52
$XVJDEH 0DL %UHPHQV IUHLHV 8QLPDJD]LQ Du bist, was du isst Die Mensen im Vergleich Ein Jahr AStA Eine Bilanz Eislabor Was die Stadt zu bieten hat Fernweh Ein Besuch in London Wahlzirkus Bremer Landtagswahl Gremienwahl der Universität

1. Ausgabe

Embed Size (px)

DESCRIPTION

 

Citation preview

Page 1: 1. Ausgabe

� � $ X V J D E H � � 0 D L � � � � �

% U H P H Q V � I U H L H V � 8 Q L P D J D ] L Q

Du bist, was du isst Die Mensen im Vergleich

Ein Jahr AStA Eine Bilanz

Eislabor Was die Stadt zu bieten hat

Fernweh Ein Besuch in London

WahlzirkusBremer Landtagswahl Gremienwahl der Universität

Page 2: 1. Ausgabe

Kurzmeldungen 4

Hochschulpolitik 6Ahnungslos im Gremiendschungel 6

Wer die Wahl hat 9

Drei Kreuze für deine Uni 12

Ein Jahr neuer ASta 14

Campusleben 18 Du bist, was du isst 18

Herz aus Glas 21

Twitter Gewitter 22

Zwischen Wickeltisch und Vorlesung 24

Universum der Bücher 26

Bremen 28Fünf Kreuze - aber für wen? 28

Der Wahl-O-Mat zur Bürgerschaftswahl 31

Neues Wahlrecht soll Wählern

mehr Ein!uss geben 31

Krawall leicht gemacht 32

Eis mit Gefühl 33

Bremen für Studenten: Walle 34

Konzerte für lau, wo gibt‘s denn sowas? 36

Überhört 37

Feuilleton 38Bin ich inspiriert, geht alles 38

Besuch im Brauhauskeller 39

Ein Fest der Farben 40

Biutiful 41

Warum der Mensch spricht 42

Anständig essen. Ein Selbstversuch 43

Adele 21 44

Clueso - An und für sich 45

Blog-Up Your Life! 46

Und wenn sie nicht gestorben sind... 47

Fernweh 48

Die Qual der Wahl 50

Impressum 51

Inhalt

2

Page 3: 1. Ausgabe

Liebe KommilitonInnen, liebe LeserInnen!19.000 Studenten an einer Uni der Freien Hansestadt. 19.000 Individuen mit diversen Interessen, verschiedenem Charakter und unterschiedlicher Einstellung. 19.000 mal Kreativität und Wissbegierde – das ist zumindest das, was von Studenten er-wartet wird. Und täglich tauchen tausende Fragen auf, die die Studierenden betre!en.

Um diesen Fragen und vor allem den Antworten mehr Beach-tung zu schenken, haben sich im Dezember auf Initiative des Studierendenrates knapp hundert Studenten zusammenge-funden und den „Scheinwerfer“ gegründet. Doch was ist der „Scheinwerfer“ überhaupt? Als unabhängiges Campusmagazin der Uni Bremen informieren wir euch über relevante "emen und beleuchten diese kritisch ohne die Beein#ussung Dritter und ohne von einer konkreten politischen Einstellung gefärbt zu sein. Und unsere Unabhängigkeit steht nicht nur auf dem Papier, sie wird auch durch Entscheidungen, die sich gegen die Vorlieben des Studierendenrates stellen und eine gänzlich unbe-ein#usste "emenauswahl gelebt.

Die Wahlen sind das zentrale "ema der ersten Ausgabe des Scheinwerfers. Nicht nur mit der Entscheidung über die Zu-sammensetzung des Bremer Landtages am 22. Mai, sondern auch mit den Wahlen des Studierendenrates in der darauf fol-genden Woche haben wir zwei besondere und wichtige Mitbe-stimmungsmöglichkeiten.

Damit ihr euch eine di!erenzierte Meinung bilden könnt, ist der mit den verschiedenen Verantwortlichen, bei-spielsweise Vertretern der für den SR kandidierenden Listen und dem Bremer Bürgermeister, in Kontakt getreten und hat kritisch nachgefragt. Die daraus resultierende, ausführliche Übersicht in dieser Ausgabe soll euch bei der Wahlentscheidung helfen. Wir ho!en, dass der Scheinwerfer euch während der zahlreichen Stunden in der Mensa, beim Sonnenbaden oder der „spannen-den“ Vorlesungen in der Keksdose eine Abwechslung im rou-tinierten Unialltag sein wird. Wir freuen uns, wenn ihr durch eure Kritik oder eure aktive Mitarbeit die nächste Ausgabe, die übrigens Anfang Juli erscheinen wird, mitgestaltet.

Und jetzt viel Spaß beim Lesen!

Anne Glodschei und Lukas Niggel

Editorial

3

Ihr erreicht uns bei Fragen, Anregungen oder Kritik entweder persönlich auf dem Campus oder unter [email protected].

Page 4: 1. Ausgabe

Die Gewinner des jährlich verliehenen Preises für her-vorragende Lehre stehen fest: Dr. Karsten Hölscher (FB 3 - Mathematik/Informatik) wird für das Modul „Prakti-

sche Informatik I“ geehrt. Der Preis für „Das beste Lehrprojekt“ geht an Prof. Dr. Cordula Nolte (FB 8 – Sozialwissenschaften). Sie konnte die Auswahlkommission mit dem Projekt „Von der Idee zur Ausstellung – Geschichte in der Praxis“ überzeugen. Eine besondere Auszeichnung kommt Dr. Anja Lepach (FB 11 - Human- und Gesundheitswissenschaften) zuteil – sie erhält den „Studierendenpreis“. In dieser Kategorie hatten alle Studenten die Möglichkeit über Stud.IP Vorschläge einzureichen. Am Ende lag Lepach mit der Lehrveranstaltung „Grundlagen der biologi-schen Psychologie“ vorne. Mit der Vorstellung ihres Konzeptes

Preis hervorragende Lehre: AS gibt Preisträger bekannt

In einer Arbeitsgruppe zur Überarbeitung der Stipendienord-nung konnten die AS-Mitglieder von AStA für Alle (AfA) und Campus Grün (CG) einige ihrer zentralen Forderun-

gen durchsetzen. So begrenzt der neue Entwurf die Vormacht-stellung des Rektors und sieht außerdem eine Stimmenparität zwischen Studenten und Hochschullehrern im Stipendienrat vor. Die geänderte Version der Stipendienordnung steht in der nächsten Sitzung des Akademischen Senats (AS) am 18. Mai erneut zur Debatte.

Nach einer turbulenten Schlussphase der AS-Sitzung im April war in letzter Sekunde eine Arbeitsgruppe einberufen worden. Für den Rektor der Uni, Prof. Dr. Wilfried Müller, schien die Verabschiedung der Satzung nur noch Formsache gewesen zu sein. Es bestand jedoch ganz o!ensichtlich noch Klärungsbe-darf, vor allem auf studentischer Seite, aber auch ein Dekan zeigte sich nicht ganz zufrieden mit der zur Abstimmung stehen-den Version. Aufgrund von mehrfachen Änderungen der Tages-ordnung war das "ema an letzte Stelle gerückt, sodass der allge-meine Zeitverzug eine ausführliche Debatte unmöglich machte. Daraufhin drohte der Rektor mit einer Eilentscheidung, sollte der AS nicht zustimmen. Diese Äußerung sorgte wiederum für Unmut bei einem Professor, der sich stattdessen für die zeitna-he Einberufung einer Arbeitsgruppe aussprach und mit diesem Vorschlag Erfolg hatte. Rektor Müller entschuldigte sich eine Woche nach der Sitzung bei den studentischen Gremiumsmit-gliedern für sein Vorgehen.

Stipendienordnung: Studentische Vertreter erringen TeilerfolgEine Woche später diskutierten zwei Professoren, drei Studen-ten (AfA und CG), ein wissenschaftlicher Mitarbeiter und die Leiterin des Dezernats „Studentische Angelegenheiten“ knapp vier Stunden lang über die umstrittenen Aspekte der Stipendien-ordnung. Die wichtigsten Änderungen im Einzelnen: Der Rektor behält zwar den Vorsitz des Stipendienrats, verliert aber sein Stimm-recht. Stimmberechtigte Mitglieder des Gremiums sind je drei Hochschullehrer und drei Studierende. Damit ist das Gremi-um ohne studentische Vertretung nicht beschlussfähig. Die ur-sprüngliche Satzung sah einen Stipendienrat bestehend aus zwei Studierenden, drei Hochschullehrern und dem Rektor vor. Außerdem weicht das tabellarische Punkteraster zur Bewertung der potenziellen Stipendiaten einem standardisierten Bewer-bungsbogen, der die Bereiche „Leistung“, „ehrenamtliches En-gagement“ und „Benachteiligungen/ Lebensumstände“ berück-sichtigt.

Die Listen AfA und Campus Grün lehnen die sogenannten Deutschlandstipendien grundsätzlich ab. Im Akademischen Se-nat wurden sie allerdings überstimmt. Das Gremium beschloss im Dezember, dass sich die Universität Bremen am Stipendien-programm beteiligen werde. Ein Vertreter vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten sprach sich im AS für das Stipen-dienprogramm aus. Er forderte außerdem, den Stipendienrat mit weniger Studenten zu besetzen und stattdessen Vertreter der Wirtschaft miteinzubeziehen.

konnte sie dann auch die Auswahlkommission für sich gewin-nen, die nach eigenen Angaben dem Votum der Studierenden gerne gefolgt ist. Der Akademische Senat (AS) schloss sich in der April-Sitzung wiederum den Vorschlägen der eigens dafür eingesetzten Aus-wahlkommission an. Diese besteht aus drei Hochschullehrern, zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern, einem sonstigen Mitarbei-ter und drei Studierenden.Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen der Veranstaltung „Tag der Lehre“ am 25. Mai 2011 von 16-18 Uhr im Hörsaal HS 2010. Das Preisgeld in Höhe von 6000 Euro wird von dem Ver-ein „unifreunde“ gestiftet.

Kurzmeldungen

4

Page 5: 1. Ausgabe

In der April-Sitzung des Akademischen Senats (AS) zeigte sich der Rektor der Universität Bremen, Prof. Dr. Wilfried Müller, verärgert über die ö!entliche Debatte zu einer Stif-

tungsprofessur im Bereich „Raumfahrttechnologie“. Um die AS-Mitglieder von dem Vorhaben zu überzeugen, hatte er zwei Vertreter der beteiligten Institutionen eingeladen.

Prof. Dr. Hansjörg Dittus vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Prof. Dr. Claus Lämmerzahl vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogra-vitation (ZARM) stellten in einer Präsentation die laut Rektorat „rein grundlagenorientierten zivilen“ Forschungsbereiche der Stiftungsprofessur vor.

Bremer Wissenschaftler und Hochschullehrer hatten sich zuvor in einer Erklärung gegen Stiftungsprofessuren im Allgemeinen ausgesprochen. Diese würden die Freiheit der Forschung und Lehre aufs Spiel setzen. In dem aktuellen Fall sei besonders die

Verbindung des Raumfahrtkonzerns OHB Techno-logy zur Rüstungsproduktion problematisch. Das widerspreche dem Geist der Gründung der Univer-sität sowie dem Auftrag der Friedensforschung. Der AStA der Universität Bremen ist unter den sonsti-gen Unterstützern der Erklärung aufgeführt.

Im November letzten Jahres hatte die Universität bekanntgegeben, dass das Unternehmer-Ehepaar Fuchs (OHB) zusammen mit dem DLR und dem „Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft“ für eine Dauer von zehn Jahren eine Professur im Be-reich „Raumfahrttechnologie“ fördern wird. Diese soll beim ZARM im Fachbereich Produktionstech-nik angesiedelt werden und entsteht in Kooperati-on mit dem DLR.

Rektor Müller verteidigt Stiftungsprofessur

Bei der vergangenen Sitzung des Studierendenrats hat der Finanzreferent des AStAs, Jan Cloppenburg, eine neue Finanzordnung eingebracht, die nach drei Lesungen mit

einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden sollte. Dieser Passus wurde allerdings bereits bei Gesprächen einer Arbeits-gruppe wegen fehlender Aussicht auf Erfolg gestrichen. „Dann ist sie allerdings auch mit einer einfachen Mehrheit wieder abzu-scha!en“, erklärte Sebastian Vogt, Präsident des SR. Kernpunkte der Finanzordnung sind eine geregelte Haushaltsführung durch den AStA und damit verbunden zahlreiche Ein#uss- und Mit-sprachemöglichkeiten für den Studierendenrat, der bisher nach der Abstimmung über den Haushalt gut aus den Finanzdiskussi-on herausgehalten werden konnte. Eine Diskussion bei der ers-ten Lesung blieb aus. Die Linken Listen zeigten sich aber bereits skeptisch zu dem zwölfseitigen Werk. Die endgültige Entschei-dung war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

SR vor Einführung einer Finanzordnung

Ein durchaus positives Jahr 2010 vermeldete das Studentenwerk Bremen. „Das Studentenwerk hat im vergangenen Geschäftsjahr einen Gewinn von 184.000 € erwirtschaftet“, berichtete Andreas Butsch, studentisches

Mitglied des Verwaltungsrates des Studentenwerks. Der Gewinn soll in die all-gemeinen Rücklagen wandern, mit denen der Bau eines neuen Studentenwohn-heims realisiert werden könnte. Ein weiteres "ema im Verwaltungsrat war die Einführung des veganen Essens in der Uni-Mensa, die nach Angaben der Men-saleitung zu einem Kundenrückgang geführt haben soll. Genaue Zahlen sind hier noch nicht bekannt.

Studentenwerk erzielt Gewinne – Veganes Essen lockt keine Kunden

Stipendienordnung: Studentische Vertreter erringen Teilerfolg

Der 30 Jahre alte Boulevard, der sich vom Sportturm über die Keksdose bis zum ZWG (Zentrum für Weiter-bildung) und EZ (Energiezentrum) erstreckt, wird von

November 2011 bis März 2012 renoviert. Diese längst überfäl-lige Erneuerung wird durchgeführt, da sich die Metallschienen im Boulevard schon seit Jahren verbiegen und so Wasser in das Fundament eintritt. In diesem Zuge wird auch die Überdachung erneuert werden.Der Boulevard ist übrigens ca. 21 500m² groß, was der Fläche

Der Boulevard wird umgebautvon drei Fußballfeldern entspricht. Im November beginnen die Renovierungsarbeiten an dem Abschnitt an der Keksdose und werden dann in östlicher Richtung fortgesetzt.Für Studenten und Mitarbeiter der Uni werden während den Umbauarbeiten die Wege etwas länger, jedoch werden die „Um-leitungen“ ausgeschildert und auch die Barrierefreiheit weiter-hin gewährleistet sein.Näheres zum Umbau des Boulevard erfahrt ihr in der nächsten Ausgabe des Scheinwerfers.

Kurzmeldungen

5

Page 6: 1. Ausgabe

ter Freund „Internet“ kann mir helfen. Die erste Lektion meines selbst entworfenen Crash-Kurses „Hochschulpolitik für Dum-mies“ lautet Institutionen-Kunde. Ich beginne im world wide web und in den Tiefen der Uni-Homepage zu stöbern und stoße auf unglaublich wichtig klingende Namen wie Akademischer Se-nat, Studierendenrat, Fachbereichsrat – was es alles gibt?! Die zweite Crash-Kurs-Lektion: aktuelle "emen in den Gremi-en. Ich merke schnell, dass die richtig aufwendige und mühsame Recherche-Arbeit erst jetzt losgeht. Und dann sitze ich da, Stun-den über Stunden, durchforste das Internet, lade Tagesordnun-gen herunter, wälze Protokolle und Drucksachen in astreinem Bürokraten-Deutsch, versuche Entscheidungsprozesse nachzu-vollziehen, notiere Sitzungstermine und trage mich in diverse Mail-Verteiler ein. Davon mal abgesehen, dass ich nebenbei auch noch studiere. Mir wird klar, warum sich kaum einer mit diesen "emen beschäftigt und wenn, wohl nur mit Ausschnit-ten davon. Da entsteht eine Daten#ut, die alleine kaum zu be-

wältigen ist. Und ich muss zugeben, der Spaßfaktor hält sich bislang in Grenzen.

Umso gespannter bin ich auf die ersten Termine: Hochschul-politik live und in Farbe! Das entschädigt ho!entlich für die mühsame PC-Recherche. Als Erstes steht die Sitzung des studen-tischen Parlaments auf dem Programm. Ein wenig nervös mache ich mich auf den Weg ins SFG. In einem einfachen Seminar-raum tagt das Gremium mit dem klangvollen Namen Studie-rendenrat (SR). Überpünktlich betrete ich den Raum und werde sogleich kritisch beäugt. War die schon mal hier? Ist die sicher, dass sie hier richtig ist? Hat sie sich im Raum geirrt? Fragen über Fragen in den Blicken der bereits Anwesenden. Nachdem der erste Schock vorüber ist, wendet man sich wieder den abge-brochenen Gesprächen zu. Ich versuche, ein wenig zu lauschen, um festzustellen, ob ich gerade Zeuge gelebter Hochschulpolitik werde. Und tatsächlich, wie die ganz Großen tauscht man sich über Sitzungsergebnisse aus, klopft gegensätzliche Positionen ab und der neueste Tratsch darf natürlich auch nicht fehlen. Die Herr- und Damenschaften stehen dem Bundestag wirklich in

Hochschulpolitik – nicht gerade das "ema, mit dem man beim Smalltalk auf einer Party punkten kann. Zu Unrecht? „Als ob meine Stimme da etwas bewir-

ken würde.“ „Wie? Wir können wählen?“ „Für so etwas habe ich nun wirklich keine Zeit.“ „In einem Jahr bin ich doch sowieso weg. Warum sollte ich hier für Veränderungen kämpfen?“ „Das überlass´ mal den Politikstudenten.“

Resignation, Gleichgültigkeit und vor allem Desinteresse – diese Vokabeln beherrschen die Stimmung, wenn es um Hochschul-politik geht. Die Mehrheit der Studenten lässt sich vermutlich in eine dieser drei Kategorien einordnen. Der Inbegri! der Sinn-losigkeit von Hochschulpolitik ist für viele die jährliche Zettel-schlacht, auch bekannt als Gremienwahlen. Man wird mit Fly-ern zugeschüttet, so dass sich manch einer schon gefragt haben dürfte, wie viele Quadratmeter Regenwald bereits dem Bremer Hochschulwahlkampf zum Opfer gefallen sind. Aber was steckt eigentlich hinter diesem Wort „Hochschulpoli-tik“? Gibt es tatsächlich eine politische Kultur auf dem Campus oder grassiert auch hier die allgemeine Politikverdrossenheit? Was gibt es für Institutionen? Wer sind die Vertreter der Bremer Hochschulpolitik? Wo und wie erfährt man, was hier politisch passiert? Wieso bekommt man nichts mit? Über was wird über-haupt entschieden? Hochschulpolitik - ein Wort, das uns sagt: hier wird über un-ser direktes Umfeld entschieden, unsere Studienbedingungen, unser Geld, über ganze Studiengänge und Prüfungsordnungen. Das Gewissen sagt: „Das sollte uns eigentlich interessieren.“ Der Bauch sagt: „Schwere Kost, lass´ mal lieber.“ Die Mehrheit des akademischen Nachwuchses scheint auf ihren Bauch zu hören. Die Zahlen zur Wahlbeteiligung im letzten Jahr sprechen eine deutliche Sprache: Satte 7,54 Prozent der Studierenden gaben ihre Stimme ab – da könnte man die Legitimation der gewählten Gremien hinterfragen. Nun soll ein Campusmagazin dem entgegenwirken – eine un-abhängige Hochschulö!entlichkeit, die unter anderem neutral über die politischen Vorgänge an der Universität Bremen infor-miert. Mein Gewissen meldet sich: Nach drei Semestern Studi-um könntest du langsam mal anfangen, dich über deine Rechte und Möglichkeiten zur Mitbestimmung auf dem Campus zu in-formieren. Auch du warst bislang eher ein Teil der uninformier-ten Masse. Also ab ins kalte Wasser – das Ressort „Hochschulpo-litik“ beim neuen Campusmagazin „Scheinwerfer“ ist da genau das Richtige. Bevor ich aber anfange, anderen etwas zu erklären, muss ich mich erstmal selbst schlaumachen. Ich ho!e, mein gu-

Ahnungslos im Gremiendschungel

Resignation, Gleichgültigkeit und vor allem Desinteresse - diese Vo-

kabeln beherrschen die Stimmung, wenn es um Hochschulpolitik geht.

Die Gremien an der Uni Bremen, die die Hochschulpolitik bestimmen, bilden auch für Redakteure des Scheinwerfers ein kompliziertes Konstrukt. Grund genug, einen Selbstversuch zu starten, in dem unsere Redakteurin ihre Belastung in Sachen Gremienbesuche austestet.

Hochschulpolitik

6

Page 7: 1. Ausgabe

nichts nach. Allein die Zeugen in Form von Kamerateams und Fotografen sind nicht zur Stelle und in Krawatte und Anzug taucht hier auch keiner auf, da macht sich dann doch eher stu-dentisches Flair breit.

Eben noch auf der Gästeliste verewigt (das war es dann mit dem Inkognito-Besuch), geht wie aus dem Nichts die Sitzung los. Das hatte ich anders erwartet. Ich hatte mir vorgestellt, dass der SR-Präsident alle begrüßt und die Beschlussfähigkeit des Gre-miums feststellt, indem er beispielsweise die einzelnen Listen nennt und die wiederum bei Anwesenheit per Handzeichen ant-worten. Nach einer schon fast vollendeten Legislaturperiode ist das aber wahrschein-lich nicht mehr notwendig – man kennt sich. Auch die übrigen Gäste scheinen alte Bekannte zu sein. Gut, dass ich vorbereitet bin. Ich hatte die Zusammensetzung des SR über#ogen, und da die einzelnen Frak-tionen tiefe Gräben in Form von nicht be-setzten Stühlen zwischen sich frei gelassen haben, kann sich auch der Parlamentsneu-ling nach ein paar Redebeiträgen die Lis-tenzugehörigkeiten erschließen. Auf die erste Ernüchterung folgt allerdings schnell die nächste: Manche Redebeiträge können schon rein akustisch gar nicht zu mir durchdringen. Grund dafür ist, dass ein Teil des Gremiums mit dem Rücken zum Publikum sitzt und die Beiträge in-folgedessen bis auf ein paar lautstarke Ausnahmen nur einen undurchsichtigen, genuschelten Klangbrei ergeben. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich auch daran. Dann steht ja der Konzentration auf die Inhalte nichts mehr im Wege: Zu Beginn hat der Laie den Eindruck, dass das Gremium sich unverhält-nismäßig lange mit Kleinigkeiten beschäftigt. Erst im Laufe der Sitzung wird es konkreter. Vor allem der Bericht vom studenti-schen Vertreter im Verwaltungsrat des Studentenwerks ist äu-ßerst interessant. Da tauchen dann auf einmal so lebensnahe "emen wie die Preiserhöhung des Semestertickets, das vega-ne Essensangebot in der Mensa oder die geplante Einführung von Kulturtickets für Studenten auf. Und die Debatte über den Haushalt mag zwar etwas dröge erscheinen, aber das Volumen ist nicht unerheblich. Davon mal abgesehen, dass es um nicht weniger als die Verwendung von unserem Geld geht: Hier wird über den Teil des Semesterbeitrages entschieden, der an den AStA #ießt. Der Besuch einer SR-Sitzung kann sich also durch-aus lohnen, man muss es ja nicht gleich zum monatlichen Hob-by erklären. Außerdem sind Zeitpunkt und Dauer der Sitzung

noch recht human - montags 18 bis etwa 20 Uhr ist zu scha!en. Doch dass es auch anders geht, erfahre ich zwei Tage später. Der nächste Termin steht in meinem Kalender: Auch der Aka-demische Senat (AS) soll gehört werden. Der Zeitpunkt spielt schon in einer anderen Liga – mittwochs 8:30 Uhr. Der richtige Schock kommt aber erst noch, ich rechne mit rund zwei Stun-den Sitzung, ähnlich wie beim SR. Falsch gedacht: 13 Uhr steht als prognostiziertes Ende der Sitzung auf der Tagesordnung! Da muss ich erstmal schlucken. Doch mein Gewissen erinnert mich an meinen Selbstversuch, also Augen zu und durch!

Ich betrete noch etwas schläfrig, aber wieder mal überpünkt-lich den Raum 3009 im GW 2 und staune erstmal. Hier geht das ganze Prozedere schon professioneller vonstatten. An allen Tischen sind Mikrofone aufgestellt, der Beamer läuft schon auf Hochtouren, Getränke stehen bereit, Kopien der Tagesordnung und der diversen Anträge werden ausgelegt und auch einen Fo-tografen habe ich schon gesichtet. Nach und nach trudeln die wichtigen Leute in Jackett und Krawatte, mit der Aktentasche unter dem Arm ein. Ich beobachte das Treiben: Man begrüßt sich, klopft sich auf die Schulter – Smalltalk und Networking wie aus dem Lehrbuch. Andere studieren die Tagesordnung oder hauen schwer beschäftigt bis kurz vor Sitzungsbeginn in ihre Laptop-Tasten. Etwas verspätet erö!net der Vorsitzende dann die Sitzung. Zu Beginn muss man viel Kleinkram über sich ergehen lassen: Die Tagesordnung muss genehmigt werden,

Ahnungslos im Gremiendschungel

Hochschulpolitik

7

Page 8: 1. Ausgabe

die Protokolle der vorherigen Sitzungen ebenfalls. Es folgen Be-richte von allerhand wichtigen Leuten und die eine oder andere Debatte. In der Pause ist Zeit für ein erstes Fazit: Ich muss feststellen, dass man als studentischer Vertreter hier einen sehr schweren Stand hat. Man wird belächelt, das Wort wird abgeschnitten, die Mel- dung wird rein zufällig übersehen oder es wird taktisch geschickt die Rednerliste geschlossen. Überhaupt ist das Geschehen von Strategie und Taktik geprägt. Kunstvoll würfelt der Vorsitzende die Tagesordnung durcheinander, immer gut begründet durch den Zeitverzug. Ich denke mir zunächst nichts Böses dabei – im Gegenteil: Man könnte fast anerkennend erwähnen, wie #exibel er mit der neuen Situation umgeht; aber irgendwann erscheint

mir das Ganze doch äußerst berechnend eingefädelt.Gegen Ende der Sitzung wird es dann noch richtig hitzig: Ein Blick auf die Tagesordnung zeigt, es gibt ein für die Studenten besonders interessantes "ema – die Verabschiedung der Sat-zung zum Nationalen Stipendienprogramm. Laut Plan sollte der Punkt ungefähr in der Mitte der Sitzung besprochen werden, mittlerweile hat der Vorsitzende aber so lange taktiert, bis das "ema an die letzte Stelle der Tagesordnung gerückt ist. Ange-sichts der o!ensichtlich bestehenden Kontroverse und der vo-ran geschrittenen Zeit droht er auf einmal damit, die Satzung per Eilentscheidung durch zuwinken, sollte der Senat sich nicht zu einer Zustimmung durchringen können. So macht man das also: Wenn das Gremium nicht zustimmt, dann entscheidet der Vorsitzende eben alleine. Ich lerne hier wirklich etwas fürs Le-ben. Nur dem energischen Einschreiten eines Professors ist es

zu verdanken, dass nun doch vorher noch eine Arbeitsgruppe zusammenkommt und den Entwurf überarbeiten darf.

