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Donnerstag, 30. Mai 2013 Sonderveröffentlichung Diakonie Zeitung Diakonisches Werk Dortmund und Lünen gGmbH Jacke wie Hose Sozialkaufhaus Neue Diakoniestation Bei den Menschen Blickpunkt Schulsozialarbeit Treue Seelen Therapiehunde www.diakoniedortmund.de Maga zin r K i r c he u nd Diakoni e: 10. Ausga be

Diakonie Zeitung 10 - Mai 2013

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Alles über die Diakonie in Dortmund und Umgebung

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Page 1: Diakonie Zeitung 10 - Mai 2013

Donnerstag, 30. Mai 2013

Sonderveröffentlichung

Diakonie ZeitungDiakonisches Werk Dortmund und Lünen gGmbH

Jacke wie HoseSozialkaufhaus

Neue DiakoniestationBei den Menschen

BlickpunktSchulsozialarbeit

Treue SeelenTherapiehunde

www.diakoniedortmund.deMagazin

für Kirche

und Diakonie:

10. Ausgabe

Page 2: Diakonie Zeitung 10 - Mai 2013

Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung

#, Nr. #, 22. WocheDiakonie Zeitung

Die Diakonie Zeitung gibt esmittlerweile schon fünf Jah-re. Warum gibt das Diakoni-sche Werk überhaupt eineZeitung heraus?

Unser Motto in der Diako-nie ist „Mitten im Leben“. Esgeht uns um darum, dafür zusorgen, dass Menschen in un-serer Stadt eine lebenswertePerspektive haben. In Notla-gen kommen, das kann jedempassieren. Eine solidarischeStadtgesellschaft kann aberviel bewirken. Deshalb stehenMenschen in Notlagen imZentrum unserer Arbeit. Undin der diakonischen Arbeitgibt es jeden Tag interessan-te, besondere, manchmaltraurige und oft hoffnungs-volle Geschichten, die unbe-dingt erzählt werden müssen.Diakonie kann nicht nur imHintergrund stattfinden, dieNöte und die Möglichkeitender Menschen, um die wiruns an so vielen Orten und inso verschiedenen Formenkümmern, gehören in denVordergrund. Die Stadt, wir

alle sollten das wahrnehmen,wir sind verantwortlich, undwir können etwas tun.

Was trägt eine Zeitung zu ei-ner guten sozialen Arbeitbei?

Wir wollen von unserer Ar-beit erzählen, über Probleme

und Erfolge berichten. Wirwollen die Menschen unsererRegion informieren und neu-gierig machen. Wir wollenMenschen gewinnen, diewichtige Projekte durch ihrganz persönliches Engage-ment unterstützen. Wir wol-len sozialpolitische Verände-

rungsprozesse anregen undmitgestalten.

Was hat sich in den vergan-genen fünf Jahren in derDiakonie getan?

Viel, wir haben unsere Ar-beit erweitert um neue Ange-bote, die wichtig sind. Als dasDiakonische Werk 2007 einegemeinnützige GmbH wurde,gab es etwas 260 Mitarbeiten-de, heute gibt es drei weitereTochtergesellschaften mit ins-gesamt 900 Mitarbeitenden.Ein Beispiel für Erweiterungist die Diakonische Altenhilfe,die früher kaum eine Rolle imDiakonischen Werk spielte.Wir bieten inzwischen vonder hauswirtschaftlichen Ver-sorgung über die ambulantePflege und Service-Wohnenbis hin zu Altenzentren undHospizarbeit alle Unterstüt-zungsformen an, die helfen,selbstbestimmt zu leben.

Was ist Ihnen persönlich diewichtigste Entwicklung?

Wir sind als Organisation inden letzten Jahren sehr vielgrößer geworden und habendarüber Kreativität, Mut undIdeen nicht verloren. UnsereBereitschaft, heiße Eisen an-zupacken und schwierigeAufgaben anzugehen, hatnicht gelitten. Das ist für michdas Wichtigste.

Zur zehnten Ausgabe der Dia-konie Zeitung in den RuhrNachrichten beantwortet AnneRabenschlag, Geschäftsführe-rin der Diakonisches WerkDortmund und Lünen gGmbH,Fragen zur Entwicklung rundum das Unternehmen.

DW-Geschäftsführerin Anne Rabenschlag über die zehnte Ausgabe der Diakonie Zeitung

„Das muss erzählt werden“

Mit Mut und Kreativität bei der Sache: Anne Rabenschlag.Foto DW

......................................................Die Diakonie Zeitung wird in Zu-sammenarbeit mit dem Diakoni-schen Werk Dortmund und LünengGmbH erstellt. Presse und Öf-fentlichkeitsarbeit: Reiner Rauten-berg, Tel. (0231) 84 94 279.

DAS INTERVIEW

Diese Sonderveröffentlichungwird herausgegeben vom

Verlag Lensing-WolffGmbH & Co. KG

Westenhellweg 86-8844137 Dortmund

Anzeigenleitung:Ulf Spannagel

Redaktion:Tim Bauszus

Vertrieb:Jörg Euler

Druck:Lensing Druck

GmbH & Co. KGAuf dem Brümmer 9

44149 Dortmund

Impressum

Das Diakonische Werk Dort-mund und Lünen setzt sich invielfältiger Weise für Men-schen ein, die Unterstützungbrauchen. Ohne das Engage-ment von Ehrenamtlichen wärediese Arbeit in diesem Umfangnicht zu realisieren – ohneGeldspenden aber auch nicht.Wer für einen ganz bestimm-ten Zweck, für ein ganz be-stimmtes Projekt spendenmöchte, kann dies selbstver-ständlich auf der Überweisungvermerken.

Sparkasse DortmundBLZ 440 501 99

Kto-Nr. 001 150 928

.....................................................

Spendenkonto

Die Suchtproblematik undweitere vielfältige sozialeProbleme verhindern oft, dassAlkohol- und Medikamenten-abhängige eine Beratungs-stelle aufsuchen. „DieSchwellenängste sind zugroß“, weiß Diplom-Sozialpä-dagoge Hermannus Hüser (Fo-to) von der Diakonie Fach-stelle Sucht, der eine Zusatz-ausbildung zum Sozialthera-

peuten Suchthat. Deshalbgibt es nebender Komm-Struktur seitdem Jahr2000 auch ei-ne aufsuchen-de Struktur,eine Vernet-

zung mit dem Streetwork.Für letzteres ist Eva Jekel

für den Bereich rund um denNordmarkt zuständig, undmit ihr arbeitet Hüser eng zu-sammen. „Sie macht die Ba-

sisarbeit am Nordmarkt undvermittelt den Kontakt zumir“, erzählt Hüser, der nichtnur in der Fachstelle Sucht ander Rolandstraße 10 arbeitet,sondern jeden Mittwoch eineSprechstunde in der Werk-

statt Passgenau an der Braun-schweiger Straße anbietet.Dieses niedrigschwellige Kon-taktgespräch aber nach Ab-sprache auch im Nordmarkt-Kiosk anbietet. In Einzelfällenmacht Hüser auch Hausbesu-

che.Es gehe nicht gleich um ei-

ne Therapie, berichtet Hüser,sondern zunächst müsse eineVertrauensbasis geschaffenwerden. Hüser hat dabei eineCase-Management-Funktion

– nach der Bestandaufnahmeerstellt er einen Hilfeplan inenger Zusammenarbeit mitJobcenter und Betreuer. Erunterstützt die Suchterkrank-ten bei Kontakten zu Behör-den und hilft ihnen, ihre oftprekäre Wohnsituation zuverändern – in Zusammenar-beit mit dem ambulant be-treuten Wohnen und dem be-treuten Wohnen für psychischKranke der Diakonie.

Viele der Betroffenen hät-ten schon eine Therapie hin-ter sich, stehen dem skeptischgegenüber, deshalb brauchees oft Jahre, bis seine Klientelbereit sei, sich in eine Thera-pie vermitteln zu lassen. „Icharbeite darauf hin, dass derBetroffene einsichtig wird.“Im vergangenen Jahr konnteHüser aus diesem niedrig-schwelligen Bereich fünfMenschen in stationäre undzwei in ambulante Therapienvermitteln. br

Hilfe ohne HindernisseMobile Suchtberatung sorgt für Unterstützung und Ansprechpartner in schwierigen Lebenssituationen

Am Nordmarkt-Kiosk finden auch Kontaktgespräche mit Suchtkranken statt. Foto Helmbold

Page 3: Diakonie Zeitung 10 - Mai 2013

Diakoniestation Süd Hörde, Hombruch, Wellinghofen, Holzen, Höchsten, SyburgVirchowstr. 3, 44263 DortmundTel. 0231 43 78 78

Diakoniestation Süd-Os

Aplerbeck, Sölde, Asseln, Wickede, Schüren, HusenMärtmannstr. 11, 44287 DortmundTel. 0231 28 67 80 28

Diakoniestation West

Lütgendortmund, Barop, Oespel, Kley, EichlinghofenLimbecker Str. 34, 44388 DortmundTel. 0231 39 31 31

Diakoniestation Nord-West

Mengede, Oestrich, Rahm/Jungferntal, Huckarde, Nette, Bodelschwingh, WesterfildeWodanstr. 22, 44359 DortmundTel. 0231 47 60 39 00

Diakoniestation Mitte-Nord

Nördliche und westliche InnenstadtAlsenstr. 110, 44145 DortmundTel. 0231 81 14 84

Diakoniestation Mitte-Ost

Östliche StadtmitteMelanchthonstr. 2-4, 44143 DortmundTel. 0231 43 56 88

Diakoniestation Nord-Ost

Eving, Brackel, ScharnhorstGretelweg 3, 44339 DortmundTel. 0231 85 74 14

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Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung

#, Nr. #, 22. WocheDiakonie Zeitung

Mittlerweile zählt das Ge-schäft, das im November2005 hier eröffnet wurde, bis2005 war es im Studenten-werk an der Kreuzstraße an-gesiedelt, täglich rund 100Kunden, die einkaufen. Kau-fen kann in den JwH-Lädenund dem Sozialkaufhaus je-der, Inhaber einer Kunden-karte bekommen auf daskomplette Sortiment 20 Pro-zent Rabatt. Die Karte ist er-hältlich für Rentner, AGHler,Bezieher von Hartz IV, Ge-ringverdiener und Studenten.Und in Dortmund wurden be-

reits 4000 Kundenkarten aus-gestellt. An der Hohen Straßeist vor allem Kleidung für Kin-der, Herren und Damen im

Angebot, aber auch Hausrat,Bücher, Spielzeug und Deko-Accesoires kann man hier er-stehen. Die Kleidung bekom-men die Geschäfte von priva-ten Spendern und von denKirchengemeinden. Auch gibtes einen Abholdienst bei grö-ßeren Mengen, zum Beispielnach einem Sterbefall.Doch bevor die Kleidung im

Geschäft landet, wird sie vonden vier Mitarbeitern gewa-schen und gebügelt. „Wirwollen ein Boutiqueflair undkeinen Kleiderkammerge-stus“, erläutert Sozialarbeite-rin Vera Schuerholt von derArbeitsgebietsleitung.Nachdem hier zunächst

AGHler eine Arbeitsgelegen-heit fanden, sind es seit Be-ginn dieses Jahres Menschenmit Schwerbehinderung, dievom Jobcenter gefördert wer-den. „Schwerbehindert heißt

dabei nicht weniger leistungs-fähig“, betont Vera Schuer-holt und ergänzt: „Die Moti-vation ist sehr hoch.“120 Menschen haben sich

auf die vier Stellen beworben,und mit rund 80 wurden Vor-stellungsgespräche geführt.Die 50-jährige Kornelia Suer-ken bekam den Job. Die ge-lernte Verkäuferin war langearbeitslos, hatte aber schonals AGHler an der HohenStraße 45 Erfahrungen ge-

sammelt und nach Ablauf derMaßnahme ehrenamtlichweiter gemacht.Ihr Kollege Matthias Kleff

hatte als Ungelernter bei derDSW21 im Kundenservice ge-arbeitet, bevor er arbeitsloswurde. Nun kann er seineKenntnisse in Kundengesprä-chen nutzen. Aber auch Bü-geln hat der 36-Jährige mitt-lerweile gelernt: „Ich machealles, was anfällt, und bin mirfür nichts zu schade.“ br

Auf der Suche nach einemSommer-Outfit? In den Se-cond-Hand-Shops Jacke wieHose (JwH) werden Dortmun-der preiswert fündig: „VonKopf bis Fuß, also inklusiveSchuhe, kann man sich bei unsfür 15 bis 20 Euro einkleiden“,erzählt Handelsfachwirtin Bar-bara Hehmann, die Fachanlei-terin im JwH-Laden an der Ho-hen Straße 45.

