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Betriebsverfassungsgesetz Band I: §§ 1–73b mit Wahlordnungen und EBRG Gemeinschaftskommentar 11. Auflage von Dr. Günther Wiese Ordinarius (em.) an der Universität Mannheim Dr. Peter Kreutz Universitätsprofessor a. D. an der Universität Kiel Dr. Hartmut Oetker Universitätsprofessor an der Universität Kiel, Richter am Thüringer Oberlandesgericht Dr. Thomas Raab Universitätsprofessor an der Universität Trier Dr. Martin Gutzeit Universitätsprofessor an der Universität Gießen Dr. Christoph Weber Universitätsprofessor an der Universität Würzburg Dr. Matthias Jacobs Universitätsprofessor an der Bucerius Law School Hamburg Dr. Martin Franzen Universitätsprofessor an der Universität München mitbegründet von Dr. Fritz Fabricius (†) weiland o. Professor an der Universität Bochum Dr. Alfons Kraft (†) weiland o. Professor an der Universität Mainz Dr. Wolfgang Thiele (†) weiland o. Professor an der Universität Kiel Gesamtredaktion: Universitätsprofessor Dr. Hartmut Oetker Leseprobe

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BetriebsverfassungsgesetzBand I: §§ 1–73b mit Wahlordnungen und EBRG

Gemeinschaftskommentar11. Auflage

von

Dr. Günther Wiese

Ordinarius (em.) an derUniversität Mannheim

Dr. Peter Kreutz

Universitätsprofessor a. D.an der Universität Kiel

Dr. Hartmut Oetker

Universitätsprofessor ander Universität Kiel,Richter am ThüringerOberlandesgericht

Dr. Thomas Raab

Universitätsprofessor ander Universität Trier

Dr. Martin Gutzeit

Universitätsprofessor ander Universität Gießen

Dr. Christoph Weber

Universitätsprofessor ander Universität Würzburg

Dr. Matthias Jacobs

Universitätsprofessor ander Bucerius Law SchoolHamburg

Dr. Martin Franzen

Universitätsprofessor ander Universität München

mitbegründet von

Dr. Fritz Fabricius (†)

weiland o. Professor ander Universität Bochum

Dr. Alfons Kraft (†)

weiland o. Professoran der Universität Mainz

Dr. Wolfgang Thiele (†)

weiland o. Professoran der Universität Kiel

Gesamtredaktion:Universitätsprofessor Dr. Hartmut Oetker

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BetriebsverfassungsgesetzBand II: §§ 74–132

Gemeinschaftskommentar11. Auflage

von

Dr. Günther Wiese

Ordinarius (em.) an derUniversität Mannheim

Dr. Peter Kreutz

Universitätsprofessor a. D.an der Universität Kiel

Dr. Hartmut Oetker

Universitätsprofessor ander Universität Kiel,Richter am ThüringerOberlandesgericht

Dr. Thomas Raab

Universitätsprofessor ander Universität Trier

Dr. Martin Gutzeit

Universitätsprofessor ander Universität Gießen

Dr. Christoph Weber

Universitätsprofessor ander Universität Würzburg

Dr. Matthias Jacobs

Universitätsprofessor ander Bucerius Law SchoolHamburg

Dr. Martin Franzen

Universitätsprofessor ander Universität München

mitbegründet von

Dr. Fritz Fabricius (†)

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Dr. Alfons Kraft (†)

weiland o. Professoran der Universität Mainz

Dr. Wolfgang Thiele (†)

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Gesamtredaktion:Universitätsprofessor Dr. Hartmut Oetker

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Vorwort zur 11. Auflage

Gerade die Schlussphase der 18. Legislaturperiode war durch zahlreiche arbeitsrechtliche Gesetze ge-kennzeichnet, die zu erheblichen Eingriffen auch in das Betriebsverfassungsrecht geführt haben. Teil-weise führten diese zu unmittelbaren Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes (so durch dasGesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vom 21.2.2017 [BGBl. I S. 258], dasBundesteilhabegesetz vom 23.12.2016 [BGBl. I S. 3234] sowie das EM-Leistungsverbesserungsgesetzvom 17.7.2017 [BGBl. I S. 2509]), zum Teil strahlen diese auf das Betriebsverfassungsrecht aus, wiez. B. die Definition des Arbeitnehmerbegriffs in § 611a Abs. 1 BGB, die Neufassung des Mutter-schutzgesetzes, die Neufassung des SGB IX, das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgelt-strukturen sowie die Sonderregelung in § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG zur Berücksichtigung der Leiharbeit-nehmer bei den Schwellenwerten im Betriebsverfassungsgesetz.

Noch vor den nächsten turnusmäßigen Betriebsratswahlen im Frühjahr 2018 wurden mit der 11. Auf-lage des Gemeinschaftskommentars nicht nur die vorstehend skizzierten gesetzlichen Entwicklungenberücksichtigt, sondern auch die zahlreiche Rechtsprechung insbesondere des Bundesarbeitsgerichtssowie das wissenschaftliche Schrifttum ausgewertet und eingearbeitet, um sowohl der Praxis einen ver-lässlichen Ratgeber zur Verfügung zu stellen als auch die wissenschaftliche Diskussion anzuregen undfortzuentwickeln. Hierfür wurden Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis zum 1. August2017 berücksichtigt und auch die gesetzlichen Neuregelungen, die erst nachfolgend in Kraft treten,aber bereits im Bundesgesetzblatt verkündet wurden, umfassend eingearbeitet. Das gilt insbesonderefür diejenigen durch das Bundesteilhabegesetz veranlassten Änderungen des Betriebsverfassungsgeset-zes, die erst mit Wirkung ab dem 1.1.2018 gelten, sowie die im Mai 2018 in Kraft tretenden Änderun-gen des Datenschutzrechts durch die Datenschutz-Grundverordnung der EU sowie das am30.06.2017 neu gefasste Bundesdatenschutzgesetz (BGBl. I S. 2097).

Für die 11. Auflage des Kommentars ist das Autorenteam unverändert geblieben. Von Martin Gutzeitwerden die bislang von Günther Wiese verfassten Kommentierungen zu § 87 Abs. 1 Nr. 2 bis 13 fort-geführt. Von Peter Kreutz haben mit dieser Auflage Martin Franzen die Bestimmungen zum Gesamt-betriebsrat (§§ 47 bis 53) und Matthias Jacobs die Erläuterung der §§ 74 und 75 übernommen.

Auch die 11. Auflage des Gemeinschaftskommentars wäre nicht ohne die engagierte Unterstützungunserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich gewesen. Ihnen sei deshalb an dieser Stelle aus-drücklich gedankt.

Gießen, Hamburg, Kiel, Mannheim, München, Trier und Würzburgim Oktober 2017 Die Verfasser

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Inhaltsverzeichnis

Band I

Seite

Vorwort V

Bearbeiterverzeichnis VII

Abkürzungsverzeichnis XIX

Text des Betriebsverfassungsgesetzes vom 15. Januar 1972 i. d. F. der Bekannt-machung vom 25. September 2001 1

Einleitung 59

Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz 119

Erster Teil Allgemeine Vorschriften 119

§ 1 Errichtung von Betriebsräten 119§ 2 Stellung der Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber 155§ 3 Abweichende Regelungen 192§ 4 Betriebsteile, Kleinstbetriebe 225§ 5 Arbeitnehmer 237§ 6 (weggefallen) 348

Zweiter Teil Betriebsrat, Betriebsversammlung, Gesamt- und Konzernbetriebsrat 349

Erster Abschnitt Zusammensetzung und Wahl des Betriebsrats 349

§ 7 Wahlberechtigung 349§ 8 Wählbarkeit 412§ 9 Zahl der Betriebsratsmitglieder 432§ 10 (weggefallen) 446§ 11 Ermäßigte Zahl der Betriebsratsmitglieder 449§ 12 (weggefallen) 452§ 13 Zeitpunkt der Betriebsratswahlen 452§ 14 Wahlvorschriften 472§ 14a Vereinfachtes Wahlverfahren für Kleinbetriebe 501§ 15 Zusammensetzung nach Beschäftigungsarten und Geschlechter 532§ 16 Bestellung des Wahlvorstands 543§ 17 Bestellung des Wahlvorstands in Betrieben ohne Betriebsrat 571§ 17a Bestellung des Wahlvorstands im vereinfachten Wahlverfahren 589§ 18 Vorbereitung und Durchführung der Wahl 595§ 18a Zuordnung der leitenden Angestellten bei Wahlen 629§ 19 Wahlanfechtung 663§ 20 Wahlschutz und Wahlkosten 716

Zweiter Abschnitt Amtszeit des Betriebsrats 741

§ 21 Amtszeit 741§ 21a Übergangsmandat 755

XI

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§ 21b Restmandat 791§ 22 Weiterführung der Geschäfte des Betriebsrats 801§ 23 Verletzung gesetzlicher Pflichten 807§ 24 Erlöschen der Mitgliedschaft 893§ 25 Ersatzmitglieder 909

Dritter Abschnitt Geschäftsführung des Betriebsrats 930

§ 26 Vorsitzender 930§ 27 Betriebsausschuss 955§ 28 Übertragung von Aufgaben auf Ausschüsse 987§ 28a Übertragung von Aufgaben auf Arbeitsgruppen 1002§ 29 Einberufung der Sitzungen 1027§ 30 Betriebsratssitzungen 1051§ 31 Teilnahme der Gewerkschaften 1060§ 32 Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung 1069§ 33 Beschlüsse des Betriebsrats 1074§ 34 Sitzungsniederschrift 1095§ 35 Aussetzung von Beschlüssen 1108§ 36 Geschäftsordnung 1117§ 37 Ehrenamtliche Tätigkeit, Arbeitsversäumnis 1123§ 38 Freistellungen 1230§ 39 Sprechstunden 1263§ 40 Kosten und Sachaufwand des Betriebsrats 1273§ 41 Umlageverbot 1338

Vierter Abschnitt Betriebsversammlung 1341

§ 42 Zusammensetzung, Teilversammlung, Abteilungsversammlung 1341§ 43 Regelmäßige Betriebs- und Abteilungsversammlungen 1362§ 44 Zeitpunkt und Verdienstausfall 1375§ 45 Themen der Betriebs- und Abteilungsversammlungen 1394§ 46 Beauftragte der Verbände 1405

Fünfter Abschnitt Gesamtbetriebsrat 1411

vor § 47 Einführung 1411§ 47 Voraussetzungen der Errichtung, Mitgliederzahl, Stimmengewicht 1413§ 48 Ausschluss von Gesamtbetriebsratsmitgliedern 1450§ 49 Erlöschen der Mitgliedschaft 1455§ 50 Zuständigkeit 1460§ 51 Geschäftsführung 1507§ 52 Teilnahme der Gesamtschwerbehindertenvertretung 1527§ 53 Betriebsräteversammlung 1531

Sechster Abschnitt Konzernbetriebsrat 1545

§ 54 Errichtung des Konzernbetriebsrats 1545§ 55 Zusammensetzung des Konzernbetriebsrats, Stimmengewicht 1567§ 56 Ausschluss von Konzernbetriebsratsmitgliedern 1576§ 57 Erlöschen der Mitgliedschaft 1579§ 58 Zuständigkeit 1581§ 59 Geschäftsführung 1600§ 59a Teilnahme der Konzernschwerbehindertenvertretung 1607

Inhaltsverzeichnis

XII

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Dritter Teil Jugend- und Auszubildendenvertretung 1611

Einführung 1611

Erster Abschnitt Betriebliche Jugend- und Auszubildendenvertretung 1624

§ 60 Errichtung und Aufgabe 1624§ 61 Wahlberechtigung und Wählbarkeit 1640§ 62 Zahl der Jugend- und Auszubildendenvertreter, Zusammensetzung der Jugend-

und Auszubildendenvertretung 1651§ 63 Wahlvorschriften 1658§ 64 Zeitpunkt der Wahlen und Amtszeit 1674§ 65 Geschäftsführung 1681§ 66 Aussetzung von Beschlüssen des Betriebsrats 1700§ 67 Teilnahme an Betriebsratssitzungen 1705§ 68 Teilnahme an gemeinsamen Besprechungen 1720§ 69 Sprechstunden 1724§ 70 Allgemeine Aufgaben 1730§ 71 Jugend- und Auszubildendenversammlung 1744

Zweiter Abschnitt Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung 1757

§ 72 Voraussetzungen der Errichtung, Mitgliederzahl, Stimmengewicht 1757§ 73 Geschäftsführung und Geltung sonstiger Vorschriften 1767

Dritter Abschnitt Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung 1778

§ 73a Voraussetzung der Errichtung, Mitgliederzahl, Stimmengewicht 1778§ 73b Geschäftsführung und Geltung sonstiger Vorschriften 1786

Anhang

1. Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes(Wahlordnung – WO) 1797

2. Gesetz über Europäische Betriebsräte(Europäische Betriebsräte-Gesetz – EBRG) 1917

3. Zweite Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes(Wahlordnung Seeschifffahrt – WOS) 2041

4. Verordnung zur Durchführung der Betriebsratswahlen bei den Postunternehmen(WahlO Post) 2063

5. Gesetz zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost(Postpersonalrechtsgesetz – PostPersRG –) 2071

6. Gesetz über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft(Deutsche Bahn Gründungsgesetz – DBGrG –) 2077

Inhaltsverzeichnis

XIII

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Inhaltsverzeichnis

Band II

Seite

Bearbeiterverzeichnis V

Abkürzungsverzeichnis XI

Vierter Teil Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer 1

Erster Abschnitt Allgemeines 1

§ 74 Grundsätze für die Zusammenarbeit 1§ 75 Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen 55§ 76 Einigungsstelle 126§ 76a Kosten der Einigungsstelle 192§ 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen 212§ 78 Schutzbestimmungen 411§ 78a Schutz Auszubildender in besonderen Fällen 445§ 79 Geheimhaltungspflicht 499§ 80 Allgemeine Aufgaben 524

Zweiter Abschnitt Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers 577

vor § 81 Einführung 577§ 81 Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers 590§ 82 Anhörungs- und Erörterungsrecht des Arbeitnehmers 597§ 83 Einsicht in die Personalakten 604§ 84 Beschwerderecht 635§ 85 Behandlung von Beschwerden durch den Betriebsrat 646§ 86 Ergänzende Vereinbarungen 655§ 86a Vorschlagsrecht der Arbeitnehmer 658

Dritter Abschnitt Soziale Angelegenheiten 664

vor § 87 Einführung 664§ 87 Mitbestimmungsrechte 677§ 88 Freiwillige Betriebsvereinbarungen 1105§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz 1118

Vierter Abschnitt Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung 1147

vor § 90 Einführung 1147§ 90 Unterrichtungs- und Beratungsrechte 1151§ 91 Mitbestimmungsrecht 1165

Fünfter Abschnitt Personelle Angelegenheiten 1176

vor § 92 Einführung 1176

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Erster Unterabschnitt Allgemeine personelle Angelegenheiten 1185

§ 92 Personalplanung 1185§ 92a Beschäftigungssicherung 1202§ 93 Ausschreibung von Arbeitsplätzen 1215§ 94 Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze 1237§ 95 Auswahlrichtlinien 1266

Zweiter Unterabschnitt Berufsbildung 1294

§ 96 Förderung der Berufsbildung 1294§ 97 Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung 1308§ 98 Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen 1320

Dritter Unterabschnitt Personelle Einzelmaßnahmen 1341

§ 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen 1341§ 100 Vorläufige personelle Maßnahmen 1461§ 101 Zwangsgeld 1477§ 102 Mitbestimmung bei Kündigungen 1487§ 103 Außerordentliche Kündigung und Versetzung in besonderen Fällen 1598§ 104 Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer 1652§ 105 Leitende Angestellte 1667

Sechster Abschnitt Wirtschaftliche Angelegenheiten 1673

vor § 106 Einführung 1673

Erster Unterabschnitt Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten 1690

§ 106 Wirtschaftsausschuss 1690§ 107 Bestellung und Zusammensetzung des Wirtschaftsausschusses 1735§ 108 Sitzungen 1751§ 109 Beilegung von Meinungsverschiedenheiten 1773§ 109a Unternehmensübernahme 1784§ 110 Unterrichtung der Arbeitnehmer 1792

Zweiter Unterabschnitt Betriebsänderungen 1799

§ 111 Betriebsänderungen 1799§ 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan 1895§ 112a Erzwingbarer Sozialplan bei Personalabbau, Neugründungen 1896§ 113 Nachteilsausgleich 2046

Fünfter Teil Besondere Vorschriften für einzelne Betriebsarten 2083

Erster Abschnitt Seeschifffahrt 2083

vor § 114 Einführung 2083§ 114 Grundsätze 2086§ 115 Bordvertretung 2101§ 116 Seebetriebsrat 2126

Inhaltsverzeichnis

XVI

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Zweiter Abschnitt Luftfahrt 2148

§ 117 Geltung für die Luftfahrt 2148

Dritter Abschnitt Tendenzbetriebe und Religionsgemeinschaften 2159

§ 118 Geltung für Tendenzbetriebe und Religionsgemeinschaften 2159

Sechster Teil Straf- und Bußgeldvorschriften 2231

§ 119 Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder 2231§ 120 Verletzung von Geheimnissen 2255§ 121 Bußgeldvorschriften 2272

Siebenter Teil Änderung von Gesetzen 2285

Von einer Kommentierung des Siebenten Teils (§§ 122–124) wurde abgesehen

Achter Teil Übergangs- und Schlussvorschriften 2287

§ 125 Erstmalige Wahlen nach diesem Gesetz 2287§ 126 Ermächtigung zum Erlass von Wahlordnungen 2289§ 127 Verweisungen 2290§ 128 Bestehende abweichende Tarifverträge 2290§ 129 Außerkrafttreten von Vorschriften 2291§ 130 Öffentlicher Dienst 2292§ 131 Berlin-Klausel 2295§ 132 Inkrafttreten 2295

Anhang

1. Allgemeine Verwaltungsvorschrift über das Zusammenwirken der technischen Aufsichts-beamten der Träger der Unfallversicherung mit den Betriebsvertretungen 2297

2. Allgemeine Verwaltungsvorschrift über das Zusammenwirken der Berufsgenossenschaftenund der für die Bergaufsicht zuständigen Behörden 2301

3. Rahmenvereinbarung über das Zusammenwirken der staatlichen Arbeitsschutzbehördender Länder und der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Rahmen derGemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) 2303

Sachverzeichnis 2309

Inhaltsverzeichnis

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chen, über die im Urteilsverfahren entschieden wird (vgl. vor § 81 Rdn. 41; ArbG Aachen01.09.1975 BB 1976, 1511; Buschmann/DKKW § 82 Rn. 18; Fitting § 82 Rn. 14; Rose/HWGNRH§ 82 Rn. 41; Richardi/Thüsing § 82 Rn. 20). Die Rechte des Arbeitnehmers nach § 82 können nichtvom Betriebsrat gegen den Arbeitgeber geltend gemacht werden (vgl. ArbG Aachen 01.09.1975 BB1976, 1511). Im Urteilsverfahren ist auch über Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers gegendas hinzugezogene Betriebsratsmitglied bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zu entscheiden(vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 5, §§ 46 ff. ArbGG; Richardi/Thüsing § 82 Rn. 22).

Dagegen handelt es sich bei einem Streit über die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds umeine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit (vgl. BAG 16.11.2004 EzA § 82 BetrVG 2001 Nr. 1S. 4 [Streckel] = AP Nr. 3 zu § 82 BetrVG 1972 Bl. 2 = RdA 2005, 314 [Hümmerich]; Konzen Leistungs-pflichten, S. 69 f., 71), über die im Beschlussverfahren zu entscheiden ist (vgl. § 2a Abs. 1 Nr. 1,Abs. 2, §§ 80 ff. ArbGG). Das gilt sowohl dann, wenn der Arbeitnehmer seinen – wenn auch wenigpraktischen – gesetzlichen Anspruch gegenüber dem Betriebsratsmitglied auf Hinzuziehung (vgl.Rdn. 20) durchsetzen will (vgl. auch vor § 81 Rdn. 32; a.M. unter Verneinung der DurchsetzbarkeitBuschmann/DKKW § 82 Rn. 18; Fitting § 82 Rn. 15; Galperin/Löwisch § 82 Rn. 15), als auch für denFall, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Hinzuziehung verweigert (vgl. auch vor § 81Rdn. 42, § 81 Rdn. 26, § 83 Rdn. 78, § 84 Rdn. 37; a.M. BAG 24.04.1979 EzA § 82 BetrVG1972 Nr. 1 S. 3 = AP Nr. 1 zu § 82 BetrVG 1972 Bl. 1 R; 23.02.1984 EzA § 82 BetrVG 1972 Nr. 2= AP Nr. 2 zu § 82 BetrVG 1972 [Schreiber] = SAE 1985, 27 [Peterek]; Buschmann/DKKW § 82BetrVG Rn. 18; Fitting § 82 Rn. 15; Kania/ErfK § 82 BetrVG Rn. 12; Preis/WPK vor § 81 Rn. 8;Richardi/Thüsing § 82 Rn. 21; Rose/HWGNRH § 82 Rn. 43). Denn wenn es sich auch bei der Gel-tendmachung der dem Arbeitnehmer nach § 82 zustehenden Rechte ihrem Wesen nach um arbeits-vertragliche Ansprüche handelt, ist doch das Recht auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds nureine zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche und nicht aus dem Arbeitsvertrag ableitbare Befugnis(vgl. vor § 81 Rdn. 18; zust. BAG 16.11.2004 EzA § 82 BetrVG 2001 Nr. 1 S. 4 [Streckel] = AP Nr. 3zu § 82 BetrVG 1972 Bl. 4 = RdA 2005, 314 [Hümmerich]). Auch ein Streit zwischen einem Betriebs-ratsmitglied und dem Arbeitgeber über die Berechtigung der Hinzuziehung ist im Beschlussverfahrenauszutragen, jedoch hat das Betriebsratsmitglied keinen gegen den Arbeitgeber durchsetzbaren An-spruch (vgl. BAG 23.02.1984 EzA § 82 BetrVG 1972 Nr. 2 = AP Nr. 2 zu § 82 BetrVG 1972 [Schrei-ber]; 16.11.2004 EzA § 82 BetrVG 2001 Nr. 1 S. 5 [Streckel] = AP Nr. 3 zu § 82 BetrVG 1972 Bl. 3 =RdA 2005, 314 [Hümmerich]; Richardi/Thüsing § 82 Rn. 21). Gleiches gilt für den Betriebsrat (vgl. Fit-ting § 82 Rn. 15; Peterek Anm. SAE 1985, 28; Schreiber Anm. BAG AP Nr. 2 zu § 82 BetrVG 1972 Bl. 2R f.); er besitzt aber im Rahmen des § 23 Abs. 3 Satz 1 kraft gesetzlicher Prozessstandschaft die erfor-derliche Auftragsbefugnis (vgl. BAG 20.04.2010 EzA § 82 BetrVG 2001 Nr. 2 Rn. 11 = AP Nr. 4 zu§ 82 BetrVG 1972 Rn. 11; 16.11.2004 EzA § 82 BetrVG 2001 Nr. 1 S. 3 ff. [Streckel] = AP Nr. 3 zu§ 82 BetrVG 1972 Bl. 1 R ff. = RdA 2005, 314 [Hümmerich]).

§ 83Einsicht in die Personalakten

(1) Der Arbeitnehmer hat das Recht, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zunehmen. Er kann hierzu ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Das Mitglied des Be-triebsrats hat über den Inhalt der Personalakte Stillschweigen zu bewahren, soweit esvom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird.

(2) ErklärungendesArbeitnehmers zum Inhalt der Personalakte sinddieser auf sein Verlan-gen beizufügen.