Den Sitzungsraum verlasse ich mit gemischten Gefühlen. Ein wenig Resignation macht sich breit: Mit drei studentischen Vertretern in einem 22 Sitze umfassenden Gremium (eigentlich vier: das Linke-Listen-Bündnis hat Anspruch auf einen Sitz, boykottiert aber den AS) kann man nicht wirklich viel ausrich-ten. Auf der anderen Seite war es durchaus ein Gewinn, Zeuge dieser turbulenten Sitzung gewesen zu sein. Und dann nimmt die Geschichte um das Stipendienprogramm sogar noch einen positiven Verlauf: Entgegen den Erwartungen

der studentischen Vertreter läuft das nachfol-gende Tre!en äußerst fair und produktiv ab. Die anwesenden AfA- und Campus-Grün-Mitglieder konnten wichtige Teile ihrer For-derungen umsetzen. Vor allem die angenehme Atmosphäre wurde lobend hervorgehoben. Das Studenten-Herz stellt fest, es ist doch nicht alles aussichtslos. Der Aufwand hat sich gelohnt, man kann doch etwas bewirken. Nun ist es Zeit, ein Resümee zu ziehen: Was hat der Selbstversuch gezeigt? Was hat sich verändert? Ich bin vor allem müde. Es handelt sich schon um ein äußerst zeitintensives „Hob-by“, das kann man nicht bestreiten. Stunden-lange Sitzungen, viele Termine, aufwendige Recherche – das könnte man wirklich haupt-beru#ich machen! Und genau deshalb machen wir den „Schein-werfer“ für euch. Wir bereiten für euch die In-formationen lesbar auf und ihr könnt bequem vom Sofa aus am hochschulpolitischen Leben teilhaben.

Trotz alledem sollte jeder Student auch mal „live“ an solch einer Sitzung teilgenommen haben. Man kann über die Machtverhält-nisse und die Streitkultur solcher Gremien eine Menge lernen. Hinzu kommt, dass sich gerade im AS die wenigen studenti-schen Vertreter über Unterstützung in Gestalt zahlreicher Zuhö-rer bestimmt freuen würden. Ich bin überzeugt, dass eine stär-kere studentische Präsenz im Publikum viel bewirken könnte. Schon allein, um zu demonstrieren, dass wir die größte Gruppe an der Universität sind. Übrigens, die nächste Sitzung des Akademischen Senats &ndet am 18. Mai statt.

Text: Maike Kilian Illustration: Fatima Yoldas

8

Hochschulpolitik

Page 9: 1. Ausgabe

Ganz gleich, ob in der Mensa, der Caféte oder mitten auf dem Campusboulevard – bunte Zettelchen und Plaka-te, wohin man schaut. Meist nur einmal im Jahr – zur

Wahl des neuen Studierendenrates – verändert sich jedoch das sonst relativ ausgewogene Werben zwischen Politik und Feierei. Um in dem Zettelchaos ein wenig Überblick zu verscha!en, hat der „Scheinwerfer“ im Gespräch mit Vertretern einiger politi-scher Listen an der Uni Bremen deren Ziele und Forderungen zusammengetragen. Leider standen nicht alle Listen für ein Ge-spräch bereit.

AfA – AStA für AlleBei AfA handelt es sich nach eigener Bezeichnung um eine lin-ke Bündnisliste, deren Gründungsabsicht die Bündelung der Kräfte und Interessen des linken Spektrums war, um mehr an einem Strang zu ziehen. Die Liste ist sowohl organisatorisch als auch &nanziell unabhängig und o!en für alle, die konstruktiv arbeiten wollen. Stefan Weger (24), Politikstudent und Sprecher der Liste, erklärt, dass es durchaus eine traditionelle Verbindung mit den Arbeiterbewegungen gebe. Dies erklärt das Engagement einzelner Mitglieder in anderen Verbänden oder Vereinigungen. Konkret setzt sich AfA als Hochschulliste gegen Benachteiligun-gen ein und versucht, Barrieren zu überwinden. Ganz besonders präsent wird dies zum Beispiel im neu gegründeten Referat für Soziales, in dem der Fokus auf der Verbesserung des Studiums mit Kind sowie des Studiums mit Behinderung liegt. Bei der Arbeit im SR beschäftigt sich die Liste darüber hinaus mit der Etablierung einer neuen Finanzordnung, die einen Schritt zu mehr Transparenz darstellt, mit dem Kampf gegen das Nationa-le Stipendienprogramm als reine Elitenförderung, mit der Stif-tungsprofessur der Familie Fuchs, die die Rüstungsforschung an die Universität gebracht hat, sowie mit der Förderung von Hochschulgruppen, die sich nun nur mit bestimmten Kriterien als solche anerkennen lassen können. Außerhalb des SR ist AfA der Initiator des Campuskinos, in dem es Studierenden ermög-licht wird, gegen eine Aufwandsentschädigung von einem Euro mit Freunden und Mitstudierenden Filme auf Leinwandformat zu schauen. Um die Studenten stetig über Hochschulpolitik zu informieren, gibt AfA regelmäßig den Cafeten-Kurier raus.

WARUM AfA wählen?Laut Weger steht AfA für eine verantwortliche Selbstverwaltung. Wer AfA wähle, der wähle eine Liste, der es darum geht, studen-tische Interessen durchzusetzen. Das Ziel sei, so beendet er seine Ausführung, ein humanes Studium.Bei der Frage der Forderungen wird Weger sehr konkret und erläutert einen strukturierten Forderungskatalog. Unter den Stichpunkten „soziale Uni“, „demokratische Uni“ und „ökolo-gische Uni“ stehen diverse Vorschläge. Eine soziale Uni bedeu-te für AfA, Benachteiligungen zu verhindern, Diskriminierung und Ausgrenzung zu unterbinden und eine gerechte Studien-

&nanzierung zu ermöglichen. Demokratischer werde eine Uni-versität, wenn studentische Mitbestimmung verstärkt wird, zum Beispiel durch die Drittelparität in Gremien wie dem Akademi-schen Senat, wo die Studenten deutlich unterrepräsentiert seien. Weiterhin gehe es um eine Förderung der Transparenz, was man mit der neu eingebrachten Finanzordnung schon teilweise um-gesetzt habe. Zuletzt stehe das Konzept der ökologischen Uni-versität. Hierbei fordere man, Mittel und Wege zu &nden, den Müll- sowie Energieverbrauch zu senken.Die großen "emen ergänzend, geht es beim Stichwort Studier-barkeit darum, das Studium sozialverträglich zu gestalten und beispielsweise vermehrt gegen die Raumnot anzugehen. Andere konkrete Maßnahmen wie der Ausbau vegetarischer und veganer Essensangebote, aber auch allgemein die Förderung von Kultur #ießen zuletzt mit in den Forderungskatalog ein.

Antirassistische ListeLeider stand diese Liste für ein Gespräch mit dem Scheinwerfer nicht zur Verfügung.

BaLi – Basisdemokratische LinkeDie Basisdemokratische Linke wird zur kommenden Wahl an-treten und bittet um den Abdruck folgenden Statements:„Die Liste Basisdemokratische Linke (BaLi) hat kein Interesse daran, hier mit ins „demokratische Horn“ zu stoßen – schon gar nicht, wenn auch rechte Listen zu Wort kommen.“

Campusgrün  Bei Campusgrün (CG) handelt es sich um einen bundesweit agierenden Hochschulgruppenverband, dessen Landesverband für Bremen erst vor wenigen Jahren gegründet wurde. Grün-dungsmitglieder waren damals Mitglieder der Liste „AStA für Alle“ (AfA), die zur Hervorhebung von sozialen und ökologi-schen Aspekten eine neue Liste ins Leben riefen. Heutzutage präsentiert sie sich als parteiunabhängiger und grünalternativer Landesverband mit linker Positionierung.

Wer die Wahl hatWieder treten dieses Jahr etliche politische Listen für die Gremienwahlen an. Welchen Kurs die Hochschulpolitik künftig fährt, entscheiden die Studenten ab dem 23. Mai. Eine Übersicht der Listen

9

Hochschulpolitik

Page 10: 1. Ausgabe

„Mitmachen statt zugucken“, lautet das Motto der Listenspre-cherin Sara Dahnken (25). Damit tri!t sie eine der Vorstel-lungen von Campusgrün im Kern, nämlich das Begreifen der Universität als Lebensraum. Dafür setzen sich die Mitglieder der Liste sowohl im SR als auch im AS aktiv ein und stellen zusammen mit AfA den aktuellen AStA. Insgesamt steht hinter Campusgrün eine breite Basis, die sich sowohl in den inneruni-versitären Gremien sowie in der Alltagswelt der Studierenden gefestigt hat. Großes Engagement zeigt die Hochschulgruppe zurzeit in den Bereichen Fairtrade-Ka!ee, Gleichstellung sowie bei der Scha!ung von transparenten Strukturen. Für die Zusam-menarbeit mit anderen Hochschulgruppen, Gremien und dem Rektorat gilt für Campusgrün der Slogan „Dialog statt Blocka-de“. „Man kann nur etwas erreichen, wenn man seine Ziele auch bei jenen argumentativ vorbringt, die anderer Meinung sind“, erklärt Dahnken für ihre Liste.

WARUM Campusgrün wählen?Bei der Beantwortung dieser Frage betont Dahnken erneut die breite Aktivität der Liste. Es gehe zum Einen um die Mitgestal-tung des Campus und zum Anderen um die Förderung linker, ökologischer und nachhaltiger Politik an der Universität. Dabei sei es von zentraler Bedeutung, den Lebensraum Universität so zu gestalten, dass auch spätere Generationen an diesem Ort ver-nünftig leben und studieren können. „Wir machen Politik für heute und morgen!“ Inhaltlich setzt sich Campusgrün gegen Studiengebühren und Begabtenförderung, die nur der Elite dient, ein und fordert, dass Bildung generell jedem, unabhängig von &nanziellem, kulturel-lem oder gesundheitlichem Hintergrund, zugänglich sein muss. Außerdem will sich Campusgrün für die Optimierung der Vor-lesungspläne einsetzen, um die Belastung der Studierenden zu reduzieren. Dazu gehört auch der Aspekt der barrierefreien Uni-versität. Um eine konkrete Idee handelt es sich beim Stichwort „Fairtrade-Kiosk“, der im GW1 studentisch organisiert realisiert werden soll. Um „Wohlfühlatmosphäre“ an der Uni zu scha!en, hat CG den Wunsch, die freie Fläche hinter dem SFG nutzen und gestalten zu wollen und die Fläche unterhalb der Treppen im GW2 zu verschönern. Mit Blick auf die Ökologie und Nach-haltigkeit engagiert sich Campusgrün in der Prüfung der Mög-lichkeit, ein „Uni Solar Projekt“ an der Universität zu etablie-ren, wie es an anderen Unis bereits durchgeführt wird. Dabei geht es um den Bau von Photovoltaikanlagen auf Unidächern. Darüber hinaus spricht sich Campusgrün dafür aus, dass eine Zivilklausel im Bremer Hochschulgesetz verankert wird, mit der sich die Universität verp#ichten würde, ausschließlich zivile, nichtmilitärische Forschung zu betreiben. Weitere "emen sind Sicherheit und Antidiskriminierung. Konkret wird dabei gefor-dert, eine Kriminalstatistik zu scha!en, um die E!ektivität der Videoüberwachung zu prüfen. Außerdem spielt Interkulturali-tät sowie der Wunsch, einen „Campus der Vielfalt“ zu scha!en,

eine große Rolle. Um den freiwilligen Einsatz zu fördern, plä-diert Campusgrün auch dafür, Credit Points für ehrenamtliches Engagement zu vergeben. Dies solle die Studierenden motivie-ren und  den Zeitverlust ausgleichen, der automatisch entsteht.

LaD.i.y. LibertyDie Liste wird zur kommenden SR-Wahl antreten, verzichtet aber aus Zeitgründen auf ein Interview. Man sei mit der Orga-nisation von Aktionen im Bereich Antiatomkraft, Antirassismus und anderem Nichthochschulpolitischen derzeit ausgelastet.

LiSA – Liste der StudiengangsAktivenLiSA wurde nach eigenen Angaben zu Zeiten des Uni-Streiks 2003/2004 gegründet. Hauptgrund damals war die dem AStA vorgeworfene, fehlende Unterstützung im Streik. Nach Aussage einiger Aktiver sei es dabei nicht um Posten und Positionen, son-dern um die Betrachtung der und die Kritik an den bestehenden Strukturen gegangen. Bei der als politisch links einzustufenden Liste handelt es sich um einen breiten Zusammenschluss Stu-dierender verschiedener Studiengänge und Fachbereiche. Dabei ist LiSA basisdemokratisch organisiert, kritisch eingestellt und unabhängig von Parteien. Deshalb wird betont, dass es sich bei den Aktiven der Liste nicht um Parteikarrieristen handle.In diesem Sinne werden auch die SR-Wahlen selbst sehr kri-tisch gesehen. LiSA kritisiert das bestehende parlamentarische System und arbeitet nur zwangsweise innerhalb dieser Struktu-ren, soweit dies zur Zielerreichung von Nöten ist. Die derzeitige Studierendenvertretung wird von LiSA als „Mitte-Rechts-AStA“ bezeichnet, zu dem die eigene Liste das Gegengewicht darstelle. Insgesamt geht es LiSA darum, sich zu organisieren und allen Studierenden die Möglichkeit zu geben, aktiv zu werden und sich einzubringen. Es gehe um selbstständige Partizipation. An der Universität an sich sei man gerade deshalb aktiv, da man als Studierender viel Zeit an der Uni verbringe und diesen Lebens-schwerpunkt selbst ausgestalten wolle.LiSA stellte seit ihrer Gründung bis zum Jahre 2010 in einem Bündnis linker Listen den AStA der Universität Bremen, den so-genannten „AStA der Projekte“. Damit verdeutlichten die Koa-litionspartner, dass sie eine o!ene Anlaufstelle für die Studieren-den sind, die Zusammenarbeit mit den Stugen verbessern wollen und aufgrund der engen Spielräume an der Uni der außerparla-mentarischen Politik einen großen Stellenwert zuschreibt. Denn es wird kritisiert, dass die Studierenden in den Gremien kaum Mitgestaltungsrecht hätten, obwohl sie die größte Statusgruppe stellten. Speziell an der Universität hat die Liste eigene Seminare und kulturelle Veranstaltungen organisiert.

WARUM LiSA wählen?Wer einen linken parteiunabhängigen AStA haben wolle, der solle LiSA wählen, heißt es von Seiten der Liste. Da LiSA sich oft als radikale Opposition begreift, entsprechen auch viele der folgenden Forderungen diesem Verständnis einer oppositionel-len Rolle und der radikalen Kritik der herrschenden Verhältnisse.Man fordert mehr Freiräume an der Universität, in denen sich Studierende ohne große Mühe selbst organisieren und engagie-ren können. Weiterhin wird sich gegen jede Anwesenheitsp#icht ausgesprochen – auch in Seminaren. Die Abscha!ung der Mit-tagspause wird noch immer kritisiert und bekämpft. Darüber hinaus stellt sich LiSA gegen die Rüstungsforschung an der Universität Bremen und fordert als Mindeststandard eine Zivil-klausel. Das Maximalziel besteht für LiSA aber eigentlich in der Festigung der Universität Bremen als Friedensuniversität, an der

10

Hochschulpolitik

Page 11: 1. Ausgabe

gezielt Friedensforschung betrieben wird. Darüber hinaus wolle man sich gegen die Überwachung und die zunehmende Daten-speicherung an der Universität einsetzen. Ein weiterer Bereich, in dem man sich noch stärker aktiv zeigen würde, sei der Kampf gegen die aus ihrer Sicht fortschreitende Ökonomisierung und Kommerzialisierung der studentischen Lebenswelt. Besonders zentral sehe man hier das Problem des Plakatierverbotes.Erklärung:Auf ausdrücklichen Wunsch von LiSA wird an dieser Stelle be-tont, dass man dem Abdruck dieser Darstellung nur „unter Vor-behalt aufgrund der kurzen Zeit“ zustimme. Dabei wird Bezug genommen auf den Zeitraum zwischen Interviewanfrage und Redaktionsschluss.

RCDS – Ring christlich demokratischer Studenten1951 wurde in Bremen ein Landesverband des Rings christlich demokratischer Studenten, kurz RCDS, gegründet und ist mit Unterbrechungen nun seit etwa 30 Jahren aktiv. Er gehört damit dem gleichnamigen bundesweit agierenden Studierendenver-band an, der zwar kein direktes Organ der CDU ist, allerdings enge Ver#echtungen zur Jungen Union und der CDU aufweist. Diese Verknüpfung hilft dem Studierendenverband, seine Inter-essen auch in der außeruniversitären Politik unterzubringen. An der Universität Bremen versteht sich der RCDS als Korrektiv linker Politik und ist der Au!assung, als einzige nicht linke Liste sowohl jene Studierende zu vertreten, die sich mit ihm iden-ti&zieren, als auch jene, die sich von den übrigen Listen nicht vertreten fühlen. In der vergangenen Legislatur-periode verstand es der RCDS als seine Aufgabe, den amtie-renden AStA aus Campus-grün und AfA kritisch, aber konstruktiv, zu begleiten. Aus diesem Grund entschloss man sich auch, den AStA in einigen Bereichen zu unterstützen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Bereiche der Finanzordnung und des Haus-halts gewesen. Außerhalb des SR betrachtet der RCDS sich als Servicean-bieter. So erreicht man über ihn eine Praktikumsbörse so-wie eine Börse zum Studienplatztausch. Ein großer Teil der Ar-beit außerhalb des SR #ießt des Weiteren in die Information für Studierende, dabei geht es unter anderem um Stipendien.

WARUM den RCDS wählen?Helge Sta!, Landessprecher des RCDS, unterstreicht, dass die Gelder der Studierenden nicht rausgeworfen, sondern für mehr Service eingesetzt werden sollten. Dafür brauche es eine „schlag-kräftige Studierendenvertretung“, die „nicht für Ideologien und Weltrevolution“, sondern für das Studium arbeite. Seine Aussa-ge: „Wir machen den Unterschied.“Die Forderungen zur kommenden Wahl fasst Sta! in den zwei Blöcken „Infrastruktur des Studiums“ sowie „Finanzen und Haushalt“ zusammen. Darunter versteht er eine E(zienzsteige-rung von PABO sowie studierendenfreundlichere Ö!nungszei-ten und Verwaltungsstrukturen des Prüfungsamtes. Weiterhin spricht sich der RCDS für die Einführung einer Multifunktions-

karte (Campuscard) aus und fordert, dass es mehr Möglichkeiten gebe, Anträge und Behördenspezi&sches online zu erledigen. Eine letzte Forderung bezieht sich auf die Vergabe von Credit Points für ehrenamtliche Tätigkeiten. Nach Aussage von Sta! sei dies in einigen Studiengängen bereits etabliert und müsse ausge-baut werden. Im Bereich der Finanzen wünsche man sich eine verstärkte Kooperation mit der Wirtschaft. Begründet wird dies mit der notwendigen Organisation von Drittmitteln zur Verbes-serung der Lehre und des Studiums. Des Weiteren spricht man sich für die Einführung des Nationalen Stipendienprogramms aus. Zuletzt müssten einige Strukturen, wie zum Beispiel Hoch-schulreferate, seiner Ansicht nach zumindest kritisch auf ihre Fi-nanzierungslegitimation untersucht werden.

SDS – Sozialistischer Demokratischer StudierendenverbandMit dem Ziel, die hochschulpolitische Lücke zwischen linken Gruppen und radikalen Linken zu schließen, wurde im letzten Jahr

an der Uni Bremen der Sozialistisch Demokratische Studierendenverband (SDS) reaktiviert. Die Liste steht im kritischen Austausch mit der Partei DIE LINKE und möchte die genannte Lücke mit einem sozialistischdemo-kratischen Selbstverständnis schließen. Übergeordnetes Ziel ist das Scha!en einer gerechteren, demokratischeren und friedlicheren Gesellschaft. Speziell an der Uni ist es das Ziel, Wirtschaftsinteressen auf Lehr- und Forschungsinhalte zurückzudrängen und kritischen Wissenschaften wieder mehr Raum zu geben, um die Menschen mit den Problemen in unserer Welt zu konfrontieren und auf die Gestaltung einer gerechteren Welt vorzubereiten.

Warum SDS wählen?Der SDS teilt sein aktuelles Programm für die Wahlen an der Uni Bremen in die vier Bereiche „Mehr Mitbestimmung“, „Für die Forschung“, „Studierendenfreundliche Bedingungen“ und „Gleichberechtigung“ auf. Zu den zahlreichen Punkten aus den vier Blöcken gehören die Abscha!ung versteckter Studiengebühren, Förderung des vegetarischen Angebots in der Mensa, mehr Schutz für außereuropäische Studierende, ein Ende aller Zulassungsbeschränkungen für die Studiengänge, tragfähige und studierendenfreundliche Konzepte für die zu erwartenden steigenden Immatrikulationszahlen durch den doppelten Abiturjahrgang sowie ein klares Bekenntnis zu einer Zivilklausel und ein deutliches Nein zum "ema Tierversuche.

Text: Björn Knutzen Illustration: Fatima Yoldas

11

Hochschulpolitik

Page 12: 1. Ausgabe

Drei Kreuze für deine UniDie Legislaturperiode an der Uni Bremen geht zu Ende und im Mai stehen die Uni-Wahlen an.Der ScheinWerfer erläutert den Ablauf der Wahl und stellt die drei zu wählenden Gremien vor.

Bei der Wahl im vergangenen Jahr hat die gemeinsame Liste von Campusgrün und AfA (AStA für Alle) elf der 25 zu ver-gebenden Plätze im Studierendenrat erhalten. Sie ist damit die stärkste Fraktion des Studierendenrates und stellt den AStA so-wie den Präsidenten des Gremiums, Sebastian Vogt. In ihren Entscheidungen wird diese Koalition vom Ring Christlich-De-mokratischer Studenten (RCDS) unterstützt und erhält somit ihre Mehrheiten im Rat. Die restlichen zwölf Sitze gingen an

verschiedene Linke Listen, die stärkste aus diesem Lager ist die „Liste der in den Studiengängen Aktiven“, kurz LiSA, mit sechs Abgeordneten. Insgesamt sind acht verschiedene Listen im SR vertreten.

In der konstituierenden Sitzung des Studierendenrates wird der bereits erwähnte Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) ge-wählt. Dieser besteht aus einem dreiköp&gen Vorstand sowie den AStA-Referenten für verschiedene Fachbereiche, in denen sich die Mitglieder dieses Ausschusses in Form von politischer Bildung und Beratung engagieren oder als Ansprechpartner für

Die kleine aber markante Wahlkabine fällt inmitten der Men-sa besonders auf, zumal in fünf Metern Umkreis kein einziges Wahlplakat hängt. Student Max Mustermann stellt sein Tab-lett nach dem Mittagessen mit seinen Kommilitonen auf das Laufband und geht gezielt auf den Kasten zu. Nachdem er sei-nen Studentenausweis unter eine Schwarzlichtlampe gehalten hat, gibt ihm die Wahlhelferin seine Unterlagen. Daraufhin verschwindet Mustermann hinter dem klapprigen Sichtschutz. Man hört Papier rascheln, dann das Scrat-chen eines Kulis. Wenig später kommt der junge Wähler mit zufriedenem Gesichts-ausdruck wieder hervor. Nachdem die Wahlhelferin seinen Studentenausweis ab-gestempelt hat, wirft er seinen Umschlag schwungvoll in die Wahlurne. Dann geht er wieder seines Weges in die laue Bremer Sommerluft. So einfach ist das, was bald auch an der Bremer Universität wieder ansteht.

Denn vom 23. bis 27. Mai &nden an der Uni die alljährlichen Wahlen statt. Gut zu merken, denn am Sonntag davor wird in Bremen die Bürgerschaft gewählt. Die ganze Woche lang besteht die Möglich-keit, an verschiedenen Wahlstationen sei-ne Kreuzchen zu machen. Zu bestimmten Zeiten ist das unter anderem in der Men-sa und der Glashalle möglich. Eine kom-plette Liste der Wahlstationen und deren Ö!nungszeiten &ndet sich unter http://sr.uni-bremen.de/w/images/9/96/2011-Wahlausschreibung.pdf. Wer keine Zeit hat, kann alternativ bis zum 22. Mai ei-nen Antrag auf Briefwahl und bis zum 25. Mai einen Antrag auf Zusendung der be-nötigten Unterlagen bei der Wahlkommission stellen. Zur jährlichen Wahl der 25 Mitglieder des Studierendenrates (SR) sind alle zurzeit immatrikulierten, circa 19.000 Studenten der 124 verschiedenen Studiengänge der Uni Bremen durch Vor-legen ihres Studienausweises berechtigt. Der Wahlausweis, den jeder Student am Anfang eines Semesters zugesandt bekommt, wird in diesem Jahr nicht mehr benötigt. Stattdessen wird der Studentenausweis mit einem Schwarzlicht-Stempel markiert. Als Studentenparlament entscheidet der SR unter anderem über den studentischen Haushalt, das Semesterticket sowie zahlreiche andere studierendenrelevante "emen.

Hochschulpolitik

12

Page 13: 1. Ausgabe

Studenten oder auch Personen außerhalb der Uni bereit stehen. Darüber hinaus stellt der AStA die Verknüpfung zu den Studi-engangsaktiven dar. Gleichzeitig zur Wahl des SR &nden an der Uni weitere Gremi-enwahlen statt. Alle Studierenden haben die Möglichkeit, ihre Stimme für die vier studentischen Vertreter im Akademischen Senat (AS) abzugeben. Dieser besteht aus insgesamt 22 Perso-nen, aufgeteilt in sieben Professo-ren, fünf Dekane, vier Akademische Mitarbeiter, vier Studenten sowie zwei Sonstige Mitarbeiter. Zu den wichtigsten Aufgaben des Se-nats gehören die Wahl des Rek-tors, die in der kommenden Le-g i s l a turper iode ansteht, sowie die Beschlussfassung über die Einrich-tung, Au#ösung oder Änderungen von Studiengän-gen und Fachbereichen. Den Vorsitz hat zurzeit Prof. Dr. Wil-fried Müller, Rektor der Universität Bremen. Die vier studen-tischen Sitze sind aufgeteilt auf die Listen AfA, Campusgrün, RCDS und LiSA, wobei letztere das Gremium boykottiert und seine Stimme nicht wahrnimmt.Jeder der zwölf Fachbereiche wählt schließlich seinen eigenen Fachbereichsrat (FBR), in dem jeweils zwei Studenten einer großen Anzahl anderer Mitglieder gegenüber sitzen. Die Anzahl variiert dabei zwischen sechs (FB Jura) und elf (alle anderen Fachbereiche) anderen Mitgliedern. Studenten, die an mehreren Fachbereichen studieren, dürfen bei den Fachbereichswahlen nur für ihr Hauptfach eine Stimme abgeben. "emen in diesen Räten sind die Studiengänge betre!ende Aspekte wie zum Bei-spiel die Änderung von Prüfungsordnungen oder die Besetzung von neuen Professorenstellen.

