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HEFT 23, Herbst 2003 Inhalt Übersicht Adhäsivsysteme für zahnfarbene plastische Füllungsmaterialien Die Endoskopie in der endodontischen Chirurgie Adhäsive Endodontie Kursberichte Jörg Richter, Lembach Prof. Urs Belser, Günzburg Burkhard Hugo, Hamburg Thommy Clauder, Altenholz Mitglieder

NEUE GRUPPE NEWS - Heft 23 - Herbst 2003

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TRADITION+INNOVATION

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HEFT 23, Herbst 2003

Inhalt

Übersicht Adhäsivsysteme für zahnfarbeneplastische Füllungsmaterialien

Die Endoskopie in der endodontischenChirurgie

Adhäsive Endodontie

Kursberichte

Jörg Richter, Lembach

Prof. Urs Belser, Günzburg

Burkhard Hugo, Hamburg

Thommy Clauder, Altenholz

Mitglieder

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PANORAMA DER ÄSTHETIK

Begleiten Sie mich heute auf eine Reise durch das Land der Ästhetik!Genießen Sie mit mir von einem Plateau der Alpen aus diesen herrlichenBlick im Morgenlicht. Fortlaufende Bergketten schließen sich zu einemfaszinierenden Panorama. So gesehen repräsentieren verschiedene Fach-richtungen ähnlich den ineinander übergehenden Bergketten das Programmder diesjährigen Herbsttagung der Neuen Gruppe mit dem Titel “Panoramader Ästhetik”. Erst durch das Zusammenspiel der einzelnen Disziplinenentsteht ein optimaler Behandlungserfolg - Schöne Zähne in einem schönenGesicht.

Die Kieferorthopädie, die Plastische Parodontale Chirurgie, die PlastischeChirurgie und die Kunst der Visagisten sind ein maßgeblicher Teil desPanoramas. Nach eingehender Diagnose werden die einzelnen Behand-lungsschritte einer erfolgreichen Therapie interdisziplinär vorausgeplantund mit den Patienten ausführlich besprochen.

Kieferorthopädische Maßnahmen sind heute Teil des Therapiespektrumseiner nach funktionellen und ästhetischen Gesichtspunkten ausgerichtetenVersorgung. Leider werden dabei oft die Zähne nur im Bogen in eineReihe reguliert, ohne die Veränderungen auf das ganze Gesicht zu berück-sichtigen. In jedem Lebensalter sind Zahnregulierungen eine fantastischeMöglichkeit, Disharmonien auszugleichen und das Erscheinungsbild derPatienten positiv zu verändern.

Die Plastische Parodontale Chirurgie gewinnt nicht zuletzt durch den Ein-satz des Mikroskops und extrem feiner Nahtmaterialien immer mehr anBedeutung. Minimal invasive Vorgehensweisen können den perfektenRahmen für natürliche Zähne und Restaurationen schaffen. Ganz besonderserfreulich sind bei entsprechender Indikation Wiederherstellungen verlorengegangener Gingivabereiche im parodontal geschwächten Gebiss, wiePapillenverlust und weit freiliegende Zahnhälse.

Durch stetig wachsendes Interesse an einem attraktiven Äußeren kommtder Plastischen Chirurgie eine immer größere Bedeutung zu. Auch hier“gehören heute insbesondere gering invasive Operationstechniken sowieneue Methoden der Augmentationstechnik und der Oberflächentherapiezu den Errungenschaften, die die heutigen Vorstellungen und Wünschezeitgemäß und erwartungsgerecht umsetzen.”1 Dabei muss gesagt werden,dass operative Eingriffe zielgerichtet das Wesen der Persönlichkeit unter-streichen und nicht verändern sollten.

1 Sattler, Gerhard

Editorial

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Schließlich rundet die Kunst der Visagisten das Spektrum ab. Eine natür-liche, typgerechte Ausstrahlung ist das Ziel einer modernen Visagistik.Beeindruckende Techniken sind heute unter anderem das Injizieren vonFarbpigmenten aus Pflanzenfarbstoffen in oberflächliche Hautschichten.

Eine weitere Facette eröffnet das Tätigkeitsfeld des Maskenbildners. Hierist alles denkbar, der plastische Chirurg, der Zahntechniker, der Visagist,der Bildhauer, der Künstler und der Chemiker wirken zusammen, um fürdie kurze Zeit des Auftritts eines Schauspielers die äußere Form einerbestimmten Charakterrolle entstehen zu lassen. ( In der Schule würde eswahrscheinlich heißen: “Thema ziemlich verfehlt!!! Dein Denkanstoß hataber den richtigen Ansatz...” )

Im Panorama der Ästhetik kommt der Zahnmedizin eine Schlüsselrolleund eine beglückende Aufgabe zu, wenn es darum geht, das Selbstbe-wusstsein unserer Patienten zu stärken. Dabei ist die Gratwanderungzwischen Seriosität und Zahnkosmetik/Zahnwellness zwar schmal, aberdennoch einzuhalten. Die Brille, durch die unsere Patienten gesehenwerden wollen, muss der Sicht entsprechen, die wir mit den ethischenPrinzipien unseres Berufes vereinbaren können. Weitwinkel ist dabeiwünschenswert, um alle Facetten zum Strahlen zu bringen. Diese Sicht-weise ist schon immer das Prädikat der Neuen Gruppe gewesen.

Dr. Rose Marie LohmillerPräsidentin der Neuen Gruppe

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NEUE GRUPPE

Übersicht Adhäsiv-systeme für zahnfarbeneplastische Füllungs-materialien

vonUwe Blunck

Berlin

Das Angebot an Adhäsivsystemen ist umfangreich und recht verwirrendfür den Anwender. Vor allem die Neuentwicklungen der sogenannten All-in-one-Adhesives werden angepriesen für eine zeitsparende Anwendungund als die Lösung der Probleme dargestellt, die wir von der Total-Ätz-Technik kennen.

Im folgenden soll ein Überblick gegeben werden über die verschiedenenGruppen von Adhäsivsystemen und die Frage diskutiert werden, welcheder Gruppen für den routinemäßigen Einsatz sinnvoll sind und was beider Anwendung beachtet werden muss.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine sichere Haf-tung an der Zahnhartsubstanz zu erreichen?

Zum Aufbau einer wirksamen Haftung an der Zahnhartsubstanz benötigenwir eine mikromechanische Retention über Mikroporositäten und raueOberflächen. In diese dringt ein Adhäsiv ein, das dünnfließend ist undgute benetzende Eigenschaften hat, um die Rauigkeiten der Oberflächeauszufüllen. Grundforderungen für die Haftung sind somit

● eine möglichst große, ● eine retentive und ● eine benetzbare Haftfläche,

um dauerhaften Erfolg einer Adhäsion zu erzielen. Somit muss das Zieljeglicher Vorbehandlung von Zahnhartsubstanz darin liegen, diese For-derungen zu erfüllen.

Im Schmelz erreichen wir diese Vorgaben durch den Einsatz von Phosphorsäurein Gelform mit Konzentrationen von 15 % bis ca. 40 %, die für 15 bis 60 sappliziert werden, um danach mit einem kräftigen Wasserspray zusammen mitden entstehenden Präzipitaten entfernt zu werden. Sichtbar wird dann das Ätz-muster im Schmelz nach der Trocknung durch seine milchig-trüb und opak erschei-nende Oberfläche. Zur sicheren Erzielung eines Ätzmusters ist die Anschrägungder Kavitätenränder im Schmelz nötig, um auf diese Weise die Schmelzpris-men quer zu treffen. Damit die volle Benetzbarkeit dieses Ätzmusters erhaltenbleibt, muss es durch sichere Trockenlegung vor Speichel, Blut und Sulkus-Fluidgeschützt werden. Wenn nämlich die hoch reaktive Schmelzoberfläche verun-reinigt wird, kann das dünnfließende Adhäsiv nicht in die retentive Oberflächeeindringen und es wird somit der Erfolg der Haftung in Frage gestellt.

Im Dentin ist es etwas aufwendiger, eine sichere Haftung zu erzielen. DerGrund dafür liegt in zwei Fakten:

● das Dentin ist durch die mit Dentinliquor gefüllten Dentintubuli alshydrophil einzuschätzen und stellt damit für das von seinerchemischen Struktur hydrophobe Komposit keine ideale Kontakt-fläche dar und

● bei jeder mechanischen Bearbeitung entsteht eine Schmierschicht,die den Kontakt mit dem kompakten Dentin verhindert.

Durch den Einsatz von hydrophilen Primern kann das erste Problem erfolg-reich gelöst werden. Die Schmierschicht kann durch zwei unterschiedlicheStrategien überwunden werden. Durch den Einsatz von Säure im Sinneder Total-Ätz-Technik kann sie vollständig entfernt werden oder durch dieApplikation von sauren Monomerlösungen kann sie aufgelöst und durch-drungen werden, ohne sie wegzuspülen.

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Bei der Total-Ätz-Technik, also der Applikation von Phosphorsäure aufSchmelz und Dentin in einem Arbeitsschritt, bewirkt die Säure neben derEntfernung der Schmierschicht auch eine Demineralisation des Dentins.Im intertubulären und peritubulären Dentin werden die Hydroxylapatit-kristalle aus dem Kollagennetzwerk herausgelöst, so dass die Kollagen-fasern freigelegt werden. Das Kollagennetzwerk kann dann von einemhydrophilen Monomer durchdrungen werden. Dazu darf es allerdingsnicht kollabieren oder verkleben, denn nur, wenn das hydrophile Monomerin das Netzwerk bis in die tiefen, nicht durch die Konditionierung ver-änderten Dentinbereiche penetrieren kann, wird eine mikromechanischeVerankerung in der sogenannten Hybridschicht erreicht. Diese Schichtwird durch ein Adhäsiv stabilisiert, das auch die Tubulisysteme auffülltund somit die Dentinoberfläche versiegelt. Nach einer Phosphorsäure-Ätzung muss sichergestellt sein, dass dieMonomersysteme bis in die tiefsten demineralisierten Areale diffundierenkönnen, wobei es durchaus nicht auszuschließen ist, dass die Diffusions-front des Monomers die Demineralisationsfront der Phosphorsäure nichtvollständig erreicht. Dieses Problem wird in der anderen Strategie der Schmierschicht-Behand-lung gelöst, den selbstätzenden Systemen, bei denen saure Monomer-lösungen eingesetzt werden, die in der Lage sind, die Schmierschichtanzulösen und aufzulockern, so dass sie direkt an die Zahnhartsubstanzvordringen können, um dort Schmelz und Dentin zu demineralisieren.Gleichzeitig dringt in diese konditionierten Bereiche das Monomer ein,so dass Demineralisationsfront und Diffusionsfront der Monomer identischsind.

Zusammenfassend gehören also folgende Schritte zum Aufbau einerHaftung an Schmelz und Dentin:

● die Oberflächenveränderung der Zahnhartsubstanz durch Säurenoder saure Primer, die Schmelz und Dentin demineralisieren unddabei im Dentin das Kollagennetzwerk freilegen,

● die Applikation eines hydrophilen Primers, der entweder in dasdurch Phosphorsäure konditionierte Dentin und in die eröffnetenTubuli diffundiert oder der selbst so sauer eingestellt ist, dass erohne vorherige separate Ätzung in das Dentin diffundieren kann,sowie

● die Applikation eines Adhäsivs, das sich mit dem Primer vermischtund es zur Hybridschicht stabilisiert; es dient somit als Bindegliedzum anschließend applizierten Komposit. Die Aufgabe desAdhäsivs ist dabei, eine glatte Oberfläche zu schaffen, um einebessere, luftblasenfreie Adaptation des Füllungsmaterials zuermöglichen.

Welche Gruppen von Adhäsivsystemen gibt es ?

Die vier Arbeitsschritte:

● Konditionierung des Schmelzes, ● Konditionierung des Dentins,● Dentinpriming (Applikation eines hydrophilen Monomers zur

besseren Benetzbarkeit des Dentins) und ● Applikation eines Adhäsivs (Stabilisierung der Hybridschicht,

Verbindung zum Komposit und mikromechanische Verankerung imÄtzmuster des Schmelzes)

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werden von den verschiedenen angebotenen Adhäsivsystemen in unter-schiedlichem Maße realisiert (Grafik 1). Dabei ist zu erkennen, dass dieverschiedenen Adhäsivsysteme die vier Arbeitsschritte in unterschiedli-chem Maße kombinieren, um die Anwendung zu vereinfachen.

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Schmelz-kondition-nierung

Dentin-kondition-nierung

Dentin-priming

Adhäsiv

Gluma

Syntac

A.R.T.Solobont

SolobondOptibondAdper Scotchbond MPGluma

Prime & BondSyntac

OneOptibondPrime & BondAdper Scotchbond 1SolobondExcit

AdheSAquaPrime & MonoClearfill Linerb. 2VClearfill SEContaxNRC /P&B

FuturabondAdper Prompt L-PopXenoOne up BondAQiBond

P&B NT/Dyract

Adper Prompt L-PopXeno

Mehr-Flaschen-Systeme

Dentin-konditionierende

Adhäsive

Mehrschicht-Applikation

Zwei-Schritt

Einschicht-Applikation

Total-Ätz-Technik

All-in-one-Adhäsive

Adhäsivsystemefür Kompomere

Schmelz- u. Dentin-konditionierendeAdhäsive

Ein-Flaschen-systeme

Drei-Schritt-Systeme

Syntac Classic (Ivoclar Vivadent) fasst die Dentin-Konditionierung unddas Dentinpriming zusammen. Solche Systeme werden dentinkondi-tionierend genannt, da dem Primer saure Komponenten beigemischt sind,die die Schmierschicht modifizieren und das Dentin demineralisieren. DieProdukte A.R.T. Bond (Coltène) und Solobond Plus (Voco) besitzen eben-falls dentinkonditionierende Primer. Anschließend wird ein Adhäsivappliziert, das die chemische Verbindung zum Komposit aufbaut.In einer weiteren Gruppe von Adhäsivsystemen wird eine Vereinfachungder Anwendung erreicht durch eine gleichzeitige Konditionierung vonSchmelz und Dentin. Diese Arbeitsweise wird Total-Ätz-Technik genanntund ist sinnvoll, da die exakte Unterscheidung bei der getrennten Appli-kation der Konditionierungsmittel für Schmelz und Dentin in vielen klini-schen Situationen äußerst schwierig ist. Ein Ätzmittel muß im Schmelz eindeutliches Ätzmuster, erkennbar an einer milchig-trüben Oberfläche,erzielen, darf gleichzeitig aber nicht aggressiv auf das Dentin wirken,um dessen Kollagennetzwerk nicht zu zerstören. Deshalb wurdenschwächere Säuren eingesetzt, bei denen allerdings das Resultat der

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Schmelzätzung nicht immer deutlich genug erkennbar ist. So kommen inden Produkten der oben genannten Gruppe zur Zeit 15- bis 37%ige Phos-phorsäuren zum Einsatz. Zur Schonung des Kollagens im Dentin werdensie nur kurzzeitig (15 bis maximal 20 s) auf dem Dentin eingesetzt.Innerhalb der Gruppe von Adhäsiven, die in Kombination mit der Total-Ätz-Technik eingesetzt werden, gibt es weitere Untergruppen (s. Tabelle 1).

Systeme mit

dentinkonditionierenden

Primern

(alleinige Schmelzätzung)

Systeme für die

Total-Ätz-Technik

(Schmelz- und Dentinätzung in

einem Arbeitsschritt)

Systeme mit

schmelz- und dentin-

konditionierenden Primern

(ohne getrennte

Säurevorbehandlung)

Primer zum Anmischen:A.R.T. Bond

(Coltène)Ecusit Primer/Mono

(DMG)Solobond Plus

(Voco)

Primer gebrauchsfertig:Syntac Classic

(Ivoclar Vivadent)*

OptiBond FL*(Kerr)

* Eigentlich ein Totalätz-system; saurer Primerkann aber auch alsdentinkonditionieren-der Primer eingesetzwerden

Drei-Schritt-Systeme(Ätzung / Primer / Adhäsiv):

Adper Scotchbond MP(3M Espe)

Gluma Solid Bond(Heraeus Kulzer)

OptiBond FL(Kerr)

Solobond Plus (Voco)

Syntac Classic(Ivoclar Vivadent)

Zwei-Schritt-Systeme(Ätzung / Primer-Adhäsiv)

Admira Bond(Voco)

Adper Scotchbond 1(3M Espe)

Excite(Ivoclar Vivadent)

Fantestic Flowsive(R-Dental)

Gluma Comfortbond +Desensitzer

(Heraeus Kulzer)Gluma One Bond

(Coltène)OptiBond Solo Plus

(Kerr)PQ1

(Ultradent)Prime & Bond NT

(Dentspy De Trey)Solobond Mono

(Voco)

getrennte Applikation vonPrimer und Adhäsiv

Primer zum Anmischen:Clearfil Liner Bond 2V

(Kuraray)Resulcin AquaPrime &MonoBond

(Merz Dental)

Primer gebrauchsfertig:AdheSE

(Ivoclar Vivadent)Clearfil SE Bond

(Kuraray)NCR + Prime & Bond NT

(Dentsply DeTrey)OptiBond Solo PlusSelf-Etch Adhesive Syst.

