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Magazin IN DIESER AUSGABE Titelgeschichte Alte Spiele neu entdeckt Aus dem Kinderdorf 80 moldawische Kinder zu Gast Tansania Gewaltfreier Unterricht für alle 05/2012 der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi

Magazin Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, 2012/05

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Disziplin ist wichtig. Bei bis zu 100 Kindern im Klassenzimmer kein Wunder. Nyanda unterrichtet seit 20 Jahren. Immer wieder war sie unzufrieden und überfordert. Deshalb schien ihr körperliche Gewalt der einzige Weg, Ordnung und Ruhe in den Unterricht zu bringen. Eine andere Erziehungsmassnahme kannte sie nicht. So geht es vielen Lehrpersonen in Tansania. Sie fühlen sich oft alleine, hilflos und bekommen wenig Unterstützung.

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Page 1: Magazin Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, 2012/05

Magazin

I n d I e s e r A u s g A b e

Titelgeschichte Alte Spiele neu entdecktAus dem Kinderdorf 80 moldawische Kinder zu GastTansaniaGewaltfreier Unterricht für alle 05/2012

M A g A z I n 0 5 / 2 0 1 2

K u r z g e M e l d e t

www.pestalozzi.ch

Veranstaltungen im Besucherzentrum

Öffentliche Führungen

Jeweils am 1. Sonntag im Monat,14.00 – 15.00 UhrNächste Daten: 7. Oktober, 4. November, 2. Dezember 2012

Familiensonntag

«Entdeckungsreise nach Südostasien»Wie leben Kinder in Südostasien? Geschichten, Spannendes und Familien­führungen durch die Ausstellung des Kinder­dorfes für Kinder ab 5 Jahren. Cafeteria mit kleinem Snackangebot und Kinderspielecke. 28. Oktober 2012, 10.00 – 17.00 Uhr

Veranstaltungen im Kinderdorf

Diplomfeier des interkulturellen

Ausbildungsprogramms emPower

Öffentliche Diplomübergabe mit Laudationes an die Studierenden des Leadership­ Programms emPower6. Dezember 2012, ab 17.00 Uhr

Weitere Informationen

Telefon 071 343 73 12 [email protected]/besucherzentrum

Eintrittspreise

Eintritt Erwachsene Fr. 8.–AHV / Studierende / Lernende Fr. 6.–Kinder ab 8 Jahren Fr. 3.– Familien Fr. 20.–Mit Museumspass / Raiffeisenkarte gratis

A u s d e r w e I t e n w e lt | tA n s A n I A

Herausgeberin: Stiftung Kinderdorf Pestalozzi Kinderdorfstrasse 20, 9043 Trogen Tel. 071 343 73 29, [email protected]

Redaktion: Djulijana ZekicBildnachweis: Marcel Giger, Tobias Siebrecht, gdi.ch,

swisscor, Archiv Stiftung Kinderdorf Pestalozzi

Gestaltung: Agentur am Flughafen, AltenrheinSatz: heussercrea ag, St.GallenDruck: Hautle Druck AG, St.GallenAusgabe: 05/2012Erscheint: sechsmal jährlichAuflage: 175 000 (geht an alle SpenderInnen)Abo-Beitrag Fr. 5.– (wird mit der Spende verrechnet)

Werden Sie Fan vom Kinderdorf Pestalozzi

Schauen Sie doch einmal auf unsere Facebook­Seite oder hören Sie zu, was wir so zwitschern: Wir haben unsere Präsenz auf den sozialen Netz­werken verstärkt. Ein herzliches Dankeschön allen, die bereits Fan oder Follower unserer Netz­werke sind, für die zahlreichen «Gefällt mir», die Fragen, die Kommentare – das macht echt

Freude. Jetzt Fan vom Kinderdorf Pestalozzi wer­den: http://www.facebook.com/skpschweiz

In Tansania leben die Menschen in Frieden. Das Land hat eine demokratische Regierung und ist politisch stabil. Doch wo keine Touristenströme durchziehen, prägt tiefe Armut die Gesellschaft.

Die ländlichen Gegenden sind nicht erschlossen, wenig Strassen, kaum Infrastruk­tur, oft kein Wasser, wenige Schulen. Tansania gehört noch heute zu den am wenig sten entwickelten Län­dern der Welt. In den Schulen ist körperliche Gewalt nicht verboten. 85 Prozent der Eltern billigen Körperstrafen in Schulen und Zuhause. Eine andere grosse Herausforderung ist die Kinderarbeit. Sie entzieht sich

der Strafverfolgung, weil sie im Geheimen statt­findet und verarmte Familien schweigend zu­stimmen, wenn ihre Kinder die Schule aufgeben, um zu arbeiten. Auf allen Stufen fehlt eine qualitativ gute Schul­bildung und die für die Entwicklung der Kinder so wichtige Spielumgebung der Schule ist quasi inexistent. Viele Kinder und Jugendliche gehen wegen der grossen Armut in die grösseren Städte, um Arbeit zu suchen. Mindestens 60%

der Kinder unter 15 Jahren arbeiten neben dem Schulunterricht regelmässig.

Obwohl in der Zwischenzeit zusätzliche Schulen gebaut wurden und der Besuch

der Primarschule kostenlos ist, fehlt es an Lehrkräften und Geld für

Schulmaterial und Bücher. Da­mit die Klassengrössen

nicht 40 Schüler­Innen übersteigen, würden zusätzlich

56 000 Lehrinnen und Lehrer benötigt. Heute

Gewaltfreier Unterricht für eine gute Schulbildung

Disziplin ist wichtig. Bei bis zu 100 Kindern im Klassenzimmer kein Wunder. Nyanda unterrichtet seit 20 Jahren. Immer wieder war sie unzufrieden und überfordert. Deshalb schien ihr körperliche Gewalt der einzige Weg, Ordnung und Ruhe in den Unterricht zu bringen. Eine andere Erziehungsmassnahme kannte sie nicht. So geht es vielen Lehrpersonen in Tansania. Sie fühlen sich oft alleine, hilflos und bekommen wenig Unterstützung. Dr. med. Carmen Meyer, Programmverantwortliche Ostafrika

«Gewalt an Schulen kann viele Formen haben.»