Auf dem jeweiligen Wahlzettel machen die Wahlberechtigten für eine gültige Stimme jeweils ein Kreuz bei der Person einer

Liste oder dem Einzelbewerber ihrer Wahl. Nach dem Prinzip der personalisierten Verhältniswahl werden zunächst den Listen und Einzelbewerbern Mandate zugeteilt. Die auf eine Liste ent-fallenden Sitze werden dann an die jeweiligen Kandidaten in der Reihenfolge ihrer Stimmzahlen vergeben. Bei gleicher Stimmzahl entscheidet das Los. So werden nacheinander jeweils die 25 (SR), vier (AS) beziehungsweise zwei (FBR) Sitze an die Studentenver-treter in den Gremien zugeteilt.

Am Freitag, den 27. Mai, erfolgt ö!ent-lich die erste von zwei Auszählungen und die vorläu&-ge Bekanntgabe der Wahlergebnisse. Falls die Wahlbeteiligung bei der SR-Wahl unter dem Durch-schnitt der letzten drei Jahre liegen soll-te, werden die Wah-len bis Dienstag, den 31. Mai verlängert. 2010 lag die Wahlbe-teiligung bei circa 7,5 Prozent. Es ist schwer zu sagen, wie demo-kratisch das noch

ist. Glücklicherweise wird an der Bremer Uni aufgrund geringer Wahlbeteiligung allerdings keine Streichung von Finanzmitteln vorgenommen, wie dies an anderen Unis durchaus der Fall ist. Eine höhere Wahlbeteiligung ist aber mehr als wünschenswert und würde den Gremien mit einer breiteren Legitimationsbasis den Rücken stärken.

Für weitere Informationen stehen die Wahlleiter unter [email protected] beziehungsweise [email protected] zur Verfügung.

Text: Fabian Nitschmann, Sylvana Lange Grafiken: Lisa MertensQuellen: AStA, Finanzcontrolling der Uni Bremen

���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� �����

��

��

��

��

��

Beteiligung bei der Wahl zum Studierendenrat (SR)

Sommersemester (1999 bis 2010)

Wah

lbet

eilig

ung

(in

%)

Hochschulpolitik

13

Page 14: 1. Ausgabe

Bei jeder Wahl gibt es zwei Fragen, die sich die Wählenden unweigerlich stellen sollten. Erstens gilt es herauszu&nden, was eine politische Partei,

eine hochschulpolitische Liste oder ein Bewerber um ein Amt nach einer Wahl zu tun gedenkt. Die zweite Frage aber betri!t die derzeit Regierenden: Was haben die Amtierenden erreicht, wie zufrieden ist man mit ihrer Arbeit? In der Legislaturperiode 2010/2011 wurde der AStA von einer Koalition aus Campusgrün (CG) und AStA für Alle (AfA) ge-stellt. In Bezug auf die bevorstehende Wahl lohnt es, sich ihre Programme, ihre Ziele und das, was wirklich umgesetzt wurde noch einmal anzuschauen. Nach einer sehr kurzen Einordnung des politischen Verständnisses der Akteure der derzeitigen und der vorigen Legislaturperiode wird es zuerst dem amtierenden AStA ermöglicht, Stellung zum letzten Jahr zu beziehen. Dar-aufhin kommt die Opposition zu Wort und erklärt, was als po-sitiv beziehungsweise negativ zu bewerten sei. Am Ende soll eine konkrete Bilanz stehen, die sich dem letzten Jahr noch einmal aus der Beobachterperspektive zuwendet. Mit einem Kommen-tar des Autors wird die Bilanz dann geschlossen. Ein neuer AStA – Ein neuer Stil

Bevor CG und AfA im letzten Jahr in ausreichender Stärke in den Studierendenrat (SR) einzogen und durch Unterstützung des RCDS den AStA stellten, regierte lange Zeit ein Bündnis linker Listen (LiLi). Die Koalitionen zeichnen sich dabei durch zwei Aspekte aus: ein in vielen Punkten radikal unterschiedli-ches Selbstverständnis sowie ein recht unterschiedliches politi-sches Handeln. Der damalige AStA verstand sich stets als „AStA der Projekte“, was nicht weniger heißen sollte als Selbstorgani-sation der Studierenden beziehungsweise jenen unter ihnen, die an (politischen) Aktionen interessiert gewesen wären. Es ging darum, Strukturen zu scha!en und nutzbar zu machen, weni-ger um politisches Handeln als Interessenvertretung. Vertreten könne sich nur jeder selbst, war eines der Kernargumente eines AStAs, der das parlamentarische System sowie Wahlen im parla-mentarischen Sinne kritisierte. An Wahlen wurde hauptsächlich teilgenommen, um Strukturen zu scha!en und zu erhalten, die den Studierenden die Möglichkeit bieten sollten, sich selbst zu vertreten. So gesehen bestand die einstige Koalition zu einem großen Teil aus Personen, die ein deutlich außerparlamentari-sches Verständnis von Demokratie eint.In der letzten Legislaturperiode erfolgte dann ein Stilbruch. CG und AfA sind Befürworter des parlamentarischen Systems und machten schon vor den Wahlen deutlich, dass sie die Möglich-keit wahrnehmen wollten, die Studierenden aktiv zu vertreten.

Das bedeutete eine aktive Arbeit im SR und das Bestreben, Zie-le umzusetzen, mit denen die Studierenden unterstützt werden können. Auf der einen Seite handelt es sich also um eine Koali-tion politischer Akteure, die zumindest dort, wo es ihnen nicht anders möglich erscheint, fernab von Räten und Gremien, eine

außerparlamentarischer Politik betrieben hat, die nicht selten als Protest empfunden wurde und wird und auch so gedacht war. Auf der anderen Seite handelt es sich um eine Koalition politisch arbeitender Personen, die die bestehenden Strukturen, die den Studierenden zur Interessenartikulation und –vertretung gege-ben sind, voll ausnutzen wollen und Politik im SR statt drau-ßen auf dem Boulevard oder der Straße betreiben möchten - ein neuer Stil.

Was wurde geschafft?

Auf die Frage, was der amtierende AStA gescha!t habe und wel-chen Anteil AfA daran trage, antwortete Stefan Weger, Listen-sprecher von AfA, ohne Umschweife. Man habe „den Kahn aus dem Dreck gehievt“, erklärt er mit Verweis darauf, dass der frü-here AStA des Linkslistenbündnisses den AStA „kaputtgewirt-schaftet“ habe. Dabei betont er, dass es dank AfA mittlerweile zumindest wieder eine ordentliche Finanzordnung gebe. Über die Zusammenarbeit mit dem RCDS, die für den Min-derheiten-AStA aus AfA und CG nötig geworden war, urteilt Weger, dass es „eine funktionale Zusammenarbeit“ gewesen sei. Und auch wenn diese Zusammenarbeit funktioniert und durch-aus Positives mit auf den Weg gebracht habe, so sei doch das Ziel, in der nächsten Legislaturperiode ohne den RCDS zu re-gieren. Weger betont an dieser Stelle sehr ernst, dass eine Zu-

Ein Jahr neuer AStA - eine BilanzDie Minderheitskoalition aus Campusgrün und AStA für Alle steht für parlamentarischeArbeit anstatt außerparlamentarischer Opposition

Hochschulpolitik

14

Page 15: 1. Ausgabe

sammenarbeit mit dem immerhin konstruktiv mitarbeitenden RCDS schon deshalb nötig geworden sei, weil man über den früheren AStA frustriert gewesen wäre. Und um diesen und dessen Misswirtschaft abzulösen, habe es einen neuen AStA ge-braucht, der jedoch nur unter Beteiligung des RCDS möglich gewesen sei, da die übrigen Listen sich gegen eine Kooperation entschlossen hätten.Die Zusammenarbeit zu CG wird ebenso sachlich, aber freund-licher dargestellt. Sicher habe man nicht überall immer das Glei-

che gewollt beziehungsweise direkt zueinander gefunden, eine Koalition gehe man aber gern wieder ein, da man gemeinsam vieles habe verwirklichen können. Trotzdem verdeutlicht Weger nochmal die Einstellung des AfA, indem er hervorhebt, man wolle mit jedem reden, der konstruktiv und themenbezogen zu-sammenarbeiten könne. Das Fehlen dieser Bereitschaft wird ei-nigen Listen der Opposition unterstellt, die selbst bei Anträgen, die ihren eigenen Zielen entsprächen, aus Prinzip ihre Unter-stützung verweigert hätten.Auch CG zieht eine eher positive Bilanz. Das Motto „Dialog statt Blockade“ habe sich im Umgang mit dem Rektorat, den Gremien und den Stugen bewährt, wie Sara Dahnken, Spreche-rin bei CG, erklärt. Auch der Kontakt zu den Studierendenver-tretungen anderer Hochschulen sei angestoßen worden, müsse aber noch vertieft werden. Hervorgehoben wird, dass man mehr Transparenz gescha!en und die o(zielle Homepage des Bre-mer AStA’s überarbeitet habe und sie aktuell halte. Bei weiteren konkreten "emen werden die gute Zusammenarbeit mit AfA, aber auch die eigenen Ein#üsse betont. Man habe dafür gesorgt, dass zumindest ein Aufbaukurs im Fremdsprachenzentrum ver-günstigt worden sei. Campusgrün sei auch stark daran beteiligt, den Ausbau des vegetarischen und veganen Essensangebotes in der Mensa zu fördern. Gemeinsam mit AfA habe man endlich konkrete Kriterien zur Förderung von Hochschulgruppen fest-gesetzt, um Unterstützung für z.B. Amnesty International zu

bieten, aber kein Geld an Projekte zu verschwenden, die diese Kriterien dabei nicht erfüllen. Diese Kriterien seien transparent und konkret gehalten. Eine Koalition mit AfA werde jedenfalls erneut angestrebt, um die positive Richtung fortzusetzen. Beide Listen, AfA und CG, erklärten auf Nachfrage des Schein-werfers zur Arbeitsbelastung auch, dass es doch einige Zeit in Anspruch nimmt, im AStA aktiv zu sein. Dies hänge natürlich davon ab, wie sehr man sich engagiere. Dahnken führt aber noch aus, dass eine hohe Belastung zu Beginn der letzten Le-gislaturperiode auch davon ausgehe, dass man sich erstmal habe einarbeiten müssen, weil eine ordentliche Übergabe, wie Weger auch erklärt, nicht stattgefunden habe.

Welche Ziele wurden nicht erreicht?

Es dürfte nachvollziehbar sein, dass man nicht gern über uner-reichte Ziele spricht. Dennoch sind einige selbstkritische Punkte aus den Interviews mit AfA und CG deutlich geworden.Weger erklärt hier, es hätten vielleicht nicht immer alle Listen-mitglieder auch ihren vollen Einsatz gezeigt, sagt aber generell, dass die gemeinsame Arbeit gut verlief. Dahnken ist da etwas of-fener und zeigt sich bedrückt darüber, dass nur die Aufbaukurse im Fremdsprachenzentrum vergünstigt seien. So müsse das Ziel bleiben, auch die Preise der Einführungskurse zu prüfen, zumal an anderen Universitäten oft bessere Bedingungen herrschten. Auch sei man noch unzufrieden mit der &nanziellen Situation zwischen Bremen und der Universität und setze sich weiterhin dafür ein, dass &nanziell zumindest ein Status Quo gehalten werden könne, um die Lehre nicht zu gefährden. Zuletzt habe man vor der Wahl das Ziel gehabt, das ökologische Bewusstsein unter den Studierenden zu steigern. Dies sei noch nicht zur Zu-friedenheit gelungen und solle sowohl in der Arbeit auf dem Campus als auch im AStA selbst verstärkt werden. Stimmen aus der Opposition

Naturgemäß hat die Opposition einen teilweise ganz anderen Blickwinkel auf die letzte Legislaturperiode. Deshalb kommen hier sowohl LiSA zu Wort wie auch der RCDS. Letzterer unter-stützt zwar den amtierenden AStA und hat ihn als Minderhei-ten-AStA ermöglicht, generell gibt es aber doch deutliche Un-terschiede zwischen den Listen. LiSA kritisiert als Erstes genau diesen Punkt und bezeichnet den derzeitigen AStA als „Mitte-Rechts-AStA“. Es wird den Mitgliedern der regierenden Liste unterstellt, man sei nur auf Stimmenfang und wolle Posten er-gattern. „Es sei“, so ein Aktiver, „nicht viel passiert.“ Vieles sei wichtiger als eine neue Finanzordnung, beispielsweise praktische Politik man hätte sich beispielsweise eher für Demonstrationen engagieren sollen. Außerdem erklärt man, der amtierende AStA habe sich früher aus der Opposition nach Eigenaussage am da-maligen AStA abgearbeitet. Dieser soll Verschwendung &nanzi-

Hochschulpolitik

15

Page 16: 1. Ausgabe

eller Mittel betrieben haben. Nun, so der Vorwurf, werde Glei-ches vom derzeitigen AStA getan, indem aus ihrer Sicht unnö-tige Projekte &nanziert würden, andere, viel wichtigere, aber nicht. Dazu gehört beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft Hun-debetreuung.

Was eine etwaige Zusammenarbeit mit AfA und CG betri!t, wird betont, dass es verhärtete Fronten gebe und man beide generell nicht als Bündnispartner betrachte, so lange sie nach rechts o!en seien.

Dabei sei speziell die Kooperation mit dem RCDS gemeint. Zu-letzt wird noch einmal das eigene Politikverständnis verdeutlicht

und erklärt, die Politik &nde nicht in Gremien statt, sondern auf dem Campus beziehungsweise auf dem Boulevard.

Der RCDS zieht eine positivere Bilanz. AfA und CG seien, so Helge Sta!, der Landeslistensprecher des RCDS Bremen, kon-struktiver als das damalige Linkslistenbündnis. Besonderes Lob erhält dabei der von AfA eingesetzte Finanzreferent Jan Clop-penburg, der eine gute Arbeit mache. Auch würdige man die gesteigerte Transparenz vor dem SR. Dennoch, so erläutert Sta!, sei dies noch ausbaufähig. Man kritisiere, dass die Referentin für politische Bildung von AfA einfach ausgetauscht worden sei, nachdem diese ihre Aufgabe derzeit leider nicht erfüllen könnte. Dafür hätte man aber den SR einbeziehen und eine Neuwahl für das Referat für politische Bildung durchführen müssen. Dies sei kein Grund zur Radikalkritik, betone aber den Anspruch des RCDS, dass man den SR respektieren müsse. Auch wün-sche man sich noch mehr Engagement und Unterstützung bei der Forderung nach einer Multifunktionskarte auf dem Campus (Campuscard). Zuletzt kritisiert man die Blockadehaltung des AStAs beim Nationalen Stipendienprogramm, das man selbst positiv bewerte. Die übrigen Listen in der Opposition sind für eine Stellung-nahme leider nicht erreichbar gewesen. Die Basisdemokrati-sche Linke (BaLi) verweigerte ihre Zusammenarbeit mit dem „Scheinwe und LaD.i.y. Liberty fehlte leider die Zeit.

Eine Bilanz

Neben den listeneigenen Selbsteinschätzungen gilt es hier noch einmal konkret zu prüfen, was aus dem Wahlkampf umgesetzt wurde, und was nicht. AfA sprach sich im letzten Wahlkampf gegen Studiengebühren und Stipendien sowie für ein elternunabhängiges und angemes-senes Bafög aus. Tatsächlich konnte das Stipendienprogramm gegen den Akademischen Senat nicht verhindert werden, es wird nun wohl aber sozialer gestaltet, indem man den Fokus zu ande-ren Kriterien als der reinen Notenvergabe verschiebt. Zum Bei-spiel sollen die soziale Situation wie auch soziales Engagement stärker in die Bewertung mit einbezogen werden. Dazu soll die erkämpfte studentische Beteiligung im Auswahlgremium beitra-gen.Weiter wollte man sich für eine bunte und vielfältige Uni enga-gieren. Für diesen Zweck beteiligt sich der AStA in diesem Jahr an der bundesweiten Veranstaltung „Festival contre le racisme“. Im Bereich „Vereinbarkeit von Familie und Studium“ werden derzeit Akzente gesetzt, indem man das „Referat für Soziales“ wieder gegründet hat und mit einem Mitglied der Liste besetzte. Bei der Forderung, verstärkt Kultur unter den Studierenden zu fördern, ist man derzeit auf dem Weg, ein Kulturticket ähnlich dem Semesterticket zu etablieren. Darüber wird derzeit noch mit den zuständigen Stellen verhandelt.

16

Kommentar: Wählen gehen! Es ist in der letzten Legislaturperiode gewiss nicht alles erreicht worden, aber es wäre auch vermessen und unrea-listisch, solch eine Forderung zu stellen, wo dies aus der Politik allgemein ein bekanntes Problem ist und vielfältige Gründe hat.Tatsache ist aber, dass AfA und CG viele ihrer Ziele erreicht haben. Von den meisten Akteuren, wie dem Rektorat und einzelnen Stugen, wird ihnen eine konstruktive Haltung attestiert.Bei der Frage, wer den AStA stellen soll, gibt es sicher eini-ges, was in Betracht zu ziehen wäre. Die Frage hier müsste sein, wie viel man vom damaligen und vom aktuellen AStA mitbekommen hat. Danach muss man sich darüber klar-werden, ob das, was man mitbekommen hat, konkrete und konstruktive politische Inhalte oder aber Dinge gewesen sind, die viele Studierende vielleicht nicht betre!en. Denn das ist schließlich das stärkste Kriterium bei dieser Wahl: Die Frage ist, wer sich am Besten für die Studierenden ein-setzt. Wer dazu aus Sicht der Wählerinnen und Wähler am Besten in der Lage ist, der hat die Stimmen verdient.

Das gänzlich falsche Mittel ist es allerdings, nicht zur Wahl zu gehen: Es geht um die Verantwortung aller Studierenden und ihr Geld. Und auch wenn einige Studierende die Uni nur als Durchgang und nicht als Lebensraum begreifen, so sollte spätestens mit Blick auf die kommenden Studierenden die Mitgestaltung an der Uni ein zentrales Interesse Vieler sein. Der einfachste Weg dafür ist, zur Wahl zu gehen.

Text: Björn Knutzen

Hochschulpolitik

Page 17: 1. Ausgabe

Weitere Forderung im Wahlkampf war die Konsildierung und Modernisierung der Strukturen im AStA. Dies ist zu einem gu-ten Teil mit der Gründung des Sozialrefe-rats gelungen, aber auch mit dem Umbau der AStA-Homepage sowie der Einführung konkreter Kriterien zur Förderung von Hochschulgruppen. Auch habe man sinn-volle Referate gescha!en, wie sich auf der AStA-Etage und der eigenen Homepage nachvollziehen lässt. Zuletzt steht im Raum, wie sehr AfA an der Abscha!ung der Anwesenheitsp#icht in Vorlesungen beteiligt gewesen ist. Über diesen Punkt streiten sich oppositionelle linke Listen mit AfA und argumentieren wechselseitig, dass dies dank der Arbeit in Gremien oder außerparlamentarischem Protest gelungen sei. Ohne weitere Prüfung lässt sich dies wohl nicht eindeutig klären.Daneben gibt es einige Dinge, die gefor-dert, aber noch nicht umgesetzt wurden. Die Gründe dürften dabei vielfältig sein.Weiteres Engagement würde dementspre-chend noch die Verbesserung der Ö!-nungszeiten an der Uni benötigen. Auch die Mittagspause ist noch immer abge-scha!t. Weiterhin steht der Kampf gegen die Hochschulwer-bung genau so aus, wie die Etablierung einer Möglichkeit zur Online-Evaluation der AStA-Arbeit im Stud.IP. Campusgrün forderte im letzten Wahlkampf eine Verbesserung der &nanziellen Situation an der Uni und wollte sich dafür ein-setzen, dass die Gelder der Studierenden vom AStA im Interesse aller eingesetzt würden. Während man weiterhin mit dem Land Bremen über die Finanzen verhandeln muss, wird im AStA dank der Kriterien zur Förderung von Hochschulgruppen und dank einer Umstrukturierung der Referate vermehrt darauf geachtet, das vorhandene Geld sinnvoll einzusetzen. Eine weitere Forderung betraf die „Uni als Lebensraum“, wie es in einem Flyer von CG heißt. Dabei stellte man in Aussicht, eine AG Gestaltung zu gründen, die auf Eigeninitiative eine „Wohlfühlatmosphäre“ scha!en sollte. Bisher ist dies aber nicht gelungen. Ein weiterer Punkt ist das "ema Ernährung. Hierbei hat sich bei den Essensangeboten etwas getan, was weiter ver-folgt wird. Was die Förderung des ökologischen Bewusstseins, auch ein Ziel von Campusgrün, betri!t, so hat man sich hierbei bereits selbstkritisch gezeigt und will verstärkten Einsatz zeigen. Wei-tere Forderungen betrafen das Grundrecht auf Bildung. So hat CG gemeinsam mit AfA das Nationale Stipendienprogramm nicht verhindern können, es jedoch um eine verstärkte soziale

Perspektive bereichert. Im Bereich der Sprachkurse im Fremd-sprachenzentrum ist zwar das Ziel der moderaten Preise noch nicht gänzlich erreicht, Teilerfolge wurden jedoch erzielt. Bei der Forderung nach einer transparenten und demokratischen Hochschulpolitik ist man den Zielen dafür größtenteils nahe ge-kommen. So wird mittlerweile regelmäßig und aktuell auf der AStA-Homepage über hochschulpolitische "emen informiert. Die Scha!ung transparenter Kriterien bei der Hochschulgrup-penförderung gehört dazu wie auch der funktionierende Dialog mit den universitären Gremien und Akteuren.

17

Text: Björn Knutzen Foto: Lisa Mertens

Hochschulpolitik

Page 18: 1. Ausgabe

18

Getestet wurden zunächst die Mensa am Boulevard, die Cafeteria im GW2, BioBiss im GW1 und In‘s quirl in der Grazer Straße. Dabei wurden jeweils mindestens

zwei verschiedene Hauptgerichte, ein Dessert und ein weiteres Extra, wie Salat, Suppe oder Saft beurteilt.

Unimensa am BoulevardTestgerichte1. Mozzarellasticks mit Fladenbrot und Salat 3,10 €2. Eier in Senfsauce 1,20 €3. Salat (eigene Zusammenstellung) 1,00 €4. Mousse au Chocolat 1,30 €

Zu den beliebtesten Plätzen in der Mensa und wahrscheinlich auch zu den schönsten Ausblicken auf dem Campus, gehö-ren die Sitzplätz im hinteren Teil der Mensa, von wo aus mandirekt auf den kleinen See des Campusparks blickt. Doch die Mensa hat noch mehr zu bieten, als nur diese schöne Aussicht. Das Essensangebot ist von einer Vielfalt, die man nirgends auf dem Campus &ndet. Darüber hinaus sind die Preise sehrstudentenfreundlich. Man kann wählen zwischen Essen 1,Essen 2, wöchentlich wechselnden Suppen, Pizzen, preisin-tensiveren Wok- Gerichten, Au#äufen, Vegetarischem undSalaten. Auch bei den Desserts hat man die Qual der Wahl, unter anderem zwischen Pudding, verschiedenen Mousse-variationen oder Roter Grütze. Bei den kunstvoll mit Früch-ten dekorierten Desserts kommt es aber auch mal vor, dass das Obst nicht mehr ganz so frisch ist. Die Mensa ist einer der zentralsten Anlaufpunkte auf dem Campus, wenn sich der kleine oder große Hunger meldet. Und genau deswegen muss man gerade zu den Hauptzei-ten, auch mal länger anstehen, vor allem bei dem allseits be-liebten Essen 1. Essen 2 fällt leider öfters etwas dürftig aus, was sich bei den doppelten Rationen auf den Tabletts der Kommilitonen bemerkbar macht, ist aber auch sehrpreisgünstig. Sehr zu empfehlen sind auch die verschie-denen Säfte in der Mensa. Informationen über die In-haltssto!e stehen direkt auf dem Speiseplan und auch noch mal an den einzelnen "eken, so dass Allergiker und

Vegetarier nicht lange suchen und nachfragen müssen. Bei dem vielfältigen Angebot in der Mensa ist meist für jedenetwas dabei, so dass auch Studierende von Gebäuden, dieweiter weg vom Boulevard liegen, hierher kommen. Während der Vorlesungszeit hat die Mensa von 11:30 Uhr bis 14:15 Uhr geö!net, in der vorlesungsfreien Zeit nur bis 14 Uhr.

Die Cafeteria im GW 2Testgerichte1. Käsetortellini mit Tomatensauce 2,30 €2. Vegetarische Pizza 2,50 €3. Wok: Ente süß-sauer mit Gemüse und Basmatireis 4,10 €4. Gemischter Salatteller (eigene Zusammenstellung) 2,45 €5. Vanillequark mit Fruchtdekor 1,25 €

Du bist, was du isstTäglich begeben sich die eifrigen Studenten der Uni Bremen zu einer der zahlreichen Essenseinrich-tungen, um neue Kräfte für die nächste Vorlesung zu tanken. Doch was wird ihnen dort eigentlich geboten? Welche positiven und negativen Aspekte in Bezug auf Qualität oder Angebot gibt es? Wo kann man am besten oder am günstigsten essen? Diesen und anderen Fragen soll mittels eines Praxistests in den verschiedenen Einrichtungen der Uni auf den Grund gegangen werden.

Campusleben

Page 19: 1. Ausgabe

19

Zugegeben, der orangefarbene Fußboden ist Geschmackssache. Dennoch kann die Cafeteria im GW2 in vielen Bereichen punk-ten. Im Gegensatz zur Hauptmensa ist die Auswahl an Haupt-gerichten zwar eher gering, dafür sieht man dem Essen die Qualität schon auf dem Teller an. Da wären zum Beispiel diefrischen Kräuter auf den Käsetortellini oder das große Salatan-gebot. Auch der Geschmack des Essens überzeugt. Die Ente süß-sauer ist gut gewürzt und das Gemüse schmeckt sehr frisch. Die selbstgemachte Piz-za überzeugt geschmacklich ebenfalls, sie ist knusprig und großzügig mit Käse und Ge-müse belegt. Die Pizza ist mit 2,50 € allerdings vergleichs-weise teuer, zumal man nur ein Stück bekommt. Das Obst auf dem Vanillequark ist sehr frisch und der Quark selbst schmeckt wirklich nach Vanille. Mit In-formationen über Inhaltssto!e der Hauptgerichte wird leider sparsam umgegangen, so dass Allergiker nachfragen müssen. Seinen Sitzplatz muss man sich zum Teil erkämpfen, was aber auch daran liegt, dass die nette Atmosphäre der Cafeteria dazu einlädt, auch mal länger sit-zen zu bleiben. Angesichts der Freundlichkeit des Personals und des leckeren Essens kann darüber aber leicht hinwegge-sehen werden. Die Ausgabe für die warmen Gerichte hat hier von Montag bis Freitag, 11:30 Uhr bis 14:30 Uhr, geö!net.