(Kerr)

All-in-one-Adhäsive

mit Anmischen,Zweimalapplikation:Etch&Prime 3.0

(Degussa)Futurabond

(Voco)

mit Anmischen,Einmalapplikation:Adper Prompt L-Pop

(3M Espe)One Up-Bond F

(Tokuyama)Xeno III

(Dentsply DeTrey)

GebrauchsfertigEinmalapplikation:AQ-Bond

(Sun Medical)iBond

(Heraeus Kulzer)

in Kombination mit Kompomeren:Compoglass SCA

(Ivoclar Vivadent)Prime & Bond NT

(DeTrey)Adper Prompt L-Pop

(3M Espe)Xeno III

(DeTrey)

Die Adhäsivsysteme Adper Scotchbond Multi Purpose (3M Espe), GlumaSolidbond (Heraeus Kulzer) und Optibond FL (Kerr) bestehen aus dreiKomponenten, nämlich einem Ätzgel, einem Primer, der in das Kollagen-netzwerk, das durch die Konditionierung freigelegt worden ist, eindringtund dadurch die Benetzbarkeit erhöht für die dritte Komponente, dem

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Adhäsiv. Daher werden diese Produkte auch „Drei-Schritt-Systeme“genannt. In diese Gruppe gehört aber auch das Produkt Syntac Classic(Ivoclar Vivadent), das, obwohl eigentlich als dentin-konditionierndesSystem gedacht, auch in Kombination mit der Total-Ätz-Technik erfolg-reich eingesetzt werden kann.

Zur weiteren Vereinfachung wurden die sogenannten ”Ein-Flaschen-Adhäsive” in Kombination mit der Total-Ätz-Technik entwickelt, die beson-dere Beachtung im Zusammenhang mit der Entwicklung der Kompomerebekamen. Kompomere sind modifizierte Kompositmaterialien und ent-wickeln ebenfalls keine eigenständige Haftung an der Zahnhartsubstanz.Da also ein Adhäsivsystem zur Anwendung der Kompomere unbedingterforderlich ist, sollte dieses allerdings nicht wie bei den bisherigenSystemen durch viele Einzelschritte gekennzeichnet sein. Schließlichwurden ja die Kompomere entwickelt, um Füllungstherapie mit wenigerAufwand als bei den Kompositmaterialien durchführen zu können.Eine sichere Haftung zur Zahnhartsubstanz wird bei den Ein-Flaschen-Systemen in Kombination mit Kompositmaterialien erst nach einerKonditionierung von Schmelz und Dentin mit Phosphorsäure im Sinne derTotal-Ätz-Technik erreicht, während sie in Kombination mit Kompomerenauch ohne die vorherige Ätzung eingesetzt werden können.

Die ersten sogenannten ”Ein-Flaschen-Adhäsive”, Prime & Bond 2.1(DeTrey Dentsply) und Syntac Single Component (Ivoclar Vivadent), beidenen die Flüssigkeiten zweimal appliziert werden mussten und somit inder ersten Schicht eher als Primer, in der zweiten Schicht eher als Adhä-siv wirkten, werden nicht mehr angeboten. Die aktuell angebotenen ”Ein-Flaschen-Adhäsive” (siehe Tabelle 1) können als ”Zwei-Schritt-Systeme”bezeichnet werden, da sie nach der Konditionierung von Schmelz undDentin im Sinne der Total-Ätz-Technik im zweiten Arbeitsschritt in nur einerSchicht appliziert und anschließend ausgehärtet werden. Bei diesen Syste-men wird somit die Funktion des Primers, also möglichst dünnfließend zusein, um in die konditionierte Dentinoberfläche eindringen zu können,und die des Adhäsivs, also etwas dickfließender oder gar gefüllt zu sein,um eine glatte Oberfläche zu schaffen, zusammengefasst. Daher müssendie Monomermischung und das Lösungsmittel so aufeinander abgestimmtsein, dass eine Infiltration in das Kollagengeflecht optimal erfolgen kann.Diese Infiltration in das Kollagennetzwerk kann durch ein übermäßigesTrocknen des Dentins nach der Konditionierung eingeschränkt werden,da das Kollagennetzwerk beim Austrocknen zusammenfällt.

Um diese technik-sensible Anwendung bei der Ätzung des Dentinsbezüglich der Gefahr eines Kollaps des Kollagennetzwerkes zu umgehen,sind Primer entwickelt worden, die so sauer eingestellt sind, dass sie inder Lage sind, Schmelz und Dentin zu ätzen und gleichzeitig in diekonditionierten Oberflächen einzudringen. Somit ist die Demineralisations-front durch die Säure identisch mit der Tiefe der eingedrungenen Monomer-systeme.Die nach diesem Prinzip funktionierenden Adhäsivsysteme können unter-teilt werden in eine Gruppe, die in Form von zwei nacheinander aufzu-tragenden Lösungen angewendet werden und solche, die in einer Lösungappliziert werden (s. Tabelle 1). In der erst genannten Gruppe wirdzunächst ein selbst-konditionierender Primer auf Schmelz und Dentinappliziert und im Luftstrom getrocknet, bevor im zweiten Schritt das Adhäsivaufgetragen und lichtgehärtet wird. Die ersten selbst-konditionierendenPrimer mussten wegen der ungenügenden Stabilität der Monomere imsauren Milieu aus zwei Fläschchen angemischt werden (Beispiele: Clearfil

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Liner Bond 2V, Resulcin Aqua Prime & Monobond). Bei neueren Produktenkommen gebrauchsfertige Primer zum Einsatz (Beispiele: AdheSE, ClearfilSE Bond, Contax, NRC + Prime & Bond NT, OptiBond Solo plus Self-EtchAdhesive System). Diese enthalten selbst-konditionierende Monomere,die ausreichend hydrolysestabil sind.

Bei den selbst-konditionierenden Primer-Adhäsiven, die auch All-in-one-Adhäsive (s. Tabelle 1) genannt werden, wird nur eine Lösung appli-ziert. Sie enthalten eine ausgewogene Mischung von hydrophilen undhydrophoben Monomeren und sind sauer, so dass sie neben der Funktiondes Adhäsivs gleichzeitig auch die des Ätzmittels und des Primers erfüllen.Während die ersten All-in-one-Adhäsive (Beispiele: Etch&Prime 3.0, Futura-bond) aus zwei Fläschchen gemischt und in zwei Lagen aufgetragen undausgehärtet werden mussten, genügt bei neueren Präparaten eine ein-malige Applikation. Einige davon werden nach wie vor aus zwei Lösungenangemischt, von denen eine die Monomere und die andere hauptsächlichWasser enthält (Beispiele: Adper Prompt L-Pop, One Up-Bond F, Xeno III).Diese Darreichungsform ist erforderlich, wenn die selbst-konditionierendenMonomere im sauren Milieu nicht ausreichend lagerstabil sind. Nochweiter vereinfacht ist die Anwendung von gebrauchsfertigen selbst-konditionierenden Monomermischungen für die Einmalapplikation(Beispiele: AQ-Bond, iBond).

Unterscheiden sich die Adhäsivsysteme bezüglich ihrer Wirksamkeit?

Bei der Durchsicht der Literatur können vier Gruppen voneinander unter-schieden werden, die auch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit unterschiedlichbewertet werden. Die höchsten Haftwerte und die sichersten Randver-hältnisse werden mit den Drei-Schritt-Adhäsivsystemen in Kombination mitder Total-Ätz-Technik erzielt (Inoue S et al. 2001; Haller B & FritzenschaftA 1999; Frankenberger R et al. 1999; Moll K et al. 2002; Tjan AHL etal. 1996). Als sogenannter Goldstandard werden dabei Syntac Classicund OptiBond FL am häufigsten in den Studien eingesetzt. GeringereHaftwerte, vor allem aber differierende Ergebnisse und größere Streu-ungen in den Resultaten werden für Ein-Flaschen-Adhäsivsysteme gefunden,die in Kombination mit der Total-Ätz-Technik eingesetzt werden (MiyazakiM et al. 1998; Frankenberger R 2002; Frankenberger R et al. 2001;Blunck U & Roulet JF 2002). Hier stellt sich das Problem, dass dieseMonomermischungen in einer Lösung die beiden Funktionen, also in dasdurch Säureapplikation vorbehandelte Dentin einzudringen und gleich-zeitig nach Aushärtung eine glatte Oberfläche zur besseren Adaptationdes Füllungsmaterials zu erzielen, erfüllen müssen. Auch in der Gruppe der selbst-ätzenden Adhäsivsysteme werden durchdie Applikation von zwei nacheinander aufzutragenden Lösungen (Primerund Adhäsiv) höhere Haftwerte und in der Regel auch bessere Randver-hältnisse gefunden im Vergleich zu den All-in-one-Adhesives. Diese werdenin In-vitro-Studien als weniger zuverlässig bewertet im Vergleich zu denselbst-ätzenden Adhäsivsystemen, die in zwei getrennten Lösungen auf-getragen werden. (Inoue S et al. 2001; Moll K et al. 2002; Nikaido Tet al. 2002; Frankenberger R et al. 2001; Kaaden C et al. 2002; RosaBT & Perdigao J 2000; Spohr AM et al. 2001) Es bleibt abzuwarten, ob nicht langfristig der Aspekt der Zeitersparnisvon ca. 30 bis 60 s verglichen mit den Total-Ätz-Technik-Systemen wenigerentscheidend ist als der dauerhaft sichere Randschluss einer Füllung. Leiderjagen sich die Marketing-Abteilungen der Firmen und viele Zahnärztegegenseitig immer weiter in Richtung Vereinfachung der Anwendung, die

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in immer kürzerer Zeit zu einem Erfolg führen soll. Aber wieviel Zeit ver-lieren wir bei der Wiederholung einer Restauration, die z.B. wegen post-operativer Sensibilitäten erneuert werden muss. Ganz abgesehen vonder Skepsis, die dadurch bei einem Patienten unserer Arbeit gegenüberaufkommen könnte.

Sind selbst-ätzende oder Total-Ätz-Technik-Systeme vorzuziehen?

In der Werbung wird suggeriert, dass durch die Entwicklung der selbst-ätzenden Systeme die Probleme der Adhäsivtechnik gelöst sein. Und inder Tat bestätigen viele Kollegen, dass weniger Patienten unter soge-nannten postoperativen Sensibilitäten leiden, seit sie die Total-Ätz-Technikverlassen hätten. Als entscheidendes Verkaufsargument spielt sicherlichder Zeitaspekt eine große Rolle. Durch den Wegfall der ArbeitsgängeSäureapplikation, Absprühen und Trocknen werden ca. 30 bis 60 s ein-gespart. Außerdem entfällt die Problematik, die beiden Zahnhartsub-stanzen Schmelz und Dentin unterschiedlich lange ätzen und nach demAbsprühen auf den richtigen Feuchtigkeitsgrad im Dentin achten zu müssen.Das alles übernimmt die saure Monomerlösung selbständig. Dennoch gibt es auch bei den selbst-ätzenden Systemen durchausProbleme. Häufig wird die Ätzwirkung im Schmelz als unsicher angesehen.Es konnte allerdings gezeigt werden, dass auch bei weniger deutlich aus-geprägtem Ätzmuster die Haftwerte denen von mit Phosphorsäureangeätztem Schmelz entsprechen (Hannig M et al. 1999; Ibarra G et al.2002; Perdigão J et al. 2000; Toledano M et al. 2001). Allerdings beziehtsich das nur auf präparierten Schmelz. Vor der Anwendung bei derFissurenversiegelung oder bei der Anwendung zur Formveränderung ohnePräparation des Zahnes wird gewarnt (Pashley DH & Tay FR 2001). Esgibt natürlich die Möglichkeit, vor der Anwendung eines selbst-ätzendenPrimers den Schmelz mit Phosphorsäure zu ätzen. In einer Kavität mitDentinbeteiligung ist dann allerdings nicht auszuschließen, dass auch -eventuell vollkommen unbeabsichtigt und unbemerkt- Dentin mit Phos-phorsäure geätzt wird. Dann allerdings kommen dieselben Probleme zurWirkung wie bei der Total-Ätz-Technik, so dass dann eben auch eine Aus-trocknung des Dentins vermieden werden muss, da sonst die Primer-penetration, auch die eines sauren Primers, eingeschränkt sein kann. Bei der Total-Ätz-Technik besteht ja gerade hierin das Problem, dass dernach der Ätzung applizierte Primer bis in die tiefsten demineralisiertenBereiche eindringen muss, um eine sichere Verbindung durch Bildungeiner vollständigen Hybridschicht aufzubauen. Gründe für eine nicht voll-ständige Penetration können in einer zu starken Trocknung des geätztenDentins liegen oder in einer nicht ausreichend langen Einwirkzeit desPrimers. Sinn der selbst-ätzenden Primer ist ja gerade, dass Deminerali-sations- und Diffusionsfront identisch sind. Dennoch können auch beidiesen Systemen in den tiefsten Bereichen der Hybridschicht bei zu kurzerTrocknungsphase des Primers Reste des Lösungsmittels zurückbleiben. Dadiese Systeme nur in wässriger Lösung sauer sind und Wasser nicht geradeals leicht flüchtig eingeschätzt werden kann, ist eine unzureichende Poly-merisation der Monomersysteme möglich. Wegen der beabsichtigtenSäurewirkung sind die selbst-ätzenden Systeme als deutlich hydrophilereinzuschätzen, was zur Folge hat, dass sie auch eher hydrolyse-anfälligersind und Wasser aufnehmen. Dadurch wiederum kann es zu Pigment-einlagerungen kommen, die gelegentlich zu Farbveränderungen im Rand-bereich von Füllungen führen (Burrow MF et al. 1999).

Ein weiteres Problem liegt in der geringeren Haftung an stärker minera-lisiertem Dentin wie es am sklerosierten Dentin von Zahnhalsdefekten oder

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im Bereich des Kavitätenbodens an kariös-verändertem Dentin anzutreffenist. Studien haben gezeigt, dass in diesen Fällen Total-Ätz-Technik-Systemehöhere Haftwerte erzielen (Yoshiyama M et al. 2000; Yoshiyama M etal. 2002; Nakajima M et al. 1999; Tay FR et al. 2000). Diesen Nach-teil kann man umgehen durch verlängerte Einwirkzeit des Primers imkariös veränderten Dentin und durch „Anfrischen“ der Dentinoberflächemit einem Rosenbohrer oder Finierdiamanten bei der Versorgung vonZahnhalsdefekten, die eigentlich keiner Präparation bedurft hätten. Ein anderer Aspekt liegt in der Frage, ob jede Schmierschicht von einersauren Monomerlösung durchdrungen werden kann. Die Dicke derSchmierschicht wird beeinflusst von der Körnung des Präparierdiamanten,von der Schärfe des Rosenbohrers und von dem Anpressdruck. In-vitro-Untersuchungen zeigen, dass grobe Präparationsinstrumente schlechtereHaftwerte bedingen (Inoue H et al. 2001; Ogata M et al. 2001; OgataM et al. 2002). Nur wenn der saure Primer die Schmierschicht durch-dringen kann, wird es möglich, im kompakten Dentin eine Hybridschichtaufzubauen. Daher sollten die von den Herstellern angegebenen Zeitenzur Primerapplikation verlängert werden und daher ist es auch sinnvoll,die aufgetragene Lösung in Bewegung zu halten. Dies wird in den Arbeits-anleitungen beschrieben mit den Begriffen „einreiben“ oder „einmassieren“.Durch die in Bewegung gehaltene saure Primerlösung ist es am ehestenwahrscheinlich, auch dickere Schmierschichten so aufzuschwemmen, dasssie durchdrungen werden können.

Es wird somit deutlich, dass auch mit der Anwendung von selbst-ätzendenSystemen nicht alle Probleme beim Aufbau einer sicheren Haftung zumSchmelz und Dentin gelöst sind.

Dürfen Adhäsivsysteme mit Kompositmaterialien unterschiedlicherHersteller kombiniert werden?