Bei Jacke wie Hose ist das zum kleinen Preis möglich

Von Kopf bis Fuß gut gekleidet

Kornelia Suerken beim Etikettieren der Kleidung.

Matthias Kleff im Beratungsgespräch mit einer Kundin. Fotos (2) Helmbold

L Sozialkaufhaus, Münsterstr.263-265, Mo.-Fr. 10-18 Uhr,Sa. 10-14 Uhr

L JwH Stadtmitte , Hohe Str.45, Mo.-Fr. 10-18 Uhr, Sa. 10-14 Uhr

L JwH Hörde/Clarenberg,Wilhelm-Schmidt-Str. 7-9,

Mo.-Fr. 10-13 Uhr + 14-18Uhr

L JwH Scharnhorst, Buschei94, Mo.-Fr. 10-18 Uhr

L JwH Huckarde, HuckarderStr. 354, Mo.-Fr. 10-13 Uhr +14-18 Uhr

www.jacke-wie-hose.net

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Second-Hand-Shops der Diakonie

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Im Juni ist es dann soweit:Mit der Neueröffnung derStation Süd-Ost in Aplerbeck(Märtmannstraße 11) kommtdie Diakonische Pflege Dort-mund näher zu den Men-schen in Aplerbeck und Um-gebung.„Wir sind dann direkt vor

Ort und mitten im Lebenhier“, freut sich Birgit Kan-gowski, FachbereichsleiterinDiakonische Pflege. HeidiBehm, bisher Chefin der Dia-konie-Station in der Melanch-thonstraße, wird das neueHaus leiten: „Ich höre vonKlienten etwa aus Sölde oderLichtendorf, dass sie frohsind, uns jetzt bald in Apler-beck zu haben. Nähe ohnegrößere Wege ist den Men-schen einfach wichtig.“15 Mitarbeiter – Kranken-

schwestern, Altenpfleger,Pflegehelfer – werden in undaus dem frisch renoviertenHaus im Schatten der Georgs-Kirche tätig sein. Sie sindrund um die Uhr erreichbar.Werktags von 7 bis 16 Uhr istdas Büro in der Märtmann-straße besetzt, danach greiftdie telefonische Rufbereit-schaft. Wie in den anderen

sechs Diakonie-Stationen imStadtgebiet leisten die Mitar-beiter aktive Hilfe rund umalle Belange der häuslichenPflege. Das fängt bei der Kör-perpflege an, das kann Unter-stützung bei Einkauf undHauswirtschaft, das kann me-dizinischer Beistand sein: dasSetzen einer Spritze, die Kon-trolle der Medikamentendo-sis. Das Diakonische Werkbietet eine kompetente All-tagsbegleitung. Es bahnt Kon-takte zu Menschen und sozia-len Einrichtungen an, es hilftbeim Verkehr mit Ämtern undBehörden, etwa bei der Fest-stellung einer Pflegestufe undvieles mehr. „Unser Zielheißt, den Menschen ein Le-

ben in der gewohnten Umge-bung zu ermöglichen“, so Bir-git Kangowski: „Wer pflege-bedürftig ist, muss noch langenicht in ein Heim. So gesehenkämpfen wir um die Selbstbe-stimmung unserer Klienten.“

Mit Elan ans Werk

Stationsleiterin Heidi Behmgeht mit Elan ans Werk. Sieplant ein Eröffnungsfest, siekann sich gut vorstellen, ihrHaus nach dem Gottesdienstam ersten Sonntag des Mo-nats für Besucher zu öffnen:„Zur Georgs-Gemeinde habenwir nämlich einen gutenDraht, genauso wie zu denGemeinden in Schüren undSölde.“ KUB

Bei den MenschenIn den Räumen riecht es nachfrischer Farbe. Der Sanitärbe-reich ist noch nicht komplett,Büromöbel werden demnächstgeliefert. Erste Akten sindaber schon eingetroffen.

Neueröffnung der Station Süd-Ost des Pflegedienstes

Die Station Süd-Ost in Aplerbeck.

Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung#, Nr. #, 22. Woche

Diakonie Zeitung

In Aufbruchstimmung: Birgit Kangowski (li.) und Heidi Behm. Fotos (2) Brinkmann

Die Junge-Leute-Gruppe unternimmt viel. Foto Lübbers

Fünf junge Männer spielenMinigolf – an sich nichts Un-gewöhnliches, doch die klei-ne Gruppe ist in Lünen undUmgebung etwas ganz Beson-deres. Es sind Teilnehmer derJunge-Leute-Gruppe der Kon-taktstelle der Diakonie in Lü-nen. „Die Gruppe richtet sichan Männer und Frauen zwi-schen 18 und 35 Jahren undist ein Freizeitangebot fürMenschen mit psychischenErkrankungen“, erläutert So-zialarbeiter Johannes Gruhn.Dabei geht es nicht um Thera-pie, sondern vor allem umSpaß. „Psychisch Kranke le-ben oft zurückgezogen, dieGruppe ermöglicht eine ge-meinsame Freizeitgestal-tung“, erläutert Gruhn. „Hierwerden die Teilnehmer undTeilnehmerinnen so genom-men, wie sie sind – in Verei-nen ist das leider oft nichtso.“ Die gemeinsamen Unter-nehmungen nehmen Hem-mungen und Ängste und ma-chen stark für andere Begeg-nungen. „Ich hatte früherScheu vor anderen Men-schen, heute macht mir daskeine Probleme“, erzählt der38-jährige Thorsten. Er istschon seit Jahren dabei undmusste auch nach seinem 35.Geburtstag natürlich nicht ge-hen: „Ich fühle mich wohlhier, in den anderen Gruppenwäre das vielleicht nicht so.“Die Junge-Leute-Gruppe

gibt es seit 2009 – zunächstals Kooperationsprojekt dessozialpsychiatrischen Diens-tes, des Wohnheimes Luther-straße und der KontaktstelleMartini der Diakonie. 2010übernahm die Diakonie diealleinige Betreuung – ist aberimmer noch gut vernetzt mitden anderen Trägern undEinrichtungen. Diese vermit-

teln auch regelmäßig psy-chisch Kranke in die Kontakt-stelle. Die Junge-Leute-Grup-pe trifft sich immer mitt-wochs zwischen 16 und 18Uhr. Einmal im Monat wirdgemeinsam gekocht, ansons-ten stehen Gesellschaftsspie-le, Kino, Museumsbesuche,Minigolf, Fußball, Klön-Nach-mittage und eben alles, wasgemeinsam Spaß macht, aufdem Programm. „Am Monats-ende planen wir immer dasAngebot für den kommendenMonat“, erzählt JohannesGruhn: „Sollte uns nichts ein-fallen, gibt es gibt eine Listevon Ideen – aber das passiertsowieso nicht.“

Spaß an Unternehmungen

„Ich komme hierher, weil ichSpaß daran habe, etwas mitanderen zu unternehmen“,sagt der 21-jährige Timo.Auch für Minigolf kann ersich durchaus erwärmen. Wieauch Markus (32), der beimAusflug zum nahe gelegenenPlatz hinter dem Hansesaalseine ersten Erfahrungen mitder Junge-Leute-Gruppemacht. Das gemeinsame Spielgefällt. Wie auch die Gruppe.„Wir sind offen für jeden. Ei-nige Teilnehmer kommen re-gelmäßig, andere nur spora-disch“, betont JohannesGruhn. Wie ein 28-Jähriger,der derzeit gerade eine Ar-beitsmaßnahme absolviertund deswegen nicht mehr je-des Mal dabei sein kann.„Nach der Arbeit ist man ein-fach froh, die Beine auszu-strecken“, sagt er. Beim Mini-golf ist er aber dabei. Und sohaben alle Spaß. Man redetüber Gott und die Welt. Ebenjunge Leute beim Minigolf-spielen. Eigentlich nichts Be-sonderes. gl

Freizeit istein StückTherapie

Junge-Leute-Gruppe in Lünen

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Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung

#, Nr. #, 22. WocheDiakonie Zeitung

Als Streetworkerin ist die 36-Jährige hier seit Juni 2011 imEinsatz. Zur Diakonie kam sieaber bereits im Herbst 2009und übernahm die sozial-pä-dagogische Begleitung derLangzeitarbeitlosen, die beiPassgenau eine sogenannteArbeitsgelegenheit (AGH) ab-solvierten. Erfahrung mit die-ser Art der Begleitung hattedie junge Frau bei einem pri-vaten Bildungsträger in Bo-chum gesammelt, nachdemsie ihr Studium 2006 in Aa-chen abgeschlossen hatte.Nach der Schule hatte Eva Je-kel zunächst eine Ausbildungals Erzieherin und dann ihrFachabitur auf dem zweitenBildungsweg gemacht.Die junge Frau sucht das

Gespräch mit der Alkoholi-ker- und Drogenszene amNordmarkt. „Ich mache die

Leute auf die Möglichkeiteneiner Sucht-Beratung auf-merksam“, erzählt Eva Jekel.Dabei stößt sie beim erstenKontakt meist auf Ablehnung,doch mit der Zeit suchen auchdie Abhängigen das Gesprächmit ihr. Diese Kontakte ver-mittelt sie dann an ihren Kol-legen Hermannus Hüser vonder mobilen Suchtberatung,mit dem sie sich einmal proWoche austauscht. „Manch-mal gehen wir auch gemein-sam über den Nordmarkt.“

Sprachbarrieren erschwerendie aufsuchende Sozialarbeit.Zwar spricht Eva Jekel per-fekt Polnisch, da sie in Ober-schlesien aufgewachsen istund mit ihren Eltern als Elf-jährige nach Aachen kam,aber bei Bulgarisch, Rumä-nisch und Türkisch muss siepassen – wie auch ihre dreiStudenten auf Mini-Job-Ba-sis. Vor allem Familien ausden osteuropäischen Ländernseien oft komplett mittellos,da könne sie schon mal mit

Kleidung aushelfen oder ei-nen Gutschein für die Tafelausstellen. „Wir versuchen,mit Kleinigkeiten zu unter-stützen.“ Bei ihrer Rundeüber den Nordmarkt stattetdie verheiratete Frau natür-lich auch dem von der Diako-nie betriebenen Kiosk einenBesuch ab. Und sie hat nichtnur ein offenes Ohr für dieSuchterkrankten, sondern istauch Ansprechpartnerin fürdie Mütter, die mit ihren Kin-dern den Spielplatz nutzen.