Literatur

I. Personalakten allgemeinBeck Die rechtlichen Vorgaben für die Führung von Personalakten (Diss. Gießen), 1995; Becker-Schaffner Die Per-sonalakte – Einsichtsrecht – Berichtigungsanspruch, BlStSozArbR 1980, 177; ders. Die Rechtsprechung zumRecht der Arbeitspapiere, DB 1983, 1304; Besgen Der Anspruch auf Entfernung einer unberechtigten Abmahnung

25

§ 83 IV. 2. Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers

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aus den Personalakten, AiB 1986, 101 = PersR 1986, 73; Blaeser Betriebliches Personalaktenrecht: Hinweise für dierechtliche und praktische Handhabung der Personalakte im Betrieb, 2. Aufl. 1999; Böker Elektronische Persona-lakten, Betriebs- und Dienstvereinbarungen – Kurzauswertungen, Hans-Böckler-Stiftung, 2010; Brachmann/Die-pold Die elektronische Personalakte, AuA 2012, 202; Brettschneider/Sondermann Grenzen innerbetrieblicher Infor-mation bei Betriebsbußen, AuR 1980, 158; Brill Recht des Betriebsrats auf Einsichtnahme in Personalakten?, AuR1976, 41; Conze Zur Tilgung und Wirkungsdauer von berechtigten Abmahnungen, DB 1987, 889; ders. Nochmals– die Wirkungsdauer einer Abmahnung, DB 1987, 2358; ders. Die aktuelle Rechtsprechung des BAG zur Entfer-nung von Vorgängen aus Personalakten, DB 1989, 778; Daniels Die Ansprüche des Patienten hinsichtlich der Kran-kenunterlagen des Arztes, NJW 1976, 345; Diller/Schuster Rechtsfragen der elektronischen Personalakte, DB 2008,928; Dütz Personalakten und Drittbeziehungen, Festschrift für Wlotzke, 1996, S. 27; Eich Die Kommunikation desBetriebsrats mit der Belegschaft, DB 1978, 395; ders. Anspruch auf Entfernung einer berechtigten Abmahnung ausder Personalakte durch Zeitablauf ?, NZA 1988, 759; Falkenberg Die Abmahnung, NZA 1988, 489; GermelmannDie gerichtliche Überprüfbarkeit von Verwarnungen, RdA 1977, 75; Geulen Die Personalakte in Recht und Praxis,2. Aufl. 1991; Gola Besteht ein Einsichtsrecht in Personalunterlagen, die mehrere Arbeitnehmer betreffen?,BlStSozArbR 1976, 356; Gola/Hümmerich Die Personalakte des Arbeitnehmers, BB 1974, 1167; Graz Personalakteund Zeugnis, 2004; Guddat Zur Aufbewahrungspflicht von Personalunterlagen über ausgeschiedene Mitarbeiter,RdA 1970, 298; Händel Einsichtnahme in Werksarztakten, BB 1977, 797; Herfs-Röttgen Rechtsfragen rund umdie Personalakte, NZA 2013, 478; Hümmerich Der Schutz des Beschäftigten vor Aufnahme ärztlicher Gutachtenin Personalakten und Datenbanken, DB 1975, 1893; ders. Nochmals: Einsichtnahme in Werksarztakten, BB 1977,996; ders. Betriebsverfassungsrechtliche Anforderungen an Personalinformationssysteme, DB 1978, 1932; Hümme-rich/Gola Personaldatenrecht im Arbeitsverhältnis, 1975; Hunold Individual- und betriebsverfassungsrechtlicheProbleme der Abmahnung, BB 1986, 2050; ders. Personalakten richtig führen, AuA 1997, 364; ders. Personalaktenrichtig führen, AuA 2007, 724; Jobs/Samland Personalinformationssysteme, 1984; Kammerer Abmahnung und Per-sönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis, BB 1980, 1587; ders. Personalakte und Abmahnung, 3. Aufl. 2001; ders.Die Berichtigung der Personalakte bei unzutreffenden Abmahnungen, BB 1991, 1926; ders. Personalakte – Aufbe-wahrung sensibler Gesundheitsdaten im verschlossenen Umschlag, AuR 2007, 189; Kessler Personalaktenrecht.Führung von Personalakten im öffentlichen Dienst, 1997; Kopke Beweislast bei Klagen auf Entfernung einerAbmahnung aus der Personalakte, NZA 2007, 1211; Kort Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung der Abmah-nung aus der Personalakte wegen bloßen Zeitablaufs, FS v. Hoyningen-Huene, 2014, S. 201; ders. Rechte des Be-triebsrats auf Daten der elektronischen Personalakte – Aufgabenerfüllung der Personalvertretung und Arbeitneh-merdatenschutz, ZD 2015, 3; Kossens Personalakte, AR-Blattei SD 1250 (Personalakten); Laber/Klein Bewerbungund dann?, ArbRB 2002, 171; Legerlotz Abmahnungen und Rügen, ArbRB 2002, 218; Lenkaitis Krankenunterla-gen aus juristischer, insbesondere zivilrechtlicher Sicht [Diss. Bochum], 1979 (zit.: Krankenunterlagen); Lepper/Rapsch Auf dem Weg zu einem neuen Personalaktenrecht, ZTR 1987, 225; Linnenkohl/Töfflinger Personalakteund Inhaltskontrolle durch den Arbeitnehmer, AuR 1986, 199; Löw Die Personalakte, AuR 2009, 192; LopackiPersonalaktenrecht der Beamten, Angestellten und Arbeiter des Bundes und der Länder, 1986; Lücke Die Verdachts-kündigung – Fragen aus der Praxis, BB 1998, 2259; Lüthge/Springer Vollständige Digitalisierung von Personalakten,BB 2017, 1397; Olbertz Einführung einer elektronischen Personalakte, ArbRB 2009, 86; R. Mayer Das Einsichts-recht des Arbeitnehmers in Beschwerdebriefe von Arbeitskollegen, NZA 1988, Beilage Nr. 4, S. 21; Nebendahl An-spruch auf Entfernung eines Vorgangs aus der Personalakte nach einem Verstoß gegen § 13 Abs. 2 BAT, ZTR 1990,418; S. Müller Die Personalakte in der Arbeitsrechtspraxis, DB 2011, 2604; Pape Neuregelung des Einsichtsrechts[Diss. Frankfurt a. M.], 1990; Pauly Der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte, MDR1996, 121; Peter Das Recht auf Einsicht in Krankenunterlagen [Diss. 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Schmid Rechtliche Zu-lässigkeit von Bewertungskriterien bei Personalbeurteilungen und in Entlohnungssystemen, BB 1970, 351; ders.Die Abmahnung und ihre rechtliche Problematik, NZA 1985, 409; Schnupp Anspruch von Arbeitnehmern aufEntfernung von unrichtigen/unzutreffenden Vorgängen aus der Personalakte, PersV 1987, 276; Stengel Kannder Arbeitnehmer den Inhalt seiner Personalakte bestimmen?, BB 1976, 1083; Stück Die Personalakte im Spiegelder Rechtsprechung, MDR 2008, 430; v. Hoyningen-Huene Die Abmahnung im Arbeitsrecht, RdA 1990, 193; Wal-ker Fehlentwicklungen bei der Abmahnung im Arbeitsrecht, NZA 1995, 601; Weiss Zur Haftung des Betriebsrats,RdA 1974, 269; Wiese Der Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, ZfA 1971, 273

Einsicht in die Personalakten § 83

605Franzen

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[307 ff.]; ders. Personalakten und Persönlichkeitssphäre des Arbeitnehmers, FS Buchner, 2009, S. 954; Zange Die Per-sonalakte AuA 2012, 206. Vgl. ferner vor § 81.

II. Arbeitsverhältnis und Datenschutz zum BDSG 1977vgl. Literaturverzeichnis bei Wiese/Franzen 8. Aufl. 2005, § 83.

III. Arbeitsverhältnis und Datenschutz zum BDSG 1990vgl. Literaturverzeichnis bei Franzen 10. Aufl. 2014, § 83.IV. Arbeitsverhältnis und Datenschutz zum BDSG 2001vgl. Literaturverzeichnis bei Franzen 10. Aufl. 2014, § 83.

V. Arbeitsverhältnis und Datenschutz zum BDSG 2009Abel Die neuen BDSG-Regelungen, RDV 2009, 147; Aßmus Kontrolle des Betriebsrats durch den betrieblichenDatenschutzbeauftragen?, ZD 2011, 27; Bergmann/Möhrle/Herb Datenschutzrecht, Handkommentar (Loseblatt-werk); Buchner Die Einwilligung im Datenschutzrecht, DuD 2010, 39; Deutsch/Diller Die geplante Neuregelungdes Arbeitnehmerdatenschutzes in § 32 BDSG, DB 2009, 1462; Erfurth Der »neue« Arbeitnehmerdatenschutz imBDSG, NJOZ 2009, 2914; ders. Die Betriebsvereinbarung im Arbeitnehmerdatenschutz, DB 2011, 1275; FranzenArbeitnehmerdatenschutz – rechtspolitische Perspektiven, RdA 2010, 257; ders. Datenschutz im Unternehmen –Zwischen Persönlichkeitsschutz der Arbeitnehmer und Compliance-Anforderungen, ZfA 2012, 172; ders. Recht-liche Rahmenbedingungen psychologischer Eignungstests, NZA 2013, 1; Gola/Jaspers § 32 Abs. 1 BDSG – eineabschließende Regelung?, RDV 2009, 212; Gola/Klug Die BDSG-Novellen 2009 – Ein Kurzüberblick, RDV2009, Sonderbeilage zu Heft 4, S. 1; dies. Die Entwicklung des Datenschutzrechts in den Jahren 2008/2009,NJW 2009, 2577; dies. Die Entwicklung des Datenschutzrechts in den Jahren 2009/2010, NJW 2010, 2483; dies.Die Entwicklung des Datenschutzrechts in den Jahren 2010/2011, NJW 2011, 2484; dies. Die Entwicklung desDatenschutzrechts in den Jahren 2011/2012, NJW 2012, 2489; dies. Die Entwicklung des Datenschutzrechts imersten Halbjahr 2012, NJW 2012, 2489; dies. Die Entwicklung des Datenschutzrechts im zweiten Halbjahr 2012,NJW 2013, 834; dies. Die Entwicklung des Datenschutzrechts im ersten Halbjahr 2013, NJW 2013, 2487; dies. DieEntwicklung des Datenschutzrechts im zweiten Halbjahr 2013, NJW 2014, 667; dies. Die Entwicklung des Daten-schutzrechts im ersten Halbjahr 2014, NJW 2014, 2622; dies. Die Entwicklung des Datenschutzrechts im zweitenHalbjahr 2014, NJW 2015, 674; dies. Die Entwicklung des Datenschutzrechts im ersten Halbjahr 2015, NJW 2015,2628; dies. Die Entwicklung des Datenschutzrechts im zweiten Halbjahr 2015, NJW 2016, 691; Gola/SchomerusKommentar zum BDSG, 12. Aufl. 2015; Gola/Wronka Handbuch zum Arbeitnehmerdatenschutz, 6. Aufl.2013 (zit.: Arbeitnehmerdatenschutz); Jacobs Datenschutz bei der Überwachung von Beschäftigten, ZfA 2012,215; Joussen Die Neufassung des § 32 BDSG – Neues zum Arbeitnehmerdatenschutz?, Jahrbuch des Arbeitsrechts(47) 2010, 68; ders. Die Zulässigkeit von vorbeugenden Torkontrollen nach dem neuen BDSG, NZA 2010, 254;Kilian/Heussen Computerrechts-Handbuch. Computertechnologie in der Rechts- und Wirtschaftspraxis (Lose-blattwerk); Kleinebrink Abmahnung und Datenschutz, DB 2012, 1508; Kort Die Stellung des Betriebsrats im Systemdes Beschäftigtendatenschutzes, RDV 2012, 8; Kramer Neuer § 32 BDSG zum Arbeitnehmerdatenschutz: Check-liste für den Datenschutzbeauftragten, DSB 2009, Heft 7/8, S. 11; Riesenhuber Die Einwilligung des Arbeitnehmersim Datenschutzrecht, RdA 2011, 257; Roßnagel Die Novellen zum Datenschutzrecht – Scoring und Adresshandel,NJW 2009, 2716; Schaffland/Wiltfang Bundesdatenschutzgesetz (Loseblattwerk); Schmidt Beschäftigtendatenschutzin § 32 BDSG, DuD 2010, 207; Simitis (Hrsg.), Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 8. Aufl. 2014 (zit.: Be-arbeiter/Simitis Bundesdatenschutzgesetz); Steigert/Neubauer Die Entwicklung des Datenschutzrechts im Jahr 2011,ZD 2012, 164;Thüsing Arbeitnehmerdatenschutz als Aufgabe von Gesetzgebung und Rechtsprechung, RDV 2009,1; ders . Datenschutz im Arbeitsverhältnis, NZA 2009, 865; ders. Beschäftigtendatenschutz und Compliance, 2. Aufl.2014; Tinnefeld/Buchner/Petri Einführung in das Datenschutzrecht, 5. Aufl. 2012 (zit.: Datenschutzrecht); Vogel/Glas Datenschutzrechtliche Probleme unternehmensinterner Ermittlungen, DB 2009, 1747; Wellhöner/ByersDatenschutz im Betrieb – Alltägliche Herausforderung für den Arbeitgeber?, BB 2009, 2310; Wuermeling Beschäf-tigtendatenschutz auf der europäischen Achterbahn, NZA 2012, 368; Wybitul Das neue Bundesdatenschutzgesetz:Verschärfte Regeln für Compliance und interne Ermittlungen, BB 2009, 1582; ders. Wie viel Arbeitnehmerdaten-schutz ist »erforderlich«?, BB 2010, 1085; ders. Handbuch Datenschutz im Unternehmen, 2. Aufl. 2014.VI. Arbeitsverhältnis, Datenschutz-Grundverordnung und BDSG 2018Düwell/Brink Die EU-Datenschutz-Grundverordnung und der Beschäftigtendatenschutz, NZA 2016, 665; GolaErhebung von Beschäftigtendaten aus Sicht von Arbeitgeber/Dienstherr und Betriebsrat/Personalrat, ZfPR 2016,46; Franck Das System der Betroffenenrechte nach der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), RDV 2016,111; Gola Der »neue« Beschäftigtendatenschutz nach § 26 BDSG n. F., BB 2017, 1462; Gola/Pötters Die Verarbei-

§ 83 IV. 2. Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers

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tung von Beschäftigtendaten im Rahmen betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben in § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG-E,RDV 2017, 111; Gola/Pötters/Thüsing Art. 82 DSGVO: Öffnungsklausel für nationale Regelungen zum Beschäf-tigtendatenschutz – Warum der Gesetzgeber jetzt handeln muss, RDV 2016, 57; Gola/Pötters/Wronka HandbuchArbeitnehmerdatenschutz, 7. Aufl. 2016; Jaspers/Reif Der Datenschutzbeauftragte nach der Datenschutz-Grund-verordnung: Bestellpflicht, Rechtsstellung und Aufgaben, RDV 2016, 61; Jerchel/Schubert Neustart im Datenschutzfür Beschäftigte, DuD 2016, 782; Körner Wirksamer Beschäftigtendatenschutz im Lichte der Europäischen Daten-schutz-Grundverordnung, HSI-Schriftenreihe Band 18, 2017; dies. Die Datenschutz-Grundverordnung und natio-nale Regelungsmöglichkeiten für Beschäftigtendatenschutz, NZA 2016, 1383; Kort Die Zukunft des deutschenBeschäftigtendatenschutzes, ZD 2016, 555; ders. Arbeitnehmerdatenschutz gemäß der EU-Datenschutz-Grund-verordnung, DB 2016, 711; Maschmann Datenschutzgrundverordnung: Quo vadis Beschäftigtendatenschutz?,DB 2016, 2488; Spelge Der Beschäftigtendatenschutz nach Wirksamwerden der Datenschutz-Grundverordnung(DS-GVO), DuD 2016, 775; Stelljes Stärkung des Beschäftigtendatenschutzes durch die Datenschutz-Grundver-ordnung? DuD 2016, 787; Taeger/Rose Zum Stand des deutschen und europäischen Beschäftigtendatenschutzes,BB 2016, 819; Thüsing Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung im Beschäftigungsverhältnis: Mehr Mutzur Rechtssicherheit, BB 2016, 2165; Wybitul Was ändert sich mit dem neuen EU-Datenschutzrecht für Arbeitge-ber und Betriebsräte?, ZD 2016, 203; Wybitul/Sörup/Pötters Betriebsvereinbarungen und § 32 BDSG: Wie geht esnach der DS-GVO weiter?, ZD 2015, 559.

Allgemein zur Datenschutz-Grundverordnung: Albrecht Das neue EU-Datenschutzrecht – von der Richtlinie zurVerordnung, CR 2016, 88; Albrecht/Jotzo Das neue Datenschutzrecht der EU, 2017; Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung VO (EU) 2016/679, Kommentar, 2017; Kühling/Martini Die Datenschutz-Grundverordnung:Revolution oder Evolution im europäischen und deutschen Datenschutzrecht?, EuZW 2016, 448; dies. Die Daten-schutz-Grundverordnung und das nationale Recht, 2016; Paal/Pauly (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung,2017; Plath (Hrsg.), Kommentar zum BDSG und zur DSGVO sowie den Datenschutzbestimmungen des TMGund TKG, 2. Aufl. 2016; Schantz Die Datenschutz-Grundverordnung – Beginn einer neuen Zeitrechnung im Da-tenschutzrecht, NJW 2016, 1841; Spindler Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung, DB 2016, 937; von demBussche/Zeiter/Brombach Die Umsetzung der Vorgaben der EU-Datenschutz-Grundverordnung durch Unterneh-men, DB 2016, 1359; Wybitul EU-Datenschutz-Grundverordnung in der Praxis – Was ändert sich durch das neueDatenschutzrecht?, BB 2016, 1077; Wybitul/Pötters Der neue Datenschutz am Arbeitsplatz, RDV 2016, 10.

Zur Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 vgl. die Literatur daselbst unter II 2.

Inhaltsübersicht Rdn.

I. Vorbemerkung 1–3II. Einsicht in die Personalakten 4–30

1. Personalakten 4–212. Einsicht durch den Arbeitnehmer 22–273. Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds 28, 294. Kein Einsichtsrecht des Betriebsrats 30

III. Erklärungen des Arbeitnehmers zu den Personalakten 31–41IV. Datenschutzrechtliche Besonderheiten 42–76

1. Das datenschutzrechtliche Regelungsregime 42–452. Sachlicher Anwendungsbereich des Datenschutzrechts 46–493. Verantwortliche Stelle 50–54

a) Grundsatz 50b) Unternehmensübergreifende Personaldatenverarbeitung 51c) Exkurs: Datenverarbeitung durch den Betriebsrat 52–54

4. Zulässigkeit der Datenverarbeitung 55–67a) Einwilligung 56–59b) Rechtsvorschriften als Erlaubnistatbestand 60c) Datenschutzrechtliche Erlaubnistatbestände 61–67

5. § 83 und einzelne Arbeitnehmerrechte nach datenschutzrechtlichen Rechtsvorschriften 68–76V. Streitigkeiten 77, 78

Einsicht in die Personalakten § 83

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I. Vorbemerkung

Die mit dem BetrVG 1972 im Betriebsverfassungsrecht verankerte Vorschrift gibt dem Arbeitnehmerin Ergänzung seiner Informationsmöglichkeiten nach §§ 81, 82 das Recht, über ihn geführte Perso-nalakten einzusehen. Nach richtiger Ansicht war ein solcher Anspruch auch schon vor Inkrafttretendes BetrVG 1972 zu bejahen (s. vor § 81 Rdn. 15). Der Gesetzgeber hat insoweit die Einführungdes neuen Gesetzes zu einer Klarstellung und Verankerung des geltenden Rechtszustandes im Gesetzgenutzt. Im öffentlichen Dienst ist das Einsichtsrecht seit langem geregelt (vgl. § 3 Abs. 5 TVöD, § 3Abs. 6 TV-L, § 13 BAT, § 110 BBG, § 29 Abs. 7 und 8 SoldatenG); auf eine gesetzliche Normierung(vgl. dazu sogleich Rdn. 3) wurde angesichts der Regelungen in den einschlägigen Tarifverträgen bis-lang verzichtet. Eine wichtige Erweiterung zum individuellen Einsichtsrecht als solchem ist die Mög-lichkeit des Arbeitnehmers, ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen (vgl. Rdn. 28). Das Recht desArbeitnehmers, Erklärungen zum Inhalt der Personalakte zu geben (vgl. Rdn. 31 ff.), war dagegenauch schon vor Inkrafttreten des BetrVG 1972 anzuerkennen (s. vor § 81 Rdn. 15).

Zum persönlichen Geltungsbereich des § 83 s. vor § 81 Rdn. 21 ff. Die Vorschrift ist zwingend(vgl. vor § 81 Rdn. 34).

Das Bundespersonalvertretungsgesetz enthält keine entsprechende Vorschrift (s. aber Rdn. 1).Für leitende Angestellte vgl. § 26 Abs. 2 SprAuG.

II. Einsicht in die Personalakten

1. Personalakten

Der Begriff der Personalakte ist nicht festgelegt und daher nach dem Sinn der gesetzlichen Regelungzu bestimmen. Durch die Kenntnis seiner Personalunterlagen soll dem Arbeitnehmer das Gefühl ge-nommen werden, Objekt undurchsichtiger fremder Beurteilung zu sein, und ihm die Möglichkeitgegeben werden, sich gegen unzutreffende Angaben zu wehren (s. vor § 81 Rdn. 15). Das setzt dieOffenlegung aller Vorgänge voraus, die einen bestimmten Arbeitnehmer in Bezug auf sein Arbeitsver-hältnis betreffen. Maßgebend ist nicht die Bezeichnung »Personalakte« (Personalakte im formellenSinne), sondern allein der Inhalt der den Arbeitnehmer betreffenden Vorgänge (Personalakte immateriellen Sinne; vgl. auch BVerwGE 01.07.1983 67, 300 [301 f.]). Unter Personalakten sind daheralle über einen Arbeitnehmer bestehenden und ihn persönlich betreffenden Unterlagen desArbeitgebers zu verstehen (ähnlich BAG 07.05.1980 AuR 1981, 124 [Herschel]; 13.04.1988 EzA§ 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 47 S. 3; LAG Baden-Württemberg 02.08.2000 AuR 2001, 192; LAGHamm 01.12.1994 LAGE § 630 BGB Nr. 28 LS 2; ArbG Berlin BB 24.09.1987 1988, 70 = CR 1988,408 [Kort]; ArbG Celle ARSt. 1981, 7; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 3; Fitting § 83 Rn. 3 ff.; DeiserothAuR 2001, 161 [163]; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 9; Hunold AuA 1997, 364; Kania/ErfK § 83BetrVG Rn. 2; Küpferle/Wohlgemuth Personaldatenverarbeitende Systeme, Rn. 280; Linnenkohl/Töff-linger AuR 1986, 199 [202]; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 1 und 3 ff.; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 4und 6; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 3; a. M. Geulen Die Personalakte in Recht und Praxis,S. 149 f.; vgl. auch die Legaldefinition des Beamtenrechts in § 106 Abs. 1 Satz 4 BBG). Zur Anwend-barkeit des Bundesdatenschutzgesetzes und der EU-Datenschutz-Grundverordnung vgl. Rdn. 42 f.

Zur Personalakte gehören: Abmahnungen, Arbeitspapiere, Unterlagen zu Arbeitsunfällen, Arbeits-vertrag (vgl. ArbG Reutlingen 08.05.1981 BB 1981, 1092) einschließlich ergänzender Vereinbarungen,ärztliche Gutachten (vgl. Rdn. 11), Beurteilungen jeder Art, Bewerbungsunterlagen, Ermittlungs-akten aus abgeschlossenen Betriebsbußen- oder Disziplinarverfahren einschließlich Vorermittlungs-akten (vgl. VGH Hessen 13.12.1989 ESVGH 41, 148 = AuR 1991, 60), Unterlagen über betrieblicheDarlehen, Unterlagen über die tarifliche Eingruppierung, Nachweise über Fortbildungen, grapholo-gische Gutachten, Krankmeldungen und sonstige Nachweise über Krankheitszeiten und Kuraufent-halte, Personalfragebogen und sonstige Angaben zur Person (z. B. Personenstand, Berufsbildung,Kenntnisse, Fähigkeiten, Leistungen, Auszeichnungen), Pfändungen und Abtretungen, oder sonstigeUnterlagen über Daten des Arbeitnehmers, Schriftwechsel mit dem Arbeitnehmer und mit Drittenund Behörden über den Arbeitnehmer, Angaben zu Straftaten des Arbeitnehmers, Testergebnisse, Ur-

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laubsunterlagen, Zeugnisse usw. (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 5; Dachrodt/Engelbert § 83 Rn. 13;Fitting, § 83 Rn. 4; Franzen EAS B 5300 Rn. 36; Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz,Rn. 118 f.; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 2; Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 30 ff.; Lakies/HaKo§ 83 Rn. 5; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 3 f.; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 3 f.; auch BAG07.09.1988 EzA § 611 BGB Abmahnung Nr. 17 = AP Nr. 2 zu § 611 BGB Abmahnung), des wei-teren auch Beschwerdebriefe von Arbeitskollegen (a.M. R. Mayer NZA 1988, Beilage Nr. 4,S. 21 ff., der § 83 übersieht; diesem folgend Reich § 83 Rn. 1), wie überhaupt den Arbeitnehmer be-treffende Schriftstücke Dritter (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 5; Dütz Festschrift für Wlotzke,S. 27 ff.; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 2; Kaiser/LK § 83 Rn. 1; a. M. Rose/HWGNRH § 83 Rn. 20m. w. N.). Zu Angaben über Straftaten des Arbeitnehmers vgl. § 51 BZRG und Rdn. 16, 19 und 73.Stets muss es sich aber um Unterlagen handeln, die nach objektiven Gesichtspunkten offiziellen Cha-rakter haben, so dass persönliche Aufzeichnungen des Arbeitgebers oder einzelner Vorgesetzter (z. B.Zeugnisentwürfe, Gedankenskizzen über den Einsatz eines Arbeitnehmers) nicht hierher gehören(vgl. Dachrodt/Engelbert § 83 Rn. 12).

