilhaben-Teil werdenVOICE FOR REFUGEES

Demosthenes sagte einmal: „Jeder Diktator ist ein Feind der Freiheit, ein Widersacher des Rechts.“ Weiter auf S.34

Die Würde des Menschen ist unantastbar Teil 8

Keine Frage des Geldes„Ach, das Geschenk hätt‘s doch nicht gebraucht! Hauptsache, ihr seid da!“

Weiter auf S.5

Flucht ist kein Verbrechen! In Europa angekommen – und gleich ins Gefängnis?Das darf nicht sein! zur PRO ASYL-Kampagne auf auf S.18

Page 47: Heimfocus #11 - 11/2012

4711 / 2012

DER GEGENSATZ VON LIEBE IST NICHT HASS,DER GEGENSATZ VON HOFFNUNG IST NICHT VERZWEIFLUNG, DER GEGENSATZ VON GEISTIGER GESUNDHEIT UND VON GESUNDEM MENSCHENVERSTAND IST NICHT WAHNSINNUND DER GEGENSATZ VON ERINNE-RUNG HEISST NICHT VERGESSEN, SONDERN ES IST NICHTS ANDERES ALS JEDES MAL DIE

GLEICHGÜLTIGKEIT Elie Wiesel

FRAGEN SIE INFORMIEREN SIE SICHHANDELN SIE

www.proasyl.de

www.fluechtlingsrat-bayern.de

www.unhcr.org

www.amnesty.de

www.deutschland-lagerland.de

www.borderline-europe.de

www.borderregime.eu

www.fortresseurope.blogspot.com

www.vivovolo.de

www.faf-unterfranken.de

www.bamf.de

www.epo.de

In Würzburg:

Rathaus

Stadtbücherei Falkenhaus

Akademie Frankenwarte

Weltladen

Mainpost-Geschäftsstelle Plattnerstraße

Kath. Hochschulgemeinde

Evang. Hochschulgemeinde

Bücherei Am Bahnhof, Veitshöchheim

Mainfrankentheater

Kolping-Akademie

Augustinerkloster, Dominikaner Platz

Ökumenisches Zentrum Lengfeld

Buchhandlung „erlesen“, Grombühl

Buchhandlung Neuer Weg, Sanderstraße

Buchhandlung Knodt, Semmelstraße

Stephansbuchhandlung, Stephanstraße

Standard

Moonlight Mass,Augustinerkirche, So 21h

RA Michael Koch, Textorstraße

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Page 48: Heimfocus #11 - 11/2012

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