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Gute Idee mit bösen Folgen – per Mikrokredit in die Schuldenfalle Waldluft hilft: Im Arbeitseinsatz mit Schwerstbehinderten Nr. 242 | 21. Januar bis 3. Februar 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

Surprise Strassenmagazin 242/11

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Surprise Strassenmagazin 242/11

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Waldluft hilft: Im Arbeitseinsatz mit Schwerstbehinderten

Nr. 242 | 21. Januar bis 3. Februar 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

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EditorialDer Mensch im Zentrum

Alles neu macht der Mai, heisst es. Nun befinden wir uns zwar noch im Winter,trotzdem präsentieren wir Ihnen Surprise in veränderter Aufmachung. Es ist nichtalles neu, ein paar Umstellungen haben wir aber doch vorgenommen. Neu findenSie den Starverkäufer auf Seite 7. Bisher war diese Rubrik eher diskret im hinterenHeftteil platziert. Doch es sind unsere Verkaufenden, die alle zwei Wochen eine neueAusgabe auf die Strasse und unter die Leute bringen. Sie sind es, die Surprise ein-zigartig machen. Deshalb gebührt Ihnen ein Platz an prominenter Stelle im Heft.Falls auch Sie eine Lieblingsverkäuferin, einen Lieblingsverkäufer haben – rückenSie sie oder ihn mit Ihrer Nomination ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Für die Ver-kaufenden bedeutet die Nomination einen zusätzlichen Motivationsschub.

Neben dem Starverkäufer finden Sie auf Seite 7 künftig abwechselnd Kommentare,Hausmitteilungen und Leserbriefe. Diese Seite ist unser Forum für Meinungsäusse-rungen und -austausch zwischen Leserschaft und Redaktion. Eingestellt wurde hingegen unser Comic «Er-win». Wir bedanken uns bei seinem Schöpfer Udo Theiss ganz herzlich für die satirischen Bildergeschichten.

Unverändert bleibt unser journalistischer Ansatz, der den Menschen ins Zentrum stellt. In dieser Ausgabe er-zählen wir Ihnen die Geschichte des Urner Kantonsarbeiters Toni Briker, der bei der Schneeräumung in eineLawine geriet. Kollegin Julia Konstantinidis begleitete eine Gruppe von Schwerstbehinderten zur Arbeit in denWald, wo sie feststellte, wie beruhigend die Arbeit in der freien Natur auf Menschen mit geistigen Beein-trächtigungen wirken kann. Wir blicken nach Indien und Bangladesch, wo Mikrokredite manche Menschen indie Schuldenfalle treiben. Und schliesslich präsentieren wir Ihnen zur Erinnerung an Emilie Lieberherr einenpersönlichen Rückblick auf das Leben der verstorbenen Zürcher Sozialpolitikerin.

Ich wünsche Ihnen anregende Lektüre

Reto Aschwanden

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RETO ASCHWANDEN

REDAKTOR

Ihre Meinung!Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, [email protected]. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3

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Inhalt03 Editorial

Umgestaltet05 Basteln für eine bessere Welt

Heli-Mann fürs WEF06 Aufgelesen

Künftig kommts dick06 Zugerichtet

Die gerammte Politesse07 Leserbriefe

Zum Lachen07 Auflösung Bildrätsel

Die Gewinner07 Starverkäufer

Ernst Aebersold 08 Porträt

Lebenslang reisen16 Emilie Lieberherr

Rückblick auf ein bewegtes Leben22 Wörter von Pörtner

Hündischer Optimismus23 Politikerband

Parteiübergreifend musikalisch24 Kulturtipps

Ein Reifen dreht durch26 Ausgehtipps

Solidarischer Jass28 Verkäuferporträt

Persönliche Räume29 Projekt Surplus

Eine Chance für alle!30 In eigener Sache

ImpressumINSP

Jeden Winter verschütten Lawinen Hunderte vonMenschen. Rund zwei Dutzend kommen dabei umsLeben, viele werden gerettet. Menschen wie der UrnerToni Briker. Er erzählt, was in einem vorgeht, der 20Minuten lang im Schnee begraben liegt und wie dasLeben danach weitergeht. Und ein Retter schildert,was die Suche nach Verschütteten bei den Helfern auslöst.

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Marco, Peter, Daniel und ihre Kollegen brauchen kons-tant Betreuung. Sie sind schwerstbehindert und lebenim geschützten Rahmen von therapeutischen Institu-tionen und Wohnheimen. Sie sind aber auch Waldar-beiter und verbringen ihre Zeit tageweise bei jedemWetter draussen und halten ein Stück Basler Naher-holungsgebiet in Schuss.

13 MikrofinanzDie Schulden der ÄrmstenMikrokredite galten eine Zeit lang als Wundermittelgegen Armut. Nun offenbaren sie schlimme Neben-wirkungen. Enormes Wachstum und scharfer Wettbe-werb haben in Indien und Bangladesch Massen in dieÜberschuldung getrieben. Doch die Verdammung derKleinstdarlehen ist so verfehlt wie die unkritische Ver-herrlichung.

10 LawinenLeben nach dem weissen Tod

19 IntegrationMänner im Wald

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Basteln für eine bessere WeltDavos, und jedes Jahr dasselbe Trauerspiel: Am Weltwirtschaftsforum treffen sich Promis aus Politik und Wirtschaft im für die Öffent-lichkeit abgeschotteten Bergdorf und diskutieren Weltbewegendes. Weil wir auch mitreden wollen, schicken wir unsere Botschaften viaHubschraubermänner über die Absperrzäune: Eine Invasion der guten Worte.

Schneiden Sie aus Papier oder dünnem

Karton einen Streifen mit den Massen

20 x 7 Zentimeter aus.

Verzieren Sie die eine Seite der

Flügel mit dem Motiv Ihrer Wahl,

zum Beispiel mit Sternen, einem

blauen Himmel oder Ähnlichem.

Schreiben Sie Ihre Botschaft auf die an-

dere Seite der Flügel.

Befestigen Sie eine Büroklammer an

den Füssen des Hubschraubermannes,

so fliegt er besser.

Zeichnen Sie auf beide Seiten des

Papierstücks eine Figur. Sie soll so

gross sein, dass sie zwei Drittel des

Streifens ausfüllt.

Schneiden Sie den oberen, leeren Teil

des Streifens in der Mitte bis zur an-

gezeichneten Linie in zwei Hälften.

Das sind die Flügel des Hubschrau-

bers.

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AufgelesenNews aus den 90 Strassenmagazinen,die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Trinkerlied

Stuttgart. Von Peter, Verkäufer der Salz-burger Strassenzeitung «Apropos»: «Gross,gross, gross, manchmal werden die Proble-me übergross. Dann tut sich Peter niedersau-fen, und die Frau will mit ihrem Manne raufen. Wein, Wein, Wein, es muss ein Dop-pelter sein. Den Wodka will ich lieber lassen,den Zustand der Welt, wie er ist, kann ichnur hassen. Still, still, still, wie ich eine an-dere Gesellschaft will. Die Reichen habensdick in ihren Händen, der Peter wird seineRente nicht mehr vollenden.»

Geld zu verschenken

Graz. Ein einfach gekleideter Mann steht inder Grazer Innenstadt vor einem der Luxus-geschäfte, in seiner Hand ein Porzellanschäl-chen, daran klebt ein schäbiger Kartonfetzenmit der Aufschrift: «Geld zu verschenken». ImSchälchen klappern 18 Euro in Münz. Wäh-rend die vorbeieilenden beim ersten Blick aneinen Bettler denken, sind sie beim zweitenganz schön irritiert. Genau das bezwecktKünstler Thomas Seiger auch. Spricht ihn je-mand an, erklärt er routiniert: «Meine Grund-bedürfnisse sind gedeckt. Was übrigbleibt,verschenke ich.»

Übergewicht

Wien. Frauen sind wöchentlich bis zu 5000«Idealkörperfotos» ausgesetzt. Gleichzeitigerreichen laut Thomas Dorner vom WienerInstitut für Sozialmedizin nur gerade sechsvon 10 000 die sogenannten Idealmasse 90-60-90. Denn immer mehr Menschen werdenübergewichtig: Im Jahr 2048, warnen Exper-ten, könnten bereits alle Erwachsenen über-gewichtig sein. Die Kinder von heute seiendeshalb womöglich die ersten in derMenschheitsgeschichte, die eine geringereLebenserwartung haben als ihre Eltern.

ZugerichtetWeg frei!

Im Juli vorletzten Jahres soll der 52-jähri-ge Kaufmann René O.* der Politesse P. zuerstden Stinkefinger gezeigt und sie anschlies-send angefahren haben. Nun steht er vor Ge-richt. Seine Glatze ist so glänzend poliert wieseine Lederschuhe. Ein Bonvivant, elegant,souverän. Nur die roten Flecken auf denWangen verraten seine Nervosität.

Er sei zurzeit arbeitslos, antwortet er aufdie Frage nach seinem Einkommen, werdeaber hoffentlich bald in den Aussendienst ei-ner Computerfirma übernommen. An jenemTag im Juli hat er seinen Wagen gerade imeingeschränkten Halteverbot abgestellt, alser die Politesse auf der anderen Strassenseitesah. «Da ist es mir hochgekommen.» In Zü-rich könne man einfach keine Parkplätze fin-den, immer werde er aufgeschrieben. VorWut habe er der Politesse zugerufen, ob sieeigentlich nichts Gscheiteres im Leben zutun hätte, als die Leute zu nerven.

Die Frau sei daraufhin im Sturmschritt aufihn zugekommen. Er habe sich bedroht ge-fühlt, behauptet René O., und sich schnell inseinen Wagen geflüchtet. Ja, das sei nicht diefeine Art gewesen, aber, my God, «in Zürichredet man halt so». Einen Stinkefinger habeer der Politesse jedenfalls nicht gezeigt, dassei nicht sein Stil, er sei eher der verbale Typ.

Der Richter ist skeptisch, von einer älte-ren Dame müsse man sich doch nicht be-droht fühlen. Doch, die sei wild gestikulie-rend um den Wagen herum gelaufen und habe unverständlich auf ihn eingeredet, sagtHerr O. Ganz vorsichtig, wie er das immermache, habe er dann aus der Lücke rausfah-ren wollen, aber die Beamtin habe ihm den

Weg versperrt. Ganz langsam sei er auf dieFrau zugerollt, und die sei zurückgewichen.Von einem Zusammenstoss habe er nichts be-merkt. Das Ganze sei einfach eine Unmutsäus-serung gewesen – und jetzt eine Anklagewegen so was, also nein.

Die Politesse wollte sich diese Unmutsäus-serung aber nicht gefallen lassen. Sie sei zügigüber die Strasse gegangen und habe die Papie-re von Herrn O. verlangt. Aber René O. habeihr wie in einem Anfall immer wieder den Stin-kefinger gezeigt und dabei hämisch gelacht,steht im Einvernahmeprotokoll.

Wie die Politesse weiter aussagte, habe siedann den Wagen in der Lücke blockiert unddeutliche Zeichen zum Anhalten gegeben.Ganz starr sei sie geworden, als der Wagen aufsie zugeschossen sei. Als sie vom Wagen ge-troffen worden sei, habe Herr O. ihr genau indie Augen geschaut und sei dann einfach da-vongebraust. Sie habe einen handtellergrossenBluterguss am Bein davongetragen.

Kaufmann René O. zeigt sich über die An-klage und den Prozess nach wie vor erstaunt.Wenn er gewusst hätte, «dass so ein Apparat»sich ein Jahr mit ihm beschäftigen würde. MyGod, er frage sich, ob die Justiz nichts Besse-res zu tun habe.

Der Richter glaubt der Politesse. Auch wennRené O. Frau P. nicht habe überfahren wollen,dürfe er sich nicht mit dem Auto den Weg frei-rammen. Er verurteilt René O. zu einer Geld-strafe. Deshalb sei er aber kein Krimineller, tröstet der Richter. Doch René O. sagt, offenbarbeleidigt: «Jetzt fühle ich mich aber so.»

*Persönliche Angaben geändert.

ISABELLA SEEMANN ([email protected])

ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

([email protected])

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Starverkäufer Ernst Aebersold Sandra Blatter-Genier aus Burgdorf nominiert Ernst Ae-bersold als Starverkäufer: «Schon frühmorgens ist er beijedem Wetter unterwegs und oft pfeift er dabei zufriedenvor sich hin. Seit sechs Jahren kennen die Burgdorferin-nen und Burgdorfer Aschi als immer gut gelaunten Ver-käufer der Zeitschrift Surprise. Egal, ob er seine Hefte inder Bahnhofspassage oder in Restaurants an den Mannrespektive die Frau zu bringen versucht – seine aufge-stellte, liebenswürdige Art kommt überall gut an.»

Nominieren Sie IhrenStarverkäufer!

Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Siean dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, [email protected]

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Nr. 241: «Bauern global – Wie Afrika in die Schweizer Alpen kam»HochachtungIch gratuliere zum Porträt «Verletzlich wie ein Schmetterlingsflügel».Der Text ist sehr einfühlsam verfasst. Ich habe grosse Hochachtung vorLisa Huber. Gerade in der heutigen Zeit, wo so viel Wert auf das Äusse-re gelegt wird, braucht es viel Mut, zu einer Hautkrankheit zu stehenund sich so, wie frau ist, anzunehmen. Sigrid Lüber, Wädenswil

Nr. 240: «Es werde Licht – Erkenntnisse der Nullerjahre»Zum LachenIch war zu Besuch in Zürich und erwarb eine Ausgabe des Strassenma-gazins Surprise. Dachte, tust mal gutes Werk und kaufst dem in der Käl-te Stehenden etwas ab. Das Magazin ist mir schnuppe, dachte ich. Unddann fing ich mit dem Lesen an, und ich muss sagen, ich bin angenehmüberrascht worden. Kritische und auch ernste Themen werden erfri-schend wiedergegeben. Und immer/meistens mit einer Schlusspointe,

die mich zum Lachen bringt. Dabei lache ich nicht über den Verfasserdes Textes, sondern über die Suuuperreichen und Suuuperschönen undSuuuperpolitiker im Lande, welche die Autoren so geschickt aufs Kornnehmen – recht so! Georg Bernhard, Bremen

Viel MutIch habe mich riesig über die Weihnachtsnummer gefreut. Vielen Dankfür eure Arbeit und den guten Lesestoff. Alles Gute weiterhin und vielMut im neuen Jahr.Barbara Gygli Dill, Basel

Nicht veraltetIch finde Surprise echt gut. Auch zwei, drei Wochen später sind die drinenthaltenen Artikel nicht «veraltet». Ich freue mich jedes Mal über eineNeuausgabe, und den dankbaren Blick des Verkäufers.Hedy Peer, Hünenberg See

Unser Postfach quoll über von der Vielzahl an Einsendungen zum Bilderrätsel in der Weih-nachtsausgabe und den vielen Neujahrsglückwünschen, für die wir uns herzlich bedanken möch-ten – Ihnen allen ebenfalls ein gutes und erfolgreiches 2011! Gewinnen konnten jedoch leider nurdrei. Hier sind sie:

1. Preis (eine Surprise-Tasche gefüllt mit Überraschungen): Walter Lentzsch, Kilchberg (ZH)2. Preis (ein Surprise-Strandtuch): Vreni Siegfried, Thörigen (BE)3. Preis (eine Surprise-Tasche): Murielle Scherrer, Basel

Herzlichen Glückwunsch!