«Kinder haben das Recht auf eine gewaltfreie Schule.»

Fakten und Zahlenteilnehmende Kinder/Jugendliche: 45’390teilnehmende lehrpersonen: 560Investitionen pro Jahr: CHF 91’014Partnerorganisation:Mwanza women development Association (MwdA)

unterrichtet eine Lehrperson bis zu 100 Schü­lerInnen in einer Klasse.Im Distrikt Kwimba mit 155 Primarschulen be­stehen bereits 136 Vorschulklassen. Von den dort tätigen Lehrpersonen sind nur 17 für den Unterricht mit kleinen Kindern qualifiziert. Zudem fehlt den Lehrkräften die Kenntnis im Umgang mit kleinen Kindern. Deshalb wird vor allem in diesen Vorschulklassen körperliche Gewalt als Disziplinarmassnahme ergriffen. Die Strafen rei­chen dabei von Ohrfeigen bis zu schwersten Verletzungen, deren Folgen bleibende Schäden hinterlassen können.

Die Partnerorganisation MWDA der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und die Schulbehörden des Distrikts Kwimba arbeiten eng mit allen Akteuren und Akteurinnen zusammen, mit den Lehrper sonen, mit Eltern, Schulbehörden auf lokaler und nationaler Ebene. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind der Zugang zu Bildung, Qualität des Unterrichts und die Verbesserung der ge­sellschaftlichen Stellung und wirtschaflichen Unabhängigkeit von Frauen und Mädchen. Mit einer qualifizierten Ausbildung der Lehrper­sonen, Sensibilisierungsarbeit bei Behörden und Eltern sowie der Stärkung der Kinder will MWDA der Gewalt an Kindern vorbeugen und beseitigen.Nach ihrer Weiterbildung weiss Nyanda nun, dass Kinder, die keine Angst vor körperlicher Strafe haben müssen, sich im Schulunterricht wohl fühlen und besser lernen. Sie hat Methoden für einen gewaltfreien und kindgerechten Unter­richt gelernt und setzt diese Tag für Tag ein. Doch sie ist sich bewusst, dass sie erst am An­fang ihrer Arbeit für eine gewaltfreie Erziehung steht.

Unser Länderprogramm in Tansania wird von der Bachschuster Stiftung mitfinanziert

Weitere Projekte in Tansania

die Kinder fühlen sich in einem friedlichen und gewaltfreien unterricht wohl.

Jubiläumsanlass der Internationalen Programme

Am 21. September 2012 feiert die Stiftung Kin­derdorf Pestalozzi mit einem öffentlichen Jubilä­umsanlass die 30 Jahre des Engagements in der Entwicklungszusammenarbeit. Ein «Marktplatz» stellt die Internationalen Programme der Stiftung vor und ermöglicht Begegnungen mit den Län­derverantwortlichen. Die Eröffnungsrede hält Dr. David Bosshart, CEO des Gottlieb Duttweiler Ins­tituts. Der Eintritt ist frei, Veranstaltungssprache ist Englisch. Informationen/Anmeldung: Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, Tel. 071 343 73 73 oder [email protected]

Der Kinder­ und Jugendwettbewerb go4peace kürte zum zweiten Mal die besten Projekte

Die Preisträger des Wettbewerbs go4peace der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi sind die Projekte «sich sälber si» der Primarklasse aus Böckten (Bild) und der «go4peace­Song» des Stimmlokals St.Gallen. Beide setzen sich für ein friedliches Zusammenleben ein. Ausgewählt wurden die PreisträgerInnen durch eine Jury bestehend aus Fachpersonen und Jugendlichen. Ein Blick auf die prämierten Projekte zeigt, dass das friedliche Zusammenleben über alle Sinne angestrebt werden kann: Über das Singen, Musizieren, Kochen, Essen, Diskutieren, Filmen und Malen haben Schulklassen und Jugendgruppen ihre Erwartungen und Wünsche an ein friedvolles Miteinander der Kulturen zum Ausdruck gebracht. Durch kreative Collagen haben Schülerinnen und Schüler auch thematisiert, dass jeder Mensch einzigartig und der Respekt füreinander eine Voraussetzung für friedliches Zusammenleben ist. Mit dem Ansetzen im Kleinen und bei sich selber haben die Schulklassen die Jury überzeugt

der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi

Weitere Veranstaltungen

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M A g A z I n 0 5 / 2 0 1 2

t I t e l g e s C H I C H t e

Liebe Spenderin, lieber Spender Liebe Leserin, lieber Leser

durch mein geöffnetes bürofenster höre ich das lachen und die rufe der Kinder und Jugend­lichen. In tansania habe ich gesehen, wie Kalaha gespielt wird, im grünen Hügelland im norden von laos traf ich Jungen beim Fussballspiel mit einem rattanball und in einem Akha­dorf in nord­ thailand lachten mich Kinder auf ihrer selbst gebauten schaukel an. und wie oft habe ich zu Hause von meinen Kindern gehört: «Papi, chunsch go spiele?»

gespielt wird überall – in allen Kulturen, so unter­schiedlich sie auch sein mögen. spielen gehört zum Menschen, zum leben. doch wieso spielen wir? spiele sind ein gutes lernfeld, um regeln einzuüben, sich selbst kennenzulernen, sich ge­genseitig zu messen. und wie sie vielleicht auch schon beim Monopoly­spiel erfahren haben, wer­den plötzlich Häuser und Hotels geworfen; dann ist Konfliktmittlung angesagt. Auch friedliches zusammenleben lernen wir beim spielen.

es gibt also ganz viele gute gründe, wieso spielen wichtig ist. letztlich ist es doch einfach auch Aus­druck der lebensfreude, des lebendig­seins, des gemeinschaftlichen erlebens – und das zählt im leben.

Ich hoffe, auch sie finden ab und zu Musse zum spielen und ich würde mich freuen, wenn sie wei­terhin die stiftung Kinderdorf Pestalozzi dabei unterstützen für Kinder und Jugendliche in der schweiz und weltweit Chancen zu schaffen – auch zum spielen.