Häufig hat sich in einer Praxis ein Kompositmaterial infolge eigener Erfah-rung bei der Farbauswahl und Vertrautheit mit der Verarbeitung bewährt.Grundsätzlich ist die Kombination eines lichthärtenden Bondingsystemsmit verschiedenen lichthärtenden Kompositmaterialien möglich, solangedie Anwendung des Adhäsivs konsequent bis zum letzten Schritt derAnwendung des Bondingsystems eingehalten wird. Chemische Unverträglichkeiten können sich allerdings bei der Kombinationvon chemisch bzw. dualhärtenden Kompositen (sogenannten Paste-Paste-Kompositen) mit den All-in-one-Adhesives ergeben (Sanares AME et al.2001). Durch die sauren Bestandteile der Primer-Adhäsive (z.B.Maleinsäure, methacrylat-modifizierte Polyacrylsäure) wird das relativbasische tertiäre Amin, das für die chemische Härtung des Kompositsbenötigt wird, neutralisiert. Dies kann zu einer Herabsetzung der Haft-festigkeit führen. Aus diesem Grund ist die Kombination von Ein-Flaschen-Haftvermittlern mit chemisch härtenden Aufbaukompositen bzw. dual-härtenden Befestigungskompositen problematisch. Auch bei Adhäsiv-systemen mit konditionierenden Primern ist bei Verwendung von chemischhärtenden Kompositen dafür zu sorgen, dass durch eine ausreichend dickaufgetragene Adhäsivschicht ein Kontakt des Komposits mit dem säure-haltigen Primer vermieden wird.Ein ähnliches Problem ergibt sich auch bei lichthärtenden All-in-one-Adhäsive, wenn diese nach der Aushärtung relativ lange belassen bleibenbis sie überschichtet werden mit dem in der Regel hydrophoben Komposit-material (Tay FR & Pashley DH 2001). Die ausgehärtete Adhäsivschichtwirkt durch die eingelagerten während der Säurewirkung ausgefälltenSalze wie eine semipermeable Membran und zieht osmotisch Dentin-

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liquor aus den Tubuli an die Oberfläche. Dadurch kann die Adhäsiv-schicht mit einer Flüssigkeit überzogen werden, die die Adaptation desKomposits beeinträchtigt. Dieses Phänomen wird nur dann problematisch,wenn mehrere Kavitäten vorbereitet werden mit einem All-in-one-Adhäsiveund danach einzeln die Kavitäten gefüllt werden, so dass für längere Zeitdie Möglichkeit besteht als semipermeable Membran zu wirken.

Worauf ist bei der Anwendung von Adhäsivsystemen zu achten?

Viel entscheidender als die Auswahl eines Adhäsivsystems ist die korrekteAnwendung für den dauerhaften Erfolg der Füllungstherapie. Wenn mansich der Haftmechanismen an Schmelz und Dentin bewußt ist, wird deutlich,wie schnell sich Fehler bei der Anwendung einschleichen können. FolgendePunkte sollten daher bei der Anwendung von Bondingsystemen beachtetwerden:Es ist immer sinnvoll die Arbeitsanleitungen der jeweiligen Produkte zulesen. Dabei sollten wir uns allerdings immer vergegenwärtigen, dass diedarin enthaltenen Zeitangaben meist von der Marketingabteilung der ent-sprechenden Firma beeinflusst werden, um das Produkt vom Zeitaufwandbesonders günstig darzustellen. Da es sich um den Aufbau mikro-mechanischer Verankerungen handelt, müssen wir den AdhäsivsystemenZeit geben und lassen in die Mikroporositäten zu diffundieren, um sichdort sicher zu verankern.Bei allen Anwendungen ist darauf zu achten, dass die Kontamination mitSpeichel, Blut und Gingivaflüssigkeit nicht nur nach der Ätzung vonSchmelz und Dentin zu vermeiden ist, sondern auch während der Appli-kation der weiteren Lösungen. Auf welche Weise das Praxisteam diesesbewerkstelligt, ist nicht so entscheidend. Wichtig ist nur, dass zu jederZeit diese Kontamination vermieden wird. Die Forderung nach Trocken-legung mit Kofferdam, wie sie zu Zeiten des Einsatzes von ausschließlicham Schmelz haftenden Adhäsiven bestand, um das Ätzmuster auch vorder Atemfeuchtigkeit zu schützen, kann inzwischen relativiert werden.Durch den Einsatz von hydrophilen Primern, kann auch eine gewisse Rest-feuchtigkeit im Schmelz aufgefangen werden. Das exzessive Trocknendes bei der Total-Ätz-Technik angeätzten Schmelzes muss somit nicht mehrdurchgeführt werden, im Gegenteil, es sollte eher vermieden werden, dadadurch eine Austrocknung des Dentins eher wahrscheinlich und damitdie Wirksamkeit der Primerlösungen eingeschränkt wird.Bei Anwendung der Total-Ätztechnik sollte die Applikation des Ätzgelsim Schmelz beginnen, um dadurch innerhalb von ca. 30 s ein ausge-prägtes Ätzmuster zu erzielen. Erst dann erfolgt die Applikation auf Dentin,das nicht länger als 20 s mit 30- bis 40-prozentiger Phosphorsäurekonditioniert werden sollte. Falls bei der Applikation der Säure auf dieSchmelzbereiche das Ätzgel auf die Dentinbereiche der Kavität fließt,sollte die Einwirkzeit von 20 s nicht überschritten werden. Grundsätzlichgilt: je länger (in Richtung 45 bis 60 s) die Phosphorsäure am Schmelzeinwirken kann, desto sicherer ist das Ätzmuster. Der Ätzvorgang wird durch das Absprühen mit Wasser beendet. Dazusollte der Sprühstrahl mindestens 15 s einwirken, um auch die währenddes Ätzvorganges entstandenen Präzipitate zu beseitigen. Gerade beiunübersichtlichen Kavitäten sollte darauf geachtet werden, in allenBereichen genügend lange dem Sprühstrahl die Gelegenheit zu geben,die Präzipitate zu entfernen.Die anschließende Trocknung der Kavität muss vorsichtig erfolgen, umein Zusammenfallen des Kollagennetzwerkes zu verhindern. Das Dentinwird im Sinne des Wet- oder Moist-Bonding vorsichtig mit kurzen Luft-stößen getrocknet, wobei das Ätzmuster im Schmelz mit seinem milchig-

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trüben Erscheinungsbild kontrolliert werden kann. Falls dabei Unsicherheitenbestehen, ob nicht eine zu starke Austrocknung des Dentins erfolgt ist,kann es mit leicht angefeuchtetem Micro-Brush wieder angefeuchtet wer-den. Dazu kann ein Micro-Brush in Wasser getaucht werden, kurz an derServiette abgetupft werden, so dass er nur noch feucht ist und somit aufdem Dentin eine glänzende Oberfläche entsteht. Auf diese Weise kannreproduzierbar das Dentin nach dem Ätzen in einem Zustand optimalerPenetrationsfähigkeit für das Primersystem gehalten werden.Die applizierte Primerlösung bzw. das Primer/Adhäsiv sollte lange genug(ca. 30 s) in das Dentin einwirken können und durch leichtes „Einreiben“in Bewegung gehalten werden, um im Kontaktbereich mit der Kavitäte-noberfläche verbrauchte Lösung auszutauschen. Dabei ist darauf zu ach-ten, das Ätzmuster im Schmelz nicht zu zerstören. Danach sollte dasLösungsmittel verdunsten, allerdings nicht zu lange getrocknet werden.Bei manchen Systemen wird die Applikation im Überschuss empfohlen.Dann sollte die Kavität nach Beendigung der Einwirkzeit des Primers mitdem Speichelzieher abgesaugt werden. Dadurch wird die überschüssi-ge Primerlösung entfernt und nicht mit dem Luftbläser im Munde verteilt.Gleichzeitig kommt es zu einem Luftstrom, der auch das Lösungsmittel ver-dunsten lässt. Ziel dieser Aktion ist es eine glänzende Oberfläche zuerzielen, die eine durchgehende Adhäsivschicht darstellt, die sich im Luft-strom nicht mehr verschieben lässt.Im Falle von Primer/Adhäsiven muss die Druckluft vorsichtig dosiert wer-den, damit die aufgetragene Lösung nicht zerstäubt wird und um einedurchgehende Filmbildung sicherzustellen. Bei den Drei-Schritt-Systemensollte auch dem Adhäsiv lange genug Zeit gegeben werden, in Schmelzund Dentin eindringen zu können, um eine vollständige Durchdringungdes Kollagennetzwerkes zu sichern. Auch diese Schicht sollte nicht zustark ausgedünnt werden. Überschüsse sollten anstatt verblasen zu wer-den, besser mit Pinsel oder Micro-Brush aufgesaugt werden. Das Adhä-siv bzw. die Primer/Adhäsiv-Mischung sollte zum Abschluss 30 s licht-härten.

Bei Anwendung von selbst-ätzenden Systemen sind ebenfalls bestimmtePunkte zu beachten.Bei Systemen, bei denen der Primer oder die Primer/Adhäsiv-Lösungangemischt werden muss, ist auf die korrekte Dosierung (Tropfen im frei-en Fall) und eine vollständige Durchmischung zu achten. Diese Durch-mischung muss aktiv erfolgen, denn in der Regel werden die Monomer-lösungen mit Wasser angemischt, so dass sie dadurch überhaupt erst zurSäure werden. Diese applizierten Primer-Lösungen bzw. das Primer/Adhä-siv sollten lange genug (ca. 30 s) auf Schmelz und in das Dentin einwir-ken können und durch leichtes „Einreiben“ in Bewegung gehalten wer-den, um ständig saure Lösung mit der Kavitätenoberfläche in Kontakt zubringen. Danach sollte das Lösungsmittel verdunsten. Es ist darauf zu ach-ten, dass die gesamte Kavität mit einem gleichförmigen Film bedeckt ist,erkennbar an einer glänzenden Oberfläche, die sich nicht mehr im Luft-strom bewegen lässt. Bei selbst-ätzenden Systemen, die eine getrennte Applikation des Adhäsivsbeinhalten, sollte der Adhäsivfilm nicht zu stark ausgedünnt werden, denndas Adhäsiv bzw. die Primer/Adhäsiv-Mischung sollte zum Abschluss30s lichthärten.

Resümee

Obwohl es genügend viele Adhäsivsysteme gibt, die in verschiedeneGruppen einzuteilen sind, hat jedes System irgendwelche Nachteile oder

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Die endodontische Chirurgie hat mit der Einführung mikrochirurgischerOperationsprinzipien Anfang der 90er-Jahre einen deutlichen Wandelerfahren. Insbesondere die retrograde Technik der Kavitätenpräparationwurde mit der Entwicklung neuer Mikroinstrumente vereinfacht undoptimiert. Der Erfolg endochirurgischer Massnahmen hängt jedoch ganzwesentlich von einer exakten intraoperativen Diagnostik ab, die mitkonventionellen Mitteln wie Mikrospiegel und Häkchensonde nur bedingtdurchführbar ist. Neben dem Operationsmikroskop bietet sich die Endo-skopie zur intraoperativen Diagnostik in der endodontischen Chirurgiean. Die vorliegende Übersichtsarbeit beschreibt die klinische Anwendungsowie die technischen Daten des von uns seit Frühjahr 2000 in derEndochirurgie eingesetzten Endoskopie-Systems.

Einleitung

Die endoskopische Darstellung von organischen Veränderungen ist heutein der Medizin in der Diagnostik und (chirurgischen) Therapie nicht mehrwegzudenken. Seit der Einführung der modernen Endoskopie durchHopkins in den 60er-Jahren sind viele diagnostische Methoden undchirurgische Eingriffe wie Arthroskopien, Laparoskopien, Endoskopien

im Bereich der HNO, Gynäkologie, Urologie, Gefäss-chirurgie etc. laufend weiterentwickelt worden. In der Zahn-medizin bzw. Kieferchirurgie wurde über die Anwendungder Endoskopie zur Diagnostik der Kieferhöhle berichtet(Schmidseder & Lambrecht 1978a, b; Lambrecht & Härle1987). In der Mundhöhle selbst konnten sich bis heutejedoch endoskopische Methoden nicht etablieren. In derLiteratur finden sich nur einzelne Berichte über den enoralenEinsatz der Endoskopie in der Zahnmedizin, hauptsächlichim Fachbereich der Endodontie bzw. Endochirurgie (Detschet al. 1979, Marshall et al. 1981, Held et al. 1996, Bahcallet al. 1999). Andere enorale Anwendungen der Endo-skopie wurden ebenfalls beschrieben (Beery et al. 1985,L’Estrange et al. 1989 und 1991, Ozawa et al. 1999).Die Autoren verwenden seit April 2000 die Endoskopieroutinemässig bei endodontisch-chirurgischen Eingriffen,namentlich in der periradikulären Chirurgie (Wurzel-

Die Endoskopie in der endodontischen Chirugie

vonThomas v. Arx

Bern

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strength of multi-step and simplified-step systems. Am J Dent 9: 269-272,1996.

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Probleme bei der Anwendung. Es gibt also kein System, das alle Problemesicher bewältigt. Der Aufbau einer Haftung zum Schmelz und Dentin ver-läuft über die Schritte die Zahnhartsubstanz zu konditionieren, in diekonditionierte Oberfläche einzudringen und eine stabilisierte glatte Schichtzu bilden, um eine vollständige Adaptation des Füllungsmaterials zugewährleisten. Bei der Durchsicht wissenschaftlicher Literatur wirderkennbar, dass Systeme, die diese verschiedenen Funktionen in Einzel-schritten erfüllen sicher und effektiver zu scheinen als Adhäsivsysteme,die mit einer applizierten Monomerlösung versuchen, die Haftung zurZahnhartsubstanz aufzubauen. Für welches System man sich auch immerentscheiden mag, die Einhaltung der Arbeitsschritte und das Wissen übermögliche Fehlerquellen sind entscheidend für einen dauerhaften Erfolgin der Adhäsivtechnik.

Das Endoskop mit dem zuführenden Lichtleiter unten und demKamerakopf links wird mit einer Hand gehalten und geführt.

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spitzenresektionen), aber auch bei der chirurgischenTherapie von lateralen oder interradikulären Per-forationen und bei Wurzelamputationen. Das Systemwurde kontinuierlich zur (intraoperativen) Visualisie-rung am Monitor und zur (postoperativen) Auswer-tung der digitalisierten Aufnahmen am Computer aus-gebaut. Im Zuge der ständigen Weiterentwicklungauf dem Gebiet der endodontischen Chirurgie,namentlich in der Präparationstechnik der retrogradenKavität (von Arx & Walker 2000) ist es unumgänglich,auch die optische Darstellung des Operationsgebieteszu verfeinern.Die vorliegende Arbeit soll eine Übersicht derApparatetechnik und der klinischen Anwendung derEndoskopie in der Endochirurgie geben. Zur Zeit laufen an derKlinik für Oralchirurgie und Stomatologie der Universität Bernprospektiv-klinische Studien zur Evaluation der Möglichkeiten derEndoskopie in der periradikulären Chirurgie. Die Interessens-schwerpunkte liegen hauptsächlich in der intraoperativen Diagnostikder Wurzelspitze vor und nach der apikalen Resektion, in der Über-prüfung der retrograden Kavitätenpräparation sowie in der Kontrolledes retrograden Wurzelkanalverschlusses.

Technische Beschreibung

Die zur Zeit eingesetzten endoskopischen Systemkomponenten sindkomplett auf einem Multi-Media-Mobil installiert (Abb. 1). DieserApparatewagen lässt sich im Operationssaal frei positionieren unddamit in die für den Operateur günstigste Sicht- und Kontrollpositionfahren.Die endoskopische Videokamera bildet mit der Kamera-Kontrolleinheit(Endovision TELECAM SL, Karl Storz, GmbH & Co. KG, Tuttlingen,Deutschland) das eigentliche «Herz» des Systems. Die für die Ein-stellung der Bildaufnahme notwendigen Bedienungselemente sindin der handgriffähnlich gestalteten Videokamera integriert bzw.angeschlossen und ermöglichen nebst der Bildaufnahme und -über-tragung in «real time» das manuelle Einstellen des Bildausschnittessowie der Bildschärfe. An die Videokamera lassen sich über einenSchnelladapter die verschiedenen Optiken für die Bilderfassunganschliessen. Wir benutzen in der Regel eine Kurzoptik mit 70°-Blickwinkel (Tele-Otoskop mit Hopkins 70°- Optik, Karl Storz) (Abb. 2).Zudem wird der Optik das für die Bildaufnahme benötigte Licht überein Fiberglas-Lichtkabel von der Kaltlicht-Fontäne(Xenon Nova, Karl Storz) zugeführt.Ausgehend von der Videokamera-Kontrolleinheit istüber ein S-VHS-Verbindungskabel ein digitaler Video-rekorder (DVCAM digital medical recorder, Sony,Tokyo, Japan) angeschlossen. Dieser Videorekordergestattet die Speicherung der von der endoskopischenVideokamera aufgenommenen Bilddaten auf digitalenStandard- oder Minikassetten (DVCAM-Kassette,Sony). Die Speicherung von parallel zu den Bilddatengemachten Tonaufnahmen lassen sich über einMikrofon, das an die Audio-Eingangsbuchse desVideorekorders angeschlossen wird, realisieren.Am S-VHS-Ausgang des Videorekorders wird derVideomonitor (Sony) angeschlossen. Der Monitor

Im Operationsaal wird der Monitor schräg gegenüber des Operateurs platziert.