Leserbriefe«‹Das Magazin ist mir schnuppe›, dachte ich.»

Bilderrätsel 240Die Gewinner

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ISABELLA SEEMANN (TEXT) UND NANDOR NAGY (BILD)

Oh, diese Männer! Nicht immer einfach waren in fernen Ländern dieBegegnungen mit ihnen. Da sass sie einst im Propellerflugzeug. Tau-send Meter unter ihr ein grünes Meer, das nicht zu enden schien. Kilo-meter um Kilometer, eine gefühlte Ewigkeit. Prompt schaltete derBuschpilot seine Maschine auf Autopilot, ging nach hinten in die Kabi-ne und drängte sich seiner einzigen Passagierin auf. Es gab kein Ent-weichen. «Er meinte, der Flug über den Amazonas eigne sich auch gutfür einen Quickie.»

Selbstbewusst und gelassen erzählt sie von ihren Abenteuern als al-lein reisende Frau. Eine zarte Dame, das Haar im Pagenschnitt frisiert,ein feines Gesicht mit verschmitzten Augen, dezent gekleidet und mitDutzenden von Armringen äthiopischer Stämme geschmückt: Das istCharlotte Peter, promovierte Historikerin, Grand Old Lady des Reise-journalismus, 86 Jahre alt.

Wer ihr begegnet, vergisst ihr Lachen nicht, und diesen hintergrün-digen Humor. Man braucht allerdings Glück, sie in Zürich anzutreffen.Eben noch weilte sie in Burma, schon bereitet sie sich auf die Über-landfahrt von Addis Abeba nach Nairobi vor, dann stehen dieses Jahrnoch eine Bootsfahrt auf dem Ganges und eine Reise von Georgiendurch Ostanatolien bis nach Istanbul auf ihrem Programm, dazwischenbesucht sie «schnell» ihr Pied-à-terre in Paris, und selbstredend geht eswieder nach China, das sie schon mehr als hundert Mal bereiste. DieWeltenerforscherin erinnert sich noch gut an ihre Premiere vor genau 50Jahren, als Mao die Tore für Touristen öffnete. Wenn sie alleine essenging, platzierte man sie im Restaurant hinter Paravents. Ob man sie vorden Blicken Einheimischer schützen wollte oder die Einheimischen vorihrem Anblick – sie weiss es bis heute nicht. Mittlerweile ist Peking zuihrer zweiten Heimatstadt geworden und Chinesisch kann sie so viel,dass sie die Strassenschilder lesen kann. Sinologin wollte sie eigentlichwerden, doch gab es in ihrer Jugend noch keinen Lehrstuhl an der Uni-versität Zürich. So hat sie Geschichte und Kunstgeschichte studiert.

Ihr Elternhaus war bürgerlich, der Vater, ein Ingenieur und weitge-reister Mann, unterstützte seine Töchter in ihrem Wissens- und Frei-heitsdrang. Nach dem Studium, kurz nach En-de des Zweiten Weltkrieges, sagte die jungeLotte der Schweiz Adieu und schiffte in LeHavre nach Amerika ein, wo sie an der Uni-versity of Kansas als Assistentin arbeitete. DasGeld für die Rückreise verdiente sie sich als Erbsenpackerin in einerKonservenfabrik. Bereits damals hielt sie alle Erlebnisse in Notizbü-chern fest, von der Fahrt auf dem Frachtschiff über den Pazifik nach Ja-pan, von ihrem Aufenthalt in Kalkutta und ihrer Zugreise zurück in dieSchweiz.

Seit dieser ersten Weltumrundung hat Charlotte Peter mit dem Reisennicht mehr aufgehört. Über 100 000 Kilometer fliegt sie jährlich, fährtnoch immer stundenlang auf Jeeps über Schotterpisten – und winkt all-fällige Bedenken wegen Strapazen weg. Schliesslich hält das Reisen Be-lohnungen parat, die das Rentnerdasein nicht kennt: «Wenn man so vielreist wie ich, dann ist es, wie wenn einem Flügel wachsen.»

PorträtDie SteppenwölfinCharlotte Peter hat ein aussergewöhnliches Leben lang die Welt bereist. Dieses Jahr stehen erneut China,Äthiopien, Indien und Georgien auf dem Programm der bald 87-jährigen Dame.

Ferien hat sie nie gemacht, sie ist immer nur gereist. Bereits in ihremBeruf als Journalistin war sie ständig unterwegs, schrieb über Kulturund Mode, als Chefredaktorin bei der «Elle» und der «Annabelle» begleitete sie die Fotoshootings «around the world». Nach ihrer Pensio-nierung – ein Wort, das sie nur vom Hörensagen kennt – verfasste sieReiseberichte für die «Züriwoche» und «Die Weltwoche».

Mit 70 wechselte sie die Seiten, wurde Reiseorganisatorin und ver-mittelte ihr immenses Wissen als Reiseleiterin. Heute bietet das Reise-büro «Indo Orient Tours» Reisen unter der «kulturellen Leitung von Dr.Charlotte Peter» an und es gibt richtige Peter-Fans, die keine Tour mit ihrverpassen.

Oft aber ist «der Steppenwolf», wie sie sich zuweilen selbst sieht, al-leine unterwegs. Dabei begleiten sie weder Einsamkeit noch Langewei-le. «Ich bin neugierig wie ein junger Hund, es gibt immer etwas zu ent-decken». Geheiratet hat sie nie. Nicht aus Prinzip, es hat sich einfachnicht ergeben. «Das Leben ist kein Dessertbuffet, an dem man sich nachBelieben bedienen kann», sagt sie mit der Gleichmut eines reifen Men-schen. «Und wenn ich mir die Welt anschaue, so habe ich unter den sie-ben Milliarden Menschen doch ein gutes Los gezogen.»

Dieses Bewusstsein macht sie ausgeglichen und auch tolerant gegen-über den Unbill auf Reisen. Nur wenn ihr die «Gerneguten» vorwerfen,sie unterstütze mit ihrem Tourismus in Militärdiktaturen wie Burma dasherrschende Regime, verliert die alte Dame die Contenance. «Das istdoch fertiger Blödsinn.» Durch das Wegbleiben von Touristen würde dieBevölkerung zusätzlich bestraft. Nicht nur, weil Gäste nötige Devisenbrächten, sondern auch, weil die Menschen auf unzensierte Informatio-nen von Besuchern angewiesen seien. «Geben diese Möchtegern-Men-schenrechtler auch nur einem einzigen Burmesen Arbeit?», fragt sie indigniert. Auch über Besserwisser kann sie sich fürchterlich echauffie-ren. «Kaum haben sie ihren Fuss über die Grenze gesetzt, schulmeisternsie die Bevölkerung, wie ihr Land zu regieren sei – also nein, so geht dasnicht!» Alles Missionarische ist ihr zuwider. «Ich liebe diese Welt», sagtsie, «und mit dieser Einstellung bereise ich sie.»

Traumziele hat sie keine mehr, und das stimmt sie ein wenig melancholisch. Der letzte Wunsch, den sie sich erfüllt hat, war der

Kailash, der Heilige Berg der Buddhisten in Tibet. Ihn einmal zu um-wandeln, soll die Verdunkelungen eines Lebens bereinigen. Manch einjunger Spund rannte zielgerichtet den Berg hoch – und bekam den Höhenkoller. «Ohne Ehrfurcht, Glauben und Hingabe ist nichts gewon-nen», erklärt Charlotte Peter, die sich dem Buddhismus verbundenfühlt. Obwohl sie unsportlich ist, schaffte sie es, den Berg auf 5000 Me-tern Höhe in drei Tagen zu umwandeln. «Weil ich mit der inneren Hal-tung einer Pilgerin ging.»

Bescheiden wie ein Pilger und behutsam wie ein Liebender, das istihre Reisephilosophie, so will sie den Menschen begegnen. ■

«Wenn man so viel reist wie ich, dann ist es,wie wenn einem Flügel wachsen.»

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Hier steckte Toni Briker im Mai 1982 im Schnee. Drei Tage später hilft das Militär beim Ausgraben der Schneefräse.

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Jedes Jahr sterben in der Schweiz durchschnittlich 25 Menschen in Lawinen. Manche aus Leichtsinn, ande-re bei der Ausübung ihres Berufs. Den Urner Kantonsarbeiter Toni Briker traf es bei Räumungsarbeiten amKlausenpass. Er hat überlebt. Die Erinnerung begleitet ihn bis heute.

Lawinen«Sechs Meter lagen über mir»

VON RETO ASCHWANDEN

«Es geschah am 10. Mai 1982. Da war ich 27 Jahre alt. An Ostern hat-te ich mich verlobt. An diesem 10. Mai kaufte meine Zukünftige ihrHochzeitskleid. Ich arbeitete beim Bauamt Uri und hatte den Auftrag,mit einem Kollegen den Klausenpass zu öffnen. Auf der SchächentalerSeite gab es seinerzeit unterhalb der Passhöhe eine Notbrücke, die imWinter weggenommen wurde. Deshalb machten wir die Strasse vom Ur-nerboden her frei: Drei Helfer gingen voraus und steckten die Route aus.Der Maschinist Heinz Fedier räumte mit der Schneefräse die Strasse, icharbeitete dahinter. Einer muss schauen, dass man richtig in der Spurliegt, das heisst, im Schnee mit der Sondierstange prüfen, wo der Stras-senrand liegt und dem Maschinisten Anweisungen geben.

Es war ein Montag mit stockdickem Nebel, keine zehn Meter Sicht.Übers Wochenende hatte es noch einmal Neuschnee gegeben. Nasser,schwerer Schnee. Kurz nach 16 Uhr brach weit oben am Berg eine Lawine los. In der Maschine laufen zwei Dieselmotoren mit je 300 Rös-sern. Da hörst du nichts von der Umgebung. Die Schneewände am Stras-senrand waren sechs Meter hoch. Der Schwall kam wie eine grosse Welle über mich, füllte den Graben und packte mich von unten her ein,in Sekundenbruchteilen. Stehend, mitten im Schritt, eine Hand vor demGesicht, die andere hinter dem Rücken, ich wollte ja flüchten, hatte aberkeine Chance. Nassschnee im Frühling, der ist wie Beton. Da kamen im-mense Kubik, Unmengen von Schnee. Sechs Meter lagen über mir.

Wenn das Herz den Schieber zumachtDie Maschine wiegt 16 Tonnen, doch sie wurde wie ein Spielzeug an

die Schneewand geschoben. Die Lawine drückte die Kabine und die Fen-ster ein und presste Heinz Fedier in eine Ecke. Zum Glück konnte er miteiner Hand vor dem Gesicht ein Luftloch freihalten. Die Helfer weitervorne bekamen das nicht mit, hörten aber, wie es den Motor abwürgte.Deshalb machten sie kehrt. Zuerst merkten sie nicht, dass die Lawinedie Fahrrinne wieder aufgefüllt hatte. Erst alssie vor sich die geräumte Strasse sahen undweit und breit keine Fräse, merkte einer: Dahinten, das ist Lawinenschnee! Einer ging run-ter auf den Urnerboden, um Alarm zu schla-gen. Zum Glück waren wir kurz davor mit Barryvox ausgerüstet worden, das sind Lawi-nensuchgeräte. Damit konnten sie uns orten.Mit den Suchstangen stiessen sie dann auf dasMetall der Maschine. Heinz Fedier hatten sie relativ schnell. Er sagte:Mir geht es soweit gut, lasst mich erst mal drin, sucht den Kollegen!

So haben sie es mir später erzählt. Ich war unter dem Schnee. Sorgenmachte ich mir nicht gross. Ich dachte: Ich habe ein Barryvox, damitwerden sie mich finden. Jetzt will ich schauen, wie lange es dauert, bisder Fedier Heinz mich ausgräbt. Dass es ihn in der Maschine auch er-wischt hatte, wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Es dauerte länger

und länger. Mir schien, es liefen Leute über mir herum. Es gab da so einGeräusch: Wupp, wupp, wupp. Nachträglich habe ich erfahren, dassdas der Sauerstoff war, der aus dem Schnee entwich, während die Masse immer kompakter wurde.

Ich spürte, wie es meinen Körper zusammenpresste. Es gab nichtsmehr zum Schnaufen, keine Möglichkeit zum Dehnen. Atmen konnteich nur noch schnappend, so wie wenn man den Schluckauf hat. Dannverlor ich das Bewusstsein. Das lag am Sauerstoffmangel, Verletzungenhatte ich keine.

Irgendwann beginnt dann ein Film zu laufen. Ich habe mich nie soweit in die Kindheit zurückerinnern können wie in der Lawine. Kurz vordem Erstickungstod fängt das Hirn an abzubauen und dann läuft dieserFilm. Mein Bruder hatte mir als ich keine zweijährig gewesen war, beieinem Unfall mit dem Beil den kleinen Finger abgeschlagen. Diese Ge-schichte kannte ich nur aus Erzählungen. In der Lawine aber war mirdas präsent: Ich war dabei, wie er mir beim Holzen den Finger abhack-te. Ich sah mich im Spital, wie ich den Verband abriss. Jedes Detail, dasin meinem Leben etwas verändert hatte, tauchte vor mir auf: aus derKindheit, der Schule, bis in die Zeit als Erwachsener. Am Schluss kamder Tag, an dem wir zum Klausen hochfuhren an die Stelle, wo uns dieLawine traf. Ich fand das schön, diese Klarheit, meine 27 Jahre noch ein-mal in Bildern zu sehen.

Es vergingen gut 20 Minuten, bis sie mich fanden. Als sie bis zu mirrunter gegraben hatten, liessen sie den Arzt mit der SauerstoffflascheKopf voran ins Loch. Die Lunge klebte bereits zusammen, doch durchden Sauerstoff riss es die Gewebefasern auseinander. Danach ging es mitdem Heli ins Spital nach Glarus. Als sie mich in die Notaufnahme scho-ben, kam ich das erste Mal wieder zu mir. Sie massen 17 Grad Körper-temperatur, das ist nicht mehr viel. Der Arzt meinte, ohne den stabilenWetterhut, den ich trug, hätte ich nicht überlebt, zumindest nicht ohnebleibende Schäden. So aber hielt er mir die Kälte vom Kopf. Im Polizei-rapport gibt es Bilder, auf denen erkennt man mich nicht: wie aufge-

dunsen und alle Adern stehen raus. Das ist typisch für Erstickungstod.Es war haarscharf. Ohne Sauerstoff macht das Herz irgendwann denSchieber zu.

Der Fedier Heinz und ich erholten uns sehr schnell. Nach zwei Tagenwurden wir aus dem Spital entlassen und auf den Urnerboden gebracht.Der Arzt sagte, wir sollten uns eine Woche lang auf 1400 Meter erholen,damit sich die Lunge regenerieren könne. Ich telefonierte meiner Ver-

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Toni Briker:

«Die Lawine erwischte mich stehend, mittenim Schritt, eine Hand vor dem Gesicht, dieandere hinter dem Rücken.»