BiobissTestgerichte1. Mediterrane Bulgurpfanne mit Joghurt-Dessert 3,00 €2. Putensteak mit Tomate und Mozzarella überbacken, Karto!elspalten und Salat 3,20 €3. Lauchcremesuppe und Apfelzimt-Mu(n 3,50 €

Der BioBiss ist eine kleine Kantine im Erdgeschoss des Gebäudes GW1. Leider kann man hier nicht mit der Mensacard bezahlen, da die Einrichtung von einem gleichnamigen, externen Betrieb unterhalten wird. Schwierig wird es als Vegetarier, Allergiker oder mit anderen speziellen Ernährungsweisen, da die Inhalts-sto!e zum Großteil nicht deklariert sind und man Einzelheiten erfragen muss. Auch die Preise für die Hauptgerichte sucht man

vergeblich, wohingegen sämtlich Snacks mit Schildern versehen sind.Als besonders positiv sind die kurzen Wartezeiten zu bewerten. Ein weiteres Plus ist, dass man zu den zwei Hauptgerichte zwischen einem Dessert und einem Salat wählen kann. Letzteren kann man sich selbst aus einer kleinen Aus-wahl an frischem und dadurch leckerem Gemüse zusammen-stellen. Auch die Mu(ns sindwirklich lohnenswert. Etwasschade ist, dass die Auswahl für das Mittagessen mit zwei Hauptgerichten und einemtäglichen Suppenangebot recht eingeschränkt ist. Leider waren auch die Mitarbeiter nicht sehr freundlich. Auf Nachfrage nach dem Angebot reagierten sie ab-weisend oder sogar genervt. Das Essen selbst bestand aus großenPortionen, die satt machten.Allerdings schwamm das Puten-steak sehr in Fett und das Essen war zum Teil zu schwach oder zu stark gewürzt.Biobiss strahl im weitesten sinne den Charme einer Ju-

gendherberge aus: In einem recht kargen Raum stehen lange Holztische mit klobigen Stühlen zwischen ein paar Topfp#an-zen. Nach dem Essen muss man Reste, Besteck und Teller in bereitstehende Eimer aufteilen, was der Gesamtoptik auch eher schadet. Durch Reinlichkeit konnte BioBiss ebenfalls nicht überzeugen, da Besteck und Glasschalen zum Teil un-sauber waren. Abschließend ist es noch wichtig zu wissen,

Campusleben

Page 20: 1. Ausgabe

dass zwar der Großteil der Nahrungsmittel von einemzerti&zierten Biohof oder von biologischen Großhändlern kommt, aber die Kantine selbst nicht zerti&ziert ist. Dasbedeutet, dass es gelegentlich vorkommen kann, dass abge-sehen von den Rohsto!en wie z.B. Fleisch, Käse oder Ge-müse, nicht ausschließlich alle Lebensmittel biologisch hergestellt worden sind. Geö!net hat BioBiss montags bis donnerstags von 9 Uhr bis 16 Uhr sowie freitags von 9 Uhr bis 14 Uhr. Mittagessen ist täglich ab 12 Uhr zu haben.

In’s quirlTestgerichte1. Gnocchi mit Zucchini in Käsesauce 3,00 €2. Hähnchenschnitzel, Pilzrisotto, Salat 3,00 € (jeweils eine Quarkspeise als Nachtisch inklusive)

Ein bisschen abgeschoben sind die Psychologen und Gesundheit swissenschaft-ler schon. Um zur GrazerStraße 4 zu kommen kann man entweder 15 Minu-ten laufen oder den 22er Bus Richtung Horn Lehe nehmen (Station SpittalerStraße). Doch lohnt sich der weite Weg auch, wenn man nicht zum „Aufmerksam-keit und Denken“- Seminar muss wie die Psychologen? Ob man Reis mit Pilzen wirklich als „Pilzrisotto“ bezeichnen kann, ist fragwürdig (wer sich auskennt weiß, dass ein echtesitalienisches Risotto mit speziellem Rundkornreis zuberei-tet wird und eine sämige Konsistenz hat). Doch die netteAtmosphäre entschädigt für Vieles: Hier geht es auf keinen Fall um Massenabfertigung. Das Personal ist freundlich und aufTabletts wird verzichtet; dies kann man gut oder schlecht&nden – für die einen ist ein Tablett bloß praktisch, die ande-ren emp&nden es als Merkmal eines schnellen, unpersönlichenKantinenessens. Die Räumlichkeiten sind nett eingerichtet, es gibt Zimmerp#anzen, Bilder an den Wänden und Sitzkissen auf den Stühlen – man fühlt sich wohl hier. Auch die Gerichtesehen gut aus, selbst die Auswahl ist mit zwei Hauptgerichten sehrbeschränkt, aber das Essen macht dafür schon auf dem Teller

was her. Abgesehen von kleinen Mankos (sparsam gewürzt, ein wenig zu kalt) überzeugt ebenso der Geschmack des Essens: die Soße auf den Gnocchi ist nicht zu schwer und schmeckt trotzdem herrlich nach Käse; Das Putenschnitzel ist überhaupt nicht trocken und hat eine sehr leckere Panade. Einzig die Nachspeise überzeugt nicht und fällt durch seinen eher unde&nierbaren Geschmack auf. Es könnte Naturjoghurt mit Zucker sein. Aber wenigstens hat man dafür nicht extra Geld ausgegeben und den kleinen Hunger auf etwas Süßes nach dem Mittagessen stillt die Nachspeise trotz allem. Die Por-

tionen sind großzügig und die Preise zwar auch hier an-gehoben, aber für die Ge-samtleistung angemessen.Fazit: Wer mal eineAlternative zum Einheitsbreider Hauptmensa sucht und mehr als eine halbe Stunde Zeit hat zum Essen, der wird von In’s quirl (das übrigens von einer Fraueninitiative be-trieben wird) nicht enttäuschtwerden. Und die Ö!nungs-zeiten sind im Vergleich zu den anderen Einrichtu gen auch sehr großzügig:Montags bis freitags, 8 Uhr bis 15:30 Uhr hat In’s quirl geö!-net.

Text: Elisabeth Schmidt, Lea Baukenkrodt, Alina Fischer Fotos: Gerhard Freudenberg

Lage der Mensa (1), GW2 Cafeteria (2), Biobiss (3) und In‘s quirl (4).Guten Appetit! Quelle: Universität Bremen.

20

Campusleben

Page 21: 1. Ausgabe

Herz aus GlasIn einer Reihe präsentiert der Scheinwerfer die unterschiedlichsten Gebäude des Unicampus. Angefangen in der ersten Ausgabe mit dem Zentrum der Universität - die Glashalle

Düster muss es zugegangen sein im Zentralbereich der Uni Bremen, folgt man den Erzählungen von Eberhard Scholz. Der Leiter der Pressestelle der Uni erinnert sich

noch gut an die Zeit, bevor die Glashalle hier stand: „Durch die alte Überdachung war der Bereich sehr dunkel und dreckig, weil sich so viele Tauben dort eingenistet hatten.“ Um diese Situation zu bessern und einen repräsentativen Empfangsbereich für die Uni zu scha!en, musste ein neuer Bau her. O!en und zukunftsori-entiert sollte der Zentralbereich gestaltet wer-den. Daher konnte 1994 der Ent-wurf eines H a m b u r -ger Archi-t ek turbüros ü b e r z e u g e n , der sich beson-ders durch seine Leichtigkeit und Transparenz auszeich-nete. Vier Jahre später wurde dann mit dem Bau des neuen Empfangsbereichs begonnen. Allerdings gab es durch fehlerhafte Baupläne einige Schwierigkeiten, die dafür sorgten, dass sich die Fertigstellung um über ein halbes Jahr verzögerte. Am 7. Juli 2000 konnte die Glashalle dann aber schließlich feierlich einge-weiht werden. Bereits kurze Zeit später gewann sie mehrere Architekturpreise. Die Glaskonstruktion, dereneinzelne Scheiben bei Wind beweglich sind, um so auch starken Stürmen standhalten zu können, sorgte zur damaligen Zeit aufgrund der innovativen Technik für großes Aufsehen. Als weniger standhaft hat sich jedoch die Glasdecke des Gebäudes erwiesen: Vor knapp zwei Jahren musste die Halle für längere Zeit gesperrt werden, da sich zuvor einige Scheiben gelöst hatten und die Decke überarbeitet werden musste.

Seit über 10 Jahren kann man hier nun schon in verschiede-nen Geschäften Lebensmittel, Tabakwaren, Zeitungen und so-gar Uhren kaufen. Auch wer eine neue Frisur braucht, gemüt-

lich einen Ka!ee trinken möchte, oder einfach nur urlaubsreif ist, &ndet hier mit Friseurgeschäft, Bistro und Reisebüro dierichtigen Anlaufstellen. Auf den oberen Etagen &ndet manzudem verschiedene Krankenkassen, das Studentenwerk und den AStA. Alle vier Wochen sendet außerdem das Campus-radio live aus der Glashalle. Informationen zu den Sende-terminen gibt es unter www.campusradio.uni-bremen.de. Eine „Halle für alle“ solle das neue Glasgebäude

sein, schrieb der Bremer Uni

Schlüssel in seiner Juni/Juli Ausgabe 2000. Und das ist sie auch – ganz egal, ob man schnell etwas

e i n k a u f e n oder einfach

im Trockenen auf die Bahn

warten möchte. Seit gut einem Jahr

wird die Glashallejedoch stärker für Wer-

bung genutzt. Die Treppen-stufen ziert neuerdings die Wer-

bung eines Mobilfunkanbieters und die Medienwand, auf der Wer-

bung, Uni-Infos und Nachrichten ange-zeigt werden, ist seit April 2010 in Betrieb.

In Zukunft soll dieses Angebot noch weiter ausgeweitet werden. Wer sich dieser Werbung lie-

ber entziehen will, dem bleibt wohl nur der Umweg über die Außentreppen des Boulevards.

Text: Anna Lenja Hartfiel Foto: Gerhard Freudenberg

21

Campusleben

Page 22: 1. Ausgabe

Flankiert von den Veranstaltungen Media@School und Mobile Learning Conference schlug das EduCamp am 19. und 20. März 2011 buchstäblich erstmals seine Zelte

an der Universität Bremen auf. Die siebte Veranstaltung ihrer Art war gleichzeitig die erste in der Hansestadt und stellte wie üblich die Kombination digitaler Medien mit Lernprozessen ins Zentrum. Dabei stand die aktuelle Ausgabe unter der Über-schrift „Neue Lernräume gestalten – BarCamp für E-Learning, Corporate Learning sowie Lehren und Lernen.“

Seit 2008 ist ein Konglo-merat von Medien- und Erziehungs-Experten in hiesigen Landen aktiv und bedient sich dabei halb-jährig an wechselnden Or-ten dem Prinzip des Bar-Camps. Bei dieser Art der Tagung kommen Input und Strukturierung von den Teilnehmern selbst, weswegen Insider in Ab-kehr zu traditionellen Kongressinszenierungen auch von „Unkonferenzen“ sprechen. In den partizipatorischen Hergängen geht es darum, dass Interessierte den Verlauf mit eige-nen Veranstaltungsangeboten gestalten und sich so gegenseitig zu Vorträgen, Debatten oder Workshops be#ügeln. Das herkömm-liche Verhältnis von Referenten und Konsumenten ver#ießt auf diesem Wege weitestgehend. So wurden auch beim Bremer EduCamp jeweils zu Beginn der Kongresstage in einer o!enen Runde "emenvorschläge artikuliert und bei ausreichend Inte-ressensbekundungen ins Programm aufgenommen. Die zahlrei-chen sogenannten Speakerscorners waren mit einstündigen Zeit-

fenstern belegt und boten Raum für verschieden große Gruppen und unterschiedlichste Aspekte relevanter "emenbereiche. An dieser Stelle vollzieht sich eine Verknüpfung zweier maßgebli-cher Ebenen dieses Wochenendes: diejenige neuer Lernräume mit jener der Veranstaltungsräume. Dabei wird erstere Ebene in digitale, virtuelle und vernetzte Zusammenhänge gesetzt und als Medium gesehen. Letztere Ebene, dem Titel entsprechend quasi

der Campingplatz, wurde in der seit 2008 aufgemö-belten GW2-Cafeteria am Boulevard gefunden, die aufgrund ihrer vielseiti-gen Eigenschaften vieler-lei Lob erntete. Durch die o!enen Räumlichkeiten auf drei unterschiedlich bescha!enen Etagen bot sie ausreichend Platz, um die Sessions in direkter Nachbarschaft statt&nden zu lassen und gleichzeitig verstärkt den „Klassen-zimmer-Charakter“ zu entkrampfen, ohne sich dabei jedoch gegenseitig in die Quere zu kommen. Eben diese Flexibilität lud

zum Flanieren und Wandeln in Geräumigkeit ein, was vielerorts als vorteilhafte Errungenschaft wahrgenommen wurde.

Im inhaltlichen Raum war alles erlaubt, was im weitesten Sin-ne zum Veranstaltungskonzept passte. Entsprechend gestaltete sich das Angebot ebenso vielfältig wie das Teilnehmerfeld, wel-ches sich beispielsweise aus Lehrern, Medienpädagogen und -beratern, Studenten, Social Media Experten, Digital Natives (in der digitalen Welt aufgewachsen), Digital Immigrants (sich die digitale Welt aneignend), kulturellen Vertretern oder Wis-

Twitter GewitterIm März beherbergte die Cafeteria des GW2 das diesjährige EduCamp, bei dem die große Welt der Neuen Medien unter die Lupe genommen wurde. Facebook, Twitter, Geo-Caching und weitere digita-len Neuheiten dürften für die 155 Teilnehmer aus ganz Deutschland nun nichts Fremdes mehr sein.

22

Campusleben

Page 23: 1. Ausgabe

senschaftlern zusammensetzte. Als bemerkenswerte Inhalte der Sessions seien hier Google Apps for Education, iPad Klassen, Knowledge-Speeddating (Wissensaustausch mit wechselnden Partnern), Sprachunterricht in Second Life oder Wikipedia in der Schule genannt. Komprimiert ließe sich exemplarisch der Komplex „Alte Lehrer, neue Medien“ herausgreifen, wobei Po-tentiale und Probleme des sich vollziehenden digitalen Wandels, vermeintlichen Leitmedienwechsels oder auch schlicht Medien-kompetenzen thematisiert wurden. Es kam zu partiell originel-len Erkenntnissen, wie, dass neue Medien im Bildungskontext nicht mit alten Methoden angegangen werden dürften. Auch wurde teils augenzwinkernd gefragt, warum Lehrer überhaupt noch medienkompetent werden sollten, wenn es ihre Schüler doch meist längst sind. Ebenso kam das Dilemma zur Sprache, wie sich die Lehrkraft bei Facebook-Freundschaftsanfragen von Schülern zu verhalten hätte, wobei neben vermeintlichen Kom-munikationsvorteilen angemerkt wurde, dass Schulisches und Privates zu trennen sei.

Natürlich durfte im Kreise dieser größtenteils neumediena(nen Pädagogen auch das zunehmend allgegenwärtige Twitter nicht fehlen. Neben anderen Netzphänomenen fand sich der Mik-rologgingdienst sowohl in Debatten, als auch in reger Verwen-dung durch die Teilnehmer wieder. Dadurch spielten sich für den Außenstehenden mitunter skurril anmutende Szenerien ab, in denen Lehrer entgegen deren sonstigen Natur während der Vorträge nicht von ihren iPhones, iPads oder Macbooks lassen konnten, um neben ihrem Sitznachbarn auch der weltweiten Community mittels Twittergewitter zu verklickern, was aktuell geschah. Jedoch sei auch betont, dass eben jene digitale Echt-zeitverschriftlichung zu einer ungewöhnlich akribischen Doku-mentation der Geschehnisse beitrug. So ließen sich durchgehend aktuelle Meldungen zu den Nachbarsessions mittels beigefüg-ter Hashtags (Schlagworte wie #echb11) auf den aufgestellten Twitterwalls verfolgen. Zugleich konnte schlicht Bezug auf die Tweets (Twitter-Beiträge) von Diskussionspartnern genommen oder selbige ReTweetet werden. Ebenso bot sich für Abwesende

die Gelegenheit zu kommentieren und anhand von Livestreams, Blogs, Etherpads, Youtube-Videoreportagen und einem Live-Webradio zeitgleich oder -versetzt teilzuhaben. Im Übrigen ver-anlasste die ungehemmte elektronische Kommentargelegenheit so manchen EduCamper beziehungsweise virtuellen Zuschauer zu mehr („Wäre gern in Bremen. Schön wenigstens online dabei sein zu können.“) oder weniger („EduCamp verzerrt die Realität. Gerade erst mitbekommen, dass Knut tot ist. Der Eisbär.“) sach-dienlichen Bemerkungen.

Am Samstagabend bestand ausreichend Gelegenheit, sich bei dem ein oder anderen Bierchen und musikalischer Untermalung der Band Avery Mile auf den roten Sofas an den Loungequalitä-ten des GW2s zu erquicken, den Tag Revue passieren zu lassen, das Werderergebnis auszuwerten, einer Twitterlesung zu lauschen und natürlich reichlich zu socialisen und zu networken. Seitens der Organisation zeigte man sich abschließend zufrieden: „Von den 179 sich über die Homepage für die einzelnen Veranstaltun-gen angekündigten Teilnehmenden kamen letztlich 155 aus ganz Deutschland und den Nachbarländern. Wir können damit auf ein sehr gut besuchtes Event zurückblicken!“

Beim &nalen sonntäglichen Geocaching (GPS-Schnitzeljagd) ent#euchten schließlich einige nimmersatte Teilnehmer hinter ihren Geräten her in die Weiten Bremens und entfernten sich auf diesem Wege, vermutlich nach neuen Lernorten suchend, vom aktuellen Austragungsort, um bei der nächsten Ausgabe in Bielefeld (18.-20.11.2011) sicher wieder voller (W)Elan bei der Sache zu sein.

Text: Joschka Schmitt Foto: Lisa Henjes

23

Campusleben

Page 24: 1. Ausgabe

: Johanna, wie viele Studierende mit Kind gibt es an der Uni Bremen?Johanna Vogt: Eine o(zielle Statistik gibt es nicht. Es gibt aller-dings eine Sozialerhebung des Studentenwerks von 2008, die be-sagt, dass etwa acht Prozent der Studenten in Deutschland mit Kind studieren. Auf Bremen heruntergerechnet sind das etwa 1000 Eltern. Oftmals sind die Kinder allerdings schon etwas äl-ter, etwa 300 Kinder sind jünger als drei Jahre.

: Was sind typische Anlaufstellen für studentische Eltern an der Uni Bremen?Johanna Vogt: Viele Studierende wissen gar nicht über die Ser-vices und Beratungsangebote der Uni Bescheid. Die Studenten, die sich an die Uni wenden, suchen meist einen Betreuungsplatz für ihr Kind, welcher oftmals nur schwer zu &nden ist. Mögliche Anlaufstellen sind zum Beispiel die Website www.familie.uni-bremen.de, auf der man sich einen guten ersten Eindruck über die vorhandenen Angebote verscha!en kann. Zum anderen das Studentenwerk, der AStA, die AG Familienfreundliches Studi-um oder Gleichstellungsbüros und Frauenbeauftragte.

: Welche Betreuungsangebote sind an der Uni Bremen vorhanden?Johanna Vogt: Genügend Betreuungsplätze sind am wichtigsten für die Studierenden. Viele Eltern sind gezwungen, ihr Studium um bis zu fünf Semester zu verlängern oder brechen es ganz ab. Besonders schwierig ist es für Alleinerziehende Studium und Kind unter einen Hut zu bringen.

: Wie beurteilst Du die Kinderfreundlichkeit an der Uni Bremen insgesamt?Johanna Vogt: Insgesamt verläuft die Situation in Bremen gut. Seit 2007 nimmt die Universität Bremen zudem auch an dem Audit „Familiengerechte Hochschule“ der berufundfa-milie gGmbH teil – ein Untersuchungsverfahren, welches die Kinderfreundlichkeit an der Uni regelmäßig prüft. So wird die Situation kontinuierlich verbessert. Allerdings verläuft der Prozess recht langsam, da der Universität nur begrenzte Mög-

lichkeiten zur Verfügung stehen. Die 50 – 60 Betreuungsplät-ze, die insgesamt zur Verfügung stehen, sind natürlich auf die Masse der Studenten gesehen eher gering. Zudem fehlt ein-fach die Sensibilisierung für das "ema. Viele Studierende, die gleichzeitig Eltern sind, werden kaum wahrgenommen und müssen sich gegenüber Dozenten oder Kommilitonen häu&g rechtfertigen.Neben den Betreuungsangeboten sind an der Uni viele fami-lienfreundliche Orte vorhanden. So gibt es in der Mensa bei-spielsweise einen Eltern-Kind Bereich. Direkt daneben können die Kleinen in der Mensa-Rakete, einem vom Studentenwerk &nanzierter Spielturm, spielen. Kinder von Studierenden, die nicht älter als sechs Jahre alt sind, können vom Essen I und II kostenlos einen Kinderteller erhalten. In der GW2 Cafeteria gibt es auch ein Holzlaufgitter mit Spielzeug, zudem stehen dort auch Kinderstühle bereit. In vielen Studien- und Praxisbüros oder Beratungsstellen sind Spielzeugkisten vorhanden, die zum Zeitvertreib für Kinder zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus bietet auch der Hochschulsport Eltern-und-Kind Sport-kurse an. Eine weitere Flexibilität stellt der allgemeine Teil der Prüfungsordnung dar. Darin gibt es speziell einen Paragraphen für Studierende mit Kind. So können Eltern, die studieren, bei-spielsweise ein Urlaubssemester beantragen, in denen es ihnen aber trotzdem erlaubt ist, Prüfungen abzulegen.

: Wie wird sich die Betreuung an der Universität Bremen in Zukunft entwickeln?Johanna Vogt: Gerade heute (13. April, Anmerkung der Redak-tion) habe ich an einem Termin zur Abstimmung des weiteren Vorgehens bezüglich der Kinderbetreuung auf dem Campus teil-genommen. Dort hat der Kanzler sein ‚ja‘ zu zehn neuen Kin-derplätzen gegeben. Diese sollen ab August, spätestens aber ab Oktober 2011 in den ehemaligen Räumen der Uni-Kita, nahe der Mensa, realisiert werden. Für die nächsten zwei Jahre kön-nen die dortigen Räumlichkeiten genutzt werden.

Zwischen Wickeltisch und VorlesungZahlreiche Studierende kommen bereits als Eltern an die Uni und müssen sich zum Lernstress um Kind und Kegel kümmern. Im Interview berichtet die AStA-Referentin für Soziales, Johanna Vogt, über die Situation der Studierenden mit Kind und die Entwicklung in den helfenden Einrichtungen.

Text: Silja Strauch Illustration: Fatima Yoldas

24

Campusleben

Page 25: 1. Ausgabe

Die Betreuungsangebote im Überblick

Uni-Kita e.V.Die Uni-Kita e.V. be&ndet sich in der Barbara McClinckton-Straße, nahe dem NW1. Es handelt sich dabei um einen studentischen Elternverein, der Betreuungen für ein- bis dreijährige Kinder von Studierenden und Beschäftigten der Universität Bremen anbietet. Zurzeit werden dort sechs altersgemischte Gruppen mit jeweils acht Kindern betreut.Kontakt: Barbara McClinckton-Straße. Telefon: 0421 218-69661, E-Mail: [email protected],   www.unikita-bremen.de 

Kinderzimmer für Tagungen und Kongresse „Geo-Zimmer“Am Fachbereich Fünf ist im GEO-Gebäude ein Kinderzimmer eingerichtet worden. Hier können Kinder von sechs Monaten bis zwöl Jahren unter fachlicher Betreuung spielen. Die Kinder werden hier stundenweise betreut, maximal jedoch 9,5 Stunden pro Woche. Da das Zimmer recht klein ist, werden dort maximal acht Kinder gleichzeitig betreut.Kontakt: Fachbereich 5, GEO-Gebäude Raum 1420, http://www.geo.uni-bremen.de/page.php?pageid=473

AstA-KinderlandDas Kinderland ist eine kostenlose, von Eltern selbstorganisierte und selbstverwaltete Kinderbetreuung im Sportturm der Universität. Finanziert wird es vom Studentenwerk und der Universität. Neben studentischen Hilfskräften kümmern sich die Eltern selbst abwech-selnd um die Kinder, da sie für die Betreuung mitverantwortlich sind. Die Plätze sind auf maximal neun Kinder begrenzt.Kontakt: Sportturm, Ebene 1. Telefon: 0421-218/4802, E-Mail: [email protected], http://www.asta.uni-bremen.de/?page_id=138

25

Page 26: 1. Ausgabe

Sie ist groß, sie ist grau und sie steckt voller Bücher. Die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen (SuUB). Die meisten Studierenden machen sich im Laufe ihres

Studiums mit ihr vertraut, wenn sie sich der Aufgabe „Literatur-bescha!ung“ stellen.

An den 180 Computerarbeitsplätzen kann man nach Anmeldung mit dem Bibliotheksausweis ins Internet gehen und mit O(ce arbeiten. Die meisten Arbeitsplätze in der Bibliothek bieten ei-nen Stromanschluss, so dass man auch seinen eigenen Laptop mitbringen und über WLAN das Internet nutzen kann. Hier-für benötigt man lediglich ein WLAN-Konto beim Zentrum für Netze (ZfN). Auf der Website des ZfN gibt es eine Anleitung für alle gängigen Betriebssysteme.

Wenn man etwas zu kopieren hat, ist man in einem der Kopierräume der Bibliothek gut aufgehoben: hier ist es möglich zu drucken, scannen und zu kopieren.

Möchte man seine Lernmaterialien nicht die ganze Zeit über mit sich he-rumtragen und nicht mit nach Hau-se nehmen, ist es möglich sich einen Bücherwagen zu mieten und seine Materialien dann in diesem verstaut bequem mit sich schieben, es gibt aber auch Bücherfächer – in beiden kann man seine Materialien verstaut lassen. Zurzeit gibt es 120 Bücher-wägen und 50 Bücherfächer – jedoch sind die Wartezeiten für beides relativ lang, so dass man sich möglichst frühzeitig darum kümmern sollte. Zwischen Bücherwagen oder Bücherfach kann man nicht auswählen. Die Leihfrist ist dafür lang: 120 Tage. Wichtig ist, dass nicht entleihbare Bücher dabei nicht im Bü-cherwagen/Bücherfach eingeschlossen werden dürfen. Nur aus-geliehene Bücher dürfen eingeschlossen werden.

Die SuUB verfügt über eine weitere Besonderheit:    Den Zeit-schriftenlesesaal. Dieser be&ndet sich im Erdgeschoss   und be-inhaltet Fachliteratur sowie populäre Magazine. Ob nun die Financial Times Deutschland oder die Zeit – ein Blick in den Zeitschriftenlesesaal lohnt sich.

Findet man mal ein Buch nicht in der Zentralbibliothek, lohnt es sich in die zugehörige Bereichs-/Teilbibliothek einen Blick zu werfen. So gibt es zum Beispiel das Juridicum, die Bereichsbibliothek Wirtschaftswissenschaft, Bereichsbiblio-thek Physik/Elektrotechnik und noch weitere Teilbibliotheken. Der Bibliotheksausweis ermöglicht dabei Zugang zu all diesen Bibliotheken. Um den Buchbestand dieser Bibliotheken einzusehen, muss man nicht extra dort vorbeigehen, da er über die Suchfunktion der Bibliothek angezeigt wird. Außerdem kann man in diesen Bib-liotheken ebenfalls sehr gut lernen, weil sich dort weniger Stu-denten aufhalten, wie in der Zentralbibliothek.