Mittlerweile wird auch dieStreetworkerin von denNordmarkt-Nutzern ange-sprochen. So wird sie bei-spielsweise häufig gefragt, obsie ihr eine Hinzuverdienstbe-schäftigung vermitteln kön-nen. Bei Bedarf kann Eva Je-kel sie bei Passgenau, zurGartenarbeit, beim Bootsver-leih im Fredenbaumpark, amKiosk oder Toilettenhaus be-schäftigen. Auch betreut sieden Bereich gemeinnützigeArbeit, indem Sozialstundenabgeleistet werden. „Leutemit einer Alkohol- oder Dro-genproblematik sind nur be-dingt am Nordmarkt einsetz-bar, da die Rückfallgefahrgroß ist.“Aber ihre „Kunden“ finden

auch den Weg in ihr Büro,wenn es gilt, ein Schreibenaufzusetzen oder Telefonatezu führen, oder wenn ihreKollegen am Nordmarkt nichtmithören sollen. Eva Jekelmacht ihre Arbeit Spaß, auchwenn sie nicht immer nachFeierabend komplett abschal-ten kann. „Die Leute sinddankbar, dass es einengibt.“ br

Barrieren beseitigenZwei bis drei Mal am Tag ver-lässt Eva Jekel ihr Büro beiPassgenau an der Braun-schweiger Straße und gehtzum Nordmarkt. Dort trifft sieihr Klientel, denn die enga-gierte junge Frau ist Straßen-sozialarbeitern der Diakonie.

Streetworkerin Eva Jekel hat ein offenes Ohr im sozialen Brennpunkt

Eva Jekel begleitet Langzeitarbeitslose im Dortmunder Norden. Foto Helmbold

Wohnungslose liegen JozefBioly besonders am Herzen.„Meine Arbeit ist geprägt vonder biblischen Geschichteüber den barmherzigen Sa-mariter“, erzählt er. Schon alsjunger Sozialarbeiter arbeite-te Bioly in Sölde in einer Ob-dachlosensiedlung. Die Pro-bleme haben ihn nicht losge-lassen. „Wenn man in einerObdachlosensiedlung wohnt,ist man in Augen der Gesell-schaft schon ganz unten. Hatman gar keine Wohnungmehr, ist man noch tiefer“,sagt er. „Im Sinne des barm-herzigen Samariters mussman auch für eine Herbergesorgen“, ist seine Überzeu-gung.Der seit vielen Jahren in

Brambauer Lebende erinnertsich an die Eindrücke nachden Zechenschließungen: Alsimmer mehr Menschen ihrenJob verloren und man man-che von ihnen auf der Straßesah, mit einer Bierflasche inder Hand. Auch das hat seinEngagement für Wohnungs-lose oder von Wohnungslo-sigkeit bedrohte Menschenbeeinflusst. Als Beauftragter

der Geschäftsführung für Lü-nen und den Kreis Unna desDiakonischen Werkes hat erzudem die Möglichkeit, alsSchnittstelle zwischen Stadt,Kreis, Wohlfahrtsverbändenund den Betroffenen zu agie-ren. „Wir haben in den ver-gangenen Jahren vieles be-wegt“, ist er zufrieden. JozefBioly ist seit 1974 beim Dia-konischen Werk Dortmundund Lünen. Er arbeitete in ei-ner Obdachlosensiedlung undin der Wohnungslosenhilfe ander Rolandstraße – wegenseines Engagements in der

Mitarbeitervertretung dorthalbtags. 1989 kam er nachLünen. „Wir hatten auf demSt. Georg-Kirchplatz 2 nur ei-ne kleine Wohnung als Büro.Dort war auch noch die Psy-chiatrische Pflege der Diako-niestation untergebracht“, er-innert er sich an die Anfänge.Doch ein Neubau war in Pla-nung, und so handelte Biolymit dem zuständigen Dezer-nenten der Stadt Lünen aus,dass Container auf dem Park-platz vor dem künftigen Neu-bau stehen können und dieBeratungsstellen beherbergen

konnte. „Die Bereitstellungder Fläche durch die Stadt hatuns sehr geholfen.“

Dach über dem Kopf

Ebenfalls ein Zeichen für diegute Zusammenarbeit war dieEntwicklung des Vereins„Dach über den Kopf“, an derJozef Bioly maßgeblich betei-ligt war. Der Verein betreutdie Übernachtungsstelle füralleinstehende wohnungsloseMänner, bezahlt den Haus-meister, der von 18 bis 9 Uhrvor Ort ist und für ein Gefühlvon Sicherheit sorgt. Der Ver-ein kann sich auch auf einestarke Unterstützung in derBevölkerung verlassen. „Da-für sind wir sehr dankbar“, soBioly.Der zweite Schwerpunkt

der Arbeit in Lünen, Selm undWerne ist die Betreuung undHilfe für Menschen mit psy-chischen Erkrankungen – vonoffenen Angeboten wie Früh-stück und Freizeitgestaltungbis hin zum ambulant betreu-ten Wohnen. „Hier betreuenwir zur Zeit 106 Männer undFrauen in deren eigenenWohnungen“, so Bioly. In

Selm gibt es für den Kontakt-club eine Kooperation zwi-schen der Evangelischen Kir-chengemeinde, dem Kreis Un-na und dem DiakonischenWerk. 25 psychisch krankeMenschen besuchen zweimalwöchentlich tagestrukturie-rende Angebote im Evangeli-schen Gemeindehaus.Das zu tun, was getan wer-

den muss, ist Biolys Überzeu-gung. Durch die enge Zusam-menarbeit mit den Gemein-den und den Pfarrern sprichtsich das Kontaktstellenange-bot schnell herum: „Wir sindhervorragend vernetzt.“ JozefBioly kann viel erzählen überdie Veränderungen und Fort-schritte der diakonischen Ar-beit in Lünen, Selm und Wer-ne. Ende Januar 2014 geht erin den Ruhestand. Dann wirder mehr Zeit haben für seineHobbys Fußball und Radfah-ren. Die ein oder andere Tourhat er schon im Kopf. „Ich binneugierig und will will beimRadfahren mit meiner FrauKarin neue Landschaften undStädte kennenlernen. Wirmöchten unsere nächste Touran der Elbe fahren.“ gl

Hilfe für Wohnungslose: Seit 1974 arbeitet Jozef Bioly für das Diakonische Werk Dortmund und Lünen

„Das tun, was getan werden muss“

An der Schnittstelle zwischen Stadt, Kreis, Wohlfahrtsverbändenund den Betroffenen: Jozef Bioly. Foto Lübbers

MENSCHEN DER DIAKONIE IM PORTRÄT Eva Jekel und Jozef Bioly arbeiten für Menschen in Notlagen

Page 7: Diakonie Zeitung 10 - Mai 2013

„Ja, ich bin ein fröhlicherMensch“, lacht Mireille W.und fügt hinzu: „Obwohl mirin meinem Leben oft nichtzum Lachen zumute war.“Die 44-Jährige hat einigeshinter sich, war über 16 Jahremit ihrem Lebenspartner zu-sammen. Doch der trank, vorallem am Wochenende. DieTochter und der Sohn wur-den ihr weggenommen. „We-gen seiner Sauferei“, sagt sie.Immer wieder schmiss er sieaus der Wohnung, sie kamdann bei der Schwiegermut-ter unter und ging trotzdemzurück zu ihm. „Ich habe ihmimmer wieder verziehen“,schüttelt sie heute den Kopf.Bis sie schließlich doch ihre

Sachen packte und mit Sackund Pack bei ihrem Ein-Euro-Job erschien. „Mein Chef hatgelacht und gefragt, was dassolle; ob ich einziehen wolle“,erinnert sie sich. Aber richtiglustig war ihre Situationnicht: Sie war obdachlos. Mi-reille W. ging von Hammnach Lünen und kam bei ei-ner Freundin unter. Diesevermittelte den Kontakt zurWohnungslosenhilfe des Dia-konischen Werkes, nicht zu-letzt, weil sie sich selber imambulanten Betreuten Woh-nen befand.

Neue Arbeit als Putzfrau

Das war vor eineinhalb Jah-ren. Inzwischen hat MireilleW. eine eigene Wohnung undseit neuestem eine Arbeit alsPutzfrau bei der WerkstattUnna. „Ich bin so froh, dassich wieder arbeiten kann. Ich

habe ja schon angefangen,mit meinen vier Wänden zusprechen“, sagt sie. Neben ihrauf dem Sofa sitzt Inge Gu-bernator vom DiakonischenWerk. Eben noch haben diebeiden gemeinsam ein offi-zielles Schreiben inspiziertund darüber gesprochen, wassich jetzt alles mit dem Jobändert, welche Behördengän-ge noch anstehen, und wassonst noch zu beachten ist.Jetzt werfen sie noch einenBlick in die Fernsehzeitungund sprechen über Lieblings-serien.

Ambulante Betreuung

Inge Gubernator unterstütztMireille W. im Rahmen desambulant betreuten Woh-nens. Die Einrichtung desDiakonischen Werkes Lünenhilft ehemaligen Wohnungs-losen, im Leben wieder Fußzu fassen. Bei Mireille W.ging das sogar recht schnell:Gemeinsam haben sie ruck-zuck die Wohnung gefundenund sie mit gebrauchten Mö-beln wohnlich gemacht. Inge

Gubernator steht der 44-Jäh-rigen mit Rat und Tat zur Sei-te. Mireille W. schaut positivin die Zukunft. „Die Arbeit istzunächst auf ein Jahr be-grenzt, aber hoffentlich kannich da bleiben.“ Außerdemhat sie Kontakt zu ihrer Fami-lie und ihren Kindern. Dieheute 16-Jährige und derZwölfjährige waren damalsbei Mireilles Eltern bzw. de-ren Schwester untergekom-men. „Ein Glücksfall“, weißInge Gubernator. Oft verlie-ren Wohnungslose nicht nurihre Wohnung, sondern auchihre sozialen Kontakte. Aktu-ell überlegt das Jugendamtsogar, den Kindern den Be-such bei ihrer Mutter in Lü-nen zu ermöglichen. „Ichwürde sie gerne noch ein biss-chen begleiten, bis sich allesgefestigt hat“, sagt Inge Gu-bernator nach dem Besuch inMireilles Wohnung. Auch die-se wünscht sich das. Es müss-te also noch ein halbes Jahrweitere Förderung geben –wieder Papierkram, aber ei-ner, der sich lohnt. gl

Mireille W. fasst dank Wohnungslosenhilfe wieder Fuß im Leben

Endlich wieder Arbeit

Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung#, Nr. #, 22. Woche

Diakonie Zeitung

„Ich war ein ganz Schlim-mer“, sagt Alpay T. Der 24-Jährige ist nicht stolz auf sei-ne Vergangenheit und erzählterstaunlich abgeklärt von sei-nen Erlebnissen und seinerObdachlosigkeit. Mit 18 Jah-ren ist er zu Hause rausgeflo-gen. Acht Monate war er ob-dachlos, weil er als unter 25-Jähriger keine Wohnung vomArbeitsamt bekam. „Da warich ganz unten“, sagt er. Inder 7. Klasse flog er von derSchule und hatte jede MengeStress mit der Polizei. „Ichhatte 18 Anzeigen laufen, saßsogar mit 14 Jahren in U-Haft“ erzählt er. Er habe mitTürstehern und Zuhältern zutun gehabt. Habe sein eigenesGeld verdient – viel Geld –und sich um seine Zukunftkeine Gedanken gemacht.„Ich habe in den Tag gelebt.“

Mit 18 rausgeflogen

Als sein Vater ihn mit 18 vordie Tür setzte, kam er ins grü-beln. „Ich habe kaum geschla-fen, habe bei mir gedacht ‚so-gar ein Hund ist mehr wert‘.Ich war am Ende, habe sogaran Selbstmord gedacht.“ Aufden Ämtern hatte er wenigGlück: „Ich bin leicht ausge-rastet.“ Doch er bekam Hilfe -von einzelnen Sachbearbei-tern und von der Wohnungs-losenhilfe des DiakonischenWerkes. Ein sechsmonatigesPraktikum bei einem Bäckerbrachte die Wende. Alpay T.entschied sich, eine Bäcker-lehre zu machen. Er zog sogarwieder bei seinen Eltern ein.