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lobten. Die Stimmbänder waren von der Unterkühlung beschädigt, aberein paar Worte brachte ich heraus. Da teilte sie mir mit: Entweder suchstdu dir einen anderen Job oder ich heirate dich nicht. Sie hatte so eineAngst, dass ich irgendwann bei der Arbeit ums Leben komme. Sie ist Lu-zernerin, konnte es damals nicht nachvollziehen, dass wir in den Ber-gen mit diesen Gefahren leben.

Mit blossen HändenAm Donnerstag beschlossen wir, das Militär aufzubieten, das auf

dem Urnerboden im Dienst war, damit sie uns helfen, die Schneefräseauszugraben. Nachdem wir den Schaden beurteilt hatten, sassen wirauf dem Urnerboden mit unseren Rettern zusammen. Ein Bauer, der beider Rettung dabei gewesen war, zeigte mir seine Finger. Der hatte sämt-liche Kuppen offen, weil er mit blossen Händen nach mir gegraben hatte. Ich sagte: Euch bin ich wirklich zu Dank verpflichtet, dass ihrmein Leben gerettet habt. Er meinte, er hätte einfach das Gefühl ge-habt: Den finden wir, der ist noch da, den holen wir raus. Solche Mo-mente gehen einem nahe! Wir haben später allerlei unternommen mitdiesen Rettern – den Bauern, dem Samariterverein –, um unsere Dank-barkeit zu zeigen.

Am Montag darauf flickten wir die Maschine provisorisch und brach-ten sie zum Laufen. Das Dach frisch geschweisst. Die Fenster fehltenhalt, aber wir schafften die Passöffnung trotzdem. Anschliessend gingdie Maschine in die grosse Revision. Care-Teams und professionelle Be-treuung waren seinerzeit kein Thema. Nicht einmal meine Eltern wareninformiert worden. Heute ist das alles tipptopp organisiert, aber damalsmusste ich selber schauen.

Der Schock verfolgte mich lange Zeit. Wenn es hiess: Du stehst jetzthier und beobachtest diese Gipfel und Hänge, um uns zu warnen, wennwas kommt – das ging überhaupt nicht. Wenn irgendwo etwas rumpel-te, dann erstarrte ich. Da war diese Angst in mir drin. Mit Arbeitskolle-gen habe ich darüber gesprochen, gesagt, dass ich dieses Problem hät-te, aber die wussten auch keinen Rat, fragten nur: Aber Schmerzen hastdu keine? Nein, hab ich nicht. Bloss wenn es irgendwo knallt, dann binich blockiert, kann weder laufen noch schreien noch irgendwas. Dakommt nichts. Mit der Zeit hat das zum Glück dann gebessert.

Ein Jobwechsel war nie ein Thema. Ich war 1973 zum Kanton ge-gangen und von Anfang an bei den Passöffnungen dabei gewesen. Ichbin jedes Mal froh, wenn der Frühling kommt, dann kann ich wieder indie Höhe. Für mich sind Passöffnungen das Schönste. Auch nach demUnfall. Ganz ausschliessen kann man ein Unglück nie. Keine Passöff-nung ist wie die andere. Schneeschmelze ist Schneeschmelze, aber derAufbau der Schichten, die Rutschgefahr, das ist jeden Frühling ver-schieden. Heute werden wir geschult in der Einschätzung der Schnee-gefahren, das hilft. Ein Risiko bleibt immer, das kann man in der Berg-welt nie ausschliessen. Wenn die Lawine von ganz oben kommt – wiees dort oben aussieht, können wir nicht wissen.

Ich schätze das Leben seither mehr, denn ich weiss, normalerweiseendet so etwas tödlich. Das muss ich ganz klar sagen. Ich wurde geret-tet, aber es gibt andere, die hatten weniger Glück. Wenn ich zurück-blicke, bin ich sehr dankbar über meine Rettung, denn in den letztenJahren verloren drei Arbeitskollegen, alles Familienväter, ihr Leben inden Lawinen.

Der 10. Mai ist mein zweiter Geburtstag. Wir sprechen daheim in derFamilie noch heute ab und zu über meinen Unfall. Die Kinder finden,diese Arbeit auf den Passstrassen wäre nichts für sie. Sie sind im UrnerReusstal aufgewachsen, also nicht direkt in den Bergen. Ich hingen binin einer Grossfamilie mit zwölf Geschwistern auf den Eggbergen in 1450Metern Höhe aufgewachsen, da ist man mit den Naturgewalten vertraut.Für mich ist es einfach so: Das sind unsere Berge, wir dürfen mit ihnenleben.»

INTERVIEW: RETO ASCHWANDEN

Wie läuft eine Rettungsaktion ab?Die Basis trägt so viele Informationen wiemöglich zusammen: Wetter, Gefahren, Zu-gangswege. Sie organisiert die optimalenSuch- und Rettungsmittel wie etwa Lawinen-hundeteams. Vor Ort ist der Selbstschutz dasWichtigste: Drohen zum Beispiel Nachlawi-

nen? Sobald das abgeklärt ist, organisiert man das Team, um optimaleHilfe leisten zu können.

Wie gehen Sie damit um, wenn die Kollegen des Opfers mit blossenHänden graben, während Sie diese Leute eigentlich aus der Gefah-renzone evakuieren müssten?Diese Leute sind wichtig. Bei gezielten Fragen können sie gute Zeugen-aussagen liefern. Man nimmt sie zur Seite, um möglichst viel über denUnfallhergang und den Verschwindepunkt zu erfahren.

Hat man als Retter manchmal Angst?Nein. Einen Retter muss man eher «zurücknehmen» als «stossen». DasHelfen, Leben retten, steht im Vordergrund.

Macht es einen Unterschied, ob man jemanden retten muss, der un-verschuldet in die Lawine geraten ist oder ob die Person aus Leicht-sinn verschüttet wurde?Suche und Rettung müssen beeinflusst sein von den Umständen: Wet-ter, Schnee, Lawinen. Und nicht von der Frage, ob das nun ein «Joggel»war oder einer, der einfach Pech hatte. Das Mitgefühl ist vielleicht aus-geprägter, wenn es einen Rettungskollegen trifft oder jemanden, derwirklich nichts dafür konnte.

Wie schwer fällt die Verarbeitung, nachdem man Tote aus demSchnee gezogen hat?Solange es nicht einen Kameraden oder ein Familienmitglied trifft, kön-nen die meisten damit umgehen. Die Retter stammen aus den Bergen,sie wissen um die Gefahren. Das macht sie zwar nicht unsensibel, aberemotional relativ robust.

Wie oft erleben Sie Dankbarkeitsbekundungen von Geretteten?Sehr oft, sei es am Telefon oder in persönlichen Gesprächen. Das machtunsere Aufgabe zu einer dankbaren. Es ist schön, wenn man jemandemdas Leben retten kann.

Was raten Sie Laien, die an eine Unfallstelle geraten?Man sollte nicht blindlings Rettungsversuche starten. Ich habe selber er-lebt, dass man leicht Dinge – etwa drohende Nachlawinen – übersieht,die hoch kritisch werden können. Deshalb muss man möglichst objektivbleiben und überlegt handeln. Und immer den Selbstschutz beachten. ■

Hans-Jürg Etter hat schon manchen Verschütteten aus demSchnee gezogen. Als Präsident der Lawinenkommission derInternationalen Kommission für alpines Rettungswesen (ICAR)und ehemaliger Chef des Parsenn Rettungsdienstes kennt er dieHerausforderungen bei Lawinenrettungen.

Lawinen«Eine dankbare Aufgabe»

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Vom Wundermittel gegen die Armut zum Gift für die Armen – Mikrokredite erleben einen massiven Imageverlust. Doch der ist so wenig berechtigt wie die unkritischen Loblieder derletzten Jahre.

MikrofinanzEine gute Idee in Misskredit

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VON STEFAN MICHEL

Er war die Lichtfigur und sein Produkt das Allheilmittel: MuhammadYunus, der «Banker der Armen», verhalf mit seinem Mikrofinanzinstitut«Grameen Bank» Millionen Bangladeschi aus der Armut. Darlehen vonwenigen Dutzend Dollar ermöglichten ihnen, ihren Marktstand auszu-bauen, ein paar Hühner zu kaufen oder in eine Velowerkstatt zu inves-tieren und so der Armut zu entkommen. Da sie ihre Kredite mitsamtZinsen zurückzahlten, finanzierte sich die Massnahme sogar selber.«Unsere Grosskinder», pflegt Muhammad Yunus zu prophezeien, «wer-den Armut nur noch im Museum sehen können.» Und es kam noch bes-ser. Die Mikrofinanz wurde zum Investitionsobjekt, dessen Renditenzwar moderat waren, die Finanzkrise dafür gut überstand. Der Finanz-markt merzt quasi im Vorbeigehen die Armut aus, glaubten einige.

Tödliches WundermittelMisstrauen weckten allenfalls Mikrofinanzinstitute (MFI), die so

gross wurden, dass sie den Gang an die Börse wagten wie die mexika-nische «Banco Compartamos» 2007 und die indische «SKS Microfinance»2009. Derweil wuchs die Summe der Darlehen unablässig weiter, in derganzen Welt verleihen Tausende Institute Geld an Arme, die bis vor kur-zem nicht kreditwürdig waren. Dass vor allem Frauen Kredit erhalten,macht die Geschichte noch schöner. Aber sind das wirklich alles erfolg-reiche Kleinunternehmerinnen? Und kann es gut gehen, wenn profit-orientierte Investoren Anteile und Einfluss an einem Unternehmen kaufen, deren Ausrichtung eine soziale ist?

Im vergangenen Jahr häuften sich schlechte Nachrichten. Aus Andhra Pradesh, einem indischen Gliedstaat mit 76 Millionen Einwoh-nern und einer der höchsten Dichten an MFI weltweit, wurde eineSelbstmordwelle überschuldeter Bauern gemeldet – nicht die erste.Auch in Bangladesch stieg die Anzahl Zahlungsunfähiger. In AndhraPradesh hat die Provinzregierung mit einemGesetz reagiert, das die Vergabe und Rückzah-lung kleiner Darlehen innert Kürze zum Still-stand brachte. So mussten sich alle Mikrofi-nanzinstitute registrieren, bevor sie weiter mitFrauengruppen zusammenarbeiten durften. Es mag erstaunen, dass bisdahin ohne Registrierung Geld verliehen werden durfte, aber so ist dieRealität im 1,2-Milliarden-Schwellenland Indien.

Der Schluss liegt nahe, dass das ursprünglich wohltätig angelegteMikrokreditwesen durch profitorientierte Investoren korrumpiert wor-den ist. Der deutsche Journalist und Buchautor Gerhard Klas hält gardas ganze Prinzip der Minidarlehen als wirksames Mittel gegen die Ar-mut für eine Illusion (siehe Interview). Anders Klaus Tischhauser. DerGründer von «ResponsAbility» – gemäss Selbstbeschreibung eine dergröss-ten Vermögensverwaltungsfirmen im Bereich sozialer Investitio-nen (Volumen Mikrofinanzfonds Ende 2010: 805 Mio. US Dollar) – siehtdie Krise in Andhra Pradesh und anderen Gebieten als Begleiterschei-nung des Erfolgs der Mikrofinanz.

Der mediale Aufschrei ist die logische Konsequenz aus den unkriti-schen Lobliedern, welche die gleichen Medien verbreiteten, die nun denzumindest moralischen Bankrott der grossen Idee verkünden. Dazu gehören auch falsche Vorstellungen dessen, was Mikrokredite leistenkönnen und was nicht.

Den Ärmsten nützen Kredite nichtsDass Mikrokredite den Ärmsten der Armen helfen, stimmte von An-

fang an nicht. Sie nützen nur jenen, die sie in ein Geschäft investieren,am besten in eines, das bereits läuft und ausbaufähig ist. Damian vonStauffenberg bewertet mit seiner Firma Microrate seit 1996 MFI. Für ihnsteht fest: «Wer das Geld nicht für die Wertschöpfung nutzt, sondern fürden Konsum, den macht ein Kredit nicht reicher, sondern ärmer.» Hin-zu kommt, dass es für den Kreditgeber viel zu riskant ist, ausschliess-

lich oder mehrheitlich Kredite an neu gegründete Kleinunternehmen zuvergeben. Bei «Oikocredit», einer 1975 vom Weltkirchenrat gegründetenGenossenschaft, die in über 70 Entwicklungsländern Geld an MFI aus-leiht (Stand Ende 2010: 430 Mio. Euro), gilt die strikte Regel: Keine Kon-sumkredite. «Damit sind wir bis heute gut gefahren. Unsere Partner ha-ben keine Probleme mit ihren Schuldnerinnen», erklärt Elvira Wiegers,Geschäftsführerin der Schweizer Zweigstelle.

Klaus Tischhauser räumt ein, dass wohl nur ein kleiner Teil dankMikrokrediten und eines Kleinunternehmens der Armut entkommen ist.Das Ziel sei ein anderes: «Es geht darum, den Menschen Zugang zu for-malen und transparenten Finanzdienstleistungen zu geben, die bisherdavon ausgeschlossen waren. Mikrokredite sind nur ein Teil davon. Vielwichtiger für die Armen sind Sparkonti für kleinste Beträge oder Mög-lichkeiten, Geld sicher und günstig übermitteln zu können.» Er verweistauf die Vergangenheit, um zu zeigen, dass dies nach wie vor richtig sei:«Finanzdienstleistungen für Arme gab es schon immer. Bis vor kurzemwurden sie von informellen Geldverleihern erbracht. Die nahmen Hun-derte bis Tausende Prozent Zins. MFI reduzieren ihn auf vielleicht 25Prozent, machen das formal, transparent und im guten Fall mit sinken-den Zinsen.»

Damit spricht er einen weiteren Streitpunkt an: die Zinsen. Die nichtsubventionierten bewegen sich zwischen 20 und 50 Prozent im Jahr.Was in der Schweiz als Wucher gälte, erklärt sich durch die hohen Kos-ten, die es verursacht, Menschen kleinste Beträge auszuleihen, wö-chentlich Raten einzuziehen und sie zu beraten, wie sie ihren Kredit amsinnvollsten einsetzen. Dass die hohen Zinsen auch Geschäftsleute an-gelockt haben, denen es weniger um den Geldbeutel der Armen als umihren eigenen geht, lässt sich in Bangladesch und Andhra Pradesh aller-dings nicht mehr wegdiskutieren. Die Geschäftemacher beschränkensich darauf, möglichst viele Kredite zu verkaufen und diese dann mit rü-den Methoden wieder einzutreiben. Wer nicht mehr zahlen kann, wird

gedrängt, das alte Darlehen durch ein neues bei einem anderen Institutabzulösen. In dieser Schuldenspirale befinden sich die Menschen, dienun die Schreckensnachrichten aus der Mikrofinanz dominieren.