Abb.2 Tele-Otoskop-Optik mit 70°-Blickwinkel (Länge 6 cm; Durchmesser3,0 mm).

Abb.1 Multimediamobil mit den von uns verwen-deten Geräten (siehe Text). 1= Videomonitor;2= Kaltlichtquelle; 3= Kamera-Kontrolleinheit;4= Digitaler-Videorekorder.

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visualisiert dem Operationsteam wahlweise die über dieVideokamera aufgenommenen Bilddaten oder die aufdem Videorekorder digital abgespeicherten Bild-sequenzen. Zusätzlich lässt sich am Videorekorder einFussschalter anschliessen, der eine Fusssteuerung derAufnahme- und Pausetastenfunktionen des Videorekordersermöglicht.Nach Abschluss der operativen Bildaufnahme könnendie auf dem Videorekorder gespeicherten Bilddaten überein Hochleistungsdatenkabel (vorzugsweise Typ FireWire)zu einem Computer für die weitere Bildanalyse oderBildverarbeitung transferiert werden.

Setup im Operationssaal

Die Verwendung eines Monitors anstelle des direktenBlickes durch die Optik erleichert die Arbeit mit demEndoskop ganz wesentlich. Der Operateur kann dabeieine bequeme und rückenschonende Haltung einnehmen.Der Apparatewagen mit dem Monitor wird am bestenan der gegenüberliegenden Seite links am Fußende desPatienten positioniert.Aus Sterilitätsgründen wird das wegführende Kamera-kabel inklusive Videokamera in einem sterilen Plastik-schlauch eingepackt und so an die sterile Optik ange-schlossen (Abb. 3). Das zuführende Lichtkabel sowiedie Optik selbst sind sterilisierbar (auch autoklavierbarbis 134 °C). Die Endoskop-Kamera-Einheit bzw. dasLichtkabel werden vom Operateur in einer Hand mitdem so genannten «Pistolengriff» gehalten. Eine optimaleBlutstillung ist Voraussetzung für eine hohe Qualität derBilddarstellung, sobald das Endoskop durch das ange-brachte Knochenfenster direkt zur Wurzelspitze geführtwird. Zusätzlich muss die Endoskoplinse mit einer Anti-beschlaglösung gereinigt werden. Ein direkter Kontaktder Endoskopspitze mit rotierenden oder vibrierendenInstrumenten muss vermieden werden, um die Optik nichtzu beschädigen.

Klinische Applikation

Nach der Aufklappung und Osteotomie wird mit demEndoskop die freigelegte Wurzelspitze bzw. Wurzel-oberfläche inspiziert. Dabei soll auf Irregularitäten wieSeitenkanäle, Perforationen, Fremdmaterial etc. geachtetwerden. Im Weiteren sind mögliche Längs- oder Schräg-frakturen sowie Risse der Wurzelsubstanz zu lokalisieren.Nach der apikalen Resektion wird einerseits die Resek-tionsfläche am Neoapex, aber auch die abgetrennteWurzelspitze kontrolliert. Von grosser Hilfe für die weitereperiradikuläre Diagnostik ist die Gewebefärbung mitMethylenblau (Cambruzzi et al. 1985). Der Farbstoff(Konzentration 2%) wird mit einem kleinen Tupferwährend 5–10 Sekunden appliziert und anschliessendmit NaCl- oder Ringerlösung ausgiebig weggespült.Methylenblau markiert organische Gewebeanteile, nicht-präparierte bzw. nicht-gefüllte Anteile des Wurzel-

Abb.3 Das Endo-Videoskop wird mit der linken Hand geführt. DieKamera und das Kamerakabel sind in einem sterilen Plastik-schlauch eingepackt. Das Lichtkabel ist sterilisierbar.

Abb.4 Wurzellängsfraktur in oro-fazialer Richtung (Zahn 13 nachapikaler Resektion um 3 mm).

Abb.5 Hauptkanal und akzessorischer Kanal (Pfeil); mesiale Wurzelvon 36 nach Resektion der Wurzelspitze um 3 mm.

Abb.6 Typischer, von orthograd nicht gefüllter Isthmus, welcher die bei-den Hauptkanäle strichförmig verbindet; mesiale Wurzel von 36nach Resektion der Wurzelspitze um 3 mm.

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kanalsystems sowie Fraktur- und Rissbildungen (Abb. 4).Insbesondere kann die Resektionsfläche auf zusätzlicheWurzelkanäle (Abb. 5) und deren Morphologie inspiziertwerden (Hsu & Kim 1997). Von grosser Bedeutung istdie Anfärbung des von orthograd meist nicht oder nurunzureichend präparierten Isthmusgewebes (Abb. 6),sodass dieses anschliessend in die retrograde Präpa-ration miteinbezogen werden kann. Die Überprüfungdes zirkulär markierten Parodontalgewebes bestätigt,dass die Wurzel in ihrem gesamten Umriss korrekt abge-trennt worden ist. Während der retrograden Kavitäten-präparation kann mit dem Endoskop laufend die Präpa-rationsrichtung überprüft werden. Dabei sollte diesemöglichst dem ursprünglichen Verlauf des Wurzelkanalsfolgen (Abb. 7). Im Weiteren hilft die endoskopischeKontrolle während der Retropräparation Perforationenbzw. Ausdünnungen der Dentinwände zu vermeiden.Mit dem Endoskop können zudem die Wände der Präpa-ration auf anhaftende Wurzelfüllmaterialien (meist Gutta-percha) inspiziert werden, sodass diese gezielt mit denMikrospitzen entfernt werden können. Damit wird dieWandständigkeit der anschliessend durchzuführendenretrograden Wurzelkanalfüllung optimiert. Nach Legender Füllung wird diese auf Vollständigkeit bzw. Rand-präzision überprüft und überschüssiges Material entfernt(Abb. 8). Vor dem Wundverschluss dient das Endoskopzur Inspektion der periradikulären Knochenhöhle, damitkeine Fremdmaterialien zurückbelassen werden.

Diskussion

Die Visualisierung mikroskopischer Befunde (am Patienten) mittels optischerVergrösserungshilfen wird in Zukunft in der Zahnmedizin an Bedeutunggewinnen. Die zunehmende Anzahl an Publikationen über die Anwendungdes Operationsmikroskopes in der Zahnmedizin (Carr 1992a und 1992b,Pecora 1993, Kim 1997, Velvart 1996, 1997a und 1997b, Rubinstein& Kim 1999, Perrin & Hotz 2000), die zunehmende Vermarktung dies-bezüglicher Geräte sowie die Ausschreibung von entsprechenden Kursenunterstreicht das steigende Interesse der Zahnmediziner/innen an dieserneuen Technologie. Mit der Einführung der Endoskopie in der Zahnmedizinist eine notwendige und wünschenswerte Alternative zum Operations-mikroskop vorhanden.Die Vorteile der Endoskopie gegenüber dem Operationsmikroskop in derendodontischen Chirurgie werden von Held et al. (1996) und von Bahcallet al. (1999) wie folgt beschrieben:

– flexibles, nicht-starres System,– rasche Modifikation des Betrachtungswinkels,– direkte Sicht (nicht über Spiegel),– Optik und Lichtkabel können sterilisiert werden,– kürzere Einarbeitungszeit,– Endoskop ist unabhängig von Patientenbewegungen,– kleine Gerätedimension (für Patient nicht einschüchternd),– System muss nicht fest montiert werden, ist somit raumunabhängig.

Als Nachteil muss aus unserer Sicht die mehrfach notwendige Reinigungder Optik nach Kontakt mit Blut, Gewebe oder Kühlflüssigkeit erwähnt

Abb.7 Überprüfung der retrograden Kavitätenpräparation (gleicher Fallwie Abb. 4).

Abb.8 Überprüfung der retrograden Wurzelkanalfüllung (gleicher Fallwie Abb. 7).

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werden. Gewöhnungsbedürftig ist zudem die optische Drehung des Blick-feldes. Die Basisausrüstung (Optik und Lichtquelle) ist relativ günstig; jenach Komplettierung des Systems mit weiteren Komponenten wie Kamera,Monitor, Videorekorder, Drucker etc. betragen die Kosten jedoch mehrerezehntausend Franken.Mit Hilfe der Endoskopie können die operativen Techniken der endo-dontischen Chirurgie weiter verfeinert und die bereits heute guten Ergeb-nisse optimiert werden (von Arx & Kurt 1999, von Arx et al.; im Druck).Die Anwendung der Endoskopie in der Zahnmedizin wird sich in Zukunftnicht nur auf die Endodontie/Endochirurgie beschränken. Weitere Möglich-keiten sehen wir hauptsächlich in der Lokalisation von verlagerten und/oderfrakturierten Zähnen bzw. Wurzelresten, bei der Suche nach Fremd-körpern, bei Zystektomien bzw. Zystostomien sowie bei der Sinusboden-elevation mit Fenster- oder Osteotom-Technik (Engelke & Deckwer 1997,Baumann & Ewers 1999, Wiltfang et al. 2000).

Wir bedanken uns bei der Firma J. Anklin AG, Binningen, für die gross-zügige Unterstützung und die Ausleihe der Endoskopie- und Videogeräte.Der SSO danken wir für die finanzielle Unterstützung des Endoskopie-Forschungsprojektes (Fonds der SSO für zahnärztliche Forschung; Projekt#200).

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Vor der apikalenResektion

- Morphologie Apex

- Fremdmaterial

- Fausse route

- Wurzelfraktur

Präparation derretrograden Kavität

- Dimension der Retro-kavität

- Richtung der Retro-kavität

- Inspektion der Kavitäten-wände

- Alterationen durchRetropräparation

Nach der apikalenResektion

- Morphologie desWurzelquerschnittes

- Anzahl Kanäle undMorphologie

- Isthmusgewebe

RetrograderWurzelkanalverschluss

- Dichtigkeit der Retro-füllung

- Füllmaterialreste

Tab. Diagnosemöglichkeiten der Endoskopie in der periradikulären Chirurgie

Korrespondenzadresse:Dr. med. dent. Thomas von ArxKlinik für Oralchirurgie und StomatologieZahnmedizinische Kliniken der Universität BernFreiburgstrasse 7, 3010 BernTel. 031/632 25 66 Fax 031/632 98 84E-Mail: [email protected]

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Adhäsive Endodontie

vonRainer Hahn

Tübingen

Der Erfolg einer Wurzelkanalbehandlung stellt sich ein, wenn durch dieAufbereitung keimarme Kanaloberflächen erzielt und die Kanäle sowiedie Kavität bakteriendicht verschlossen wurden. Eine perfekte Wurzel-kanalfüllung alleine ist nicht in der Lage die Obturation dauerhaft auf-recht zu erhalten, eine zeitnahe bakteriendichte Restauration ist uner-läßlich (Saunders & Saunders 1994). Im Zuge einer endodontischenBehandlung gilt es folgende Aufgabenstellungen Schritt für Schrittkonsequent zu lösen:

Aufgabe 1: Zugang zum Endodont

Probleme bzw. Risiken im Zuge der Aufbereitung sind z.B.durch Belassung von organischen Geweberückständen,Nekroseresten, Instrumentenfrakturen oder Perforationengegeben. Zur Minimierung derselben gilt es eventuelle alteRestaurationen zu entfernen und eine übersichtliche Zugangs-kavität zu gestalten (Abb. 1). Dies gelingt durch das syste-matische Abtragen des Kronenpulpadaches und die suk-zessive Erweiterung des Zugangs zum Beispiel mittels Dia-manten und Rosenbohrer bis ein geradliniger Blick auf dieKanaleingänge erreicht ist. Nachdem alle Kanaleingängelokalisiert und auf Gängigkeit überprüft sind (Abb. 2), emp-fiehlt es sich zunächst das koronale Kanaldrittel aufzube-reiten. Hierzu haben sich stark konische, flexible Instru-mente sehr gut bewährt, die mit elektronisch drehmoment-geregelten Handstücken sicher gehandhabt werden kön-nen. Zumeist genügt nur eine Instrumentenform und –größe(Abb. 3). Fazit: Eine übersichtliche Zugangskavität bis in das koro-nale Drittel der Wurzelkanäle ist eine wichtige Vorausset-zung zur Entfernung von Weichgewebsresten und Nekro-sematerial. Damit verbunden ist eine irreversible mechani-sche Schwächung des Zahnes (Sorensen & Engelman1990). Die Zugangskavität ist auf das notwendige Mini-mum zu beschränken (Howe & McKendry 1990). Dieursprünglichen zumeist ovalen Kanalgeometrien werdendurch gleichmäßigen Wandabtrag erweitert, bleiben jedochoval. Auf die Verwendung konfektionierter Vorbohrer soll-te verzichtet werden.

Aufgabe 2: Wurzelkanalaufbereitung und –füllung

Die vorweggenommene koronale Kanalpräparation in der Form einerkonischen “Eistüte” vereinfacht den geradlinigen Zugang der eigentli-chen Wurzelkanal-Aufbereitungsinstrumente wesentlich. Zudem wirdderen Schneidbeanspruchung um die Länge des koronalen Kanalantei-les reduziert. Die Instrumente arbeiten dadurch sehr viel effizienter undschneller und die Gefahr von Instrumentenfrakturen wird reduziert. Gleich-zeitig ist die Spülung durch einfachere Positionierung der Kanüle ver-einfacht und der Behandler hat eine verbesserte und ausgeleuchtete Über-sicht in den Kanal. Die Gefahr der Belassung von Gewebe- oderNekroserückständen ist dadurch minimiert. Gleichzeitig ist die Appli-kation der Sealer- und Wurzelfüllmaterialien wesentlich vereinfacht undes kann schneller und besser kondensiert werden. Durch die konischeKanalpräparation im koronalen Anteil kann nun die Wurzelkanalfüllunginnerhalb des koronalen Kanaldrittels, beispielsweise miteinem heißen Instrument, abgetrennt werden (Abb. 4).

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Abb. 1 Fallbeispiel: Ausgangsbefund OK rechts (62 jährigerSchmerzpatient)

Abb. 2 Zustand nach Wurzelamputation regio 16 und 17 zurElimination der Furkationsprobleme, Röntgen-Messaufnahme regio16

Abb. 3 Präparation des koronalen Kanaldrittels mit flexiblen, starkkonischen Instrumenten (z.b. Cumdente Coronal Shaper).

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Fazit: Die Wurzelkanalfüllung endet innerhalb des koronalen Kanal-drittels, z.B. am Übergang mittleres / koronales Kanaldrittel

Aufgabe 3: definitiver Verschluß und restaurative Versorgung

Adhäsive Restaurationstechniken erlauben einen stabilen Grenz-flächenverbund zwischen der Zahnhartsubstanz und demRestaurationsmaterial. Soweit durch konsequente Einhaltung der Verar-beitungsrichtlinien sowie durch Auswahl und korrekte Kombination derrichtigen Werkstoffe der adhäsive Verbund im Wurzelkanal bzw. in derKavität tatsächlich zu Stande kommt, wird in diesen Bereichen eine bak-teriendichte Obturation und eine teilweise Re-Stabilisierung erreicht(Sorensen & Martinoff 1984). Folgende Arbeitsschritte sind nacheinander durchzuführen: Zahnreini-gung, insbesondere der Kavitätenoberfläche und der Wurzelkanalwände(z.B. Prophylaxe Pulverstrahlsystem), All-Etch-Technik (Schmelz- und Dentin-konditionierung mit 37 % Phosphorsäure, u.U. netzmitteloptimiert),Adhäsivimprägnierung (selbsthärtendes Adhäsiv, kein selbstprimerndesAdhäsiv), Einbringen von farblich vom Dentin gut unterscheidbaren,fließfähigen, autokatalytischen Komposit. Speziell auf diese Indikationabgestimmte Adhäsivsysteme und Komposits sind in Bezug auf die Benet-zungsfähigkeit, Fließfähigkeit und betreffend die Elastizität bzw. dasSchrumpfungsverhalten auf diese Anwendung abgestimmt.Fazit: Der bis in die Wurzelkanäle hineinreichende adhäsive Verschlußgewährleistet zum Einen eine dauerhafte, beanspruchungsresistenteObturation des Wurzelkanalsystems gegenüber einer Reinfektion vonorthograd. Zum anderen wird nur durch eine adhäsive Restauration bisin den Bereich der Wurzelkanäle hinein eine teilweise Stabilisierung desdurch den Defekt und die Wurzelkanalbehandlung geschwächten Zah-nes erreicht (Trope et al. 1985). Dies wirkt sich günstig auf die Mini-mierung der Gefahr von Wurzelfrakturen in dem durch den adhäsivenVerbund stabilisierten Bereich des Zahnes aus.