Das "ema steht, aber das Material nicht – die-se Situation kennen alle Studierenden. Sein "e-mengebiet auf gut Glück in die Suchfunktion des Online- Bibliothekkataloges einzutippen ist eine Möglichkeit, um einen Schritt vorwärts zu kom-men. Ein weiterer Schritt ist das virtuelle Bücher-regal, das einen Überblick über die Sortierung der vorhandenen Bücher in die einzelnen "emenge-bieten und ihre zugeordneten Signaturen vermit-telt, zumindest wenn man sein "ema relativ klar

umreißen kann. Wenn man beispielsweise einen Essay über „Lo-yalität“ verfassen muss, kann man sich über diesen Weg gezielt das richtige Regal raussuchen, indem man unter Fachinformati-on-virtuelles Bücherregal-Politikwissenschaft schaut. Allerdings bleibt diese Funktion Studierenden aus manchen Fachbereichen wie z.B. der Physik, verwehrt. Studierenden der Kulturwissen-schaft dürfte die virtuelle Bibliothek verwirren, denn aufgrund der breiten "ematik und den vielen Schnittstellen zu ande-ren Fächern kann von Übersicht nicht entfernt die Rede sein. Teilweise sind die Bücher auch als ebook vorhanden, welche im Katalog extra gekennzeichnet sind. Um die ebooks von zu Hause aus lesen können, muss man allerding einen Proxy ein-richten. Eine Anleitung dazu be&ndet sich auf der Website des ZfN. Doch was kann man tun, wenn das gewünschte Werk gar nicht in der Bibliothek vorhanden ist? Die Fernleihe gibt eine Antwort. Als Nutzer der Bibliothek kann man sich ein Fern-leihkonto einrichten und Bücher aus Bibliotheken anderer Städ-

Doch was kann man tun, wenn das gewünschte Werk gar

nicht in der Bibliothek vor-handen ist? Die Fernleihe gibt

eine Antwort

Universum der BücherDie Staats- und Universitätsbibliothek Bremen erstreckt sich über einen großen Teil des Boulevards und gehört für jeden Studenten zu den wichtigsten Adressen in Studienzeiten. Die Arbeit zwischen den Regalen ist nicht immer leicht. Ein paar Tipps...

26

Campusleben

Page 27: 1. Ausgabe

te bestellen. Über den gvk- Katalog, der auf der Website unter „Ausleihe“ zu &nden ist, wird das gewünschte Werk mittels der Eingabe der Eckdaten bestellt. Der Kostenfaktor beträgt 1,50€ pro Bestellung. Diese Option beansprucht unter Umständen die Geduld, Wartezeiten von bis zu drei Wochen sind keine Selten-heit. Eine konkrete Auskunft über das Lieferdatum kann nicht gemacht werden. Ein Plus ist jedoch die Möglichkeit der Auf-satzkopiebestellung. Wenn man nur einen bestimmten Aufsatz braucht, kann man dies angeben und erhält den Aufsatz fertig kopiert, ebenfalls für 1.50 €. Wer immer noch mit leeren Hän-den dasteht, kann Kaufvorschläge machen, das heißt, man kann die Literatur, die die Bibliothek nicht beinhaltet, zum Erwerb bestellen. Das entsprechende Formular be&ndet sich online.

Wer jetzt schon das Gefühl bekommt langsam den Überblick zu verlieren, dem ist das Programm Refworks zu empfehlen, mit-tels dem man strukturiert und einfach die verwendete Literatur verwalten kann. Die SuUB bietet jeden Monat Schulungen dazu an, die online statt&nden. An vielen Orten der Bibliothek &nden sich arbeitende Studie-rende- im doppelten Sinne. Denn für manche ist die Bibliothek nicht nur Lernort, sondern auch Arbeitgeber. Viele Bereiche, darunter der Zeitschriftenlesesaal, die Garderobe oder die Leih-stelle beschäftigen studentische Hilfskräfte. Wie bekommt man einen Job? Für die Bewerbung reicht es zunächst einen Bewer-bungsbogen auszufüllen, den man an der zentralen Information bekommt. Bei 40 Stunden im Monat, relativ #exiblen Arbeits-

zeiten und einem Stundenlohn von 8.45€ verwundert es nicht, dass diese Jobs begehrt sind. Zusätzlich werden aufgrund der Personalumstrukturierung Hilfskraftstellen gekürzt. Lange War-telisten sind die Regel, die nur durch Vitamin B umgangen wer-den können. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mehrfaches Nachfragen sinnvoll ist“, sagt Hans-Georg, der als Buchwegstel-ler in der zweiten Ebene und der Bereichsbibliothek Physik als Hilfskraft arbeitet. Dafür braucht man jedoch keine Vorkennt-nisse in der Bibliotheksarbeit. „Eigenschaften wie Geduld, rudi-mentäre Englischkenntnisse und ein bisschen Menschenkennt-nis schaden sicherlich nicht“, lässt Hans-Georg wissen. Die Bibliothek wird nicht nur ihrer Wortbedeutung „Bücher-sammlung“ gerecht, sondern bildet auch einen Lern- und Ar-beitsort, der bei einer Bibliotheksführung näher erkundet wer-den kann. Diese Führung &ndet von September bis Juni immer mittwochs um 17:00 Uhr statt. Tre!punkt ist der i-Punkt in der Glashalle. Wenn man schon viel Zeit in der Bibliothek zwecks lernen verbringt, ist es sinnvoll, die Möglichkeiten der Biblio-thek vollauszuschöpfen und sich in ihr auszukennen.

Text: Salma Yousaf, Larissa Fitschen Foto: Lisa Mertens

27

Page 28: 1. Ausgabe

HochschulpolitikRöwekamp (CDU) denkt, dass „Bre-men als Haushaltsnotlageland das Pro-blem der doppelten Jahrgänge nicht allein schultern kann“ - die Schließung von schlecht angewählten Studiengän-gen gehört somit zur Politik der CDU. Aber auch im rot-grünen Regierungsla-ger herrscht eine Kürzungsstimmung. Zwar gibt Böhrnsen (SPD) keine klare Stellungnahme zu der Zukunft einzel-ner Studienbereiche, Koalitionspart-nerin Linnert (Grüne) macht aber deutlich, dass auch mit Rot-Grün die Schließung einiger, tendenziell schwä-cher angewählter Studiengänge nicht ausgeschlossen werden könne. Sie sagt, es bräuchte mehr Mut, bestimmte Be-reiche zu schließen, als systematisch überall gleichermaßen zu kürzen. Nur die Linke und FDP sprechen sich gegen die Schließung einzelner Studi-engänge aus. Spehr (Linke) dazu: „Es ist falsch, bestimmte Studienbereiche abzuscha!en. Es war beispielsweise total idiotisch, den Studiengang Son-

derpädagogik zu schließen.“ Die Absolventen wären nämlich angesichts der Inklusion der Sonderschulen in den normalen Schulbetrieb wichtig gewesen. Auch Meyer von der FDP ist für den Erhalt aller Studiengänge: „Es wird nicht gekürzt oder ge-spart.“ Kürzen oder sparen will man nicht - aber gegebenenfalls den Universitäten die Möglichkeit einräumen, Studiengebühren zu erheben. Denn die FDP sieht die höheren Bildungseinrichtun-gen als vom Land unabhängige Körperschaften an. Die Libe-ralen sind dafür, Uni und Hochschulen selbst entscheiden zu lassen, ob sie Studiengebühren einführen wollen oder nicht. Meyer von der FDP ist der Meinung, dass die Bildungsanstal-ten vor Ort die Ressourcen selbst besser verwalten könnten als eine Behörde. Diese Mittel kämen dann der Lehre zugute, sagt sie. Die Höhe der eventuell anstehenden Gebühren könnten Uni und Hochschulen selbst bestimmen, ohne dass der Staat eine Obergrenze vorgibt. Meyer sagt, der Preis werde sich selbst regulieren - zu hohe Studiengebühren könnten die Unis nicht erheben, da sonst keine Studenten kämen. Dennoch würde bei dieser Regelung das Prinzip von Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Eine Selektion der Bewerber würde in diesem

Dank des neuen Bremer Wahl-rechts dürfen bereits 16-Jährige bei der anstehenden Landtags-

wahl am 22. Mai ihre Stimme abgeben. Die Parteien werben um diese und an-dere junge Wähler. Aber warum sollten sich junge Leute ausgerechnet für SPD, CDU, Grüne, Linke, FDP oder eine an-dere Partei entscheiden? Die Vertreter der fünf großen Parteien standen dem Scheinwerfer hierzu Rede und Antwort. Finanzsenatorin Karoli-ne Linnert (Grüne) ist sich gegenüber dem Scheinwerfer sicher, dass ihre Partei Jungwähler anziehe, “weil wir eine Poli-tik machen, die der Zukunft verp#ichtet ist - Nachhaltigkeit, Generationenge-rechtigkeit und Ressourcenverantwor-tung sind unsere "emen.“ Auch für den Fraktionsvorsitzenden der CDU, "omas Röwekamp, sind Nachhaltig-keit im Bereich der Energiepolitik sowie der verantwortungsvolle Umgang mit Finanzen und die Bildungspolitik wich-tig. Er ist der Ansicht, dass beson-ders diese "emen für Jungwähler bedeutend sind. Die FDP meint ebenfalls zu wissen, was die Jugendlichen beschäftigt und will gleiche Chancen für alle. „Wir sind liberal und stehen für Eigenverantwortung und Freiheit des Einzelnen ein“, sagt Christina Meyer, jüngste Kandidatin der FDP und Vorsitzende der Jungen Liberalen Bremens. Im Klartext heißt das: Zunächst ist jeder für sein eigenes Wohl verantwortlich und sorgt sich um sich selbst. Erst wenn das nicht mehr geht, greift der Staat ein. Die Linke hingegen sieht sich bei den jungen Wählern im Vorteil, weil sie nach eigener Au!assung als einzige Partei den nötigen Druck von links gegen Kürzungen im sozi-alen Bereich ausüben kann. Der Landesvorsitzende der Linken, Christoph Spehr, sagt: „Wir brauchen dringend eine echte Stu-dienreform, die das Studium wieder studier- und mitbestimm-bar macht.“ Bürgermeister und Senatspräsident Jens Böhrnsen (SPD) denkt hingegen, dass die Bremer Studienlandschaft be-reits ganz gut aussieht: „Wir bilden in Bremen im Vergleich zu unseren Landeskindern viel mehr aus. Wir sind eine bedeutende Universitätsstadt.“ Im ersten Moment klingt das alle wieder nach leeren Sätzen und wohlfeilen Versprechungen, die schon am Wahlabend passé sind. Doch wo sind die klaren Unterschiede der „fünf Großen“?

Fünf Kreuze - aber für wen?

Jens BöhrnsenSPDAmtierender Bürgermeister

Von allen Seiten lächeln den Bremern Wahlplakate entgegen und versprechen Jobs, Umweltschutz und Chancengleichheit. Doch was steckt dahinter? Was haben die Parteien vor und wie wollen sie es umset-zen? Der Scheinwerfer hat diese Fragen den fünf großen Parteien in der Bremer Bürgerschaft gestellt.

28

Bremen

Page 29: 1. Ausgabe

verankerte Schuldenbremse. Demnach müssen die Länder 2020 einen ausgegli-chenen Haushalt präsentieren und dürfen keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Für die Zustimmung Bremens im Bun-desrat zu der Schuldenbremse sowie um die enorme Zinslast zu bewältigen, gibt es nun bis 2020 jährlich 300 Millionen Euro für die Hansestadt. Die gibt es aber nur, wenn Bremen es scha!t, jährlich 120 Mil-lionen Euro weniger an neuen Krediten aufzunehmen. Für das kleinste Bundes-land eine echte Herausforderung.Böhrnsen (SPD) und Linnert (Grüne) sehen diese Herausforderung als Chan-ce. „Die Schulden weiter anwachsen zu lassen, ist nicht verantwortlich“, sagt Böhrnsen (SPD). Immerhin muss Bremen bereits jährlich 650 Millionen Euro an Zinsen zahlen - das macht fast ein Drittel der Einnahmen aus. Die Ausgaben redu-zieren möchte die SPD in ausnahmslos allen Bereichen. Hiervon wird auch der Personalbereich - mit circa zwei Milliar-den Euro der größte Ausgabeposten des Bremischen Haushalts - betro!en sein. "omas Röwekamp (CDU) sieht die ge-samte Gesellschaft in der P#icht zu spa-ren: „Wenn man es wirklich will, darf es auch kein Tabu geben.“ Schlechter ange-wählte Studiengänge sollen seinen Plänen nach geschlossen, die Verwaltungsdoppel-strukturen von Bremen und Bremerha-ven verringert und sogar das Parlament verkleinert werden. Das größte Einspar-potenzial aber sieht der CDU-Politiker ebenso wie Böhrnsen im Personalbereich. Dort möchte er aber nicht „wie Rot-Grün mit der Rasenmähermethode in allen Be-reichen 2,5% einsparen“, sondern den un-terschiedlichen Arbeitsbelastungen in den jeweiligen Bereichen gerecht werden. E!ektivere Strukturen möchte auch die FDP scha!en, beispielsweise durch Ko-operation mit Niedersachsen.Spehr von der Linken fordert vom Bund eine deutlich höhere &nanzielle Ausstat-tung Bremens, da er das Land an dieser

Stelle überfordert sieht. Wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Bund zahlt, bleibt allerdings o!en.

DatenschutzOft berichten die Medien über neue Verletzungen des Daten-schutzes und Eingri!e, beziehungsweise Gefährdungen von Nutzern sozialer Netzwerke wie Facebook, StudiVZ und Co. Hier sind sich alle Parteien einig: Medienkompetenz mussden Jugendlichen verstärkt vermittelt werden. Denn vielen seigar nicht klar, dass sie unvorsichtig mit ihren Daten umgehen.

Fall nicht nur durch die einzelnen leistungsbezogenen Auswahlkrite-rien vorgenommen, sondern auch durch die &nanzielle Leistungsfähig-keit eines jeden.Die restlichen Parteien sind sich beim "ema Studiengebühren ei-nig: Es wird sie nicht geben und das Studium in Bremen bleibt damit ge-bührenfrei.

FreizeitgestaltungBereits seit den 90er Jahren beschäf-tigt der Bahnhofsvorplatz die Bre-mer Ö!entlichkeit und die Stadt Bremen versucht, ihn zu verkaufen. Seit 2004 wird der mit Rampen und Sitzgelegenheiten ausgestattete Platz vom Sportgarten e.V. betrieben. Dies ist allerdings nur eine Zwi-schennutzung, bis ein Investor für die freie Fläche gefunden ist.Das Projekt Skateplaza hat sich aber trotz Übergangscharakter etabliert und der Platz ist ein beliebter Tre!-punkt von Jugendlichen geworden.Dennoch befürworten alle Partei-en außer der Linken die Bebauung des Platzes. Der jetzige Blick vom Bahnhof Richtung Innenstadt sei unzumutbar. Sie wünschen sich einen Bau mit anspruchsvoller Ar-chitektur, um das Stadtbild Bre-mens aufzuwerten. Und natürlich wollen sie das Geld der Investoren. Linnert (Grüne) dazu: „Ich bin Fi-nanzsenatorin, ich möchte die Ein-nahmen haben und &nde das auch vertretbar.“ Spehr (Linke) möchte zwar auch das Stadtbild aufgewertet sehen, fragt sich aber, ob ein weite-rer Betonklotz das Stadtbild tatsäch-lich verbessern könnte. Er spricht sich für eine Grünanlage auf dem Bahnhofsvorplatz aus - so könne der ö!entliche Raum als Tre!punkt ge-wahrt bleiben. Wie ein Investor für eine Grünanlage gefunden werden soll, bleibt allerdings fraglich. Immerhin will die Stadt knapp sechs Millionen Euro für den Platz haben. Ob nun aber großer Bau oder Park - konkrete Angaben zu einer Ausweichanlage für die Skater kann keiner der Parteivertreter machen.

FinanzenBremen ist pleite - bis 2020 muss die jährliche Di!erenz zwi-schen Einnahmen und Ausgaben, die letztes Jahr 1,2 Milliarden Euro betrug, ausgeglichen werden. So will es die im Grundgesetz

Fünf Kreuze - aber für wen?

Thomas RöwekampCDUFraktionsvorsitzender

Christoph SpehrDie LinkeLandesvorsitzender

29

Bremen

Page 30: 1. Ausgabe

„Das Hauptproblem ist, dass die Leute zu gutgläubig sind und da hilft nur Auf-klärung“, sagt Linnert von den Grünen. Auch Spehr (Linke) und Meyer (FDP) plädieren gegenüber dem Scheinwerfer für Aufklärung. „Die Jugendlichen sol-len in der Schule für das "ema Daten-schutz sensibilisiert werden“, sagt Mey-er. Die übrigen Parteivertreter sprechen sich gleichermaßen für das Vermitteln von Medienkompetenz in der Schule aus, beispielsweise im Rahmen des be-reits vielerorts bestehenden Informa-tikunterrichts. Bürgermeister Böhrnsen (SPD) betont hingegen auch die Eigen-verantwortung des Einzelnen: „Wer sich auf Facebook einlässt, weiß, dass der Schutz seiner Daten, vorsichtig ausge-drückt, nicht an erster Stelle steht“.

UmweltNach dem Reaktorunglück in Fukushi-ma ist der Atomausstieg eines der Lieb-lingsthemen der Politiker über alle Par-teien hinweg. Plötzlich wird sogar das dreimonatige Moratorium der Bundes-regierung gleichgesetzt mit einem Aus-stieg. „Wir haben mehr Atomkraftwerke vom Netz genommen, als das irgendeine Partei jemals versprochen hat“, verkün-det Röwekamp von der CDU stolz. Ob dies nun am grünen Willen der Partei oder dem Druck der vielen, die den Energiewandel wollen, liegt, müssen die Wähler selbst entscheiden.Die Grünen haben es an dieser Stelle einfacher, da die Forderung nach dem Ausstieg aus der Atomenergie eines ih-rer zentralen politischen Ziele seit ihrer Gründung ist. Dennoch sagt Grünen-politikerin Linnert, dass das sofortige Abschalten aller AKWs nicht möglich sei. Die bereits vom Netz genommenen Kraftwerke sollten zwar keinesfalls wie-der in Betrieb genommen werden, der endgültige Atomausstieg brauche allerdings noch etwas Zeit. In dieser müsse mit Hochspannung an der Weiterentwicklung neu-er Energiekonzepte gearbeitet werden.Alle Parteien sind sich einig, dass der Atomausstieg so schnell wie möglich kommen muss. Um das „Wie“ gibt es allerdings noch Debatten. So spricht sich Böhrnsen (SPD) gegenüber dem Scheinwerfer für einen stärkeren Ausbau von Stromnetzen aus. Spehr von den Linken setzt auf die dezentrale Stromversorgung. Einzig Röwekamp (CDU) schlägt einen anderen Kurs als die übrigen Politiker ein. Er will zwar auch den Atomausstieg, meint aber, dieser sei nur realisierbar, wenn nicht nur erneuerbare Energien ausgebaut, sondern auch vorrübergehend Kohle- und Gaskraftwerke nach modernen Maßstäben errichtet werden.

Diese sollen dann die Stromversorgung gewährleisten.Sowohl Böhrnsen als auch Linnert se-hen in dem Standortvorteil Bremer-haven und der Möglichkeit, dort O!-shorewindparks weiter auszubauen, großes Potenzial für die erneuerbaren Energien. Zudem plädiert Grünen-politikerin Linnert für ökologischere Verkehrsmittel wie den modernisierten Schi!s- und Schienenverkehr. Angesichts der neuen grünen Linie der großen Parteien hat Linnert (Grüne) al-lerdings zuweilen das Gefühl, es komme momentan darauf an, wer der Radikalste sei. Ihre Partei entgegnet der neuen An-ti-Atomgesinnung auf einem der vielen Wahlplakate: „Alles muss aus!“ Währenddessen sagt die Linke selbstbe-wusst: „Wieder Die Linke. Wen sonst?“. Und die SPD vertraut auf das neue Wahlrecht selbst - von den Wahlplaka-ten lächeln die Kandidaten die poten-ziellen Wähler an. Die CDU will „Jetzt das Richtige tun“ und der Spitzenkan-didat der FDP, Oliver Möllenstädt, will „Bremen nach vorne bringen.“Ein bunter Plakatwald mit vielen Stim-men. Weitere Informationen zu diesen Stimmen und den dazugehörigen Partei-en gibt es im Internet unter

http://fdp-lv-bremen.wcsite.liberale.de/http://www.cdu-bremen.de/http://www.spd-land-bremen.de/index.php?id=56http://gruene-bremen.de/http://www.dielinke-bremen.de/

Auf der Homepage der jeweiligen Par-tei können das Wahlprogramm und die einzelnen politischen Ziele nachgelesen werden.Welche Vorhaben wirklich umgesetzt

werden und was leere Versprechen bleiben, wird sich erst nach der Wahl am 22. Mai zeigen.

Text: Olga Galashevich, Benjamin Reetz Foto: Philipp Johannßen (Böhrnsen) Gerhard Freudenberg (Röwekamp, Spehr, Linnert, Meyer)

Karoline Linnert,Bündnis90/Die GrünenFinanzsenatorin

Christina MeyerFDPVositzende der JuLis Bremen

30

Bremen

Page 31: 1. Ausgabe

Der Wahl-O-Mat zur BürgerschaftswahlMit Hilfe des Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung kann sich jeder Wähler vorab online einen Überblick im Parteiendschungel verschaffen.

Im Jahr 2002 rief die Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) den Wahl-O-Mat ins Leben. Ziel des Online-Tools ist es,

insbesondere junge Wähler zu informieren und zum Wählen zu motivieren. Auch zur Bremer Bürgerschaftswahl am 22. Mai gibt es einen Wahl-O-Mat, der unter www.wahlomat.de er-reichbar ist. Mit Hilfe von 38 "esen, auf die der User mit „stimme zu“, „stimme nicht zu“, „neutral“ oder „"ese überspringen“ antwor-ten kann, ermittelt der Wahl-O-Mat, welche der zur Wahl stehenden Parteien am stärksten mit der eigenen politischen Position überein-stimmt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, "esen, die einem besonders wichtig sind, zu gewichten. Sie zählen bei der Auswertung dann doppelt. Diese "esen wurden im Vorfeld von einem Team aus politisch interessierten Schülern, Auszubildenden und Studen-ten im Rahmen eines Workshops mit der Unterstützung von Po-litik- und Sozialwissenschaftlern erarbeitet und von den Parteien beantwortet. Alle Parteien, die vom Wahlleiter zur Wahl zugelas-sen wurden, sind auch im Wahl-O-Mat vertreten, vorausgesetzt, dass sie die "esen rechtzeitig vor Redaktionsschluss beantwor-tet haben. Für die Auswertung können bis zu acht verschiedene Parteien ausgewählt werden. Das Ausmaß der Übereinstimmung zu diesen Parteien wird anschließend in einem Balkendiagramm

Neues Wahlrecht soll Wählern mehr Ein!uss geben

Bremen hat ein neues Wahlrecht - am 22. Mai bei der Wahl der Bremischen Bürgerschaft und der 22 Beiräte im Gebiet der Stadt Bremen kommt es zum ersten Mal

zum Einsatz. Dieses neue Wahlrecht, das durch ein Volksbegeh-ren erwirkt wurde, bringt zwei entscheidende Änderungen mit sich: Zum einen dürfen erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren den Landtag wählen, zum anderen hat nun jeder Wahlberech-tigte fünf Stimmen pro Wahlheft. Dies soll dem Wähler mehr Möglichkeiten zur Ein#ussnahme auf die Zusammensetzung des Parlaments geben.

Die fünf Stimmen können beliebig an Parteien und/oder an Personen vergeben werden. Dabei ergeben sich drei Möglichkei-ten: Sagt dem Wähler eine Partei besonders zu, kann er ihr alle seine fünf Stimmen geben. Möchte er hingegen bestimmte Kan-didatinnen oder Kandidaten unterstützen, kann er diese direkt mit seinen fünf Stimmen wählen. Die fünf Stimmen können aber auch auf mehrere Parteien oder Personen verteilt werden.

So können zum Beispiel favorisierte Koalitionen durch das ge-zielte Verteilen der Kreuze unterstützt werden. Insgesamt gilt: Jede Kombination ist zulässig, solange die Gesamtzahl von fünf Stimmen nicht überschritten wird. Setzt man weniger als fünf Kreuze, hat man zwar auch gültig gewählt, die übrigen Stimmen jedoch verschenkt.

Um allen Wahlberechtigten im Vorfeld der Wahl die Möglich-keit zu geben, sich mit dem neuen System vertraut zu machen, hat die Bremische Bürgerschaft eine Reihe von Schnupperwahl-lokalen eingerichtet. Dort kann das Wählen mit fünf Stimmen auf Muster-Stimmzetteln ausprobiert werden. Zudem hat jeder Haushalt vor der Wahl einen Musterstimmzettel erhalten. Mehr Informationen zum neuen Wahlrecht und den Schnupperwahl-lokalen gibt es außerdem unter www.5stimmen.de.

Text: Anna Lenja Hartfiel

31

Bremen

angezeigt. Neben den Ergebnissen sind dann auch die Begründungen der einzelnen Partei-en abrufbar.

Das Ergebnis des Wahl-O-Mat ist keine Wahlempfehlung, sondern vielmehr als Start-punkt für eine Auseinandersetzung mit den zur Wahl stehenden Parteien zu verstehen. Es lohnt sich daher immer, die Argumente der Parteien zu den einzelnen "esen genau zu lesen. Denn auch wenn verschiedene Par-teien alle derselben "ese zustimmen, kann diese Zustimmung vollkommen anders mo-tiviert sein. Stimmen beispielsweise mehrere Parteien der Einführung eines Mindestlohns zu, kann es jedoch sein, das Partei A einen

wesentlich höheren Mindestlohn fordert als Partei B, während Partei C den Mindestlohn nur für Deutsche einführen möchte. Zusätzliche Informationen in Form von Kurz-Pro&len der zur Wahl stehenden Parteien gibt es zudem unter www.wer-steht-zur-wahl.de.

Text: Anna Lenja Hartfiel Foto: Kai Ole Laun

Page 32: 1. Ausgabe

Er ist aus mehreren Gründen in Deutschland populär gewor-den: Martin Sonneborn war

bis 2005 der Chefredakteur des Sa-tiremagazins „Titanic“. Von einigen Aktiven der „Titanic“ wurde 2004 die Partei mit dem Namen „Die Partei“ gegründet, deren Parteivor-sitzender Martin Sonneborn ist. Die dominant inhaltsfreie bzw. für alles stehende Partei parodiert die Belie-bigkeit der etablierten deutschen Parteien. Das ironische Hauptziel „der Partei“ ist der Wiederaufbau der Mauer und damit verbunden die endgültige Teilung Deutsch-lands. Aktuell hat „Die Partei“ ca. 8000 Mitglieder und ist damit eine Kleinstpartei. Angesichts ihres nicht ernstzunehmenden Charakters ist dieses Mitgliedervolumen jedoch be-achtlich.