Mit Schaufel und PeitscheDass die Mikrokreditgeber überhaupt so viel Geld zur Verfügung hat-

ten, liegt laut von Stauffenberg und Tischhauser nicht an internationa-len Mikrokreditfonds, sondern an Staaten und Spendern, die immermehr Geld in den Sektor pumpen. «ResponsAbility» stoppte im letztenhalben Jahr den Verkauf von Fondsanteilen, weil nicht mehr genügendInvestitionsmöglichkeiten von guter Qualität vorhanden waren. VonStauffenberg beschreibt: «Während die MFI auf die Bremse traten, weilsie weniger Geld brauchten, verkündete die Kreditanstalt für Wieder-aufbau (deutsche staatliche Entwicklungsbank, die Red.), dass sie ihreKredite an MFI von 720 Millionen auf 2,2 Milliarden Euro erhöht habe.»Tischhauser doppelt nach: Spendengelder und staatliche Subventionenbedeuten für die Mikrokreditgeber billigeres Geld, als jenes, das sie vonBanken erhalten. Das hat in mehreren Ländern zu einem Wirrwarr anAkteuren geführt, die ihr Geschäft nicht im Griff haben und noch dazudie guten Institutionen zwingen, ebenfalls aggressiver auf die Kundenzuzugehen.»

Der springende Punkt ist die Regulierung. Die sei in Andhra Pradeshbesonders schlecht, findet Tischhauser. Als positives Beispiel führt erBolivien und Peru an, wo staatliche Behörden mit ihren Richtlinien zueiner nachhaltigen Entwicklung des Mikrofinanzsektors beitragen. Dassgewinnorientierte Investoren die Mikrofinanz als neues Eldorado ent-deckt haben und durch den Kauf von Anteilen den Wettbewerb ver-

«Wer das Geld nicht für Wertschöpfung nutzt, sondern für denKonsum, den macht ein Kredit nicht reicher, sondern ärmer.»

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schärfen, lässt Tischhauser nicht gelten. «Dafür sind unsere Renditen zugering und für schnelles Kaufen und Verkaufen eignen sich unsereFonds nicht.» Dass sich Mikrofinanzinstitute auf dem Geldmarkt mit Ka-pital eindecken, hält er für richtig. «Die Mikrofinanz muss ein normalesGeschäft werden.»

Dass trotz stellenweise überbordenden Wettbewerbs auch für staatli-che Akteure viel zu tun bleibt, betont Peter Tschumi von der Deza: «2,7Milliarden Menschen sind noch immer von formalen Finanzdienstleis-tungen ausgeschlossen und bezahlen für informelle viel zu viel.» DieDeza setzt bescheidene zehn Millionen Franken pro Jahr in der Finanz-sektorentwicklung ein. «Das liegt daran, dass wir kaum noch Institutio-nen finanzieren, sondern vor allem Know-how einbringen und mithel-fen, neue Finanzprodukte für Arme zu entwickeln.»

Letztlich kann es nicht funktionieren, Mikrokredite mit der Schaufelzu verteilen und dann mit der Peitsche einzutreiben. Hier gleicht die Si-tuation in Andhra Pradesh und Bangladesch der Hypothekenkrise inden USA. Die Kunst wird auch an den Schauplätzen der Mikrokreditkri-se darin bestehen, den Markt von den unseriösen Anbietern zu säubern.Wird dereinst wirklich nur noch an Arme Geld verliehen, die dieses zu-kunftsträchtig in ihr kleines Geschäft investieren, dann werden spekta-kuläre Wachstumsraten nicht mehr möglich sein. Trotzdem wird demMikrofinanzmarkt das Geld so schnell nicht ausgehen. Wie man die tra-ditionellen Wucherer davon abhalten will, jene zu bedienen, die vonMikrokreditinstituten kein Geld erhalten, ist eine andere Frage.

INTERVIEW: STEFAN MICHEL

Herr Klas, Sie sagen, Mikrokredite funktio-nieren nicht. Wieso?Die Kreditgeber gehen davon aus, dass für dieKreditnehmer alles gleich bleibt: die Umwelt,der Gesundheitszustand, die Marktbedingun-gen. Aber das ist völlig unrealistisch. In Bang-ladesch ereignen sich oft Naturkatastrophen.

Laut Wirtschaftswissenschaftlern aus Bangladesch, die im Westen aller-dings mehrheitlich ignoriert werden, schaffen es fünf bis zehn Prozent,dank Mikrokrediten der Armut zu entkommen.

Lange wurde berichtet, Mikrokredite seien eine Erfolgsgeschich-te im Kampf gegen die Armut. Es ist immer eine Frage der Perspektive, und das gilt auch für die mei-sten Studien, die bisher zum Thema erschienen sind: 80 Prozent derStudien schauen in erster Linie, ob die Frauen zurückzahlen oder nicht.Wenn der Rubel rollt, ist es ein Erfolg, wenn nicht, dann nicht.

Wenn die Kreditnehmerinnen ihre Ratennicht mehr bezahlen können, geht dochauch für den Kreditgeber die Rechnungnicht mehr auf.Bis zur Pleite ist es ein langer Weg: Viele Anbieter bieten zahlungsun-fähigen Gläubigerinnen zunächst neue Kredite an und fordern sie auf,ihr bisschen Hab und Gut zu verkaufen: Ein kleines Stück Land, ihrKochgeschirr, ihre Nutztiere. In Bangladesch gibt es ausserdem mehre-re Tausend Institute und die Frauen nehmen dort neue Kredite auf, umihre alten abzulösen. Mittlerweile sind in Bangladesch 70 Prozent der 30Millionen Kreditnehmerinnen bei mehr als einer Institution verschuldet.Diese Blase wird irgendwann platzen.

Die Zinsen für Mikrokredite sind hoch. Die Finanzinstitutionen be-gründen das damit, dass es verhältnismässig teuer sei, so kleineKredite zu vergeben.

Es wird immer so dargestellt, als würde ein Angestellter eines Mikro-kreditinstituts zu einer weit entfernt lebenden Frau gehen. Dabei kas-sieren sie in den Dörfern auf wöchentlichen Versammlungen bei über 50Frauen das Geld ab. Setzt man die Zahl der Grameen-Beschäftigten mitder der Kreditnehmerinnen ins Verhältnis, ist jeder der meist männ-lichen Geldeintreiber für etwa sieben bis acht Versammlungen zustän-dig. So gross ist ihr Aufwand nicht.

Welchen Einfluss haben profitorientierte Investoren auf dasMikrokreditwesen?Es gibt Mikrokredit-Fonds, die eine Rendite von zwölf Prozent verspre-chen – das ist einfach aberwitzig! Das Finanzkapital ist immer auf derSuche nach neuen Anlagemöglichkeiten. Die Mikrokredite erschienenals eine lukrative Alternative. Zumindest bis zur Krise in Indien. Da sindMilliarden investiert worden. Der Börsengang von der indischen «SKSMicrofinace» hat auf einen Schlag 350 Millionen Dollar eingespielt.

Trägt das dazu bei, dass sich Leute überschulden?Ohne permanentes Wachstum funktionieren Mikrokredite genau so we-

nig wie jeder andere Bereich der kapitalistischen Wirtschaft. Diese Vor-stellung des unendlichen Wachstums ist nicht nur mit der Finanzkriseinfrage gestellt worden, sondern auch durch die ökologischen Probleme,mit denen die Menschheit heute konfrontiert ist.

Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie generell nicht an dasKonzept der freien Marktwirtschaft und des Wachstums glauben?Ich denke, es ist allerhöchste Zeit, über Alternativen nachzudenken. ■

Seit der deutsche Journalist Gerhard Klas in Indien und Bangladesch recherchierte, ist er überzeugt: Mikro-kredite stossen viele Arme noch tiefer ins Elend. Dieses Jahr erscheint sein Buch «Die Mikro-Finanzindustrie.Die grosse Illusion oder das Geschäft mit der Armut».

Mikrofinanz«Die Blase wird platzen»

«Es gibt Mikrokredit-Fonds, die eine Rendite von zwölfProzent versprechen – das ist einfach aberwitzig!»

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Mit Emilie Lieberherr (14. Oktober 1924 – 3. Januar 2011) starb ein Stück Schweizer Sozialgeschichte. Zur Er-innerung an eine kämpferische Frau, die sich im Einsatz für Gerechtigkeit auch nicht vor Streit mit der eigenenPartei scheute, präsentieren wir einen Rückblick auf ein volles Leben in Emilie Lieberherrs eigenen Worten.

Emilie Lieberherr«Ich will unabhängig bleiben»

VON SUSANNA SCHWAGER

Ich wurde in Erstfeld geboren, zusammen mit zwei Schwestern. Ichbin die mittlere, bekam auch zwei viel ältere Stiefbrüder aus der erstenEhe meines Vaters. Das Temperament habe ich eindeutig von der italie-nischen Mutter, obwohl sie eine zurückhaltende Frau war. Den hartenKopf hab ich vom Nonno. Die Toggenburger sind eher ruhigere Typen,das bin ich weniger. Ich war immer lebhaft und laut, schon in der Schu-le. Ich habe sehr gern gelernt, viel gelesen und darüber debattiert. Ichwar ein wenig die Spezielle in der Familie.

In der zweiten Klasse las ich bereits regelmässig die Zeitung, am lieb-sten die Fortsetzungsromane und die Gerichtsberichte. Und wegen die-ser Gerichtsberichte wurde ich später, was ich wurde. Sie sensibilisier-ten mich für die Angelegenheiten der Frauen. Jedenfalls fiel mir schonals Kind auf, dass die Frauen praktisch immer benachteiligt waren inden Gerichtsurteilen. Ich konnte das nicht verstehen, und erklärenkonnte mir das auch niemand. Es störte mich wahnsinnig. Das sagte ichauch laut in der Schule, ich konnte schlecht aufs Maul hocken. DieMamme sagte oft zu uns: «Meine lieben Töchter, ihr müsst alle Schnei-derinnen werden. Wenn ihr verheiratet seid, könnt ihr eine Familie ha-ben, zu den Kindern schauen und trotzdem nähen.» Frauen konnten,ausser Schneiderin oder etwas Ähnliches, nichts lernen. Von den Mäd-chen hiess es, «die heiraten ja, dann sind sie versorgt». Dieses Wort «ver-sorgt» blieb bei mir hängen, das gefiel mir nicht. Meine ältere Schwesterwurde brav Schneiderin. Aber ich sagte zur Mutter: «Mamme, du bist ei-ne gute Schneiderin. Und die Theres ist auch eine gute Schneiderin.Aber ich werde nicht Schneiderin. Ich will zur Schule gehen, ich willstudieren.» Es gab im Kanton Uri allerdings kein Gymnasium für Mäd-chen. Aber wir hatten ein katholisches Frauenkloster in Ingenbohl. Unddiese wunderbaren Schwestern führten ein Gymnasium. Dort durfte ichals externe Schülerin lernen, obwohl ich Protestantin war wie der Vater.Ich habe den Nonnen sehr viel zu verdanken.

Der Krieg lag schwer in der Luft während dieser Zeit. Und ichschwang eine freche Röhre in der Schule, auf der Strasse und bei Be-kannten, gegen diesen Sauhitler. 1940, mitten im Krieg, starb mein Va-ter. Die ganze Situation war für meine Mutter unerträglich schwer, auchwirtschaftlich. Ich sagte zu ihr: «Jetzt gehe ich ein wenig schaffen, rich-tig arbeiten. Ich will wissen, wie das ist.» Ich war sechzehn und noch inder Handelsschule. In den langen Ferien mel-dete ich mich bei der Korrespondenzabteilungder Schweizerischen Bankgesellschaft in Zü-rich. Der Personalchef, Keller hiess er, sagte:«Fräulein Lieberherr, Sie können ausnahms-weise ein paar Wochen kommen. Aber bezahlen können wir Ihnennichts.» Ich tippte aber so gerne und wie verrückt auf der Schreibma-schine, dass mir der Herr Keller am Schluss ein Fünfzigernötli in dieHand drückte. Ich kaufte vom Nötli beim Sprüngli für die Mutter einTörtli und mir ein lang ersehntes Paar Lederstiefel von Löw. Sehr stolzfuhr ich damit heim nach Erstfeld und machte ein Jahr später mein Di-plom bei den Schwestern in Ingenbohl.

Danach meldete ich mich mit dem Zeugnis wieder bei den Bankge-sellen an der Bahnhofstrasse. Und siehe da, sie nahmen mich. Weil ichso gute Noten hätte und eine kämpferische Natur sei. Der Herr Kellersagte: «Fräulein Lieberherr, ich habe Ihnen sogar einen sehr interessan-ten Posten. Unser Generaldirektor hat soeben eine Nationalökonominaus Bern eingestellt.» Und so wurde ich also mit 17 Jahren die Sekretä-rin von Frau Dr. Dora Schmidt, mit eigenem Büro an der Bahnhofstras-se. Das war ein Meilenstein in meinem Leben. Diese Baslerin prägtemich sehr. Dora Schmidt war eine wichtige Frau in der Schweiz damals,eine Frauenstimmrechtskämpferin, die Begründerin der Berufs- und Ge-schäftsfrauenvereinigung und der Akademikerinnenvereinigung.

Endlich, am 8. Mai 1945, war der Krieg zu Ende. Der BankdirektorRichner schickte die Dora Schmidt nach Amerika, nach Washington, umwegen den jüdischen Geldern auf den Schweizer Banken zu verhandeln.Bevor sie abreiste, sagte sie zu mir: «Emilie, jetzt gehen Sie zurück nachIngenbohl und machen noch die Wirtschaftsmatura. Damit Sie so baldals möglich studieren können. Sie müssen eine Kämpferin werden fürdie Rechte der Frauen. Werden Sie meine Nachfolgerin!» Nach zwei Jah-ren hatte ich die Matura.

Die Politik habe ich nicht beim Studieren gelernt, sondern über dasVerkaufen. Politik hat sehr viel mit Psychologie zu tun. Ich machte eineAusbildung zur Verkaufstrainerin, weil ich Geld verdienen musste, umstudieren zu können. Mein ganzes Studium bezahlte ich selber. Dannbekam ich eine Stelle als Verkaufstrainerin bei Oskar Weber. Ich hatteschon als Kind gern Lehrerin gespielt, und jetzt unterrichtete ich alsoVerkäuferinnen. Nach drei Jahren als Lehrerin in Bern war es aber end-lich an der Zeit, mich zu immatrikulieren. Juristin wollte ich werden,die Frauen vertreten in der Gerichtsbarkeit, wo sie so benachteiligt waren. Aber die Universität von Bern teilte mir mit, meine kantonaleMatura werde nicht anerkannt. Das fand ich seltsam, weil männlicheBekannte von mir, die am Kollegium in Schwyz die gleiche kantonaleMatura gemacht hatten, problemlos in Bern Jurisprudenz studierten.Ich studierte also Pädagogik und Ökonomie und promovierte in Politik-wissenschaften.

Bevor ich irgendetwas anderes wollte, wollte ich nach Amerika. Ame-rika war ein Traum, das Land, das Europa die Freiheit wiedergebrachthatte nach dieser bösen Zeit. Ich fuhr mit dem Schiff nach New York,mit der «Liberté». Sieben Tage dauerte das, wunderschön. Seekrank

wurde ich überhaupt nicht, man darf nur keine Eier essen. In New Yorknahm mich die Frau Rutishauser in Empfang, war das ein Hallo. Die Mi-ni! Mit der Mini Rutishauser wohne ich auch hier im Bauernhaus. Ichkenne sie jetzt seit über 50 Jahren, die Frau Rutishauser. Komisch, eskommt mir überhaupt nicht so lange vor. Die Mini war schon eine Wei-le drüben und hatte mir immer geschrieben und geschwärmt, wie tolldieses Amerika sei. Sie war Au-pair bei einem Bankier. Wir schlender-

«Auf den Buttons stand ‹Elvis Presley›. Ich dachte,das sei ein Präsidentschaftskanditat.»