Freundliche grüsse

urs Karl eggerVorsitzender der geschäftsleitung

Spiele im Wandel der ZeitPlayStation, Nintendo DS, und Wii Games beherrschen heutzutage die Kinderzimmer. Viele traditionelle Spiele haben den Sturm der modernen Zivilisationsspiele nicht überdauert. Sie sind in Vergessenheit geraten – leider. Denn die meisten Spiele von früher fördern Fantasie und Kreativität, benötigen nur wenige Hilfsmittel und können fast überall gespielt werden. Djulijana Zekic

Kinder wollen die Welt begreifen und Wissen er­werben. Spielen ist die elementare Form des Lernens. Spielen ermöglicht Kindern, sich und andere besser kennenzulernen. Spielen steht für Spass und Spannung und manchmal auch für die Erkenntnis, dass Sieg und Niederlage, Stär­ken und Schwächen, Selbstsicherheit und Ängste nahe beieinanderliegen.In fast allen Teilen Afrikas kennen Kinder keine Spielsachen – jedenfalls nicht solche, die man bei uns im Spielwarenladen kaufen kann. Das Playmobil­Männchen und der Lego­Baustein sind in den meisten Ländern Afrikas unbekannt.

Trotzdem dient Kindern in Afrika als Spielzeug so vieles: Muscheln, Steine, Pappschachteln, Do­sen, Kronkorken und vieles mehr. Sie stellen mit diesen Materialien ihre Spielsachen selber her.

Wie zum Beispiel ein mit viel Papier eingepackter Stein, der mit einem Faden umwickelt einen Ball zum Werfen und Fangen bildet, oder Autos aus

A u s d e M K I n d e r d o r F P e s tA l o z z I

Die 80 Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren, stammen aus sieben Heimen in Moldawien. Sie leben in Armut, sind Waisen oder wurden von ihren Eltern verlassen. Begleitet wurden die Mäd­chen und Buben von Betreuenden aus ihren Hei­men. Diese 17 Frauen und Männer trafen sich im Mai in Moldawiens Hauptstadt Chisinau zu ei­nem swisscor­Seminar, um sich auf das Camp vorzubereiten. Dabei erhielten sie von einer Dele­gation des Stiftungsrates und einer Mitarbeiterin der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi wichtige und praktische Informationen: Wie spielt sich der All­tag im Camp ab? Was gehört zu ihren Aufga­ben? Und welche Infrastruktur treffen sie im Kin­derdorf in Trogen an?

Behandlungen und Ausflüge Die ersten Tage in der Schweiz waren von medi­zinischen Untersuchen geprägt. Denn jedes Kind, egal ob offensichtlich krank oder angeblich ge­sund, wurde durchgecheckt und seinen Bedürf­nissen entsprechend behandelt. Intensive Abklä­rungen in Moldawien machten es der Stiftung

Dadurch, dass jeder eine eigene Kultur hat, wusste sie nicht, wie sie andere ansprechen soll­te. Oft sagt man etwas in guter Absicht, doch beim Gegenüber kommt es negativ an. Auch müssen viele lernen, nicht immer ja zu sagen, obwohl sie nein meinen. Sara ist gläubige Christin und auch hier in der Schweiz betet sie stets morgens und abends. Sogar eine christliche Kirche mit Englisch spre­chenden Menschen hat sie gefunden. In Tansa­nia geht sie immer einen Tag vor Weihnachten

zu einem bestimmten Baum und erzählt ihm all ihre

Sorgen. Seit dem Tod ihrer Eltern ist sie sich sicher, dass deren Geist in diesem Baum weiterlebt. Aus die­sem Ritual schöpft sie Kraft und Zuversicht

Doch dies hinderte sie nicht daran, in Tansania die reguläre Schule zu besuchen und danach an der Universität Management zu studieren. Da ihre Mutter Staatsangestellte gewesen war, hatte sie das Glück, vom Staat finanziert zu werden.Seit 2010 arbeitet sie für die Partnerorganisation Mwanza Women Development Association (MWDA) der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, die vor allem Frauen und Mädchen in ihren Kompe­tenzen stärkt. Den Müttern bietet sie finanzielle Hilfe und den Mädchen werden Schulgebühren beigesteuert. Ihr Ziel ist, sie so zu stärken, dass sie die gleichen Chancen haben, wie die Jungen und auch die gleichen Möglichkeiten.Sarah ist eine der 14 Studierenden, die am inter­kulturellen Ausbildungsprogramm emPower teil­nimmt. Während neun Monaten lebt sie mit Studierenden aus verschiedenen Ländern zusammen. Sie werden in den Berei­chen Interkulturalität, Entwicklungs­zusammenarbeit und Bildung unterrichtet. Nach der Rück­kehr tragen sie das Wissen in ihr Land zurück.Am Anfang war es für sie schwierig, sich in der Grup­pe zurechtzufinden. Doch nach einigen Lektionen in interkultureller Kommuni ka­tion und den regelmässig stattfindenden Gruppen­sitzungen, lernte sie, wie sie sich am besten in einer Gruppe verhält. «Spielende Kinder sind ein

tägliches Bild bei uns im Kinderdorf – früher und heute.»

diese vier afrikanischen buben verbrachten mit 200 Kindern und Jugendlichen aus 20 ländern einen interkulturellen Austausch im Kinderdorf Pestalozzi in trogen.

sarah hat schon früh gelernt, Verantwortung für sich und andere zu

übernehmen.

«Mein Glaube gibt mir Kraft und Zuversicht»Sarah Christopher Kiteleja ist 28 und stammt aus Mwanza (Tansania). Sie hat einen Bruder (22) und eine Schwester (25). Ihre Mutter starb bei der Geburt ihres Bruders. Ihr Vater erlag kurze Zeit später einer schweren Herz- und Lungenkrankheit und so war sie früh für ihre Geschwister verantwortlich. Djulijana Zekic

Draht, Brettern oder Blechbüchsen.Während bei uns im Kinderdorf Spiele gezielt zur Förderung des friedlichen Zusammenlebens eingesetzt und eingeübt werden, haben Kinder in Tansania wesent lich weniger Spielmöglich keiten. Spielende Kinder sind im Kinderdorf ein tägli­ches Bild – früher und heute. In einer Reihe von Spielekarten entdecken wir «vergessene Spiele» neu. Es handelt sich dabei um Spiele, die die Kinder schon in den ersten Jahren des Kinder­dorfes Pestalozzi gespielt haben und die seither nichts von ihrem Reiz verloren haben.