Unerheblich ist es, wann die Unterlagen entstanden und in die Hand des Arbeitgebers gelangtsind. Deshalb gehören zu den Personalakten nicht nur die während, sondern auch die vor Beginndes Arbeitsverhältnisses gesammelten Schriftstücke (insbesondere Bewerbungsunterlagen mit Lebens-lauf, Zeugnissen und sonstigen Nachweisen), Unterlagen über Eignungstests, Auskünfte Dritter usw.(vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 5; Dütz Festschrift für Wlotzke, S. 27 [32 ff.]; Falkenberg DB 1972,774 [775]; Fitting § 83 Rn. 4; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 4; Laber/Klein ArbRB 2002, 171 [172]; Lin-nenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [202]; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 3; Richardi/Thüsing § 83Rn. 7; a.M. in Bezug auf »reine Gedankenskizzen oder unstrukturierte Notizen« Rose/HWGNRH§ 83 Rn. 13; Rothe DB 1972, 1919; Schlessmann BB 1972, 579 [582]). Gleiches gilt für etwa noch vor-handene Unterlagen aus einem früheren Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers bei demselben Arbeit-geber. Die abweichende Meinung übersieht, dass zwar das Einsichtsrecht nach § 83 durch das Arbeits-verhältnis zeitlich begrenzt ist, d. h. erst mit Beginn des Arbeitsverhältnisses entsteht und mit dessenAuflösung endet (vgl. Rdn. 27), das bestehende Einsichtsrecht aber seinem Inhalt nach unbeschränktist. Dieser Verpflichtung kann sich der Arbeitgeber nicht dadurch entziehen, dass er Unterlagen aus derZeit vor Beginn des Arbeitsverhältnisses generell gesondert aufbewahrt. Solange derartige Unterlagendem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, muss der Arbeitnehmer nach dem Sinn des § 83 auch von ih-nen Kenntnis nehmen können. Das gilt allerdings nur für den später eingestellten Arbeitnehmer (vgl.Wiese ZfA 1971, 273 [295] Fn. 98), weil § 83 das Recht zur Einsichtnahme erst mit der Begründungdes Arbeitsverhältnisses entstehen lässt (a.M. Fitting § 83 Rn. 8). Das Gesagte gilt auch für ärztlicheGutachten (vgl. auch Rdn. 11). Im Übrigen ist der Arbeitgeber nicht gezwungen, Unterlagen ausder Zeit vor Beginn des Arbeitsverhältnisses aufzubewahren; nur wenn er es tut, darf der Arbeitnehmersie einsehen. Wenn der Arbeitgeber – z. B. bei Auskünften – die Verpflichtung eingegangen ist, sie ver-traulich zu behandeln und Dritten nicht zugänglich zu machen, bleibt ihm daher nur die Möglichkeit,die Unterlagen zu vernichten.

Gleichgültig ist, wo die den Arbeitnehmer betreffenden Angaben im Betriebverwahrt werden, obsie also an verschiedenen Stellen, in Haupt- oder Nebenakten geführt werden (vgl. LAG Bremen04.03.1977 DB 1977, 1006 [1007]; ArbG Celle 29.05.1980 ARSt. 1981, 7; vgl. auch BAG 07.05.1980AuR 1981, 124 [126], das aber für den öffentlichen Dienst annimmt, der Arbeitgeber müsse alle Per-sonalakten im materiellen Sinne zu den formellen Personalakten nehmen [krit. Herschel daselbstS. 128]; Deiseroth AuR 2001, 161 [163]; Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 4; Stege/Weinspach/Schiefer§ 83 Rn. 4). Andernfalls läge es im Belieben des Arbeitgebers, durch Auswahl das Einsichtsrecht desArbeitnehmers zu beschränken. Insbesondere ist es unzulässig, dem Arbeitnehmer eine »offizielle«Personalakte vorzulegen und einen Teil der Unterlagen in geheime »Sonderakten« aufzunehmen(vgl. Lakies/HaKo § 83 Rn. 3; Wedde AiB 2003, 285 [286] mit datenschutzrechtlicher Argumenta-tion). Der Arbeitgeber kann auch das Einsichtsrecht nicht dadurch einschränken, dass er einzelne Un-terlagen als vertraulich bezeichnet (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 12; Linnenkohl/Töfflinger AuR1986, 199 [202]; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 9).

Zu den Personalakten i. S. d. § 83 gehören auch die den Arbeitnehmer betreffenden Unterlagen desWerkschutzes (vgl. LAG Bremen 04.03.1977 DB 1977, 1006 [1007]; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 3;

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Fitting § 83 Rn. 5; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 11; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [202]; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 2; Lakies/HaKo § 83 Rn. 3; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 10; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 4). Im Verfahren über Betriebsbußen steht dem Arbeitnehmer bereits vorAbschluss des Verfahrens das Einsichtsrecht in die Akten zu, soweit dies ohne Gefährdung des Ermitt-lungszwecks möglich ist (vgl. Galperin/Löwisch § 83 Rn. 14 im Widerspruch zu § 83 Rn. 4; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 48; in entsprechender Anwendung für unternehmensinterne Ermittlungen Kla-sen/Schaefer DB 2012, 1384 [1387]; für ein unbeschränktes Einsichtsrecht VGH Hessen 13.12.1989ESVGH 41, 148 = AuR 1991, 60; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 12; Dütz Festschrift für Wlotzke,S. 27 [31]; Fitting § 83 Rn. 6; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 29; gegen ein Einsichtsrecht LAG Bremen04.03.1977 DB 1977, 1006 [1007]). Eine entsprechende Regelung besteht auch für das Einsichts-recht des Verteidigers im Strafverfahren nach § 147 Abs. 1, 2 StPO und für den Beamten imdisziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahren nach § 3 BDG i. V. m. § 29 VwVfG. Das Aktenein-sichtsrecht entspricht dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit; es muss dem Arbeitnehmer möglich sein,sich gegen die ihm zur Last gelegten Vorwürfe rechtzeitig zu verteidigen. Das Einsichtsrecht wird nichtdurch etwaige Sicherheitsbedenken gegen den Arbeitnehmer eingeschränkt. Entsprechendes gilt fürdie Einsicht in Ermittlungsunterlagen vor Verdachtskündigungen (a. M. Lücke BB 1998, 2259[2261 f.]). Dagegen gehören die Prozessakten eines Rechtsstreits zwischen Arbeitgeber und Arbeit-nehmer als solche nicht zu den Personalakten (vgl. BAG 08.04.1992 RDV 1993, 171 [172];Buschmann/DKKW § 83 Rn. 3; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 3; Lakies/HaKo § 83 Rn. 4;Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 5; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 28).

Zu den Personalakten i. S. d. § 83 gehören ferner nicht die ausschließlich auf den Betriebsrat als Or-gan und die Amtstätigkeit seiner Mitglieder bezogenen Unterlagen des Arbeitgebers (vgl. BAG19.08.1992 AP Nr. 5 zu § 8 BPersVG Bl. 2 ff.; LAG Bremen 04.03.1977 DB 1977, 1006 [1007]; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 5) und ebenso wenig eigene Unterlagen des Betriebsrats über einen Ar-beitnehmer (vgl. Galperin/Löwisch § 83 Rn. 6). Zur Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes bzw.der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Datenverarbeitung durch den Betriebsrat vgl.Rdn. 52 f.

Kein Bestandteil der Personalakten sind betriebliche Unterlagen, in denen der Arbeitnehmer nurnamentlich aufgeführt wird, ohne dass dies Rückwirkungen auf seine persönliche Rechtsstellunghätte (z. B. Benennung in Personal-, Lohn- und Gehalts- sowie sonstigen Namenslisten; zust.Buschmann/DKKW § 83 Rn. 5; vgl. auch Fitting § 83 Rn. 6; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 5; Gola BlSt-SozArbR 1976, 356; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [202]; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 8; a.M.Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 5). Das gleiche gilt für Statistiken (vgl. Fitting § 83 Rn. 6; Kania/ErfK§ 83 BetrVG Rn. 3) und sonstige Auswertungen der Daten mehrerer Arbeitnehmer, aus denen nichtmehr auf einen einzelnen Arbeitnehmer geschlossen werden kann. Die Tatsache allein, dass mehrereArbeitnehmer genannt werden, schließt den Charakter eines Schriftstücks als Gegenstand der Persona-lakte jedoch nicht aus; so kann die Bewertung der Leistung oder des Verhaltens einer Arbeitsgruppezugleich jeden ihr angehörenden einzelnen Arbeitnehmer betreffen (zur Problematik der dadurchmöglichen Kenntnisnahme der Personalangelegenheiten anderer Arbeitnehmer vgl. BVerwGE04.08.1975 49, 89 [93 ff.]; Fitting § 83 Rn. 37; Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 79; Gola BlStSoz-ArbR 1976, 356 [357]). Unergiebig ist der von Hümmerich/Gola (Personaldatenrecht im Arbeits-verhältnis, S. 23) propagierte Begriff »qualifizierte Personalakten«, mit dem über gesetzliche Verpflich-tungen hinaus bestehende Datensammlungen über einen Arbeitnehmer gemeint sein sollen; dieVorschrift des § 83 bezieht sich auf alle über einen Arbeitnehmer bestehenden Unterlagen (a. M.aber Hümmerich/Gola Personaldatenrecht im Arbeitsverhältnis, S. 27 f.).

Nicht zu den Personalakten gehören die wegen der Schweigepflicht aus § 8 Abs. 1 Satz 3 ASiG auchdem Arbeitgeber nicht zugänglichen Unterlagen der Betriebsärzte (sog. Befundbögen), so dassein Einsichtsrecht nach § 83 ausscheidet (vgl. LAG Bremen 04.03.1977 DB 1977, 1006 [1007];Buschmann/DKKW § 83 Rn. 5; Fitting § 83 Rn. 6; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 6a; Händel BB 1977,797 f.; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 3; Kilian BB 1980, 893 [895]; Kroll Datenschutz im Arbeitsver-hältnis, S. 208; Lakies/HaKo § 83 Rn. 4; Pape Neuregelung des Einsichtsrechts, S. 66 f.;Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 5; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 8; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 10;Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 4; Wiese RdA 1986, 120 [128]; a.M. Hümmerich BB 1977, 996 f.;

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W. Wiese DuD 1980, 17 [19 f.]; wohl auch Hunold AuA 1997, 364). Dagegen sind ärztliche Atteste undGutachten, die sich in der Hand des Arbeitgebers befinden, als Bestandteil der Personalakten anzuse-hen, so dass der Arbeitnehmer Einsicht nehmen darf (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 5; Fitting § 83Rn. 4; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 6a; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 10; Hümmerich DB 1975, 1893[1895]; Kroll Datenschutz im Arbeitsverhältnis, S. 207; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [202]).

Nach § 3 Abs. 2 ASiG hat der Arbeitnehmer ferner einen Anspruch gegen den Betriebsarzt, dass ihmunbeschadet des § 8 Abs. 1 Satz 3 ASiG das Ergebnis arbeitsmedizinischer Untersuchungen mitgeteiltwird. Unabhängig davon ist ein Anspruch gegen den Betriebsarzt auf Einsicht gemäß § 810 BGB zuerwägen. Für das regelmäßige Arzt-Patienten-Verhältnis ergibt sich ein Anspruch auf Einsichtnahmein die Patientenakte aus § 630g BGB (dazu Katzenmeier NJW 2013, 817 [821]; Habermalz NJW 2013,3403 ff.). Die Vorschrift des § 3 Abs. 2 ASiG enthält keine abschließende Sonderregelung, sondern le-diglich eine Präzisierung der in § 8 Abs. 1 Satz 3 ASiG normierten ärztlichen Schweigepflicht: Nurdem Arbeitnehmer, nicht dem Arbeitgeber hat der Betriebsarzt auf Wunsch das Ergebnis der medizi-nischen Untersuchung mitzuteilen. Dieser Zusammenhang wird durch die Entstehungsgeschichte des§ 3 Abs. 2 ASiG bestätigt, der gemeinsam mit § 8 Abs. 1 Satz 2 ASiG (jetzt Satz 3) auf Antrag des Aus-schusses für Arbeit und Sozialordnung in das Gesetz eingefügt wurde (vgl. Bericht 11. Ausschuss, BT-Drucks. 7/1085, S. 5 f.). Zum Verhältnis des Einsichtsrechts nach § 83 zum Auskunftsanspruch gem.§ 34 Abs. 1 BDSG bzw. Art. 15 DS-GVO vgl. Rdn. 70. Eine vertragliche Nebenpflicht des Betriebs-arztes, dem Arbeitnehmer Einblick in seine Aufzeichnungen zu gewähren, besteht nicht, weil zwi-schen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsarzt kein Behandlungsvertrag zustande kommt.

Der Arbeitgeber ist nach § 83 nicht verpflichtet, Personalakten anzulegen (vgl. BAG07.05.1980 AuR 1981, 124 [126]; Blomeyer ZfA 1975, 243 [306]; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 16; Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 105 f.; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 24; Hunold AuA1997, 364; Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 11; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [202];Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 7 und 11; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 12; Stege/Weinspach/Schiefer§ 83 Rn. 7). Pflichten des Arbeitgebers zur Aufbewahrung von Unterlagen können sich nur aus ande-ren gesetzlichen, insbesondere steuer- und sozialversicherungsrechtlichen oder aus tariflichen Bestim-mungen ergeben (vgl. Hunold AuA 1997, 364). Ebenso wenig muss er die den Arbeitnehmer persön-lich betreffenden Unterlagen in einer Personalakte zusammenfassen und dieser einen bestimmtenInhalt geben. Das Gegenteil kann nicht aus der Änderung der im Regierungsentwurf (BT-Drucks.VI/1786, S. 17) enthaltenen Formulierung (»Soweit im Betrieb Personalakten geführt werden«) durchdie Beschlüsse des 10. Ausschusses (BT-Drucks. VI/2729, S. 37) geschlossen werden, weil damit nursichergestellt werden sollte, dass das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers nicht auf die im Betriebgeführten Personalakten beschränkt ist (vgl. zu BT-Drucks. VI/2729, S. 29), also auch außerhalbdes Betriebs im selben Unternehmen oder Konzern geführte Personalakten dem Einsichtsrecht unter-liegen (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 6; Fitting § 83 Rn. 10; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 19).Schließlich ist ein Einsichtsrecht auch zu bejahen, falls der Arbeitgeber von Dritten Personalaktenführen oder Personaldaten verarbeiten lässt. Hier besteht es im Rahmen der Rechte des Arbeit-gebers (vgl. Galperin/Löwisch § 83 Rn. 6; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 19; Richardi/Thüsing § 83Rn. 20).

Über Form und System der Personalakten i. S. d. § 83 entscheidet allein der Arbeitgeber. Die denArbeitnehmer betreffenden Angaben können daher in herkömmlicher Weise als Schriftstücke abge-heftet, in Karteiform geführt, auf Lochkarten gestanzt, auf Mikrofilm aufgenommen, elektronisch ge-speichert (vgl. Rdn. 47) oder in anderer Weise gesammelt werden. Um das Einsichtsrecht praktikabelzu machen, dürfte es sich jedoch im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten empfehlen, alle denArbeitnehmer betreffenden Unterlagen an einer Stelle zu sammeln. Der Arbeitgeber ist nicht ver-pflichtet, in den Hauptpersonalakten Hinweise auf etwaige Sonderakten anzubringen (a. M.LAG Bremen 04.03.1977 DB 1977, 1006 [1007]; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 3; Fitting § 83 Rn. 5;Lakies/HaKo § 83 Rn. 3; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 18 geht von Hinweispflicht des Arbeit-gebers zumindest bei Einsichtnahme aus; für einklagbare Pflicht des Arbeitgebers zur Führung einereinheitlichen Personalakte Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 6). Ebenso wenig kann der Arbeitneh-mer die Paginierung der Personalakte verlangen (BAG 16.07.2007 EzA § 241 BGB 2002 Nr. 1 =AP Nr. 3 zu § 241 BGB). Außerhalb des öffentlichen Dienstes gibt es für das Arbeitsverhältnis keinen

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Einsicht in die Personalakten § 83

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Grundsatz der Vollständigkeit der Personalakten (vgl. Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 12 f.;Richardi/Thüsing § 83 Rn. 13; Stengel BB 1976, 1083 [1084]; vgl. aber auch BAG 07.05.1980 AuR1981, 124 [126] für den öffentlichen Dienst), sondern lediglich ein unbeschränktes Einsichtsrechtin die vorhandenen Unterlagen ohne Rücksicht darauf, wo sie sich im Betrieb befinden und ob sieIdealvorstellungen einer ordnungsgemäßen Aktenführung entsprechen. Jedoch ist der Arbeitgeberzur Auskunft über das Vorhandensein weiterer Unterlagen verpflichtet.

Für die Ermittlung (Erhebung) der in die Personalakten aufzunehmenden Daten gelten die all-gemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze, insbesondere zum Fragerecht des Arbeitgebers und zur Of-fenbarungspflicht des Arbeitnehmers, nach Maßgabe des BDSG bzw. der EU-Datenschutz-Grundver-ordnung (näher Rdn. 61; zu § 32 BDSG a. F. vgl. Erfurth NJOZ 2009, 2914 ff.; Franzen RdA 2010,257 ff.; ders. ZfA 2012, 172 ff.; Gola/Jaspers RDV 2009, 212 ff.; Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmer-datenschutz, Rn. 578 ff.; Jacobs ZfA 2012, 215 ff.; Loritz/ZLH Arbeitsrecht, § 14 I 5;Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 32; Schmidt RDV 2009, 193 ff; ders. DuD 2010, 207 ff.; ThüsingNZA 2009, 865 ff.; Zikesch/Reimer DuD 2010, 96 ff.).

Der Arbeitgeber ist bei der Auswahl der in die Personalakten aufzunehmenden, zulässig erhobenenDaten grundsätzlich frei, jedoch muss er aufgrund seiner Treue-(Fürsorge-)Pflicht auch die mit demArbeitsverhältnis zusammenhängenden berechtigten ideellen Interessen des Arbeitnehmers achtenund vermeidbare Nachteile im Rahmen des Zumutbaren von ihm fernhalten (s. vor § 81 Rdn. 12).Deshalb dürfen nur die für das Arbeitsverhältnis erforderlichen Daten unter Abwägung derbeiderseitigen Interessen in die Personalakten aufgenommen werden (vgl. auch LAG Niedersachsen07.10.1980 AP Nr. 85 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht Bl. 1 R; Fitting § 83 Rn. 4; Linnenkohl/TöfflingerAuR 1986, 199 [206]; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 8; Wedde AiB 2003, 727 [732]; zur Aufnahmeeines Strafurteils vgl. BAG 09.02.1977 AP Nr. 83 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht, zu ärztlichenGutachten Rdn. 11). Es ist dabei darauf zu achten, dass die Akten ein möglichst vollständiges, wahr-heitsgemäßes und sorgfältiges Bild über den Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis und über seinen Wer-degang wiedergeben (vgl. BAG 07.09.1988 DB 1989, 284). Ebenso muss der Arbeitgeber das Persön-lichkeitsrecht des Arbeitnehmers an seiner Eigensphäre beachten (zust. LAG Bremen 04.03.1977 DB1977, 1006; unklar zum Inhalt und zur Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Hümmerich/Gola Personaldatenrecht im Arbeitsverhältnis, S. 26 ff.).

Personalbeurteilungen sind deshalb nur insoweit keine Persönlichkeitsrechtsverletzung, wie die Be-urteilung für die vom Arbeitnehmer übernommene Funktion nach Gegenstand und Umfang notwen-dig ist und in angemessener Form vorgenommen wird (vgl. Wiese ZfA 1971, 273 [307]). Ebenso kannder Arbeitnehmer vertragsrechtlich verlangen, dass der Arbeitgeber bei allen dienstlichen Beurteilun-gen auf seine berechtigten Interessen Rücksicht nimmt, so dass im Einzelfall die beiderseitigen Inte-ressen gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BAG 28.03.1979 AP Nr. 3 zu § 75 BPersVG Bl. 2 R). DerArbeitgeber darf daher zwar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der bei ihm beschäftigtenArbeitnehmer beurteilen und die Beurteilung in den Personalakten festhalten; jedoch muss er dieseauf Verlangen des Arbeitnehmers begründen (vgl. BAG 28.03.1979 AP Nr. 3 zu § 75 BPersVG Bl. 3R f.). Die Aufnahme eines Hinweises auf arbeitsrechtliche Konsequenzen gleich bleibender oder stei-gender Fehlzeiten in die Personalakten ist erst nach Abklärung aller Umstände des Einzelfalles zulässig(vgl. BAG 11.03.1986 AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung Bl. 8 R).

Der Arbeitgeber hat die Personalakten sorgfältig zu verwahren und dafür zu sorgen, dass sensibleDaten (z. B. über den körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheitszustand und über die Persön-lichkeit des Arbeitnehmers) verstärkt geschützt und besonders vertraulich behandelt werden, etwadurch Führung besonderer Personalakten, die Verwendung verschlossener Umschläge, die Aufbewah-rung in besonders gesicherten Schränken oder die Anweisung an die Personalsachbearbeiter, die Ein-sichtnahme zu vermerken und auf ein Mindestmaß zu reduzieren (vgl. BAG 15.07.1987 AP Nr. 14 zu§ 611 BGB Persönlichkeitsrecht Bl. 3 ff. = EzA § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 5 [Wiese nachNr. 6]; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 7; Hunold AuA 1997, 364 [365]; Lakies/HaKo § 83 Rn. 8; WieseZfA 1971, 273 [295 und 302]; zu möglichen »Schutzstufen« vgl. Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmer-datenschutz, Rn. 152). Ferner hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass Unbefugte in die Personal-unterlagen des Arbeitnehmers keinen Einblick nehmen können oder auch nicht in anderer Weisevon deren Inhalt Kenntnis erhalten; andernfalls verstößt er gegen seine Treue-(Fürsorge-)Pflicht

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§ 83 IV. 2. Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers

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und das Recht des Arbeitnehmers an seiner persönlichen Intimsphäre (vgl. BAG 18.12.1984 AP Nr. 8zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Bl. 1 R f.; 15.07.1987 AP Nr. 14 zu § 611 BGB Persönlichkeits-recht Bl. 1 R ff.; 04.04.1990 AP Nr. 21 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Bl. 2 R ff.; LAG Köln26.05.1983 DB 1983, 1664; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 12 und 14; Wiese ZfA 1971, 273[295 und 307 f.]; vgl. auch Brettschneider/Sondermann AuR 1980, 158 ff.; Reichold/MünchArbR§ 87 Rn. 13 und 15). Zur Frage der Auskunft aus den Personalakten und deren Überlassung an Drittevgl. auch BVerwG 04.06.1970 AP Nr. 19 zu Art. 2 GG; BGH 16.10.1972 NJW 1973, 188.

Bei sensiblen Daten i. S. d. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO bzw. § 3 Abs. 9 BDSG a. F. (etwa Gesundheits-daten, vgl. Rdn. 59) müssen diese Grundsätze entsprechend streng gehandhabt werden (vgl. Gola/Pöt-ters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 153.; Laber/Klein ArbRB 2002, 171 [172]; Lakies/HaKo§ 83 Rn. 8). Insbesondere hier hat der Arbeitgeber durch Vorkehrungen und Weisungen sicherzustel-len und darüber zu wachen, dass diese Daten nur zur Kenntnis eines Sachbearbeiters oder einer ande-ren Person gelangen, wenn und soweit diese Daten für den konkreten Vorgang von Bedeutung sind.Erst recht darf es nicht möglich sein, dass ein Sachbearbeiter Unterlagen mit diesen sensiblen Daten zurKenntnis nehmen kann, wenn er andere Unterlagen hervorholt oder abheftet (vgl. Laber/KleinArbRB 2002, 171 [172]; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 13). Dieser Pflicht kann ein Arbeitgeberetwa durch gesonderte Führung bzw. Speicherung der sensiblen Daten mit speziellen Zugriffsvoraus-setzungen, durch Aufbewahrung in einem verschlossenen Umschlag (vgl. BAG 12.09.2006 EzA § 611BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 4 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Personalakte [Wiese]; Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 153; Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 60; Laber/KleinArbRB 2002, 171 [172]; Lakies/HaKo § 83 Rn. 8) oder durch vergleichbare technische Möglichkei-ten nachkommen. Auch wenn sie nicht ausdrücklich als sensible Daten definiert sind, gilt das Gleicheauch für Angaben über Straftaten des Arbeitnehmers. Dieses Verständnis der Treue-(Fürsor-ge-)Pflicht des Arbeitgebers ist vor dem Hintergrund von Art. 10 Satz 1 DS-GVO geboten. ZumSchutz des Arbeitnehmers vor der Sammlung von Personaldaten durch den BetriebsratRdn. 52.

Die Vorschrift des § 83 begründet keinen Anspruch des Arbeitnehmers darauf, dass die Personalakten,soweit sie vom Arbeitgeber angelegt sind und es sich nicht um Erklärungen des Arbeitnehmers nach§ 83 Abs. 2 handelt, den gleichen Inhalt behalten. Der Arbeitgeber kann erledigte Unterlagen unterBerücksichtigung seiner Treue-(Fürsorge-)Pflicht, d. h. soweit berechtigte Interessen des Arbeitneh-mers dadurch nicht verletzt werden, den Akten entnehmen und vernichten (vgl. Fitting § 83 Rn. 7;Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 1380 ff.; Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 163;Lakies/HaKo § 83 Rn. 6; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 16; a.M. Hümmerich/Gola Personaldaten-recht im Arbeitsverhältnis, S. 40 f.; vgl. auch Rdn. 21). Das Gesagte gilt auch für nach § 83 Abs. 2aufgenommene Erklärungen des Arbeitnehmers, soweit sie ausschließlich die entfernten Vorgänge be-treffen. Statt der Vernichtung empfiehlt sich hier aber eine Rückgabe an den Arbeitnehmer mit demHinweis auf die Vernichtung der in Bezug genommenen Unterlagen (vgl. Hunold AuA 1997, 364[366]). Bei erfolglosen Bewerbungen ist der Arbeitgeber zur kostenfreien Rückgabe der überlasse-nen Unterlagen an den Bewerber verpflichtet (vgl. Laber/Klein ArbRB 2002, 171 [172] m. w. N.). Et-was anderes gilt allerdings für sog. Initiativbewerbungen, die ohne Ausschreibung oder sonstige Auf-forderung beim Arbeitgeber eingehen. Er kann (und muss) sie, sobald kein Rückgabeverlangen desBewerbers mehr zu erwarten ist, vernichten, wenn der Bewerbung kein Freiumschlag für die Rück-sendung beigefügt war (vgl. Laber/Klein ArbRB 2002, 171 [172 f.] m. w. N.). Zur Berichtigung vonPersonalakten vgl. Rdn. 35 ff.