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ten zusammen durch die Hauptstrasse von Manhattan, den Broadway.Überall sah man Buttons, das fiel mir sofort auf. «Elvis Presley» standdarauf, und ich dachte, das sei ein Präsidentschaftskandidat. Die Minilachte mich ein bisschen aus. Im Kanton Uri kannte man den nicht, manhatte eher Ländlermusik, und ich war ja im Handorgelklub.

Als wir nach einer Rundreise mit den Greyhounds, diesen silbernenBussen, zurückkamen nach New York, war ich vollkommen blank. Ichmusste wie der Blitz eine Möglichkeit finden, Geld zu verdienen. Dasagte die Frau Rutishauser: «Losmal, wenn du in ein Büro gehst, ver-dienst du fast nichts. Du bist doch ein guter Teacher, du kannst auch gutFranzösisch. Wenn du in eine vornehme Familie gingest, als French Speaking Governess, dann würdest du auf Händen getragen. Und be-kämst auch noch Geld dafür.» Sie vermitteltemir auch einen Job, bei einer Familie Fonda.Diese Fondas suchten jemanden, der gut Fran-zösisch konnte, für die Kinder. Für die Jane,den Peter und die kleine Amy, die man gerade adoptiert hatte. Ich warnicht so begeistert, aber die Frau Rutishauser liess nicht locker und kamdann mit mir. Die kleine Amy war schon im Bett, als ich hereinkam, undich sagte zu ihr: «Bonsoir, Amy, comment ça va?» Da strahlte sie sofort.Und auch die Mrs. Fonda strahlte, ich glaube, es war Henrys dritte Frau,und sagte zu mir: «Alright, Emily, Sie passen mir sehr. Holen Sie IhreKoffer und fangen Sie an.» Es ging bestens. Ich segelte mit denen um diehalbe Welt und blieb ein ganzes Jahr. Die Mama war gar nicht glücklich,dass ich so lange so weit weg war und in solcher Gesellschaft. Im Sie-benundfünfzig ging ich dann zurück. Die Frau Rutishauser wollte ei-gentlich für immer bleiben, aber mit der Zeit kam sie doch nach.

Ich liess mich in Zürich nieder, eigentlich zufällig. In erster Linie,weil es direkte Zugsverbindungen nach Erstfeld gab. Ich mietete eineWohnung an der Universitätsstrasse und trat eine Stelle an der Gewer-beschule an, unterrichtete die Verkäuferinnen. Aber meine gesamteFreizeit widmete ich dem Kampf für das Frauenstimmrecht. Ich hieltüberall Reden zu diesem Thema, gründete das Konsumentinnenforumund die Zeitschrift «Prüf mit», mit anderen natürlich. Wir hatten sogareine Sendung im Radio über Konsumentenfragen, und im Fernsehenwar ich eine der ersten Frauen, die mit Politikern stritt. Diese Arbeit fürdie Frauenrechte und den besseren Schutz der Konsumenten war meineganze Leidenschaft. Ich ging völlig auf darin.

Auch Lehrerin war ich mit Haut und Haar. Aber nicht so eine, die sag-te, mit den Schülern muss man vor allem ganz lieb sein. Das war nichtmein Stil, ich forderte etwas. Die Schüler sollten vor mir Respekt haben,und sie durften auch von mir Respekt erwarten. Fertig. Ich habe denSchülern nie Du gesagt und sie mir auch nicht. Es gab natürlich etlicheKollegen, die rumexperimentierten in diesen Zeiten, aber ich machtedas nicht. Die Rollen müssen klar sein.

Ich kam auch im Achtundsechzig gut über die Runden mit meinenSchülern. Ich sagte ihnen: «Losed, geht da nicht Mais machen auf derStrasse. Geht nicht an diese Demonstrationen, das schadet euch nur!Diese Studenten machen den Radau für sich und nicht für die kleinenVerkäufer, das könnt ihr grad vergessen.» Und so ist es doch. Karrierehaben die Leuenbergers und die Leuteneggers gemacht, nicht Verkäufe-rinnen aus der Gewerbeschule. Ein Jahr später, muss ich gestehen, gingich selber an eine Demo, und zwar an vorderster Front. Ich führte denMarsch nach Bern an. 5000 Leute an einer Demonstration, das warwahnsinnig viel in jenen Jahren. In Bern oben schimpfte ich auf dem Po-dium vor dem Bundeshaus und hielt eine Brandrede. Und dann, end-lich, nach so vielen Anläufen, kam 1971 das Frauenstimmrecht. DieStimmung änderte sich, und die Parteien begannen urplötzlich, sich fürFrauen zu interessieren. Frauen zu portieren, wurde auf einmal chic.

Eines Tages klopften sie an meine Tür, Leute von den Sozialdemo-kraten. Sie hätten eine Geheimsitzung in Altstetten, ob ich nicht kom-men könnte. Ich war ja immer ein neugieriger Mensch und ging an die-se Sitzung. Da kam der Schütz Otti, ein kleiner dicker Gewerkschafter,

auf mich zu, schüttelte mir lange die Hand und sagte: «Frau Lieberherr.Man kennt Sie aus Radio und Fernsehen als gute Rednerin. KandidierenSie für uns in Zürich, als Stadträtin!» Ich war schon ein wenig von denSocken. Ich stand auf und hielt meine erste Rede vor der SP. «MeineHerrn, ich bedanke mich für diese Ehre. Aber ich bin leidenschaftlichgerne Lehrerin. Ich will gar kein Amt. Etwas vom Wichtigsten im Lebenist mir die Freiheit. Ich will denken und sagen können, was ich will. Ichwill unabhängig bleiben.» Da sagte der Otti: «Das können Sie doch trotz-dem. Wir würden Sie auch als Parteiunabhängige portieren. ÜberlegenSie es sich.» Ich ging nach Hause und hatte wirklich nachzudenken. Zuder Zeit war gerade meine Mutter gestorben, und die Frau Rutishausersagte zu mir: «Mach das doch. Das lenkt dich ab, das wird dir guttun.

Aber nicht als Parteilose, das verstehen die Leute nicht. Wenn du mit-machst, dann mit allem Pipapo.» Und so machte ich das und wurde dieerste Stadträtin von Zürich. Wenn ich etwas mache, dann glaube ichganz und gar daran, sonst mache ich es nicht. Von dem Moment an wares mit meiner Ruhe dahin.

24 Jahre blieb ich im Amt, Vorsteherin vom Sozialamt. Danach wur-de ich noch ins Bundeshaus gewählt, als Ständerätin. Und dann warfmich die Partei wieder hinaus. Weil ich nie aufs Maul hocken wollte. Ichhatte von Anfang an in vielem das Heu nicht auf der gleichen Bühne wiedie SP. Das ging nicht. Ich muss aber offen gestehen, dass ich schon lan-ge gehofft hatte, sie würden mich hinauswerfen, dass ich es geradezuprovozierte. Und so war es dann. Man warf mir vor, ich sei keine richti-ge Büezerin, keine richtige Arbeiterin aus dem Volk. Und sowieso hätteich zu wenig Parteitreue. Ausgerechnet diese Akademikersöhne warfenmir das vor, in einem Ausschlussverfahren. Ein bisschen bedrückendwar das also.

Alles verändert sich. Auch die Partei veränderte sich von Grund auf,kolossal veränderte die sich. Die Sozis sind nämlich keine Pöstler undEisenbähnler mehr, leider. Sozialvorsteherin war ich aber fürs Lebengern. Es war eine verrückte Zeit und auch eine schöne Zeit. Ich sah mei-ne Lebensaufgabe immer im Kämpfen für das, was recht ist. Möglichstohne zu verbiestern, man muss doch auch lachen können über sich unddie anderen. Im Herzen behielt ich die Eisenbahner am Gotthard. Undwissen Sie was? Jetzt bin ich alt und wieder frei. Das ist doch super! ■

Dieser Text ist eine stark gekürzte Fassung eines Porträts aus demBuch von Susanna Schwager «Das volle Leben» (siehe Kasten) und er-scheint mit freundlicher Genehmigung des Wörterseh-Verlags. SusannaSchwager, geboren 1959, war Lektorin beim Diogenes Verlag sowie Jour-nalistin. Die zwei nach Geschlechtern getrennten Bände «Das volle Le-ben» mit Lebenserinnerungen alter Menschen wurden ebenso zu Bestsel-lern wie jüngst «Ida. Eine Liebesgeschichte».

Buchaktion für Surprise-Leser:

Susanna Schwager

Das volle Leben – Frauen über achtzig

erzählen, 264 Seiten, gebunden, mit Fotos

von Marcel Studer, Fr. 29.90 (statt Fr. 39.90)

inkl. Porto und Versandkosten.

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«Man warf mir vor, ich sei keine richtige Büezerin.»

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IntegrationDie WaldarbeiterSeit acht Jahren verwirklichen ein Arbeitsagoge und sein Team, was anderen unmöglichscheint: Sie verbringen den ganzen Tag mit Schwerstbehinderten im Wald und arbeiten.

nisch an der Wand des alten Steinbruchs hervor, ein grüner Bauwagendient als Materialdepot und ist der einzige wettergeschützte Ort amPlatz. Zwei Tische und ein paar Stühle stehen da, unter Planen ge-schützt lagert Brennholz für das Feuer.

Fabian, ein Brocken von Mann mit sanften blauen Augen, übernimmtheute den Küchendienst. Mit ihm bleiben Hansjörg und Rodrigo amPlatz, die anderen werden sich in Kürze an einer anderen Stelle im Waldan die Arbeit machen. «Wenn es Probleme gibt, ruf an», mahnt Andreas.

Beruhigende ArbeitAndreas ist der Hauptverantwortliche für die Gruppe und weiss, dass

es Probleme geben kann: Seine Mitarbeiter sind schwerst mehrfachbe-hindert, einige hören und sprechen nicht, andere hören, sprechen abernicht, und einige von ihnen weisen autistische Behinderungsformenauf. Andreas Fink, wie der Mann mit vollem Namen heisst, ist Sozial-

VON JULIA KONSTANTINIDIS (TEXT) UND CHRISTIAN FLIERL (BILDER)

Die Fahrt zum Waldplatz führt zunächst über die Landstrasse von Ba-sel weg, Richtung Aesch im Baselbiet, und dann den Hang hinauf, durchPfeffingen, zum Wald. Bald ist die Strasse nur noch ein schneebedeck-ter, schmaler Waldweg. Doch zwei Minibusse hindert das nicht daran,immer tiefer in den Wald hineinzufahren. Ihre Passagiere: Zwölf Wald-arbeiter auf dem Weg zu einem weiteren Arbeitstag unter freiem Him-mel – trotz Minustemperaturen und Pulverschnee. An einer Weggabe-lung halten die Busse an und die Männer in orangener Arbeitskleidungklettern aus den Autos. Sie laden Schaufeln, Pickel und Proviant ausund gehen einen abfallenden Weg hinunter zu einem alten Steinbruch,dessen Halbrund sie in mühe- und liebevoller Handarbeit zu ihremWaldplatz ausgebaut haben: Um eine grosse Feuerstelle herum sindSitzbänke aus Baumstämmen aufgebaut, ein Lehmofen ragt fast orga-

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pädagoge und Aggressionsberater und leitet das Tageszentrum Kloster-fiechten, eine Einrichtung des Kantons Basel-Stadt zur Förderung undBeschäftigung von erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung.«Die Kommunikation dieser Menschen ist stark eingeschränkt, Aggres-sionen gegen sich selber oder gegen andere sind relativ häufig», weissder Fachmann. Im Tageszentrum, wo sich das Programm grösstenteilsin geschlossenen Räumen abspielt, gebe es deswegen immer wiederKonfliktsituationen. Zu eng sind die Räumlichkeiten für einige Benutzer,die oft viel Platz für sich brauchen und Nähe nicht gut aushalten.Schreie oder Anfälle mit Schlägen sorgen im Tageszentrum schnell fürUnruhe im Betrieb. Die Aggressionen und Energien in verträgliche Bah-nen ab- und umzuleiten, ist eine der anspruchsvollen Aufgaben, welchedie Betreuer im Zentrum zu erledigen haben.

Bei der Beschäftigung im Garten des Tageszentrums fiel Andreas Finkvor rund acht Jahren auf, dass die körperliche Arbeit draussen einigenBesuchern sehr entgegenkam, dass sie dadurch ruhiger wurden.

Nach dem Vorbild der Waldkindergärten erarbeitete er deshalb ein Pi-lotprojekt, das vorsah, mit ausgewählten Besuchern seiner Einrichtungganze Tage im Wald zu verbringen und zu ar-beiten. Er vereinbarte mit den Förstern desKantons Basel-Stadt und der Baselbieter Ge-meinden Münchenstein und Aesch, dass erund seine Leute leichte Waldarbeiten für sieübernehmen: Fallholz einsammeln, die Regenrinnen der Wander- undVelowege frei halten, das Ausbessern der Wege, das Schneiden desUnterholzes. Mit drei Teilnehmern am Pilotprojekt fing Fink an, unter-dessen ist daraus ein festes Angebot geworden, das 29 Personen in An-spruch nehmen. Dass es alles Männer sind, sei Zufall, vielleicht behageden Frauen die schwere körperliche Arbeit nicht. Am Freitag, an dem je-weils ein «Waldwahrnehmungstag» mit leichterem Programm stattfin-det, sind aber zwei Frauen als Teilnehmerinnen dabei.

Eine Höhle für RodrigoAuf dem Waldplatz ist auch der letzte der Waldarbeiter angekom-

men. Rodrigo hat eine schlechte Phase und kann momentan nicht mitden anderen zusammen sein. Er ist gegen sich selber, aber auch gegenandere aggressiv. Um ihn zu beruhigen, steigt jeweils ein Betreuer mitihm etwas früher aus dem Bus und geht zu Fuss weiter. Der Marsch voneiner Stunde tut dem jungen Mann gut.

Am Waldplatz haben sie für Rodrigo einen Rückzugsort eingerichtet.Ein Unterschlupf aus Ästen und Laub, mit einer Plane gedeckt, einerHöhle nicht unähnlich. Braucht Rodrigo Abschottung, zieht er sich dort-hin zurück und der Weg wird für die anderen Waldarbeiter mit einerBarriere aus Ästen abgesperrt. An der Feuerstelle markieren zwei Baum-stämme den Bereich, den die Gruppe für Rodrigo frei hält und den sonstniemand betreten sollte. So soll dem jungen Mann die Rückkehr in dieGemeinschaft erleichtert werden, ohne ihn mit zu grosser Nähe zu be-drohen.

Hansjörg ist Mitte 50 und der älteste der Waldarbeiter. An diesem kal-ten Wintertag darf er beim Kochen helfen. Mit überschlagenen Beinensitzt er an der Feuerstelle und wartet in sich gekehrt, scheinbar auf denBeginn der Kochvorbereitungen. Roy, mit 23 der jüngste der Gruppe, hatnach der Ankunft am Platz sofort damit begonnen, Holz auf die Feuer-stelle zu schichten. Ab und zu unterbricht er seine Arbeit unvermittelt,hält sich seine Hände vor das Gesicht, lässt die Finger vor seinen Augentanzen. Fasziniert scheint er das Spiel des Lichts zwischen seinen Fin-gern zu beobachten. «Das ist ein typisches Verhalten für eine Person mitAutismus», erklärt Andreas Fink.