Aufgabe 4: Ist ein intrakoronaler Stift erforderlich?

Intrakoronale Stifte führen insbesondere dann zu einer Verbesserung derStabilisierung des restaurierten Zahnes, wenn sie nach vorausgehenderOberflächenkonditionierung adhäsiv in die adhäsive Restauration miteingebunden sind. Dem Stiftmaterial kommt eine große Bedeutung zu.Die Oberflächen metallischer oder keramischer Werkstoffe sollten kon-ditionierbar sein (z.B. Flusssäureätzung oder Silikatisierung beispiels-weise mit dem Rocatec System). Ferner ist ein chemischer Verbund zueinem Haftsilan notwendig. Besonders bewährt haben sich Stifte mitreduzierter Steifigkeit, beispielsweise aus vergleichsweise weichenMetalllegierungen (z.B. Titan, hochgoldhaltige Edelmetalllegierungen)bzw. aus Glasfaserverbundwerkstoffen. Aufgrund des adhäsiven Ver-bundes spielen mechanische Überlegungen zur Retention nur eine unter-geordnete Rolle. Es genügt daher den Stift im koronalen Teil des Wur-zelkanales zu verankern (Abb. 5). Eine Klemmpassung ist weiterhin nichterforderlich und sogar einem adhäsiven Verbund aufgrund der darausresultierenden hohen Spannungen im Komposit eher abträglich (Davidsonet al. 1991). Ein adhäsiv in einen adhäsiven Kompositverschluss /-aufbaueingebetteter Stift fungiert als interner Lastverteiler, welcher die Zug-/Scherbeanspruchung an den Grenzflächen zwischen adhäsivem Auf-bau und Zahnhartsubstanz minimiert. Daraus resultiert eine geringereWahrscheinlichkeit für Grenzflächenfrakturen und damit eine besserePrognose des Aufbaus.

Abb. 4 Zustand nach WK, WF und definiti-vem adhäsivem Kompositaufbau Zahn 16 ineiner Sitzung (Röntgen-Kontrollaufnahme)

Abb 5 Zustand nach Entfernung der altenWurzelkanalstifte, WK und WF an Zahn 15.Die Wurzelkanalfüllung endet am Übergangkoronales/mittleres Kanaldrittel (Röntgen-Kon-trollaufnahme). Aufgrund des sehr hohen Zer-störungsgrades und der dünnen Kanalwändewurde ein adhäsiv einzugliedernder, indivi-duell gegossener Stiftkernaufbau aus einerweichen hochgoldhaltigen Legierung geplant.

Abb. 6 Zustand nach adhäsiver Befestigungdes Stiftaufbaus (WF-Kontrollaufnahme).

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Fazit: Die zusätzliche Einarbeitung intrakoronaler Stifte in einen adhäsivenAufbau ist nicht erforderlich, soweit Höckerreste vorhanden und dieDefektränder z.B. 2-3 mm supragingival lokalisiert sind. Bei vorwiegendhorizontalen Defekten, die bis zur Schmelz-/Dentingrenze reichen oderbei sehr dünnen Wurzelkanalwänden können adhäsiv eingegliederteStifte, bei richtiger Auswahl, Oberflächenkonditionierung und Material-kombination zu einer zusätzlichen Stabilisierung des Zahnes und desAufbaus führen. Individuell gegossene – adhäsiv eingegliederte Auf-bauten mit Fassreifen-Design (zirkulärer Randhohlschliff) bieten sich beisehr hohem Zerstörungsgrad, tiefen subgingivalen Defekten oder alsBrückenanker an (Abb. 6).

Aufgabe 5: Präparation und Sekundärrestauration

Bei der Prognose eines adhäsiv restaurierten, endodontisch behandeltenZahnes kommt dem Verbund im Bereich der Restaurationsränder einebesondere Bedeutung zu. Rissöffnungen in diesem Bereich führen häufigim Laufe der Zeit zu einem Risswachstum mit der Gefahr vonReinfektionen oder Frakturen (Alves et al. 1998). Bei der Präpa-ration eines mittels adhäsivem Aufbau restaurierten Zahnes zurAufnahme einer zementierten Krone ist daher zu beachten, dassder adhäsive Verbund im Randbereich nicht von der Präparationerfasst wird. Eine retentiv z.B. mit Phosphatzement befestigte Kronewürde in diesem Bereich keinen kraftschlüssigen Verbund zumZahn aufweisen, ein Kerbgrund bzw. ein Initialriss wäre die Folge.Zu dessen Vermeidung sollten die Ränder des adhäsiven Aufbausmindestens 2 mm ins gesunde Dentin überschliffen werden (wasaufgrund der zumeist subgingivalen Defekte selten möglich ist)oder es sollte ein adhäsiv befestigter individuell gegossener Stiftkern-aufbau gewählt werden, wobei dessen Präparation zur Aufnahmeder Sekundärrestauration, dann im Aufbau endet (Abb. 7, 8) (ästhe-tische Limitationen durch sichtbares Metallrändchen im Front-zahnbereich). Eine weitere Möglichkeit zur Umgehung dieserProblematik besteht in der adhäsiven Befestigung der Sekundär-restauration was insbesondere im Frontzahngebiet perfekteästhetische Ergebnisse ermöglicht.Fazit: Die Präparation zur Sekundärrestauration bzw. die Art der Ein-gliederung der selben hat einen wichtigen negativen oder positiven Ein-fluss auf die mechanische Festigkeit des restaurierten Zahnes.

Service für Sie: Sie erhalten kostenlos detaillierte Arbeitskarten zum ThemaWurzelkanalbehandlung und Stiftaufbau inkl. einer bebilderten An-wendungsbeschreibung! Senden Sie uns einen an Ihre Praxis adressiertenA4- Briefumschlag zu (frankiert mit Euro 1,44) und Sie erhalten umgehenddie Arbeitskarten und die Anwendungsbeschreibungen. Kostenfrei!

KorrespondenzadressePD Dr. Rainer HahnDentalSchoolKonrad-Adenauer-Strasse 9-1172072 Tü[email protected]. 07071-97557-23Fax 07071-9755720

Literatur1. Alves J., Walton R., Drake D.: Coronalleakage: Endotoxin penetration from mixedbacterial communities through obturated,post-prepared root canals. J Endod 24, 587(1998).2. Davidson C.L., vanZeghbroeck L., FeilzerA.J..: Destructive stresses in adhesive lutingcements. J Dent Res 70, 880 (1991).3. Howe A.R., McKendry H.: Effect of endo-dontic access preparation on resistance tocrown-root fracture. J Am Dent Assoc 112(6),712 (1990).4. Saunders W.P., Saunders E.M.: Coronalleakage as a cause of failure in root-canaltherapy – a review. Endod Dent Traumatol10, 105 (1994).5. Sorensen J.A., Engelman M.J.: Ferruledesign and fracture resistance of endodon-tically treated teeth. J Prosthet Dent 63(5),529 (1990).6. Sorensen J.A., Martinoff J.T.: Intracoronalreinforcement and coronal coverage: A studyof endodontically treated teeth. J ProsthetDent 51, 780 (1984).7. Trope M., Maltz D.O., Tronstad L.: Resi-stance to fracture of restored endodontical-ly treated teeth. Endodont Dent Traumatol 1,108 (1985).

Abb. 7 Zustand nach Präparation des Stift-kernaufbaus zur Aufnahme einer mittelsPhospatzement zu befestigenden VMK Krone(Röntgen-Kontrollaufnahme für Zahn 14). DiePräparationsgrenze endet zirkulär im Aufbau.Der „adhäsive Fassreifen“ des Aufbaus bleibtdurch Präparation unangetastet.

Abb. 8 Problem Präparationsgrenze (schematisiert) beimittels adhäsiven Aufbauten restaurierten Zähne, dieAufnahme einer retentiv (z.B. mit Phosphatzement) zubefestigenden Sekundärrestauration präpariert werdensollen. Die Präparationsgrenze sollte entweder im Auf-bau enden oder deutlich ins gesunde Dentin verlaufen.

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Vom 3.- 6. April 03 trafen sich Mitglieder der Neuen Gruppe, um sichvon Dr. Jörg Richter über Möglichkeiten der “Finanzplanung für Zahn-mediziner und andere Heilberufler” informieren zu lassen.Nach dem Erfolg des Seminars vor einem Jahr war es Pit Beyer gelungen,den Referenten noch einmal für ein Seminar zu gewinnen. Es war - wieimmer – glänzend vorbereitet; und nachdem sich alle Beteiligten auf dierichtige “Arbeitstemperatur” im alten Schulgebäude geeinigt hatten (dasGeheimnis der Funktionsweise von Heizungsthermostaten scheint sichauch nach Jahrzehnten der Einführung dieser Technik noch nicht für allegelüftet zu haben), stand der ungeteilten Aufmerksamkeit für den span-nenden Vortrag nichts mehr im Wege.

Für die “Neuteilnehmer” rekapitulierte Dr. Richter noch einmal kurz dieKernaussagen seines ersten Vortrags:

- nach der Jugend- und Ausbildungsphase teilt sich das Leben in eineArbeits- und eine Rentenphase

- zu beachten! In der Rentenphase verzehrt Inflation Vermögen- dementsprechend stellt die Lebensversicherung einen Geldwertdar und keinen Kaufwert

- zu beachten ist die Trennung von Risikoversicherung und Ver-mögensaufbau

- Bedenken gegen Beratung durch Verteilungssysteme wie Banken,unseriöse Finanzberater, Strukturvertriebe, da nicht unabhängig,sondern am Verkauf bestimmter Produkte interessiert

- Grundsatz der Strukturvertriebe: anhauen – umhauen – ab-hauen!

Ziel privater Finanzplanung muss es sein, Vermögen zu optimieren undRisiken abzusichern. Bei den Risiken ist zu unterscheiden zwischen:

a) “biometrischen Risiken”b) Haftungsrisikenc) Vermögensrisiken

Die biometrischen Risiken erhalten ihre besondere Bedeutung durchdie bei Freiberuflern typische, extrem starke Vernetzung zwischen privatenund beruflichen wirtschaftlichen Entscheidungen. Das größte Risiko stelltdie Berufsunfähigkeit dar. Berufsunfähigkeit wird klassisch über dieKammer abgesichert. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sie nur beitotaler Berufsunfähigkeit in Kraft tritt! Der viel häufiger eintretendeSchadensfall ist die teilweise Berufsunfähigkeit, die über eine zusätzlicheVersicherung abgesichert werden sollte.

Wichtig ist auch, dass die Absicherung der Risiken an die Lebenssituationangepasst wird. Die Risikostruktur eines freiberuflich tätigen, jungen Zahn-arztes, in neu gegründeter Praxis mit hoher Verschuldung, junger Familieund ohne Eigenkapitalbildung ist naturgemäß völlig anders, als bei seinemKollegen am Ende seiner beruflichen Karriere an der Schwelle zum Eintrittin den Ruhestand.

Häufig werden auf “wohlmeinenden Rat” durch VersicherungsvertreterUnfallversicherungen abgeschlossen (wie beim Verfasser dieser Zeilenauch). Diese Absicherung entspricht jedoch nicht der Lebenswirklichkeit.Es gilt: Berufsunfähigkeitsversicherungen sind wichtig – Unfalls-versicherungen sind nicht wichtig, da das Berufsunfähigkeitsrisikoextrem viel häufiger eintritt als das Unfallrisiko!

Lembach 2003:Private Finanzplanung

vonJürgen Menn

Hilchenbach

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Zum Thema Haftungsrisiko gibt es kaum entlastende Hinweise, da derFreiberufler in jedem Fall für alles und jedes mit seinem gesamten Ver-mögen haftet. Er ist dann “aus dem Schneider”, wenn er kein Vermögenhat, was aber bekanntlich wieder andere Probleme nach sich zieht.

Vermögensrisiken können deutlich reduziert werden, wenn Vermögens-anlagen gemischt werden. Um Vermögen zu optimieren, sollte man vomGroben ins Detail gehen:

- Verteilung zwischen den Assetklassen vornehmen- Dann Assetklassen optimieren- Geringster Hebel für die Optimierung besteht dann noch in derFeinjustierung.

Hinweis! Für Aktiencertifikate gilt – bei Konkurs Geld weg!Bei Aktienfonds – bei Konkurs stehen in jedem Falls immernoch die Aktien zur Verfügung, egal wie viel sie dann nochwert sind (die Hoffnung stirbt zuletzt!)!

Um die Bonitätsrisiken bei Kapitalanlagen zu minimieren, sollten dieRatings beachtet werden. Internetfüchse unter den Kollegen mögen unterInternetadresse www.indexchange.de oder unter der Suchmaschine Google– Discountbroker nützliche Hinweise finden.

Zum Schluss noch ein tröstlicher Hinweis des Referenten, wenn es mit derKapitalanlage mal daneben gehen sollte: Das Geld ist nicht weg, eshat nur jemand anders!

Ein wesentlicher Teil des Seminars befasste sich mit dem Thema: Familien-frieden sichern – Erben und schenken.

Aus den Ausführungen von Dr. Richter wurde deutlich, dass der berechtigteWunsch der Bürger, am Ende eines Lebens vom noch übrig gebliebenen,von mehr oder weniger versteuerten Geld angesammelten Vermögen,nicht noch Erbschaftsteuer zahlen zu müssen, gar nicht so leicht umzu-setzen ist.

Im Erb- oder Schenkungsfall werden konkurrierende Rechtssysteme wirk-sam, mit deren Hilfe der Staat ein fein gewobenes Netz gesponnen hat,in dem ein ordentlicher Batzen von dem, was da an die nächste Gene-ration weitergegeben werden soll, hängen bleiben soll.Bei im Ausland vorhandenen Vermögen ist zusätzlich internationales Erb-recht zu beachten. Hier können faustdicke Überraschungen lauern, sodass besondere Vorsicht und rechtzeitige Vorsorge in besonderem Maßegeboten ist.

Wichtig ist in jedem Fall, den Erbfall durch Testament zu regeln. Obwohles sich bei dieser Aussage um eine “Binsenwahrheit” handelt, liegt nurin einer verschwindend kleinen Zahl der Erbfälle ein verwertbares Testamentvor. Die Neigung der potentiellen Erblasser, diese unangenehme Ange-legenheit der nächsten Generation in die Schuhe zu schieben, ist sehrausgeprägt. Offensichtlich möchte man mit seiner Handlungsweise nichtnoch posthum zum Gegenstand familiärer Streitigkeiten werden.

Eine Alternative zum Testament ist ein Erbvertrag, durch den alle testa-mentarischen Verfügungen aufgehoben werden.

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Erbschaftssteuer = Schenkungssteuer! Womit schon wieder die Hoff-nung auf eine Hintertür zerstört ist.Bei allen Hinweisen, die noch zu Details des gegenwärtig geltenden Erb-rechts gegeben wurden, ist natürlich zu berücksichtigen, dass niemandsagen kann, wie lange diese Gesetzesvorschriften noch gelten werden.Bei einem Staat, der längst alle Hemmungen bei der Beschaffung steuer-licher Einnahmen aufgegeben hat, dürfte die Neigung, sich an der Erb-masse zu bereichern, sehr ausgeprägt sein.Es gilt also, sich in “einigermaßen zeitlicher Nähe” zur Schenkung oderzum Erbfall unter Zuhilfenahme kompetenter rechtlicher Beratung für einKonzept zu entscheiden. Möglicherweise machen aber die in nochschneller Folge zu erwartenden zukünftigen Gesundheitsreformen solcheÜberlegungen ohnehin überflüssig, da von den in diesem Bereich ange-siedelten Berufgruppen kein vererbbares Vermögen mehr angesammeltwerden kann. Der begehrliche Blick auf bereits vorhandene Vermögen(s. Altersversorgungswerke!) ist ja bereits allzu deutlich erkennbar.