Der Arbeitgeber ist nach § 83 nicht verpflichtet, nach Beendigung des ArbeitsverhältnissesPersonalunterlagen des Arbeitnehmers aufzubewahren (vgl. auch Rdn. 20; Fitting § 83 Rn. 8; Ri-chardi/Thüsing § 83 Rn. 31). Eine solche Verpflichtung kann nur aus Sondervorschriften (vgl. z. B. fürLohnkonten § 41 Abs. 1 Satz 9 EStG) und ausnahmsweise nach § 241 Abs. 2, § 242 BGB begründetsein. Unberührt bleibt die Möglichkeit, diese und andere Fragen ohne inhaltliche Beschränkung desRechts aus § 83 durch Tarifvertrag oder freiwillige Betriebsvereinbarung zu regeln (vgl. Rdn. 22).

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Einsicht in die Personalakten § 83

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2. Einsicht durch den Arbeitnehmer

Der Arbeitnehmer kann das Einsichtsrecht jederzeit, d. h. grundsätzlich ohne besonderen Anlass(vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 15; Lakies/HaKo § 83 Rn. 10; Reichold/MünchArbR § 87Rn. 20; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 21; a.M. Rose/HWGNRH § 83 Rn. 40 f.; Stege/Weinspach/Schie-fer § 83 Rn. 15; vgl. auch § 80 Abs. 2 Satz 2 und dazu BAG 27.06.1989 AP Nr. 37 Bl. 1 R zu § 80BetrVG 1972; 22.05.1979 AP Nr. 12 zu § 118 BetrVG 1972 Bl. 3 R; 20.09.1990 EzA § 80 BetrVG1972 Nr. 39 S. 2; 30.06.1981 AuR 1981, 217) und stets auch während der Arbeitszeit (vgl.Buschmann/DKKW § 83 Rn. 14; Fitting § 83 Rn. 12; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 8; Kania/ErfK§ 83 BetrVG Rn. 4; Lakies/HaKo § 83 Rn. 12; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 20; Richardi/Thüsing§ 83 Rn. 22; a.M. Rose/HWGNRH § 83 Rn. 42; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 16) geltend ma-chen. Das Verlangen bedarf keiner Begründung. Der Arbeitnehmer muss jedoch aufgrund seinerTreuepflicht (§ 242 BGB) auf die betrieblichen Verhältnisse Rücksicht nehmen und darf dasRecht nicht zur Unzeit oder in unangemessen kurzen Zeitabständen ausüben; ein gegen diese Grund-sätze verstoßendes Verhalten wäre rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) oder schikanös (§ 226 BGB). Vorallem in Großbetrieben wird eine Betriebsvereinbarung unumgänglich sein, in der Ort, Zeit, Häufig-keit und sonstige Modalitäten der Einsichtnahme (z. B. Voranmeldung, schriftliche Bestätigung dererfolgten Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer) geregelt werden. Dabei darf jedoch das Einsichts-recht als solches nicht angetastet werden (vgl. Fitting § 83 Rn. 13; Lakies/HaKo § 83 Rn. 14; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 24), so dass aus besonderem Anlass die Einsicht auch dann zulässig sein muss, wennfür die regelmäßige Einsicht bestimmte Zeitspannen vorgesehen sind. Bei den zu regelnden Fragengeht es um die Ordnung des Betriebs, die der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1Nr. 1 unterliegt (s. Wiese § 87 Rdn. 236; LAG Saarland AuR 1974, 217; Buschmann/DKKW § 83Rn. 15; Fitting § 83 Rn. 13; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 15; Lakies/HaKo § 83 Rn. 14; Richardi/Thü-sing § 83 Rn. 24; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 17; a.M. ohne nähere Begründung Kania/ErfK§ 83 BetrVG Rn. 4). Mitbestimmungsfrei sind dagegen die Modalitäten der Aktenführung (a. M.Buschmann/DKKW § 83 Rn. 15). Soweit die Einsichtnahme während der Arbeitszeit zulässig ist,darf der Arbeitgeber in Rechtsanalogie zu § 20 Abs. 3 Satz 2, § 39 Abs. 3, § 44 Abs. 1 Satz 2 das Ar-beitsentgelt nicht kürzen (im Ergebnis ebenso Buschmann/DKKW § 83 Rn. 14; Fitting § 83Rn. 12; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 4; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 22; vgl. auch § 81 Rdn. 1,§ 82 Rdn. 3 und § 84 Rdn. 20; a. M. Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 16). Etwaige Kosten derEinsichtnahme dürfen dem Arbeitnehmer nicht auferlegt werden (vgl. Lakies/HaKo § 83 Rn. 12).

Einsicht bedeutet, dass der Arbeitnehmer vom Inhalt der gesamten Personalakten selbst Kenntnisnehmen kann (unrichtig Zöllner Daten- und Informationsschutz im Arbeitsverhältnis, S. 70, der beidezentralisierter Aufbewahrung von nicht gespeicherten Daten dem Arbeitnehmer kein Einsichts-,sondern nur ein Auskunftsrecht geben will). Er darf daher schriftliche Unterlagen lesen; nicht zugäng-liche Angaben – z. B. auf Lochkarten, elektronischen Datenträgern oder Mikrofilmen – sind lesbar zumachen und, soweit sie verschlüsselt sind, zu erläutern (vgl. ArbG Berlin 24.09.1987 BB 1988, 70 =CR 1988, 408 [Kort]; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 14; Fitting § 83 Rn. 10 und 36; Galperin/Löwisch§ 83 Rn. 7; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 18; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 18; zu weitgehendWeiss/Weyand § 83 Rn. 5: »Anspruch auf eingehende Erläuterung in umgangssprachlicher, für ihn ver-ständlicher Fassung«). Entsprechendes gilt für Schriftstücke, die nicht in deutscher Sprache verfasst sind(vgl. Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 106), es sei denn, dass der Arbeitnehmer die verwendete Spra-che hinreichend beherrscht. Soweit es zum Verständnis gespeicherter Daten erforderlich ist, kann derArbeitnehmer einen Ausdruck verlangen (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 12 und 14; Fitting § 83Rn. 11, 33 und 36; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 7; Zöllner Daten- und Informationsschutz im Arbeits-verhältnis, S. 70; pauschal ablehnend Brachmann/Diepold AuA 2012, 202 [205]). Wie der Arbeitgeberdie Kenntnisnahme im Einzelnen ermöglicht, ist ihm überlassen. Während der Einsichtnahme kann erdie Akten durch ein Mitglied der Personalabteilung beaufsichtigen lassen (Preis/WPK § 83 Rn. 7;Reich § 83 Rn. 1; ähnlich Schaub/Linck Arbeitsrechts-Handbuch, § 148 Rn. 11: Beaufsichtigungdurch Dienstvorgesetzten; a.M. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 16; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 23)und braucht sie dem Arbeitnehmer nicht mitzugeben (vgl. Reich § 83 Rn. 1; Richardi/Thüsing § 83Rn. 17).

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Nicht ausdrücklich ist in § 83 die Frage geregelt, ob der Arbeitnehmer sich bei der Einsichtnahme inseine Personalakten Notizen machen darf. Indessen werden das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers unddie entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers wie jede Rechtsbeziehung durch Treu und Glauben(§ 242 BGB) modifiziert. Dadurch können ergänzende Nebenpflichten entstehen. Eine Konkretisie-rung des Grundsatzes von Treu und Glauben sind die gegenseitigen Treuepflichten von Arbeitgeberund Arbeitnehmer (vgl. hierzu vor § 81 Rdn. 12). Hieraus ist das Recht des Arbeitnehmers abzuleiten,sich hinsichtlich seiner Personalakten in angemessenem Umfang Notizen, Auszüge und Abschriftenanzufertigen (im Ergebnis ebenso ArbG Celle 29.05.1980 ARSt. 1981, 7 [8]; Buschmann/DKKW § 83Rn. 12; Falkenberg DB 1972, 774 [776]; Fitting § 83 Rn. 11; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 7; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 36; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 4; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 17; Rothe DB1972, 1919 [1921]; Schlessmann BB 1972, 579 [581]; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 18; a.M. Ar-beitsring Chemie § 83 Rn. 4). Es handelt sich um einen gesetzlichen Anspruch, der unmittelbar aus § 83i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB abzuleiten ist. Die Angemessenheit ist jedoch nicht mehr gewahrt, wenn derArbeitnehmer die Personalunterlagen als Ganzes abschreiben will; er kann sich nicht ein Doppel derPersonalakten anlegen (zust. Richardi/Thüsing § 83 Rn. 17).

Die dargelegten Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Anfertigung von Kopien durch den Ar-beitnehmer, deren Kosten er mangels besonderer Rechtsgrundlage (Tarifvertrag, freiwillige Betriebs-vereinbarung, Individualabrede) selbst zu tragen hat (im Ergebnis ebenso LAG Niedersachsen31.03.1981 DB 1981, 1623 – ohne Stellungnahme zur Kostenfrage; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 12;Falkenberg DB 1972, 774 [776]; Fitting § 83 Rn. 11; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 7 und 9; Kania/ErfK§ 83 BetrVG Rn. 4; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 17; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 18; a.M. ArbGCelle 29.05.1980 ARSt. 1981, 7; Arbeitsring Chemie § 83 Rn. 4; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 37 f.; mitabwegiger Argumentation Reich § 83 Rn. 1). Der Arbeitgeber ist jedoch grundsätzlich weder ver-pflichtet, für den Arbeitnehmer Kopien anzufertigen (a.M. Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 18)noch ihm die Personalakten für die Anfertigung von Kopien außerhalb des Betriebs auszuhändigen(vgl. BAG 16.11.2010 EzA § 241 BGB 2002 Nr. 2 Rn. 53 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB PersonalakteRn. 53 [i. Erg. zust. Ehmann]; Fitting, § 83 Rn. 11; Pramann DB 1983, 1922 [1924]; restriktiverwohl Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 18 ohne Einschränkung auf den außerbetrieblichen Bereich).Zulässig ist die Anfertigung von Kopien durch ein vom Arbeitnehmer mitgebrachtes Mobiltelefon.

Im Gegensatz zum öffentlichen Dienst, wo die Einsichtnahme auch durch einen schriftlich Bevoll-mächtigten zulässig ist (vgl. § 3 Abs. 5 Satz 2 TVöD, § 3 Abs. 6 Satz 2 TV-L, § 13 Abs. 1 Satz 2 BAT),sieht § 83 nur ein vom Arbeitnehmer selbst auszuübendes Einsichtsrecht vor (vgl. ArbG Mün-chen 07.03.1979 DB 1979, 2284; Gola/Hümmerich BB 1974, 1167 [1172]; Hümmerich/Gola Personal-datenrecht im Arbeitsverhältnis, S. 116; Pramann DB 1983, 1922 [1925]; Rothe DB 1972, 1919 [1921mit FN 21]; Reich § 83 Rn. 1; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 27; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 45; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 19; a.M. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 16; Falkenberg DB 1972, 774[776]; Fitting § 83 Rn. 12; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 13; bis zur 16. Aufl. Kania/ErfK § 83 BetrVGRn. 4; Lakies/HaKo § 83 Rn. 12; Preis/WPK § 83 Rn. 10: Beschränkung durch § 242 BGB). Dasfolgt aus der ausdrücklichen Zulassung der Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds nach § 83 Abs. 1Satz 2. Diese Vorschrift dient nicht nur dazu, die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds zur Unterstüt-zung des Arbeitnehmers zu begründen (so aber Galperin/Löwisch § 83 Rn. 13). Der Arbeitgeber kanndaher grundsätzlich die Einsicht durch einen Bevollmächtigten ablehnen (vgl. LAG Schleswig-Holstein17.04.2014 NZA-RR 2014, 465: keine Einsicht in die Personalakte durch bevollmächtigten Rechts-anwalt; BAG 12.07.2016 NZA 2016, 1344: kein Anspruch eines Arbeitnehmers auf Einsicht in diePersonalakte im Beisein eines anwaltlichen Vertreters). Jedoch wird das Einsichtsrecht wie jeder An-spruch durch § 242 BGB, im Arbeitsverhältnis also durch die Treue-(Fürsorge-)Pflicht des Arbeit-gebers modifiziert (vgl. auch Rdn. 24), so dass der Arbeitnehmer aus besonderen Gründen – z. B.bei Verhinderung wegen Krankheit oder nach Ausscheiden aus dem Betrieb vor Ablauf der Kün-digungsfrist – eine andere Person mit der Wahrnehmung seines Rechts beauftragen kann, soweitdie Einsicht in die Personalakten erforderlich ist (vgl. ArbG München 07.03.1979 DB 1979, 2284;Hümmerich/Gola Personaldatenrecht im Arbeitsverhältnis, S. 116 f.; Pramann DB 1983, 1922 [1925];Richardi/Thüsing § 83 Rn. 27; a. M. Arbeitsring Chemie § 83 Rn. 4). Erhebliche Bedeutung gewinnteine ausnahmsweise zulässige Bevollmächtigung eines Dritten auch dann, wenn der Arbeitnehmeraufgrund einer geistigen Behinderung oder einer anderen geistigen Schwäche nicht in der Lage ist,

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sich selbst über den Inhalt der Personalakte zu informieren und diesen Inhalt zu verstehen. Denn hiererfüllt die höchstpersönliche Einsichtnahme allein nicht den Zweck des § 83, den Akteninhalt zurKenntnis zu nehmen, um über die sinnesmäßige Wahrnehmung hinaus ggf. seine Rechte wahrenzu können. Soweit eine Bevollmächtigung zulässig ist, kann der Arbeitnehmer jedebeliebigePersonbevollmächtigen, sofern nicht im Ausnahmefall überwiegende Interessen des Arbeitgebers der Be-vollmächtigung einer bestimmten Person entgegenstehen. Von der Bevollmächtigung mit der Ein-sichtnahme ausgeschlossen ist jedoch in jedem Fall der Betriebsrat als Organ (vgl. Dachrodt/Engelbert§ 83 Rn. 23; Fitting § 83 Rn. 12; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 4; Lakies/HaKo § 83 Rn. 12). Denndie zu übertragende Ausübung des individuellen Anspruchs aus § 83 ist gegenüber einer betriebsver-fassungsrechtlichen Organkompetenz wesensverschieden; als Organ ist der Betriebsrat nur insoweitrechtsfähig, als das Betriebsverfassungsgesetz ihm Zuständigkeiten zuweist (s. § 1 Rdn. 72 ff.). EineBevollmächtigung des »Betriebsrats« ist regelmäßig und je nach den Umständen des Einzelfalles ent-sprechend § 140 BGB in die Bevollmächtigung jedes einzelnen Mitglieds des Betriebsrats oder der Ge-samtheit aller Mitglieder umzudeuten.

Das Recht auf Einsichtnahme nach § 83 steht dem Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeberzu. Es entsteht mit dem Beginn und endet mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG16.11.2010 EzA § 241 BGB 2002 Nr. 2 Rn. 20; 08.04.1992 RDV 1993, 171 [172]; Blomeyer ZfA1975, 243 [306]; Dütz Festschrift für Wlotzke, S. 27 [33]; Lakies/HaKo § 83 Rn. 7; Linnenkohl/Töff-linger AuR 1986, 199 [202]; Pramann DB 1983, 1922 [1925]; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 30 f.; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 21; a. M. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 13; Dachrodt/Engelbert § 83Rn. 21). Deshalb scheidet nach dem Tod des Arbeitnehmers auch eine Einsichtnahme durch seine Er-ben aus (vgl. Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 19). Ein bloßes Ruhen des Arbeitsverhältnisses(z. B. während des Mutterschutzes oder der Ableistung von Wehr- oder Zivildienst) ist für das Ein-sichtsrecht des Arbeitnehmers nach § 83 dagegen ohne Auswirkung (vgl. Hunold AuA 1997, 364[365]; Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 80). Für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnissesfolgt das Einsichtsrecht aus der allgemeinen nachvertraglichen Rücksichtnahmepflicht gem. § 241Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf in-formationelle Selbstbestimmung (BAG 16.11.2010 EzA § 241 BGB 2002 Nr. 2 Rn. 34 ff.= AP Nr. 4zu § 611 BGB Personalakte Rn. 34 ff. [i. Erg. zust. Ehmann]; i. Erg. zust. auch Krause JA 2012, 147[149 f.], der eine Ausdehnung von § 83 Abs. 1 Satz 1 bevorzugt hätte; abl. Husemann SAE 2011,155 [156 ff.]; BAG 11.04.1994 AuR 1994, 381; LAG Bremen 06.12.1996 CR 1997, 746 [747] =RDV 1997, 182 [183]; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 13; Falkenberg DB 1972, 774 [776]; GolaDuD 1986, 231 [233]; mit Einschränkungen LAG München 18.12.1990 ZTR 1991, 334; Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 85 und 87). Das BAG (16.11.2010 EzA § 241 BGB 2002 Nr. 2 Rn. 34 ff.) be-gründet dies damit, dass ein solches nachvertragliches Einsichtsrecht der Kontrolle des Akteninhaltsdient und hierfür auch nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses noch ein Bedürfnis besteht. Dies beruhtletztlich auf der gesetzgeberischen Grundentscheidung, den Datenschutz im Arbeitsverhältnis auchauf den Zeitraum nach Ablauf des Beschäftigungsverhältnisses auszudehnen (BAG 16.11.2010 EzA§ 241 BGB 2002 Nr. 2 Rn. 41 ff. = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Personalakte Rn. 41 ff. [i. Erg. zust.Ehmann]). Das nachvertragliche Einsichtsrecht ist daher nicht nur auf Ausnahmefälle aus besonderemAnlass beschränkt, sondern besteht auch ohne konkretes berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers(Lakies/HaKo § 83 Rn. 7; Fitting § 83 Rn. 8; enger Galperin/Löwisch § 83 Rn. 10; Reichold/Münch-ArbR § 87 Rn. 18; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 31; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 46; Zöllner Daten- undInformationsschutz im Arbeitsverhältnis, S. 70 f., die ein konkretes bzw. berechtigtes Interesse verlan-gen). Zur Pflicht des früheren Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer auf Verlangen vom Inhalt erteilterAuskünfte Kenntnis zu geben und ihm zu gestatten, einen etwaigen Durchschlag des Auskunftsschrei-bens einzusehen, vgl. BGH 10.07.1959 AP Nr. 2 zu § 630 BGB Bl. 3 R; U. Birk Auskünfte über Ar-beitnehmer, S. 109 ff. Dagegen ist kaum ein Fall denkbar, in dem ein nicht eingestellter Bewerberaus der vorvertraglichen Vertrauensbeziehung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Einsicht in die ihnbetreffenden Unterlagen verlangen könnte (zustimmend Rose/HWGNRH § 83 Rn. 47; weiterge-hend bis zur 12. Aufl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 8; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 11; Lakies/HaKo§ 83 Rn. 7). Anzuerkennen ist ein Einsichtsrecht hier allenfalls dann, wenn der Verdacht einer verbote-nen Benachteiligung i. S. d. § 7 AGG im Raum steht (vgl. Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 112;Rose/HWGNRH § 83 Rn. 47). Hiervon ist auch trotz der Entscheidung des BAG vom 16.11.2010

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EzA § 241 BGB 2002 Nr. 2 Rn. 41 ff.= AP Nr. 4 zu § 611 BGB Personalakte Rn. 41 ff. weiterhin aus-zugehen (a.M. für ein unbeschränktes Einsichtsrecht Gola/Klug NJW 2011, 2484 [2488]; HusemannSAE 2011, 155 [159]). Im Übrigen besteht bei der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen desArbeitnehmers eine Vorlagepflicht nach prozessualen Grundsätzen (vgl. §§ 421 ff. ZPO). Zum An-spruch eines erfolglos gebliebenen Stellenbewerbers auf Vernichtung eines von ihm ausgefüllten Per-sonalfragebogens vgl. BAG 06.06.1984 AP Nr. 7 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht (Echterhölter).

3. Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds

Ebenso wie nach § 81 Abs. 4 Satz 3, § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 84 Abs. 1 Satz 2 kann der Arbeitnehmerbei Einsicht in seine Personalakten ein beliebiges Mitglied des Betriebsrats (vgl. amtliche Begründung,BT-Drucks. VI/1786, S. 48: »Betriebsratsmitglied seiner Wahl«; BAG 27.11.2002 EzA § 40 BetrVG2001 Nr. 2) hinzuziehen (§ 83 Abs. 1 Satz 2). Der Arbeitgeber muss die Wahl des Arbeitnehmers hin-nehmen, das Betriebsratsmitglied dem Verlangen des Arbeitnehmers entsprechen (vgl. auch § 81Rdn. 23, § 82 Rdn. 20 und § 84 Rdn. 22). Das Wahlrecht des Arbeitnehmers kann nicht durch dieinterne Geschäftsverteilung des Betriebsrats beseitigt werden. »Hinzuziehen« bedeutet, dass das Be-triebsratsmitglied bei der Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer zugegen sein darf; es kann nichtdie Personalakte allein ohne den Arbeitnehmer einsehen (a.M. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 16und 18; Fitting § 83 Rn. 12). Für das Tätigwerden des Betriebsratsmitglieds bedarf es keines gesonder-ten Beschlusses des Betriebsrats, vielmehr gehört die Unterstützung des Arbeitnehmers zu den origi-nären Aufgaben des einzelnen Betriebsratsmitglieds (LAG Berlin-Brandenburg 20.10.2011 – 10 TaBV567/11 – juris, Rn. 41). § 83 Abs. 1 begründet kein Recht des Arbeitnehmers, einen Rechtsanwaltstatt eines Betriebsratsmitglieds hinzuzuziehen (BAG 12.07.2016 NZA 2016, 1344). Schwerbehin-derte Arbeitnehmer haben nach § 178 Abs. 3 Satz 1 SGB IX das Recht, bei Einsicht in die über siegeführte Personalakte die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen.

Das Mitglied des Betriebsrats hat über den Inhalt der Personalakte Stillschweigen zu bewahren,soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird (§ 83 Abs. 1Satz 3; vgl. hierzu A. Weber Die Schweigepflicht des Betriebsrats [Diss. Münster], 2000, S. 176 ff.). Dasgilt auch gegenüber dem Betriebsrat und den anderen Betriebsratsmitgliedern, weil nicht der Betriebs-rat als solcher, sondern das Betriebsratsmitglied persönlich hinzugezogen wird (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 19; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 34). Eine Entbindung des Betriebsratsmitgliedsvon der Schweigepflicht durch den Arbeitnehmer ist nur zulässig, soweit der Arbeitnehmer nichtselbst zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Das ist er z. B. dann, wenn aus den Personalakten Betriebs-oder Geschäftsgeheimnisse zu entnehmen sind. Das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers wird dadurchaber nicht eingeschränkt (Buschmann/DKKW § 83 Rn. 19; a.M. Galperin/Löwisch § 83 Rn. 14).Bei einem Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht macht sich das Mitglied des Betriebsratsnach § 120 Abs. 2 und 4 strafbar; die Tat wird jedoch nur auf fristgerechten, bis zum rechtskräftigenAbschluss des Strafverfahrens zurücknehmbaren Antrag des Arbeitnehmers bzw. nach seinem Todeauf Antrag seiner Angehörigen oder Erben verfolgt (§ 120 Abs. 5 BetrVG, §§ 77b, 77d StGB). Zu-gleich kommt eine Amtsenthebung nach § 23 Abs. 1 in Betracht und kann eine Verletzung des Persön-lichkeitsrechts des Arbeitnehmers an dessen Eigen- bzw. Geheimsphäre vorliegen und privatrechtlicheAnsprüche des Arbeitnehmers gegen das Betriebsratsmitglied auslösen (vgl. Wiese ZfA 1971, 273[299 ff., 310 f. und 311 ff.]). Außerdem ist § 83 Abs. 1 Satz 3 ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2BGB (vgl. Weiss RdA 1974, 269 [274]). Zur Verschwiegenheitspflicht der Schwerbehindertenver-tretung und zur Strafbarkeit bei deren Verletzung vgl. § 178 Abs. 3 Satz 2, § 179 Abs. 7 i. V. m. § 237aSGB IX.