Plötzlich scheint Roy seine Umgebung wieder wahrzunehmen, dieFeuerstelle, Hansjörg auf der Bank, die Holzscheite auf seinem Schossund er fährt mit seiner Arbeit weiter. Unterdessen ist es halb elf Uhrmorgens. Das Feuer ist im Gang, die Männer haben sich mit einer Tasseheissen Tees noch einmal aufgewärmt. Drei Betreuer, ein Praktikant und

fünf Waldarbeiter, verteilen sich noch einmal auf die zwei Minibusse.Nach kurzer Fahrt ist das Wegstück erreicht, das an diesem Morgen be-arbeitet werden muss: Unter der Schneedecke sammeln sich in den Re-genabläufen Laub und kleineres Geäst. Mit Pickeln und Schaufeln müs-sen die Abläufe gesäubert und wieder frei gelegt werden, damit der Wegbeim nächsten Regen nicht unterspült wird.

Die Gruppe teilt sich auf, die einen arbeiten sich von unten den Weghinauf, die anderen von oben herab. Andreas Fink und Praktikant Lucaarbeiten zusammen mit Daniel und Peter. Daniel ist um die Vierzig, mitder Gestalt eines Buben. Er, der nicht spricht, packt seine Begleiter im-mer wieder mit schelmischem Lachen an den Händen und zieht sie weg,als wolle er ihnen etwas Wichtiges zeigen. Daniel ist einmal in der Wo-che als Waldarbeiter unterwegs: «Er arbeitet nicht so gerne im Wald,sondern hilft lieber beim Kochen», erzählt Luca, während er Daniel ei-ne Schaufel in die Hand drückt. Daniel macht einige Schaufelversucheund reicht das Werkzeug dann wieder an Luca zurück. Dieser schaufeltnoch schnell die Rinne aus, dann gehts weiter, aufwärts, wo Andreasmit Peter am Werk ist. Dieser spricht zwar, aber nur wenig. Unvermittelt

fängt er an, laut zu stöhnen, und schlägt auf Andreas ein. «Nicht schla-gen, schaufeln», kommentiert dieser trocken, während er die Schläge ab-wehrt: «Mit dem Schlagen deutet Peter an, dass ihm etwas nicht passt,wir üben mit ihm, dass er sich zuerst meldet, bevor er anfängt zu schla-gen.» Nach einer kurzen Pause ist Peter wieder bereit und den letztenRest der verstopften Regenrinne putzen er und Andreas in Teamwork:Andreas schaufelt Peter das Laub auf seine Schaufel, mit langsamenSchritten balanciert Peter die Ladung auf die andere Seite des Weges undwirft sie den Hang hinunter. Durch den Wald sind jetzt Schreie von wei-ter oben am Weg zu hören: Dort sind die Betreuer Daniel und Jürgen mitden Waldarbeitern Birol, Marco und Roy am Werk. Jürgen ist studierterFörster mit arbeitsagogischer Zusatzausbildung. Mit klaren, kurzen Ge-sten zeigt er Marco, was er zu tun hat. Marco, ein grosser, massiger undphlegmatisch wirkender Mann fängt mit langsamen Bewegungen an zuarbeiten. Hinter ihm beginnt Roy plötzlich zu schreien. Seelenruhig ruftJürgen zu ihm herüber: «Roy, kannst zu uns kommen, wir brauchennoch jemanden.» Der junge Mann bricht sein Geschrei ab und gesellt sichzu den anderen, wo er mit ungestümen, aber effektiven BewegungenSchaufel für Schaufel Laub und Erde wegschafft.

Im Wald sind alle gleichFast alle Waldarbeiter nehmen Medikamente, um ihre Aggressionen

unter Kontrolle zu halten. Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme oderverlangsamte Bewegungs- und Reaktionsabläufe beeinflussen allerdingsihre Lebensqualität. «Durch die körperliche Arbeit im Wald gehen dieAggressionen bei den Teilnehmern zurück und zum Teil konnte die Me-dikation auch eingeschränkt werden», berichtet Andreas Fink. Die Le-bensqualität der Waldarbeiter wird nicht nur durch weniger Medika-mente erhöht, sondern auch durch die identitätsstiftende Wirkung ihrerArbeit: «Hier im Wald sind sie die Waldarbeiter, sie sind erkennbar ander Arbeitskleidung, auch Aussenstehende erkennen sie als solche, undsie verrichten wertvolle Arbeit, das ist für die Männer sehr wichtig.» Füralle Beteiligten habe sich das Projekt als «Win-Win-Situation», wie esAndreas Fink ausdrückt, herausgestellt: «Die Förster sind froh, dass wir die Arbeit machen, für die sie sonst jemand anderen beauftragenmüssten, und wir können unseren Leuten mit dieser Aufgabe ein StückSelbstbewusstsein und Integration vermitteln. Hier können sie so sein,wie sie sind, im Wald stört es niemanden, wenn sie schreien, über-schüssige Energie können sie hier sinnvoll und ohne Schaden anzu-richten ablassen.»

Am Waldplatz haben sie einen Unterschlupf ein-gerichtet. Einer Höhle nicht unähnlich.

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Kommunikation per PiktogrammBirol – klein, stämmig, unermüdlich – ist ein echter Schaffer. Seite an

Seite mit Marco schaufelt der türkischstämmige Mann Dreck aus der Re-genrinne auf seine Schaufel. Er wirkt zufrieden, hält immer wieder in-ne, legt den Kopf etwas schief und betrachtet sein Werk. Als es Zeit fürdie Mittagspause ist, verlässt er als letzter die Arbeitsstelle. Birol ist seitdem Start des Angebots vor acht Jahren Waldarbeiter und jede Wochedreimal im Wald. «Unter anderem wegen ihm wurde das Projekt initi-iert, Birol hatte früher im Tageszentrum Schwierigkeiten mit sich undden Betreuern», erinnert sich Andreas Fink. Heute ist Birol, der nichtspricht, generell ausgeglichener – und dies, nachdem seine Medika-mente abgesetzt wurden.

Als die zwei Arbeitsgruppen für die Mittagspause an den Waldplatzzurückkommen, brodelt dort in einem Kessel über dem Feuer bereits einBohneneintopf, und verschiedenes Gemüse ist in handliche Dip-Formzurecht geschnitten. Koch Fabian konnte heu-te allerdings auf wenig Hilfe zurückgreifen.Hansjörg wärmt sich am Feuer und Rodrigoschläft im grünen Bauwagen. Die Beschaulich-keit nimmt mit der Ankunft der Waldarbeiter allerdings ein schnellesEnde, die Männer haben Hunger. Einer nach dem anderen lässt sich denTeller mit Essen füllen. Doch mit einträchtiger Mittagsessen-Ruhe ist aufdem Waldplatz nichts: Roy, der etwas abseits der anderen sitzt, beginntohne ersichtlichen Grund zu schreien. Irgend etwas scheint ihn am Es-sen zu stören. Andreas versucht vergeblich herauszufinden, was es ist,Roy lässt sich nicht beruhigen. Schliesslich nimmt Jürgen Roy und ent-fernt sich für einen Beruhigungsspaziergang von der Gruppe. Birol istmit dem Essen schon fertig und kommt mit einer kleinen Karte auf An-

dreas zu: Es ist eine Piktogrammkarte von der Infotafel, die vor dem grü-nen Bauwagen steht. Daran sind die Fotos der Betreuer und Waldarbei-ter befestigt, ausserdem gibt es kleine Kärtchen mit Bildern wie etwa ei-nem Schlüssel darauf, einer Säge oder Holzscheiten. Birol hat dieSchlüssel-Karte in der Hand. «Er möchte den Schlüssel für den Materi-alkasten haben», weiss Andreas. Birol holt sich dort eine Säge aus demBauwagen – er möchte Holzscheite zersägen, was er oft tut, obwohl nie-mand es von ihm verlangt. Andreas stellt ihm einen Sägebock bereit undBirol beginnt sogleich mit seiner Arbeit. Derweil ist am Feuer erneut Un-ruhe entstanden: Hansjörg hat es nicht mehr rechtzeitig zur Toilette ge-schafft, Kleiderwechsel im engen Bauwagen, noch dazu mit dem schla-fenden Rodrigo dazwischen, ist nun angesagt.

Jürgen und Roy tauchen wieder aus dem Wald auf dem Platz auf. Derjunge Mann hat sich beruhigt und setzt sich nun zu den verbleibendenWaldarbeitern ans Feuer.

Die Männer brauchen konstant Betreuung. Hier muss jemandem mitden Handschuhen geholfen, da ein anderer beschwichtigt werden – dieSozial- und Arbeitsagogen und der Praktikant haben alle Hände voll zutun und sie brauchen dafür reissfeste Geduldsfäden. Und trotzdem, vonNahem betrachtet ist die Idee so einfach wie einleuchtend: Im Wald, inder Natur, finden die Waldarbeiter näher zu sich selbst.

Aus der Entfernung sieht der Betrachter: einen Bauwagen und Ar-beiter, die sich nach der verdienten Pause parat machen für die nach-mittägliche Arbeit. ■

«Im Wald stört es niemanden, wenn jemand schreit.»

Jürgen (links) bespricht mit einem Waldarbeiter die nächsten Arbeitsschritte. Alles selbstgemacht – von den Sitzbänken bis zum Essen aus dem Feuertopf.

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Als selber die statistische Talsohle Durch-schreitender (ab 46 gehts aufwärts, obwohl inder Schweiz der Tiefpunkt anscheinend schonmit 35 erreicht wird) weiss ich den Grund auchnicht, kann aber die Tendenz bestätigen. Jekleiner die Chance, an einer allfälligen Zukunftnoch teilzuhaben, desto weniger düsterscheint diese. Es schleicht sich mit zunehmen-dem Alter sogar bei militanten Pessimisten,wie ich einer bin, etwas von jenem hündi-schen Optimismus ein. Wahrscheinlich ist dasder Grund, warum man die Köter plötzlichwieder mag und versteht. Die Gegenwart vonWesen schätzt, die sich nur mit existenziellenDingen und repetitivem Schwachsinn wie Bäl-len nachrennen beschäftigen. Zumal mir derUnterschied zum menschlichen Streben immergeringer erscheint und ich zusehends Mühehabe, Interesse und Verständnis für scheinbarwichtige und richtige Tätigkeiten und Lebens-entwürfe vorzutäuschen. Was nicht zu meinerBeliebtheit beiträgt. Womit Johnny Cash ebendoch recht hat.

STEPHAN PÖRTNER

([email protected])

ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER

([email protected])

Ich hatte zwei Wochen lang einen Hund zuBesuch. Als ich ein Kind war, hatten wir auchlange Zeit einen Hund. Seither habe ich eherwenig mit ihnen zu tun gehabt. Lange Zeit sahich Hunde in Begleitung von Fixern oder son-stigen heruntergekommenen Gestalten. Oderes waren gefährlich aussehende Biester, dieschmächtige Jugendliche in Gangsteroutfitshinter sich her zogen. Kurzum, es gab wenigGrund, sich mit dieser Spezies zu befassen. Ichhielt es mit Johnny Cash, der gesagt hatte: «Adog is a man’s best friend – if he’s got nothingelse» (Der Hund ist der beste Freund einesMenschen – wenn er sonst nichts hat).

Der Hund, den ich zu Besuch hatte, hattedie gute Eigenschaft, recht faul zu sein, gernherumzuliegen und nur selten und widerwillignach draussen zu gehen, vor allem wenn dasWetter nicht danach war. Was einem im Um-

Wörter von PörtnerHundeleben

gang mit Hunden auffällt, ist ihr grenzenloserOptimismus. Warum soll durch ein Fenster,durch das mal ein Ball geflogen kam, nichtwieder einer kommen? Geduldig, zuversicht-lich und vollkommen vergebens wird also da-vor gewartet, immer wieder. Und tatsächlichkommt dann irgendwann wieder einer geflo-gen, weil man es ja nicht mit ansehen kann,wie das Viech dasitzt und Zuversicht aus-strahlt.

Hunde haben Grund zum Optimismus, sindsie doch eine der erfolgreichsten Spezies aufdem Planeten. Eins der wenigen Tiere, dasvom Menschen, von individuellen Härtefällenabgesehen, halbwegs anständig behandeltwird, obwohl von eher geringem direktemNutzen, sieht man von Hirten-, Drogen-, Lawi-nen- und Blindenhunden einmal ab. Oder istes gerade der Optimismus, der die Hunde be-liebt macht? Vor allem bei Kindern und älterenLeuten? Im britischen «Economist» las ich ei-nen Artikel über die Zufriedenheitskurve desMenschen. Sie gleicht einem U. Kinder wurdenverständlicherweise nicht befragt, aber bei denErwachsenen sieht es so aus, dass mit 20 derMensch noch voller Zuversicht ist, mit 30 kom-men Zweifel auf, mit 40 macht sich anhalten-de Resignation breit und dann … wird langsamalles besser. Mit 70 sind die Leute zufriedenerdenn je. Warum dem so ist, weiss man nochnicht. Teil der Erklärung könnte sein, dass dieunglücklichen Menschen früher sterben.

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Politikerband«… weil man aufeinander hören muss»

VON ISABEL MOSIMANN

Gegründet wurde die Stadtratband im März 2009 vom damals nochparteilosen Politneuling Tinu Schneider. In den ersten Stadtratssitzun-gen traute er seinen Augen und Ohren nicht: Kaum einer hörte dem an-dern zu, Abmachungen wurden nicht eingehalten, jede und jederschaute nur für sich, und es ging überhaupt nicht um die Sache. «Nachder dritten Sitzung habe ich gefunden, der Unterschied zwischen achtStunden Unterricht in der Kleinklasse und einer Stadtratssitzung seinicht riesig», berichtet der mittlerweile der BDP beigetretene Kleinklas-senlehrer Schneider. Dieser Vergleich brachte ihn denn auch auf dieIdee, eine Stadtratsband zu gründen: «Ich habe mit all meinen Klasseneine Band auf die Beine gestellt, weil man dort nämlich aufeinander hö-ren muss.»

In der Beiz, im Anschluss an die Stadtratssitzung, fanden sich so-gleich die ersten drei, vier Leute, die mitmachen wollten. Und in dendarauffolgenden Tagen fragte Schneider in allen Parteien, wer sonstnoch Talent und Interesse am Musik machen habe. Zuerst empfanden esalle als Jux-Projekt, doch nun besteht FraktionsZwang seit fast zwei Jah-ren. «Ich bin erstaunt, dass es so lange hält», sagt Bandmitglied SimonGlauser (SVP, Gesang). «Aber wir sind alle mit der gleichen Begeis-terung dabei und arbeiten daran, dass wir immer besser werden.»