Ungeachtet der wenig erfreulichen Aussichten sollten einige wichtige,grundsätzliche Hinweise unbedingt beachtet werden:

- Vorsorgen durch Vollmachten geschäftlich und privat im Falle derHandlungsunfähigkeit, am ehesten durch eine Generalvoll-macht mit Angabe der Teilbereiche. Es droht sonst Handlungs-unfähigkeit auch der nächsten Angehörigen!!!

- Im Erbrecht schlägt Gesellschaftsrecht immer Privatrecht!!!

Die letzten Sätze des Referenten galten den s.g. Innovativen Strategienbeim Vermögensaufbau (Stichwort: fremdfinanziertes Rentenmodell). Eswurde schnell deutlich, dass auch hier keine Wunder zu erwarten sind. Deralte Grundsatz, dass, je höher die Chancen sind, umso höher auch dasRisiko ist, gilt auch hier. Dr. Richter schloss mit einer Mahnung: “Gier frisstHirn”, soll heißen: genau hinsehen, was tatsächlich hinter den Finanzie-rungskonzepten steht. Dieses genaue Hinsehen ist allerdings ohne fach-männische Hilfe nicht möglich (so die Meinung des Verfassers).

Auch diesmal verging in dem außerordentlich spannenden Seminar dieZeit wie im Fluge. Dr. Richter verstand es zum wiederholten Male einescheinbar trockene Materie unterhaltsam und verständlich darzulegen.Weder waren die Teilnehmer des ersten Seminars gelangweilt, noch warendie “Neuen” überfordert. Alle beendeten den Kurs mit dem sicherenGefühl, wichtige Hinweise auf Versäumtes, Verdrängtes oder Liegen-gelassenes im persönlichen, wirtschaftlichen Umfeld erhalten zu haben.Die Vielgestaltigkeit und die individuelle Gestaltungsmöglichkeit imwirtschaftlichen Umfeld des Freiberuflers wurden in ihrer Bedeutung erneutdeutlich.

Überflüssig zu betonen, dass die vortreffliche Betreuung im Cheval Blancdas ihre dazu beitrug, dieses Seminar zum Erfolg werden zu lassen.Küche und Ambiente des Hauses, der Charme des immer schöner wer-denden Ortes Lembach und die liebevolle und fürsorgliche Organisationdurch Pit Beyer schaffen immer wieder eine Atmosphäre für sehr persönlicheGespräche den Seminarinhalt betreffend und darüber hinaus. Schadenur, dass Kiki nicht dabei war! Sie gehört zu diesem traditionellen Seminarmit dazu und wir rechnen auf ihre Anwesenheit beim nächsten Mal.

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Seminar vom 23. - 24.Mai 2003 in Günzburg

Prof. Dr. Urs Belser zu hören und mit ihm diskutieren zu dürfen, war wiedereinmal ein außergewöhnliches Ereignis, das Rolf Herrmann in Günzburghervorragend organisiert hat. Ursprünglich sollte die Fortbildung ”haut-nah” in der Uni Genf erfolgen, organisatorische Umstände ließen diesaber leider nicht zu. So fand das Seminar mit 20 Teilnehmern im gleichenHotel statt wie vor 5 Jahren. Die Atmosphäre war außerordentlich gut,was mit Sicherheit mit der persönlich- wie kollegial - sympathischen Aus-strahlung und der interaktiven und fachlichen Kompetenz des Referentenzu tun hatte. Die anfängliche Sorge des Referenten um sein noch nichtanwesendes Gepäck bezog sich nicht auf seine Vortragsbilder: Als erfah-rener Referent hatte er diese Pretiosen nur seinem Handgepäck anver-traut und die daraus zum Vorschein gekommenen Dias waren erste Sahne:Ein fotografischer Leckerbissen mit phantastischen zahnärztlichen undzahntechnischen Dokumentationen.

Adhäsives:

Aktuelle Trends in der adhäsiven Technologie. Welche Therapie oder Ver-sorgungsform ist heute mit den zur Verfügung stehenden modernenMaterialien zu wählen. Was ist machbar, welche Alternativen haben wirheute und was für eine Rolle spielen die Befestigungssysteme und dieMaterialeigenschaften. Diese Thematik wurde explizit beleuchtet.

Voraussetzung ist die seriöse und solide Verarbeitung und die folgerechteHandhabung. In Genf werden die derzeitigen technischen Errungenschaftenals logische Konsequenz genutzt und in ein modernes Behandlungskonzeptintegriert. Es wird nach Möglichkeit adhäsiv befestigt. Der Befund wirdunter diesen Aspekten bewertet und der Bandlungsplan formuliert.

Fälle, die gezeigt wurden, stammen zum Teil von Studenten, die ihrePatienten von der endodontischen bis hin zur prothetischen Versorgungbehandeln. Das Niveau und die Qualität der studentischen Arbeiten inGenf ist hoch und beeindruckte die Teilnehmer sehr. Die meisten weitergezeigten Lösungen stammen aus der Teamarbeit von Urs Belser mit seinemKollegen Pascal Magne und überzeugten durch sowohl fundierte als auchaußerordentlich analytische Planungen und Vorgehensweisen, gepaartmit einer jeweils technisch und ästhetisch hochkarätigen Ausführung.

Prozedere der Einzelzahnversorgung:

Besteht die Möglichkeit adhäsiv zu versorgen, wird diese Technologiegenutzt. Die Studenten stellen erheblich mehr Komposit als vollkeramischeFüllungen her, dies auch bei stark reduzierter Substanz. Demzufolge wirdweniger mit Kronen, sondern bevorzugt adhäsiv restauriert.

Bei endodontisch behandelten Zähnen wird der Kanaleingang mit GIZverschlossen und anschließend mit Komposit aufgebaut. Ein devitalerZahn hat (laut Studien) gleiche Elastizitätswerte wie ein vitaler, dies betrifftbesonders das Dentin. Bei anschließender Kronenversorgung wirdkonservativ, allenfalls – je nach Grad der noch vorhandenen strukturellenIntegrität - mit einem Stift zur Verankerung beigetragen.

Nach der Präparation wird das Dentin grundsätzlich mit Optibond FLversiegelt, um postoperative Beschwerden zu verringern. Die Sensibilitätensind damit in Genf signifikant reduziert worden.

Festsitzende Prothetikim Kreuzfeuer von adhä-siven Technologien und Implantaten

vonUlf Krueger-Janson

Frankfurt /Main

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Um auf schon vorhandenen alten Kompositrestaurationen weiter mitKomposit aufzubauen, wird die Oberfläche mit Siliziumpartikeln z.B.Cojet mittels Rondoflex von KaVo abgestrahlt.

Beim Eingliederungsprozedere werden vollkeramische Werkstückegereinigt, geätzt (HF 10% 90sec.) und silanisiert (Silicoup Vivadent – 3xund anschließend im Ofen bei 100°). Die Nachbarzähne werden durchStrip-Folie mit Interdentalkeilen abgeschirmt. Dann wird mit Phosphor-säure vollständig geätzt, gebondet und das Veneer, nachdem es mitBonding (Optibond) benetzt wurde, mit einem rein lichthärtenden Kompositbefestigt. Der Vorteil der reinen Lichthärtung wird in der längeren Ver-arbeitungszeit gesehen. Die Überschüsse werden mit einem Bondgetränkten Pinsel entfernt. Oxygard vervollständigt das Prozedere. Fallsnoch Überschüsse vorhanden sind, können sie mit einem Skalpell besondersim subgingivalen Bereich abgeschnitzt werden.

Des Weiteren wurde eine interessante Studie von Magne & Douglas vor-gestellt, welche die Spannungsfelder von Druck und Zugspannunganalysiert. Als folglich ideale Präparationsgrenze wird der konvexe Bereichim inzisalen und im apikalen Drittel der Zahnkrone präferiert, da hier diegeringsten Stresskonzentrationen vorliegen. Die Funktionsfähigkeit derSchnittstelle Dentin und Schmelz ist beachtenswert, da sie für das Biege-verhalten und die Elastizität verantwortlich ist. Dieser Grenzbereich istein wichtiges Kriterium bei der Rekonstruktion, weil hier ähnliche Werteerzielt werden können (Biomimetisches Prinzip), wie dies bereits mit Feld-spatkeramik erreicht wurde.

Eine sehr wichtige Vorbereitung für die Präparation ist die Herstellungeines Wax Up mit einem Silikonschlüssel. Es muss genau definiert werden,wieviel Substanz noch abzutragen ist, da zum Beispiel bei gealtertenZähnen eine Schmelzreduktion bereits stattgefunden hat. Das Mock Upist ein obligates Prozedere, um diagnostisch ästhetische Veränderungenzu visualisieren. Die Provisorien werden entweder direkt belassen, ohnedie Überstände besonders interdental zu eliminieren, oder nach dem Spotetching plus Bond Verfahren befestigt. Bei der Darstellung von interdentalenProblemfällen wurde auf die interproximale Gestaltung nach Geller hin-gewiesen, bei der nach palatinal leicht abgedunkelte Flaggen oder Fahnenden Interdentalraum geschlossen erscheinen lassen: Ein bekannter undsehr erfolgreicher Trick.

Kronen - Brückentechnik:

Evidenzbasierte Zahnmedizin ist Grundvoraussetzung für optimaleLösungen. Ebenso ist dabei die prothetisch orientierte Risikoanalyse einerfolgsdeterminierender Parameter. Strukturverlust und endodontischbehandelte Zähnen sind eine eindeutige Indikation. Die grundsätzlicheEinstellung ist, möglichst wenig Substanz zu beschleifen und Schaltlückendurch Implantate zu schließen. Sobald Zähne durch eine Brückenversor-gung eine strategische Bedeutung bekommen, kann es problematischwerden: Hier ist die Pfeilervermehrung durch Implantate besonders beigroßen Spannen das Mittel der Wahl. In diesem Zusammenhang wurdedas interessante Statement abgegeben, dass durch Erfahrung der Erfolgsignifikant steigt (laut einer 12- Jahres Studie): Alte Hasen können haltdoch bessere Haken schlagen.

Die Integration eines endodontisch behandelten Zahnes in einen Brücken-verband setzt eine optimale Stiftversorgung voraus, die vom Apex optimal

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5mm und minimal 3mm entfernt sein sollte. Auch die Fassung des Rest-zahnes durch den Kernaufbau sollte möglichst 1,5mm – 2mm betragen.

Neue Materialien wie glasfaserverstärkte Composit Brücken - auch so-genannte Slot Bridges - sind noch sehr experimentell. Die Problematikliegt beim ausreichend festen Verbund von Glasfaser und Composit, derbisher noch nicht hinreichend bewerkstelligt wurde. Über weitere metall-freie Alternativen wurden keine Beurteilungen abgegeben.

Implantate:

Implantate haben einen großen Einfluß auf die Behandlungsplanung undwerden in Genf als state of the art angesehen. Ästhetische Parameterkönnen dabei besonders in der OK Front optimal berücksichtigt werden.Die Vorbereitung des Implantatlagers, bzw. die Ausformung der Inter-dentalpapille wird durch Elongation (orthodontische – Mobilisierung) des“Knochens” und der “Papille” nach koronal oder mittels Ausformung durchdas Provisorium bewerkstelligt, nach Möglichkeit ohne große Augmen-tationen und mit Standardgröße. Die präimplantäre Analyse der vor-handenen ossären Strukturen bestimmt das Implantatsmanagement, wierechtzeitige Extraktionen und gingivales Management. Sofortimplantatewerden möglichst vermieden, weil die Ausheilphase nach der Extraktionso nicht ausgedehnt wird. Die Lücken werden mit Interimsprothesen versorgt. In Genf hat sich diesesProzedere als das unkomplizierteste etabliert, da nach 2 - 6 Wochenimplantiert und dann nach weiteren 6 - 8 Wochen die prothetische Supra-struktur anfertigt wird. Die Anzahl der erforderlichen Implantate ist im OKauf Grund der Knochenqualität größer als im UK. Besonders in der Frontsollte etwas weiter palatinal wegen der Resorption der feinen Lamelleinseriert werden.Im OK wird nicht grundsätzlich verblockt, um damit mechanischeKomplikationen zu reduzieren. Bis heute haben keine Untersuchungenaufgezeigt, wie sich die Kaukraftverteilung auf die Osseointegrationtatsächlich auswirkt. Eine solide Verblockung gestattet auch einenAnhänger. Die Verblockung mit einem natürlichen Pfeiler ist möglich, dadie momentanen Belastungen beim Kauzyklus so kurz sind, dass sie nichtzum Tragen kommen. (10 Jahres Report - Gunne, Astrand + Lindh Studie)Der Faserapparat ist gar nicht im Stande, so schnell zu reagieren.Geschraubt oder geklebt ist oft die Frage. Der Schraubenkanal schwächtdie okklusale Struktur der Keramik, die dann leicht abplatzt. Bei geringerGröße liegen Schrauben ggf. frei. Kleben ist das Mittel der Wahl und beieinem entsprechenden Drehmoment kann sich auch keine Lockerung desAbutments ergeben.

Okklusale Konzepte: Eckzahnführung, oder Gruppenkontakte, feine punk-tuelle okklusale Gestaltung. Zur Zeit gibt es keine Evidenz für ein Implantat-spezifisches Okklusionskonzept.

Zur Implantatlänge: Studien über 5 Jahre mit der Situation Krone im Ver-hältnis länger als das Implantat, oder Krone kürzer als das Implantatergaben keinen signifikanten Unterschied.

Resorptionen haben überwiegendt plaque– oder bakterienbedingteUrsachen. Zur Frage wie viel Patienten zeigen Gummy Smile — 50%.Thema bei Neuentwicklung des Implantatdesigns wird die Gestaltung dessupraossären Bereichs in Form von Skalopierung sein, um den Inter-dentalraum biologisch gestalten zu können.

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Resümee:

Wir haben zwei hochinteressante Tage erlebt, die uns das breite Spek-trum der Behandlung und die außergewöhnliche Kompetenz von Prof.Dr. Belser vermittelt haben. Viele Beispiele, anhand derer die jeweiligenVorgehensweisen zusammen mit den Teilnehmern diskutiert, bearbeitetund unter verschiedenen Gesichtspunkten eruiert wurden, haben dasSeminar vielseitig und mit hoher Fachkompetenz ausgestaltet.

Wir danken dem Referenten nochmals für die sehr offene und ehrlicheDarstellung und freuen uns auf ein Wiedersehen. Auch dem Veranstalter,Rolf Herrmann, noch einmal vielen Dank für die perfekte Organisation:Da hat wirklich alles gepasst.

Ästhetik mit Komposit imFrontzahnbereich

vonOliver Hartmann

Köln

Am Freitagmorgen, den 13. Juni, trafen sich 13 Kursteilnehmer in derPraxis von Jan Hendrik Halben an der Hamburger Isestrasse. Anfängliche Hoffnungen, man könnte auch noch etwas von der reizvollenHansestadt während des Aufenthaltes sehen, wurden bereits mit dem Aus-händigen des straff durchgeplanten Zeitplanes für die kommenden zweiKurstage zunichte gemacht.

Nach einer Einführung in die Grundregeln der Frontzahnästhetik undeiniger kurzer Buchbesprechungen (insbesondere des tollen Werkes vonPascal Magne) ging es direkt in den Themenbereich des ästhetischenKorrekturen.

Der Referent, Burkhard Hugo zeigte Vorteile und Anwendungen auf:

- Kostenersparnis gegenüber Veneers ca. 50%- Unabhängigkeit des Behandlers gegenüber dem Zahntechniker

Das Anwendungsspektrum reicht von

- restaurativem Arbeiten - über Form- und / oder Stellungskorrekturen nach oder statt KFO- über Form- und / oder Stellungskorrekturen nach oder statt

Prothetik- über die Verbesserung oder Ergänzung bereits vorhandener

Restaurationen- bis zur reinen Kosmetik

Im Verlauf des Kurses belegte Burkhard Hugo diese Einsatzmöglichkeitenmit schier unerschöpflichem Bildmaterial – es muss eines Überseekoffersbedurft haben um alleine die endlosen Dia-Karusselle nach Hamburg zuspeditieren.

Ein Exkurs in Richtung Farbbestimmung ergab, dass es viel einfacher ist,die Helligkeit eines Zahnes einzuschätzen als den Farbton selber. NachAnsicht von Burkhard Hugo hat die Farbe aber weniger als 50% Anteil

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am Gesamterfolg einer Maßnahme. Also weniger Einfluss als Gestaltung,Form und Approximalkontakt.

Auf den aufwendigen Einsatz von Farbmessgeräten verzichtet der Referent,zumal Transluzenzen, Opaleszenzen und Ähnliches nicht bestimmt werdenkönnen.