4. Kein Einsichtsrecht des Betriebsrats

Die Vorschrift beschränkt das Einsichtsrecht auf den Arbeitnehmer und gibt ihm das Recht zur Hin-zuziehung eines Mitglieds des Betriebsrats. Sie begründet kein Recht des Betriebsrats auf Einsicht indie Personalakten als solche (vgl. BAG 20.12.1988 AP Nr. 5 zu § 92 ArbGG 1979 Bl. 4; LAG Frankfurta. M. 22.05.1984 NZA 1985, 97; LAG Hamm 05.12.1974 DB 1975, 360; ArbG Reutlingen 08.05.1981BB 1981, 1092; BAG 04.12.2013 AP BetrVG 1972 § 78 Nr. 13 Rn. 39; Brill AuR 1976, 41 [43];

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Buschmann/DKKW § 83 Rn. 18; Fitting § 80 Rn. 66 und § 83 Rn. 12; Galperin/Löwisch § 80 Rn. 31und § 83 Rn. 12; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 66; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 4; Kossens AR-BlatteiSD 1250, Rn. 100 ff.; Pfarr AuR 1976, 198 [199]; Pramann DB 1983, 1922 [1925]; Reichold/Münch-ArbR § 87 Rn. 14; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 25 und 34; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 20; zumEinsichtsrecht des Betriebsrats in die elektronische Personalakte vgl. Kort ZD 2015, 3 ff.; zum öffent-lichen Dienst vgl. § 68 Abs. 2 Satz 3, § 101 Abs. 3 Satz 2 BPersVG). Ebenso wenig kann es aus § 80Abs. 2 (vgl. Weber § 80 Rdn. 103 m. w. N.) oder aus § 99 Abs. 1 (s. Raab § 99 Rdn. 135 m. w. N.) abge-leitet werden. Das bedeutet zugleich, dass der Betriebsrat nicht verlangen kann, in regelmäßigen Ab-ständen und ohne besonderen Anlass im Einzelfall vom Arbeitgeber über den aktuellen Stand der Per-sonaldaten der Arbeitnehmer informiert zu werden (vgl. Leuze ZTR 2002, 558 [563]; vgl. auch OVGNordrhein-Westfalen 22.01.1986 PersV 1987, 161 f.). Jedoch kann der Arbeitgeber dem Betriebsratnicht den Einblick in Unterlagen, die die Durchführung von Betriebsvereinbarungen betreffen, da-durch verwehren, dass er sie zu den Personalakten nimmt (vgl. BAG 20.12.1988 AP Nr. 5 zu § 92ArbGG 1979 Bl. 4). Zur Einblicknahme des Betriebsrats in Personalakten für Zwecke der Wahrneh-mung seiner Kontrollaufgaben vgl. Gola ZBVR 2003, 206 (208 f.). Zur Unzulässigkeit des Einblicksdurch Unbefugte vgl. Rdn. 18.

III. Erklärungen des Arbeitnehmers zu den Personalakten

Die Vorschrift des § 83 Abs. 2 gibt dem Arbeitnehmer ungeachtet der nach § 82 Abs. 1 Satz 2 beste-henden Möglichkeit, zu ihn betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers Stellung zu nehmen, dasRecht, Erklärungen zum Inhalt der Personalakte abzugeben, die dieser auf sein Verlangen beizufügensind. Das ist eine erfreuliche Klarstellung (s. vor § 81 Rdn. 15). Der Anspruch auf Abgabe einer Erklä-rung setzt nicht voraus, dass die Personalakte unrichtig ist (vgl. Richardi/Thüsing § 83 Rn. 37; vgl. auchArbG Celle 13.04.1978 ARSt. 1978, 132 [Nr. 128]).

Die Erklärungen des Arbeitnehmers können sich auf den gesamten Inhalt der Personalaktenbeziehen, werden aber vor allem Beurteilungen betreffen (vgl. auch Hümmerich/Gola Personaldaten-recht im Arbeitsverhältnis, S. 102 ff.). Die Erklärungen müssen jedoch auf den sachlichen Inhalt derPersonalakte gerichtet sein, können sich also nicht auf die formelle Aktenführung beziehen, so dassder Arbeitnehmer nicht verlangen kann, dass ein von ihm verfasstes Inhaltsverzeichnis seiner Persona-lakte beigefügt wird (vgl. LAG Frankfurt a. M. 15.12.1976 AuR 1977, 378; 05.08.1982 AuR 1984, 51:anders bei begründeter Befürchtung einer Manipulation der Personalakte zum Nachteil des Arbeit-nehmers). Die Beifügung der Erklärungen zu den Personalakten setzt die schriftliche Fixierung vo-raus. Der Arbeitnehmer wird daher in der Regel ein Schriftstück überreichen. Das schließteine Protokollierung von ihm abgegebener mündlicher Erklärungen nicht aus, zu der der Arbeitgebergrundsätzlich jedoch nicht verpflichtet ist (vgl. Kossens AR-Blattei SD 1250, Rn. 131). Aufgrund derTreue-(Fürsorge-)Pflicht (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB) kann ausnahmsweise – z. B. bei ausländischen Ar-beitnehmern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind – etwas anderes gelten. In welcher Weisedie Erklärungen den Personalakten beizufügen sind, richtet sich nach dem jeweils verwendeten Sys-tem und der dabei gehandhabten Ordnung. Gegebenenfalls muss der Arbeitgeber sie daher in denComputer eingeben. Jedenfalls sind sie stets zum Bestandteil der Akten zu machen, so dass sie bei derenBenutzung genauso zugänglich sind wie der übrige Akteninhalt. Außerdem muss ersichtlich sein, dasszu einem bestimmten Vorgang eine Erklärung des Arbeitnehmers vorliegt, damit sie gegebenenfallsberücksichtigt wird (enger Legerlotz ArbRB 2002, 218 [219]: »in unmittelbarem räumlichen Zusam-menhang mit der erteilten Abmahnung zu der Personalakte zu nehmen«).

Trotz des missverständlichen Wortlauts der Vorschrift ist das Recht des Arbeitnehmers nicht aufErklärungen zum Inhalt, d. h. einen bestimmten Vorgang der Personalakte beschränkt, sondernallgemein in dem Sinne zu verstehen, dass der Arbeitnehmer für seine Beurteilung und Rechtsstellungwichtige Unterlagen – Zeugnisse, Befähigungsnachweise, Erklärungen Dritter oder Bescheinigungenüber die Änderung persönlicher Daten (Familienstand) usw. – der Personalakte zur Ergänzung beifü-gen kann (vgl. LAG Bremen 04.03.1977 DB 1977, 1006; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 20; Fitting § 83Rn. 14; Galperin/Löwisch § 83 Rn. 17; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [204]; Reichold/Münch-ArbR § 87 Rn. 21; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 38; a.M. Hunold BB 1986, 2050 [2054]; Stengel BB

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1976, 1083 [1084]). Das entspricht dem Sinn des § 83 Abs. 2, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zugeben, seine Personalakte so zu vervollständigen, dass sie ein nach seiner Ansicht möglichst objektivesBild über ihn abgibt (zust. LAG Bremen 04.03.1977 DB 1977, 1006). Der Arbeitgeber hat daher nichtdie Möglichkeit, Erklärungen des Arbeitnehmers wegen eines seiner Meinung nach unrichtigen In-halts zurückzuweisen (Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 21; Fitting § 83 Rn. 14; Kania/ErfK § 83BetrVG Rn. 6).

Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, Unterlagen anzunehmen, die nicht in eine Per-sonalakte gehören, weil das Recht des Arbeitnehmers nach § 83 Abs. 2 nur besteht, soweit seine Er-klärung möglicher Inhalt von Personalakten sein kann (vgl. Kaiser/LK § 83 Rn. 6; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 23; zust. LAG Bremen 04.03.1977 DB 1977, 1006 im Hinblick auf Schriftstücke, dieausschließlich die Betriebsratstätigkeit eines Arbeitnehmers betreffen; a.M. Buschmann/DKKW § 83Rn. 20; Fitting § 83 Rn. 14; Lakies/HaKo § 83 Rn. 15). In dieser Hinsicht steht dem Arbeitgeber da-her ein formelles Prüfungsrecht zu (vgl. Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 22; Reich § 83 Rn. 4;Wlotzke § 83 Rn. 2; wohl auch Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 124; a.M. LAG Bremen 04.03.1977DB 1977, 1006 – widersprüchlich; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 20; Fitting § 83 Rn. 14; Kania/ErfK§ 83 BetrVG Rn. 6; Lakies/HaKo § 83 Rn. 15; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [205]). Die ab-weichende Meinung verkennt, dass dieses Recht des Arbeitgebers nichts weiter ist als die Kehrseiteseiner Verpflichtung. Im Übrigen findet das Recht seine Grenze in der aus den gegenseitigen Rück-sichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB) abzuleitenden Zumutbarkeit. Ein publizierender Ar-beitnehmer hat z. B. keinen Anspruch darauf, dass Belegexemplare seiner sämtlichen Publikationen zuden Personalakten genommen werden (zust. Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 22). Dagegen kann erdie Aufnahme und Berichtigung eines Publikationsverzeichnisses verlangen, wenn dies für sein Ar-beitsverhältnis von Bedeutung ist. Ist streitig, ob vom Arbeitnehmer eingereichte Unterlagen Gegen-stand von Personalakten sein können, ist dieser Rechtsstreit notfalls im Urteilsverfahren (vgl. Rdn. 77)auszutragen.

Dagegen kann ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Berichtigung oder Entfernung (Vernich-tung) unrichtiger bzw. sonst unzulässiger Personalunterlagen sowie deren Ersetzung durchzutreffende nicht auf § 83 Abs. 2, gegebenenfalls aber auf die Treue-(Fürsorge-)Pflicht des Arbeit-gebers gestützt werden (vgl. BAG AP 13.04.1988 Nr. 100 Bl. 1 R f. zu § 611 BGB Fürsorgepflicht;AP 13.10.1988 Nr. 4 zu § 611 BGB Abmahnung Bl. 2; 23.09.1975 BetrR 1976, 172 [174];12.06.1986 NZA 1987, 153; LAG Rheinland-Pfalz 20.03.1981 EzA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 28S. 133 f.; Konzen Anm. AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße Bl. 7 R; Linnenkohl/TöfflingerAuR 1986, 199 [205]; Misera Anm. SAE 1986, 199 f.; Nikisch I, S. 865; Reichold/MünchArbR § 87Rn. 23 ff.; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 39; Wiese ZfA 1971, 273 [309]; ders. Anm. EzA § 87 BetrVG1972 Betriebliche Ordnung Nr. 1 S. 20 ff.; vgl. auch Geulen Die Personalakte in Recht und Praxis,S. 101 ff.; Germelmann RdA 1977, 75 ff.; Pauly MDR 1996, 121 ff.; a.M. BGH 10.07.1959 AP Nr. 2zu § 630 BGB Bl. 2; LAG Köln 02.11.1983 DB 1984, 1630 [1631]; Bock AuR 1987, 217 [221]).

Entsprechendes gilt bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers (vgl. Rdn. 16;BAG 15.01.1986 AP Nr. 96 Bl. 2 f. zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; 13.10.1988 AP Nr. 4 zu § 611BGB Abmahnung Bl. 2; LAG Hamm 13.06.1991 LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 30 S. 7; LAGMünchen 23.03.1988 LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 13 S. 6; ArbG Regensburg 01.04.1987 BB1988, 138 f.; vgl. auch Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [205 f.]; Reichold/MünchArbR § 87Rn. 24). Bei den Ansprüchen aufgrund der Treue-(Fürsorge-)Pflicht bzw. des Persönlichkeitsrechtshandelt es sich um zwei selbständige, an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpfte Anspruchs-grundlagen (vgl. Conze DB 1989, 778 FN 12; Deiseroth AuR 2001, 161 [163 f.]). Diese Ansprüchekönnen sich auch auf Teile einer Eintragung in den Personalakten beziehen (vgl. BAG 15.07.1987 APNr. 14 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Bl. 2 R ff.). Die Vorschrift des § 83 Abs. 2 steht dem nichtentgegen (vgl. BAG 27.11.1985 AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht Bl. 3). Handelt es sich umeine Vergeltungsmaßnahme des Arbeitgebers, so kommt außerdem ein aus § 612a BGB herzu-leitender Beseitigungsanspruch des Arbeitnehmers in Betracht (vgl. Deiseroth AuR 2001, 161 [164];Preis/ErfK § 612a BGB Rn. 23).

Ein Anspruch auf Beseitigung besteht zunächst hinsichtlich unzulässig erhobener Daten (vgl. Zöll-ner Daten- und Informationsschutz im Arbeitsverhältnis, S. 46). Dagegen ist der Anspruch zu vernei-

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nen, wenn der Arbeitgeber nur eine zulässige Abmahnung (vgl. hierzu Wiese § 87 Rdn. 251 ff.) zuden Personalakten genommen hat (vgl. BAG 15.01.1986 AP Nr. 96 zu § 611 BGB FürsorgepflichtBl. 2). Diese setzt die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers voraus (vgl. BAG 16.11.1989 AP Nr. 2zu § 13 BAT [Conze]; ArbG Frankfurt a. d. O. 07.04.1999 DB 2000, 146). Der Beseitigungsanspruch istinsbesondere gegeben, falls eine Abmahnung nach Form oder Inhalt unzulässig – z. B. unrichtig –ist (vgl. BAG 22.02.1978 AP Nr. 84 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht Bl. 3 f.= EzA § 611 BGB Fürsor-gepflicht Nr. 23 [krit. Buchner]; 27.11.1985 AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht Bl. 2 R f.= SAE1986, 197 [Misera]; 15.01.1986 AP Nr. 96 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht Bl. 2; von Hoyningen-HueneRdA 1990, 193 [209 f.]; Kammerer Personalakte und Abmahnung, S. 96 ff.; Legerlotz ArbRB 2002, 218[219]; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [206]; Schmid NZA 1985, 409 [413]; Stück MDR 2008,430 [432 f.]; a.M. LAG Hamm 11.12.1973 EzA § 83 BetrVG 1972 Nr. 1 S. 3 ff.; LAG Hamm13.06.1991 LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 30 S. 5 ff. außer bei Persönlichkeitsrechtsverletzung;LAG Köln 17.05.1984 DB 1984, 1630; ArbG Wetzlar 27.11.1985 NZA 1986, 234; vgl. auch LAG Köln25.08.1993 LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 36: nur, wenn Abmahnungsschreiben geeignet ist, dieRechtsstellung des Arbeitnehmers zu beeinträchtigen). Zur vorbeugenden Unterlassungsklage gegenAbmahnungen und zur Geltung tariflicher Ausschlussfristen für den Unterlassungs- oder Entfernungs-anspruch vgl. Legerlotz ArbRB 2002, 218 (219 f.) m. w. N. Zur Beweislast bei Klagen auf Entfernungeiner Abmahnung aus der Personalakte vgl. Kopke NZA 2007, 1211 ff.

Zum Anspruch auf Entfernung einer inhaltlich nicht hinreichend bestimmten Abmahnungvgl. BAG 27.11.2008 EzA § 314 BGB 2002 Nr. 4 Rn. 17 = AP Nr. 33 zu § 611 BGB AbmahnungRn. 17; ArbG Karlsruhe 07.05.1987 BB 1987, 2168; zum Entfernungsanspruch bei nur teilweise un-richtigem Inhalt BAG 13.03.1991 AP Nr. 5 zu § 611 BGB Abmahnung Bl. 1 R f.= SAE 1992, 163[Schiefer]; LAG Baden-Württemberg 12.02.1987 AuR 1988, 55; LAG Baden-Württemberg 17.10.1990LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 25 S. 4 f.; LAG Düsseldorf 18.11.1986 LAGE § 611 BGB Abmah-nung Nr. 7 S. 24; LAG Düsseldorf 23.02.1996 LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 45 S. 3; LAG Hamm03.11.1987 LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 9 S. 2 f.; 21.12.1990 LAGE § 611 BGB AbmahnungNr. 23 S. 1 f.; 17.06.1993 LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 35 S. 2 ff.; LAG Köln 12.03.1986 LAGE§ 611 BGB Abmahnung Nr. 3 S. 11; Kammerer BB 1991, 1926 ff.; Stege/Weinspach/Schiefer § 83Rn. 29; zum Entfernungsanspruch bei unberechtigtem ehrenrührigen Inhalt LAG Baden-Würt-temberg 02.08.2000 AuR 2001, 192; zust. Deiseroth AuR 2001, 161 [164]. Unzulässig ist es, unrich-tige Tatsachenbehauptungen in einer zu den Personalakten genommenen Abmahnung nur zuüberkleben (vgl. LAG Köln 04.07.1988 DB 1989, 636). Eine Ausschlussfrist für die Erteilungeiner Abmahnung gibt es nicht (vgl. BAG 15.01.1986 AP Nr. 96 zu § 611 BGB FürsorgepflichtBl. 2 R f. = SAE 1986, 200 [Beitzke]; 12.01.1988 AP Nr. 90 zu Art. 9 GG Arbeitskampf Bl. 2 R).Auch fallen weder der vertragliche Beseitigungsanspruch (vgl. BAG 14.12.1994 AP Nr. 15 zu § 611BGB Abmahnung unter Aufgabe von BAG EzBAT § 70 BAT Nr. 28; a. M. LAG Berlin 04.07.1994BB 1994, 2075) noch der Beseitigungsanspruch wegen Verletzung eines Persönlichkeitsrechts (vgl.BAG 15.07.1987 AP Nr. 14 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Bl. 4; LAG Düsseldorf 23.11.1987DB 1988, 450) unter eine tarifliche Ausschlussfrist (vgl. Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 26b).Zur Verwirkung des Anspruchs auf Entfernung eines Abmahnungsschreibens aus der Personalaktevgl. BAG 14.12.1994 AP Nr. 15 zu § 611 BGB Abmahnung Bl. 2 R f.; LAG Düsseldorf 23.02.1996LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 45 S. 4 f.; LAG Frankfurt a. M. 22.12.1983 DB 1984, 1355;ArbG Berlin 08.10.1984 DB 1985, 1140; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 29. Nach Beendigungdes Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer wegen § 242 BGB nur dann die Entfernung unzu-lässiger Abmahnungen oder Vorgänge aus den Personalakten verlangen, wenn diese für ihn – z. B. beieiner vom Arbeitgeber erteilten Auskunft – noch nachteilig sein können (im Ergebnis ebenso BAG14.09.1994 AP Nr. 13 zu § 611 BGB Abmahnung Bl. 2 R f.; ArbG Münster 14.12.1989 BB 1990,492; a.M. LAG Frankfurt a. M. 28.08.1987 LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 15; ArbG Wetzlar16.05.1989 BB 1989, 1979; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 26c; Walker NZA 1995, 601 [608]).

Auch eine unzulässige Personalbeurteilung (vgl. auch Rdn. 17) ist aus den Personalakten zu ent-fernen (vgl. BAG 26.07.1979 AP Nr. 18 zu § 249 BGB Bl. 1 R; 09.02.1977 AP Nr. 83 Bl. 2 ff. zu§ 611 BGB Fürsorgepflicht hinsichtlich eines für das Arbeitsverhältnis irrelevanten Strafurteils;28.03.1979 AP Nr. 3 zu § 75 BPersVG Bl. 2 ff.; Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 27; vgl. aber ArbGBerlin 26.05.1988 AuR 1988, 385). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber das Mitbestim-

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mungsrecht des Betriebsrats aus § 94 verletzt hat (vgl. LAG Frankfurt a. M. 06.03.1990 DB 1991, 1027;Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 30). Das Gleiche gilt für Vermerke über unzulässige Betriebs-bußen (vgl. BAG 05.12.1975 AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße Bl. 3 R [Konzen] =EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Ordnung Nr. 1 [Wiese] = SAE 1977, 88 [Meisel]; LAG Niedersach-sen 13.03.1981 DB 1981, 1985; Schlochauer DB 1977, 254 [259], sowie zum Ganzen Wiese § 87Rdn. 244 ff.; a.M. ArbG Freiburg 27.01.1987 DB 1987, 748). Zum gerichtlichen Prüfungsmaßstabvon dienstlichen Personalbeurteilungen allgemein BAG 18.08.2009 EzA Art. 33 GG Nr. 37 Rn. 33 f.= AP Nr. 3 zu § 611 BGB Personalakte Rn. 33 f. (Schulz) und insbesondere zur Differenzierung zwi-schen bloßen Ordnungsvorschriften und Verfahrensvorschriften, die sich auf das Beurteilungsergebnisauswirken können BAG 18.11.2008 EzA Art. 33 GG Nr. 35 = AP Nr. 2 zu § 611 BGB Personalakte AII. 2. (von Hoyningen-Huene).

Schließlich kann ein Anspruch auf Entfernung der Unterlagen über an sich zulässige Abmahnun-gen,Betriebsbußenoder sonstige zulässigerweise in die Personalakten aufgenommeneVor-gänge aufgrund der Treue-(Fürsorge-)Pflicht des Arbeitgebers oder des Persönlichkeitsrechts desArbeitnehmers an seiner Eigensphäre in Betracht kommen, wenn nach längerer Zeit das Berichti-gungsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt (vgl. BAG 18.11.1986 AP Nr. 17 zu § 1 KSchG1969 Verhaltensbedingte Kündigung Bl. 2 R [Conze]; 13.04.1988 AP Nr. 100 zu § 611 BGB Fürsor-gepflicht Bl. 2 f. [Conze]; LAG Hamm 14.05.1986 NZA 1987, 26; Conze DB 1987, 2358 ff.; FalkenbergNZA 1988, 489 [492]; Schmid NZA 1985, 409 [413]; a.M. mit Einschränkungen LAG Frankfurt a. M.23.10.1987 BB 1988, 1255; Eich NZA 1988, 759 ff.; von Hoyningen-Huene RdA 1990, 193 [210 f.];Reichold/MünchArbR § 87 Rn. 28; Walker NZA 1995, 601 [607 f.]). Hinsichtlich einer Abmah-nung ist allerdings zwischen deren Warn-, Rüge- und Dokumentationsfunktion zu unterscheiden.Die Dokumentationsfunktion der Abmahnung kann im Einzelfall ein berechtigtes Interesse des Ar-beitgebers an der fortdauernden Aufbewahrung der Abmahnung begründen. Daher kann nach zutref-fender Auffassung des BAG (19.07.2012 NZA 2013, 91 Rn. 21) ein Arbeitnehmer die Entfernungeiner zu Recht erteilten Abmahnung nur verlangen, wenn das gerügte Verhalten in jeder Hinsicht be-deutungslos geworden ist. Diese Rechtsprechung kann man als Reaktion auf das sog. »Emmely«-Ur-teil des BAG vom 10.06.2010 (EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32 = AP Nr. 229 zu § 626 BGB) begreifen.Bei der Interessenabwägung für eine verhaltensbedingte Kündigung hat das BAG in diesem Urteil dasbislang beanstandungsfrei verlaufene Beschäftigungsverhältnis zugunsten des Arbeitnehmers berück-sichtigt. Dann aber müssen zu Recht erfolgte Beanstandungen über längere Zeit dokumentiert blei-ben (ebenso Schrader NZA 2011, 180 [181 f.]; Schrader/Dohnke NZA-RR 2012, 617; Novara/KnierimNJW 2011, 1175 [1178 f.]). Der Zeitraum, in dem eine ursprünglich berechtigte Abmahnung gegen-standslos wird, ist aufgrund aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen; bestimmte Fristen lassen sichhierfür nicht aufstellen (vgl. BAG 18.11.1986 AP Nr. 17 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kün-digung Bl. 2 R; 07.09.1988 AP Nr. 2 zu § 611 BGB Abmahnung Bl. 3; BAG 13.04.1988 EzA § 611BGB Fürsorgepflicht Nr. 47 S. 4; a. M. LAG Hamm 14.05.1986 NZA 1987, 26; Brill NZA 1985, 109[110]; Conze DB 1987, 2358 ff.; Falkenberg NZA 1988, 489 [492]; Hunold BB 1986, 2050 [2051 f.];Schmid NZA 1985, 409 [413]). Zum Rechtsschutzbedürfnis, falls eine Abmahnung ohnehin nach Ab-lauf eines Jahres aus den Personalakten entfernt wird, vgl. ArbG Passau 14.01.1988 BB 1988, 630 undzur Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Tilgung von Betriebsbußen Wiese § 87 Rdn. 271. Auchnach der Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte kann der Arbeitnehmer einen Anspruchauf Widerruf der in der Abmahnung abgegebenen Erklärungen gerichtlich geltend machen, wenn erdurch die Erklärungen noch anhaltend beeinträchtigt ist (vgl. BAG 15.04.1999 AP Nr. 22 zu § 611BGB Abmahnung = EzA § 611 BGB Abmahnung Nr. 41; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 26a).

Soweit nach Vorstehendem ein Beseitigungsanspruch gegeben ist, kann er nach Vertragsrecht alsSchadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 i. V. m. § 249 Abs. 1 BGB (Naturalrestitution) geltend ge-macht werden. Er kann aber auch als Anspruch auf Erfüllung einer vertraglichen Nebenpflicht auf§§ 611, 241 Abs. 2 BGB gestützt werden, da der Arbeitgeber verpflichtet ist, die berechtigten Interes-sen des Arbeitnehmers zu achten und vermeidbare Nachteile im Rahmen des Zumutbaren von ihmfernzuhalten (s. vor § 81 Rdn. 12). Der deliktische Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzungdes Persönlichkeitsrechts ist auf § 823 Abs. 1 i. V. m. § 249 Abs. 1 BGB zu stützen. Ist dem Arbeitneh-mer durch die unzulässige Personalakteneintragung ein weiterer Schaden entstanden, so kann er beiVerschulden des Arbeitgebers diesen gleichfalls aus § 280 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 26.07.1979 AP

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Nr. 18 zu § 249 BGB Bl. 1 R: positive Forderungsverletzung) oder gegebenenfalls wegen Verletzungseines Persönlichkeitsrechts aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG – jeweilsi. V. m. den §§ 249 ff. BGB – ersetzt verlangen (vgl. Biewald DSB 2003, 13).