Vergessene Spiele

Das 13. medizinische swisscor­Camp im Kinderdorf PestalozziVom 26. Juli bis 9. August lebten 80 Mädchen und Buben aus Moldawien in der Schweiz. Die Stiftung swisscor organisierte für sie in Zusammenarbeit mit der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi ein zweiwöchiges medizinisches Camp; die Kinder wurden von einem ehrenamtlichen Ärzte-Team untersucht und wenn nötig behandelt. Auf dem Programm standen aber auch Ausflüge, interkulturelle Kurse und als Höhepunkt der «swisscor-Begegnungstag» am 3. August 2012. Christine Zwygart, Stiftungsrätin swisscor

während zweier wochen lebten 80 Mädchen und buben aus Moldawien im Kinderdorf.

swisscor möglich, bereits vorab nötige Hilfsmittel wie beispielsweise Hörapparate oder auch Pro­thesen zu organisieren. Diese wurden im Camp dann anprobiert und angepasst. Im medizini­schen Team – Ärztinnen, Zahnärzte, Therapeuten – arbeiteten alle ehrenamtlich. Freiwillige Jugend­liche des Schweizerischen Roten Kreuzes veran­stalteten für die Kinder ein Sport­ und Freizeitpro­gramm, Militärmusiker des Rekrutenspiels führten im Camp einen Musik­Workshop durch. Zudem stand eine Schifffahrt auf dem Bodensee und ein Ausflug in den Kinderzoo nach Rapperswil auf dem Programm. Dank den Fachpersonen des Kinderdorfs Pestalozzi profitierten die Mädchen und Buben auch von einem interkulturellen Pro­gramm. Und am 3. August 2012 zeigten die Kin­der am «swisscor­Begegnungstag» ein paar Dar­bietungen aus ihrer Heimat, als Dankeschön für die Gönner und Freunde von swisscor – im Bei­sein von alt Bundesrat Adolf Ogi, der die Stiftung im Jahr 2000 gründete

Weitere Informationen zu swisscor

Interkulturelles Ausbildungsprogramm

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Page 3: Magazin Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, 2012/05

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t I t e l g e s C H I C H t e

Liebe Spenderin, lieber Spender Liebe Leserin, lieber Leser

durch mein geöffnetes bürofenster höre ich das lachen und die rufe der Kinder und Jugend­lichen. In tansania habe ich gesehen, wie Kalaha gespielt wird, im grünen Hügelland im norden von laos traf ich Jungen beim Fussballspiel mit einem rattanball und in einem Akha­dorf in nord­ thailand lachten mich Kinder auf ihrer selbst gebauten schaukel an. und wie oft habe ich zu Hause von meinen Kindern gehört: «Papi, chunsch go spiele?»

gespielt wird überall – in allen Kulturen, so unter­schiedlich sie auch sein mögen. spielen gehört zum Menschen, zum leben. doch wieso spielen wir? spiele sind ein gutes lernfeld, um regeln einzuüben, sich selbst kennenzulernen, sich ge­genseitig zu messen. und wie sie vielleicht auch schon beim Monopoly­spiel erfahren haben, wer­den plötzlich Häuser und Hotels geworfen; dann ist Konfliktmittlung angesagt. Auch friedliches zusammenleben lernen wir beim spielen.

es gibt also ganz viele gute gründe, wieso spielen wichtig ist. letztlich ist es doch einfach auch Aus­druck der lebensfreude, des lebendig­seins, des gemeinschaftlichen erlebens – und das zählt im leben.

Ich hoffe, auch sie finden ab und zu Musse zum spielen und ich würde mich freuen, wenn sie wei­terhin die stiftung Kinderdorf Pestalozzi dabei unterstützen für Kinder und Jugendliche in der schweiz und weltweit Chancen zu schaffen – auch zum spielen.

Freundliche grüsse

urs Karl eggerVorsitzender der geschäftsleitung

Spiele im Wandel der ZeitPlayStation, Nintendo DS, und Wii Games beherrschen heutzutage die Kinderzimmer. Viele traditionelle Spiele haben den Sturm der modernen Zivilisationsspiele nicht überdauert. Sie sind in Vergessenheit geraten – leider. Denn die meisten Spiele von früher fördern Fantasie und Kreativität, benötigen nur wenige Hilfsmittel und können fast überall gespielt werden. Djulijana Zekic

Kinder wollen die Welt begreifen und Wissen er­werben. Spielen ist die elementare Form des Lernens. Spielen ermöglicht Kindern, sich und andere besser kennenzulernen. Spielen steht für Spass und Spannung und manchmal auch für die Erkenntnis, dass Sieg und Niederlage, Stär­ken und Schwächen, Selbstsicherheit und Ängste nahe beieinanderliegen.In fast allen Teilen Afrikas kennen Kinder keine Spielsachen – jedenfalls nicht solche, die man bei uns im Spielwarenladen kaufen kann. Das Playmobil­Männchen und der Lego­Baustein sind in den meisten Ländern Afrikas unbekannt.

Trotzdem dient Kindern in Afrika als Spielzeug so vieles: Muscheln, Steine, Pappschachteln, Do­sen, Kronkorken und vieles mehr. Sie stellen mit diesen Materialien ihre Spielsachen selber her.

Wie zum Beispiel ein mit viel Papier eingepackter Stein, der mit einem Faden umwickelt einen Ball zum Werfen und Fangen bildet, oder Autos aus

A u s d e M K I n d e r d o r F P e s tA l o z z I

Die 80 Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren, stammen aus sieben Heimen in Moldawien. Sie leben in Armut, sind Waisen oder wurden von ihren Eltern verlassen. Begleitet wurden die Mäd­chen und Buben von Betreuenden aus ihren Hei­men. Diese 17 Frauen und Männer trafen sich im Mai in Moldawiens Hauptstadt Chisinau zu ei­nem swisscor­Seminar, um sich auf das Camp vorzubereiten. Dabei erhielten sie von einer Dele­gation des Stiftungsrates und einer Mitarbeiterin der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi wichtige und praktische Informationen: Wie spielt sich der All­tag im Camp ab? Was gehört zu ihren Aufga­ben? Und welche Infrastruktur treffen sie im Kin­derdorf in Trogen an?

