3
1838 450. B. Wietzki: Ueber Biebricher Scharlach. (Eingegangeu am 13. August.) In einer friiheren Mittheiliingl) iiber die als FarbstofFe in den Handel kommenderi Einwirkungeprodukte von Diazoazobenzol auf b-Naphtol behielt ich mir eine ausfuhrliche Reschreibung dieser KBrper lor und erlaube mir jetzt dieselbe nachstehend der Gesellschaft vor- zulegen. Als Typos der rorliegenden Kiirperklasse muss das bereits von Caro und S c hr a u b e 2, dargestellte Phenoltetrazobenzol , das Ein- wirkungsprodukt ron Phenol auf Diazoazobenzol , betrachtet werden. Diesern Kijrper analog stellte ich aus p-Kaphtol und Diazoazo- benzol ein (-Naphtoltetrazobenzol dar, wclches ich, da es die Grund- lage der betreffenden rothen Farbstoffe bildet, zunachst beschreiben will. Dieser Kiirper entsteht leicht, wenn man eine aus Amidoazo- benzol, Salzslure und Nstriurnnitrit bereitete LBsung von Diazoaza- beiizol mit einer alkalischen p-Naphtollosung zusanimenbringt. Die Substanz bildet so ein lebhaft ziegelrothes Pul-ier, ist unlijs- lich in Wasser und Alkalilauge, wenig lijslich in Alkohol, ziemlich leicht loslich in heissem Eisessig. Aus letzterem Losungsmittel kry- stallisirt sie in hubschn , braunen Rlattchen , nelche immer griinen Metallschimmer zeigen. Concentrirte Schwefelslure liist den Kiirper mit dunkelgriiner Farbe , scheidet ihri jedocb auf Wasserzusatz unverindert ab. Beim Erhitzen mit rauchender Schwefelsiiure entstebt eine Sulfosaure, welche sich durch conceutrirte SchwefelsBure blari farbt. Energische Reduk- tionsmittel, wie Zinn und Salzcaure, spalten ihn in hmidonaphtol, I'araphenylendiamin und Anilin. Der Scbmelzpurikt liegt bei 195O C. Die Xnalyse bestiitigte die Formel: C, Hi -.- N z:= N -_- C, H, - N =I: p\' -.- C,, €I7 0. Theorie C,, H, GS4 0 Vcrsu~h C 75.00 pct. 74.70 pCt. H 4.54 - 5.0 - N 15.90 - 16.13 - . Wendet man statt des Amidoazobenzols in obiger Reaktion die Sulfosiuren desselben an, so entstehen die Sulfosauren des /3-Naphtol- tetrazobenzols. Die Monosulfos5ure, aus Arnidoazobenzolrnonosulfo- 1) Diese Berichte XIII, 800. 2) Tageblatt d. 50. Snturforerherversnmmlniibr, 18i7.

Ueber Biebricher Scharlach

Embed Size (px)

Citation preview

1838

450. B. Wietzki: Ueber Biebricher Scharlach. (Eingegangeu am 13. August.)

In einer friiheren Mittheiliingl) iiber die als FarbstofFe in den Handel kommenderi Einwirkungeprodukte von Diazoazobenzol auf b-Naphtol behielt ich mir eine ausfuhrliche Reschreibung dieser KBrper lo r und erlaube mir jetzt dieselbe nachstehend der Gesellschaft vor- zulegen.

Als Typos der rorliegenden Kiirperklasse muss das bereits von C a r o und S c h r a u b e 2, dargestellte Phenoltetrazobenzol , das Ein- wirkungsprodukt ron Phenol auf Diazoazobenzol , betrachtet werden.

Diesern Kijrper analog stellte ich aus p-Kaphtol und Diazoazo- benzol ein (-Naphtoltetrazobenzol dar, wclches ich, da es die Grund- lage der betreffenden rothen Farbstoffe bildet, zunachst beschreiben will.

Dieser Kiirper entsteht leicht, wenn man eine aus Amidoazo- benzol, Salzslure und Nstriurnnitrit bereitete LBsung von Diazoaza- beiizol mit einer alkalischen p-Naphtollosung zusanimenbringt.

Die Substanz bildet so ein lebhaft ziegelrothes Pul-ier, ist unlijs- lich in Wasser und Alkalilauge, wenig lijslich in Alkohol, ziemlich leicht loslich in heissem Eisessig. Aus letzterem Losungsmittel kry- stallisirt sie in hubschn , braunen Rlattchen , ne lche immer griinen Metallschimmer zeigen.

Concentrirte Schwefelslure liist den Kiirper mit dunkelgriiner Farbe , scheidet ihri jedocb auf Wasserzusatz unverindert ab. Beim Erhitzen mit rauchender Schwefelsiiure entstebt eine Sulfosaure, welche sich durch conceutrirte SchwefelsBure blari farbt. Energische Reduk- tionsmittel, wie Zinn und Salzcaure, spalten ihn in hmidonaphtol, I'araphenylendiamin und Anilin.

Der Scbmelzpurikt liegt bei 195O C.

Die Xnalyse bestiitigte d ie Formel: C , H i -.- N z:= N -_- C, H, - N =I: p\' -.- C,, €I7 0.

Theorie C , , H, GS4 0 V c r s u ~ h

C 75.00 pc t . 74.70 pCt. H 4.54 - 5.0 - N 15.90 - 16.13 - .