Zur Farbestimmung zieht der Referent schmale, selbstgefertigte Farbprobendes eigenen Kompositematerials heran und trägt diese in eine wenigstensfünf Farbtöne umfassende Skizze der individuellen Eigenheiten des jeweiligzu bearbeitenden Zahnes ein.

Im Gegensatz zur teilweise Lehrmeinung großzügiger Anschrägungender Präparation favorisiert der Referent eine grazile Abschrägung. Diesewird grundsätzlich mit einem Brownie nachfiniert die Fläche wird an-schließend größer geätzt und gebonded und später mit Dentinmasse undnur noch einem Hauch Schmelzmasse überzogen.

Beim Bonding arbeitet Burkhard Hugo mit Optibond FL von Kerr. DerPrimer wird grundsätzlich verblasen, das Bonding hingegen nicht.

Sehr effektiv war die Demonstration des subgingival eingekrempeltenKofferdams der mit gewachsten Zahnseideligaturen fixiert wurde. Eineentscheidende Rolle spielt die von Burkhard Hugo praktizierte Methodezum Legen und der anschließenden Ausformung der Matrize. Sie wirdhochkant eingebracht und dabei unter den Kofferdam in die Papille ein-geschoben. Anschließend wird sie gekürzt, am Nachbarzahn mit Fermitfixiert, und dieses wird nach idealer Konturierung der Matrize ausgehärtet.

Nach Anwendung von Ätzgel, Primer und Bonding wird flüssige Schmelz-masse mit einer dünnen, blauen Ultradentkanüle zwischen Zahn und aus-geformter Matrize appliziert. Hierbei kann durch Verspannen des Zahnesmittels eines Instrumentes ein guter Kontaktpunkt erzielt werden. An-schließend werden die unterschiedlichen Kompositmassen geschichtet.

Nach erfolgter Schichtung wird zunächst labial, dann interdental (fastkeine Nacharbeit durch perfekte Matrizenadaptation erforderlich) undzum Schluss inzisal ausgearbeitet. Burkhard Hugo verwendet hierbei einerote Flamme, Eva und Proxy Feile in 15µ Körnung, Brownie, Greenie undeine mit viel Anpressdruck geführte Okklubrush Bürste.

Im ersten Patientenfall wurden bei einer Patientin die Zahnstellung 11 und21 verändert. Die Inzisalkanten wurden verlängert und eine Schmelz-hypoplasie wurde abgedeckt. Nach ungefähr zweistündiger Behandlungverlies die Patientin die Praxis mit einem sehr schönen Ergebnis, wobeiallerdings die Farbwahl nicht perfekt getroffen war.

Der zweite Patientenfall war der Aufbau eines Zapfenzahnes 22. DasErgebnis war beindruckend, die Farbe besser getroffen. Es ist schon wirklich erstaunlich, welches breite Spektrum von KorrekturenBurkhard Hugo mit seiner Methodik sehr erfolgreich abdeckt. Ob diesFälle eines kompletten Zahnaufbaus sind, bei denen man unweigerlichan Kronen denkt. Oder Diastemaschlüsse bei den gleichzeitig korrigie-rendes Beschleifen der 1er distal und entsprechender Aufbau der 2ermesial erfolgt.

Trotz des betriebenen Aufwandes und der großen Erfahrung bleibt die

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Farbwahl und Anpassung ein besonders schwieriges Kapitel. Das vonReferenten verwendete Komposite “Bio Style” von Drewe soll ab Herbsterhältlich sein.

Zum Ende des Kurses ging Burkhard Hugo noch auf Reparaturen einsowie auf Grenzen und Synergien zwischen der von ihm praktizierten

Methode zur ästhetischen Umgestaltung von Front-zähnen und der Kieferorthopädie.

Beeindruckend waren auch die Bilder von direkt gefer-tigten und teilweise einseitig geklebten Komposit-brücken auf einem neuartigen, formbaren Fiberglas-trägermaterial “Ever Stick”.

Fazit: Ein rundum gelungenes Seminar mit tollenDemonstrationen und massenhaft Anregungen für neueIndikationen, sowie viele sofort umsetzbare “Kniffe”für den Praktiker. Ein Kurs, der in familiärer Atmos-phäre, live demonstriert, begleitet von viel kollegialemAustausch das bietet, was man eben nur in unserenkleinen und intensiven Seminaren hautnah mitnehmenkann, verbunden mit der Motivation, schon amnächsten Tag einiges besser machen zu können.

Ein ganz großes Kompliment an unseren Freund Jan Halben, der alsperfekter Organisator, aufmerksamer Moderator, hervorragender Gast-geber und mit seinem beneidenswert sympathischen und gut geschultenTeam das Wochenende zu dem hat werden lassen was es war – einfachrundum gelungen!

Auch dieses Jahr kamen wieder einige Endo-interessierte Youngster undFreunde nach Kiel, um sich von Referent Thomas Clauder in die Geheim-nisse einer perfekten Endo-Behandlung einweihen zu lassen.Das Kursprogramm, das als Fortsetzung des letztjährigen Grundlagen-programms geplant war, beinhaltete das Management (Cleaning undShaping) sowohl normaler als insbesondere auch schwieriger Kanal-strukturen mit maschinell getriebenen Feilen und Handinstrumenten. Dabeierlaubte die Gestaltung als Hands-On-Kurs die direkte Umsetzung undErprobung des theoretisch Erlernten an extrahierten Zähnen, wobei dieBenutzung von OP-Mikroskopen und Motoren durch die freundliche Unter-stützung durch Firma Jadent ermöglicht wurde.

Nachdem am Freitag gegen Mittag langsam alle Teilnehmer in die Praxisvon Lars und Manfred Pohle in Altenholz eingetrudelt waren und sich amleckeren Buffet gestärkt hatten, konnte es losgehen. Zunächst wurden diewichtigsten Grundlagen schwerpunktmäßig über maschinell betriebeneInstrumente wiederholt und die neuesten Trends und Systeme vorgestellt.Nach Erläuterung einer systematischen Vorgehensweise zur Schaffungeiner optimalen Zugangskavität mit Auffinden und Vorbereiten der Kanal-eingänge wurde uns die Technik der Wurzelkanalaufbereitung “normaler”Kanäle mit dem Pro Taper – System demonstriert.

Let´s talk about EndoTeil II27./28 Juni, Kiel

vonChristoph Bube

Göttingen

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Nach der Theorie konnten wir an extrahierten Zähnen zunächst die Auf-bereitung mit dem ProTaper System bei nicht allzu stark gekrümmtenKanälen üben. Die von Firma Jadent neben Motoren bereitgestellten Op-Mikroskope erfreuten uns mit “tiefen Einblicken”. Nach dieser erstenRunde ging es in die zweite theoretische Runde zur Aufbereitung vonMB2-Kanälen oberer Molaren, stark gekrümmter und obliterierter Kanäle.Im Folgenden konnten wir uns auch praktisch diesen Herausforderungenstellen.

Nach all diesen Anstrengungen war der Drang nach Speis und Trank ver-ständlicherweise entsprechend groß. Nichts bot sich besser an, als sichim Olympiahafen von Schilksee an den im Rahmen der Kieler Wochereichlich vorhandenen Freßbuden sich mit Backfisch und Bier zu stärken.Natürlich war das nicht das Ende des Abends...

...Um so erstaunlicher, dass sich alle mehr oder weniger fit am nächstenMorgen wieder in der Praxis Pohle einfanden, um nun etwas über die bestenFüllmethoden zu erfahren. Hier wurde insbesondere auf das Obtura II-System eingegangen. Auch dieses konnte anschließend an den zuvor auf-bereiteten Kanälen praktisch angewendet werden. Während die Raum-temperaturen sich langsam einem Rekord-Hoch näherten, sank die Motivationzunehmends, zumal ja noch das Highlight des Tages anstand: Der Segel-törn auf der Segelyacht ”Wappen von Hamburg” der Familie Buns auf derKieler Förde. Gegen ca. 14 Uhr hieß es “Leinen los” und bei herrlicherSonne und leichtem Wind genossen wir diesen Event. Auch nach Anlegenblieben die meisten noch an Bord, um das fröhliche Miteinander möglichstlange auszukosten.

Alles in allem war dies für alle Teilnehmer ein tolles Wochenende. Sowohlaus fachlicher Sicht als auch vom Nebenprogramm her, ließ es keineWünsche offen. Wir bedanken uns alle bei unserem Referenten ThommyClauder, bei Lars Pohle und seinen Eltern für die perfekte Organisationund Gastfreundschaft und nicht zuletzt bei Familie Buns für den traum-haften Segeltörn.

Laudatio fürUdo Kissenkoetterzum 65. Geburtstag

vonKlaus Dusemund

Neuss

Am 16. 06. 1938 erblickte Udo in Frankfurt als Sohn des Kunsthistorikersund Journalisten Dr. Jobst Anton Kissenkoetter und seiner Ehefrau, derZahnärztin Dr. Helene, geb. Pott das Licht der Welt. Die unterschiedlichenBerufe seiner Eltern prägten wohl auch seine späteren Interessengebiete.Er bestand 1957 am Geschwister Scholl Gymnasium in Düsseldorf dasAbitur, studierte zunächst Zahnmedizin in Bonn, Köln und Düsseldorf undlegte im Mai 1962 sein Staatsexamen ab. Bereits vor der letzten Prüfungkam er als zweiter Assistent in eine große Zahnarztpraxis in Neuss, inder ich als cand.med.dent. und voraussehbar zukünftiger Schwiegersohnnoch im Praxislabor werkelte. Wir berochen uns und bald entwickeltesich eine tiefe Freundschaft, die auf gegenseitiger Achtung und gemein-samen Vorstellungen fußte und zusätzlich befördert wurde dadurch, dasssich auch unsere Ehefrauen bestens verstanden.Wir kamen nach Ablauf unserer Assistentenzeit überein, mit dem Seniorin beratender Funktion eine Gemeinschaftspraxis zu gründen und betratendamit ziemliches Neuland. Als Grundvoraussetzung versprachen wir unsArbeitseifer und Fortbildungsbereitschaft, was sich für die folgenden mehr

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als 30 Jahre bewähren sollte. Den Tanz um das “goldene Kalb”, denPrivatpatienten, haben wir allerdings unabgesprochen nie mitgemacht.So ergab sich durch Vermittlung von Charlie Przetak und eines Dental-handelsvertreters Ende Juli 1966 die Einladung zum 1. Petralis – Kurs inder Praxis Cochanski in Kiel. Udo nahm teil und zählt damit im weiterenSinne zu den Gründungsmitgliedern der Neuen Guppe. Er kam begeistertzurück und so ließ die erste Mundvorhofplastik in unserer Praxis nichtlange auf sich warten. Kursteilnahmen bei Peter Thomas folgten, schließ-lich wurde er Vorstandsmitglied der Neuen Gruppe von 1976 – 1983,zuletzt als Generalsekretär. Seine Wahl zum Vizepräsidenten und damitzum president elect scheiterte 1976 an der Gegenkandidatur von ManfredPohle.Nachdem unsere Gemeinschaftspraxis sich in Neuss erfolgreich einge-führt hatte, begann Udo sein 2. Studium in den Fächern neuerer undmittelalterlicher Geschichte und Germanistik in Düsseldorf von 1969 –1975.Hier weckte das Thema seiner 2. Doktorarbeit, zuvor hatte er 1964 denzahnmedizinischen Doktor mit einer experimentellen Arbeit in der Gerichts-medizin in Düsseldorf erworben, durch die notwendigen Literaturrecherchenund Befragungen von Zeitzeugen sein Interesse für Sozialdemokratie,Parteiorganisation und staatspolitisches Machtstreben.Seine Dissertation: “Gregor Straßer und die NSDAP” erschien 1978 inder DVA (Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart) als Nr. 37 der Schriftenreiheder Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte und wurde in ihrer Gründlichkeitzu einem wichtigen Baustein der wissenschaftlichen Forschung für diesesdunkle Kapitel der deutschen Geschichte, der Anfangsphase des NS –Regimes und des Scheiterns der Weimarer Republik.Neben seiner mit vollem Einsatz betriebenen beruflichen Tätigkeit nahmUdo Kissenkoetter sich die Zeit zum kommunalpolitischem Engagement.Er ist seit 1975 bis heute Mitglied des Rates der Stadt Neuss als Abge-ordneter der SPD – Fraktion, deren Fraktionsvorsitzender von 1987 –1993 und seit 1993 bis heute stellvertretender Bürgermeister der StadtNeuss.Repräsentationspflichten treffen ihn auch zumindest zur Kirmeszeit alsVorsitzender und Major der Schützengilde in Neuss, was ihn sogar vonAufenthalten in seiner inzwischen zweiten Heimat in der Provence abhält.Diese Schützenwesenbegeisterung hat ihm auch den Vorsitz im Kuratoriumdes Schützenmuseums/-archivs der Stadt Neuss eingebracht.Als Übriggebliebener unserer Gemeinschaftspraxis beendete Udo imJahre 2000 nach knapp 38 Jahren seine zahnärztliche Tätigkeit, die ertrotz allem geliebt und mit stets wachem Geist und Aufgeschlossenheitfür Neues gewissenhaft ausgeübt hat.Hobbys hat er auch noch, schon als Schüler besaß er einen BMW Dixi,später einen Citroen mit Maseratimotor, einen Rosengart, einen halbenHorch. Er restauriert mit der ihm eigenen Akribie diese Automobilveteranenin seiner Garage, wofür sein Alltagsauto im Freien stehen muss. Fallsirgendwie Zeit bleibt, leitet und begleitet er Reisen zu kulturhistorischenZielen und schöpft dabei aus seinem reichen geschichtlichen Wissen.Zeitweilig hat er auch noch im “Club kochender Männer” kreativ mitge-macht.Uschi und ich wünschen mit allen Freunden der Neuen Gruppe Udo zumGeburtstag alles Gute, Gesundheit, Zufriedenheit und zusammen mitseiner Frau Christa, Tochter Andrea, Schwiegersohn und den Enkelkindernnoch viele Jahre sorgenfreien Lebens.

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Jörg Mutschelknausszum 65. Geburtstag

vonRose Marie Lohmiller

Frankfurt

Lieber Jörg, zu Deinem Geburtstag gebe ich Dir einen herzlichen “Batsch”(für die nicht schwäbischen Leser: einen herzlichen Händedruck), wie essich bei uns nach einer vierzig-jährigen kollegialen Freundschaft gehört.Seit unserem Studium in Tübingen sind diese vierzig Jahre wie im Flugevergangen. Du hast Dich überhaupt nicht verändert. Deine Herzlichkeit,die sich nicht nur durch Dein Lachen verrät, sondern sich in Deinen strah-lenden Augen widerspiegelt, nimmt jeden für Dich ein und mehr noch –jeder wird sich freuen, Dich wieder zu sehen. Deine ruhige, ausgewogeneArt im Umgang mit Menschen ist gerade in heutiger Zeit mehr als kost-bar. Dieses harmonische Miteinander spiegelt sich auch in unserer Be-gegnung mit Deiner lieben Frau Evelyn und Deinen beiden Kindern Tanjaund Robin.Jörg Mutschelknauss hat mit Abschluss seines zahnärztlichen Staats-examens 1965 in Tübingen auch zugleich die Promotion erlangt. Nachder Bundeswehr als Stabsarzt der Reserve assistierte er bei Dr. CharlesRighetti in Lausanne, dem Generalsekretär der SSO. Sein dortiger Ein-blick in die Problematik der Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten wecktesein Interesse an der kieferchirurgischen und implantologischen sowieparodontologischen Fachrichtung der Zahnheilkunde. Im Jahre 1966wechselte er zu Prof. Dr. H. R. Mühlemann an die Universität Zürich, woer nach einem Jahr die Leitung der Abteilung für Paradontologie über-nahm und schließlich Oberarzt wurde. In dieser Zeit lernte JörgMutschelknauss das überragende Können und die starke Persönlichkeitseines Lehrers Mühlemann schätzen und fand durch diese fachlich sehrfruchtbare Zeit zusammen mit anderen “Mühlemännern” wie Rateitschak,Renggli, Schmid, Curilevic, Bernimoulin und Saxer seine eigene Berufung.

Nach dieser wissenschaftlich sehr erfolgreichen Zeit ist es ihm einiger-maßen schwergefallen, sich in der väterlichen Praxis in Stuttgart nieder-zulassen, die er seit 1974 selbständig führt. Von 1983 - 1996 hatte erbei der KZV das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden der Vertreter-versammlung inne. Als Mitglied der DGP, der DGZMK, der Vereinigungfür wissenschaftliche Zahnheilkunde Stuttgart, der Neuen Gruppe undder AAP (American Academy of Periodontology) hat er sich stets auf höch-stem Niveau weitergebildet. Hinzu kommen seine Kurse mit Lauritzen,Stuart, Kurse in Swampscott 1987, 1991 und 1995 sowie diverseimplantologische Kurse.