Ganz geradlinig verlief dieAusbildung dann doch nicht.Er hatte Probleme, fing sichaber immer wieder. In der el-terlichen Wohnung konnte erdoch nicht bleiben – wiederobdachlos.

Hilfe in Sachen Ausbildung

„Frau Gubernator hat mirwirklich sehr geholfen“, sagter. Neben der Unterstützungin Sachen Ausbildung und Pa-pierkram konnte Inge Guber-nator den jungen Mann in derÜbergangswohnung des Dia-konischen Werkes unterbrin-gen. Die Idee einer Ausbil-dung kam nicht bei allen inseiner Umgebung gut an: Sei-ne Freundin trennte sich vonihm und auch seine Eltern ha-ben nicht geglaubt, dass erdas durchzieht. „Ich wollte al-les hinschmeißen, doch FrauGuberntaor hat mich wiederermutigt“, erzählt Alpay T.„Ich habe mich verändert.

Meine Einstellung hat sich to-tal geändert, früher kam eineAusbildung für mich über-haupt nicht in Frage“, sagt er.„Früher in der Schule war ichder Klassenclown und habemeine Lehrer gehasst, in derBerufsschule war ich sauer,wenn jemand störte. Ich woll-te lernen“, erzählt er und fügthinzu: „Bei mir hat es Klickgemacht.“ Seine Gesellenprü-fung hat Alpay T. inzwischenbestanden. Auch eine Woh-nung hat er. „Das ist toll, ichfühle mich sehr wohl.“ Jetzthofft er auf Arbeit, damit ersein Leben genießen kann.

Und plötzlichhat es „Klick“

gemachtAus der Obdachlosigkeit ins Berufsleben

Blickt hoffnungsvoll in die Zukunft: Alpay T. erzählt erstaunlichabgeklärt von seiner Zeit in der Obdachlosigkeit. Foto DW

Inge Gubernator (li.) vom Diakonischen Werk hilft Mireille W. auch bei Älltäglichem. Foto Lübbers

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Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung

#, Nr. #, 22. WocheDiakonie Zeitung

Angela Hofele, angestelltbeim Diakonischen Werk,kümmert sich seit September2011 um 693 Schüler an derGoethestraße. 93 Prozentkommen aus Familien mit Mi-grationshintergrund, 27 Na-tionen sind vertreten. 75 Pro-zent der Eltern beziehen„Transferleistungen“, alsoGeld vom Staat. Wo, wennnicht hier, wird die Schlachtum Bildung, soziale Teilhabeund Integration geschlagen?Häufig gehörte Schlagworte,die es für 40 Pädagogen undeine Sozialarbeiterin Tag fürTag mit Leben zu füllen gilt.Zu Beginn ihrer Tätigkeit

hat Angela Hofele Informatio-nen zu den Schülern in einerDatei aufbereitet. Wer ist be-rechtigt, aus dem Bildungs-und Teilhabepaket des Bun-des gefördert zu werden? Wiesteht es um die Sprachkennt-nisse der Eltern? Ist Hilfebeim Ausfüllen der Anträgenötig?„Viele Eltern schämen sich

oder wissen nicht, dass ihnenZuschüsse zu Klassenfahrtenund Lehrmitteln zustehen“,fasst die Sozialarbeiterin ihreErfahrung aus vielen Hausbe-suchen zusammen. Gestütztauf ihre Datei und persönli-

che Treffen kann sie nun hel-fen, wenn Formulare auszu-füllen, Papiere beizubringensind oder andere Problemeauftreten. Hofele arbeitet mitSchülern, Lehrern, Eltern –darüber hinaus hat die diplo-mierte Sozialpädagogin besteKontakte zu anderen „Play-ern“ in der Nordstadt, so zurArbeitsgemeinschaft Jugend-hilfe Nord. „Die Hilfsangebo-te hier sind ausgesprochengut“, weiß Angela Hofele,„man muss die Leute aberauch anleiten, sie zu nutzen!“Und das tut sie. Menschen

und Probleme kennenlernen,Möglichkeiten aufzeigen,Kontakte zu Helfern knüpfen.„Beziehungsarbeit ist das,was ich mache. Und auchStadtteilarbeit“, sagt sieselbst. „Es ist ein großer Vor-teil, dass Frau Hofele nichtzum Lehrerkollegium zählt“,weiß Marcus Sauer, Konrek-tor der Gertrud-Bäumer-Schule: „Eltern und Kinderöffnen sich ihr gegenüber an-ders, als wenn sie mit einemLehrer sprächen. DieseHemmschwelle fällt weg.“Die Sozialarbeiterin hat ein

Büro in der Schule, ist abernicht nur zu den Sprechzeitenzu erreichen. Nachmittagstrifft man sie in der Lernför-derung, wo ältere Schülerden jungen bei den Hausauf-gaben helfen.

50 Schüler in Lernförderung

Waren im letzten Jahr 20Schüler dabei, sind es heute50. Wer nach dem Teilhabe-paket gefördert wird, bezahltnichts. Viele Anträge hat Ho-fele selbst auf den Weg ge-bracht. „Ohne Frau Hofelewürde die Lernförderung

wegfallen. Unser Kollegiumkann das nicht leisten“, bilan-ziert Marcus Sauer. Er kenntandere Schulen, wo Lehrer in15 Wochenstunden aus-schließlich die Hausaufga-benhilfe betreuen: „Frau Ho-fele übernimmt das zusätzlichzu anderen Projekten.“Ob Gewaltprävention, Mob-

bing im Internet, Sexualerzie-hung oder im sozialen Kom-pentenz-Training: Immergeht es darum, Schüler aufzu-klären, ihnen Ängste zu neh-men und ihr Selbstvertrauenzu stärken. Die Sozialarbeite-rin war mit Schülern im Thea-ter, beim BVB und im Zoo, siehat das Babysitter-„Diplom“betreut und das Fotoprojekt„Meine Lieblingsplätze“. „Esist ein toller, dankbarer Job,bei dem ich etwas bewegenkann“, meint Angela Hofele.Dass Angela Hofele einen

guten Draht zu den Schülernhat, merken wir, als wir mitGentiana Abdulaga und Schü-lersprecherin Canan Sakinaus der 10. Klasse ins Ge-spräch kommen. „Frau Hofeleist immer für uns da. Ohne siewüsste ich nicht, an wen ichmich wenden würde. Wirbrauchen eine Sozialarbeite-rin hier“, sagt Gentiana. Ja, esstimmt, bestätigt Canan: Mit-schüler haben angeboten, Ho-feles Arbeitsplatz durch Spen-den zu finanzieren, falls de-ren Stelle gestrichen werde.Zur Solidaritäts-Demo am 21.März haben die Schüler Pla-kate gemalt: „Frau Hofele4ever!“ Und: „Ohne Sozialar-beiterin haben wir Kinder kei-ne gute Zukunft, und das wol-len wir alle nicht!“ KUB

Viel mehr als eine HilfeWie sieht der Alltag der Schul-sozialarbeiter aus? Warum istihre Tätigkeit so wichtig undgefragt? Was sagen Schülerund Lehrer? Wir fuhren zurGertrud-Bäumer-Realschule imDortmunder Norden – undkönnen nach diesem Besuchgut verstehen, warum dieSchule um die Stelle ihrer So-zialarbeiterin kämpft.

Gertrud-Bäumer-Realschule: Ein Tag im Leben einer Schulsozialarbeiterin

Gemeinsam für Schulsozialarbeit: Dirk Wittland (Diakonie, hinten links), Konrektor Marcus Sauerund Gentiana Abdulaga (v.l.), Sozialarbeiterin Angela Hofele und Canan Sakin. Foto KUB

„Fragen Sie, wen Sie wollen:Überall werden Sie hören,dass Schulsozialarbeiter ei-nen wichtigen und sehr ge-schätzten Job machen. Aberwenn es um die Finanzierunggeht, schieben sich Kommu-ne, Land und Bund gegensei-tig den schwarzen Peter zu!“Dirk Wittland, Koordinator

Schulsozialarbeit beim Diako-nischen Werk, beschreibt einDilemma. Vor dem stehenauch 15 Mitarbeiter der Dia-konie, die an diversen Dort-munder Schulen alles tun, da-mit Kinder und Jugendlichegleiche Chancen haben. 176Sozialarbeiter gibt es in der

Stadt, 80 befristete Stellenbei freien Trägern und derStadt Dortmund stehen auf

der Kippe, weil die Anschubfi-nanzierung des Bundes (ausdem „Bildungs- und Teilhabe-paket“) demnächst ausläuft.Dirk Wittland: „Wir haben

engagierte, qualifizierte Leu-te, die nun voll in der Materiesind und die Früchte ihrer Ar-beit ernten. Die mit Schülern,Eltern, Lehrern sprechen, alleKräfte im Stadtteil einbindenund Kompetenzen schulen,die im Unterricht zwangsläu-fig zu kurz kommen. Das istHilfe zur Integration, das si-chert Schulabschlüsse, schafftChancen auf dem Arbeits-markt, das definiert ganzstark das Miteinander an den

Schulen. Und jetzt droht die-sen Mitarbeitern das Aus.“Die Situation sei paradox, soWittland. Er habe bei den So-zialkräften viel Euphorie ge-spürt, dass sie an den Schulenetwas bewirken können. Kin-der, die dankbar seien, dasssie an Klassenfahrten teilneh-men können, Lernförderungerhalten und ein Sportange-bot in Vereinen nutzen kön-nen – dank Zuschüssen, dieder Sozialarbeiter beantragthabe. Unter dem Damokles-schwert der Kündigung ma-che sich nun Verunsicherungin seinem Team breit, sagtWittland. Was wird aus ge-

planten Projekten, wie gehtes weiter?Dabei sei die Schulsozialar-

beit in Dortmund als hoff-nungsvolles Pilotprojekt ge-startet. Erst mit Schwerpunktin der Nordstadt, dann imganzen Stadtgebiet. 40 000Förderanträge seien gestelltworden. Hinter jedem verber-ge sich ein Kind und ein kon-kretes Problem, weiß Witt-land. Er und seine Mitarbeiter(regional und bundesweit or-ganisiert) hoffen, dass die Po-litik ein Einsehen hat: „Ver-träge ohne Fristen gäben derArbeit eine langfristige Per-spektive.“ KUB