Wendet man statt des Amidoazobenzols in obiger Reaktion die Sulfosiuren desselben an, so entstehen die Sulfosauren des /3-Naphtol- tetrazobenzols. Die Monosulfos5ure, aus Arnidoazobenzolrnonosulfo-

1 ) Diese Berichte XIII, 800. 2 ) Tageblatt d. 5 0 . Snturforerherversnmmlniibr, 1 8 i 7 .

1839

s a m e dargestellt, bildet mit Alkalien Salze, welche sich wenig in kaltem, ziemlich leicht in siedendem Wasser losen und sich daraus beim Erkalten ale brauner, flockiger Niederschlag abscheiden. Das Natronsalz liess sich aus verdiinntem Alkohol in hiibschen, rothen Krystallnadeln erhalten , welche beim Trocknen Krystallwasser ver- lieren. Die Analyse des bei 130 O getrockneten Salzes entsprach der Forrnel:

N a S O , C,, H I , N,O.

C 58.15 pCt. 58.41 pCt. Theorie Versuch

H 3.30 - 3.67 - Na 5.02 - 4.67 - S 7.04 - 6.80 - .

Die Disulfosiiure, ans der Amidoazobenzoldisulfosaure dargestellt, unterscheidet sich von der vorstehenden durch vie1 grossere Wasser- loslichkeit. In wenig heissem Wasser zertliesst ihr Natriumsalz zu einem zahen Syrup, welcher erst nach langem Stehen krystallinisch wird. Versetzt man eine verdtinntere, heisse Lijsring vorsichtig rnit Kochsalz, so scheidet sich das Salz beim Erkalten in Gestalt einer aus langen, verfilzten Nadeln bestehenden Gallerte nus.

Fiir die Analyse wurde das Natriumsalz ebenfalls aus verdiinntem Alkohol urnkrystallisirt. Es bildete so haarfeine, hochrothe Nadeln, wekhe beim Trocknen unter Wasserverlust braun werden. Die er- haltene, niedrige Schwefelzabl liess noch auf eine Verunreinigung mit der .schwer zu entfernenden Monosulfoslure schliessen.

Das Salz wurde ebenfalls bei 130° getrocknet. Theorie f. C ,2H, ,S ,0 (K2CO3) , Versuch

C 11.31 pc t . 10.80 p c t .

Beide S a k e bilden Iusserst bestandige Salze, welche durch ver- diinnte Salze nicht zerlegt werden. Starke Salzsaure scheidet bei ge- niigender Concentration der Losungen daraus die Sauren a b , welchc in Loslichkeit and Ansehen den Alkalisnlzen sehr iihnlich sind. Die Kalk- und Baryunisalze sind fast vijllig unlijslich.

Starke Alkalilauge fiirbt die rothen S a k e schmutzig violet, con- centrirte Schwefelsiiure schon dunkelgriin.

Die Natriumsalze der Mono- und Disulfossure bilderi die Bestand- theile des B i e b r i c h e r S c h a r l a c h s . Beide sind ausgezeichnete Farb- stoffe, sie farben Wolle und Seide in Gegerlwart von snuren Beieen in schon cochenillerother Nuance und iibertreffen alle bisher bekannten rothen Azofarbstoffe a n Farbkraft.

121*

1840

Hohere Sulfosauren als die Disulfosaure sind in dem Handels- produkt nicht enthalten. Die Trisulfoshure des Amidoazobenzols kann unter den bei der Pabrikation eingebaltenen Bedingungen hochsteos spurenweise entstehen.

Der daraus cntatehende, rothe Farbstoff wikde aber, da e r durch Kochsalz nur selrr schwierig abscheidbar i8t, bei weiteren Reinigungs- processen in der Mutterlauge bleiben. Man sucht schon aus diesem Grunde die Bildung solctjer hiihereri Sulfosauren E U vermeiden.

Eine sehr interessante Spaltung zeigeri diese KBrper unter dem Einflusse gelinder Oxydationsmittel. Behandelt man die alkalischen Losungen obiger Sulfosauren rnit Zinkstaub oder Natriumamalgam, so spaltet sich niir Amidonaphtol ab, wiitirend die Amidoazobenzolsulfo- saure zuruckgebildet wird. Es gestattet diese Reaktion die Korper ihrer Herkurift nach sofort zu erkennen.

Ea liegt auf der Hand, dass nian durch Einwirkung der Sulfo- sauren des Naphtols a u f Dianoazobeiizol und dessen Sulfosauren noch eine erhebliche Anzahl voii Farbstotren combiniren kann.

Dieselben lassen sich durch eine sehr intcressante Parbeiireaktion ihrer Constitution nach leicht untersclieiden.

Farbstoffe, welche uur in den Henzolkernen sulfonirt sind, farben sich ebenso wie der schwefelfteie Azokijrper durch coiicentrirte Schwefel- saure schon dunkelgruu.

KBrper, welche die Sulfogruppe nur im Naphtol enthalten, werden durch diestls Reagens violet und solche, welche sic im Naphtol und gleichzeitig im Benzolrest enthalten, rein blau gefiirbt.

Rehandelt man das Tetrazoberizol-B-Ilaphtol bei 60- 100 O mit rauchender oder bei hoherer Temperatur rnit gewohnlicher Schwefel- saure, so scheinen die Sulfogruppen iu beide Revte eineugreifen. I m ersteren Falle entsteht direkt eine blaue Losuog, bei Anwendung von englischer Schwefelsaure dagegeri liiet sich der Azoltorper unverandert mit gruner Farbe, welche erst bei liingerem Erhitzen auf 100-120° unter Hildung der Sulfosaure in ein reines Blau umschlagt.

B i e b r i c h a./Rh., August 1880.