IV. Datenschutzrechtliche Besonderheiten

1. Das datenschutzrechtliche Regelungsregime

Neben § 83 kommt die Anwendbarkeit von datenschutzrechtlichen Regelungen in Betracht. Die Per-sonalakte enthält personenbezogene Angaben im Sinne des Datenschutzrechts (Rdn. 46). Das daten-schutzrechtliche Regelungsregime ist durch die EU-Datenschutz-Grundverordnung vom 4.Mai 2016 (ABlEU L 119/1 vom 04.05.2016) auf eine neue Grundlage gestellt worden. Die Daten-schutz-Grundverordnung ist am 24. Mai 2016 in Kraft getreten und gilt ab dem 25. Mai 2018. Sielöst auf der Ebene der EU die EG-Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG vom 24.10.1995 (ABlEGNr. L 281, S. 31) mit Wirkung vom 25. Mai 2018 ab. Im Gegensatz zu einer umsetzungsbedürftigenEU-Richtlinie ist die Datenschutz-Grundverordnung nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar an-wendbar. Ihre Regelungen gelten also ab dem 25. Mai 2018, ohne dass es eines innerstaatlichen Um-setzungsaktes bedürfte. Für den Bereich des Arbeitnehmerdatenschutzes enthält die Datenschutz-Grundverordnung allerdings eine weitreichende Öffnungsklausel (Rdn. 44).

Die Datenschutz-Grundverordnung kennt die bereits in der EU-Datenschutz-Richtlinie 95/46/EGenthaltenen Verarbeitungsgrundsätze: Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Art. 6 DS-GVO, Art. 7RL 95/46/EG); Zweckbindung, Datensparsamkeit, Transparenz und Integrität (Art. 5 DS-GVO, Art. 6 RL 95/46/EG). Ferner ist der für die Datenverarbeitung Verantwortliche (Definition inArt. 4 Nr. 7 DS-GVO) Informationspflichten (Art. 13 f. DS-GVO, Art. 10 f. RL 95/46/EG) so-wie Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsansprüchen der betroffenen Personen(Art. 12 ff. DS-GVO, Art. 15 ff. RL 95/46/EG) ausgesetzt. Über die bisherigen Regelungen hinausgehen beispielsweise das Recht auf Daten-Portabilität (Art. 20 DS-GVO) und das Recht auf »Verges-senwerden« (Art. 17 DS-GVO) sowie die allgemeinen Pflichten des für die DatenverarbeitungVerantwortlichen (Art. 24 ff. DS-GVO), wie etwa die Aufstellung eines Verzeichnisses der Verarbei-tungstätigkeiten (Art. 30 DS-GVO) und die Pflicht zur Datenschutz-Folgenabschätzung bei riskantenDatenverarbeitungsvorgängen (Art. 35 DS-GVO). Die Datenschutz-Grundverordnung kennt fernerden betrieblichen Datenschutzbeauftragten als ein Instrument der Selbstregulierung. Obli-gatorisch ist die Einführung eines solchen Instruments nur in größeren Unternehmen, die überwie-gend mit Datenverarbeitung betraut sind. Die Mitgliedstaaten können allerdings darüber hinausgehen(Art. 37 ff. DS-GVO). Schließlich regelt die Datenschutz-Grundverordnung ausführlich die Über-mittlung personenbezogener Daten an Drittländer (Art. 44 ff. DS-GVO), den Verwaltungs-vollzug (Behördenzuständigkeit etc., Art. 51 ff. DS-GVO) sowie Sanktionen bei Datenschutz-verstößen (Bußgelder, Schadensersatz, Art. 77 ff. DS-GVO).

Für den Bereich des Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtendatenschutzes enthält Art. 88 DS-GVO eineumfängliche Bereichsausnahme, deren Reichweite im Einzelnen noch nicht vollständig geklärt ist(s. dazu etwa Düwell/Brink NZA 2016, 665; Gola/Pötters/Thüsing RDV 2016, 57; Körner NZA 2016,1383; Kort ZD 2016, 555; ders. DB 2016, 711; Maschmann DB 2016, 2488; Spelge DuD 2016, 775;Stelljes DuD 2016, 787; Taeger/Rose BB 2016, 819; Wybitul ZD 2016, 203; Wybitul/Sörup/PöttersZD 2015, 559).

Art. 88 Abs. 1 DS-GVO lautet:

»Die Mitgliedstaaten können durch Rechtsvorschriften oder durch Kollektivvereinbarun-gen spezifischere Vorschriften zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheitenhinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungs-kontext, insbesondere für Zwecke der Einstellung, der Erfüllung des Arbeitsvertrags ein-schließlich der Erfüllung von durch Rechtsvorschriften oder durch Kollektivvereinbarun-gen festgelegten Pflichten, des Managements, der Planung und der Organisation derArbeit, der Gleichheit und Diversität am Arbeitsplatz, der Gesundheit und Sicherheit am

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Arbeitsplatz, des Schutzes des Eigentums der Arbeitgeber oder der Kunden sowie für Zwe-cke der Inanspruchnahme der mit der Beschäftigung zusammenhängenden individuellenoder kollektiven Rechte und Leistungen und für Zwecke der Beendigung des Beschäfti-gungsverhältnisses vorsehen.«

Aufgrund dieser Öffnungsklausel steht den Mitgliedstaaten ein großer Regelungsspielraum zu, in-nerhalb dessen sie Probleme des Beschäftigtendatenschutzes regeln können. Bundestag und Bundesrathaben den Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechtsan die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU, BT-Drucks. 18/11325, Beschlussemp-fehlung des Innenausschusses BT-Drucks. 18/12084) beschlossen. Art. 1 dieses Gesetzes bildet dasneugefasste BDSG, in dem die den Beschäftigtendatenschutz betreffende Bestimmung in§ 26 BDSG n. F. enthalten ist. Diese Neuregelungen sollen mit dem Wirksamwerden der Daten-schutz-Grundverordnung am 25. Mai 2018 in Kraft treten (Art. 8 Abs. 1 DSAnpUG-EU). § 26BDSG n. F. schreibt die bisherige Regelung des § 32 BDSG mit gewissen Modifikationen fort. Ins-besondere wurde die Regelung ergänzt um Vorgaben zur Reichweite der Einwilligung und zu Kol-lektivvereinbarungen (näher Gola BB 2017, 1462).

2. Sachlicher Anwendungsbereich des Datenschutzrechts

Personenbezogene Daten werden in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO definiert als Informationen, die sichauf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (betroffene Person) beziehen. Sachlichweicht diese Umschreibung nicht von der bisherigen Definition in § 3 Abs. 1 BDSG a. F. ab. Personen-bezogene Daten von Arbeitnehmern sind auch Gegenstand von Personalakten (vgl. Rdn. 4). In densachlichen Anwendungsbereich des Datenschutzrechts fallen daher alle zur Personalakte im mate-riellen Sinne (vgl. dazu Rdn. 4) gehörenden Daten (vgl. Seifert/Simitis Bundesdatenschutzgesetz,§ 32 Rn. 109). Die Datenschutz-Grundverordnung erfasst die Verarbeitung solcher Daten in einemumfassenden Sinne und nennt in Art. 4 Nr. 2 DS-GVO als Beispiele hierfür das Erheben (also dasBeschaffen von Daten über den Betroffenen), Erfassen, Ordnen, Speichern, die Veränderung,die Offenlegung von Daten durch Übermittlung, Verbreitung sowie die Einschränkung das Lö-schen und die Vernichtung von Daten. Damit wird grundsätzlich jede Form des Umgangs mit per-sonenbezogenen Daten einbezogen.

Die Datenschutz-Grundverordnung gilt allerdings nach Art. 2 Abs. 1 DS-GVO grundsätzlich nur, so-weit die Daten ganz oder teilweise automatisiert verarbeitet werden; für den Fall der nicht automati-sierten Datenverarbeitung müssen die Dateien in einem Dateisystem gespeichert sein oder bestim-mungsgemäß gespeichert werden. Den Begriff des Dateisystems definiert Art. 4 Nr. 6 DS-GVO alseine strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglichsind. Damit sind Akten oder Aktensammlungen einbezogen, sofern diese nach bestimmtenKriterien strukturiert sind, die einen leichten Zugriff auf die Daten ermöglichen (näher Franzen/EUArbR Art. 4 DS-GVO Rn. 10). Dies entspricht der Rechtslage nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG a. F.für nicht-öffentliche Stellen. Ergänzend bestimmt § 27 Abs. 2 BDSG a. F., dass hinsichtlich derDatenverarbeitung nicht-öffentlicher Stellen die Vorschriften des dritten Abschnitts nicht für die Ver-arbeitung und Nutzung personenbezogener Daten außerhalb von nicht automatisierten Dateien gel-ten, soweit es sich nicht um personenbezogene Daten handelt, die offensichtlich aus einer automati-sierten Verarbeitung entnommen worden sind.

Über diesen soeben (Rdn. 47) skizzierten Anwendungsbereich hinaus ist die derzeit geltende Re-gelung zum Arbeitnehmerdatenschutz, § 32 Abs. 1 BDSG a. F. (künftig § 26 Abs. 1BDSG n. F.), auch dann anwendbar, wenn personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet oder ge-nutzt werden, ohne dass sie automatisiert verarbeitet oder in oder aus einer nicht automatisier-ten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhobenwerden (§ 32Abs. 2BDSGa. F., künftig § 26Abs. 7BDSGn. F.). Demnach ist § 32 Abs. 1 BDSGa. F. seit dem Inkrafttreten der Vorschrift im Jahre 2009 der Regelungsort bedeutender Teile des Per-sonalaktenrechts (vgl. Erfurth NJOZ 2009, 2914 [2924]). Materiellrechtlich hat sich dies allerdingskaum ausgewirkt, weil § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a. F. eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers

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Einsicht in die Personalakten § 83

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mit dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers in gleicher Weise vorsieht, wie sie die Rechtspre-chung im Personalaktenrecht seit jeher durchgeführt hat (vgl. Rdn. 15 f., 17, 19, 20; zu § 32 Abs. 1Satz 1 BDSG vgl. Rdn. 61 ff.; vgl. ferner Thüsing NZA 2009, 865 [869 f.]; Deutsch/Diller DB 2009,1462).

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG a. F. gehen andere Rechtsvorschriften des Bundes, soweit sie aufpersonenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, den Vorschriftendes Bundesdatenschutzgesetzes vor. Entgegen § 37 RegE-BDSG 1977 (BT-Drucks. 7/1027, S. 13und 32) braucht es sich dabei nicht um »dem Datenschutz dienende besondere Rechtsvorschriftendes Bundes« zu handeln; vielmehr geht auch das nicht speziell dem Datenschutz dienende Bundes-recht, das auf in Dateien gespeicherte personenbezogene Daten anzuwenden ist, den Normen desBundesdatenschutzgesetzes vor (vgl. Dix/Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 1 Rn. 162 ff.; GolaBlStSozArbR 1978, 209 [211]; Kriependorf DuD 1977, 66 [68]; Sendler DuD 1979, 81 [82]; a.M.Garstka ZRP 1978, 237 [239]). Diese Vorschrift entspricht in der Sache § 1 Abs. 2 BDSG n. F. (ebensoGola BB 2017, 1462 [1463]).

3. Verantwortliche Stelle

a) GrundsatzDie Datenschutz-Grundverordnung knüpft die datenschutzrechtlichen Pflichten an den »Verant-wortlichen« an. Das ist nach Art. 4 Nr. 7 DS-GVO »die natürliche oder juristische Person, Behörde,Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittelder Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet«. Es kommt also darauf an, welche Per-son oder Institution in letzter Instanz die Entscheidungen über die Datenverarbeitung trifft und steuert.In der Sache ändert sich hierdurch nichts gegenüber der bisherigen Rechtslage aufgrund von § 3Abs. 7 BDSG a. F.; diese Vorschrift hatte den Begriff der »verantwortlichen Stelle« verwendet. Dasist als nicht-öffentliche Stelle das Unternehmen (Arbeitgeber) als natürliche oder juristische Person,Gesellschaft oder sonstige Personenvereinigung des privaten Rechts (vgl. § 2 Abs. 4 BDSG; Auernham-mer/Eßer Bundesdatenschutzgesetz, § 3 Rn. 72).

b) Unternehmensübergreifende PersonaldatenverarbeitungDas Übermitteln von Daten zwischen Konzernunternehmen ist Datenübermittlung an Dritte (vgl.hierzu Buschmann/DKKW § 83 Rn. 32; Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 450; Fitting § 83Rn. 24; Gola RDV 2002, 109 [114 f.]; Franzen EAS B 5300 Rn. 59; Lambrich/Cahlik RDV 2002,287 [288 ff.]; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 40; Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 2 Rn. 142 ff.und § 27 Rn. 5, jeweils m. w. N.; zur Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für den Abschluss einerKonzernbetriebsvereinbarung bei Weitergabe von Mitarbeiterdaten im Konzern vgl. BAG20.12.1995 AP Nr. 1 zu § 58 BetrVG 1972 Bl. 3 R ff.) und damit Datenverarbeitung i. S. d. Daten-schutz-Grundverordnung. Für die Übermittlung von Personaldaten im Konzern bedarf es daher einesdatenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestands. Dieser kann jedenfalls in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1Buchst. f DS-GVO gesehen werden, sofern keine spezielleren Regelungen wie etwa Konzern-betriebsvereinbarungen existieren. Dieser Erlaubnistatbestand ermöglicht die Datenverarbeitung,wenn sie »zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich ist, sofern nichtdie Interessen oder Grundrechte oder Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.« Als be-rechtigtes Interesse erkennt Erwägungsgrund 48 DS-GVO das Interesse von Konzernen an, personen-bezogene Daten innerhalb des Konzerns zu übermitteln (näher Franzen/EUArbR Art. 6 DS-GVORn. 11). Bilden mehrere Konzernunternehmen einen gemeinsamen Betrieb i. S. d. Betriebsverfas-sungsrechts und sind Daten dort beschäftigter Arbeitnehmer betroffen, handelt es sich nicht um Daten-übermittlung an Dritte, sofern der gemeinsame Betrieb für die Datenverarbeitung verantwortlich ist(vgl. hierzu Wiese FS Gaul, 1992, S. 553 ff. m. w. N.). Dagegen ist die Übermittlung von Arbeitneh-merdaten an den Konzernbetriebsrat stets Datenübermittlung an Dritte (a.M. Rose/HWGNRH§ 83 Rn. 33). Zur Datenübermittlung beim Betriebsübergang Göpfert/Meyer NZA 2011, 486 ff.

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§ 83 IV. 2. Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers

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c) Exkurs: Datenverarbeitung durch den BetriebsratDer Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat) ist nach heute h. M. Teil der verantwortlichen Stelle (vgl.BAG 07.02.2012 AP Nr. 4 zu § 84 SGB IX Rn. 43; 11.11.1997 AP Nr. 1 zu § 36 BDSG Bl. 3 R f.m. w. N.= SAE 1998, 193 [Kort]; Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 223; Leuze ZTR 2003, 167). Dabeiist die Datenübermittlung des Arbeitgebers an den Betriebsrat zulässig, soweit dies zur Erfüllung derbetriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist. Ein datenschutzrechtlicherErlaubnistatbestand ist insoweit weder einschlägig noch notwendig (vgl. Buschmann/DKKW § 79Rn. 44; Fitting § 83 Rn. 23; Hitzfeld Geheimnisschutz im Betriebsverfassungsrecht [Diss. Mannheim],1990, S. 130 ff.; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 40). Die Personaldatenverarbeitung des Be-triebsrats unterliegt ebenso wie diejenige des Arbeitgebers den Bestimmungen des Bundesdaten-schutzgesetzes, wenn hinsichtlich der Qualität der Daten und ihrer Verarbeitung dessen Voraussetzun-gen erfüllt sind BAG 11.11.1997 AP Nr. 1 zu § 36 BDSG Bl. 7 R f.; Fitting § 83 Rn. 23; Franzen/ErfK§ 1 BDSG Rn. 5, § 3 BDSG Rn. 2; ders. EAS B 5300 Rn. 88 ff.; Gola/Wronka NZA 1991, 790 ff.;Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 211 ff.; Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 221 ff.und 230; Wohlgemuth CR 1993, 218). Der Betriebsrat muss also in Bezug auf die Personaldaten derArbeitnehmer, die er selbst ermittelt oder ihm vom Arbeitgeber oder einem Dritten übermittelt wer-den, die er nutzt oder verarbeitet, dieselben Vorgaben beachten wie der Arbeitgeber. § 26 Abs. 1 Satz 1BDSG n. F. führt nun eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung der Arbeitneh-mervertretung ein. Danach soll die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke des Beschäf-tigungsverhältnisses zulässig sein, wenn dies zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus Gesetz oderKollektivvereinbarung ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigtenerforderlich ist. Damit wird die bereits bislang geltende Rechtslage gesetzlich niedergelegt (näherGola/Pötters RDV 2017, 111).

Umstritten ist, ob der betriebliche Datenschutzbeauftragte auch gegenüber dem Betriebsrat die Kon-trollbefugnis nach den §§ 4f, 4g BDSG a. F. (entspricht Art. 38, 39 DS-GVO) hat. Zwar ist derArbeitgeber in der Auswahl des zu bestellenden Beauftragten weitgehend frei. Jedoch fällt zugunsteneiner Erstreckung der Kontrollbefugnis des betrieblichen Datenschutzbeauftragten ins Gewicht, dassder Betriebsrat nach der Rechtsprechung bei dessen Bestellung gemäß § 99 mitzubestimmen hat (vgl.BAG 22.03.1994 AP Nr. 4 zu § 99 BetrVG Versetzung; 11.11.1997 AP Nr. 1 zu § 36 BDSG Bl. 5;LAG Frankfurt a. M. 28.02.1989 AiB 1990, 38 = CR 1990, 342; Bergmann/Möhrle/Herb Datenschutz-recht, § 4f BDSG Rn. 76 ff.; Franzen/ErfK § 4f BDSG Rn. 5; ders. EAS B 5300 Rn. 67; Gola ZBVR2003, 206 [209]; Leuze ZTR 2003, 167 [168]; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 77; Schaffland/WiltfangBundesdatenschutzgesetz, § 4f Rn. 65; Wedde AiB 2001, 373 [374]; ders. AiB 2003, 285 [289]; a.M.Kort RDV 2012, 8 [13 f.]). Dies erlaubt es dem Betriebsrat, bei fehlender Eignung – wozu die fehlendeUnabhängigkeit zu zählen ist – der Einstellung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 zu widersprechen (vgl. dazuauch § 4f Abs. 2 Satz 1 BDSG a. F.). Hinzu kommt, dass § 4f Abs. 3 BDSG a. F. den betrieblichen Da-tenschutzbeauftragten für seine Amtsführung durchaus mit der nötigen persönlichen Unabhängigkeitvom Arbeitgeber ausstattet: Seine weitreichenden Befugnisse nach § 4g BDSG a. F. übt er weisungsfreiaus und kann nur unter den erschwerten Voraussetzungen des § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG a. F. i. V. m.§ 626 BGB abberufen werden; das Arbeitsverhältnis kann nach § 4f Abs. 3 Sätze 5 und 6 BDSG a. F.nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Diese Rechtslage wird durch § 38 Abs. 2 BDSGn. F. i. V. m. § 6 Abs. 4 BDSG n. F. fortgeschrieben.

Bei dieser Rechtslage muss es verwundern, wenn das BAG 11.11.1997 AP BDSG § 36 Nr. 1 in derTätigkeit des betrieblichen Datenschutzbeauftragten lediglich eine »Stabsfunktion im Auftrag des Ar-beitgebers« sieht, zumal die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers nur logische Folge der mangelndenRechtsfähigkeit des Betriebsrats ist, und das BAG selbst entschieden hat, dass selbst ein Mitglied desBetriebsrats Datenschutzbeauftragter sein kann (BAG 23.03.2011 EzA § 4f BDSG Nr. 3 = AP Nr. 3zu § 4f BDSG [Franzen] = BB 2011, 2683 ff. [abl. Wybitul]; a.M. Aßmus ZD 2011, 27 [31]; Dzida/Kröpelin NZA 2011, 1018 [1019]; Kort RDV 2012, 8 [12 f.]; ob hiermit die Entscheidung vom11.11.1997 aufgegeben wurde, hat das BAG ausdrücklich offen gelassen). Die (Arbeitgeber-)Unab-hängigkeit der Aufgabenwahrnehmung des Betriebsrats ist nach alledem durch die Kontrollbefugnisdes betrieblichen Datenschutzbeauftragten keineswegs gefährdet oder gar beeinträchtigt. Daher unter-liegt auch die Personaldatenverarbeitung durch den Betriebsrat der Kontrollbefugnis des betrieblichenDatenschutzbeauftragten (vgl. LAG Berlin 19.12.1996 DuD 1997, 543 ff.; ausführlich Bergmann/Möhr-

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Einsicht in die Personalakten § 83

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le/Herb Datenschutzrecht, § 4f BDSG Rn. 83 ff.; Kort RDV 2012, 8 [9, 12]; Kuring/Werner DuD2000, 159 ff.; Leuze ZTR 2002, 558 [564]; ders. ZTR 2003, 167 [168]; Reichold/MünchArbR § 88Rn. 82; a.M. Aßmus ZD 2011, 27 [29]; Gola ZBVR 2003, 206 [210]; Gola/Jaspers RDV 1998, 47[48 ff.]; Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 229; Schaffland/Wiltfang Bundesdatenschutzgesetz, § 4fRn. 65, § 4g Rn. 29; Simitis NJW 1998, 2395 [2396 f.]; J. Wagner BB 1993, 1729 [1731]). Im Übrigensieht das Bundesdatenschutzgesetz, das gleichrangig neben dem BetrVG und seinem »Unabhängig-keitsgrundsatz« steht, gerade keine Ausnahme für die Datenverarbeitung durch den Betriebsrat vor.Schließlich führt die Rechtsprechung des BAG zur Unvereinbarkeit der deutschen Rechtslagezur Datenverarbeitung des Betriebsrats mit dem europäischen Unionsrecht – jedenfalls insoweit,wie Art. 37 Abs. 1 DS-GVO die Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten verbindlichanordnet und Art. 39 DS-GVO die Datenverarbeitung der Arbeitnehmervertretung nicht von seinerKontrollbefugnis ausnimmt.

4. Zulässigkeit der Datenverarbeitung

Nach Art. 6 Abs. 1 DS-GVO bedarf es für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung einer Rechts-grundlage. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage nach § 4 Abs. 1 BDSG a. F., wonach für die Er-hebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ein grundsätzliches Verbot mit Er-laubnisvorbehalt gilt. Die Zulässigkeit der Datenverarbeitung kann sich aus datenschutzrechtlichenRechtsvorschriften (etwa dem Bundesdatenschutzgesetz oder der Datenschutz-Grundverordnung),aus einer anderen Rechtsvorschrift oder der Einwilligung des Betroffenen ergeben. Praktische Bedeu-tung erlangt infolge dessen die Einwilligung des Betroffenen nur, wenn sich die Rechtfertigung für dieDatenverarbeitung nicht schon aus vielfältigen anderen Vorschriften ergibt (vgl. Gola RDV 2002, 109[110]: Einwilligung als »ultima ratio«; Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 383;Tinnefeld/Buchner/Petri Datenschutzrecht, S. 343 f.).

a) EinwilligungDie Einwilligung wird in Art. 4 Nr. 11 DS-GVO näher umschrieben. Es handelt sich dabei um eine»freiwillig«, für den bestimmten Fall in informierter Weise und unmissverständlich abgegebeneWillensbekundung in Form einer Erklärung oder sonst eindeutigen bestätigenden Handlung. Diebetroffene Person muss dadurch zu verstehen geben, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffendenpersonenbezogenen Daten einverstanden ist. Weitere Anforderungen an die Einwilligung formuliertArt. 7 DS-GVO. Nach Art. 7 Abs. 1 DS-GVO trägt der für die Datenverarbeitung Verantwortliche dieBeweislast für das Vorliegen einer Einwilligung. Falls die Einwilligung in einer schriftlichen Erklärungenthalten ist, die noch andere Sachverhalte betrifft – also insbesondere in einem vorformulierten Ver-tragstext –, muss die Einwilligungserklärung nach Art. 7 Abs. 2 DS-GVO von den anderen Sachver-halten klar getrennt werden. Außerdem muss sie verständlich und in klarer, einfacher Sprache formu-liert sein. Damit dürften die bisherigen durch §§ 4 Abs. 1, 4a BDSG a. F. aufgestellten Anforderungenkompatibel sein. Nach herrschender Auffassung ist die Einwilligung eine geschäftsähnliche Handlung(vgl. Franzen EAS B 5300 Rn. 48; Schaffland/Wiltfang Bundesdatenschutzgesetz, § 4a Rn. 21; a.M.wohl Bergmann/Möhrle/Herb Datenschutzrecht, § 4a BDSG Rn. 8 f.) und muss – entsprechend derfür Willenserklärungen geltenden Vorschrift des § 183 Satz 1 BGB (vgl. Kufer AR-Blattei SD 580,Rn. 45; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 23) – vor dem jeweiligen Datenverarbeitungsvorgangerklärt (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 35; Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 137; Fitting § 83Rn. 27) werden. Sie kann auch beschränkt erteilt werden (vgl. Bergmann/Möhrle/Herb Datenschutz-recht, § 4a BDSG Rn. 18 f.; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 35; Fitting § 83 Rn. 27; Lakies/HaKo § 83Rn. 34).