Schulsozialarbeit: Paradoxe Situation

„Können an den Schulen etwas bewirken“

Dirk Wittland Foto KUB

BLICKPUNK SCHULSOZIALARBEIT Schüler, Lehrer und Eltern fürchten um eine wichtige Stütze

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Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung

#, Nr. #, 22. WocheDiakonie Zeitung

Geocaching ist eine moderneArt der Schnitzeljagd – undneue Wege in der Suchtbera-tung schlägt auch die Fach-stelle Sucht der Diakonie ein.Teilnehmer des Projektes„Raus aus dem Schnecken-haus“ sind mittlerweile vondieser Art der Freizeitbeschäf-tigung begeistert.„Uns ist in der Suchtbera-

tung und -behandlung aufge-fallen, dass sich viele Men-schen im Laufe ihrer Trink-phase isoliert haben und da-mit auch ihre Freizeitbeschäf-tigungen, ihre Kreativität ver-

loren haben“, berichtet Chris-tel Botterbusch (Foto), Ar-beitsgebietsleitung der Fach-stelle Sucht. „Wir versuchen,Anregungen für die Freizeitin einer abstinenten Lebens-

weise zu ge-ben. Wir eru-ieren Möglich-keiten, die mitwenig Geldmachbar sind,denn dergrößte Teilder Klientel istarbeitslos.“

Eine Studentin der Katholi-schen Fachhochschule Pader-born, die bei der Diakonie einPraktikum absolvierte, kann-te Geocaching. Bei dieser Artder Schnitzeljagd haben Men-schen irgendwo Dosen mitnetten kleinen Dingen sowieeinem Logbuch versteckt, unddieses Versteck wird im Inter-net in Form von Koordinatenveröffentlicht. Mit Hilfe einesGPS-Geräts kann man sichdann auf die Schatzsuche ma-chen. In der Regel wird eineKleinigkeit aus dem Schatz-kästchen ausgetauscht und anderselben Stelle wieder ver-steckt – für den Nächsten.Zunächst waren die Projekt-

teilnehmer, 2012 gründetesich die Gruppe „Raus aus

dem Schneckenhaus“, nochskeptisch – ist das nicht eheretwas für Kinder? Doch mitt-lerweile seien sie begeistertdabei, berichtet Christel Bot-terbusch. Denn neben derTechnik (Internet und GPS-Gerät), die man beherrschenmuss, zählt vor allem das Ge-meinschaftserlebnis. Gemein-sam entdeckt man die Natur

wieder und hilft sich gegen-seitig über kleine Hindernis-se. Beim anschließenden Um-trunk brauche niemand zu er-klären, wieso er keinen Alko-hol trinke, da alle abstinentleben würden, zählt ChristelBotterbusch einen weiterenVorteil der Aktivitäten imKreis von Suchtkranken auf.Ein GPS-Gerät stellt die Dia-

konie zur Verfügung, und dieGruppe, die sich mittwochsum 16 Uhr in der Diakonie ander Rolandstraße 10 trifft, hatdort auch Internetzugang.„Mittlerweile organisiert sichdie Gruppe selbst“, erzähltChristel Botterbusch, die mitihren Kollegen das Geoca-ching nach Feierabend auchschon ausprobiert hat. br

Schnitzeljagd in TeamarbeitGeocaching als neuer Weg in der Suchtberatung

Mit Hilfe eines GPS-Geräts begeben sich die Teilnehmer auf Schatzsuche. Foto DW/dpa

Für die Sucher geht es in unge-ahnte Höhen.

Seit rund viereinhalb Jahrengibt es dieses Angebot: „Wirhaben mit zwei Kunden ange-fangen, heute sind es 190“,erzählt die Hauswirtschafts-leiterin Annegret Rühmer (Fo-to 1). Von direkt-Haushalts-hilfen wird diegemeinsameKantine vonDiakonie undVereinigtenKirchenkrei-sen an der Ro-landstraße be-trieben sowiedie Hausreini-gung erledigt.Überwiegend sind es priva-

te Kunden, die den Servicenutzen. „In Kooperation mitder Diakonischen Pflege wer-den Wohnungsreinigung undEinkaufshilfen organisiert“,

erzählt Annegret Rühmer.Aber auch über die Kranken-kassen werden Haushaltshil-fen ermöglicht – beispielswei-se nach einem Beinbruchoder während der Schwan-gerschaft. „Oft erfolgt derEinstieg in das Serviceange-bot über die Treppenhausrei-nigung, die im Alter schwerfällt, oder weil Berufstätigendazu einfach die Zeit fehlt“,berichtet Annegret Rühmer.Mit dem wachsenden Kun-

denstamm stieg auch die An-zahl der Mitarbeiter. Mittler-

weile sind es40 Angestell-te, und derenEinsatz koor-diniert Angeli-ka Bachmann(Foto 2). Sieist auch dafürzuständig,den ersten

Kontakt zu den Kunden auf-zunehmen: „Wir gucken, obdie Chemie zwischen Kundeund Mitarbeiter stimmt.“Auch männliche Reini-

gungskräfte gibt es inzwi-schen, die nach anfänglicher

Skepsis gut angenommenwürden, berichtet AnnegretRühmer. Ein weiterer Plus-punkt der direkt-Haushalts-

hilfen: Hier finden ältereMenschen und Personen mitHandicap, die es auf dem Ar-beitsmarkt schwer haben,

wieder einen Arbeitsplatz. br......................................................Kontakt: Tel. (0231) 849 43 33.

www.direkt-haushaltshilfen.de

Service für ZuhauseSeit viereinhalb Jahren gibt es die direkt-Haushaltshilfen

Nicht nur die Wohnung reini-gen, sondern auch Einkäufeerledigen, gemeinsam kochen,Blumen pflegen, Vorlesen oderdie Begleitung zu Behördenund Ärzten umfasst der Ser-vice der direkt-Haushaltshilfender Diakonie.

Das Team der direkt-Haushaltshilfen. Fotos (3) Helmbold

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Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung#, Nr. #, 22. Woche

Diakonie Zeitung

Im Defdahl finden Menschenmit Suchtproblemen ein Zu-hause. Manchmal auf Zeit,manchmal bis zu ihrem Ende.Denn: Wer möchte, kann biszum Tode in seiner gewohn-ten Umgebung bleiben. DasSteil-Haus hat diesemWunsch entsprochen und er-möglicht den Kranken pallia-tive Pflege bis zum endgülti-gen Abschied.Das ist neu und erst einmal

ungewohnt. Ein Bewohner,der zum Sterben nicht insKrankenhaus oder Hospizwill, sondern unter Freundenund Bekannten seinen letztenGang geht. Man muss dieseEntscheidung auch als Kom-pliment an das Wohnheim se-hen. Ich möchte hier nichtweg, das ist mein Zuhause.„Es ist noch keine Selbstver-

ständlichkeit, dass Menschenin Einrichtungen wie unsererbis zum Tod bleiben können“,weiß Hartwig Sabacinski.Drei Menschen sind bisher

im Ludwig-Steil-Haus gestor-ben und wurden von denKrankenschwestern Birgitt

Hacheney und Anke Heiliger-Ratton gepflegt.„Für uns war das neu, aber

wir sind durch die Patientenals Team gewachsen“, erin-nert sich Birgitt Hacheney.Sie hat sich wie ihre Kolleginim Bereich „Palliativ Care“fortgebildet, um für alle Fälle

im Umgang mit Sterbendenvorbereitet zu sein. Unter-stützt wurden die Kranken-schwestern vom palliativ-me-dizinischen Dienst und vonEhrenämtlern des Diakoni-schen Werks, die die Krankenregelmäßig besuchten. „Dasnimmt Druck von uns“, so An-

ke Heiliger-Ratton, „weil wirnicht die Einzigen sind, dieTrost und Zuspruch geben.“„Wenn die Notklingel vom

Kranken ausgelöst wird, hörtman das im ganzen Haus, undalle wissen Bescheid“, soHartwig Sabacinski. Das Spe-zialbett des Pflegebedürftigen

steht in dem Zimmer, das erauch vorher bewohnt hat. Fürden Fall, dass der SterbendeMühe mit dem Sprechen hat,sind Karten mit den häufigs-ten Anliegen vorbereitet: Ichhabe Schmerzen. Ich habeDurst.

Der letzte Todesfall

Beim letzten Todesfall läutetdie Kranke die Klingel undwurde kurz darauf bewusst-los. Hartwig Sabacinski: „Wirwaren zu dritt bei ihr undkonnten sie in ihren letztenMinuten in den Arm neh-men.“Alles war, wie die Sterben-

de es gewünscht hatte. DieDame war Raucherin undwollte bis zuletzt rauchen.Kein Problem. Bei einer An-dacht konnten Mitbewohnerund Freunde sich von der To-ten verabschieden. Alle imHaus seien mit im Boot, freutsich Sabacinski: „Wir sorgenfür einen angemessenen Ab-schied und richten einen klei-nen Gedenktisch ein.“ Bei derBestattung kommt Pfarrer Ul-rich Dröge von der Melan-chthon-Kirchengemeinde insSpiel. Nötigenfalls trägt dieKirche auch die Bestattungs-kosten. Ein Abschied inSelbstbestimmung und Wür-de – jeder hat ein Recht da-rauf. KUB

„Sterbebegleitung hier imHaus war eine Herausforde-rung für uns, für das Team wiefür die Bewohner“, resümiertHartwig Sabacinski, Leiter desLudwig-Steil-Hauses der Dia-konie.

Palliativpflege im Ludwig-Steil-Haus

Die letzten Minuten und mehr

Team-Mitglieder im Ludwig-Steil-Haus: Anke Heiliger-Ratton (vorne) und Birgitt Hacheney. Foto KUB

Mittwochs, 15 Uhr in derSternstraße 23. Langsamfühlt sich der Saal im Zen-trum Sternstraße. Es duftetnach Kaffee und frisch geba-ckenen Waffeln. Die Tischefüllen sich und es herrscht re-ge Betriebsamkeit.So geht es jeden zweiten

Mittwoch im Monat, wenn eswieder heißt, das „Café Stern-chen“ lädt ein. Nicole W. istseit etwa einem Jahr regelmä-ßige Nutzerin des Cafés.„Hier kann ich mich wie in ei-nem normalen Café hinset-zen, bekomme leckeren Ku-chen oder anderes und werdeam Tisch bedient. Das kannich mir sonst nicht leisten.Außerdem treffe ich hier net-te Leute oder verabrede michdes mit Freunden und Be-kannten“, berichtet Nicole W.Das Café Sternchen ist ein ge-meinsames Projekt der Tages-stätte und Kontaktstelle fürpsychisch kranke Menschen.Es findet jeden Monat zu un-terschiedlichen kulinarischenSchwerpunktthemen statt.

Die angebotenen Produktewerden frisch hergestellt undorientieren sich nach den Jah-reszeiten.So gab es im Jahr 2012 zum

Beispiel im Juni Erdbeerspe-zialitäten oder im Oktober Le-ckereien rund um den Kürbis.Natürlich gibt dazu es immerKaffee, Cappuccino, Tee oder

Kakao und Kaltgetränke. Da-mit auch alle Besucher sichdie Speisen und Getränkeleisten können, werden diesezum Selbstkostenpreis ange-

boten. Die angebotenen Spei-sen werden im Rahmen derhauswirtschaftlichen Arbeits-therapie von den Besucherin-nen und Besuchern der Ta-gesstätte oder in der Kontakt-stelle hergestellt. Währenddes Cafés wird Tischservicegeboten.