Bundesweite Bekanntheit erreichte Sonneborn vor allem durch zahl-reiche Fernsehauftritte in der Sati-resendung „Heute Show“ des ZDF und etablierte sich damit endgültig in der deutschen Satireszene. Am liebsten macht Sonneborn Politiker lächerlich, indem er sie schamlos bloßstellt. Seine „Hauptopfer“ sind dabei die NPD, die ehemalige DDR-Politik und die FDP. Aber auch et-liche andere gesellschaftsrelevante "emen werden von Sonneborn parodistisch und zynisch mit staub-trockenem Humor angesprochen. Einer seiner bekanntesten Videoclips ist sicherlich sein Auftritt als Mitarbeiter von „Google Home View“. Darin besucht er „im Auftrag von Google“ diverse Bun-desbürger und fotogra&ert deren komplette Wohnung. Bei einer Weigerung der Bewohner droht Sonneborn ihnen damit, Goog-le abzustellen. Diese vollkommen realistisch dargestellte Aktion ist so unwirklich und abstrus, dass man dabei nicht nur herzhaft lachen kann, sondern sie auch eine starke Wirkung hinterlässt und nachdenklich macht. Sonneborns gewagte, provokative Art ist zwar bei seinen Fans sehr beliebt, bringt ihm aber auch im-mer wieder Ärger von Betro!enen ein, die sich die Bloßstellung des Satirikers ungern gefallen lassen.

Am 6. April 2011 war Sonneborn im Bremer Schlachthof zu Gast. Unter dem Motto „Krawall und Satire“ wurde sein Auftritt beworben. Das klingt viel versprechend und interessant, jedoch wusste man in keiner Form, was einen als Zuschauer erwartet. Geboten be-kam man auf der Bühne im Schlacht-hof einen Tisch, auf dem ein „Apfel Laptop“ stand, einen Beamer, der sei-ne Bilder auf eine Leinwand warf und schließlich einen Stuhl, auf dem Son-neborn saß. Es stellte sich heraus, dass seine spitze Zunge und sein staubtro-ckener Spott genauso waren, wie man sie aus seinen zahlreichen Medienauf-tritten kennt. Allerdings hätte man weitaus mehr von dem Programm sei-nes Auftritts erwarten können. Dieser gestaltete sich jedoch lediglich aus der Moderation seiner bereits bestehenden Werke. Er las aus seinem eigenen Buch „Heimatkunde“ vor, in dem Eindrücke und Vorkommnisse auf einer Reise, auf der er 250 km rund um Berlin auf den Spuren der deutsch-deutschen Grenze gewandert ist, beschreibt. Er kommen-tiere einige Fotos, die er auf seiner Rei-se geschossen hatte, sodass diese einen humoristischen E!ekt inne hatten und schließlich zeigte er eine stupide Anei-nanderreihung von ca. einem Dutzend seiner – zugegebenermaßen großar-tigen – Videoclips. Darin ist immer Sonneborn als Reporter zu sehen, wie er vor Ort von verschiedensten Ereig-nissen berichtet und dazu Anwesende interviewt, beispielsweise das bereits erwähnte „Google Home View“ und

einen Videoclip, in dem er auf der Frankfurter Buchmesse chi-nesische Aussteller auf die missachteten Menschenrechte in Chi-na anspricht.

Eine übertriebene Selbstdarstellung sowie mangelnder Aufwand und Ra(nesse machen den Auftritt des eigentlich großen Satiri-kers Sonneborn keine 14 € Eintrittspreis wert.

Der Satiriker Martin Sonneborn und sein

Auftritt in Bremen

Krawall leicht

gemacht

Text: Lukas Niggel

Bremen

32

Page 33: 1. Ausgabe

Eis mit GefühlDas Eislabor Bremen überzeugt mit Kreativität und Hingabe. Die Bira!-Brüder begeistern ihre Kunden immer wieder mit neuen ausgefallen Eiskreationen.

Als wir hier angefangen haben, dachten viele: Eislabor, das muss etwas mit Chemie zu tun haben.“, erzählt Srećko Birač, der zusammen mit seinem Bruder Damir die Eis-

diele in der Östlichen Vorstadt betreibt. Für ihn steht jedoch fest: „ Ein gutes Eis ist so natürlich wie möglich hergestellt.“ Statt künstlichem Pulver kommen hier echte Vanilleschoten und Früchte in das Eis. Experimentieren ist dabei aber ausdrücklich erlaubt: Neben den klassischen Eissorten &ndet man im Eislabor Bremen auch allerhand außergewöhnliche Kreationen. Zu dem insgesamt mehr als 230 Sorten umfassenden Sortiment gehören zum Beispiel Geschmacksrichtungen wie Erdbeer-Basilikum, Schoki-Feta und Ziege-Ananas. Das Angebot wechselt, abgese-hen von den Klassikern wie Schoko und Vanille, täglich. Wer sich an die unkonventionellen Geschmackssorten noch nicht herantraut, kann vorher einfach probieren. So ist sicher, dass jeder für die 70 Cent pro Kugel auch das Eis bekommt, das ihm schmeckt. Davon pro&tierte auch eine Kundin, die beim Probie-ren von Erdbeer-Basilikum das Gesicht verzieht: „Das schmeckt ja wie Pizza mit Erdbeeren.“ Für sie ist Stracciatella dann wohl doch die bessere Wahl. „Die Klassiker gehen immer noch am besten. Es gibt aber auch viele Stammkunden, die oft nach be-stimmten, außergewöhnlichen Sorten fragen.“, sagt Srećko.Die Arbeit in ihrem Café teilen sich die Brüder – Srećko küm-mert sich vor allem um die neuen Eiskreationen und Damir ist für den Verkauf und die Ka!eespezialitäten zuständig. Alle Geschmacksrichtungen werden von Srećko im eigenen Eislabor, der Küche der Eisdiele, selbst gefertigt. Bei den Ideen für neue

Eiskreationen vertraut er vor allem auf seine jahrelange Erfah-rung. Außerdem legt er viel Wert auf saisonale Eisvariationen: Einen Erdbeerbecher gibt es hier außerhalb der hiesigen Erd-beersaison nicht. Während Srećko also an neuen ungewöhnli-chen Erlebnissen für den Gaumen bastelt, ist sein Bruder Da-mir als ausgebildeter Barista – als „Ka!eekünstler“ also – für die kunstvolle Zubereitung von Cappuccino und Co. zuständig. Die gibt es übrigens, genau wie das Eis, auch in laktosefreien und veganen Varianten. Bevor sie ihren Laden in Bremen erö!net haben, betrieben die Brüder schon einige Jahre ein Eiscafé in Hoya. Doch die ersten Erfahrungen, was das Eismachen angeht, haben die gebürtigen Bremer kroatischen Ursprungs im Bremer Viertel als Angestellte gemacht. Nun betreiben sie das Eislabor schon im vierten Jahr, haben im letzten Jahr noch eine kleinere Filiale im Viertel er-ö!net und können eine große Anzahl begeisterter Stammgäste vorweisen – auf Facebook hat das Eislabor schon weit über 400 Fans. „Die Leute merken einfach, dass man mit Herzblut bei der Sache ist.“, meint Srećko Birač. Das stimmt. Wer hier einmal war, kommt bestimmt gerne wieder.

Text: Anna Lenja Hartfiel Foto: Lisa Mertens

33

Page 34: 1. Ausgabe

Ich habe selbst mal in Walle gewohnt, am Ste!ensweg, Ecke Nachtigallstraße. Damals, während des Zivildienstes, wa-ren uns unsere WG-Räumlichkeiten Amüsement genug,

schließlich hatten wir meistens genug Bier und einen Kicker.Doch Bier und Tischfußball waren irgendwann nicht mehr ge-nug - in den ersten Studentenjahren lernte ich das Waller Nacht-leben kennen. Dann ging es meist zu Konzerten ins Kairo, heute das Karo, und Filmnächten im Kino46. Eines der Highlights war ein Alien-Film-Marathon, alle vier Filme, un-geschnitten und am Stück. Das war irgendwann wirklich Horror, trotz-dem waren wir hinterher glücklich, vermutlich aus Stolz über unser sportliches Durchhaltevermögen.

Heute lasse ich es kulturell gediegener angehen und begebe mich zu mongolischen Unter- und Obertongesangsabenden ins Westend an der Waller Heerstraße. Da gibt es übrigens wasch-echte Hippies zu bestaunen, so richtig 1:1 aus den 70ern rüber- gebeamt. Die &nde ich klasse, wie sie da so hin- und herwiegend im Yogasitz den Spirit der mongolischen Steppenlandschaft nachemp&nden. Walle ist immer noch ein gerngesehener Beglei-ter meines Studentenlebens, da der Stadtteil immer wieder etwas Überraschendes bietet.

Der Stadtteil Walle liegt nordwestlich der Bremer Altstadt und entwickelte sich nach dem Krieg zu einem klassischen Arbeiter-viertel, nicht zuletzt aufgrund der Nähe zum Hafen. Hier gibt es keine der typischen Altbremer Häuser wie im Viertel, da Walle im 2.Weltkrieg, übrigens mehr als alle anderen Stadtteile, mas-siv unter der Bombardierung zu leiden hatte. Ganze Straßen,

wie z.B.der Ste!ensweg, lagen brach und mussten neu aufgebaut werden. Nichtsdestotrotz gibt es genug Ecken, in denen Besucher einer ähnlichen Gemütlichkeit wie im Viertel begeg-nen können. Diese sind zum Beispiel in den vielen Seitengassen, die von der Vegesacker Straße abgehen, zu &nden.

Heute ist der Stadtteil sozial durchmischt wie kaum ein anderer in Bremen. Sehr gut ausmachen lässt sich das am Waschcenter an der Vegesacker Straße. Dort geben sich der Zeitung lesende Rechtsanwalt und der Punk mit seinen zwei Hunden die Klinke in die Hand. Schräg gegenüber des Waschcenters ist ein Eisca-fé, wo alt und jung bei gutem Wetter die Sonne genießen. Nur ein kleines Stückchen weiter ist das El Mundo, ein Restaurant, das mit seinen Burritos (gefüllte, weiche Tortillas) weit über die Grenzen Walles hinaus bekannt ist. Wer keine Lust auf spani-sche Küche hat, kann sich am indischen Kiosk oder dem tür-

Walle, Walle, da wohnen sie alle...

In dieser Rubrik stellt der Scheinwerfer studentische Besonderheiten und sehenswerte Gegenden der Bremer Stadtteile vor.

Nichtsdestotrotz gibt es genug Ecken, in denen Besucher einer

ähnlichen Gemütlichkeit wie im Viertel begegnen können.

Bremen für Studenten

34

Page 35: 1. Ausgabe

kischen Karto!elimbiss mit Köstlichkeiten versorgen. Für das leibliche Wohl ist in Walle also gesorgt. Ab 20 Uhr kann im Karo in der Reuterstraße ein kühles Bier genossen werden und sonntags wird dort gemeinsam Tatort geschaut. Zudem werden alle Werderspiele gezeigt, ab und zu gibt es auch Konzerte oder Ausstellungen. Das Karo ist eines der Aushängeschilder für die Waller Kneipenszene, und ist nach eigener Aussage doch mehr als eine Kneipe, da hier über die Jahre ein reger Austausch von Künstlern, Musikern und Szenegängern stattgefunden hat.

Das Kino46, welches direkt an der Waller Heerstraße liegt, ist das letzte verbliebene Kommunalkino in Bremen. Hier werden nicht einfach nur Filme gezeigt, sondern ganze Filmreihen zu be-stimmten "emen oder Regisseuren wie Fassbinder oder Orson Welles. Darüber hinaus gibt es Symposien mit Vorträgen von Filmwissenschaftlern. Eine sehr beliebte Einrichtung ist immer noch der Lieblings&lm am Sonntag, wo auch schon Prominente Filme ihrer Wahl vorgestellt haben. Die Bremer Tatortkommis-sarin Sabine Postel war zum Beispiel schon mit einem Bunuel-Film zu Gast. Generell ist das Kino46 immer einen Besuch wert und verlangt immer noch studentisch-humane Kommunalkino-Eintrittspreise von 4,50 Euro pro Karte.

Weiter die Waller Heerstraße hoch steht die Kulturwerkstatt Westend mit ihrem wunderschönen Konzertsaal und weiteren Räumlichkeiten für Ausstellungen.

Wer sich in Walle sportlich betätigen möchte, dem sei im Winter das Waller Bad oder das ParadIce zum Schlittschuhlaufen emp-fohlen. Im Sommer sind es nur 15 Minuten vom Waller Friedhof mit dem Rad zum Waller Feldmarksee, ein echter Geheimtipp. Er ist eine tolle Alternative zum Massenbaden im Werder- oder Unisee und noch dazu sehr schön zwischen den Schrebergärten im Waller #eet und dem Blockland gelegen. Wer lieber Radfah-ren oder spazierengehen möchte, kann dies im Waller Grüngür-tel oder dem Park am Waller Friedhof.

Studieren ist in Walle natürlich auch möglich. Und zwar nicht nur zu Hause, sondern auch an der Hochschule für Kunst und Design in den Speicherstätten am Hafen, wo auch immer wieder interessante Präsentationen der dort Studierenden statt&nden, manchmal auch verbunden mit feucht-fröhlichen Partys.

Walle hat immer etwas zu bieten: Erst kürzlich lief ich an ei-nem eher unscheinbar aussehenden Haus mit dem aufsehener-regenden Schild „Institut für Zeitreisen“ vorbei. „Für Schäden im Raum-Zeit-Kontinuum wird keine Haftung übernommen.“ Ob da die Hippies hergekommen sind...?

Text: Karim Ahmed Foto: Philipp Johanßen

Walle, Walle, da wohnen sie alle...

Bremen für Studenten

35

Bremen

Page 36: 1. Ausgabe

„Das letzte Mal, als wir in Bremen gespielt haben, war das Pu-blikum ungefähr ein Zehntel so groß wie heute!“ stellt Karen, die Sängerin der Band „Shellycoat“ schon zu Beginn des dritten „Freigemacht“-Konzertes am 9. April begeistert fest. Damit fasst sie auch gleich den Sinn und Zweck dieses Abends im Bremer Musikclub „Tower“ perfekt zusammen. Die Veranstaltungsreihe „Freigemacht - Konzerte für lau“, wurde in diesem Jahr ins Leben gerufen, um talentierten Künstlern und Bands die Möglich-keit zu geben, ihre Musik vor einem breiteren Publi-kum zu präsentieren und so möglichst viele Men-schen von ihrem Können zu überzeugen – völlig „freigemacht“ von &nan-ziellen Zwängen. Denn es gibt eine Menge talen-tierter Musiker, die zwar eine Vielzahl toller Lieder haben, aber deren Kon-zerte trotzdem nur mäßig besucht werden. Erklä-rungen dafür gibt es zahl-reiche, sei es nun, dass den Künstlern die Unterstüt-zung einer großen Platten&rma fehlt, ihre Musik für die breite Masse einfach nicht kommerziell genug ist oder dass Fans von guter Livemusik ihr Geld schon in Tickets für eine andere Band investiert haben. Aus diesem Grund fand nun bereits das dritte „Freigemacht“-Konzert statt und das, wie der Name schon verrät, wieder ohne Eintritt. Die Künstler für die Konzertreihe werden von den Veranstaltern selbst ausgewählt, Oliver Brock vom Tower-Team sagt: „Wir waren selbst ein wenig überrascht, dass alle von uns angedachten Bands gleich einverstanden waren und das Konzept toll fanden.“ Inzwischen gäbe es sogar Bands, die explizit nach „Freigemacht“ fragen und dort spielen wollen. Bereits die ersten beiden Konzerte mit der schwedischen Sängerin Lena Malmborg

und Simon den Hartog, auch bekannt als Sänger der „Kilians“, stießen im Januar und Februar auf eine breite Resonanz und sorgten für einen vollen Club. Aufgrund des großen Interesses mussten bei der Premiere sogar einige Zuspätkommende wieder nach Hause geschickt werden. Pünktlich zum Einlass für das dritte „Freigemacht“-Konzert um

20 Uhr war der Platz vor dem „Tower“ im Herden-torsteinweg deshalb be-reits gut gefüllt – keiner der Gäste wollte riskieren draußen zu bleiben und die Hamburger Band „Shellycoat“, sowie den Hauptact, die „Blacklist Royals“ aus Nashville, zu verpassen. „Shellycoat“ erö!neten das Konzert und begeisterten die zahl-reichen Zuschauer mit ih-ren Punkrock-Songs, die gleich für eine gute Stim-mung und einen rund-um gelungenen Einstieg sorgten. Nach 45 Minu-ten endete das Set von „Shellycoat“, die kürzlich ihr neues Album „Hours

Left To Stay Awake“ verö!entlicht haben. Bevor im Anschluss die „Blacklist Royals“ die Bühne stürmen konnten, mussten die Zuschauer sogar gebeten werden ein bisschen näher zusammen-zurücken. Denn auch die Gäste aus der einen Stockwerk höher gelegenen Bar wollten noch einen Platz vor der Bühne im rand-vollen „Tower“ ergattern. Das Quartett aus den USA, das beim Bremer Plattenlabel „Gunner Records“ unter Vertrag steht und im letzten Jahr sein Debütalbum „Semper Liberi“ verö!entlich-te, konnte sein musikalisches Können bereits auf zahlreichen Konzerten und Festivals unter Beweis stellen. Auch die „Black-list Royals“ überzeugten mit ihren Songs, die ebenfalls in Rich-tung Punkrock gehen, auf Anhieb. So sehr sogar, dass es unter den Zuschauern die ein oder andere Pogo-Einlage gab und die

Konzerte für lau, wo gibt’s denn sowas ?Der Musikclub Tower lädt zu kostenlosen Konzerterlebnissen ein. In regelmäßigen Abständen können bei der Konzertreihe „Freigemacht“ Bands aus dem In- und Ausland erlebt werden.

36

Bremen

Page 37: 1. Ausgabe

Band die Bühne erst nach zwei Zugaben verlassen durfte. Nach insgesamt gut zwei Stunden Spielzeit blieb ein rundum glück-liches Publikum und die Erkenntnis, dass man für gute Mu-sik nicht unbedingt viel bezahlen muss. Die „Blacklist Royals“ selbst waren auch mehr als zufrieden und bezeichneten ihren Auftritt sogar als „best show in Germany so far“. Oliver Brock war nach dem dritten Konzert der Reihe ebenfalls hocherfreut von der guten Resonanz: „ So haben wir uns das vorgestellt und so macht es einfach Spaß, zu sehen, dass sich die Bremerinnen

und Bremer wirklich für Musik interessieren und of-fen für Neues sind“. Bleibt nur noch zu wünschen, dass sich vielleicht auch andere Musikclubs in Bremen ein Beispiel an dieser Idee nehmen werden und man so in Zukunft noch öfter in den Genuss von Live-musik kommen kann, ohne dafür tief in die Tasche greifen oder sich gleich auf den Weg nach Hamburg machen zu müssen. Denn der Abend im „Tower“ hat bewiesen, dass diese Stadt durchaus zu rocken weiß und sich nicht nur als Heimat der Stadtmusikanten bestens eignet.

Wer jetzt auch Lust auf ein Konzerterlebnis für lau bekommen hat, kann sich freuen, denn die nächsten „Freigemacht“-Konzerte sind schon in Planung. Alle weiteren Infos, sowie Ankündigun-gen zu anstehenden Termine sind auf http://www.tower-bremen.de/ zu &nden.

Haltestelle des Universität ZentralbereichsDie ersten Sonnenstrahlen, fast schon sommerliche Temperatu-ren. Ein junger Mann guckt irritiert auf die Beine seiner Beglei-tung, die auf Grund ihrer ¾ Hose nicht ganz bedeckt sind.„Sag mal, warum trägst du denn bei diesem Wetter eine weiße Strumpfhose?“ - „Äh, das ist keine Strumpfhose, das ist meine Haut.“Merke: Jeder, der nach dem Winter keine gebräunten Beine vor-zeigen kann, gilt also keinesfalls als solariumabstinent, sondern als Fetischist für weiße Strumpfhosen.

Straßenbahn Linie 6Zwei Kinder, circa zwölf Jahre alt, diskutieren "emen, die weit über Pokemon und Co. hinaus gehen.„Hast du die neuen Spritpreise schon gesehen?“ - „Ja, die sind ja schon wieder hoch gegangen!“ Ernstes Kopfschütteln: „Ich weiß, schlimm sowas. Wer kann es sich denn bald überhaupt noch leisten, Auto zu fahren!?“Inmitten dieses interessanten Gesprächs musste ich leider aus-steigen, dabei hätte ich doch zu gerne noch die neuesten Akti-enkurse erfahren.

Straßenbahn Linie 10Zwei junge Frauen unterhalten sich über den Film und das Buch Wüstenblume des somalisches Models Waris Dirie. Dabei scheint es, als hätten nicht beide regelmäßig den Geographieunterricht besucht.„Hast du eigentlich auch den Film Wüstenblume geguckt? Nach dem Buch von dieser Waris Dirie?“ - „Ne, ich hab nur das Buch gelesen. Wo kommt diese Waris nochmal her?“ - „Ich glaube aus Somalia oder so.“ - „Quatsch, die kommt doch aus Afrika oder nicht?“ - „Bist du doof? Somalia ist in Afrika! Du warst letzten Sommer auch in Afrika, das weißt du, ne!?“ - „Bist du doof?? Ich war letzten Sommer in Ägypten!“Eine Sekunde lang überlege ich, das Geographiegenie nach der Staatsangehörigkeit zu fragen. Die Angst, dass die Antwort „eu-ropäisch“ lauten könnte, ist jedoch zu groß und so bleibe ich still und schmunzelnd sitzen.

ÜberhörtIn den Bussen und Bahnen Bremens sind oft kuriose und lustige Gespräche oder Situationen zu überhören. Oft kann man garnicht anders, als amüsiert zu lauschen. In dieser Kolumne gibt es ein paar Kostproben von dem, was ich täglich überhören musste.

Text: Kira Kettner Foto: shellycoat.de, southernlovin.com

Text: Giulia Ricci

37

Bremen

Page 38: 1. Ausgabe

Studenten brauchen seit jeher ein ausgeprägtes Improvisa-tionstalent. Sei es, um ein schlecht ausgearbeitetes Referat zu retten, um immer neue Argumente für die Verlänge-

rung von Abgabefristen zu &nden oder für den kreativen Spei-seplan am Monatsende. Vielleicht hat die Uni Bremen diesen Umstand erkannt, als sie dem Hochschulsportkurs „Improvisati-onstheater“ für dieses Semester ihr Einverständnis gegeben hat. Jeden Freitag von 20:30 bis 22:00 Uhr werden Michel Büch, Tobias Sailer und eine bunt gemischte Gruppe von Bremer Stu-denten ihre Improvisationskünste ausprobieren, üben und per-fektionieren. Die Workshopleiter sind selbst begeisterte Impro-Spieler und stehen gemeinsam unter dem Namen „die beiden“ regelmäßig auf der Bühne. Hinter ihrem Programm und dem Workshop stecken ein langer Weg über viele verschiedene "eaterprojekte und eine große Por-tion Leidenschaft, die sie gerne mit anderen teilen möchten. Improvisation kann bedeuten, einfach auf die Bühne zu gehen und irgendeinen Satz zu sagen, der einem gerade in den Kopf kommt. Darauf reagiert der Partner und aus diesen fortgeführten Reaktionen entwickelt sich dann eine Geschich-te, die völlig überraschend sein kann und zu Beginn der „Impro“ nicht feststeht. Das ist spontan, oft sehr lustig und kann kaum langweilig werden. Aber dies ist nur das Grundprinzip, denn Improvisation ist eine sehr facettenrei-che Spielart des "eaters und schließt viele verschiedene Formen und Varianten mit ein. Ihnen allen gemein ist, dass sie gänzlich ohne vorgefertigten Text, ohne Skript und ohne Pläne auskom-men. Auf der Bühne hat der Impro-Schauspieler nur sich selbst und das, was sich um ihn herum im Raum be&ndet, zur Verfü-gung. Trotzdem – oder gerade deswegen – tritt er nicht völlig unvorbereitet vor sein Publikum. „Wenn wir proben“, so Mi-chel Büch über die gemeinsame Arbeit, „versuchen wir einfach, zusammen zu kommen, uns genau zuzuhören und gemeinsam etwas zu entwickeln.“ Es gilt, eine hohe Sensibilität für Mimik und Gestik des Partners zu entwickeln, um dessen Andeutungen und Hinweise verstehen und weiterführen zu können. Dafür muss die gegenseitige Wahrnehmung der Schauspieler geschärft werden. Als Vorbereitung können aber auch diverse Techniken und ein gewisses Repertoire an erzählerischen Strukturen erlernt werden. Darunter fällt zum Beispiel die „Yes, and“-Methode.

Dabei lernen die Impro-Spieler einen Impuls von anderen auf-zugreifen und ihn weiter zu entwickeln ohne dabei den eigenen Vorstellungen den Vorrang zu gewähren. Nicht die eigene Inter-pretation der Situation ist entscheidend, sondern das, was aus einer gegebenen Idee heraus improvisiert werden kann.Ganz nach dem Motto des vermutlich bekanntesten Impro-theater-Mitbegründers Keith Johnstone: „Bin ich inspiriert, geht alles gut, doch versuche ich es richtig zu machen, gibt es ein Desaster.“ Es soll nicht in erster Linie um Methoden ge-hen, sondern vor allem um den Spaß am Ausprobieren. Da-

rum, auch in Situationen, in denen man im Mittelpunkt steht, nicht zu verkrampfen und sich von unnö-tigen Erwartungshaltungen frei zu machen. Jeder kennt die Nervosität und das ungewohnte Gefühl, ange-schaut zu werden, aus diversen, nicht immer angenehmen Referatssitua-tionen und so manch einer kann es nur durch Üben und Ausprobieren überwinden. „Ich glaube, dass je-der schon die Anlagen in sich trägt, um Nervosität, Hemmungen und das Angegucktwerden übergehen zu können und sich davon nicht aufhal-ten zu lassen“ stellt Tobias Sailer fest. Deswegen richtet sich das Kursange-bot weder speziell an erfahrene, noch

an unerfahrene (Impro-)Schauspieler, sondern an alle, die sich dafür begeistern können.Der Erfolg spricht für das Konzept des Workshops. Unmittel-bar nach der Anmeldefrist waren alle Plätze besetzt und die Län-ge der Warteliste wächst stetig weiter. Deswegen wurde sogleich ein zweiter Workshop, ebenfalls unter der Leitung von Tobias Sailer, ins Leben gerufen (Montag, 18:15 bis 19:45 Uhr im Schlachthof ). Wer also jetzt Lust bekommen hat, sein Improvi-sationstalent auf die Probe zu stellen, ist herzlich eingeladen, sich auf der Warteliste einzuschreiben oder sich per Mail ([email protected]) direkt bei den Workshop-Verantwortlichen zu melden. Notfalls improvisieren die beiden da was. Und wer das alles gerne einmal mit eigenen Augen sehen möchte, kann „die beiden“ bei ihrem nächsten Auftritt am 28. Mai 2011 im Maga-zin-Keller im Schlachthof besuchen oder sich nach weiteren In-formationen auf der Website www.die-beiden.info umschauen.