Dieses hohe berufliche Engagement ist die eine Seite im Leben von JörgMutschelknauss. Mit außergewöhnlicher Hingabe widmet er sich bis heuteseinem liebsten Hobby, dem Tiefseetauchen. In über 45 Jahren tauchteer in sämtlichen Meeren der Welt, wie dem Mittelmeer, dem Atlantik, derKaribik, dem Pazifik, dem Roten Meer, ausgenommen dem Barrier-Riff inAustralien, aber auch in Süßwasserseen, Flüssen, Bächen und Quellenbis nach Florida hin. Bewundernswert ist auch seine Frau Evelyn, die seit30 Jahren mit ihm taucht. Mit seiner Unterwasserfotografie gewann erviele wohlverdiente Preise, auch in den USA. Sicher erinnern sich vieleKollegen der Neuen Gruppe an seinen Vortrag über das Tiefseetauchenund an seine einzigartige Dokumentation der Unterwasserwelt.

Lieber Jörg, pass auf Dich auf, damit Du bei guter Gesundheit noch viele,viele Jahre erleben kannst, in denen Du mit Deiner Familie und DeinenFreunden auch die anderen Hobbys wie Tennis, Radfahren, Jazz- undklassische Musik und Deine vielen Träume verwirklichen kannst.Das Barrier-Riff wartet noch auf Dich!

Lieber Jörg, lass es Dir gut gehen!

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Henning Rocke wurde im Jahre 1939 in Pyritz/Pommern als drittes vonvier Kindern geboren. Die Kriegswirren dieser Zeit zwangen die Familiewie viele andere, ihre Heimat zu verlassen. Die Flucht verlief über Greifs-wald und Kiel, bevor man sich schließlich in Neumünster niederlassenkonnte. Dort besuchte Henning das Holsten Gymnasium, wo er 1960auch seine Matura bestand. So sicher war dies allerdings nicht, da erden Großteil seiner damaligen Freizeit im Ruderclub als Schlagmann imVierer verbrachte – natürlich mit dem entsprechenden sportlichen Erfolg.

1960 begann er das Zahnmedizinstudium in Münster, wechselte aberbald nach Freiburg, wo er 1963 das Physikum absolvierte. Danach zoges ihn noch einmal für ein Semester nach Kiel. Vielleicht waren es dievielen Sonnentage in Freiburg oder eine junge Zahnmedizinstudentin mitdem Namen Ingrid, die ihn nur kurz im Norden verweilen ließ. 1964jedenfalls kam er wieder nach Freiburg zurück und beendete 1966 seinStudium mit dem Staatsexamen. Auch die Promotion mit dem Titel”Vergleichende Untersuchungen zur Pneumatisation der Nasenneben-höhlen” unter Herrn Prof. Dr. Beck, dem damaligen Leiter der HNO-Ab-teilung an der Universitätsklinik Freiburg, konnte 1966 abgeschlossenwerden. Im gleichen Jahr heiratete er schließlich seine Ingrid und beidekonnten sich über die Geburt Ihres ersten Kindes Carsten freuen.

Seine Assistentenausbildung begann er in den Abteilungen der Universitäts-zahnklinik der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg bei unserem MitgliedHerrn Prof. Dr. Siegfried Schreiber, dem damaligem Chef der konser-vierenden Abteilung. Danach wechselte er in die prothetische Abteilungunter den Professoren Rehm und Reiter und wurde schließlich 1970Privatassistent von Prof. Dr. Dr. Eschler in der Poliklinik für Mund-, Kiefer-und Gesichtschirurgie. Ebenfalls 1970 wurde das zweite Kind Marengeboren. Bevor sich die Familie endgültig in Freiburg niederlassen konnte,zog es Henning Rocke nach Zürich in die Abteilung von Herrn Prof. Dr.Mühlemann, dem Vorreiter der damaligen Parodontologie.

Schließlich konnten Henning und Ingrid Rocke 1970 ihre erste gemein-same Praxis in der Schwarzwaldstraße in Freiburg eröffnen. Sie fokus-sierte ihre Behandlungen auf die Kinderzahnheilkunde und er begannden damaligen Idolen wie Arne Lauritzen und P.K.T. nachzueifern. Hier-bei müssen wohl auch die Kontakte zur Neuen Gruppe geknüpft wordensein, denn 1975 wurde er in die Vereinigung aufgenommen. 1979 lernteer auf einem Neue Gruppe - Kurs Peter Guldener kennen, der ihn in denJahren danach in die Geheimnisse der Endodontie einführte. Die Begei-sterung für die ”dunklen Kanäle” fand ihren Höhepunkt zum einen in derCo-Autorenschaft für einen Endo-Klassiker der zahnmedizinischen Fach-literatur, dem ”Guldener/Langeland”, erschienen im Thieme-Verlag, undzum anderen in der Position des Fachgebietsleiters für Endodontie in derAPW. Seine ausgezeichneten didaktischen Fähigkeiten sorgten sowohlin den Kursen für die APW als auch in Kursen für die Neue Gruppe inKooperation mit seinem Freund Chris Stock aus England für zahlreicheZuhörerschaft. Alle Erfahrungen aus diesen Jahren fanden schließlich1984 in der neuen Praxis in der Konviktstrasse in Freiburg ihre Umsetzung.Von 1992 bis 1993 stand er der Neuen Gruppe als Präsident vor undsorgte mit den beiden Jahrestagungen 1992 Endodontologie vs. Implanto-logie sowie 1993 Implantologie vs. Regenerative Parodontologie inFreiburg für innovative Themen.

1997 hatte ich dann das Glück als sein Partner in diese Praxis einsteigenzu dürfen. Zum einen natürlich um diese Praxis einmal übernehmen zu

Henning Rockezum 65. Geburtstag

vonMarcus Simon

Freiburg

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können, zum anderen um ihm mehr Zeit zu geben, sich um seinemittlerweile schwer erkrankte Frau Ingrid zu kümmern. Im Dezember 2000schloß er seine Praxis. Ingrid Rocke, welche für viele von Ihnen noch inguter Erinnerung ist, verstarb leider viel zu früh im Februar 2001.

Beide Kinder stehen heute gefestigt in ihren Familien und Berufen: Carstenals Patentanwalt in München und Maren als Fachanwältin für Familien-und Erbrecht in Dresden. Mit drei Enkelkindern beschenkt, trifft sich dieFamilie regelmäßig in ihrem Domizil, einem Ferienhaus in Falkau imSchwarzwald.

Seine ungebrochene Aktivität und Energie setzt er auch heute noch invielfältiger Weise ein. Zum einen sorgt er sich als Vorsitzender desFreundeskreises des Freiburger Augustiner Museums um die Zukunft dieserKulturstätte. Zum anderen hat er die sein Leben lang gesammelten undrestaurierten historischen Schwarzwalduhren und -automaten mittlerweilein einem privaten Museum in Denzlingen katalogisiert und ausgestellt.Seit kurzer Zeit arbeitet er auch wieder verstärkt an seinem Handicap(Golf) und genießt die übrige Zeit zum ausgiebigen Reisen.

Im Namen seiner Freunde aus der Neuen Gruppe wünsche ich HenningRocke zu seinem Geburtstag Gesundheit, Glück und unzählige schöneStunden im Kreise seiner Freunde und Familie.

Die Freunde der Neuen Gruppe gratulieren Gründungsmitglied WolfgangMösch herzlich zu seinem 80. Geburtstag, den er am 19. August feierte.

Ihren 65. Geburtstag feierten am 16. Juni Udo Kiessenkötter (General-sekretär 1982 und 1983), am 3. August Jörg Mutschelknauss und am10. August Henning Rocke (Präsident 1992 und 1993). Die bestenWünsche zu diesen Festtagen!

60 Jahre wurden Tore Hansson (ausserordentliches Mitglied) am 17. Juli,Volker Niggebrügge am 2. August und Rolf Klett am 24. Oktober. DieNeue Gruppe gratuliert von ganzem Herzen.

Zu seinem 55. Geburtstag am 10. September wünschen wir Bernd Klaiberalles Gute.

Allen Jubilaren herzliche Glückwünsche!

Glückwünsche

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Brief an einen Freund

Kochany Kaziu, lieber guter Freund,

eigentlich dachten wir, Du wärest unsterblich! Nun müssen wir uns mitder schmerzlichen Tatsache abfinden, dass Du seit dem 30. August 2003nicht mehr bei uns bist.Wir alle verdanken Dir viel.

Du gehörtest zu den Initiatoren der Neuen Gruppe. Ohne Dich, GünterWunderling und Charlie Przetak hätte es nie eine Neue Gruppe gegeben.Geboren wurdest Du während der russischen Revolution in Perm am Uralund niemand wird je erfahren, ob Du nun Europäer oder Sibiriak, alsoAsiate gewesen bist.

Auf jeden Fall warst Du ein wunderbarer Mensch, immer bereit, anderenzu helfen, ihnen etwas zu geben oder mit ihnen ein Weinchen oder Deinesagenhaften Lammkoteletts zu genießen. Der schreckliche Krieg führteDich nach glücklicher Jugend in Wilna nach Fulda und bei unserer Tagungdort hast Du uns noch den Werksausweis der Fulda Reifenwerke ausunseliger Zeit gezeigt. Nach Studium in Marburg und Tätigkeit bei derUS Air Force und US Army warst Du seit 1958 in Düsseldorf privat-zahnärztlich tätig. Deine Liebe zur Zahnheilkunde (die Du zwar oftgeleugnet hast) ließ Dich schnell zu einem erfolgreichen und geachtetenZahnarzt werden, Gewinnmaximierung war nie Deine Sache, immer wardas Wohl der Patienten Dein Anliegen.

Du hast in vielen Fortbildungen und Veranstaltungen Dein großes Wissenan jüngere Kollegen weitergegeben. Wir alle haben davon profitiert undprofitieren weiter davon. Ich erinnere an Deine Mitarbeit bei der APW,dem IUZ, vor immer vollen Sälen und aufmerksamen Publikum. 1980/81warst Du Präsident der Neuen Gruppe; sie hat Dich zu ihrem Ehrenmit-glied ernannt. Ein kleiner Dank für das, was Du uns gabst. Ich weiß, wieDu Dich darüber gefreut hast. Viel zu lange hast Du gearbeitet und erstmit 78 Jahren angefangen, den längst verdienten Ruhestand mit DeinerUlla zu genießen. Zu Deinem 75. haben wir Dir “sto lat” gewünscht - hundert Jahre sollstDu leben. Damals hast Du gesagt: “Warum soll man der Gnade des Herrneine Grenze setzen?” Du wärest so gerne noch geblieben.

Leider musstest Du gehen, doch heute wie damals gilt: Kaziu wir liebenDich - tempus fugit - die Zeit flieht, aber Dich lieber Kaziu halten wir festin unseren Herzen.

Dein Pit

für alle Mitglieder der Neuen Gruppe

Zum Tode vonKasimir Mucko

vonPit Beyer

Düsseldorf

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Kasimir Muckoist nicht mehr unter uns

Am 30. August 2003 erlag Kasimir Mucko im Alter von 84 Jahren einerakuten Verschlimmerung seines Herzleidens. Er hinterläßt einen Sohn undeine Tochter aus erster und einen Sohn aus zweiter, bis zuletzt glücklicherEhe. Jegliche Trauerfeierlichkeiten verbat er sich und ordnete an, seine Ascheder Ostsee zu übergeben. Wir trauern mit seinen Lieben und seinen zahl-reichen Freunden um einen ehren- und liebenswerten Kollegen und außer-gewöhnlichen Menschen.

Kasimir Mucko war Wahldeutscher, geboren in Perm/Ural, aufgewachsenund zur Schule gegangen in Wilna, damals Polen. Sein Vater, deutsch-stämmig, gehörte der in Osteuropa vorherrschenden Oberschicht an, diedie dortigen Länder mitprägte. Seine Mutter war Opernsängerin franzö-sischer Herkunft. Er maturierte in schlimmer Zeit und kam mitten im Kriegnach Deutschland, wo er in einem Industriewerk in Hanau arbeitete undnach Kriegsende das Studium der Zahnmedizin an der Universität Marburgaufnahm, seine Approbation erlangte und zum Dr. med. dent. promoviertwurde. Es schloß sich eine achtjährige Tätigkeit als Zahnarzt in einerZahnklinik der US-Airforce an, die für sein weiteres Berufsleben prägendwar.

Im Jahr 1958 gründete er in Düsseldorf eine eigene Praxis, suchte undfand Kontakt zur örtlichen Kollegenschaft und wurde ein Motor für gemein-same Fortbildungsbemühungen. So kam auch ich in Kontakt mit ihm, lernteihn zu achten und bewunderte ihn schließlich auch, denn er vertrat ganzunbefangen eine Praxisphilosophie, die für uns, die wir damals alle imSozialversicherungsdenken befangen waren, völlig neu war. Für ihn warendie Belange, Erfordernisse und Nöte seiner Patienten alleinige Prämisseseines Handelns, genau so, wie es eigentlich jeder von seinem Arzterwartet. Die durch die Zwänge der Gesetzlichen Krankenversicherungunabweisbaren Einschränkungen bedeuteten ihm nichts, ja, er hatte sichnicht einmal ernsthaft damit auseinandergesetzt. Frei von Kalkül oder garzweifelhaften Umgehungsstrategien setzte er sich darüber hinweg undopferte sich auf in seiner Praxis.

Das konnte auf die Dauer natürlich nicht gutgehen, er kam in die Mühleder Prüfungsausschüsse und auf der anderen Seite wurde die Praxis wirt-schaftlich notleidend. Dann tat er das in einer solchen Situation einzigunangreifbar Klare: Er gab die Kassenzulassung zurück und praktiziertekünftig nur noch als Privatzahnarzt – mit bestem Erfolg. Zu dem sich inden 70er Jahren entwickelnden Ruf der Zahnärzte als Großverdiener derNation trug er allerdings nicht bei. Das ist bei einer solchen Praxisführungauch kaum möglich, eine finanziell gesunde Basis ergibt sich aber beigewissenhafter Arbeit und normalem Verlauf fast von selbst.

Sehr früh schon schloß auch ich mit Kasimir Mucko Freundschaft. Er gabmanche Anstöße zu meiner Arbeit in der Fortbildung und kann so füglichals einer der Väter des nordrheinischen Fortbildungsgeschehens bezeichnetwerden. Über die Jahrzehnte nahm er auch immer wieder selbst aktivdaran teil, nicht nur als Hörer, sondern auch als einer, der sein Könnenund Wissen in Vorträgen und Kursen an seine Kollegen weitergab. Unver-gessen werden manchen seine Praxiskurse sein, in deren Verlauf den Teil-nehmern nicht nur seine geräumige Praxis mit Labor zur Besichtigungoffenstand, sondern seine Frau Ulla auch eine der bald rundum berühmten

Kasimir MuckoNachruf

vonJoachim Schulz-Bongert

Meerbusch

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deftigen Essensspezialitäten “nach Art des Hauses” bereitete und servierte.In lebhafter Erinnerung sind auch seine Vorträge im Rahmen der ver-schiedenen IUZ-Zyklen über “Defensive Zahnheilkunde”, bei denen er indie Trickkiste des reichen Erfahrungsschatzes eines Zahnarztes griff,dessen Patienten zusammen mit ihm alt geworden sind und so naturgemäßBedürfnisse haben, die sich von denen junger Menschen in mancherHinsicht unterscheiden.

Selbstverständlich war Kasimir Mucko Mitglied mehrerer nationaler undinternationaler Fachgesellschaften, besonders hervorzuheben ist hier,dass er die Neue Gruppe mitbegründete, für eine Periode ihr Präsidentwar und nachher Ehrenmitglied auf Lebenszeit.

Wir, die Freunde der Neuen Gruppe und viele darüber hinaus, werdenihn in guter Erinnerung behalten.

Joachim Schulz-Bongert

Page 39: NEUE GRUPPE NEWS - Heft 23 - Herbst 2003

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Impressum

Copyright 2003 NEUE GRUPPE Nachrichten. Herausgeber:NEUE GRUPPE, wissenschaftliche Vereinigung von Zahnärzten.Redaktionelle Leitung: Dr. Ulrich Gaa.Die NEUE GRUPPE Nachrichten umfasst 2 Ausgaben pro Jahr.Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheber-rechtlich geschützt.

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