Das BAG (11.12.2014 NZA 2015, 604 Rn. 32) hat klargestellt, dass eine Einwilligung des Arbeit-nehmers im Arbeitsverhältnis grundsätzlich als Erlaubnistatbestand für die Verarbeitungseiner personenbezogenen Daten in Betracht kommt und nicht von vornherein mangels »Freiwil-ligkeit« ausscheidet. Der Arbeitnehmer ist dabei auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Ver-arbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Ver-langen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen (§ 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG a. F.;vgl. dazu Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 139 ff.). Die Datenschutz-Grundverordnung geht

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§ 83 IV. 2. Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers

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ebenfalls davon aus, dass eine Einwilligung als Erlaubnistatbestand im Arbeitsverhältnis grund-sätzlich in Betracht kommt. Dies zeigt insbesondere Erwägungsgrund 155 DS-GVO deutlich.Danach können Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten oder Kollektivvereinbarungen nähere Bedin-gungen festlegen, unter denen eine Einwilligung des Arbeitnehmers in die Verarbeitung ihn betreffen-der personenbezogener Daten zulässig ist. Diesen Regelungsspielraum hat der Gesetzgeber des BDSG2018 aufgegriffen und in § 26 Abs. 2 BDSG n. F. nähere Anforderungen an die »Freiwilligkeit« derEinwilligungserklärung formuliert. Freiwillig soll eine Einwilligung insbesondere sein, wenn sie mitVorteilen für den Arbeitnehmer verbunden ist oder Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichgewichtigeInteressen verfolgen. Mit diesen Vorgaben dürfte die skizzierte Rechtsprechung des BAG weiterhinGeltung beanspruchen können. Ferner bedarf die Einwilligung der Schriftform des § 126 Abs. 1BGB, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist (§ 26 Abs. 2 Satz 3BDSG n. F., § 4a Abs. 1 Satz 3 BDSG a. F.). Solche »besonderen Umstände« dürften im Arbeitsverhält-nis nur selten gegeben sein (vgl. auch Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 146; a.M. Kufer AR-Blat-tei SD 580, Rn. 46: »Geschäftsbeziehung von längerer Dauer«). Die Schriftform kann allgemein auchdurch die elektronische Form des § 126a Abs. 1 BGB ersetzt werden (vgl. Franzen DB 2001, 1869[1871]; Roßnagel/Pfitzmann/Garstka DuD 2001, 253 [258]; Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 4aRn. 36 ff.; offen Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 144 f.), da dem weder eine ausdrückliche Vor-schrift noch Sinn und Zweck des § 4a Abs. 1 Satz 3 BDSG a. F. bzw. § 26 Abs. 2 Satz 3 BDSG n. F.entgegenstehen. Insbesondere kann den Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 Satz 2 DS-GVO, § 4a Abs. 1Satz 4 BDSG a. F. auch durch gestalterische Hervorhebung in einem elektronischen Dokument (z. B.Fettschrift) genügt werden. Dagegen genügt die Übersendung eines Dokuments mit gescannter Un-terschrift per Telefax oder E-Mail dem Schriftformerfordernis nicht (a.M. Duhr/Naujok/Peter/Seiffert DuD 2002, 5 [13] mit falschem Hinweis auf GemS-OGB NJW 2000, 2340).

Über die Übermittlung eines Schriftstücks oder einer elektronisch signierten Datei hinaus muss derBetroffene die Einwilligung auch von der verantwortlichen Stelle nachweisbar selbst erklärt ha-ben (vgl. Gola RDV 2002, 109 [110]; Klug RDV 2001, 266 [272]; Simitis Bundesdatenschutzgesetz,§ 4a Rn. 30 ff., 37 ff.; Wedde AiB 2003, 285 [287]). Dies folgt jetzt klar aus Art. 7 Abs. 1 DS-GVO.Inhaltlich muss die Einwilligung hinreichend bestimmt sein (vgl. Franzen EAS B 5300 Rn. 48;Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 4a Rn. 77 ff.) und darf nicht gegen zwingende Vorschriftenund Grundsätze verstoßen, anderenfalls ist sie unwirksam (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 35; Fit-ting § 83 Rn. 28; Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 161 ff.; Gola RDV 2002, 109 [111]; Gola/Scho-merus Bundesdatenschutzgesetz, § 4 Rn. 5; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 12; Reichold/MünchArbR§ 88 Rn. 23; zur »Blanko-Einwilligung« Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 4a Rn. 77 und 84; WeddeAiB 2003, 727 [732]; ders. DuD 2004, 169 [172]). Die Unwirksamkeit einer vom Arbeitgeber vor-formulierten Einwilligungserklärung aus der Zeit nach dem 01.01.2002 kann sich wegen der Er-streckung der AGB-Kontrollnormen auf Arbeitsverhältnisse durch das Gesetz zur Modernisierung desSchuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I, S. 3138; vgl. § 310 Abs. 4 Satz 2 und 3 BGB) im Einzelfallauch aus einer überraschenden oder unangemessen benachteiligenden Klausel zum Nachteil desBetroffenen i. S. d. § 305c Abs. 1 bzw. § 307 BGB ergeben (vgl. dazu Bergmann/Möhrle/Herb Daten-schutzrecht, § 4a BDSG Rn. 26 ff.; Gola/Schomerus Bundesdatenschutzgesetz, § 4a Rn. 23). AlsBesonderheit des Arbeitsrechts i. S. d. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB dürfte in diesem Zusammenhang al-lerdings zu berücksichtigen sein, dass der Arbeitgeber bestimmte Daten erheben muss, um eigenengesetzlichen Verpflichtungen nachkommen zu können (z. B. Daten für die Sozialauswahl; vgl. FranzenEAS B 5300 Rn. 55; Lambrich/Cahlik RDV 2002, 287 [290]). Deshalb ist eine auf die Erhebung, Spei-cherung und Verarbeitung solcher Daten bezogene vorformulierte Einwilligung stets zulässig. DerWiderruf einer einmal erteilten Einwilligung kann nach Art. 7 Abs. 3 DS-GVO jederzeit undohne besonderen Grund durch den Betroffenen mit Wirkung für die Zukunft erklärt werden (vgl.Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 169 ff.; Gola/Schomerus Bundesdatenschutzgesetz, § 4a Rn. 38).In der Vergangenheit liegende Datenverarbeitungen werden durch den Widerruf nach Art. 7 Abs. 3Satz 2 DS-GVO nicht unzulässig. Zur Verurteilung zur Abgabe der Einwilligung vgl. LAG Berlin27.11.1989 DuD 1992, 548 ff.

Weiteren Anforderungen an die Einwilligung unterliegen besondere Arten personenbezogenerDaten i. S. d. Art. 9 DS-GVO bzw. § 3 Abs. 9 BDSG a. F. (sog. sensible Daten). Dabei handeltes sich nach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO um Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische

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Einsicht in die Personalakten § 83

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Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesund-heit und Sexualleben, ferner biometrische und genetische Daten (Definitionen in Art. 4 Nr. 13 und14 DS-GVO). Der Begriff der »Gesundheitsdaten« ist in Art. 4 Nr. 15 DS-GVO umschrieben mit»personenbezogene Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Per-son beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen«. Mit demEuGH wird man sowohl die Bezeichnung einer Krankheit selbst, als auch deren äußere Erscheinungs-form und Symptome einbeziehen müssen (vgl. EuGH 06.11.2003 JZ 2004, 242 [243 f.] = MMR2004, 95 [96]). Im Falle der Verarbeitung solcher Daten muss sich die Einwilligung nach Art. 9 Abs. 2Buchst. a DS-GVO ausdrücklich auch auf diese Datenkategorien beziehen (vgl. Däubler Gläserne Be-legschaften?, Rn. 174 f.; Franzen DB 2001, 1869 [1871]; Schaffland/Wiltfang Bundesdatenschutz-gesetz, § 4a Rn. 53 i. V. m. Rn. 19; Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 4a Rn. 86 f.; vgl. auch GolaRDV 2002, 109 [112 f.]; Wedde AiB 2003, 285 [287]). Das setzt voraus, dass im Wortlaut der Einwil-ligung zusätzlich auch die Daten, um deren Verarbeitung es geht, wenigstens ihrer Art nach bezeichnetwerden müssen (vgl. Duhr/Naujok/Peter/Seiffert DuD 2002, 5 [14]; Simitis Bundesdatenschutzgesetz,§ 4a Rn. 87; enger Bergmann/Möhrle/Herb Datenschutzrecht, § 4a BDSG Rn. 97: »genaue und kon-krete Benennung der einzelnen sensiblen Daten«; Franzen/ErfK § 4a BDSG Rn. 5: Vorstellung desBetroffenen muss konkret den Inhalt der Daten betreffen).

b) Rechtsvorschriften als ErlaubnistatbestandAndere Rechtsvorschriften i. S. d. § 4 Abs. 1 BDSG a. F. bzw. Art. 88 Abs. 1 DS-GVO sindz. B. neben den gesetzlichen Auskunfts- und Meldepflichten des Arbeitgebers (vgl. dazu Gola RDV2002, 109; Kilian/Taeger BB 1984, Beilage Nr. 12; Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 43) auch die nor-mativen Bestimmungen von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einigungsstellensprüchen(vgl. BAG 27.05.1986 AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung Bl. 5 R m. w. N.; 09.07.2013NZA 2013, 1433 Rn. 31; 25.09.2013 NZA 2014, 41 Rn. 32Bergmann/Möhrle/Herb Datenschutz-recht, § 4 BDSG Rn. 23 f.; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 34; Fitting § 83 Rn. 29 f.; Franzen/ErfK§ 4 BDSG Rn. 2; ders. EAS B 5300 Rn. 49 und 61 f.; Kania/ErfK § 83 BetrVG Rn. 11; Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 44 und 76 f.; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 21; zur Regelung des Datenschut-zes durch Betriebsvereinbarung allgemein Erfurth DB 2011, 1275 ff.; Trittin/Fischer NZA 2009, 343 ff.;zu Einzelheiten einer »EDV-Betriebsvereinbarung« Lambrich/Cahlik RDV 2002, 287 [294 ff.]; vgl.auch Gola RDV 2002, 109 [115 ff.]). Dies entspricht der Rechtslage nach der EU-Datenschutz-Grundverordnung. Art. 88 Abs. 1 DS-GVO erlaubt ausdrücklich, dass in Kollektivvereinbarungenspezifischere datenschutzrechtliche Regelungen im Kontext der Beschäftigung erlassen oder beibehal-ten werden. Erwägungsgrund 155 DS-GVO nennt in diesem Zusammenhang in der deutschen Über-setzung ausdrücklich den Terminus »Betriebsvereinbarung«. Dies stellt auch § 26 Abs. 4 BDSG n. F.klar.

c) Datenschutzrechtliche ErlaubnistatbeständeEinen speziellen Erlaubnistatbestand für den Datenumgang im Rahmen eines Arbeitsverhältnissesenthält die durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften vom14.08.2009 eingefügte Bestimmung des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a. F. (BGBl. I, 2009 S. 2814 [2817]).Diese Vorschrift ist nicht nur auf Arbeitsverträge, sondern weitergehend auf Beschäftigte anwendbar,insbesondere arbeitnehmerähnliche Personen, Beamte, Auszubildende, Stellenbewerber und ehema-lige Beschäftigte (vgl. § 3 Abs. 11 BDSG). Diese Vorschrift wird durch § 26 Abs. 1 BDSG n. F. mitWirkung zum 25. Mai 2018 weitgehend inhaltsgleich abgelöst (s. Rdn. 44). Nach § 32 Abs. 1 Satz 1BDSG a. F. (entspricht in etwa § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG n. F.) ist das Erheben, Verarbeiten oderNutzen personenbezogener Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhält-nisses zulässig, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnis-ses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigungerforderlich ist. § 32 BDSG a. F. entspricht den bisher von der Rechtsprechung entwickelten allgemei-nen Grundsätzen zum Datenschutz im Arbeitsverhältnis. Die vom BAG herausgearbeiteten Kriterienfür die Erforderlichkeit des Datenumgangs (vgl. BAG 22.10.1986 AP Nr. 2 zu § 23 BDSG) behaltenalso ihre Gültigkeit; demnach ist weiterhin das objektive Informationsinteresse des Arbeitgebers mitdem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers abzuwägen (vgl. Gola/Klug NJW 2009,

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§ 83 IV. 2. Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers

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2577 [2580]; BT-Drucks. 16/13657, S. 35 f.; kritisch Thüsing NZA 2009, 865 [867]). Die zulässigenZwecke der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung sind in § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a. F. ab-schließend aufgeführt; einer konkreten Festlegung der Zwecke des Datenumgangs (vgl. § 28 Abs. 1Satz 2 BDSG a. F.) bedarf es also nicht mehr. Erforderlich ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwi-schen dem beabsichtigten Datenumgang und dem jeweiligen Verwendungszweck; die Daten müssenmithin zur Erfüllung des konkreten Vertragszweckes erforderlich sein (vgl. BAG 22.10.1986 AP Nr. 2zu § 23 BDSG Bl. 3 R). Für die Datenerhebung, -nutzung und -verarbeitung zum Zwecke des Be-schäftigungsverhältnisses verdrängt § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a. F. umfassend § 28 Abs. 1 BDSG a. F.(BT-Drucks. 16/13657, S. 35; ebenso Erfurth NJOZ 2009, 2914 [2922]; Franzen/ErfK § 28 BDSGRn. 2, § 32 BDSG Rn. 3; ders. RdA 2010, 257 [260]; Seifert/Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 32Rn. 17; a. M. Joussen JbArbR 2010, 69 [85]; Thüsing NZA 2009, 865 [869]: nur § 28 Abs. 1 Satz 1Nr. 1 BDSG wird verdrängt) bzw. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DS-GVO. Die übrigen ein-schlägigen allgemeinen und bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften, die eine Datenverarbei-tung erlauben oder anordnen, bleiben unberührt (BT-Drucks. 16/13657, S. 34 f.; vgl. auch Gola/KlugNJW 2009, 2577 [2580]). Dies gilt insbesondere für den Erlaubnistatbestand der Einwilligung (s.Rdn. 56 ff.). Für andere außerhalb des Beschäftigungsverhältnisses liegende Zwecke kann auf die Er-laubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DS-GVO bzw. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG a. F.zurückgegriffen werden (vgl. Gola/Klug NJW 2009, 2577 [2580]). In Betracht kommt hier insbeson-dere Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. f DS-GVO bzw. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG a. F. Danach ist dieDatenverarbeitung zulässig, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle(vgl. Rdn. 50) erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Aus-schluss der Verarbeitung nicht überwiegt. Diese Vorschrift kann beispielsweise bei einer Datenüber-mittlung im Rahmen einer »Due-Diligence« Bedeutung erlangen (vgl. Deutsch/Diller DB 2009,1462 [1465]). Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigtennach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG a. F. (entspricht § 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG n. F.) nur dann verarbeitetwerden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Be-troffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nut-zung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Aus-schluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß imHinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind (näher dazu Deutsch/Diller DB 2009, 1462[1463 ff.]; Erfurth NJOZ 2009, 2914 [2920]; Thüsing NZA 2009, 865 [868 f.]; Vogel/Glas DB 2009,1747 ff.). Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten und Rechtsverstößen im Zusammenhangmit dem Arbeitsverhältnis beurteilen sich allerdings nicht nach dieser Vorschrift, sondern nach § 32Abs. 1 Satz 1 BDSG a. F. (vgl. BT-Drucks. 16/13657, S. 35).

Die Daten werden grundsätzlich beim Betroffenen, also beim Arbeitnehmer selbst erhoben. Daskann z. B. durch mündliche Befragung beim Einstellungsgespräch bzw. während des Arbeitsverhält-nisses, schriftlich mittels Einstellungs- bzw. Personalfragebogen, durch Untersuchungen, Tests odermittels technischer Einrichtungen geschehen (vgl. auch Franzen EAS B 5300 Rn. 43). Für personen-bezogene Daten über rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse und philoso-phische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben, also besondereDaten i. S. d. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO, gilt Folgendes: Soweit der Betroffene nicht nach Maßgabe vonArt. 9 Abs. 2 Buchst. a DS-GVO in die Datenverarbeitung eingewilligt hat, kann die Datenerhebungauf Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO bzw. § 26 Abs. 3 BDSG n. F. gestützt werden. Diese ist danachzulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Ar-beitsrecht erforderlich ist und die berechtigten Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Ver-arbeitung nicht überwiegen(vgl. zur früheren Rechtslage Franzen RDV 2003, 1 [2 ff.]). Außerdemkommt der Ausnahmetatbestand des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e DS-GVO in Betracht, welcher den Um-gang mit sensiblen Daten dann erlaubt, wenn dies zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigungrechtlicher Ansprüche erforderlich ist (zur Zulässigkeit der Datenerhebung für das BEM i. S. d. § 84SGB IX BAG 07.02.2012 AP Nr. 4 zu § 84 SGB IX; a.M. Gundermann/Oberberg AuR 2007, 19 [22];zur Zulässigkeit der Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft bzw. Gleichstellung zur Vorberei-tung einer Kündigung bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 85 SGB IX BAG 16.02.2012 EzA § 3AGG Nr. 7 = AP Nr. 9 zu § 85 SGB IX = RdA 2013, 47 ff. [zust. Giesen] = NJW 2012, 2058 ff. [krit.Kock]). Denkbar ist ferner Art. 9 Abs. 2 Buchst. e DS-GVO, wenn die betroffene Person die personen-

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Einsicht in die Personalakten § 83

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bezogene Daten erkennbar öffentlich gemacht hat, etwa im Internet. In Bezug auf Straftaten des Ar-beitnehmers ist zu beachten, dass Daten hierüber nur erhoben werden dürfen, wenn sie von Relevanzfür die angestrebte oder ausgeübte Tätigkeit sind und die Tilgungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl.§ 51 BZRG). Zur Datenerhebung bei ehemaligen Arbeitgebern vgl. Wedde AiB 2003, 285 [286]; ders.AiB 2003, 727 [730 f.].

Zur Zulässigkeit der Speicherung von Personaldaten über Geschlecht, Familienstand, Ausbildung,Sprachkenntnisse und beruflichen Werdegang vgl. BAG 22.10.1986 AP Nr. 2 zu § 23 BDSG Bl. 4 ff.,zu Krankheits- und Fehldaten BAG 11.03.1986 AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung Bl. 6,zu Telefondaten BAG 27.05.1986 AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung Bl. 4 R ff.;13.01.1987 AP Nr. 3 zu § 23 BDSG Bl. 2 R ff. Zulässig ist auch die Erhebung und Speicherungvon Daten, die eine Kündigung rechtfertigen bzw. bei der sozialen Auswahl zu berücksichtigensind (vgl. Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 263 ff. und 400; Gola/Schomerus Bundesdatenschutz-gesetz, § 32 Rn. 9 m. w. N.). Dagegen ist die Erhebung oder Speicherung von Daten, die aus einerSCHUFA-Selbstauskunft des Arbeitnehmers erlangt werden, in aller Regel unzulässig, da die Kre-ditwürdigkeit des Arbeitnehmers nur einen mittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweist (vgl.Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 220c). Ein schutzwürdiges Interesse an einer solchen Auskunfthat der Arbeitgeber nur, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses Vermögens-interessen von erheblicher Bedeutung für den Arbeitgeber zu wahren hat (z. B. als Prokurist oder sons-tiger leitender Angestellter mit erheblichen Verfügungsbefugnissen).

Personalakten unterliegen der dauernden Ergänzung. Für diese gelten zunächst die gleichen Grund-sätze wie bei der erstmaligen Auswahl der in die Personalakten aufzunehmenden, zulässig erhobenenDaten (vgl. Rdn. 62). Entsprechendes gilt für das ergänzende Speichern personenbezogener Daten(vgl. Rdn. 61). Die Veränderung, d. h. das inhaltliche Umgestalten gespeicherter personenbezoge-ner Daten, ist nach Maßgabe des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a. F. bzw. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG n. F.unter den gleichen Voraussetzungen zulässig wie das Speichern (vgl. Rdn. 61). Hiernach ist die daten-mäßige Erfassung ergänzender Personalbeurteilungen unter den oben (Rdn. 17) bezeichneten Voraus-setzungen ebenso unbedenklich wie die Berücksichtigung einer Veränderung der Steuerklasse, einerNamensänderung, Gehaltsänderung oder dgl. Die Auswertung von Daten zu einem anderen als demursprünglich geplanten Zweck und die Kontextveränderung müssen erforderlich und dürfen nicht un-angemessen sein (vgl. Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 36 f.). Zur Berichtigung oder zum LöschenvonDaten vgl. Rdn. 71 ff.

Die Datenschutz-Grundverordnung unterscheidet nicht mehr zwischen den einzelnen Phasen der Da-tenverarbeitung – wie etwa Erheben, Speichern etc. (vgl. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO und Rdn. 46). Dahergelten für das Übermitteln personenbezogener Daten, d. h. das Bekanntgeben gespeicherter oderdurch Datenverarbeitung gewonnener personenbezogener Daten an einen Dritten in der Weise, dassdie Daten an den Dritten weitergegeben werden oder der Dritte zur Einsicht oder zum Abruf bereit-gehaltene Daten einsieht oder abruft, sowie das Nutzen personenbezogener Daten, d. h. jede Ver-wendung personenbezogener Daten, im Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes bzw.der Datenschutz-Grundverordnung die vorstehend entwickelten Grundsätze. Übermitteln und Nut-zen sind danach unter den gleichen Voraussetzungen wie das Erheben, Speichern und Verändern zu-lässig (§ 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a. F., § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG n. F.), aber auch zur Wahrung berech-tigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1Buchst. f DS-GVO erforderlich. Bereits aufgrund seiner Treue-(Fürsorge-)Pflicht hat der Arbeitgebersicherzustellen, dass Unbefugte in die Personalunterlagen des Arbeitnehmers keinen Einblick nehmenkönnen oder in anderer Weise von deren Inhalt Kenntnis erhalten (vgl. Rdn. 18).

Die Veröffentlichung der Beförderung oder des Geburtstages von Arbeitnehmern in einer Werkszei-tung oder in einem betriebs- oder unternehmensinternen Netzwerk (sog. Intranet) kann imGrundsatz nicht auf die Zweckbestimmung des Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSGa. F. bzw. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG n. F. gestützt werden (vgl. Wohlgemuth Datenschutz, Rn. 311; we-gen § 41 BDSG a. F. differenzierend Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 968 ff.[Werkszeitung] und Rn. 985 ff. [Intranet]; vgl. auch Gola/Schomerus Bundesdatenschutzgesetz, § 4aRn. 41, § 32 Rn. 31 f.). Da für eine Ausnahme ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers erforder-lich ist (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DS-GVO), kann nicht darauf verwiesen werden, dass ein

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schutzwürdiges Interesse des Arbeitnehmers am Unterlassen der Veröffentlichung nicht ersichtlich sei.Ein Interesse des Arbeitgebers an der Veröffentlichung einer Beförderung in der Werkszeitung kannallenfalls dann anzuerkennen sein, wenn der berufliche Aufstieg des betroffenen Arbeitnehmers vonRelevanz für die anderen Arbeitnehmer des Betriebs oder Unternehmens als Empfänger der Werkszei-tung ist (z. B. Beförderung zum Personalreferenten oder sonstigen leitenden Angestellten). Für die Ver-öffentlichung des Geburtstages eines Arbeitnehmers dürfte stets dessen vorherige Einwilligung (vgl.Rdn. 56 ff.) erforderlich sein. Das Gleiche gilt für eine Vorstellung des Arbeitnehmers mit Bild (a.M.Tinnefeld MMR 2001, 797 [800]). Im Internet ist die Veröffentlichung von Mitarbeiterdaten – auchnur des Namens oder der Telefonnummer (vgl. EuGH 06.11.2003 JZ 2004, 242 [243] [Fechner] =MMR 2004, 95 [96] [Roßnagel]; Dammann RDV 2004, 19) oder eines Bildes (vgl. Tinnefeld MMR2001, 797 [800]) – ohne ausdrückliche Einwilligung nur zulässig, wenn und soweit gesetzliche Publi-kationspflichten bestehen oder dies zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten erforderlich ist(ebenso Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 985). Gegenüber einer Veröffent-lichung in Werkszeitung oder Intranet sind hier strengere Anforderungen zu stellen, da die Datendurch jedermann abrufbar sind (vgl. Gola/Pötters/Wronka Arbeitnehmerdatenschutz, Rn. 1002). Un-bedenklich zulässig ist dagegen das Übermitteln von Sozialdaten an das Arbeitsgericht im Kündigungs-schutzverfahren (vgl. Wohlgemuth Datenschutz, Rn. 314), dagegen nicht an konzernangehörige Un-ternehmen (vgl. Däubler AiB 1997, 259 [260 f.]; Wohlgemuth Datenschutz, Rn. 315 m. w. N.).

Zulässigkeit und Grenzenvon Auskünften des Arbeitgebers über Arbeitnehmer richten sich gleichfallsnach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen (vgl. hierzu Hueck/Nipperdey I, S. 470 ff.; a.M.Kilian RdA 1978, 201 [208]). Diese sind im Rahmen der Zweckbestimmung des Arbeitsverhältnissesi. S. d. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG a. F. bzw. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG n. F. zu berücksichtigen. Das giltauch für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, selbst wenn nach der hier vertretenen An-sicht (vgl. Rdn. 27) dann nur noch Rücksichtspflichten i. S. d. § 241 Abs. 2 BGB bestehen. Das ändertjedoch nichts daran, dass Inhalt und Umfang der Auskunft über Arbeitnehmer unter Berücksichtigungspezifisch arbeitsrechtlicher Grundsätze entschieden werden können und zu entscheiden sind.