Bin ich inspiriert, geht alles gut…Spätestens seit Cordula Stratmanns „Schillerstraße“ ist Impro-Theater bekannt und beliebt. Ein Hochschulsportkurs gibt einen Einblick in diverse Techniken des kreativen Bühnenspiels.

Text: Anna Cordes Foto: Lisa Mertens

38

Feuilleton

Page 39: 1. Ausgabe

Der Hinterhof des Goethetheaters. Ein Tunnelgang führt in Bremens beschauliches Milchquartier im Ostertor-viertel. Seitlich geht es in den Brauhauskeller. Gerade

mal 50 Leute haben hier Platz. Die Stücke von Elfriede Jelinek stoßen in der Regel immer auf relativ großes Interesse, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass ihr 2004 der Nobelpreis für Litera-tur verliehen wurde und ihre Stücke das moderne Regietheater immer wieder zu exzessiven Bühnenshows verleiten. Im Vor-raum stehen Ü-50 Pärchen so weit das Auge reicht, aber auch ein linksalternatives, jüngeres Paar wie aus dem Bilderbuch.

Des Weiteren die obligatorische Tochter aus gutem Haus, die ihre Eltern mit dem Besuch eines Jelinek-Stücks mal so ein bisschen „Schockkitzeln“ möchte. Nach einem Glas Merlot bewege ich mich in den Saal, der wie einer von diesen Mini-Kinosälen wirkt. Passend dazu wird im hinteren Teil der schlauchartigen Tunnel-bühne ein Störfernseh#immerbild auf eine Leinwand projiziert. Blind versuche ich mir meine ersten Notizen zu machen, dann geht es los, das Königinnendrama.Zu Beginn gibt uns Irene Kleinschmidt als Ulrike Meinhof im existentialistischen Schwarzlook eine Einführung in die geschichtlichen Umstände, aus denen die RAF hervorging. Sie erklärt es nicht nur uns, sondern auch ihren Kindern, die sie damals für den bewa!neten Stadtguerillakampf verließ. Pikanterweise werden diese als Hand-Puppen von den hinter ihrem Schreibtisch hockenden Schauspielern Johanna Geißler und Glenn Goltz wie im Kasperletheater gesprochen. Wenig später erscheinen die Beiden als Andreas Baader und Gudrun Ensslin auf der Bühne, die als Terrorliebespaar zusammen mit Meinhof als die Hauptidenti&kations&guren der ersten Generation der RAF galten. Ensslin bauchfrei mit Lady Gaga-Perücke, Baader im Armeesakko, beide mit coolen Sonnenbrillen ausgestattet.Der Schriftzug des Kaufhauses Schneider erscheint im Hintergrund. Dort fand der berühmte Kaufhausbrand statt, so etwas wie die Initialzündung für die RAF. Langsam erinnere ich mich wieder: Baader in Haft, die spektakuläre Befreiung, Ulrike Meinho!, dramatisch vor die Wahl gestellt, die Revolution weiterhin vom Schreibtisch aus zu begleiten oder jetzt und hier, den lebensgefährlich verletzten Institutsangestellten im Rücken, mit in den bewa!neten Untergrund zu gehen. Schwere Kost, durchaus Sto! für ein Drama bietend. Und Jelinek lässt uns an dem inneren Zwiespalt der Meinho! als Mutter von zwei Kindern sogar teilhaben, durch klare Monologe, die ich zu diesem Zeitpunkt noch wunderbar

nachvollziehen kann... Vielleicht wäre ein Ein-Personen-Stück sinnvoller gewesen, diese Jelinekschen Sprach#usskonstrukte, mit viel gesellschaftskritischem RAF-Duktus versehen, lassen sowieso keine Dialoge, geschweige denn eine Handlung entstehen. Von Nachvollziehen kann keine Rede mehr sein. Die Analogie zu Schillers Drama „Maria Stuart“ ist vor allem in der Konstellation der beiden konkurrierenden „Königinnen“ Meinhof und Ensslin als DIE weiblichen Führungs&guren der RAF angelegt. Beide ziehen sich im weiteren Verlauf dementsprechend elisabethanische Unterrockkleider an und balzen sich danach wie

Sumoringer über den Bühnenboden. Baader taucht irgendwann als schwarzer Mephisto-Engel auf, Tocotronic singen von der „puren Vernunft“, die „niemals siegen darf.“ Da kommt beim Zuschauer automatisch Melancholie auf - das wirkt. Das „Schreibmaschinenkonzert“ von Leroy Anderson wird von Meinhof und Ensslin pantomimisch begleitet, zum Schluss versammeln sich alle zu „Gute Nacht, Freunde“ von Reinhard May auf der Bühne und ich habe das Gefühl, einen etwas wortlastigen Videoclip gesehen zu haben.

„Ulrike Maria Stuart“ unter der Regie von Mirja Biel und Joerg ZboralskiAm 19. und 28. Mai im Brauhauskeller (Hinterhof des Goethe-theaters)Kartenpreise für Studierende bis 27 Jahre: 9 Euro, darüber 14 Euro

Bin ich inspiriert, geht alles gut…

Besuch im Brauhauskeller Das RAF- Schauspiel „Ulrike Maria Stuart“ von Elfriede Jelinek - Versuch einer Rekonstruktion der Ereignisse

Text: Karim Ahmed Foto: Theater Bremen

39

Feuilleton

Page 40: 1. Ausgabe

Die Kunstsammlungen Böttcherstraße, bestehend aus dem Paula Modersohn-Becker Museum und dem Mu-seum im Roselius-Haus, zählen für viele immer noch

zu den eher altmodisch konzipierten Museen, die Bremen zu bieten hat. Alleine das abwechslungsreiche und vielfältige Pro-gramm der letzten Monate beweist jedoch das Gegenteil. Das Paula Modersohn-Becker Museum ist weltweit das erste Museum, welches dem Werk einer Malerin gewidmet wurde. Paula Modersohn-Becker (1876- 1907) wurde nur 31 Jahre alt und gilt heute dennoch als Pionierin der Moderne. In immer wieder wechselnden Ausstellungen werden ihre Werke in ver-schiedenste Kontexte gestellt und den Besuchern wird verdeut-licht, wie sich ihre Arbeit verändert und weiterentwickelt hat.Abgesehen von den Werken seiner Namensgeberin stellt uns das Paula Modersohn-Becker Museum momentan eine weite-re Künstlerin vor, die bei der Betrachtung der künstlerischen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht außer Acht gelassen werden sollte. Mathilde Vollmoeller-Purrmann (1876- 1943) kann, genau wie Paula Modersohn-Becker selbst, zu den Künstlerinnen gezählt werden, welche zu Lebzeiten nicht die Anerkennung bekamen, die sie verdienten. Lange ist man davon ausgegangen, dass sie nach ihrer Heirat mit Hans Purrmann, selbst auch Künstler, das Malen eingestellt hatte und viele ihrer bis dahin gescha!enen Werke zerstört wurden. Erst 1999 wurde eine Vielzahl ihrer Ar-beiten wiederentdeckt und es wurde klar, dass sie der Kunst bis zu ihrem Tod treu geblieben war. Die Sammlung der Gemälde von Vollmoeller-Purrmann besteht größtenteils aus Porträts und Landschaften. Sie lebte und ar-

beitete einige Zeit in Paris und nach ihren Besuchen der dorti-gen Cézanne-Retrospektive wurde deutlich erkennbar, welchen künstlerischen Ein#uss dieser berühmte Maler auf ihre Werke hatte: Die Farbe wurde zum Gegenstand der harmonischen Bildkomposition. Auch ihr späteres Studium an der Akademie von Henri Matisse prägte ihre Arbeit. Die Sonderausstellung „Fest der Farben“ wurde kuratiert von Dr. Frank Laukötter, Verena Borgmann und Simone Ewald. Sie entstand in Kooperation mit dem Purrmann-Haus in Speyer. Etwa 40 Leihgaben wurden von diesem Haus und aus Privat-besitz zur Verfügung gestellt. Darunter be&nden sich zahlreiche Landschaftsbilder und Porträts, sowie Aquarelle aus ihrer späte-ren Scha!ensphase. Die Ausstellung zeigt auf beeindruckende Weise das Werk einer „verloren gegangenen“ Künstlerin und bringt dem Betrachter das Leben einer willensstarken Frau nä-her, die es gescha!t hat, für ihre Familie da zu sein und trotzdem ihre künstlerische Freiheit auszuleben. Vor allem einige ihrer le-bendigen Landschaftsbilder geben dem Besucher das Gefühl, selbst ein Teil der sonnigen Darstellungen zu sein und lassen die kühlen Museumsräume gleich ein paar Grad wärmer erscheinen.Noch bis zum 3. Juli 2011 kann die Ausstellung im Paula Mo-dersohn-Becker Museum bewundert werden und für alle Studie-renden des Fachbereichs Neun ist der Eintritt sogar kostenlos!

Weitere Informationen zu Ö!nungszeiten und kommenden Veranstaltungen &ndet ihr auf www.pmbm.de

Im Paula Modersohn-Becker Museum findet zur Zeit eine Austellung der Malerin Mathilde Vollmoeller-Purr-mann statt.

Mathilde Vollmoeller-Purrmann, Stillleben mit Calla, Paris, 1911, Stadt Speyer

Text: Alexandra Knief Foto: pmbm.de

Ein Fest der Farben

40

Page 41: 1. Ausgabe

Während Javier Bardem in Woody Allens

romantischer Vorzeige-kulisse („Vicky Cristina Barcelona“) sorglos um-herstreifen konnte, hastet er in „Biutiful“, einem Raubtier gleich, tief ge-beugt durch eine trostlose, elende Stadt. Handlungs-technisch überrascht der Film nicht, jedoch lie-fert Regissseur Alejandro González Iñárritu einen unerwarteten Blick auf Barcelona.

Um seine Kinder zu versorgen, verdient der Kleinkriminelle Uxbal (Javier Bardem) sein Geld durch zwielichtige Geschäfte mit illegalen Einwanderern, die er einerseits unterstützt und an-dererseits ausbeutet. Er ist außerdem Mittelsmann zwischen den Toten, mit denen er angeblich reden kann, und den Lebenden, die in ihrer Trauer dafür bezahlen. Seine psychisch labile Ex-Frau (Maricel Alvarez) schläft mit seinem Bruder. Uxbals Leben ist also bereits ziemlich unerfreulich, als er erfährt, dass er Krebs im Endstadium hat. Ihm bleibt wenig Zeit, die wichtigsten Din-ge vor seinem Abgang zu erledigen. Was schwierig ist, in einer Welt, in der ein Tiefschlag auf den nächsten folgt.

Anders als in den verwickelten Episodengeschichten „Amores Perros“, „21 Gramm“ und „Babel“ konzentriert sich der Regisseur diesmal auf eine Stadt und einen Charakter. Gera-de wegen der geradlinigen Erzählweise scheint dieses Werk zu-nächst überfrachtet mit Ho!nungslosigkeit. Es ist anstrengend, Uxbal dabei zuzusehen, wie er sich durch die Schattenseiten Eu-ropas bewegt, wo Gewalt an der Tagesordnung steht, in der dre-ckigen Toilette schmerzhaft Blut uriniert und Angst hat, nach dem Tod von seinen Kindern vergessen zu werden.

Bis jetzt der bedrückendste Film des Mexikaners, ist „Biutiful“ aber auch eindringlich und unsentimental, nicht zuletzt dank der Leistung des Hauptdarsteller. Obwohl die gan-ze Unmenschlichkeit der globalisierten Welt vorgeführt wird, ist Globalisierungskritik nicht das Hauptziel: Der Film erzählt vom Leben und Loslassen, von Kampf und Verzwei#ung, von der Menschlichkeit im Unmenschlichen. Manche Geschichten sind eben ho!nungslos. Schön sind sie dennoch, und es wert, erzählt zu werden. Am Ende verlässt man betäubt den Kinosaal. Ob es sich lohnt, entscheidet jeder für sich.

BiutifulEin Film über das Leben und Sterben, über den Glanz und die Schatten Europas. Der neue Film von Regisseur Alejandro González Inárritu, derzeit in der Schauburg zu sehen, ist keine leichte Kost.

Text: Natalie Sadovnik Foto: Prokino

Feuilleton

41

Page 42: 1. Ausgabe

Der Dozent, durch den man sich ungerecht behandelt fühlt, Liebeskummer oder Selbst&ndungsprobleme – alles wird etwas leichter erträglich, wenn man darüber

redet. Doch auch positive Erlebnisse, wie die tolle Zeit im Aus-land oder die Begeisterung für den Film am Abend zuvor, möch-ten wir mit anderen teilen.

Sprache gehört so selbstverständlich zu unserem Alltag wie das Atmen: Ständig kommunizieren wir – es scheint uns ein gro-ßes Bedürfnis zu sein, uns anderen Menschen mitzuteilen, uns auszutauschen. Warum sollten wir so etwas Selbstverständliches wie unsere Sprache überhaupt in Frage stellen?

Weil wir uns damit auf eine sehr interessante Reise nach den Ursprüngen der Menschheit begeben und außerdem etwas da-rüber erfahren, was uns als Menschen ausmacht! Ruth Berger nimmt uns in ihrem Buch “Warum der Mensch spricht” auf diese äußerst spannende Exkursion in die Vergan-genheit mit. Es soll die Frage beant-wortet werden, wann in der Geschich-te der Menschheit das erste Mal eine Sprache auftrat, die vergleichbar mit den heutigen Sprachen ist.

Insgesamt läuft Ruth Bergers Unter-suchung der Sprache auf zwei Hauptthesen hinaus, die nicht miteinander vereinbar sind. Die erste geht von einem recht spä-ten Beginn der Sprache aus – demnach wäre sie den Menschen durch die zufällige Mutation des Erbguts vor circa 50.000 bis 200.000 Jahren zugefallen, welche eine Umstrukturierung im Gehirn bewirkte, die den Menschen sprachfähig machte. Die zweite "ese sieht Sprache als Produkt eines wesentlich längeren evolutionären Prozesses, der quasi dann einsetzte, als aus Men-schena!en die ersten Urmenschen wurden – das ist immerhin schon gut zwei Millionen Jahre her. Diese "esen beinhalten jedoch mehr als die bloße Frage der Datierung, vielmehr geht es hierbei um zwei verschiedene Au!assungen über die Spra-che und das Menschsein. Folgt man der ersten "ese, setzte die Sprachfähigkeit der Menschheit erst dann ein, als der Mensch schon alle anderen Eigenschaften besaß, die ihn „menschlich“ machen. Folgt man jedoch der zweiten "ese, muss die Entwick-lung von Sprache den Prozess der Menschwerdung entscheidend

mit beein#usst haben – die Sprache ist nicht durch eine einzelne Mutation gegeben, sondern entstand im Zuge der Entwicklung vieler anderer kognitiver und emotionaler Fähigkeiten.

Ruth Berger sammelt im Verlauf des Buches Indizien für beide "esen und am Ende wird abgewogen, welche "ese stichhalti-ger ist. Das Besondere hierbei ist, dass der Leser in alle wissen-schaftlichen Disziplinen Einblicke bekommt, die an der Erfor-schung der Evolution der Sprache beteiligt sind – und das ist längst nicht nur die Sprachwissenschaft. Wir begleiten Biologen und Psychologen bei ihren Versuchen, Menschena!en Sprache beizubringen; Man ist erstaunt, denn das klappt besser als ge-dacht. Auch wenn Sprachfähigkeiten der Menschena!en nicht an das Sprachniveau eines erwachsenen menschlichen Sprechers heran kommen, können sie immerhin bis zu 300 Wörter einer Sprache lernen und verblü!en durch eine ungeahnte Verwen-

dung von Wörtern. Beispielsweise ist der Schimpanse Sherman, dem im Zuge eines Forschungsprojek-tes beigebracht wurde, sich mittels eines Computers sprachlich auszu-drücken, sogar in der Lage, Spra-che kreativ zu verwenden. Als ihn ein P#eger durch das Entzünden einer bisher unbekannten Wunder-kerze in Angst versetzt, tippt er in

den Computer ein: „Strohhalm geben Schreck raus“ - da er kein Wort für „Wunderkerze“ hat, verwendet er eben „Strohhalm“ dafür, welcher einer Wunderkerze zumindest von der Form her ähnelt.

Weitere Antworten auf die vielen Fragen versuchen Genetiker zu liefern: Was hat es mit dem mysteriösen Sprachgen FOXP2 auf sich? Oder kommen wir der Antwort ein Stück näher, wenn wir mit Archäologen die Knochen von Neandertalern und Ur-menschen ausgraben? Diese Knochen sollen Auskunft darüber geben, ob die frühen Menschen aufgrund ihres Sprechapparats überhaupt in der Lage gewesen wären, Laute zu produzieren, die denen heutiger Sprachen ähneln. Schließlich leisten auch die Neurowissenschaften ihren Beitrag, denn es könnte aufschluss-reich sein zu erforschen, ob Sprachproduktion und -verarbei-tung eher in evolutionär alten oder neuen Gehirnteilen statt&n-det – hier streifen wir die alte Debatte, ob Sprachfähigkeit für

„Was wäre das Leben ohne die Sprache“? wird sich auch mancher Journalist oft fragen. Doch wo kommt sie her? Wie alt ist sie? Dieser und vieler Fragen mehr ist Autorin Ruth Berger nachgegangen.

Warum der Mensch spricht

Sprache gehört so

selbstverständlich zu unserem

Alltag wie das Atmen.

Feuilleton

42

Page 43: 1. Ausgabe

sich alleine steht oder mit der allgemeinen Intelligenz verknüpft ist.

So fügen sich letztendlich immer mehr Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammen. Ruth Berger hat das Ganze sehr gut nachvollziehbar strukturiert und fasst am Ende noch einmal all ihre Ergebnisse zusammen. Obwohl das Buch sich mit an-spruchsvollen wissenschaftlichen Inhalten befasst, ist es sehr humorvoll und unterhaltsam geschrieben und außerdem auch gut ohne Vorkenntnisse verständlich.

Alles in allem ist es der Autorin sehr gut gelungen, die neuesten Forschungsergebnisse aus den unterschiedlichsten wissenschaft-lichen Disziplinen darzustellen und zueinander in Beziehung zu setzen. So entsteht eine runde Vorstellung davon, wie sich die Sprache entwickelt haben könnte. Dieses Buch sei vor allem

Studenten der Linguistik, einer Philologie, der Biologie oder der Kulturwissenschaften ans Herz gelegt und darüber hinaus natür-lich allen, die an der Evolution von Sprache oder des Menschen generell interessiert sind. Nach dem Lesen des Buches macht sich das Gefühl breit, auf sehr unterhaltsame Weise mehr gelernt zu haben als in so manchem linguistischen Seminar.

Ruth Berger: „Warum der Mensch spricht. Eine Naturgeschich-te der Sprache“ ist 2008 bei Eichborn erschienen. Erhältlich für 19,95€.

Anständig essen. Ein SelbstversuchDiäten sind zum Kult geworden, ganz gleich auf welche Art. Was neben dem Gewicht mit einem selbst passiert, wenn man den Ernährungsexperten folgt, steht aber meistens nicht in den selben Büchern.

In der Mensa gibt es seit kurzem vega-nes Essen und es ist auch noch nicht allzu lange her, dass in Bremen der

vegetarische Tag eingeführt wurde. Sich mit seiner Ernährung auseinanderzuset-zen, scheint momentan voll im Trend zu liegen. Genau dies tut auch Karen Duve, indem sie ein 10-monatiges Experiment in Sachen Ernährung wagt und dieses in ih-rem Buch „Anständig essen“ dokumentiert. Alles begann damit, dass ihr das Gewissen in Gestalt ihrer Mitbewohnerin im Super-markt eine Packung „Qual#eisch“ ausrede-te. Karen Duve, ehemals Verfechterin von Brathähnchen, Gummibärchen, Cola und Co., entscheidet sich, jeweils zwei Monate nacheinander die rein biologische, vegetari-sche und frutarische Ernährung zu testen. Vier Monate lang lebt sie sogar vegan. Ihre Vorurteile, Erfahrungen und Erkenntnisse hält sie in Form von Tagebucheinträgen, die monatsweise zusammengefasst sind, fest. Auf humorvolle Art und Weise beschreibt sie ihren täglichen Kampf mit dem Essen und den strikten Regeln, die ihr die Ernährungsweisen auferlegen. Dabei bezieht sie den Leser direkt in ihr Alltagsle-ben mit ein und schildert anschaulich, wie ihr neues Essverhal-ten ihren Tagesablauf beein#usst. Obwohl die Autorin anfangs die verschiedenen Überzeugungen nicht nachvollziehen kann, sie stellenweise sogar verspottet, bleibt sie zielstrebig. Neben den Nahrungsmitteln an sich beschäftigt Karen Duve sich auch

mit der Herkunft und Herstellungsweise unseres Essens und liefert dabei viele wissenswerte, teils erschreckende Fakten über die Nahrungsmittelin-dustrie. Ein Beispiel ist, dass einem Huhn in einer typischen Legebatterie gerade mal 550 cm² zur Verfügung stehen, was in etwa der Größe dieser Seite entspricht. Dies wird durch mehrere infor-mative Interviews mit verschiedenen Parteien über das "ema Ernährung unterstützt. Insgesamt ist „Anständig essen“ ein lesenswertes Buch, das keinesfalls nur für Vertreter einer der von Karen Duve erprobten Ernährungsweisen ge-eignet ist. Da die Autorin ihren Selbstversuch un-abhängig von jeglichen Überzeugungen begann, kann der Leser durch ihre Augen mitverfolgen, wie sie langsam anfängt, sich mit ihrer Ernährung zu befassen und welche Faktoren, wie beispielswei-se Internetrecherche, sie dabei beein#ussen. Am Ende des Experiments zieht sie ihre Schlüsse und tri!t eine endgültige Entscheidung in Bezug auf ihre Ernährung.

Karen Duve: „Anständig essen. Ein Selbstversuch“Verlag: Galiani Berlin, Hartcover mit SchutzumschlagPreis: 19,95 Euro, ISBN 978-3-86971-028-0

Karen DuveAnständigessen Ein Selbstversuch

Text: Christina Freihorst

Text: Alina Fischer Foto: Galiani Verlag

Feuilleton

43

Page 44: 1. Ausgabe

Adele Laurie Blue Adkins, besser bekannt als „Adele“, hatte bereits mit 14 zum ersten Mal ein Mikrofon in der Hand. Seit ihrem ersten Album „19“, das 2008 erschien,

wird sie in Großbritannien als neue Amy Winehouse gefei-ert – stimmlich kann sie da auf jeden Fall mithalten, nur über Drogenskandale ist bisher nichts bekannt. Sie macht Soul mit etwas Pop und Jazz vermischt, vergleichbar mit den ebenfalls britischen Sängerinnen Rumer und Du!y. Nun ist ihr zweites Album „21“ erschienen, welches entstand, während sie 21 war (mittlerweile ist sie 22). Adeles Stimme ist sehr vielseitig: Mal geschmeidig und glatt, mal rau und soulig. In Kombination mit Background-Gesang und Orchester entstehen imposante Klän-ge, manche Lieder sind aber auch nur mit Klavierbegleitung ganz puristisch gehalten (zum Beispiel „Someone like you“). Auf „21“ &nden sich viele ruhigere Balladen, in denen Adeles Stim-me sanft und manchmal zerbrechlich oder anklagend klingt. Als Gegensatz dazu gibt es auch ein paar schnellere, energiegelade-nere Stücke, wie das erste „Stück Rolling in the deep“: es hat ei-nen schnellen, stampfenden Rhythmus und drückt eine gewisse Wut über das Scheitern einer Beziehung aus.

Insgesamt ist das Album von der Verarbeitung von Trennung und Liebeskummer geprägt, wobei man das Gefühl hat, dass diese Verarbeitung nun abgeschlossen ist. So wünscht Adele in „Someone like you“ ihrem ehemaligen Geliebten alles Gute für den weiteren Lebensweg, möchte aber dennoch nicht vergessen werden: “Nevermind I‘ll &nd someone like you/ I wish nothing but the best for you two/ Don‘t forget me, I beg/ I remem-ber you say: ‚Sometimes it lasts in love but sometimes it hurts instead‘“. Am Ende bleibt die nüchterne Erkenntnis, dass die Liebe eben manchmal schmerzlich sein kann. Gut, wenn man den Schmerz wenigstens kreativ verarbeiten kann, so wie Adele.

Alles in allem ist dank Adeles außergewöhnlicher Stimme und den gelungenen musikalischen Arrangements ein ausdrucksstar-kes Album entstanden.

Einziges Manko: Man hätte sich über noch mehr schnellere Songs à la „Rolling in the deep“ gefreut! Trotzdem lohnt sich die Anscha!ung für jeden, der sich über das Revival des Soul freut,

das man zurzeit beobachten kann. Das Album ist als normale Version (11 Tracks) für 11,99€ erhältlich oder als Limited Editi-on mit zwei Bonustracks für 15,95€. Die Limited Edition lohnt sich schon wegen einem dieser Bonustracks: „If it hadn’t been for Love“, ein Coversong, der nach Country und Blues klingt und deswegen aus dem Rest des Albums heraussticht.

Text: Christina Freihorst Foto: Beggars Group

In ihrem neuen Album singt die junge Britin mit der außergewöhnlichen Stimme von Liebe und Schmerz undlässt den Soul noch lange nicht in Vergessenheit geraten.

Adele 21

44

Page 45: 1. Ausgabe

E inem größeren Publikum zugänglich wurde der Erfur-ter Sänger und Songwriter Clueso erstmals, als er 2005 bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest mit dem

Song „Kein Bock zu geh’n“ für sein Bundesland antrat und immerhin den siebten Platz holte. Urspünglich kommt Clueso aus der Musikrichtung Hip Hop, was sich vor allem auf seinem ersten Album „Text und Ton“ (2001) noch stärker bemerkbar macht. Auf seinen fol-genden Alben „Gute Musik“ (2004), „Weit Weg“ (2006) und „So sehr dabei„ (2008) experimentiert Clu-eso mit verschiedenen Musikstilen und mischt Pop mit Reggae, Rock, Jazz und Hip Hop. Auch sein viertes Album „An und für sich“ lässt sich schwer in nur eine Musik-Kategorie einordnen: Hier wechseln sich akus-tische Gitarren und deutlich mehr elektronische Elemente, als man es von Clueso gewohnt ist, ab.

Insgesamt sind die Lieder auf die-sem Album eher ruhig, manch einer mag die Stimmung als melancho-lisch emp&nden. In der Tat ist dies kein Album, das man hören würde, um in Partystimmung zu kommen. Andererseits ist es aber auch keine Musik, die einen runterzieht oder die man nur hören kann, wenn man sowieso schon deprimiert ist. Am besten lässt sich das Album wohl in einer leicht nachdenklichen Stimmung hören, wenn man Zeit hat, auch auf die Texte zu achten: Diese machen Cluesos Musik zu etwas Besonderem und werden von seinen Fans besonders ge-schätzt. Jeder Song ist wie eine kleine Geschichte, eine persön-liche Erfahrung oder eine Reise, auf die uns Clueso mitnimmt. Das Alltägliche, das Erlebte wird zur Poesie. "ematisch handeln die Lieder davon, im Hier und Jetzt zu leben und den einzelnen Moment zu schätzen, was schon der erste Song „Zu schnell vor-bei“ einleitet: „Zu schnell vorbei./ Sag mal wie schnell verging schon wieder die Zeit./ Ich genieß‘ den Moment, zu schnell vor-bei.“ Auch das Auf-der-Suche-sein, nach sich selbst und dem,

was man tut, sowie eine gewisse Rastlosigkeit wird thematisiert. Schade ist, dass Clueso im Vergleich zu früheren Alben etwas an sprachlicher Originalität und musikalischer Vielfalt eingebüßt hat. Die Songs sind sich untereinander vom Klang her ähnlicher

als auf früheren Alben.