Besser geworden ist laut Glauser auch das Klima im gesamten Stadt-rat, weil sich die Leute eher überlegen, wie sie miteinander umgehen.Und Schneider erzählt, dass bei Anlässen wie der 1.-August-Feier nichtmehr alle nach Parteien geordnet zusammenstünden, sondern ver-mischt. «Ich habe von langjährigen Stadträten gehört, dass auch frühermiteinander gesprochen wurde, aber eher ‹fraktionell›.» Heute tauschtsich bei solchen Gelegenheiten der FDP-Drummer Mario Imhof mit derSP-Gitarristin Patrizia Mordini aus, die GFL-Sängerin Su Elsener mitdem SVP-Bassisten Peter Bühler, und Jimy Hofer (parteilos, Gitarre)plaudert mit Bernhard Eicher (FDP, Keyboard) und Aline Trede (GB, Ge-sang) am Stehtisch.

Die Befürchtung, dass im Stadtrat nun Kuschelpolitik betrieben wird,ist jedoch unbegründet. Es wird immer noch heftig debattiert und gestritten, aber vielleicht ein wenig freundlicher, weil man doch mitt-lerweile weiss, «was das für einer ist, der da am Rednerpult steht», be-schreibt es Bandleader Schneider. «Für mich ist klar, jeder hat seine Mei-nung, aber meine Hoffnung war von Anfang an, dass man sich vermehrtzuhört. Und dass man nicht einfach nur seine vorgefasste Meinung ver-tritt, sondern auch mal überlegt: Warum denkt die oder der so?»

Nach einer happigen Stadtratssitzung ist das Proben oft nicht ganzeinfach. «Aber wenn wir dann ‹Me and Bobby McGee› spielen, gehts»,

bringt es Tinu Schneider schmunzelnd auf den Punkt. Spass scheinenalle zu haben, sonst würden sie nicht Ferien verschieben für Auftritteund Samstag für Samstag in den Bandraum pilgern. SP-Mann ThomasGöttin hat gar eigens für FraktionsZwang ein Saxofon gekauft und an-gefangen, Stunden zu nehmen, weil sein Instrument, die Klarinette, nurschwer ins Repertoire einzubauen war.

Vom Stil her spielt die Band hauptsächlich Pop-Rock. Doch auchbluesige Töne sind zu hören, Rap-Teile sind eingebaut und im Stück «DrBär isch los» gehts in Richtung Hardrock, denn die Originalmusikstammt vom AC/DC-Song «Highway to Hell». Zu Beginn spielte Frak-tionsZwang vor allem Coversongs wie «Proud Mary» oder «Hit the RoadJack». Mit der Zeit entstanden eigene Texte mit eigener Musik, und heu-te besteht das Repertoire zu einem Grossteil aus Selbstgeschriebenem.In den Liedern soll es im weitesten Sinn um Politik gehen, wie etwa im«Rathuus Rock»: «Jede geit ga rede und seit glich nid viel/Das isch hautso wie bi jedem Spiel/Für d Press da steit me as Mikrofon/Dass öppischasch läse i dr Zitig vo morn.» Die Texte gehen übrigens immer in dieVernehmlassung, und bei Unstimmigkeiten muss ein Konsens gefundenwerden – ganz wie im Stadtrat. ■

www.fraktionszwang-online.ch

«Rathuus Rock»: Die Politikerband um Tinu Schneider (3. v.l.) in Aktion.

Zehn Berner Stadträtinnen und Stadträte bilden die Band FraktionsZwang. Jeden Samstag treffen sie sich imProberaum. Was im Parlament nur selten klappt, funktioniert hier: Links und rechts spielen im Gleichtakt.

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Kulturtipps

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BuchVon durstigen Fischen und niesenden Elefanten

Seit über 15 Jahren gehen bei der englischen Zeitschrift «NewScientist» ungewöhnliche und skurrile Leserfragen ein. Ein Buchlistet eine Auswahl auf – und die verblüffenden Antworten.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

Zuerst sind es die Kleinen, die «Warum?» fragen, vorzugsweise als Dau-errefrain. Und dies nicht nur nach dem Krümmungsgrad von Bananen,sondern auch nach allerlei, was den Erwachsenen den Schweiss auf dieStirn treibt. Dann folgen die Grossen, die das Fragen nicht verlernt ha-ben. Denn schliesslich ist Fragen stellen keine Sache des Alters.Diese, in den menschlichen Genen eingeschriebene, Wissbegier trifft al-lenthalben auf Gleichgesinnte – und auf reichlich mediale Gefässe: von«Hesch-gwüsst»-Kolumnen über «How-to-do»-Blogs bis hin zu Fern-sehshows wie etwa den amerikanischen MythBusters, den Wissensjä-gern. Oder die sogenannte Last-Word-Gemeinde der LeserInnen der englischen Wochenzeitschrift «New Scientist». Auch dort wird mit In-brunst diskutiert und experimentiert, werden Theorien abgeklopft, oderes wird, wenn nötig, gründlich mit Mythen aufgeräumt.Eine Auswahl der eingereichten Leserfragen und -antworten hat der«New Scientist»-Redaktor Mike O’Hare zusammengetragen. Und so fin-den sich in Kapiteln über Alltag, Pflanzen, Tier- und Umwelt so ergötz-liche Erkundigungen wie die nach den Streifen in der Zahnpasta, demTraum vom Jungbrunnen oder dem leidigen Speckgürtel der reiferenJahre. Kurioser noch sind Fragen danach, ob Fische Durst haben oderElefanten niesen. Doch ganz gleich, welche Blüten die Neugier treibt,auf alles wird in allem Ernst Antwort gegeben, spannenderweise oftmehrere, einander widersprechende – und das nicht selten von profi-lierten Wissenschaftlern.Dennoch kann bei aller Seriosität und Pedanterie von Bierernst nicht dieRede sein. Denn wenn etwa aufs Genaueste berechnet wird, wie langeeine Milchkuh braucht, um den Grand Canyon zu füllen, oder wie vie-le Hamster in ihren Rädern strampeln müssten, um ein Haus mit Ener-gie zu versorgen … dann paart sich Wissenschaft auf unterhaltsamsteWeise mit britischem Humor.Mick O’Hare (Hg.): Wie lange eine Kokosnuss braucht, um aus der Karibik nach

Europa zu schwimmen – und 101 neue Erkenntnisse aus der wunderbaren Welt der

Wissenschaft. Fischer TB 2010. CHF 14.50.

KinoIronie mit Bodenhaftung

Roadmovie, Komödie, Splatter, Film-im-Film – «Rubber» überrolltnicht nur Genre-Grenzen, sondern lässt sogar einen durchge-drehten Autoreifen menschlich erscheinen.

VON THOMAS OEHLER

Im Kino ist die Leinwand die Grenze, durch die das Publikum das Ge-schehen verfolgen kann, ohne beteiligt zu sein. Dort läuft Sex and Cri-me, wir sitzen hier im Dunkeln und Sicheren. Was aber, wenn dieseWand für einmal nicht existierte? Wenn wir beispielsweise bei «TexasChainsaw Massacre» so nahe an der Kettensäge des irren Mörders dranwären, dass wir Blutspritzer abbekämen? Oder anders: Spielen die Fi-guren eines Films, wenn niemand mehr zuguckt, eigentlich noch ihreRolle? Beiden Fragen geht Drehbuchautor, Regisseur und Musikproduzent (Mr.Oizo) Quentin Dupieux in seinem dritten Langspielfilm «Rubber» nach.Im Film steht eine Zuschauergruppe mitten in der kalifornischen Wüsteund folgt einem Splatterfilm der besonderen Art. Die Story: Ein ausge-dienter Autoreifen erwacht zum Leben und entwickelt telekinetischeKräfte, mit denen er Gegenstände, Tiere und Menschenköpfe zum Plat-zen bringen kann. Der Reifen verliebt sich, wird abgewiesen und hinter-lässt frustriert eine Blutspur quer durchs Land. Bis er von der Polizei gestoppt wird. Vorerst. Der Plot ist so abstrus, dass sogar die Schauspieler ihn abbrechen wol-len. Nur: Da sind eben die Zuschauer und gucken zu. Der Versuch, diese zu vergiften, scheitert an einem renitenten Rollstuhlfahrer: Erwidersteht dem angebotenen Essen. Er will lieber seine Show. Alsomuss diese weitergehen. Schon der grossartige Eingangsmonolog des Polizeisergeanten (gespieltvon Stephen Spinella) über die Beliebigkeit der Dinge zeigt: «Rubber»beherrscht das ironische Spiel mit der Selbstbezüglichkeit. Und bleibtdoch auf dem Boden, dank groovigem Soundtrack – eingespielt vom Re-gisseur selber – und besonders dank der wunderschönen Bilder. DerFilm berührt nämlich. Die Einsamkeit des Reifens, seine ersten Rollver-suche, seine Selbsterkenntnis vor dem Spiegel – all das gemahnt uns annichts weniger als an die eigene Existenz. «Rubber», 85 Min., Englisch mit deutschen und französischen Untertiteln.

Ab 27. Januar in den Deutschschweizer Kinos.

Ein Reifen geht seine eigenen Wege.Dieses Buch beweist: Es gibt keine

dummen Fragen.

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MusikHoffnungsvolle Schwarzmalerei

Der Abgang von Charakterköpfen kostet manche Band die Seele.So schienen auch Navel auf dem «Highway to Hell», doch nun sindsie zurück. Ihr «Back In Black» heisst «Neo Noir».

VON OLIVIER JOLIAT

Klar, stinkt der Vergleich von AC/DC mit einer Basler Band. Aber bei Na-vel ist man die fetten Lettern gewohnt. Vergleiche mit Nirvana, ein fik-tives NME-Zitat, ein Korb an die Smashing Pumpkins: Label, Manage-ment und die Presse liebten das Spiel mit Superlativen, um Wirbel umdie Newcomer zu entfachen. Doch die Formation wurde den Vorschuss-Lorbeeren nicht gerecht. Mit dem Debüt-Album verliess Bassistin EveMonnet die Band und zuletzt ging auch noch ihr Label konkurs. Ent-täuschung wie Häme waren gross.Nach dem Höhenflug war es für die neue Band um das letzte Grün-dungsmitglied Jari Antti ein harte Landung. Aber immerhin hatten siewieder Boden unter den Füssen und der scheint fruchtbar. Navel habensich, die Singles mitgezählt, nach Teenager-Gebrüll und Post-Pubertä-rem-Blues mit «Neo Noir» zum dritten Mal neu entworfen. «Can’t FeelA Thing» singt Antti im Opener. Dabei lassen der stoische Beat und diepsychedelischen Stimm-, Gitarren- und Mundharmonika-Effekte den ge-neigten Hörer freudig zitternd spüren: Da kommt etwas Anders, Neues.Etwa die laut dröhnende Gitarrenwalze «Speedbox», mit durchgetrete-nem Fuzz-Pedal unaufhaltsam geradeaus stampfend. Nur der Bass darfschnörkeln. Das macht er sehr schön.Der direkten Ideallinie bleiben Navel treu, ob im Blues getränkten «It’sThe Road That Makes The Songs» oder dem mitreissenden Mantra«Black Days». Das Filet-Stück schmeckt mit jeder Wiederholung besserund man ist versucht, wieder und wieder zurückzuzappen. Anders dieLärm-Ode «Kobra The Killer». So was krachte schon überzeugender.Oder beim Neil Young-Cover «Rockin’ In The Free World» – als State-ment live ok, auf Platte platt. Vor allem wirkt das eigene Stück «FreeLand» daneben als Plagiat, statt als eigentlich guter Song zu gefallen. Esfinden sich noch ein, zwei weitere, wohl parallel zu anderen geschrie-bene Songs, die man zugunsten eines kürzeren, dafür durchgehend star-ken Albums hätte einsparen können.Es schmälert die Freude an «Neo Noir» kaum. Geschoben von Anttisselbst aufgenommer und gemischten «Wall of Sound» und neu gestütztvom bodenständigen Label Nois-O-lution, reifen Navel für die Lorbeeren. Navel «Neo Noir» (Nois-O-lution/Irascible).

Konzerte: 9. Februar., Zukunft Zürich, 11. Februar, Kaserne Basel, 12. Februar,

Kaff Frauenfeld, 25. Februar, Reithalle Bern, 26. Februar, L’Etage Biel.

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Beherzter Tritt aufs Fuzz-Pedal: Navel.

Die 25 positiven FirmenDiese Rubrik ruft Firmen und Institutionenauf, soziale Verantwortung zu übernehmen.Einige haben dies schon getan, in dem siedem Strassenmagazin Surprise mindestens500 Franken gespendet haben. Damit helfensie, Menschen in pre kären Lebensumstän-den eine Arbeitsmöglichkeit zu geben undsie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zube g leiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? DieSpielregeln sind einfach: 25 Firmen werdenjeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jenerBetrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet

werden?

Mit einer Spende von mindestens 500 Franken

sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3,

Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel

Zahlungszweck:

Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag.

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bewegstatt.ch, Janine Holenstein, Frauenfeld

VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

Scherrer & Partner GmbH, Basel

D. Heer Geigenbau, Winterthur

KIBAG Kies und Beton

Weblotion Webagentur, Zürich

OEKOLADEN Theaterpassage, Basel

commilfo Isabelle Wanner, Baden

atelier111.ch, Basel

Zürcher Kantonalbank, Zürich

Philip Maloney, Privatdetektiv

Brother (Schweiz) AG, Baden

Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

IBZ Industrie AG, Adliswil

Alfacel AG, Cham

Thommen ASIC-Design, Zürich

Coop Genossenschaft, Basel

AnyWeb AG, Zürich

Velo-Oase Bestgen, Baar

Schweizerisches Tropen- und Public Health-

Institut, Basel

Niederer, Kraft & Frey, Zürich

Stoll Immobilientreuhand AG, Winterthur

Kaiser Software GmbH, Bern

Responsability Social Investments AG, Zürich

chefs on fire GmbH, Basel

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ZürichStimmungsaufhellerWenn gegen Ende Januar die Winterstarre droht, gibt es in Zürich ein si-cheres Mittelchen zur Stimmungsaufhellung. Rockwoche heisst der Tra-ditionsanlass und er bietet einen bunten Stilmix in- und ausländischerBands. Dieses Jahr bestreitet das Zürcher Urgestein Hansueli Tischhau-ser einen Abend. Einerseits mit House The Fish, dem gemeinsame Pro-jekt mit Brigitta Fischer, auch bekannt als die Fischerin mit den Cohen-Covers. Gemeinsam spielen sie feinsinnige Songs mit entspanntemGroove und geheimnisvoll-verführerischem Gesang. Eine bezauberndeMischung. Tischhausers zweiter Kompagnon im Ziegel ist Stefan Weber.Webtisch heisst dieses Duo und gespielt wird Hawaiigarage, Hulabluesund Bolerotrash. Die Lapsteel-Gitarre scherbelt Unheil verkündend, derRhythmus ruckelt fein dosiert, und auf einmal steigt die Temperatur undder Zürisee riecht nach Missisippi. (ash)House The Fish/Webtisch, 28. Januar, 21.30 Uhr, Ziegel oh Lac, Rote Fabrik, Zürich.

Infos zu den weiteren Konzerten: www.rotefabrik.ch

Duo in Aquamarin: House The Fish.