Behandlungen und Ausflüge Die ersten Tage in der Schweiz waren von medi­zinischen Untersuchen geprägt. Denn jedes Kind, egal ob offensichtlich krank oder angeblich ge­sund, wurde durchgecheckt und seinen Bedürf­nissen entsprechend behandelt. Intensive Abklä­rungen in Moldawien machten es der Stiftung

Dadurch, dass jeder eine eigene Kultur hat, wusste sie nicht, wie sie andere ansprechen soll­te. Oft sagt man etwas in guter Absicht, doch beim Gegenüber kommt es negativ an. Auch müssen viele lernen, nicht immer ja zu sagen, obwohl sie nein meinen. Sara ist gläubige Christin und auch hier in der Schweiz betet sie stets morgens und abends. Sogar eine christliche Kirche mit Englisch spre­chenden Menschen hat sie gefunden. In Tansa­nia geht sie immer einen Tag vor Weihnachten

zu einem bestimmten Baum und erzählt ihm all ihre

Sorgen. Seit dem Tod ihrer Eltern ist sie sich sicher, dass deren Geist in diesem Baum weiterlebt. Aus die­sem Ritual schöpft sie Kraft und Zuversicht

Doch dies hinderte sie nicht daran, in Tansania die reguläre Schule zu besuchen und danach an der Universität Management zu studieren. Da ihre Mutter Staatsangestellte gewesen war, hatte sie das Glück, vom Staat finanziert zu werden.Seit 2010 arbeitet sie für die Partnerorganisation Mwanza Women Development Association (MWDA) der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, die vor allem Frauen und Mädchen in ihren Kompe­tenzen stärkt. Den Müttern bietet sie finanzielle Hilfe und den Mädchen werden Schulgebühren beigesteuert. Ihr Ziel ist, sie so zu stärken, dass sie die gleichen Chancen haben, wie die Jungen und auch die gleichen Möglichkeiten.Sarah ist eine der 14 Studierenden, die am inter­kulturellen Ausbildungsprogramm emPower teil­nimmt. Während neun Monaten lebt sie mit Studierenden aus verschiedenen Ländern zusammen. Sie werden in den Berei­chen Interkulturalität, Entwicklungs­zusammenarbeit und Bildung unterrichtet. Nach der Rück­kehr tragen sie das Wissen in ihr Land zurück.Am Anfang war es für sie schwierig, sich in der Grup­pe zurechtzufinden. Doch nach einigen Lektionen in interkultureller Kommuni ka­tion und den regelmässig stattfindenden Gruppen­sitzungen, lernte sie, wie sie sich am besten in einer Gruppe verhält. «Spielende Kinder sind ein

tägliches Bild bei uns im Kinderdorf – früher und heute.»

diese vier afrikanischen buben verbrachten mit 200 Kindern und Jugendlichen aus 20 ländern einen interkulturellen Austausch im Kinderdorf Pestalozzi in trogen.

sarah hat schon früh gelernt, Verantwortung für sich und andere zu

übernehmen.

«Mein Glaube gibt mir Kraft und Zuversicht»Sarah Christopher Kiteleja ist 28 und stammt aus Mwanza (Tansania). Sie hat einen Bruder (22) und eine Schwester (25). Ihre Mutter starb bei der Geburt ihres Bruders. Ihr Vater erlag kurze Zeit später einer schweren Herz- und Lungenkrankheit und so war sie früh für ihre Geschwister verantwortlich. Djulijana Zekic

Draht, Brettern oder Blechbüchsen.Während bei uns im Kinderdorf Spiele gezielt zur Förderung des friedlichen Zusammenlebens eingesetzt und eingeübt werden, haben Kinder in Tansania wesent lich weniger Spielmöglich keiten. Spielende Kinder sind im Kinderdorf ein tägli­ches Bild – früher und heute. In einer Reihe von Spielekarten entdecken wir «vergessene Spiele» neu. Es handelt sich dabei um Spiele, die die Kinder schon in den ersten Jahren des Kinder­dorfes Pestalozzi gespielt haben und die seither nichts von ihrem Reiz verloren haben.

Vergessene Spiele

Das 13. medizinische swisscor­Camp im Kinderdorf PestalozziVom 26. Juli bis 9. August lebten 80 Mädchen und Buben aus Moldawien in der Schweiz. Die Stiftung swisscor organisierte für sie in Zusammenarbeit mit der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi ein zweiwöchiges medizinisches Camp; die Kinder wurden von einem ehrenamtlichen Ärzte-Team untersucht und wenn nötig behandelt. Auf dem Programm standen aber auch Ausflüge, interkulturelle Kurse und als Höhepunkt der «swisscor-Begegnungstag» am 3. August 2012. Christine Zwygart, Stiftungsrätin swisscor

während zweier wochen lebten 80 Mädchen und buben aus Moldawien im Kinderdorf.

swisscor möglich, bereits vorab nötige Hilfsmittel wie beispielsweise Hörapparate oder auch Pro­thesen zu organisieren. Diese wurden im Camp dann anprobiert und angepasst. Im medizini­schen Team – Ärztinnen, Zahnärzte, Therapeuten – arbeiteten alle ehrenamtlich. Freiwillige Jugend­liche des Schweizerischen Roten Kreuzes veran­stalteten für die Kinder ein Sport­ und Freizeitpro­gramm, Militärmusiker des Rekrutenspiels führten im Camp einen Musik­Workshop durch. Zudem stand eine Schifffahrt auf dem Bodensee und ein Ausflug in den Kinderzoo nach Rapperswil auf dem Programm. Dank den Fachpersonen des Kinderdorfs Pestalozzi profitierten die Mädchen und Buben auch von einem interkulturellen Pro­gramm. Und am 3. August 2012 zeigten die Kin­der am «swisscor­Begegnungstag» ein paar Dar­bietungen aus ihrer Heimat, als Dankeschön für die Gönner und Freunde von swisscor – im Bei­sein von alt Bundesrat Adolf Ogi, der die Stiftung im Jahr 2000 gründete