Kreativangebote

Diesen übernehmen auch dieBesucherinnen und Besucherder Tagesstätte und Kontakt-stelle. In unregelmäßigen Ab-ständen gibt es noch ein Be-gleitprogramm, wie kleineSketche, Kreativangeboteoder Vorträge. Das CafèSternchen gibt es seit Som-mer 2010 in der Sternstraße.Mittlerweile sind regelmäßigzwischen 40 und 50 Besuche-rinnen und Besucher im Cafè.Es wird aber nicht nur von

den Klienten der Einrichtunggenutzt. Auch aus dem Stadt-quartier kommen immer häu-figer Gäste. Somit hat das Ca-fè durchaus einen integrati-ven Charakter.

„Café Sternchen“ – der etwas andere Treff im Zentrum Sternstraße

Sozialkontakt zum Selbstkostenpreis

Das Café Sternchen ist ein gemeinsames Projekt der Tagesstätte und Kontaktstelle fürpsychisch kranke Menschen. Foto DW

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Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung

#, Nr. #, 22. WocheDiakonie Zeitung

Die sechsjährige Afia ist einervon acht Hunden, die ihreHerrchen und Frauchen beiihrer Betreuungsarbeit beiMobiFlex und MittelPunkt be-gleiten. „Die Mitarbeiter neh-men ihre Hunde mit, wennsie zu den betreuten Men-schen in ihren Wohnungenfahren“, berichtet KatjaFreund, Sozialarbeiterin beiMobiFlex, die mit weiteren 20Mitarbeitern zur Zeit 110Menschen mit einer chroni-schen Alkoholerkrankung inderen Alltag begleitet. Die

zehn Mitarbeiter von Mittel-Punkt haben ihre Büroräumeebenfalls in der Sternstraße,aber ihr Klientel sind Men-schen mit geistiger Beein-trächtigung. „Der Zugang zueinem neuen Klienten – vielevon ihnen leben in sozialerIsolation – ist über das Medi-um Hund einfacher. Mankommt über den Hund insGespräch“, erzählt KatjaFreund, die seit vierJahrenvon ihrer MischlingshündinTrixi treu begleitet wird,wenn sie ihre Betreuten auf-sucht. Ihre Kollegin BettinaJunker war die erste, die ih-ren Vierbeiner vor zwölf Jah-ren zur Arbeit mitbrachte.Heute geht die pädagogischeMitarbeiterin immer mit Afiaauf Tour. Ein Klient, der oft-mals laut und aggressiv auf-tritt, hat verstanden, dass derHund dann Angst bekomme.

Ein Blick aufden Hund undder aufgewühlteMann sortiertsich und kannseine Emotio-nen deutlichbesser steuern.„Seitdem ist daskein Themamehr“, sagt Bet-tina Junker. Esgibt nur einenKlienten, derAfia nicht mag.Auch bei den zubetreuendenMenschen vonKatja Freundgab es anfäng-lich eine Frau,die nichts mitTrixi zu tun ha-ben wollte: „Bei

meinem zweiten Besuch frag-te sie nach, ob der Hund dieganze Zeit über im Auto war-te. Seitdem kann ich ihn mit-bringen und sie sorgt immerdafür, dass sie ein Leckerchenfür Trixi bereit hält.“ Durchdie Tiere sei es auch einfa-cher, die Menschen zu einemSpaziergang aus der Woh-nung zu locken, frische Luftzu schnappen und sich kör-perlich zu bewegen. Auf ei-nem Spaziergang führt manoftmals intensivere Gesprä-che, der Augenkontakt, derteils konfrontativ empfundenwird, entfällt, aber die Bezie-hung wird stabiler. Mit einemMedium in der Mitte könnensich viele leichter öffnen.Manche Themen kommen di-rekt zur Sprache und könnendann behutsam aufbereitetwerden“, erläutert KatjaFreund. Besonders wertge-schätzt fühlen sich die Klien-ten, wenn sie mal alleine füreine Stunde auf den Hundaufpassen dürfen, etwa wenneine Mitarbeiterin einen an-deren Klienten zum Arzt be-gleitet. „Sie genießen dasVertrauen, dass wir ihnenentgegenbringen. Der „Ein-satz“ unserer vierbeinigenHelfer hat sich überaus be-währt. Die Hunde sind ausunserer Arbeit nicht mehrwegzudenken“, erzählt Betti-na Junker. So wächst dieHundebande im ZentrumSternstraße, die vom kleinenChihuahua bis zum großenNeufundländer reicht. Jüngs-ter im Bunde ist Labrador-Mix Friedel mit knapp einemJahr, die älteste ist KatjaFreunds Trixi mit zehn Jah-ren. br

Helfer aufvier Pfoten

Wenn es montags und don-nerstags um 8 Uhr an derSternstraße 23 klingelt, über-nimmt Tibet-Terrier Afia dieBegrüßung: Denn an diesenbeiden Tagen kommt Mannivorbei und die beiden legenerstmal eine ausgiebige Ku-schelrunde ein.

Betreutes Wohnen: Hunde als hilfreiche, sensible Begleiter

Mischling Afia steht gerne imMittelpunkt. Foto DW

Die Mitarbeiter von MobiFlex mit ihren vierbeinigen Begleitern. Foto DW

„Wo kommst Du denn her?“,fragt die alte Dame im Roll-stuhl erfreut. Gerade ist sievon einem Schläfchen amTisch erwacht und strecktnun die Hand nach Amadeusaus. Der achtjährige englischeSpringerspaniel nimmt dieseEinladung nur zu gerne anund holt sich ein paar Strei-cheleinheiten. Ein Leckerchenist natürlich ebenfalls nochdrin – eines von vielen an die-sem Tag.

Amadeus ist einer von der-zeit neun Besuchshunden imAltenzentrum Lünen. Schonals Welpe mit zwölf Wochenbegleitete er sein FrauchenSigrid Gosemärker und derendamaligen Besuchshundmanchmal zu deren wöchent-lichen Runden über die Stati-on. Der freundliche Rüdeschmeißt sich an alle ran, dieauch nur Blickkontakt zu ihmsuchen. „Das hat er hier ge-lernt, in der Fußgängerzoneist mir das manchmal pein-lich“, lacht Sigrid Gosemär-ker. Seit 15 Jahren gehörensie und einer ihrer Hunde zudiesem etwas anderen Be-suchsdienst.

„Die Idee hatte die damali-ge Pfarrerin, die ihren Hundmanchmal mit ins Atemzen-trum brachte“, erzählt die61-Jährige. Dort bemerktesie, dass ein Bewohner, dereigentlich nicht sprach, plötz-lich mit dem Vierbeiner kom-munizierte. Darauf setzte sichdie Pfarrerin mit einem Tier-arzt in Verbindung, und dersprach Hundebesitzer auf ei-nen Einsatz im Altenzentruman. Darunter war Siegrid Go-semärker. „Zuerst war mein

Mann mit dabei, doch für denwar das zu schwer, sich abzu-grenzen“, erzählt sie. DennHunde, Herrchen und Frau-chen werden auch mit denweniger schönen Seiten desAlters und dem Tod konfron-tiert. „Den Hunden macht dasnichts aus, aber als Menschmuss man schauen, ob mandas kann.“ Doch auch fürAmadeus und seine Kollegenist der Besuch anstrengend.Die Hände, die streicheln, dieungeteilte Aufmerksamkeit,die er den Personen schenkt,Feinfühligkeit – all das istrichtige Arbeit für den Rüden.„Amadeus trinkt immer viel,und nach 20 oder 30 Minutengehen wir wieder“, sagt dieBesitzerin dreier Hunde.

Wie muss ein Besuchshunddenn sein? „Menschenbezo-gen, freundlich und ausgegli-chen. Und wenn er dann nochverfressen ist, ist das auchnoch gut“, lächelt Sigrid Go-semärker. Sie bringt die Le-ckerchen für Amadeus selbermit. Die verfüttern die Senio-ren dann an den Rüden.

Mit leuchtenden Augen

Amadeus zaubert allen Be-wohnern ein Lächeln auf dasGesicht. Viele erzählen mitleuchtenden Augen die Ge-schichten von ihren eigenenVierbeinern: „Ich hatte maleinen Hund, der die Küheselbstständig in den Stallbracht.“ „Ich hatte als Jungefür drei Wochen einen Hund.Meine Mutter hat ihn wiederweggeben, weil ich michnicht drum gekümmert ha-be.“ „Ich habe immer Hundegehabt.“ Wer Angst hat, wirdin Ruhe gelassen – Amadeusist sensibel. „Alle unsere Hun-de sind ärztlich untersucht,entwurmt und entlaust“, be-tont Sozialarbeiterin GundelStrzedulla. Denn im Alten-zentrum dürfen Hunde auchins Bett. „Wir sind kein Kran-kenhaus, bei uns sollen dieBewohner das können, wassie auch Zuhause dürfen. Undviele nehmen ihren Hundauch mit ins Bett“, betont dieSozialarbeiterin. gl......................................................Wer Interesse hat, mit seinemHund am Besuchsdienst teilzu-nehmen, kann sich bei GundelStrzedulla unter Tel. (02306)8 44 77 22 melden. Hund und Be-sitzer werden von Sigrid Gose-märker intensiv eingearbeitet.

Amadeus istder Mittelpunktim AltenzentrumBesucher mit weichem Fell in Lünen

Rüde Amadeus in Aktion.

BLICKPUNKT BETREUUNGSFORMEN Tierische Begleiter sorgen für Abwechslung im Wohn-Alltag

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Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung#, Nr. #, 22. Woche

Diakonie Zeitung

Noch sitzen die diakonischenQuartiersmanagerinnen inprovisorischen Büros in Wi-ckede und Mengede, doch imHerbst sollen die Nachbar-schaftsagenturen ein Domizilin den Neubauten der DOGE-WO21 beziehen. Dort gibt esdann ein Büro als Anlaufstellefür die Mieter des Viertelsund Raum inklusive Küchen-zeile für Begegnungen.Das Kooperationsprojekt

mit der Wohnungsbaugesell-schaft startete Anfang desJahres und soll helfen, einelebendige Nachbarschaft zugestalten. So verstehen sichCelia Weber und Hanna Mül-ler als „Kümmerinnen vorOrt“. „Wir bieten unsere Un-terstützung an, damit aus Ide-en Taten werden“, sagt CeliaWeber. Als Koordinatorenkümmern sie sich um die ge-genseitige Unterstützung der

Menschen im Quartier, setzensich für mehr Miteinanderein. „Bei unseren Angebotenund Aktivitäten orientierenwir uns natürlich an denWünschen und Bedürfnissender Mieter“, ergänzt Hanna

Müller. Beide Frauen verste-hen sich als Anschieber vonInitiativen. Die Nachbar-schaftsagenturen sind natür-lich auch Anlaufstelle, wennes um die Vermittlung vonDienstleistungen oder Hilfs-

angeboten geht. So könnenEinkaufshilfen organisiertund Kontakte zu den Senio-ren- und Familienbüros her-gestellt werden. Wenn es umdie häusliche Pflege geht, be-raten die Quartiersmanage-

rinnen ebenfalls. Ziel des Pro-jektes ist es auch, dass dieMenschen in den barrierfrei-en Wohnungen möglichst lan-ge selbstständig leben kön-nen. „Unser Angebot richtetsich aber an alle Bewohnen –an Senioren, Behinderte, Fa-milien, Singles und Alleiner-ziehende“, sagt StellaSchlichting, damit kein Miss-verständnis aufkommt.