„An und für sich“ ist de&nitiv ein Album, in das man sich eine Weile reinhören muss, es ist nicht unbe-dingt beim ersten Mal eingängig. Nach mehrmaligem Hören kann man aber zustimmen: Es ist “mehr als nur Musik” entstanden – wie Clueso, ganz unbescheiden, im CD-Booklet verkündet – insofern, als man das Gefühl hat, dass in vie-len der Songs Wahrheiten ausge-drückt werden, die man vielleicht schon immer kannte, aber sich so nicht bewusst gemacht hat.

Für Clueso-Fans ist das neue Al-bum fast schon ein Muss, da es wie gewohnt Texte enthält, die einen zum Nachdenken anregen können (wenn man denn möchte) – wer Clueso aber noch nicht kennt, dem

würde ich vor allem auch die früheren Alben „Gute Musik“ und „Weit Weg“ empfehlen, in denen noch mehr mit verschiedenen Musikstilen und "emen experimentiert wird.„An und für sich“ ist für 14,95€ käu#ich zu erwerben und ent-hält 17 Tracks.

Übrigens: Wer Karten für die Auftritte von Clueso und seiner Band im Clueso Ticketshop (http://ticket.clueso.de/ctxs/) be-stellt, bekommt das Album kostenlos als Download obendrauf. Clueso und seine Band sind z.B. am 19.10.2011 in Hannover in der AWD Hall zu sehen (Stehplatz für 30€).

Text: Christina Freihorst Foto: becktomusic.de

Mit Songs wie „Gewinner“ und „Keinen Zentimeter“ erreichte Clueso bereits gute Chartplatz-ierungen und machte bundesweit auf sich aufmerksam. Im neuen Album „An und für sich“ bleibt sich der kreative Songwriter treu und begeistert mit einem Hauch Poesie und ruhigen Melodien.

Clueso – An und für sich

Feuilleton

45

Page 46: 1. Ausgabe

Das Internet gehört zum Studenten-Alltag, das ist klar, aber nicht nur Stud.IP ist dafür verantwortlich. Schon vor dem ersten Bissen ins Frühstücksbrötchen wissen

wir dank Facebook, dass die beste Freundin mal wieder verpennt hat oder ein Kommilitone heute doch lieber an den Werdersee fährt und die Uni sausen lässt. Unser Auftritt im World Wide Web wird immer bedeutender und die sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter & Co. reichen für viele User nicht mehr aus, um die eigene Persönlichkeit im Internet darzustellen. Das im-mer mehr genutzte Blogsystem bildet hierfür ein einfach zu handhabendes Medium.Besonders stark ist die Entwicklung von Blogs in der Modebranche zu beobachten. Schon heute haben sie einen bedeutenden Ein#uss auf das Business und in einigen Jahren wird dieser Ein#uss größer werden als der von renom-mierten Modemagazinen wie der Vogue. Anna Wintour, die gnadenlose Chefredakteurin, könnte von Jungbloggern/innen wie der fünfzehnjährigen Tavi Gevinson (www.thestylerookie.com), die bei legendären Modeschöpfern wie Karl Lagerfeld oder Marc Jacobs in der ersten Reihe sitzt, ersetzt werden. Die Online-Beliebtheit, welche durch kreativ gestaltete Blogs steigt, erleichtert den Einstieg in die Modeindustrie, auch ohne eine journalistische Ausbildung. Die Fashionwelt hat sich deutlich in Richtung Internet ver-schoben und ein Bericht über die letzte Modenschau von Louis Vuitton auf einem der zahlreichen Blogs wie „fashiontoast“ oder „menrepeller“ ist entsprechend wichtig. Sie dienen aber auch als ein einfaches Werbemittel für Designer und Marken, denn im Gegensatz zu den Zeitschriften können die Blogs kostenlos von Jedem im Internet aufgerufen werden. Aber nicht nur international haben die Modeblogs an Bedeu-tung zugenommen. In Deutschland hat das Duo Jessica Weiß und Julia Knolle von „Les Mads“ (www.lesmads.de) mit seinem Blog die regionale Modewelt in eine neue Ära geleitet. Als die beiden 2007 neben ihrem Studium in Köln die Domain gründeten, hätten sie sich den heutigen Erfolg wohl kaum zu

träumen gewagt. Sie gehören zu den gefragtesten Modejourna-listen in Deutschland und ihr Blog hat monatlich über 650.000 Besucher. Das zeigt ganz deutlich den Trend von teuren Zeit-schriften weg und hin zu kostenlosen Informationen über das Internet. Die Printindustrie muss sich etwas einfallen lassen, um nicht noch mehr ins Wanken zu geraten. Der Mix aus Mode, Lifestyle, Musik und Fotogra&e hält die Leser neben Neuigkei-ten von den Laufstegen der Welt auch über neue Bands und coole Events in den deutschen Großstädten auf dem Laufen-den. „Les Mads“ bietet nicht nur die Möglichkeit, eine per-sönliche Meinung abzugeben (bei Fragen wie: „Soll ich diese Bluse kaufen?“), sondern ist mit anderen Blogs in ganz Euro-pa vernetzt, deren aktuellsten Post-Einträge immer ganz oben auf der Seite angezeigt werden. Blogs haben in Deutschland eine große Modebegeisterung hervorgerufen und zeigen, dass Mode und modisch Sein einen bezahlbaren Preis hat. Dieser Hype wirkt sich nicht nur auf die Hauptstadt aus, die ja be-kanntlich Modemetropole ist. Auch in Kleinstädten, wie unserer Hansestadt, versuchen Modebegeisterte mit persönlichen Blogs den Einstieg in die Fashionbranche. Mit „lauscho in fashion“ (www.lauschoinfashion.blogspot.com) zeigt eine Studentin un-serer Uni Mode-Input aus Bremen. Hier werden Trends analy-siert oder „Streetstyles“ verö!entlicht. Die Reisen zur Fashion Week in Berlin im Frühjahr und Sommer sind die jährlichen Highlights des Blogs.Für die Zukunft dürfen, müssen und sollten wir uns auf einen explosiven Anstieg von Blogs auch in unserem ganz normalen Alltag einstellen. Informationen können so nämlich kostenlos und in einem rasanten Tempo verbreitet werden. Das Online-pro&l wird für alle bedeutsamer und Blogs bieten die Möglich-keit eines günstigen und vor allem persönlichen Auftritts im In-ternet. Also: Bloggst du schon oder blätterst du noch???

Eine neue Ära des Social-Networking: In der Mode geht nichts mehr ohne das Phänomen Blog.

Blog-Up Your Life!

Text: Laura Schorfmann Foto: lesmads.de, Laura Schorfmann

Feuilleton

46

Page 47: 1. Ausgabe

H aben wir im Moment eigentlich keine größeren Probleme als eine Hochzeit? Eigentlich schon, den-noch saßen am 29.April zwei Milliarden Menschen

auf der ganzen Welt gebannt vor ihrem Fernseher und sahen dabei zu, wie Catherine „Kate“ Middleton zum Altar schritt, um die Ehefrau von William Arthur Philip Louis Montbatten-Windsor, kurz Prinz William, zu werden. Auch hier in Deutsch-land, wo wir ansonsten höchstens die Hochzeiten von B-Promis zu sehen bekommen, war dieser Tag im Kalender vieler neben-beru#icher Adelsexperten rot angestrichen.

Aber was macht die Begeisterung für eine solche königliche Vermählung aus? Warum zelten Menschen tagelang vor dem Bucking-ham Palace, nur um einen kurzen Blick auf das Brautpaar zu erhaschen oder im schlech-testen Fall auf tausende von Hinterköpfen und allenfalls den Schatten einer Kutsche? O!enbar ist es die Sehnsucht nach ein we-nig Romantik und Glück in Zeiten, in de-nen die Medien von Naturkatastrophen und Kriegen beherrscht werden, vielleicht auch nur die Begeisterung für den gewissen Gla-mour, der die königliche Familie seit jeher umgibt. Immerhin hat die Welt lange genug auf diesen Tag gewartet, inzwischen sind Kate und William seit acht Jahren in ei-ner festen Partnerschaft, bis im letzten Jahr „endlich“ die Verlobung verkündet wurde. Ein ganz normaler Zeitraum für ein Paar in ihrem Alter, aber eine halbe Ewigkeit für die britische Boulevardpresse, die die Braut schon als „Waity Katie“ verspottete. Auch die traurigen Erinnerungen an Williams oft unglückliche Mutter Diana, der verstorbenen „Prinzessin der Herzen“, wurden immer wieder heraufbeschworen. Nicht Weni-ge sahen in Kates Verlobungsring, mit dem schon Prinz Charles um Dianas Hand angehalten hatte, gar ein schlechtes Omen für die Ehe der beiden. Nun aber sind alle Zweifel vergessen, wirklich jeder scheint sich für das frisch vermählte Ehepaar zu freuen und das britische Volk feiert den Aufbruch in eine modernere und irgendwie fri-schere Monarchie. Aber selbst wenn Kate und William als der neue junge Adel bejubelt werden, bleiben doch viele der althergebrachten und

verstaubt anmutenden Traditionen auch in dieser Ehe erhal-ten. So wird Kate als neue Prinzessin ihren Bachelor of Arts in Kunstgeschichte wohl nicht nutzen können, denn einem nor-malen Beruf nachzugehen ist einer königlichen Hoheit, allein schon aus Sicherheitsgründen, nicht zuzumuten. Stattdessen wird sich Prinzessin Catherine, wie sie von nun an heißt, wohl eher für ö!entlichkeitswirksame Charityprojekte engagieren. Durchaus eine adäquate Tätigkeit, aber ob eine solche „Karriere“ eine wirkliche Erfüllung für eine moderne, junge Frau sein kann,

bleibt fraglich. Als Gattin des Kronprinzen wird sie auch damit leben müssen, dass ihr in den kommenden Monaten die ganze Welt auf den Bauch starren wird, um zu beobach-ten, ob sich dort denn schon etwas wölbt. Schließlich muss so schnell wie möglich für einen kleinen "ronfolger gesorgt werden. Die Prinzessin als lebende Brutmaschine, wenn man so will. Leider ist auch die Tat-sache, dass auf dem o(ziellen Hochzeits-merchandise das C für Catherine erstmals in der britischen Geschichte vor dem W ihres Ehemanns William steht, kein Zeichen für eine neue Emanzipation im Königshaus. Die königliche Familie wollte wohl nur keine ro-mantischen Teller und Tassen mit dem Ant-litz des Brautpaars verkaufen, die den treuen Untertan an seine Toilette erinnern, deshalb also nun CW anstelle von WC.

Kate Middleton hat Westminster Abbey als Prinzessin Catherine verlassen und sich da-

mit den Traum vieler kleiner und großer Mädchen erfüllt. Wie-der einmal ist ein Märchen wahr geworden und eine Bürgerliche aus dem Volk und ein gutaussehender, wohlhabender Prinz ha-ben sich gefunden. Doch trotz der rosigen Aussicht, irgendwann einmal die Königin von England zu werden, trotz all des Gla-mours, der Krone und der Juwelen, so wirklich möchte man die junge Prinzessin nicht um ihr neues Leben im goldenen Kä&g beneiden. Es bleibt den Frischvermählten nur zu wünschen, dass sie auch lange nach den Flitterwochen, wenn selbst der größte Adelsfan das winkende Paar auf dem Balkon oft genug gesehen hat und auch das kitschigste Hochzeitssouvenir im Regal lang-sam Staub ansammelt, immer noch glücklich sind.

Zwei Milliarden Menschen bestaunten ein britisches Märchen, dessen wahres Happy End noch aussteht. Ein kritischer Blick auf die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton.

Text: Kira Kettner Grafik: Stefan Kampe

47

Und wenn sie nicht gestorben sind...

Feuilleton

Page 48: 1. Ausgabe

Im Supermarkt kaufe ich Bioprodukte. Und versuche nicht so viel Müll zu produzieren. Und ich &nde Atomkraft blöd. Ich würde behaupten, dass ich auf meine Umwelt acht gebe.

Aber ich muss zugeben, dass ich auf die günstigen Ryanair- Flü-ge nicht mehr verzichten möchte. So kann ich auf eine zwar unökologische, dafür aber sehr preiswerte Art und Weise meine absolute Lieblingsstadt besuchen: Großbritanniens Metropole London. Um mir aber auch den Aufenthalt in der größten Stadt der Europäischen Union leisten zu können, musste ich Wege &nden, mit möglichst wenig &nanziellem Aufwand mög-lichst viel dabei rauszuholen. Ein Urlaubsbericht.Die Anreise nach London ist denkbar einfach, die Bil-lig#ieger-Kette Ryanair (www.ryanair.com/de) #iegt von Bremen aus täglich nach London Stansted. Von dort aus gibt es einen Bus- oder Zugtransfer in das Zentrum Lon-dons. Damit euch der etwa einstündige Transfer nicht teurer als der Flug zu stehen kommt, solltet ihr im Vor-aus über das Internet buchen (www.stanstedairport.com) oder euch ein Ticket direkt an Bord des Fliegers verkaufen lassen. So zahlt ihr zum Beispiel für den Zug ca. £ 25,70 pro Person für Hin- und Rückfahrt. Über die verfügba-ren Busgesellschaften könnt ihr euch am besten auf der Homepage des Flughafens informieren. Was den Transport innerhalb der Stadt angeht, gibt es ei-nige Möglichkeiten, zu sparen – ein Schritt könnte dabei die Anscha!ung einer Oyster Card sein. Das ist eine Pre-paidkarte, die ihr für £ 5 an vielen Kiosken in London kaufen und au#aden kann. Anschließend können, statt jede Fahrt bar zu bezahlen, die Tickets mit der Oyster Card erworben und so auch noch Geld gespart werden. Nach 10 bis 15 Fahrten zahlt sich der Kauf auch aus, an-sonsten kann die Karte einfach weiter gegeben oder für den nächsten Londonaufenthalt aufgehoben werden. Wer nur einen Wochenendtrip nach London unternimmt, fährt besser mit Tagestickets. Unter der Woche kosten diese £ 8, am Wochenende nur £ 6,60. (Vorsicht, vor neun Uhr am Morgen zahlt ihr unter der Woche noch einen Zuschlag für die Rush- Hour!) Aber egal, wie man es dreht oder wendet, Bus und U-Bahn zu fahrenist im-mer teuer in London. Deshalb habe ich versucht, so wenig „Viertelhopping“ wie möglich zu machen. Nehmt euch immer einen ganzen Tag für ein Viertel und bewegt euch dort zu Fuß fort, so werdet ihr mehr von der Stadt sehen und weniger Geld ausgeben.In Camden zum Beispiel, einem Stadtteil im Nordwesten Lon-dons, könnte ich mich danke diverser Attraktionen eine ganze Woche lang aufhalten. Entlang der Camden High Street reiht

sich Laden an Laden, Bar an Bar. Exotische Menschen und die zwei Flohmärkte Camden Lock und Stables Market rauben ei-nem am Wochenende wegen der Menschenmassen zwar den letzten Nerv, sind aber trotzdem einen Besuch wert. An den klei-nen Verkaufsständen lohnt es sich, zu handeln- legt euch also vielleicht schon ein paar passende Vokabeln zurecht, um wah-re Schnäppchen abzustauben. Auch wenn ihr keinen Schmuck, Klamotten oder Vintage kaufen möchtet, könnt ihr an den verschiedenen Ständen rund um die beiden Märkte lecker und

günstig essen und euch komplett kostenlos an den bunten Ge-stalten (viele Gothics, Punks etc.) erfreuen. Wenn es euch aber zu bunt wird, könnt ihr in einem der unzähligen Cafés entspannen, wie zum Beispiel im veganen Café In Spiro direkt am Camden

FernwehBeim Durchforsten von Literatur, der Vorbereitung von Referaten sowie dem Lernen für Klausuren ist es kein Wunder, wenn einen das Fernweh überkommt. Eine Reisemöglichkeit bietet die britische Hauptstadt London, die nicht nur mit ihren weltbekannten Sehenswürdigkeiten punkten kann.

Feuilleton

48

Page 49: 1. Ausgabe

Canal. Bei schönem Wetter könnt ihr auch direkt draußen am Kanal sitzen - aber denkt trotz der entspannten Atmosphäre dar-an: Ki!en ist in England nicht legal und Zivilpolizisten sind ge-rade in diesem Stadtteil viel unterwegs. Von Camden aus könnt ihr euch auch in andere Ecken treiben lassen, zu Fuß seid ihr schnell am Kings Cross Bahnhof, etwas länger braucht ihr zum Hampstead Heath, einem großen, aber weniger von Touristen besuchten Londoner Park. Einen ganzen Tag kann man sich übrigens auch in Shoreditch, dem angesagten Osten Londons vertreiben. Am besten sonntags, denn an diesem Tag &ndet der Brick Lane Market statt. Genau wie für Camden gilt auch hier: einfach treiben lassen und die Stimmung genießen, die Angebote in einem der vielen pakista-nischen Restaurants nutzen und abends in eine der angesagten Bars einkehren. "e Big Chill Bar ist zwar nicht besonders güns-tig, aber immer gut besucht und ein Spaßgarant. Vielleicht lernt ihr wie ich durch Zufall Leute kennen und zieht dann in eine andere Bar oder zu einer Party weiter.Aber wo bleiben die klassischen Sehenswürdigkeiten? Die sind alle nur kurze Distanzen voneinander entfernt, also kann man sich eigentlich eine organisierte Stadttour sparen und mithilfe eines Reiseführers die Gebäude ablaufen. Dazu könnt ihr gut am Buckingham Palace starten, weiter zur Westminster Abbey, zum Big Ben und von dort aus die "emse überqueren oder am Victoria Embankment entlangspazieren. Auf der Südseite der "emse &ndet ihr Shakespeares Globe "eatre und die fabelhafte Tate Modern – einfach ein Muss für alle Kunstbegeisterten. Der Eintritt ist hier, wie in den meisten Museen in England, übri-gens frei. Gerade deshalb verwundert es sehr, dass viele Leute gerade die Sehenswürdigkeiten besuchen, die viel Geld kosten. Madame Tussauds und das Horrormuseum London Dungeon kann man zwar für £ 28 bzw. £ 18 besuchen – oder sich die-se speziellen Attraktionen einfach in Hamburg angucken. Wer die Geschichte der Royal Family und die Kronjuwelen erleben möchte, kommt um einen Besuch des Tower of London nicht herum. Der Eintritt liegt allerdings bei ca. £ 15.Ansonsten ist es vom Buckingham Palace auch nicht weit zur Na-tional Gallery, in der der Eintritt ebenfalls kostenfrei ist. Nach Einbruch der Dunkelheit geht es über den in hellen Farben er-leuchteten Piccadilly Circus weiter nach China Town. Dort gibt es leckere „all you can eat“- Bu!ets für wenig Geld. Wen danach die Füße noch tragen, der macht noch einen Abstecher nach Soho oder sucht sich einen gemütlichen Pub, um den Abend auf britische Weise ausklingen zu lassen.Übrigens ist das Übernachten in London mit das Teuerste – des-halb empfehlen sich (Youth-) Hostels, die ihr am besten früh-zeitig im Internet (zum Beispiel über www.hostels.com) bucht. Da England ein typisches Backpacker-Land ist, sind die meisten Unterkünfte recht ordentlich. Pauschal etwas zu empfehlen ist schwer, die Auswahl in London ist groß! Eine nette Möglichkeit ist beispielsweise das saubere und gut gelegene Journeys King‘s

Cross Hostel (www.visitjourneys.com) oder das YHA am Earl‘s Court (www.yha.org.uk). Die Youth Hostel Association ist übri-gens das Pendant zum deutschen Jugendherbergswerk. Wer sich traut, kann sich auch über die Möglichkeit des „Couchsur&ngs“ informieren. Der ein oder andere Londoner teilt sicher gerne sein Sofa. Übrigens eine tolle Alternative, um die Stadt aus einem an-deren Blickwinkel als dem des Touristen kennen zu lernen.

Text: Marina Pavic Foto: Jessica Heidhoff

Noch ein paar Tipps:

1. Geht niemals an eurem ersten Tag in London auf der Oxford Street shoppen. Niemals! Eure Füße und euer Geldbeutel überleben sonst nicht lange…

2. Wenn ihr feiern gehen wollt, lasst euch nicht in die Clubs am Leicester Square lotsen. Die werben zwar mit günstigen Angeboten, sind aber meistens Touristenab-zocken.

3. Im Hilton Hotel an der Park Lane kann man zwar nicht günstig wohnen, aber in der Galvin at Windows Bar des Hotels kann man von der 28. Etage aus den Blick auf die Stadt genießen – einen viel besseren Blick auf das nächt-liche London hat man auch nicht vom London Eye, dem großen Riesenrad an der Themse.

4. Wenn am Ende das Geld immer noch nicht alle ist, aber das schlechte Gewissen wegen des Fluges euch plagt, könnt ihr unter www.atmosfair.de die CO"- Emissi-on eures Fluges ausrechnen lassen und durch eine Geld-spende in bestimmter Höhe kompensieren. 80 Prozent des gespendeten Geldes fließt dabei in Umweltprojekte.

5. Neben den üblichen Stadtführer kann ich den Indie Travel Guide für UK und Europa empfehlen – in diesem erzählen nämlich Bands von den Lieblingsplätzen in ih-rer Stadt. (Indie Travel Guide City: London, ! 12,95 vom edel-Verlag)

6. Auf der Seite des Lonely Planet-Reiseführers gibt es ein paar kurze, ehrliche Tipps und Bemerkungen zum Sigthseeing in der Metropole (www.lonelyplanet.de/rei-seziele/europa/england/london/infos.html).

Feuilleton

49

Page 50: 1. Ausgabe

A lle Jahre wieder und manchmal sogar mehrmals, sollen wir als p#ichtbewusste Bürger zur Wahlurne schreiten und uns für ein möglichst geringes Übel entscheiden. Ich

erinnere mich noch genau, kurz bevor ich 18 geworden bin, fand ich die Aussicht, bald entscheiden zu dürfen, wie mein Leben laufen soll und was in der Politik passiert, ziemlich spannend. Aber als ich dann meinen Geburtstag hinter mir und das Abi in der Tasche hatte, stürmten die ganzen Wahlmöglichkeiten nur so auf mich ein: Studieren? Wenn ja, was und wo? Eine äußerst schwierige Entscheidung, da ich zunächst von gefühlt 500 Stu-diengängen lediglich 20 für mich ausschließen konnte. In eine Wohnung oder ein Studentenheim ziehen, eine WG gründen - wenn ja, mit wem? Oder mein altes Leben hinter mir lassen und in einem neuen Land ein paar Selbsterfahrungen machen? Eine Partei in blau, rot, grün, gelb, lila oder schwarz wählen?

Was ich damals höchstens erahnen konnte, war die Tatsache, dass das erst der Anfang meiner Wahlqualen war. Erwachsen-werden heißt, Freiheit(en) zu bekommen, und dabei handelt es sich vor allem um die Wahlfreiheit. Als Kind habe ich Pippi Langstrumpf und Peter Pan so sehr um ihre Selbstbestimmung beneidet. Nur war mir nicht bewusst, wie anstrengend diese mit der Zeit werden kann, da man, um diese Freiheit ausschöpfen

zu können, zu allem eine Meinung haben muss. Wie oft habe ich mit Eltern und Lehrern darum gekämpft, Entscheidungen selbst tre!en zu dürfen, und wie sehr wünsche ich mir heute manchmal, dass mir diese jemand abnimmt. Dass jemand an-deres für mich die Verantwortung für die Konsequenzen trägt. Denn nicht alles, was glänzt, ist Gold.

Tatsache ist, dass man im Vorfeld nie bestimmt sagen kann, wer oder was die bessere Wahl ist, denn einmal im Amt entpuppt sich oft auch die favorisierte Partei als „Gri! ins Klo“ und die beste Freundin als die schrecklichste WG-Mitbewohnerin aller Zeiten. Holen einen dann die Konsequenzen der (Aus-)Wahl ein, kann man die eigenen Entscheidungen manchmal nicht mehr nachvollziehen: Was fand ich an meinem Ex-Freund so toll? Warum habe ich bloß angefangen dieses Fach zu studieren und warum habe ich diesen unfähigen Idioten ins Amt gewählt? Nicht jede Wahl, müssen wir uns vielleicht eingestehen, war vorher gut durchdacht. Aber das Schöne daran ist: Die nächste Wahl kommt bestimmt!

Die Qual der WahlNicht nur in der Politik wird gewählt, das ganze Leben wird durch Wahlen bestimmt. Dass nicht jede Wahl erwünscht, durchdacht oder nötig ist, bringt unsere Autorin auf den Punkt.

Text: Nora Enzlberger Illustration: Lisa Mertens

Feuilleton

50

Page 51: 1. Ausgabe

51

Redaktion:Allgemeiner Studierendenausschuss der Universität Bremen

c/o Scheinwerfer - Bremens freies UnimagazinBibliothekstraße 3D-28359 Bremen

[email protected]

Chefredaktion:Anne Glodschei (V.i.S.d.P.; 0160/98271720), Lukas Niggel (V.i.S.d.P.; 0172/8685899)

Ressortleitung:Fabian Nitschmann (Hochschulpolitik), Natalie Vogt (Campusleben),

Olga Galashevich (Bremen), Jessica Heidho! (Feuilleton)

Layout: Valerie Schröder, Kai Ole Laun, Stefan Kampe ([email protected]), Manuela Uhr (Web)

Grafik und Foto:Lisa Mertens, Fatima Yoldas, Gerhard Freudenberg, Philipp Johannßen, Lisa Henjes

Mitwirkende Redakteure: Maike Kilian, Sylvana Lange, Björn Knutzen, Benjamin Reetz, Elisabeth Schmidt,

Lea Baukenkrodt, Alina Fischer, Silja Kathrin Strauch, Salma Yousaf, Larissa Fitschen, Joschka Schmitt, Anna Lenja Hart&el, Giulia Ricci, Karim Ahmed, Kira Kettner, Nora Anna Enzlberger, Alexandra Knief,

Anna Cordes, Christina Freihorst, Marina Pavic, Natalia Sadovnik, Laura Schorfmann

Titelbild: Lisa Mertens, Manuela UhrDruck: Druckerei Peter von Kölln, Scipiostraße 5a, 28279 Bremen

Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die Autoren verantwortlich. Die in Artikeln oder Kommentaren zum Ausdruck kommende Meinung spiegelt

nicht zwangsläu!g die Meinung der Redaktion wider. Alle Angaben ohne Gewähr.

Impressum

Page 52: 1. Ausgabe