Weitere Informationen zu swisscor

Interkulturelles Ausbildungsprogramm

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Veranstaltungen im Besucherzentrum

Öffentliche Führungen

Jeweils am 1. Sonntag im Monat,14.00 – 15.00 UhrNächste Daten: 7. Oktober, 4. November, 2. Dezember 2012

Familiensonntag

«Entdeckungsreise nach Südostasien»Wie leben Kinder in Südostasien? Geschichten, Spannendes und Familien­führungen durch die Ausstellung des Kinder­dorfes für Kinder ab 5 Jahren. Cafeteria mit kleinem Snackangebot und Kinderspielecke. 28. Oktober 2012, 10.00 – 17.00 Uhr

Veranstaltungen im Kinderdorf

Diplomfeier des interkulturellen

Ausbildungsprogramms emPower

Öffentliche Diplomübergabe mit Laudationes an die Studierenden des Leadership­ Programms emPower6. Dezember 2012, ab 17.00 Uhr

Weitere Informationen

Telefon 071 343 73 12 [email protected]/besucherzentrum

Eintrittspreise

Eintritt Erwachsene Fr. 8.–AHV / Studierende / Lernende Fr. 6.–Kinder ab 8 Jahren Fr. 3.– Familien Fr. 20.–Mit Museumspass / Raiffeisenkarte gratis

A u s d e r w e I t e n w e lt | tA n s A n I A

Herausgeberin: Stiftung Kinderdorf Pestalozzi Kinderdorfstrasse 20, 9043 Trogen Tel. 071 343 73 29, [email protected]

Redaktion: Djulijana ZekicBildnachweis: Marcel Giger, Tobias Siebrecht, gdi.ch,

swisscor, Archiv Stiftung Kinderdorf Pestalozzi

Gestaltung: Agentur am Flughafen, AltenrheinSatz: heussercrea ag, St.GallenDruck: Hautle Druck AG, St.GallenAusgabe: 05/2012Erscheint: sechsmal jährlichAuflage: 175 000 (geht an alle SpenderInnen)Abo-Beitrag Fr. 5.– (wird mit der Spende verrechnet)

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Freude. Jetzt Fan vom Kinderdorf Pestalozzi wer­den: http://www.facebook.com/skpschweiz

In Tansania leben die Menschen in Frieden. Das Land hat eine demokratische Regierung und ist politisch stabil. Doch wo keine Touristenströme durchziehen, prägt tiefe Armut die Gesellschaft.

Die ländlichen Gegenden sind nicht erschlossen, wenig Strassen, kaum Infrastruk­tur, oft kein Wasser, wenige Schulen. Tansania gehört noch heute zu den am wenig sten entwickelten Län­dern der Welt. In den Schulen ist körperliche Gewalt nicht verboten. 85 Prozent der Eltern billigen Körperstrafen in Schulen und Zuhause. Eine andere grosse Herausforderung ist die Kinderarbeit. Sie entzieht sich

der Strafverfolgung, weil sie im Geheimen statt­findet und verarmte Familien schweigend zu­stimmen, wenn ihre Kinder die Schule aufgeben, um zu arbeiten. Auf allen Stufen fehlt eine qualitativ gute Schul­bildung und die für die Entwicklung der Kinder so wichtige Spielumgebung der Schule ist quasi inexistent. Viele Kinder und Jugendliche gehen wegen der grossen Armut in die grösseren Städte, um Arbeit zu suchen. Mindestens 60%

der Kinder unter 15 Jahren arbeiten neben dem Schulunterricht regelmässig.

Obwohl in der Zwischenzeit zusätzliche Schulen gebaut wurden und der Besuch

der Primarschule kostenlos ist, fehlt es an Lehrkräften und Geld für

Schulmaterial und Bücher. Da­mit die Klassengrössen

nicht 40 Schüler­Innen übersteigen, würden zusätzlich

56 000 Lehrinnen und Lehrer benötigt. Heute

Gewaltfreier Unterricht für eine gute Schulbildung

Disziplin ist wichtig. Bei bis zu 100 Kindern im Klassenzimmer kein Wunder. Nyanda unterrichtet seit 20 Jahren. Immer wieder war sie unzufrieden und überfordert. Deshalb schien ihr körperliche Gewalt der einzige Weg, Ordnung und Ruhe in den Unterricht zu bringen. Eine andere Erziehungsmassnahme kannte sie nicht. So geht es vielen Lehrpersonen in Tansania. Sie fühlen sich oft alleine, hilflos und bekommen wenig Unterstützung. Dr. med. Carmen Meyer, Programmverantwortliche Ostafrika

«Gewalt an Schulen kann viele Formen haben.»

«Kinder haben das Recht auf eine gewaltfreie Schule.»

Fakten und Zahlenteilnehmende Kinder/Jugendliche: 45’390teilnehmende lehrpersonen: 560Investitionen pro Jahr: CHF 91’014Partnerorganisation:Mwanza women development Association (MwdA)

unterrichtet eine Lehrperson bis zu 100 Schü­lerInnen in einer Klasse.Im Distrikt Kwimba mit 155 Primarschulen be­stehen bereits 136 Vorschulklassen. Von den dort tätigen Lehrpersonen sind nur 17 für den Unterricht mit kleinen Kindern qualifiziert. Zudem fehlt den Lehrkräften die Kenntnis im Umgang mit kleinen Kindern. Deshalb wird vor allem in diesen Vorschulklassen körperliche Gewalt als Disziplinarmassnahme ergriffen. Die Strafen rei­chen dabei von Ohrfeigen bis zu schwersten Verletzungen, deren Folgen bleibende Schäden hinterlassen können.