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WinterthurGeschmackssacheWas ist guter Geschmack? Der Aschenbecherin Po-Form sicher nicht – oder vielleicht doch?Und weshalb finden wir die Saftpresse, die unsan so etwas Ekliges wie Spinnenbeine erinnert,trotz allem so ästhetisch? Und zu welchem Lager gehören Sie? Zu den Geschmackstypen,die es opulent mögen oder doch eher zu denMinimalisten? Zu den Schlimmsten gehörenSie, wenn Sie sich das noch gar nie so genauüberlegt haben. Dann sollten Sie sich unbe-dingt die Dinge der Ausstellung im Gewerbe-museum Winterthur anschauen – danach fälltdas Urteil über gut oder böse vielleicht etwasleichter. (juk)«Böse Dinge – Positionen des (Un)Geschmacks»,

Ausstellung noch bis zum 31. Juli, Gewerbemuseum,

Winterthur.

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Pfui Spinne oder Design-Stück? Urteilen Sie selbst!

BaselSehbehinderte ins Museum

Haben Sie schon einmal einen Fuchs gestreichelt? Im NaturhistorischenMuseum Basel ist das möglich. «Bitte berühren» heissen fünf Stationen,die ausdrücklich angefasst werden sollen: Vögel und Säugetiere, Mine-ralien, Knochen und Panzer, Schnecken und besondere Schätze des Mu-seums dürfen befühlt werden. Konzipiert wurde die Dauerausstellungfür Menschen mit einer Sehbehinderung; die erklärenden Texte sinddenn auch in besonders grosser Schrift für schlecht Sehende und inBraille-Schrift für Blinde gesetzt. Allerdings dürfen auch normal Sehen-de gerne einen Rundgang machen und den Elefantenzahn ausgiebig anfassen. (mek)«Bitte berühren», Dauerausstellung für Blinde und Sehbehinderte im Natur-

historischen Museum Basel. www.nmb.bs.ch.

Ausgehtipps

Unübliches Vergnügen: Museumsbesuch mit Anfassen.

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Tösstaler Marionetten: Zum Jubiläum ein Klassiker.

WinterthurRäubergeschichte

Tief im grossen Wald – vielleicht erinnern Sie sich? – steht eine Burg,auf der wilde Räuber hausen. Als eines Nachts ein fürchterliches Ge-witter tobt, spaltet ein Blitz die Burg in zwei Teile. Es ist die Nacht, inder Ronja geboren wird. Bald schon erkundet die kleine Räubertochterden Wald und lernt all die seltsamen Wesen kennen, die darin wohnen:Rumpelwichte, Graugnome oder die gefährlichen Wilddruden. Eines Tages dann trifft Ronja im Wald einen Jungen: Birk Borkasohn aus derverfeindeten Borkasippe. Während sich die Väter der beiden Räuber-kinder bis aufs Blut bekriegen, entwickelt sich zwischen Ronja und Birkeine innige Freundschaft … Zum 25-jährigen Bestehen der «TösstalerMarionetten» bringt Tobias Bühlmann Ronja Räubertochter – nach demgleichnamigen Kinderbuchklassiker von Astrid Lindgren – auf die Büh-ne: für Kinder ab fünf Jahren und für Erwachsene, die finden, es sei wie-der einmal Zeit für eine Räubergeschichte. (mek)«Ronja Räubertochter», Schweizerdeutsch, ca. 60 Minuten. Am Mittwoch,

2., Sonntag, 6., Dienstag, 8., Mittwoch, 9. und Donnerstag, 10. Februar, jeweils um

14.30 Uhr im Winterthurer Marionettentheater. www.theaterimwaaghaus.ch

Anzeige:

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Zürich Charity-JassRennen ist die gängigste Sportart, wenn es da-rum geht, für einen guten Zweck Geld zu sam-meln. In Zürich gibts zum Glück seit 20 Jahreneine gemütlichere Variante, Gutes zu tun undsich sportlich zu betätigen. Falls denn Jassenals Sportart durchgeht. Das Roji-Negro-Solida-ritätsjassen geht zum 20. Mal über die Bühneund immer noch erscheinen die Spieler inScharen, um die spezielle Atmosphäre diesesbesonderen Jassturniers zu geniessen. Gejasstwird der Schieber, die Jasspartner werden ein-ander zugelost. Gewinnen kann jeder und vom Reinerlös desJassens, Trinkens und Essens werden Entwick-lungsprojekte in Zentralamerika unterstützt.zum Beispiel eine Selbsthilfeorganisation vonKriegsversehrten, ein Kollektiv, das über denguatemaltekischen Guerillakrieg informiertoder eine Fairtrade-Kaffeeplantage. An diesemJassturnier riechts bestimmt nicht nach Rössli-Stumpen. (juk)Roji-Negro-Solidaritätsjassen, Samstag, 5. Februar,

13 bis 20 Uhr, mit Verpflegungsmöglichkeit, ab 21 Uhr

Preise für alle, Kulturmarkt, Zürich;

www.rojinegro-jassen.ch

Beim Roji-Negro-Jassturnier ist Herz sowieso Trumpf.

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28 SURPRISE 242/11

Verkäuferporträt«Die Behinderten haben meineGrenzen gesprengt»

AUFGEZEICHNET VON DIANA FREI

«Ich habe Jus studiert und abgeschlossen. Danach arbeitete ich alsAssistent am Seminar, doch meine Neurosen wurden zunehmend stär-ker, ich wurde zum psychischen Wrack. Ich hatte Angst vor Krankhei-ten, ich hatte Berührungsängste. Schon während der Schulzeit fühlte ichmich als Fremdkörper in der Klasse. Das prägt einen schon, wenn manacht Schuljahre lang im Abseits steht. Psychische Defekte hatte ichschon früh, aber sie waren für die Aussenwelt nicht als solche erkenn-bar. Krankhaft wurde es erst in der zweiten Hälfte des Studiums. Ich begann daraufhin mit geistig Behinderten in einem Wohnheim zu ar-beiten. Das war ein Sprung in die Höhle des Löwen. Dort begegnete mirgenau das, wovor ich Angst hatte. Behinderte haben einen sehr locke-ren Umgang mit Berührungen. Die haben meine Grenzen gesprengt. An-fangs war es ein Kampf für mich, ich träumte von den Behinderten inihrer ungestümen Art. Aber die Herzlichkeit, die ihnen eigen ist, über-wog doch immer wieder. Ich arbeitete insgesamt fünfeinhalb Jahre mitBehinderten.

Dann habe ich geheiratet, und die Arbeitslosigkeit hat angefangen.Verschiedene Probleme sind aufgetaucht. Einerseits habe ich Mühe mitHierarchien in der Arbeitswelt; mir sind genossenschaftliche Organisa-tionen lieber. Andererseits muss für mich die Arbeit an sich Sinn erge-ben. Ich habe mich persönlich für soziale Ziele eingesetzt, privat starkengagiert. Das hat mich eine gute Arbeitsstelle gekostet, weil ichmanchmal einfach übermüdet war. Die letzten zehn Jahre habe ichmeistens temporär gearbeitet, ich war auch in der Reinigung tätig. Mirwar wichtig, etwas mit den Händen zu tun, nicht nur mit dem Kopf.Manchmal habe ich Privatstunden in Deutsch erteilt. Seit fünf Jahrenverkaufe ich Surprise, daneben arbeite ich oft im Besuchsdienst für alte Leute. Sie sind für mich so etwas wie Beschützer und geistige Weg-weiser. Ich finde, eine Gesellschaft, in der alte Leute eine gewisse Stel-lung haben, ist etwas Schönes. Surprise verkaufe ich täglich vier Stun-den lang, zusätzlich trage ich Zeitungen aus. Für die Zukunft habe ichvor, Privatstunden in Deutsch zu erteilen. Ausserdem möchte ich einenLehrgang als Pflegehelfer beim Roten Kreuz absolvieren, um in derPflege zu arbeiten. Es wirkt vielleicht manchmal so, als ob Surprise-Verkäufer etwas verloren dastünden. Aber die meisten haben sehr klare Vorstellungen, was sie in ihrem Leben noch erreichen wollen.Surprise sehe ich als sehr gute Art, sich über Wasser zu halten, wennman gar kein Geld mehr hat. Man muss nicht betteln, und der Verkaufist von der Gesellschaft akzeptiert. Ich kannte das Konzept von Surpri-se aus dem Strassenbild und habe mich selber zum Verkauf gemeldet.Meine Hobbys gehen in die künstlerische Richtung. Ich male selber, habe viel gezeichnet und kenne mich in der Kunstmalerei gut aus. An-sonsten beschäftige ich mich mit dem Volkslied und mit Gedichten. Bücher spielen für mich eine grosse Rolle. Während ich Surprise ver-

Er ist Jurist und sammelt in seinem Kopf Wörter, wenn er bei der Rudolf-Brun-Brücke in Zürich Surprise ver-kauft. Nicolas Gabriel (46) träumte von den Behinderten, als er in einem Wohnheim arbeitete, und sieht alteLeute als seine Beschützer.

kaufe, beschäftige ich mich oft mit der Sprache, achte auf Wörter, dieich vielleicht zwar kenne, aber selber aktiv nicht benutze. Ich höre imAlltag hin, suche nach ungewöhnlichen Ausdrücken. Ich finde sprach-liche Zusammenhänge interessant, gehe gern den Wurzeln von Wör-tern nach. Für mich persönlich ist im Leben wichtig, dass ich im sozi-alen Kontakt mit Menschen ihre Probleme angehen und lösen kann.Und beim Verkaufen merke ich, dass sich die Leute auch mir und mei-ner Situation gegenüber solidarisch zeigen. Ich bin überzeugt, dassman auch nach dem Tod an einem Ort weiterwirken kann. Ich habe inmeinem Leben an vielen Orten gewirkt. Wenn man mich fragt, wer ichbin, würde ich meine Persönlichkeit in verschiedene Bereiche einteilen.Ein Stück von mir ist Jurist, ein Stück ist in der Malerei verankert, an-dere Teile von mir in der Biologie und in Gartenthemen, in der Reini-gung, in der Pflege und Heilpädagogik und in den Sprachen Deutschund Französisch. Für dieses Porträt habe ich nun einen von etlichenRäumen meiner Persönlichkeit aufgestossen.» ■

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Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hat-ten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben undihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf desStrassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. IhrAlltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neueSelbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Ver-dienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und –verkäufer helfen sich

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkau-fende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Pro-gramm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Pro-grammteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Verant-wortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für die Weltund den Arbeitsmarkt zu werden.

Vorname, Name

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1 Jahr: 6000 Franken 1/2 Jahr: 3000 Franken 1/4 Jahr: 1500 Franken 1 Monat: 500 Franken

Ja, ich werde Götti/Gotte von:

Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected], PC-Konto 12-551455-3

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Eine Chance für alle!Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte

Ausserdem im Förderprogramm SurPlus:

Bob Ekoevi KoulekpatoBasel

Marlies DietikerOlten

René SennZürich

Jela Veraguth, ZürichPeter Hässig, BaselFatima Keranovic, BasellandTatjana Georgievska, Basel

Andreas Ammann, BernWolfgang Kreibich, BaselMarika Jonuzi, BaselPeter Gamma, Basel

Anja Uehlinger, BadenJovanka Rogger, ZürichKurt Brügger, BaselMarlise Haas, Basel

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Ich möchte Surprise abonnieren!

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Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an:Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– )(Verpackung und Versand bietenStrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Gönner-Abo für CHF 260.–

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Geschenkabonnement für:

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Impressum

HerausgeberStrassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Baselwww.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9–12 Uhr, Mo–DoT +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 [email protected]äftsführungPaola Gallo, Agnes Weidkuhn (Assistenz GF) AnzeigenverkaufT +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 [email protected] T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99Reto Aschwanden (verantwortlich), Julia Konstantinidis,Mena Kost, [email protected] MitarbeitDiana Frei, Christian Flierl, Olivier Joliat, Stefan Michel,Isabel Mosimann, Nandor Nagy, Thomas Oehler, StephanPörtner, Milena Schärer, Susanna Schwager, Isabella Seemann, Marcel Studer, Priska Wenger, Christopher ZimmerGestaltungWOMM Werbeagentur AG, BaselDruckAVD GoldachAuflage29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./JahrMarketing, Fundraising T +41 61 564 90 61Therese Burgdorfer, [email protected]

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27Markus Hurschler, Zoë Kamermans, Spalentorweg 20, 4051 Basel, [email protected]üro ZürichT +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, [email protected]üro BernT +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02Andrea Blaser, Alfred Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern, [email protected]/Kultur T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99Paloma Selma, [email protected] T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller [email protected], www.strassensport.chTrägerverein Strassen magazin Surprise Präsident: Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs weiseoder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird vonder Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.

Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Post-sendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeich-nete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag vonCHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehendeBeträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oderdem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

Surprise ist:

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialenSchwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit.Surprise hilft bei der Integration in den Ar-beitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsitua-tion, bei den ersten Schritten raus aus derSchuldenfalle und entlastet so die SchweizerSozialwerke.

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Be-nachteiligung betroffenen Menschen eineStimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellungfür soziale Gerechtigkeit.

Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinen-de Strassenmagazin Surprise heraus. Dieseswird von einer professionellen Redaktion pro-duziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illu-stratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft.Rund dreihundert Menschen in der deutschenSchweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlos-sen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur,verdienen eigenes Geld und gewinnen neuesSelbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport.In der Surprise Strassenfussball-Liga trainierenund spielen Teams aus der ganzen deutschenSchweiz regelmässig Fussball und kämpfenum den Schweizermeister-Titel sowie um dieTeilnahme an den Weltmeisterschaften für so-zial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hatSurprise einen eigenen Chor. GemeinsamesSingen und öffentliche Auftritte ermöglichenKontakte, Glücksmomente und Erfolgserleb-nisse für Menschen, denen der gesellschaft-liche Anschluss sonst erschwert ist.

Finanzierung, Organisation und internatio-nale VernetzungSurprise ist unabhängig und erhält keine staat-lichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mitdem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inse-raten finanziert. Für alle anderen Angebotewie die Betreuung der Verkaufenden, die Sport-und Kulturprogramme ist Surprise auf Spen-den, auf Sponsoren und Zuwendungen vonStiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte sozi-ale Institution. Die Geschäfte werden von derStrassenmagazin Surprise GmbH geführt, dievom gemeinnützigen Verein StrassenmagazinSurprise kontrolliert wird. Surprise ist führen-des Mitglied des Internationalen Netzwerkesder Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glas-gow, Schottland. Derzeit gehören dem Ver-band über 100 Strassenzeitungen in 40 Län-dern an.

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*gemäss MACH Basic 2008-2.

Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift

Seite bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

Gut betucht.Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und vonA bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschieden-farbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

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HerrenCHF 25.–

S M L

Dazu passend: Leichtes T-Shirt, 100%Baum -wolle, für Gross und Klein.

DamenCHF 20.–

XS S (auch für Kinder)

Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

*gemäss MACH Basic 2008-2.

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Seite bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

Ist gut. Kaufen!Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache.Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.Alle Preise exkl. Versandkosten.

242/11

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50

neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.–

rot blau schwarz

Surprise Rucksäcke(32 x 40 cm); CHF 89.–

schwarz rot

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Von Aarbergbis Zuoz.

www.strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99

Surprise gibt es beim Strassenhändler Ihres Vertrauens. Oder im Abo per Post.

24 Ausgaben für 189 Franken oder als Gönner-Abo für 260 Franken.Gutes lesen, Gutes tun und gleich bestellen!