5. § 83 und einzelne Arbeitnehmerrechte nach datenschutzrechtlichen Rechtsvorschriften

Nach § 1 Abs. 2 BDSG n. F. gehen andere Rechtsvorschriften des Bundes über den Daten-schutz den Vorschriften des BDSG vor. Dies entspricht der bisherigen Regelung des § 1 Abs. 3Satz 1 BDSG a. F., der allerdings abweichend formuliert war. Zu den vorgehenden Vorschrifteni. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG a. F. gehörte ebenso § 83 BetrVG. Man wird davon ausgehen kön-nen, dass der Gesetzgeber des Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetzes EU aus dem Jahr2017 diese Rechtslage nicht ändern wollte. Für die Reichweite des Vorrangs des § 83 BetrVG vorden Bestimmungen des BDSG war bislang maßgebend die tatbestandliche Übereinstimmung, ohnedass die Rechtsfolgen gleich zu sein brauchten. Die Begründung des Datenschutz-Anpassungs- und–Umsetzungsgesetzes EU aus dem Jahr 2017 bestätigt dies und spricht insoweit treffend von »Tat-bestandskongruenz« (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BR-Drucks.110/17, S. 77). Jedoch muss die bereichsspezifische Vorschrift das Recht auf informationelle Selbst-bestimmung verfassungskonform beschränken (vgl. Dix/Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 1Rn. 171 f.; vgl. auch Franzen EAS B 5300 Rn. 28). Eine besondere Rechtsvorschrift des Bundesgeht auch nur so weit vor, wie sie eine bestimmte Frage selbst zum Gegenstand hat (vgl. FranzenEAS B 5300 Rn. 100). Es ist also für jeden einzelnen Regelungsgegenstand zu untersuchen, wieweit die betriebsverfassungsrechtliche Regelung dem Bundesdatenschutzgesetz vorgeht. Damitgeht § 83 nur in seinem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich dem Bundesdatenschutz-gesetz vor; im Übrigen gilt dieses, soweit es auf nicht-öffentliche Stellen (vgl. § 2 Abs. 4 BDSG) an-wendbar ist. Entsprechendes gilt für die Regelungen des § 26 Abs. 2 SprAuG. Die vorstehend skiz-zierte Problematik wird nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung noch überlagert durchdie Vorschrift des Art. 88 Abs. 1 DS-GVO. Danach können die Mitgliedstaaten spezifischere Vor-schriften zum Beschäftigtendatenschutz einführen oder beibehalten. Zu solchen Vorschriftengehört auch § 83 BetrVG (vgl. Franzen/EUArbR Art. 88 DS-GVO Rn. 31).

Das Einsichtsrecht nach § 83 Abs. 1 Satz 1 ist eine andere Rechtsvorschrift des Bundes i. S. d. § 1Abs. 3 Satz 1 BDSG a. F., § 1 Abs. 2 BDSG n. F. sowie eine »spezifischere Vorschrift« i. S. v. Art. 88

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Einsicht in die Personalakten § 83

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Abs. 1 DS-GVO (vgl. Rdn. 68), verpflichtet den Arbeitgeber jedoch nicht zur Benachrichtigungdes Arbeitnehmers über die erstmalige Speicherung personenbezogener Daten. Deshalb findet § 33BDSG a. F. bzw. Art. 13 DS-GVO Anwendung, so dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vonder ohne seine Kenntnis erfolgten erstmaligen Speicherung, der Art der Daten, der Zweckbestim-mung der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung und der Identität der verantwortlichen Stelle zu be-nachrichtigen hat (vgl. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 36; Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 512 ff.;Fitting § 83 Rn. 34; Kort RdA 1992, 378 [384]; Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 112; Lakies/HaKo § 83Rn. 36; Kaiser/LK § 83 Rn. 5; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 56; a. M. Stege/Weinspach/Schiefer§ 83 Rn. 9). Hinsichtlich der Art der Daten genügt eine summarische Angabe wie »Personaldaten«,so dass nicht bei jeder späteren erstmaligen Speicherung spezieller Daten – z. B. über Krankheiten,sonstige Fehlzeiten, Urlaub usw. – eine neue Benachrichtigung erfolgen muss (vgl. Dörr/SchmidtNeues Bundesdatenschutzgesetz, § 33 Rn. 8; Schaffland/Wiltfang Bundesdatenschutzgesetz, § 33Rn. 6; a. M. Gola/Schomerus Bundesdatenschutzgesetz, § 33 Rn. 21; zur Mitteilung des Verwen-dungszweckes vgl. Däubler CR 1991, 475 [476 f.]). Die Benachrichtigung muss nach Art. 12 Abs. 1DS-GVO schriftlich und unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB) erfolgen(vgl. Dix/Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 33 Rn. 41; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 54). DiePflicht zur Benachrichtigung entfällt allerdings nach Art. 13 Abs. 4 DS-GVO, wenn die be-troffene Person bereits über die Angaben verfügt. Dies wird man annehmen können, wenn der Betrof-fene auf andere Weise Kenntnis von der Speicherung erlangt hat, etwa, wenn auf Fragebögen, die vomStellenbewerber oder Arbeitnehmer auszufüllen sind, bereits ein Hinweis auf die vorgesehene Spei-cherung enthalten ist. Auch kann sich die Kenntniserlangung aus den Umständen ergeben. Dagegenmuss ein Stellenbewerber bzw. Arbeitnehmer bei den dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Datenzwar mit der Aufnahme in die Personalakten, aber nicht stets mit der Speicherung rechnen. Deshalbbedarf es mangels besonderer Anhaltspunkte, aus denen sich die Kenntnis des Stellenbewerbers bzw.Arbeitnehmers ergibt, der Benachrichtigung; sie ist also nicht generell im Arbeitsverhältnis überflüssig(vgl. Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 515; ders. CR 1991, 475 [477]; Schierbaum/Kiesche PersR1994, 52 [56]; Wohlgemuth BB 1992, 281 [284] – anders bei bestehendem Arbeitsverhältnis; a.M. Go-la/Schomerus Bundesdatenschutzgesetz, § 33 Rn. 30; Goldenbohm/Weise CR 1991, 602 [603 f.]; Wäch-ter CR 1992, 558 ff.; vgl. auch Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 51). Zu Benachrichtigungspflichtenbei einer Due Diligence Göpfert/Meyer NZA 2011, 486 [489 f.].

Da das Einsichtsrecht nach § 83 das Recht zur Auskunft über vorhandene Personalunterlagen ein-schließt (vgl. Rdn. 14), ist Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 DS-GVO (entspricht in etwa § 34 Abs. 1Satz 1 Nr. 1 BDSG a. F.) insoweit nicht anwendbar (vgl. zur früheren Rechtslage ArbG Berlin24.09.1987 BB 1988, 70 = CR 1988, 408 [Kort]; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 36; Däubler CR 1991,475 [479]; Dix/Simitis Bundesdatenschutzgesetz, § 1 Rn. 174; Fitting § 83 Rn. 33; Franzen/ErfK § 34BDSG Rn. 2; Garstka ZRP 1978, 237 [239]; Hümmerich DB 1978, 1932 [1933]; Hümmerich/Gola BB1977, 146 [148 f.]; Kilian RdA 1978, 201 [206] – anders ders. JZ 1977, 481 [484 f.]; Kort RdA 1992,378 [384]; Kroll Datenschutz im Arbeitsverhältnis, S. 197; Lakies/HaKo § 83 Rn. 35 f.; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199 [204]; Kaiser/LK § 83 Rn. 5; Müller/Wächter Der Datenschutzbeauftragte,S. 92 f.; Pape Neuregelung des Einsichtsrechts, S. 100 ff.; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 56; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 9; Zöllner Daten- und Informationsschutz im Arbeitsverhältnis, S. 69;a.M. Wedde AiB 2003, 285). Der Arbeitnehmer kann demnach von seinem Arbeitgeber eine Bestä-tigung über die vorhandenen Personalunterlagen gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DS-GVO nicht verlan-gen. Das Einsichtsrecht des § 83 Abs. 1 erschöpft sich jedoch im Wesentlichen in diesem Aspekt. Da-her besteht das in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 DS-GVO und dem dort aufgeführten Katalogbestandnäher erläuterte Auskunftsrecht unabhängig davon. Der Arbeitnehmer kann daher Auskunft verlan-gen über die Verarbeitungszwecke, die Kategorien der zu verarbeitenden personenbezogenen Daten,den Empfänger solcher Daten, die Speicherdauer, das Bestehen von Rechten auf Löschung oder Be-richtigung sowie auf Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde und über die Herkunft der Daten. Aller-dings schließt § 83 Abs. 1 die Vorschrift des Art. 15 Abs. 4 DS-GVO aus; der Verantwortliche mussalso dem Arbeitnehmer keine Kopie der personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden, zur Ver-fügung stellen, denn insoweit besteht nach § 83 Abs. 1 lediglich ein Einsichtsrecht des Arbeitnehmers.Die Kostenfreiheit des Auskunftsrechts ergibt sich bereits aus § 83, so dass es eines Rückgriffs aufArt. 15 Abs. 4 DS-GVO (entspricht § 34 Abs. 8 Satz 1 BDSG a. F.) nicht bedarf. Die datenschutz-

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§ 83 IV. 2. Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers

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rechtlichen Vorschriften sind allerdings insoweit ausgeschlossen, als § 83 das Einsichtsrecht in Per-sonalakten (§ 83 Abs. 1 Satz 1), die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds und seineSchweigepflicht (§ 83 Abs. 1 Satz 2 und 3) sowie Erklärungen des Arbeitnehmers zum Inhaltder Personalakten (§ 83 Abs. 2) zum Gegenstand hat (vgl. Franzen EAS B 5300 Rn. 100 f.; Kania/ErfK§ 83 BetrVG Rn. 13).

Nach Art. 16 DS-GVO (entspricht in etwa § 35 Abs. 1 BDSG a. F.) hat die betroffene Person dasRecht, unrichtige personenbezogene Daten zu berichtigen. Das entspricht allgemeinen arbeits-rechtlichen Grundsätzen (vgl. Rdn. 35 ff.). Dieser Anspruch des Arbeitnehmers kann unabhängigvon § 83 Abs. 2 und neben diesem Anspruch geltend gemacht werden, da er einen weitergehendenInhalt hat (vgl. Bergmann/Möhrle/Herb Datenschutzrecht, § 35 BDSG Rn. 42; Buschmann/DKKW§ 83 Rn. 36; Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 554; ders. CR 1991, 475 [480]; Fitting § 83 Rn. 34;Franzen/ErfK § 35 BDSG Rn. 2; Kort RdA 1992, 378 [384]; Lakies/HaKo § 83 Rn. 36; Kaiser/LK§ 83 Rn. 8; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 58; a. M. Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 10).

§ 35 Abs. 2 Satz 1 BDSG a. F. enthält eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Löschung von Da-ten. Danach können außer in den Fällen des Abs. 3 Nr. 1 und 2, also insbesondere nicht im Falle vongesetzlichen Aufbewahrungspflichten und bei entgegenstehenden Interessen des Arbeitnehmers, per-sonenbezogene Daten jederzeit gelöscht, d. h. unkenntlich gemacht werden. Dieser Regelung geht§ 83 Abs. 2 als andere Rechtsvorschrift i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG a. F. (entspricht § 1 Abs. 2BDSG n. F.) vor. Erklärungen des Arbeitnehmers zum Inhalt der Personalakte dürfen daher vom Ar-beitgeber nicht ohne Einwilligung des Arbeitnehmers gelöscht werden. Etwas anderes hat zu gelten,wenn die gesamten Inhalte, auf die sich eine Gegenerklärung des Arbeitnehmers bezieht, aus der Akteentfernt werden. Dann werden auch die Erklärungen des Arbeitnehmers gegenstandslos und würdennur einen Rückschluss auf die übrigen gelöschten Inhalte ermöglichen. Alternativ zur »physikalischenLöschung« (vgl. zum Begriff Rdn. 73), die das Gesetz voraussetzt, ist mangels Verpflichtung der ver-antwortlichen Stelle zur Löschung auch eine »logische Löschung« (z. B. Löschung der Directory-Einträge oder von Index-Informationen in Datenbanken) ausreichend, die nicht zum völligen undunumkehrbaren Datenverlust führt (vgl. Schaar Datenschutz im Internet, Rn. 211 f.). Allerdings birgteine solche »logische Löschung« bei späterem Eintreten einer Löschungspflicht (vgl. dazu sogleichRdn. 73) die Gefahr, dass eine vollständige »physikalische Löschung« unterbleibt, weshalb sie grund-sätzlich nicht zu empfehlen ist.

Nach Art. 17 Abs. 1 DS-GVO (entspricht § 35 Abs. 2 Satz 2 BDSG a. F.) sind personenbezogeneDaten unter den dort näher genannten Voraussetzungen zu löschen, so bei unzulässiger Datenver-arbeitung (Art. 17 Abs. 1 Buchst. b und d DS-GVO), sobald die Kenntnis der Daten für die Erfüllungdes Zweckes der Speicherung nicht mehr erforderlich ist (Art. 17 Abs. 1 Buchst. a DS-GVO) undwenn die Löschung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist (Art. 17 Abs. 1Buchst. e DS-GVO). In all diesen Fällen, zu denen insbesondere die erfolglose Bewerbung und dieBeendigung des Arbeitsverhältnisses zählen (vgl. Franzen EAS B 5300 Rn. 96; Wedde AiB 2003,727 [734]), besteht kein berechtigtes Interesse an der weiteren Datenverarbeitung. Auch das entsprichtallgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen (zu überholten Abmahnungen oder Betriebsbußen vgl.Rdn. 40). Sofern alle Daten der Löschung unterliegen, auf die sich eine Gegenerklärung des Arbeit-nehmers in der Personalakte bezieht, ist diese Erklärung grundsätzlich ebenfalls zu löschen, da sie sonstRückschlüsse auf die gelöschten Inhalte erlauben würde, die nach dem Sinn und Zweck des Art. 17DS-GVO bzw. § 35 Abs. 2 Satz 2 BDSG a. F. gerade nicht möglich sein dürfen (vgl. auch Rdn. 20).Eine Löschungspflicht des Arbeitgebers besteht nach Art. 17 Abs. 3 DS-GVO nicht, wenn die weitereVerarbeitung der Daten erforderlich ist, um die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (Art. 17Abs. 3 Buchst. b DS-GVO) oder die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechts-ansprüchen (Art. 17 Abs. 3 Buchst. e DS-GVO) zu gewährleisten. Ergänzend schließt § 35 Abs. 1BDSG n. F. eine Löschungspflicht aus, wenn eine Löschung der Daten wegen der besonderen Art ihrerSpeicherung nur mit verhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Angaben zu Straftaten des Ar-beitnehmers unterliegen zwingend der Löschung nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. a bzw. b DS-GVO bzw.§ 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder 3 BDSG a. F., wenn die zentralregisterrechtliche Tilgungsfrist abgelaufenist (vgl. § 51 Abs. 1 BZRG); etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber Opfer der Straftat war und ernoch durchsetzbare, also insbesondere noch nicht erfüllte oder nicht verjährte Ansprüche gegen den

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Einsicht in die Personalakten § 83

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Arbeitnehmer hat (vgl. § 51 Abs. 2 BZRG). Diese Ausnahme kann man auf Art. 17 Abs. 3 Buchst. eDS-GVO stützen. Technisch erforderlich ist im Falle einer Löschungsverpflichtung die sog. »physika-lische Löschung«, d. h. das vollständige und unwiderrufliche Entfernen der Daten vom Datenträgeroder die Vernichtung des Datenträgers selbst. Denn bei bloß »logischer Löschung« könnten die zwin-gend zu löschenden Daten mittels spezieller Software wieder aufgefunden und verwertbar gemachtwerden (vgl. Schaar Datenschutz im Internet, Rn. 211 f.).

Nach Art. 18 Abs. 1 DS-GVO kann die betroffene Person unter bestimmten Voraussetzungen dieEinschränkung der Verarbeitung verlangen. Diese Regelung ersetzt die früher geltende Bestim-mung über das Sperren gespeicherter personenbezogener Daten (vgl. § 3 Abs. 4 Nr. 4 BDSG a. F.).In Betracht kommt hier insbesondere Art. 18 Abs. 1 Buchst. a DS-GVO. Danach kann die betroffenePerson, welche die Richtigkeit personenbezogener Daten bestreitet, bis zur Klärung des Wahrheits-gehalts die Einschränkung der Datenverarbeitung verlangen. Die Anwendbarkeit dieser Vorschriftbzw. § 35 Abs. 4 BDSG a. F. wird durch § 83 Abs. 2 BetrVG ausgeschlossen, da beide Normenan dieselben tatbestandlichen Anforderungen anknüpfen und zur Folge haben, dass die Nutzungs-fähigkeit des Inhalts der Personalakte eingeschränkt ist (vgl. Fitting § 83 Rn. 35; Franzen/ErfK § 35BDSG Rn. 9; ders. EAS B 5300 Rn. 101; Reichold/MünchArbR § 88 Rn. 67; Stege/Weinspach/Schie-fer § 83 Rn. 10; a.M. Buschmann/DKKW § 83 Rn. 36; Däubler Gläserne Belegschaften?, Rn. 572 f.;Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 128 f.; Preis/WPK § 83 Rn. 17). Geht man abweichend von der hiervertretenen Auffassung davon aus, dass der Anspruch aus Art. 18 Abs. 1 DS-GVO bzw. aus § 35 Abs. 4BDSG a. F. zum Gegendarstellungsanspruch aus § 83 Abs. 2 in echter Anspruchskonkurrenz steht,dann ist es konsequent, dass der Arbeitnehmer je nach seiner Interessenlage und Einschätzung im Ein-zelfall zwischen den Ansprüchen wählen kann (vgl. Kufer AR-Blattei SD 580, Rn. 132 ff.).

Ein verschuldensunabhängiger negatorischer Anspruch auf Beseitigung einer drohenden oder fort-wirkenden Beeinträchtigung für den Arbeitnehmer ergibt sich im Anwendungsbereich datenschutz-rechtlicher Vorschriften ausschließlich aus den Vorschriften über die Berichtigung, Löschung und Ein-schränkung der Verarbeitung in den Art. 16 bis 18 DS-GVO bzw. § 35 BDSG a. F., die gegenübereinem Anspruch aus der entsprechenden Anwendung der §§ 12, 862, 1004 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1,Art. 2 Abs. 1 GG eine positivierte und wesentlich ausdifferenziertere Regelung enthalten (vgl. FranzenEAS B 5300 Rn. 105 f.). Dagegen bildet die Rechtsprechung (vgl. BAG 27.11.1985 AP Nr. 93 zu§ 611 BGB Fürsorgepflicht; 15.01.1986 AP Nr. 96 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; 08.05.2001 EzA§ 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 60; vgl. auch Deiseroth AuR 2001, 161 [164]) eine Analogie zu den§§ 12, 862, 1004 BGB ohne Rücksicht darauf, dass aufgrund der positiv-rechtlichen Regelung in§ 35 BDSG a. F. bzw. nun in Art. 16 bis 18 DS-GVO schon keine Regelungslücke besteht. Insbeson-dere verbietet es sich, einer »gewohnheitsrechtlichen« entsprechenden Anwendung der §§ 12, 862,1004 BGB unter Berufung auf § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG a. F. bzw. § 1 Abs. 2 BDSG n. F. den Vorrangeinzuräumen.

Auf Arbeitnehmer, für die § 83 BetrVG oder § 26 Abs. 2 SprAuG nicht gelten, finden die daten-schutzrechtlichen Regelungen der DS-GVO bzw. ergänzend des BDSG uneingeschränkt Anwen-dung. Zu diesen Personen zählen zum einen gem. § 130 BetrVG die im öffentlichen Dienst Beschäf-tigten, zum anderen nach der hier vertretenen Auffassung Arbeitnehmer in Betrieben, in denen keinBetriebsrat gebildet werden kann (vgl. vor § 81 Rdn. 21). Zwar sind für diese Arbeitnehmer aus derRegelung des § 83 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 entsprechende Ansprüche auf der Grundlage der allgemeinenRücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) des Arbeitgebers abzuleiten (vgl. i. E. vor § 81 Rdn. 12).Jedoch kann in dieser allgemeinen Rücksichtnahmepflicht keine bereichsspezifische Regelung i. S. d.§ 1 Abs. 3 BDSG a. F. bzw. § 1 Abs. 2 BDSG n. F. (vgl. Rdn. 68) gesehen werden (für § 241 Abs. 2BGB ausdrücklich offengelassen von BAG 16.11.2010 EzA § 241 BGB 2002 Nr. 2 = AP Nr. 4 zu§ 611 BGB Personalakte Rn. 22).

V. Streitigkeiten

Bei Verletzung der dem Arbeitgeber nach § 83 obliegenden Pflichten stehen dem Arbeitnehmer dievor § 81 Rdn. 33 ff. genannten Rechte zu, über die im Urteilsverfahren entschieden wird (vgl.

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§ 83 IV. 2. Mitwirkungs- und Beschwerderecht des Arbeitnehmers

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vor § 81 Rdn. 41; LAG Frankfurt a. M. 15.12.1976 AuR 1977, 378; ArbG Berlin 06.11.1974 BB 1975,139; Buschmann/DKKW § 83 Rn. 38; Fitting § 83 Rn. 42; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 68 f.; Lakies/HaKo § 83 Rn. 37; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 43; Stege/Weinspach/Schiefer § 83 Rn. 25). Gleiches giltfür sonstige Streitigkeiten, die sich aus Verpflichtungen des Arbeitgebers hinsichtlich der Führung vonPersonalakten oder der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Bundesdatenschutzgesetz ergeben.Zum Streitwert einer Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte vgl. LAG Köln19.12.1985 BB 1986, 600; LAG Rheinland-Pfalz 02.07.1982 BB 1982, 1799.

Dagegen handelt es sich bei Streitigkeiten über die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds um einebetriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit (vgl. Konzen Leistungspflichten, S. 38, 70 und 71), überdie im Beschlussverfahren zu entscheiden ist (vgl. § 2a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, §§ 80 ff. ArbGG;vgl. auch vor § 81 Rdn. 32, § 81 Rdn. 26, § 82 Rdn. 25 und § 84 Rdn. 37; a. M. Buschmann/DKKW§ 83 Rn. 39; Fitting § 83 Rn. 42; Lakies/HaKo § 83 Rn. 37; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 43; Rose/HWGNRH § 83 Rn. 70). Dagegen haben weder der Betriebsrat noch das einzelne Betriebsratsmit-glied einen gegen den Arbeitgeber durchsetzbaren Anspruch auf Hinzuziehung (vgl. § 82 Rdn. 25;Fitting § 83 Rn. 43; Richardi/Thüsing § 83 Rn. 43 i. V. m. § 82 Rn. 21). Zur Beiziehung von Persona-lakten im Prozess vgl. BAG 13.02.1974 AP Nr. 4 zu § 70 BAT Bl. 6.

§ 84Beschwerderecht

(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu be-schweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachtei-ligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mit-glied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

(2) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu be-scheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.

(3) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile ent-stehen.

LiteraturBieler/Hage/Heilmann Neue Wege bei der Streitschlichtung im Betrieb – Handlungsmöglichkeiten des Betriebsratszwischen formeller und informeller Konflikthandhabung, AiB 1998, 677; Breisig Innerbetriebliche Konfliktregu-lierung durch Beschwerden aus der Belegschaft, WSI-Mitteilungen 1996, 576; Buschmann Die betriebsverfassungs-rechtliche Beschwerde, FS Däubler, 1999, S. 311; Denck Arbeitsschutz und Anzeigerecht des Arbeitnehmers, DB1980, 2132 (2134 ff.); Gach/Julis Beschwerdestelle und -verfahren nach § 13 AGG, BB 2007, 773; Hage Betrieb-liche Konflikthandhabung – Bedarf, Ausgestaltung und Perspektiven neuer Modelle, in: Ahrens/Donner/Simon,Arbeit – Umwelt, 2001, S. 123; Hallmen Die Beschwerde des Arbeitnehmers als Instrument innerbetrieblicherKonfliktregelung (Diss. Köln), 1997 (zit.: Beschwerde des Arbeitnehmers); Hanel Das gesetzlich geregelte Be-schwerderecht des Arbeitnehmers, Personal 1983, 200; Hinrichs Das Beschwerde- und Anzeigerecht der Arbeitneh-mer, JArbR Bd. 18 (1980), 1981, S. 35 (46 ff.); Löwisch Die Beschwerderechte des Arbeitnehmers nach den §§ 84und 85 BetrVG 72, DB 1972, 2304; Mache Kündigungsschutz durch § 84 III BetrVG?, AiB 1985, 60; Moll/KlunkerDas Beschwerdeverfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972, RdA 1973, 361; Nebendahl/Lunk Die Zustän-digkeit der Einigungsstelle bei Beschwerden nach § 85 II BetrVG, NZA 1990, 676; Oetker Ausgewählte Problemezum Beschwerderecht des Beschäftigten nach § 13 AGG, NZA 2008, 264; Ohm Das Beschwerderecht gemäߧ§ 84 ff. BetrVG, AiB 2000, 659; Pickshaus Beschwerde im Bereich von Arbeits- und Umweltschutz, AiB 1992,672; Rehhahn Die Behandlung von Sicherheitsbeschwerden nach § 84 BetrVG, AuR 1981, 161; Simitis Die verord-nete Sprachlosigkeit: Das Arbeitsverhältnis als Kommunikationsbarriere, FS Helmut Simon, 1987, S. 329; Uhl/Pol-loczek »Man kann sich ja mal beschweren« – die Beschwerdeverfahren nach den §§ 84, 85 BetrVG, BB 2008, 1730;Walk/Shipton Zu den Beteiligungsrechten des Betriebsrats im Rahmen des AGG, BB 2010, 1917. Vgl. ferner vor§ 81 und zu § 85.

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Beschwerderecht § 84

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