Die Partnerorganisation MWDA der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und die Schulbehörden des Distrikts Kwimba arbeiten eng mit allen Akteuren und Akteurinnen zusammen, mit den Lehrper sonen, mit Eltern, Schulbehörden auf lokaler und nationaler Ebene. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind der Zugang zu Bildung, Qualität des Unterrichts und die Verbesserung der ge­sellschaftlichen Stellung und wirtschaflichen Unabhängigkeit von Frauen und Mädchen. Mit einer qualifizierten Ausbildung der Lehrper­sonen, Sensibilisierungsarbeit bei Behörden und Eltern sowie der Stärkung der Kinder will MWDA der Gewalt an Kindern vorbeugen und beseitigen.Nach ihrer Weiterbildung weiss Nyanda nun, dass Kinder, die keine Angst vor körperlicher Strafe haben müssen, sich im Schulunterricht wohl fühlen und besser lernen. Sie hat Methoden für einen gewaltfreien und kindgerechten Unter­richt gelernt und setzt diese Tag für Tag ein. Doch sie ist sich bewusst, dass sie erst am An­fang ihrer Arbeit für eine gewaltfreie Erziehung steht.

Unser Länderprogramm in Tansania wird von der Bachschuster Stiftung mitfinanziert

Weitere Projekte in Tansania

die Kinder fühlen sich in einem friedlichen und gewaltfreien unterricht wohl.

Jubiläumsanlass der Internationalen Programme

Am 21. September 2012 feiert die Stiftung Kin­derdorf Pestalozzi mit einem öffentlichen Jubilä­umsanlass die 30 Jahre des Engagements in der Entwicklungszusammenarbeit. Ein «Marktplatz» stellt die Internationalen Programme der Stiftung vor und ermöglicht Begegnungen mit den Län­derverantwortlichen. Die Eröffnungsrede hält Dr. David Bosshart, CEO des Gottlieb Duttweiler Ins­tituts. Der Eintritt ist frei, Veranstaltungssprache ist Englisch. Informationen/Anmeldung: Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, Tel. 071 343 73 73 oder [email protected]

Der Kinder­ und Jugendwettbewerb go4peace kürte zum zweiten Mal die besten Projekte

Die Preisträger des Wettbewerbs go4peace der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi sind die Projekte «sich sälber si» der Primarklasse aus Böckten (Bild) und der «go4peace­Song» des Stimmlokals St.Gallen. Beide setzen sich für ein friedliches Zusammenleben ein. Ausgewählt wurden die PreisträgerInnen durch eine Jury bestehend aus Fachpersonen und Jugendlichen. Ein Blick auf die prämierten Projekte zeigt, dass das friedliche Zusammenleben über alle Sinne angestrebt werden kann: Über das Singen, Musizieren, Kochen, Essen, Diskutieren, Filmen und Malen haben Schulklassen und Jugendgruppen ihre Erwartungen und Wünsche an ein friedvolles Miteinander der Kulturen zum Ausdruck gebracht. Durch kreative Collagen haben Schülerinnen und Schüler auch thematisiert, dass jeder Mensch einzigartig und der Respekt füreinander eine Voraussetzung für friedliches Zusammenleben ist. Mit dem Ansetzen im Kleinen und bei sich selber haben die Schulklassen die Jury überzeugt

der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi

Weitere Veranstaltungen

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Page 4: Magazin Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, 2012/05

Magazin

I n d I e s e r A u s g A b e

Titelgeschichte Alte Spiele neu entdecktAus dem Kinderdorf 80 moldawische Kinder zu GastTansaniaGewaltfreier Unterricht für alle 05/2012

M A g A z I n 0 5 / 2 0 1 2

K u r z g e M e l d e t

www.pestalozzi.ch

Veranstaltungen im Besucherzentrum

Öffentliche Führungen

Jeweils am 1. Sonntag im Monat,14.00 – 15.00 UhrNächste Daten: 7. Oktober, 4. November, 2. Dezember 2012

Familiensonntag

«Entdeckungsreise nach Südostasien»Wie leben Kinder in Südostasien? Geschichten, Spannendes und Familien­führungen durch die Ausstellung des Kinder­dorfes für Kinder ab 5 Jahren. Cafeteria mit kleinem Snackangebot und Kinderspielecke. 28. Oktober 2012, 10.00 – 17.00 Uhr

Veranstaltungen im Kinderdorf

Diplomfeier des interkulturellen

Ausbildungsprogramms emPower

Öffentliche Diplomübergabe mit Laudationes an die Studierenden des Leadership­ Programms emPower6. Dezember 2012, ab 17.00 Uhr

Weitere Informationen

Telefon 071 343 73 12 [email protected]/besucherzentrum

Eintrittspreise

Eintritt Erwachsene Fr. 8.–AHV / Studierende / Lernende Fr. 6.–Kinder ab 8 Jahren Fr. 3.– Familien Fr. 20.–Mit Museumspass / Raiffeisenkarte gratis

A u s d e r w e I t e n w e lt | tA n s A n I A

Herausgeberin: Stiftung Kinderdorf Pestalozzi Kinderdorfstrasse 20, 9043 Trogen Tel. 071 343 73 29, [email protected]

Redaktion: Djulijana ZekicBildnachweis: Marcel Giger, Tobias Siebrecht, gdi.ch,

swisscor, Archiv Stiftung Kinderdorf Pestalozzi

Gestaltung: Agentur am Flughafen, AltenrheinSatz: heussercrea ag, St.GallenDruck: Hautle Druck AG, St.GallenAusgabe: 05/2012Erscheint: sechsmal jährlichAuflage: 175 000 (geht an alle SpenderInnen)Abo-Beitrag Fr. 5.– (wird mit der Spende verrechnet)

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In Tansania leben die Menschen in Frieden. Das Land hat eine demokratische Regierung und ist politisch stabil. Doch wo keine Touristenströme durchziehen, prägt tiefe Armut die Gesellschaft.