Bald neue Agenturen

Denn bei der Diakonie sinddie Nachbarschaftsagenturenin ihrem Fachbereich „Alten-hilfe“ angesiedelt, und mitden beiden Frauen gibt es re-gelmäßige Besprechungen ander Rolandstraße. Demnächstwird der Kreis größer – zeit-nah werden weitere Nachbar-schaftsagenturen in Wambel,Benninghofen und Löttring-hausen eröffnet. br

Nachbarschaftsagenturen: Kooperationsprojekt mit Wohnungsgesellschaft DOGEWO21

Mehr Leben vor der Haustür

Die Planungen rund um die Nachbarschaftsagenturen laufen auch Hochtouren. Foto Helmbold

Mit einer großen Feier in derKontaktstelle an der Stern-straße wurde Brunhilde Schä-fer Anfang März verabschie-det. 30 Jahre lang hatte dieHausfrau und Mutter als Eh-renamtliche im Kontaktclubgearbeitet. Nach Aktivitätenin der Friedensbewegung be-gann die 55-Jährige, sich fürpsychisch Kranke zu engagie-ren.Menschen wie Brunhilde

Schäfer, die sich längerfristigehrenamtlich einsetzenmöchten,sucht die Dia-konie. „Beider Arbeit mitpsychischKranken ist eswichtig, dasseine Vertrau-ensbasis ent-steht – unddie entwickelt sich nicht,wenn man nur sechs WochenZeit hat. Ein Jahr wäre schongut“, sagt Niko Schirmers (Fo-to), der die Kontaktstelle ander Sternstaße 23 und die Ta-gesstätte an der Sternstraße31 leitet.Derzeit arbeiten 13 Ehren-

amtliche in den KontaktclubsMitte und Süd. „Wir habenein buntes Spektrum, dasreicht vom Studenten der Re-ha-Pädagogik über eine Chef-Sekretärin bis hin zu einerHausfrau und Mutter, diejetzt – nachdem die Kindergroß sind – Sozialarbeit stu-diert“, berichtet Schirmers.Im Kontaktclub Mitte sor-

gen die Ehrenamtlichen mitt-wochs für das Frühstück (9

bis 11 Uhr) undsamstags richtensie in beidenClubs ein gemüt-liches Kaffeetrin-ken (14 bis 17Uhr) aus. Aberauch Ausflügewerden von denEhrenamtlicheneigenständig or-ganisiert, so ginges im April zurFrühlingsspa-ziergang in denRombergpark.Alle zwei Jahrewird eine Ur-laubsfahrt ange-boten, die dieTeilnehmer 2012für 14 Tage nachJuist führte. Aberauch Spiele, Vor-träge und Thea-terbesuche ste-hen auf dem Pro-gramm, das dieEhrenamtlichen anbieten.„Deshalb ist es wichtig, dass

Ehrenamtliche wenigstens al-le 14 Tage Zeit haben, sich zuengagieren“, erläutert Schir-mers. Ebenso müssten sie ein-planen, an den 14-tägig statt-findenden Teambesprechun-gen teilzunehmen. Darüberhinaus bietet die Diakonie re-gelmäßig Fortbildungen – ei-gene und von externen Ver-anstaltern – an.„Uns ist es wichtig, dass die

Ehrenamtlichen eigenverant-wortlich ihr Programm gestal-ten“, sagt Schirmers. Dennschließlich waren es Ehren-amtliche, die 1974 den ersten

Kontaktclub in Dortmundgründeten. Träger war einstdie Gesellschaft für seelischeGesundheit, deren Vorsitzen-de Brunhilde Schäfer einigeJahre war. 1992 übernahmdas Diakonische Werk dieTrägerschaft für die Kontakt-clubs und stattete sie mit 1,5Stellen für professionelle So-zialarbeit aus.Als dann 1998 die Tages-

stätte mit der Kontaktstellean der Sternstraße eröffnetwurde, war der Kontaktclubeine Ergänzung zum profes-sionellen Hilfsangebot. „DieEhrenamtlichen bringen mitihrer Lebenserfahrung und

-freude ein anderes Elementin die Arbeit ein, währendProfis immer auch einen the-rapeutischen Blick haben“, er-läutert Schirmers. Denn bei

diesem niedrigschwelligenAngebot gehe es darum, einStück Normalität zu leben,ein offener Treff für die Frei-zeit zu sein. br

Die Diakonie sucht Menschen, die sich ehrenamtlich für andere Menschen einsetzen wollen

Lebenserfahrung und Freude

Derzeit arbeiten 13 Ehrenamtliche in den Kontaktclubs Mitte und Süd. Fotos Helmbold/DW

Nicht nur in den beiden Kontaktclubs können Ehrenamtliche mitar-beiten, sondern bei zahlreichen weiteren Hilfsangeboten wie Asyl-verfahrensberatung, Bahnhofsmission, Bauschuldnerberatung, Be-treuung von Jugendlichen, Seniorenbüros und Brückentreff. Auf derInternetseite der Diakonie sind unter „Job Center – Ehrenamt“ alleBereiche – mit kurzen Beschreibungen – aufgelistet, in denen eh-renamtliches Engagement möglich ist. Betreut wird dieser Bereichvon Johanna Weber, die unter Tel. (0231) 549 42 83 oder per E-Mailan [email protected] zu erreichen ist.

www.diakoniedortmund.de

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Ehrenamt in der Diakonie

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Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung

#, Nr. #, 22. WocheDiakonie Zeitung

Das zeigt die Herner Fotogra-fin Brigitte Kraemer in ihrenBildern, von denen ein Teil inder Lüner St.-Georg-Kirche zusehen sein werden. „Im gutenGlauben“ lautet das Mottoder Schau – ein gleichnami-ges Buch der Fotografin istbereits auf dem Markt.

„Uns ist es wichtig, die Viel-falt des religiösen Lebens inder Region abzubilden“, be-tont Rüdiger Holthoff, Pfarreran der Stadtkirche St. Georg.Zum Jahresthema „Gottesfar-ben“ sind im zweiten Halb-jahr 2013 drei Ausstellungenin St. Georg geplant: Zum ei-nen geht es um das Weltethos– den Satz „Was du nichtwillst, was man Dir tu, dasfüg auch keinem anderen zu“– das sich in allen großen Re-ligionen findet. Im Anschlusszeigen dann die Bilder vonBrigitte Kraemer die religiöse

Vielfalt und zum Schluss derReihe zeigt ein Lüner Künst-ler seine Werke zum ThemaToleranz.Die Bilder von Brigitte Krae-

mer bilden die Gläubigen ver-schiedener Religion bei derAusübung ihrer Riten ab. Sosieht man beispielsweise Hin-dus, die sich in einem Flusswaschen. Ein Bild, das manaus Indien vom Ganges kennt– und doch ist es am Rhein-Herne-Kanal aufgenommen.„Darum geht es eben auch:Die Religionen kommen unsoft so weit weg vor und sind

doch ganz nah“, so Holthoff,den die Aufnahmen faszinie-ren.Die evangelische Kirche im

Stadtzentrum Lünens bietetlediglich Platz für einige Bil-der – die Auswahl ist nochnicht endgültig getroffen.Doch ein bisschen Zeit ist janoch, denn die Ausstellungöffnet am Sonntag, 15. Sep-tember, um 11 Uhr. Vorhergibt es um 9.30 Uhr einenGottesdienst mit einer Bilder-predigt. Zu sehen ist dieSchau bis zum 6. Oktober. gl

www.stadtkirche-luenen.de

Die Vielfalt der ReligionenEin Nikolaus in der U-Bahnoder Hindu-Pilger in Trance,ein Pfarrer, der ein Hausbootsegnet, oder ein Kopftuch-stand – die Aspekte des reli-giösen Lebens im Ruhrgebietsind vielfältig.

Ausstellung in der Stadtkirche St. Georg zeigt Gläubige im Ruhrgebiet

Rüdiger Holthoff

An der Klingelschildleiste feh-len Dutzende von Namen.Vor einem frisch verputztenHaus wirbt ein Anhänger fürexklusive Eigentumswohnun-gen. In einer entkerntenWohnung stapeln sich Bau-materialien. Neben Müllsä-cken und Kartons hockt eineFrau auf den Stufen undblickt in eine ungewisse Zu-kunft. Die fotografischen Mo-mentaufnahmen von JürgenEvert schärfen den Blick aufdie schleichenden Verände-rungen in der Metropolenre-gion Ruhr. Die großformati-gen Fotos zeigen die Schat-tenseiten von öffentlichenAufwertungsmaßnahmen immarktwirtschaftlichen Sys-tem. Mit Großprojekten wie

dem Hoerder Phoenixsee ent-stehen attraktive Freizeit-und Wohnflächen. Wo aberattraktiver Wohnraum ent-steht, da steigen Mieten undGrundstückpreise. Unbezahl-bar für viele. Wohnqualitätentscheidet sich im Geldbeu-tel. Die absehbare Folge ist ei-ne weitere „Entmischung“von Stadtteilen. Die wohlha-benden Bevölkerungsschich-ten siedeln im Süden, die ar-men ballen sich im Norden.Darf der öffentliche Raum

solche Inselbildungen von Le-bensqualität begünstigen?Welche Strategien gibt es fürein städteplanerisches Han-deln, um soziale Unterschie-de zu entschärfen? Die Aus-stellung „Lebensqualität im

Ruhrgebiet – für alle!?“ pro-voziert den Besucher mit Fo-tografien und zahlreichenGeografiken über die unglei-chen Entwicklungschancen inden Ruhrgebietsstädten. „Gu-ter“ Süden – „schlechter“ Nor-den, die grobe Einteilung gilt

für die Region, durch die Ver-kehrsader A 40 als ein Art So-zialäquator schneidet. Biszum 7. Juli wird die Wander-ausstellung in der KokereiHansa zu sehen sein.Ausstellung und Rahmen-

programm wurden von einem

fünfköpfigen Team vorberei-tet: Prof. Christa Reicher undProf. Dr. Susanne Frank vonder TU Dortmund, Prof. Dr.Martina Oldengott von derEmschergenossenschaft, Pfar-rerin Beate Brauckhoff vomEvangelischen BildungswerkDortmund und Jürgen Evert,Stadtbaurat der Stadt Lünena. D. „Bildungsoffensive amrechten Ort?!“ ist das Schwer-punktthema der DortmundStation. In zahlreichen Veran-staltungen und Fachvorträ-gen, unter anderem von Syl-via Lörmann, SchulministerinNRW, werden die Ansätze so-zialer Nachhaltigkeit und dieZiele der Stadtentwicklungs-und Bildungspolitik in denFokus gerückt.

Ausstellung in der Kokerei Hansa: Großes Rahmenprogramm mit Fachvorträgen und Veranstaltungen

„Lebensqualität im Ruhrgebiet – für alle!?“

Aus dem Blick des Stahlarbeiters auf seinen Arbeitsplatz wirdder Blick des Eigentümers auf den See. Foto Jürgen Evert

Bilder des Glaubens im Ruhrgebiet: Die Herner Fotografin Brigitte Kraemer stellt einen Teil ihrer Bilder in der Lüner St.-Georg-Kirche aus.

BLICKPUNKT AUSSTELLUNGEN Zwei spannende Bilderschauen in Dortmund und Lünen

Page 15: Diakonie Zeitung 10 - Mai 2013

Kultur und Kunst, vor allemMusik, aber auch das feineWort spielen in der diakoni-schen Arbeit eine große Rolle,sind Teil von Hilfe und Thera-pie. Nur spektakulär ist dasmeist nicht, aber verbreitetwirkungsvoll.

Geboren wurde die Ideezweier Musikprojekte im Um-feld des Ludwig-Steil-Hauses,einem sozialtherapeutischenWohnhaus für Suchtkranke inDortmund, wo ein hausinter-ner Chor das Singen schonpflegte. Weil es das Selbstbe-wusstsein stärkt, weil es Ge-meinschaft schafft und einenbunten, erfreulichen Akzentim Alltag der Menschen setzt.Wie wäre es, wenn wir mit er-fahrenen Musikern das Ganzeauf eine neueStufe stellen?„Wir habensofort ein po-sitives Echobekommen,von Mitarbei-tern wie Be-wohnern“,sagt HartwigSabacinski vom Steil-Haus.Zustimmung auch bei den an-gefragten Musikern.

Jürgen Kleinschmidt (kl. Fo-to li.), Sozialarbeiter und Lei-ter des renommierten Chores„CantaStrophe“, übernimmtdie Gesangsproben. Für dasBand-Projekt konnte BorisGott (Foto re.) gewonnenwerden, Liedermacher undAsphalt- Lyriker aus der Dort-munder Nordstadt. „Ich fühlemich geehrt“, sagt Boris Gott.„Mit Menschen etwas zu ma-chen, denen es momentan

nicht so gut geht, das ist dochcool für einen, dessen Liederauch von der Schattenseitehandeln.“ Repertoire, Kon-zept, Bandbesetzung? Gott istoffen für alles. „Bass, Gitarre,Schlagzeug wären natürlichnett.“ Für ihn sollte es darumgehen, miteinfachen Mit-teln Gefühleauszudrü-cken, ein he-rausragenderSaiten-Virtuo-se sei er selberschließlichauch nicht.„Wir können Songs nachspie-len, aber ich kann mir auchvorstellen, Texte von Bewoh-nern des Steil-Hauses in Lied-form zu bringen“, so BorisGott. Gemeinsam herauszu-finden, was möglich ist: Einespannende Sache, findet derLiedermacher. „Ich bin offen,ich werde keinerlei Druckaufbauen“, sagt auch JürgenKleinschmidt. „Wir wollenSpaß haben und kein Castingaufziehen.“ Ganz locker wirdsein Chor ausprobieren, wiees sich anfühlt, neben ande-

ren Menschen seine Stimmezu finden.

Motivierende Kraft

„Plötzlich merkt man, jawohl,ich kann das. Ich bin etwaswert, ich bin Teil dieses Cho-res“, weiß Kleinschmidt umdie motivierende Kraft desGesangs gefunden. „Instru-menten-Spenden sind unsherzlich willkommen“, gibtHartwig Sabacinski uns mitauf den Weg. Wir wünschenviel Spaß beim Musizieren.

„Ich bin so froh, dass ichwieder in einer Band spielenkann“, sagt Lisa H. Schlag-zeug ist ihre Leidenschaft –vor zehn Jahrn hat sie ange-fangen und schon in einigenPunk-Bands gespielt. Doch ir-gendwann mochte sie dieMusik nicht mehr. Dann wur-de sie psychisch krank, unddas Schlagzeug war nur nochfür den Hausgebrauch. „NicoSchirmers, von der Tagesstät-te Sternstraße machte michauf die neue DiakonieBandaufmerksam. Ich hatte plötz-lich Lust, mitzumachen“, er-zählt sie. Herzklopfen hattesie vor dem ersten Treffentrotzdem.

„Man wusste ja nicht, werda so kommt. Aber die Che-mie hat von Anfang an ge-passt“, erinnert sie sich. EinGlücksfall war ebenfalls, dassjedes Instrument der Bandauch einen Musiker fand. „Eshätten ja auch mehrereSchlagzeuger kommen kön-nen und kein Gitarrist“, sagtsie und freut sich, dass sich al-les so gut fügte. „Ein solchesAngebot hat schon lange ge-fehlt“, sagt Lisa H. „Es gibtzwar viele Sachen für psy-chisch Kranke, aber eben nurdas Übliche wie zum BeispielHolz- und Tonarbeiten. Dasmit der Band war eine gute

Idee.“ Die Schlagzeugerin be-stätigt aus dem eigenen Erle-ben, wie wichtig solche Pro-jekte sind. „Mir tut das wirk-lich gut. Ich gehe regelmäßighin, obwohl ich eigentlicheher jemand bin, der Sachenkurzfristig absagt.“ Wenn sievon der Probe komme, habesie das Gefühl, etwas ge-schafft und für sich getan zuhaben.

Menschen zusammenführen

Seit vergangenem Jahr gibt esin der Sucht und Wohnungs-hilfe das Chor- und Bandpro-jekt. „Musik ist eine guteMöglichkeit, Menschen derverschiedensten Hintergrün-

de zusammenzubringen“,sind sich die Mitarbeiter derDortmunder Wohnungslosen-hilfe einig. Und eben darumgeht es: Wohnungslose,Suchtkranke, Menschen mitpsychischen Einschränkun-gen und „normale“ Menschenzusammenzubringen. Beson-ders im Chor gibt es dafür vie-le Möglichkeiten, weil dortnaturgemäß mehr Menschenmitmachen. „Aber auch in derBand mischt sich das wirklichgut“, sagt Lisa H. „Bei derBand fasziniert mich, dass ob-wohl sich die meisten nichtgekannt und ganz unter-schiedliche Lebensgeschich-ten haben, alle wirklich aufei-nander hören.“

Alle 14 Tage proben die bei-den Gruppen. Die Band istmit so viel Spaß dabei, dasssich die Gruppe mit E-Gitarre,Klavier, Schlagzeug, Bass-Gi-tarre und Sänger auch dannzur Probe trifft, wenn Band-leader Boris Gott in den Ur-laub fährt,. Anders als beimChor müssen die Band-Musi-ker ihre Instrumente beherr-schen. Man muss kein eigenesInstrument besitzen, aberman muss es spielen können.

Band und Chor arbeiten aufweitere Auftritte hin. OhneZeitdruck, aber ernsthaft.„Angedacht ist ebenfalls, dassChor und Band gemeinsammusizieren. Am Lied ‚Sailing‘von Rod Stewart arbeiten bei-de derzeit“, ist aus gut unter-richteten Kreise zu hören.

Musik tut gutChor- und Bandprojekt für Suchtkranke und Wohnungslose

Für die sogenannten Klientender Diakonie sind die schönenKünste weit weg. Es geht umdie Bewältigung handfesterProbleme Tag für Tag, in derdiakonischen Arbeit bleibtkein Raum für Musen irgend-welcher Art. Falsch, ganzfalsch!

Chorleiter Jürgen Kleinschmidt und „CantaStrophe“ in Aktion. Fotos (4) DW

„Unkaputtbar“: Alle 14 Tage wird geprobt.

Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung#, Nr. #, 22. Woche

Diakonie Zeitung

Das Diakonische Werk Dortmund und Lünen gGmbH gründete imvergangenen Jahr einen Chor und eine Band, in denen musikalischinteressierte Dortmunder Bürger gemeinsam mit Suchtkranken undWohnungslosen singen bzw. musizieren. Beide Projekte entwickelnsich sehr erfolgreich und haben sich in der Zwischenzeit einen Na-men gegeben. Der Chor nennt sich „CHORiander“ und zählt 27Mitglieder. Die Band mit dem Namen „Unkaputtbar“ besteht bis-her aus sieben Mitgliedern. Chor und die Band proben in 14-tägi-gem Rhythmus in Räumen der Diakonie...............................................................................................................Hartwig Sabacinski (Chor), Tel. (0231) 557 76 10. Hilla Hörnschemeyer(Band), Tel. (0231) 584 49 60.

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„CHORiander“ und „Unkaputtbar“

Page 16: Diakonie Zeitung 10 - Mai 2013

Donnerstag, 30. Mai 2013Sonderveröffentlichung

#, Nr. #, 22. WocheDiakonie Zeitung

Das WICHERN Kultur- undTagungszentrum. Diese Ein-richtung hat seine Heimat seitmehr als zehn Jahren im „Wi-chernhaus“, ehemals Gemein-dezentrum und Kirche in derDortmunder Nordstadt. Derfrühere Kirchraum ist nachseinem Umbau Bühne undVeranstaltungsort für Thea-ter, (Kirchen-) Kabarett undComedy, für Musik und Fei-ern, für Tagungen und Treff-punkte. Viele Künstler undKünstlerinnen aus Dortmundund ganz Deutschland gabenhier bereits ihr Gastspiel. Einhauseigenes Theater bespieltdie Bühne mit jährlichen Pre-mieren, Schulen aus demQuartier führen ihre Theater-stücke auf. Kirchliche undstädtische Institutionen, Ver-

eine und soziale Projekte derNordstadt nutzen das Zen-trum für Zusammenkünfteund Veranstaltungen. Chöregeben Konzerte, Menschen

feiern Geburtstage, Jubiläen,Tauf- oder Hochzeitsfeiern.

Und nicht zu vergessen:Die „Suppenküche Wi-

chern“. Jeden Mittwoch um12 Uhr öffnen sich die Türendes WICHERN. Denn dannwird im Bühnensaal an ge-deckten Tischen eine kosten-lose warme Mahlzeit serviert.200 – 250 Menschen nehmendieses Angebot ein Mal wö-chentlich wahr. In diesemausschließlich von Ehrenamt-lichen verantworteten Projektwird diakonisches Engage-ment hautnah spürbar.......................................................So bunt wie der Stadtteil, so buntist auch das WICHERN Kulturzen-trum mit seinem Veranstaltungs-programm. Hier einige Höhepunk-te des restlichen Jahres 2013:› Freitag, 7.6, Samstag, 8.6.und Sonntag 9.6.: Theaterpre-

miere „Gott des Gemetzels“von Yasmina Reza› Sonntag,16. 6. | 18 Uhr:Chanson – Kabarett mit LeslieSternenfeld› Samstag, 22.6, Sonntag,23.6.: Familientheater ab 8Jahren – JugendensembleLampenfieber: „Herr der Die-be“ nach dem berühmtenBuch von Cornelia Funke› Samstag, 6. 7. | 20 Uhr: Co-medy – Frederic Hormuth:„Charaktersau sucht Trüffel-schwein“› 20. 9. | 20 Uhr: Comedy– Volker Diefes (Kommöd-chen): „Spass satt“› 30. 11. | 20 Uhr: Owie-lacht2013 – Wicherns alterna-tive Weihnachtsshow› 14. 12. | 20 Uhr: Musikali-sches Abschlussglanzlicht –Vocal recall: A cappella – Co-medy aus Berlin

Kleinkunst auf großer Bühne„WICHERN“ – Kultur und Tagungszentrum in der Dortmunder Nordstadt mit dickem Touch Kirche und Diakonie

WICHERN, das ist ein klangvol-ler Name mit langer Tradition.Benannt nach dem „Urvater“der Diakonie, Johann HinrichWichern, steht der Name fürein besonderes Kulturprojektin Trägerschaft des Diakoni-schen Werkes Dortmund,

Feste Institution in der Dortmunder Kulturszene: Das WICHERN im Norden. Foto DW

Am 16. Juni im WICHERN: Leslie Sternfeld Foto DW

Einmal jährlich wird im WI-CHERN der Dortmunder Kaba-rett- und Comedy-PoKCal ver-liehen. 2013 gewann Lars Red-lich aus Berlin. Foto DW