Die ländlichen Gegenden sind nicht erschlossen, wenig Strassen, kaum Infrastruk­tur, oft kein Wasser, wenige Schulen. Tansania gehört noch heute zu den am wenig sten entwickelten Län­dern der Welt. In den Schulen ist körperliche Gewalt nicht verboten. 85 Prozent der Eltern billigen Körperstrafen in Schulen und Zuhause. Eine andere grosse Herausforderung ist die Kinderarbeit. Sie entzieht sich

der Strafverfolgung, weil sie im Geheimen statt­findet und verarmte Familien schweigend zu­stimmen, wenn ihre Kinder die Schule aufgeben, um zu arbeiten. Auf allen Stufen fehlt eine qualitativ gute Schul­bildung und die für die Entwicklung der Kinder so wichtige Spielumgebung der Schule ist quasi inexistent. Viele Kinder und Jugendliche gehen wegen der grossen Armut in die grösseren Städte, um Arbeit zu suchen. Mindestens 60%

der Kinder unter 15 Jahren arbeiten neben dem Schulunterricht regelmässig.

Obwohl in der Zwischenzeit zusätzliche Schulen gebaut wurden und der Besuch

der Primarschule kostenlos ist, fehlt es an Lehrkräften und Geld für

Schulmaterial und Bücher. Da­mit die Klassengrössen

nicht 40 Schüler­Innen übersteigen, würden zusätzlich

56 000 Lehrinnen und Lehrer benötigt. Heute

Gewaltfreier Unterricht für eine gute Schulbildung

Disziplin ist wichtig. Bei bis zu 100 Kindern im Klassenzimmer kein Wunder. Nyanda unterrichtet seit 20 Jahren. Immer wieder war sie unzufrieden und überfordert. Deshalb schien ihr körperliche Gewalt der einzige Weg, Ordnung und Ruhe in den Unterricht zu bringen. Eine andere Erziehungsmassnahme kannte sie nicht. So geht es vielen Lehrpersonen in Tansania. Sie fühlen sich oft alleine, hilflos und bekommen wenig Unterstützung. Dr. med. Carmen Meyer, Programmverantwortliche Ostafrika

«Gewalt an Schulen kann viele Formen haben.»

«Kinder haben das Recht auf eine gewaltfreie Schule.»

Fakten und Zahlenteilnehmende Kinder/Jugendliche: 45’390teilnehmende lehrpersonen: 560Investitionen pro Jahr: CHF 91’014Partnerorganisation:Mwanza women development Association (MwdA)

unterrichtet eine Lehrperson bis zu 100 Schü­lerInnen in einer Klasse.Im Distrikt Kwimba mit 155 Primarschulen be­stehen bereits 136 Vorschulklassen. Von den dort tätigen Lehrpersonen sind nur 17 für den Unterricht mit kleinen Kindern qualifiziert. Zudem fehlt den Lehrkräften die Kenntnis im Umgang mit kleinen Kindern. Deshalb wird vor allem in diesen Vorschulklassen körperliche Gewalt als Disziplinarmassnahme ergriffen. Die Strafen rei­chen dabei von Ohrfeigen bis zu schwersten Verletzungen, deren Folgen bleibende Schäden hinterlassen können.

Die Partnerorganisation MWDA der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und die Schulbehörden des Distrikts Kwimba arbeiten eng mit allen Akteuren und Akteurinnen zusammen, mit den Lehrper sonen, mit Eltern, Schulbehörden auf lokaler und nationaler Ebene. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind der Zugang zu Bildung, Qualität des Unterrichts und die Verbesserung der ge­sellschaftlichen Stellung und wirtschaflichen Unabhängigkeit von Frauen und Mädchen. Mit einer qualifizierten Ausbildung der Lehrper­sonen, Sensibilisierungsarbeit bei Behörden und Eltern sowie der Stärkung der Kinder will MWDA der Gewalt an Kindern vorbeugen und beseitigen.Nach ihrer Weiterbildung weiss Nyanda nun, dass Kinder, die keine Angst vor körperlicher Strafe haben müssen, sich im Schulunterricht wohl fühlen und besser lernen. Sie hat Methoden für einen gewaltfreien und kindgerechten Unter­richt gelernt und setzt diese Tag für Tag ein. Doch sie ist sich bewusst, dass sie erst am An­fang ihrer Arbeit für eine gewaltfreie Erziehung steht.

Unser Länderprogramm in Tansania wird von der Bachschuster Stiftung mitfinanziert

Weitere Projekte in Tansania

die Kinder fühlen sich in einem friedlichen und gewaltfreien unterricht wohl.

Jubiläumsanlass der Internationalen Programme

Am 21. September 2012 feiert die Stiftung Kin­derdorf Pestalozzi mit einem öffentlichen Jubilä­umsanlass die 30 Jahre des Engagements in der Entwicklungszusammenarbeit. Ein «Marktplatz» stellt die Internationalen Programme der Stiftung vor und ermöglicht Begegnungen mit den Län­derverantwortlichen. Die Eröffnungsrede hält Dr. David Bosshart, CEO des Gottlieb Duttweiler Ins­tituts. Der Eintritt ist frei, Veranstaltungssprache ist Englisch. Informationen/Anmeldung: Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, Tel. 071 343 73 73 oder [email protected]

Der Kinder­ und Jugendwettbewerb go4peace kürte zum zweiten Mal die besten Projekte

Die Preisträger des Wettbewerbs go4peace der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi sind die Projekte «sich sälber si» der Primarklasse aus Böckten (Bild) und der «go4peace­Song» des Stimmlokals St.Gallen. Beide setzen sich für ein friedliches Zusammenleben ein. Ausgewählt wurden die PreisträgerInnen durch eine Jury bestehend aus Fachpersonen und Jugendlichen. Ein Blick auf die prämierten Projekte zeigt, dass das friedliche Zusammenleben über alle Sinne angestrebt werden kann: Über das Singen, Musizieren, Kochen, Essen, Diskutieren, Filmen und Malen haben Schulklassen und Jugendgruppen ihre Erwartungen und Wünsche an ein friedvolles Miteinander der Kulturen zum Ausdruck gebracht. Durch kreative Collagen haben Schülerinnen und Schüler auch thematisiert, dass jeder Mensch einzigartig und der Respekt füreinander eine Voraussetzung für friedliches Zusammenleben ist. Mit dem Ansetzen im Kleinen und bei sich selber haben die Schulklassen die Jury überzeugt

der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi

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